Warum Sexworker kaum Supervision nutzen

Ein nahezu unerschöpfliches Thema: Psychologische Betrachtungsweise der Sexarbeit
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Aoife
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Beitrag von Aoife »

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fraences hat geschrieben:Wo in anderen Branchen durch Psychologische Gespräche man aufgefangen wird. Ich komme jetzt nicht auf den Fachbegriff dafür.
Ein solches Angebot fehlt völlig in unsere Branche.
Meinst du Supervision?

In diesem Fall meine ich, dass weniger das Angebot fehlt, als die Nachfrage. Oder besser gesagt, die professionelle Nachfrage, die Bereitschaft wie in anderen Branchen auch für Supervision zu bezahlen. Kostenlose hilfreiche Gespräche mit FreundInnen und KollegInnen werden ja gerne gesucht, und durchaus auch informell angeboten.

Ich glaube der diesbezügliche Unterschied zwischen uns und Therapeuten liegt weniger an der formalisierten Berufsausübung (Therapeuten brauchen die Supervision ja schon alleine zur Berufsanerkennung), als viel mehr noch an den zumindest statistisch anders verteilten Persönlichkeitsbesonderheiten, unter Therapeuten überwiegen die Narzißten, so dass ein informelles gegenseitiges Unterstützen bei weitem nicht so gut funktionieren kann wie bei uns.

Liebe Grüße, Aoife
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fraences
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Beitrag von fraences »

Ja. Ist mir später auch eingefallen.
Du magst Recht haben, das viele nicht dafür zahlen wollen ,obwohl es sehr wichtig sein kann um sich eine gesunde geistige Verfassung zu erhalten.
Ich hatte mal in Essen eine Familietherapeutin kennen gelernt, die eine beruflich gemischte Gruppe (Krankenschwester, Erzieherin, Mutter)leitete.
In der Gruppe wussten aller ,welche Tätigkeit ich nach ging.
Die Therapeutische Ansätzen waren sehr hilfreich und vieles übertragbar auf unsere Tätigkeit.
An Tagen, wenn ich einige anstrengende Gäste hinter mir habe, die wie man neuer Dings so sagt:"Er hat mein Kopf gef****.
Wo soll ich mit den Müll hin.
Ehemann, Kind kommen nicht infrage.
Kolleginnen , denen geht es vielleicht heute genauso.
?????

Liebe Grüße
Fraences
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Beitrag von Aoife »

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fraences hat geschrieben:An Tagen, wenn ich einige anstrengende Gäste hinter mir habe, die wie man neuer Dings so sagt:"Er hat mein Kopf gef****.
Wo soll ich mit den Müll hin.
Stimmt schon. Wobei eine vernünftige Supervision keine "Notfallanlaufstelle" für solche Tage ist, sondern eher eine berufsbegleitende Ausbildung zur Selbsthilfe, um zu lernen, mit solchen Dingen direkt wenn sie passieren selbst zurechtzukommen.

Ansonsten müsste die SupervisorIn sich fragen, ob sie selbst ein Helfersyndrom hat und gerade dabei ist ein neues Dramadreieck zu eröffnen. Und da sind informelle, kostenlose Gespräche natürlich besonders gefährlich - ich denke du hast Recht, fraences, eine professionelle Supervision würde schon Sinn machen.

Allerdings ist aus meiner Sicht der Engpass wirklich eher bei der Nachfrage als beim Angebot.

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Marc of Frankfurt
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Mythos Supervision?

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Habe mir erlaubt das Thema als selbstständiges wichtiges neues Thema abzutrennen.


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Warum nutzen Sexworker kaum Supervision etc.,
obwohl es sehr gesund und arbeitskrafterhaltend für sie wäre?



Wir können sicher helfen da mehr Licht ins bisher Dunkle zu bringen,
um Mythen oder falsche Träume, die zur Falle werden können, aufzuklären.

Den Anfang hat Aoife gemacht indem du sinngemäß festgestellt hast, "Es gibt keine professionelle Nachfrage der Sexworker, die für sowas zahlt."

In der Sozialberatungs-Hurenbewegugs-Szene hält sich jedoch unausgesprochen ungefähr diese überspitzt und lax formulierte Illusion: "Wenn die Sexworker Supervision nutzen würden, gäbe es weniger Psychoprobleme, SWBO, Existenzkrisen und Verarmung, Sozialhilfefälle...".


Gründe warum Supervision gesund und heilsam ist:
  • professionelle Reflexion und Begleitung der höchst anspruchsvollen sozial-psychiologischen Tätigkeit Sexwork.
  • Probleme abladen, aufarbeiten und aus der Ferne betrachten können...
  • professionelle Hilfe arbeitsteilig in Anspruch nehmen und als Dienstleistung einkaufen.
  • Ausgleich für fehlende Sexworker-Psychohygieneausbildung und für fehlende öffentliche bis familiäre Unterstützung (wg. mangelnder gesellschaftlicher Anerkennung, Stigma bis Kriminalisierung, Doppelleben, Geheimhaltung...).
  • ...
Mögliche Gründe warum Sexworker Supervision nicht nutzen:
  • Sexworker sind nicht professionell (erzogen/ausgebildet/eingestellt).
  • Sexwork ist ein persönliches Bail-out Programm für viele und noch lange keine professionelle Berufstätigkeit ("wie jede andere") wo man sich professionell organisiert wie der Mainstream des Bildungsbürgertums.
  • Sexworker haben eine anal-orale Beziehung zum Geld (Geiz, Gier).
  • Stigma (s.o.)
  • Sexwork und bürgerliche Supervision sind inkompatibel.
  • Zu viel Angst sich mit den eigenen Schatten zu beschäftigen.
  • An den ganzen Verhaltensnormen und Therapiekonzepten ist etwas faul, was an der Sexarbeit kriminalisiert und stellvertretend abgestraft wird.
  • Sexworker können nicht abschätzen was es kostet und was es bringt.
  • Wenn es Sexworkern gut geht, brauchen sie Supervision nicht. Geht es ihnen schlecht ist es zu spät und es hilft ihnen nicht.
  • Es gibt keine bekannte Szene von sexworkerfreundlichen Supervisoren und Supervision nutzenden Sexworkern.
  • ...


Also, warum sind viele Sexworker bereit viel Geld in Luxuskonsum, Drogen, ihren Zuhälter-Freund, ihren Schleusungsdienstleister und ihre Eigentumswohnung zu investieren, aber nicht in professionelle therapeutische Berufsausübungs-Unterstützung?





Zugehörige Themenstränge:

Arbeitspsychologie der Sexarbeit
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=397

Sexworkerkompetenzen
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=3608

Sexwork als heilsam bis therapeutische Tätigkeit
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=3819 (sw-only)

SWBO
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=771 (sw-only)

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© Dr. Annie Sprinkle www.annieSprinkle.org
Norma Jean Almodovar www.iswface.org
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 02.04.2012, 13:29, insgesamt 3-mal geändert.

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Aoife
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Re: Mythos Supervision?

Beitrag von Aoife »

Danke, Marc!

Für's thread-Teilen (hatte ich auch schon angedacht) und für deine Stichpunkte. Auf einige davon möchte ich näher eingehen:

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:
  • Sexwork und bürgerliche Supervision sind inkompatibel.
  • Zu viel Angst sich mit den eigenen Schatten zu beschäftigen.
  • An den ganzen Therapiekonzepten ist etwas faul, was an der Sexarbeit kriminalisiert wird.
  • Sexworker können nicht abschätzen was es kostet und was es bringt.
  • Wenn es Sexworkern gut geht, brauchen sie Supervision nicht. Geht es ihnen schlecht ist es zu spät und es hilft ihnen nicht.
  • Es gibt keine bekannte Szene von sexworkerfreundlichen Supervisoren und Supervision nutzenden Sexworkern.
Inkompatibilität zwischen sex work und 'bürgerlicher' Suoervision halte ich mehr für eine Befürchtung als für eine tatsächliche Gegebenheit. So manche(r) würde wohl ziemlich große Augen machen, wenn er/sie mitbekäme, wie unbürgerlich eine Supervision ablaufen kann. Mir selbst hat mein (psychiatrischer) Supervisor bei einer solchen Gelegenheit den berühmten "Tritt in den A..." gegeben, damit ich mich aufraffe und wieder in den pay6 Bereich einsteige :002

Die Angst sich mit den eigenen Schatten zu beschäftigen ist absolut nachvollziehbar. Da kann wohl nur die Einsicht helfen, dass diese Schatten auch durch noch so konsequentes Ignorieren nicht von alleine weggehen. Und diese Einsichtsfähigkeit halte ich bei der Gruppe der (statistisch!) mehr zu dissoziativen Fähigkeiten neigenden SW letztlich für wahrscheinlicher gegeben als bei den mehrheitlich zu Narzißmus und Angststörungen neigenden Therapeuten.

Klar sind viele Therapiekonzepte schlichtweg unangemessen. Natürlich 100% wissenschaftlich untermauert und so weiter, aber die Klienten sind Scheiße, wollen einfach nicht so funktionieren, wie die Theorie das vorschreibt. Aber das ist kein SW-spezifisches Problem, und es gibt auch andere Konzepte, die von der psychischen Realität des Klienten ausgehen.

Was es kostet:
Bei hochklassiger psychiatrischer/psychotherapeutischer Supervision sind mir für Gruppensupervision (2 bis 10 Teilnehmer) 100.-€ für 2 Stunden, bei Einzelsupervision/Selbsterfahrung 140.-€ pro Stunde bekannt.
Was es bringt:
Da Supervision nur ein anderer Name ist für "Therapie für Therapeuten" sind die möglichen Vorteile und Begrenzungen wie bei jeder anderen Thearpie auch. Das Ziel sollte sein, dass das Individuum sich mit seinen Eigenschaften wohl fühlen kann, die oben angesprochenen Therapieformen mit Änderungsabsicht und Kriminalisierung können nicht funktioinieren. Und um ein Negativbeispiel anzuführen was ohne Supervision passieren kann: Es gibt die durchaus begründete Meinung, dass Sigmund Freud deshalb morphin- und kokainsüchtig wurde, weil er als alleiniger Spitzenvertreter der sich neu entwickenden Psychoanalyse keine Möglichkeit hatte, Supervision in Anspruch zu nehmen.

Ich würde nicht einmal sagen, dass es zu spät ist und nicht hilft, wenn es jemandem schlecht geht. Das Problem ist eher, dass es für diejenigen, denen es schon schlecht geht, Angebote auf Kosten der Krankenkassen gibt. Wobei der Geldgeber dann über die Therapieziele entscheidet, so dass der Eindruck entsteht, sämtliche Therapiekonzepte seien SW-feindlich. Supervision als selbstbezahlte Therapie bedeutet das Gesetz des Handelns nicht aus der Hand zu geben, unabhängig davon, ob noch prophylaktisch oder schon therapeutisch.

Mir ist eine solche Szene auch nicht bekannt, jedoch bin ich überzeugt, dass sie sich bilden würde, wenn die Bereitschaft da wäre, den zweifelsohne gegebenen Bedarf sich auch einzugestehen.

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von friederike »

Liebe @Aoife, lieber @Marc,

vielen Dank für wieder einmal Eure charakteristischen kenntnisreichen Postings.

Welche Qualifikation sollte ein solcher "Supervisor" haben?

LG,
Friederike

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Beitrag von Aoife »

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friederike hat geschrieben:Welche Qualifikation sollte ein solcher "Supervisor" haben?
Hmm - schwierige Frage ...

Ganz spontan fällt mir dazu ein, dass vor den (formalen) Qualifikationen zuerst einmal die tatsächlichen Fähigkeiten benannt werden müssten.

Und dabei sehe ich Grundkenntnisse in klinischer Psychologie (um auch erkennen zu können, was man selbst nicht schultern kann), hervorragende Kenntnisse in zumindest einem geeigneten Therapieverfahren, sowie die Möglichkeit selbst Supervision in Anspruch zu nehmen als unabdingbar an.

In "Qualifikationen" übersetzt würde dies bedeuten, dass zumindest die Kenntnisse eines Heilpraktikers für Psychotherapie erforderlich wären, während ein "einfaches" Psychologiestudium nicht ausreichen würde, bei Spezialisierung auf klinische Psychologie jedoch schon. Als ausgewiesene Gegnerin jeder unnötigen Formalisierung habe ich ganz bewußt "Kenntnisse" formuliert, aber ich befürchte, dass in der Praxis tatsächlich eine Prüfung zum "kleinen Heilpraktiker" Mindestvoraussetzung ist, um eigene Supervision in Anspruch nehmen zu können.

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von friederike »

Das wird nicht leicht zu finden sein!

Es wäre ein schönes Türschild für einen Psychotherapeuten usw. denkbar ....

Ich kenne eine Kollegin, für die die Idee einer Supervision wirklich interessant und eine Hilfe sein könnte. Die Idee kann ich ihr ja einmal weitergeben.

LG,
Friederike

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Robby
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Beitrag von Robby »

hallo zusammen
nach kurzem lesen des themas möchte ich meine eigenen erfahrungen,sozusagen von der anderen seite kurz darstellen
habe als kunde mit meinen psychiatern und psycholgen(männlich und weiblich) oft über dieses thema gesprochen
kann sagen dass weibliche psychiater/psychologen mehr verständnis für die SW haben als männliche-die haben oft nur negativbeispiele-im sinne des kunden-in der beziehung gebracht
die weiblichen psychologen/psychiater haben mir das ganze mehr aus der sicht der frau dargestellt
daher glaube ich dass eine frau mehr verständnis für SW aufbringt alsein mann dessen männliche klienten mehr über ihre negativen erlebnisse berichten und daher den arzt zu einer negativen voreingenommenheit verleiten(die kunden mit positiven erlebnissen müssen sich nicht bei ihrem arzt ausweinen)
allerdings stellt sich die frage ob ein außenstehender wirklich hilfreich sein kann-am besten wäre wohlein psychologisch geschulter ehemaliger SW als supervisor
hoffe ihr verzeiht mir meine dreingabe als außenstehender
liebe grüße
robby

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Beitrag von Aoife »

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Robby hat geschrieben:allerdings stellt sich die frage ob ein außenstehender wirklich hilfreich sein kann-am besten wäre wohlein psychologisch geschulter ehemaliger SW als supervisor
Danke Robby für deine Ergänzung!

Ich habe das tatsächlich als gegeben vorausgesetzt, wobei ich denke "ehemalig" ist schon kritisch, eigentlich sollte ein Supervisor im Beruf aktiv sein.

Was das Geschlecht angeht, so denke ich weniger, dass das ein grundsätzliches Hindernis darstellen muß. Eher das Gruppenzugehörigkeitsgefühl: Ich würde durchaus einen MSW supervidieren, der sich als Prostituierter sieht, befürchte aber ziemliche Probleme bei der Supervision einer Tantramasseurin oder einer high class Escortdame, die Berührungsängste mit uns "normalen" Prostituierten haben.

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von Robby »

danke für die rasche antwort liebe aoife
ich kann nur aus meiner erfahrung berichten die sicher viel kleiner als deine ist außerdem wusste ich nicht dass es so einen standesdünkel gibt-die high class escort macht ja auch nichts anders als andere SW-nur für mehr geld
ich dachte dass ein ehemaliger Sw mehr nerven für die probleme hat als ein aktiver der vielleicht selber grade einen schlimmen tag hatte und sich dann noch die probleme von anderen anhören muß
ist ja nicht immer einfach mit uns kunden-weiß ich ja
bin inzwischen dazu übergegangen meinen seelenmüll an meinen psychologen/psychiater abzuladen-die haben das studiert und verkraften das viel leichter und werden besser bezahlt als eine SW die wahrscheinlich selber viele probleme hat
liebe grüße
robby

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Beitrag von Aoife »

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friederike hat geschrieben:Ich kenne eine Kollegin, für die die Idee einer Supervision wirklich interessant und eine Hilfe sein könnte.
Als Klientin oder als Supervisorin?

Falls letzteres (und natürlich auf für jeden anderen, der sich angesprochen fühlt) wäre es schön, wenn wir ein lockeres Netzwerk aufbauen könnten. Wenn wir ein einigermaßen flächendeckendes Angebot aufstellen können, wird sich ja zeigen, wie die Nachfragelage ist.

Wobei Wege von 200 oder 300 km bei "bürgerlicher" Supervision ja durchaus auch üblich sind, 'flächendeckend' heißt also nicht, dass wir alle paar Meter jemanden brauchen :002

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Beitrag von Aoife »

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Robby hat geschrieben:außerdem wusste ich nicht dass es so einen standesdünkel gibt-die high class escort macht ja auch nichts anders als andere SW-nur für mehr geld
Ich will das bestimmt nicht allen unterstellen, war nur als Beispiel gemeint, weil es solche eben auch gibt. Und dann ist das ja auch meine ganz persönliche Begrenzung, andere haben damit vielleicht kein Problem. Nur sehe ich in solchen Umständen eher ein Hindernis, als in dem Geschlecht an sich.

Was deine geschlechtstypischen Beobachtungen keineswegs in Frage stellen soll, aber du hast eben Männer und Frauen die beide nichts mit dem Gewerbe zu tun haben verglichen.
Robby hat geschrieben:ich dachte dass ein ehemaliger Sw mehr nerven für die probleme hat als ein aktiver der vielleicht selber grade einen schlimmen tag hatte und sich dann noch die probleme von anderen anhören muß
...
die haben das studiert und verkraften das viel leichter und werden besser bezahlt als eine SW die wahrscheinlich selber viele probleme hat
Letzlich ist dafür die eigene Supervision notwendig - unabhängig ob aktiv, ehemalig und/oder studiert. Gerade das Studium sollte man keinsfalls überschätzen - es ersetzt weder eine praktische Ausbildung (oft auch bei sogenannten Profis als learning by doing nebenher erworben), noch den berufsbegleitenden Austausch mit erfahrenen Kollegen, Supervision eben. Schließlich ist ja keiner davor geschützt, einen schlimmen Tag erlebt zu haben, das Risiko dafür ist durch aktive Sexarbeit IMHO nicht erhöht.

"als eine SW die wahrscheinlich selber viele probleme hat" - wenn du damit Psychoprobleme meinst, so kann ich dir versichern, dass das bei Therapeuten auch nicht besser aussieht.

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von Robby »

liebe aoife
danke für deine erklärungen ich kann leider nichts anderes berichten-du hast natürlich recht das die "studierten" auch keine übermenschen sind leider ist mir meine (nicht in dieser sparte studierte)private supervisorin schon vor vielen jahren abhanden gekommen
kann nur jedem wünschen dass er(sie) einen guten freund(geschlechtsneutral) findet mit dem er/sie sich austauschen kann
robby

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Beitrag von friederike »

@Aoife,

die Kollegin, an die ich dachte, wäre eine Klientin. Eine geeignete Supervisorin wäre mir auf Anhieb nicht bekannt, obwohl es im Forum sicherlich Leute gäbe, die das könnten. Wenn sie wollten, natürlich; ich denke, so etwas ist schon belastend und aufwendig.

Friederike

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Marc of Frankfurt
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Profis für Sexworker

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Liste von sexwork-positiven Supervisoren

(Zum Hinzufügen von Namen, bitte diese gesamte Liste inkl. Infozeilen kopieren (zitieren) und den neuen Namen einsortieren.)





A

B
Berlin, Stephanie Klee www.klee-consulting.de
...

F
Frankfurt, Monika Hoffmann, Leiterin von Tamara www.diakonischeswerk-frankfurt.de/inhal ... tamara.php
Frankfurt, Prof.em. Dr. med. Volkmar Sigusch www.vitalicum.com/de/aerzte-und-mitarbe ... index.html
Frankfurt, Universität, Dr. Dipl.-Psych. Sophinette Becker www.psychiatrie.uni-frankfurt.de/mitarb ... index.html
Frankfurt, Universität, Prof. Martin Dannecker www.kgu.de/index.php?id=3801&L=0
...





(Zum Hinzufügen und Aktualisieren von Supervisoren Name, Kontaktinfo oder Link bitte gesamte Liste kopieren. Dafür den Zitat-Button drücken und dann die Zitat-Marken entfernen und zwar vor der eigentlichen Liste bis einschließlich [ quote=... ] und am Ende der Liste [ / quote ]. Eigenen Erfahrungsbericht oder Bewertung bitte in getrenntem Posting anhängen. Danke.)
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 14.03.2011, 12:33, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Profis für Sexworker

Beitrag von Aoife »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:Liste von sexworkpositiven Supervisoren
Danke, dass du einfach einmal einen Anfang gemacht hast, Marc!

Allerdings hätte ich bei einigen der erwähnten Namen größte Schwierigkeiten, eine Empfehlung auszusprechen.

Wer andenkt zu einem Therapeuten/Supervisor mit psychoanalytischem Hintergrund zu gehen, soll bitte vorher zumindest "Blumen auf Granit" von Dörte von Drigalski gelesen haben und dann die Entscheidung nochmals überdenken.
http://www.amazon.de/Blumen-auf-Granit- ... 439&sr=8-1

Und bitte auch bedenken, dass "sexpositiv" keineswegs "prostitutionspositiv" bedeuten muss. Oder überhaupt eine Positivität über die Akzeptanz der eigenen Neigung hinaus gegeben ist. Ich sehe auf der Liste Personen, die sich wohl für die Rechte Homosexueller eingesetzt haben, jedoch für massive Menschenrechtsverletzungen an Transsexuellen (beispielsweise einjähriger RLT vor HRT in den Behandlungsleitlinien) verantwortlich sind.

Ich selbst habe jedenfalls erhebliche Hemmungen, meinen Namen dieser Liste hinzuzufügen.

Liebe Grüße, Aoife
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Welche Supervisionsmethode wähle ich?

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Auswahlhilfen und Kriterien für die Methoden-Wahl


Bild
Orientierungskarte


Tabelle und Verbreitungshäufigkeit der Methoden
www.psyonline.at/contents/13405/psychotherapie-methoden

Methodenkoffer-Überblick:
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_ ... gsmethoden



Da Sexwork/Prostitution eine körper-psychische oder psycho-somatische Arbeitsweise und Methodologie ist, sollte m.E. auch eine vergleichbare körperorientierte Supervisionsmethode (Therapieform) in die nähere Auswahl gezogen werden.


Es muß auch nicht unbedingt eine klinisch-akademisch anerkannte Methode sein (Kassenanerkennung wg. Kostenübernahme), sondern kann letztlich auch eine komplimentärmedizinische Methode sein wozu auch gehören: Bodywork (Heilmassagen), Tantra (Selbsterfahrung), Stimmtherapie, Atemtherapie...

Aufgrund der Kosten werden oft Gruppenangebote gesucht. Damit es aber nicht bei Wellness bleibt (was auch mal gut sein kann;-), sollten es keine einmaligen Wochenendkurse sein, sondern sogenannte Ausbildungen, d.h. Seminarfolgen über mehrere Monate...

Siehe auch im Sammelthema "Fortbildungen für Sexworker":
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=817

Bei Gruppenangeboten besteht die Gefahr der allg. Gruppendynamik zu folgen und die eigenen Themen dann evt. nicht zu bearbeiten.

Was die Kostenübernahme betrifft gilt: Wer selbst zahlt, hat mehr davon ;-)

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Re: Welche Supervisionsmethode wähle ich?

Beitrag von Aoife »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:Da Sexwork/Prostitution eine körper-psychische oder psycho-somatische Arbeitsweise und Methodologie ist, sollte m.E. auch eine vergleichbare körperorientierte Supervisionsmethode (Therapieform) in die nähere Auswahl gezogen werden.
Dem kann ich nur zustimmen - da wir allerdings auf diesem Gebiet alle selbst ExpertInnen sind denke ich dass das eher etwas für gemeinsame workshops ist als für Supervision.

In fraences' diese Diskussion anregender Ausgangsfrage ging es ja explizit um mind fucker und ähnliche Phänomene, die uns Schwierigkeiten bereiten können.

Weil wir eben neben der psychosomatischen Körperarbeit auch viele psychotherapeutische Aufgaben übernehmen, und eine Supervision, die uns dafür stärker macht, sollte IMHO nicht zu weit vom Psycho-Kernbereich entfernt sein. Was keineswegs ein Plädoyer für kassenbezahlte Methoden sein soll, diese haben naturgemäß ja nicht Wohlbefinden und Sicherheit in unserem Bereich zum Ziel, sondern "Funktionieren" im bürgerlichen Leben, egal wie es der Person dabei geht. Deshalb bitte nicht "wissenschaftlich" und "kassenanerkannt" verwechseln, gerade die kassenbezahlten Therapien sind wissenschaftlich gesehen allenfalls grenzwertig wirksam (um es freundlich auszudrücken).

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RE: Warum Sexworker kaum Supervision nutzen

Beitrag von Aoife »

Hallo, ich möchte euch nicht vorenthalten, was ich soeben gelesen habe:

Sigmund Freud selbst hat bereits geschrieben: Die Iren sind eine Rasse von Menschen, für die Psychoanalyse keinerlei Nutzen hat.

Gut, ich denke, dass meine Kritikpunkte an der Psychoanalyse weit über persönliche Vorurteile hinausgehen, aber ich möchte das zum Anlaß nehmen darauf hinzuweisen, dass natürlich jede(r) selbst schauen muß, was im individuellen Fall am besten funktioniert.

Immerhin denke ich dass klargeworden ist, dass ich für jemanden, der analytische Methoden wünscht, nicht als Supervisorin in Frage komme :002

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