Razzia im My Way, Bahnhofsviertel Frankfurt

Hier können SexarbeitInnen ihren Arbeitsplatz bzw. ihre Arbeitsbedingungen beschreiben. Was erlebt Ihr alles in Eurem Beruf?
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Tanja_Regensburg
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Razzia im My Way, Bahnhofsviertel Frankfurt

Beitrag von Tanja_Regensburg »

Nachdem ich beschlossen hatte auf dem Heimweg von Hamburg noch einige Stopps einzulegen, hatte ich mich auf einen ruhigen Abend gefreut, an dem ich ein paar nette Leute von hier, die mir bisher nur vom Schreiben ein Begriff waren, persönlich kennenlernen kann.

Aber gleich bei meinem ersten Besuch des BHV bekam ich das volle Programm geboten.....
Razzia im My Way
Zunächst war mir nicht ganz bewusst, was da geschieht..... heranrasende Mannschaftswagen der Polizei, Zivilfahrzeuge mit als Polizei gekennzeichneten Beamten....
Mein Auto im Halteverbot von Polizei umrahmt.....

Nach einigen Minuten, nachdem ich dann realisiert hatte, was da los war bin ich aus ehrlichem Interesse rüber auf die andere Straßenseite und habe versucht genauer zu beobachten was da abläuft.

Zunächst einmal habe ich mich zurückgehalten und versucht das Ganze einzuordnen.... Der Geschäftsführer stand auf der Straße und war sichtlich nicht erbaut.... einige Gäste suchten sofort mit Jacke vor dem Gesicht das Weite....einige angetrunkene Gäste provozierten massiv die dort positionierten Polizeibeamten...

Eine streitbare Dame einer Hurenberatungsstelle versuchte sichtlich aufgebracht an Infos zu kommen, was ihr aber nicht wirklich gelang.....

Ich habe mich dann an einen Polizisten gewandt mit der Frage, was denn da eigentlich los ist....
Zunächst eisiges Schweigen, aber da ich ja hartnäckig sein kann, wenn ich etwas wissen will....kam dann ein etwas höher gestellter Beamter und wollte wissen welchen Bezug ich dazu habe, und warum ich Fragen stelle.....
Auf seine Nachfrage habe ich mich dann vorgestellt und ihm mitgeteilt, dass ich aktive Sexabeiterin bin und Moderatorin bei sexworker.at.....
Seinem Gesicht nach zu urteilen konnte er das wohl nicht gleich einordnen und er hat mich nochmals gefragt, ob ich wirklich Prostituierte bin .....

Da ich aber eindringlich darauf bestanden habe zu erfahren was da jetzt eigentlich los ist, und warum mit einem solchen Aufgebot hier angerückt wurde
bekam ich einige Nichtantworten auf meine Nichtfragen....

Der Beamte erklärte mir, dass es eine Anordnung von oben sei, die er nicht zu werten sondern auszuführen habe und er nicht berechtigt ist mich zu informieren....

Daraufhin habe ich hypothetische Fagen gestellt, die er so gut wie möglich beantwortet hat....

Auf meine Frage ob es sich hier um eine Razzia handeln könnte, antwortete er .... es ist eine Kontrolle...
Auf die Frage, ob das Alter der Damen kontrolliert wird kam die Antwort, der Zutritt zum Laufhaus sei Jugendlichen nicht gestattet, deshalb würden sie wenn anwesend dort enfernt, was wohl im Interesse aller sei...
Auf die Frage ob Zoll anwesend ist.....es ist eine Abteilung der Polizei
.... ob Kunden kontrolliert werden..... ausweisen muss man sich immer und überall.... auch wenn Verkehrskontrolle ist
warum dieses Mega Aufgebot an Polizeipräsenz bei ca 25 anwesenden Damen???
Sehen sie es so.... wir möchten eine ruhige Kontrolle, bei der nichts passiert.

Mein Eindruck war, obwohl ich Kontrollen dieser Art als Stress für die Damen wie für die Kunden empfinde, dass es relativ ruhig ablief.
Die Beamten ließen sich, auch durch massivste Provokation, nicht beeindrucken und verhielten sich ruhig. Sie machten ihren Job, nahmen eine junge Dame, die meines Erachtens unter 18 war, mit.
Das Ende dieses Aufruhrs habe ich mir gemeinsam mit den anderen von unserem Plätzchen in der Ersten Reihe angesehen.... so spekakulär, wie sie vorgefahren sind, so zügig sind sie auch abgerückt.


Ob das Ganze so abgewickelt werden muss, darüber lässt sich sicher streiten, aber wenn ich mir als Außenstehender das Verhalten von einigen Gästen und Beteiligten ansehe, dann kann ich die Demonstration von Präsenz duchaus nachvollziehen.

Die Razzia lief anders, als ich von Berichten über österreichische Kontrollen weiß, ruhig ab, die Beamten waren ruhig und machten ihren Job.... es waren auch Beamtinnen anwesend.


Zeitgleich fanden in mehreren Häusern diese Kontrollen statt..
Vordergründig geht es um Minderjährige, Drogen und Ausländerrecht.
Im Hintergrund erfassen die Beamten jeweils die Personendaten aller anwesenden Frauen, auch derer die sich einwandfrei ausweisen können und weder bzgl. Alter noch Aufenthaltsstatus oder Drogen ein Problem haben. Gefragt wird weiterhin auch nach dem Familienstand (verheiratet, Kinder?).

Ursächlich ist wohl eine seit einiger Zeit laufende Auseinandersetzung in der der Fiskus die Häuser zwingen will, das Düsseldorfer Verfahren umzusetzen und Steuern pauschal abzuführen. Die Häuser weigern sich bisher.
Im Lauf der Auseinandersetzung erfolgten wohl bereits Ankündigungen, Fiskus und andere staatliche Instanzen werden ihre Präsenz erhöhen und den reibungsarmen Betrieb der Häuser stören wenn diese nicht im Sinne des Düsseldorfer Verfahrens kooperieren

Was ich persönlich als schwierig empfinde ... als inländische Sexarbeiterin muss ich schon lange Steuern zahlen, werde auch kontrolliert und muss Nachweise bringen....
Busserl Tanja
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Beitrag von Zwerg »

@Tanja

Du erhältst demnächst den Beinamen "SW-ReporterIn" ehrenvoll überreicht :-)

Danke für Deine Schilderung! Auch ich bewundere bisweilen die Ruhe der Beamtenschaft - wobei sich natürlich wieder die Frage stellt, ob nicht gerade das Überaufgebot wieder provozierend auf die Umstehenden auswirkt. In dem Fall dürfte die Reaktion eben auf die (übergroße) Aktion ausfallen.

Vielen Dank für Deine Zeilen

Christian

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sweetgirl
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Beitrag von sweetgirl »

ja.. die razzia war echt heftig. in dieser art habe ich es im BHV auch noch nicht erlebt.

sweetie, die mit tanja da war;)

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Beitrag von ehemaliger_User »

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Marc of Frankfurt
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Polizeibericht dazu

Beitrag von Marc of Frankfurt »

21.07.2009 | 15:22 Uhr
POL-F: 090721 - 914 Innenstadt: Polizei zieht positive Bilanz der Kontrollmaßnahmen im Rotlichtmilieu

Frankfurt (ots) - Seit dem 27. April 2009 hat die Frankfurter Polizei mit Unterstützung von Beamtinnen und Beamten der Hessischen Bereitschaftspolizei verstärkte Kontrollmaßnahmen im Rotlichtmilieu im Bahnhofsgebiet durchgeführt. Vor dem Hintergrund der Bekämpfung der illegalen Bordellprostitution [z.B. Alter noch nicht 21 Jahre oder abgelaufenes Visum oder keine Arbeitserlaubnis, weil kein EU-Bürger... Anm.] ist ein weiterer Schwerpunkt der Kontrollmaßnahmen, die Arbeitsbedingungen der Prostituierten zu überprüfen und zu verbessern.

[Es ist eine Diskriminierung der Sexarbeit als Branche, wenn die uniformierte Polizei sich für die Überprüfung von Arbeitsbedingungen zuständig erklärt. Das ist m.E. in keiner anderen Branche so, dass Dienstleistungen vornehmlich über das Strafrecht reguliert werden. Anm.]

Seit etwa Mitte 2007 wurde eine verstärkte Entwicklung der Prostituiertenszene durch vermehrt auftretende Frauen aus den osteuropäischen EU-Gebieten, vornehmlich aus Bulgarien und Rumänien, festgestellt. [Hier geht es also um Migrationskontrolle. Anm.] Gleichzeitig konnte ein Anstieg der illegalen Straßenprostitution in den Wasserstraßen des Bahnhofsgebietes, aber auch eine verstärkte Belegung der sogenannten Laufhäuser festgestellt werden. Damit einhergehend entwickelten sich auch alle sonstigen negativen Erscheinungen dieses Milieus, einschließlich einer szenetypischen Begleitkriminalität. So zum Beispiel Raubdelikte, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz aber auch der sogenannte Beischlafdiebstahl.

[Wenn eine Sexarbeiterin einen Kunden beklaut, hat das einen eigenen diskriminerenden Namen: Beischlafdiebstahl. Wenn ein Kunde die Sexarbeiterin beklaut oder gar um den vereinbarten Lohn prellt wird das als normaler Diebstahl oder Leistungsbetrug abgebucht. Anm.]

Neben einer verstärkten Kontrolle der illegalen Straßenprostitution [wg. Sperrbezirksverordnung, denn das Frankfurter Rotlichtviertel am Bahnhof ist Sperrbezirk für Straßenprostitution und dennoch sind dort 3 Anlaufstellen für Drogengebraucher eingerichtet worden und die pot. Kunden laufen dort eben auch herum... Anm.] hat die Frankfurter Polizei seit Ende April 2009 insgesamt 17 Bordellbetriebe im Bahnhofsgebiet und in der Breiten Gasse eingehend kontrolliert. Dabei wurden insgesamt 328 Prostituierte angetroffen und überprüft. Es erfolgten 18 Festnahmen von Prostituierten wegen Verstößen gegen das Aufenthaltsgesetz [5 %. Anm.]. Darauf basierend wurden vier Strafverfahren gegen die betroffenen Bordellbetreiber eingeleitet. Bei der Kontrolle der ebenfalls angetroffenen potentiellen Freier in den Laufhäusern bzw. angrenzenden Lokalitäten wurden weitere Strafverfahren u. a. wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz bzw. Beleidigung eingeleitet [Die SexarbeiterInnen auf der Straße sind zumeist DrogengebraucherInnen wie oft ihre Kunden auch. Anm.]. Die Sinnhaftigkeit der polizeilichen Kontrollmaßnahmen wird nicht zuletzt dadurch unterstrichen, dass in einem Bordellbetrieb in der Breiten Gasse [das ist nicht Bahnhofsviertel sondern die Innenstadt. Anm.] eine 17jährige Jugendliche festgestellt wurde, die augenscheinlich gegen ihren Willen der Prostitution nachgehen musste. Mit den aktuellen Kontrollmaßnahmen der Bordellbetriebe, aber auch der illegalen Straßenprostitution beabsichtigt das Polizeipräsidium Frankfurt am Main, einer Entwicklung hin zu einer anonymen Subkultur entgegenzuwirken.

Insgesamt kann aus Sicht der Frankfurter Polizei eine positive Bilanz der Kontrollmaßnahmen gezogen werden, nichtsdestotrotz werden in absehbarer Zeit weitere gleichgelagerte Kontrollmaßnahmen durchführt werden. Die Notwendigkeit der Kontrollen zeigt das erwähnte Beispiel der minderjährigen Prostituierten aber auch die weiteren festgestellten Verstöße, selbst wenn diese Überprüfungen seitens der Betreiber der Laufhäuser sehr kritisch gesehen werden.

An den polizeilichen Einsatzmaßnahmen war die Stadtpolizei beteiligt.

(Alexander Löhr, 069/ 755- 82117)

Rufbereitschaft hat Herr Winkler, Telefon: 0173-6597905


Rückfragen bitte an:

Polizeipräsidium Frankfurt am Main
P r e s s e s t e l l e
Adickesallee 70
60322 Frankfurt am Main
Telefon: 069/ 755-00
Direkte Erreichbarkeit von Mo. - Fr.: 07:30 Uhr bis 17:00 Uhr
Telefon: 069 / 755-82110 (CvD) oder Verfasser (siehe Artikel)
Außerhalb der Arbeitszeit: 0173-6597905
Fax: 069 / 755-82009
E-Mail: pressestelle.ppffm@polizei.hessen.de
Homepage Polizeipräsidium Ffm.: http://www.polizei.hessen.de/ppffm




Quelle:
http://www.presseportal.de/polizeipress ... rt_am_main




_________________





Studie zu Razzien:
"Razzien sind oft Symbolpolitik und haben oftmals kontraproduktive Wirkungen"
viewtopic.php?p=48268#48268





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Lycisca
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Beitrag von Lycisca »

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sweetgirl hat geschrieben:ja.. die razzia war echt heftig. in dieser art habe ich es im BHV auch noch nicht erlebt.

sweetie, die mit tanja da war;)
@sweetie und @tanja
Im Hinblick auf den Verdacht von erniedrigende Behandlung der SW iSv Art 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention durch erzwungene Nacktheit wäre folgende Information zu dieser Razzia von Interesse: Waren die SW in normaler Strassenkleidung oder in erotischen Dessous? Waren die weiblichen SW in Dessous den Blicken von männlichen Polizeibeamten ausgesetzt? Hat die Polizei vor Beginn der Razzia alle ihr zumutbaren Maßnahmen getroffen, um zu vermeiden, dass jemand gegen seinen Willen nackt oder unangemessen bekleidet einer Amtshandlung unterworfen wird? (Als mögliche Maßnahme denke ich, dass das Gebaüde umstellt wurde und alle Personen im Gebäude mit Megafon aufgefordert wurden, sich anzukleiden.)

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Tanja_Regensburg
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Beitrag von Tanja_Regensburg »

Eine Megafonansage vor dem Haus habe ich nicht wahrgenommen!

Was im Haus war weiß ich nicht, da ich erst nach einiger Zeit auf die gegenüberliegende Straßenseite ging um genauer beobachten zu können.

Allerdings ist es in Bayern bei einer Kontrolle so, dass die Polizei ins Haus geht, an die Türen klopft mit der Ansage: Polizeikontrolle bitte anziehen..

Ob das im My Way auch so war kann ich nicht sagen!

LG Tanja
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RE: Razzia im My Way, Bahnhofsviertel Frankfurt

Beitrag von Tanja_Regensburg »

Hier mal die Fotos nachliefere..
Bitte die Qualität zu entschuldigen, da mit dem Handy gemacht.
Im Rosa Haus mit dem roten Herzerl ist das My Way

Busserl Tanja

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Marc of Frankfurt
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Der Kampf der Meinungen über die Medien:

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Bordelle in Frankfurt

Razzia gegen Ausbeutung im "My Way"




Von Friederike Tinnappel

Das Bahnhofsviertel steht Kopf (Bild: FR/Oeser)


Das Telefon klingelt nur kurz. "Rotes Haus, guten Tag", sagt der Mann, der den Hörer abgenommen hat. "Sie rufen wegen der Razzia an? Das ist ja super. Ich gebe Ihnen die Nummer von Herrn M." Markus M. ist der Betreiber des Roten Hauses, eines Etablissements im Bahnhofsviertel, das ebenso wie andere "Laufhäuser" am Montagabend von der Polizei mit einem Großaufgebot kontrolliert wurde. Markus M. ist unter der angegebenen Handynummer erreichbar, hat aber "zu viel zu tun", um zu reden, will zurückrufen.

Richard B., der Betreiber von "My Way" in der Taunusstraße 26 ist gesprächiger. "Die müssen doch nicht mit 50 Leuten kommen, vier reichen auch. Die haben wohl sonst nichts zu tun." Die Bordellbetreiber im Bahnhofsviertel sind sauer. Sie finden es nicht richtig, wie sich die Beamten in ihren Häusern aufführen. Angeblich gibt es da sowieso nichts zu entdecken. Angeblich arbeiten dort nur "legale Damen".

Die Polizei begründet die Razzien damit, dass sie Zuhälter festnehmen möchte, die einen möglichen illegalen Status der Frauen ausnutzen, um sie auszubeuten. "Diese Frauen kommen nicht von sich aus zu uns", sagt Alexander Löhr von der Polizei-Pressestelle. Das Dilemma: In dem Moment, in dem eine Frau einräumt, dass sie keinen gesicherten Aufenthaltsstatus hat, wird sie abgeschoben.





Laufhäuser

130 Euro Miete am Tag müssen die Prostituierten zum Beispiel im "My Way" in der Taunusstraße zahlen. Die Zimmer sind einfach eingerichtet. Hier wohnen und schlafen die Frauen auch.

Die Freier laufen über die Flure und wählen unter den Frauen, die sich an ihrer Zimmertür anbieten, aus. Geschlechtsverkehr gibt es ab 30 Euro aufwärts.

Viele Frauen, die sich in einem Laufhaus verdingen, leben am Existenzminimum. Andere schaffen es, 500 Euro im Monat zu sparen und in die Heimat zu schicken. Davon kann dann die Familie überleben. Armut ist ihr Hauptmotiv.

Die Einnahmen im ältesten Gewerbe der Welt gehen seit ungefähr zehn Jahren immer mehr zurück.





Menschenhandel

Dieses Schicksal droht jetzt einer 17-jährigen Schwarzafrikanerin, die von der Polizei in einem Bordell in der Breiten Gasse entdeckt wurde. Zunächst waren die Beamten davon ausgegangen, dass der Betreiber gewusst hat, dass sie sich illegal in der Bundesrepublik aufhält. Doch dann stellte sich heraus, dass sie ihm ein Dokument vorgelegt hatte, das einer Bekannten gehört, die ihr sehr ähnlich sieht. Jetzt wird, wie Löhr einräumt, "gegen Unbekannt" wegen Menschenhandels ermittelt. Derzeit verdingen sich nur wenige Schwarzafrikanerinnen in hiesigen Bordellen.
["Hegemoniale Rufmord-Strategie" Anm.] :zeichnung

[Hier sieht man die Masche der amtlich-medialen Kriminalisierung der Prostitutionsbranche.
Die Frauen der Migration arbeiten und trixen so wie es ihre eingeschränkten Überlebensmöglichkeiten hier erlauben. Die Polizei sollte das längst wissen, posaunt aber über die Presse 'Minderjährige aus Bordell rausgeholt'. Langfristig reagieren die anständigen Bürger natürlich immer ängstlicher und sprechen Verdächtigungen aus, die die Polizei wiederum gerne zum Anlaß nimmt 'Aufzuräumen' s.u... Mehr unter www.sexworker.at/menschenhandel Anm.]

Seitdem es in der Vergangenheit mehrere Verfahren gegebenen hat, bei denen Zuhälter auf der Anklagebank saßen, die schwarzafrikanische Frauen ohne Aufenthaltsgenehmigung beschäftigten, würden sie sich nun "andere Städte" aussuchen. Vor allem Frauen aus Bulgarien, Rumänien, der Dominikanischen Republik und Kolumbien bieten sich in den Laufhäusern an. Laut Polizei haben sie in der letzten Zeit immer mehr Konkurrenz durch Prostituierte bekommen, die Freier auf der Straße ansprechen. Die Straßenprostitution ist im Bahnhofsviertel zwar verboten, aber nicht zu verhindern.

Gegen "anonyme Subkultur"

[Polizist] Löhr berichtet über Streit zwischen den Frauen aus den Laufhäusern und denen von der Straße. Man werde die Razzien fortsetzen, um der "Entwicklung zu einer anonymen Subkultur entgegenzuwirken." Und zwar mit so vielen Leuten, wie man es für richtig halte. "Das muss man schon uns überlassen." Wenn nur vier Beamte im Einsatz seien, hätten Frauen ohne Aufenthaltsstatus Zeit zu fliehen.

Bei den Razzien gehe es "nicht um eine verschärfte Gangart", versichert Dore Struckmeier-Schubert vom Ordnungsdezernat. Es sei nicht vorgesehen, die Prostitution aus dem Bahnhofsviertel zu verdrängen. Es habe vermehrte Bürgerbeschwerden gegeben. Und es sei richtig, dass in Sachen illegaler Prostitution versucht werde, den Hintermännern auf die Spur zu kommen.

http://www.fr-online.de/frankfurt_und_h ... utung.html
[Eigene Hinzufügungen in eckigen Klammern]





Prostitution in Frankfurt

Polizei geht Dirnen gegen den Strich



Der Verein Doña Carmen, der sich für die Rechte von Prostituierten einsetzt, übt Kritik an einer Bordellrazzia der Frankfurter Polizei. 50 bis 70 Beamte hätten am Montag in der Taunusstraße ein "selbstherrliches polizeistaatliches Gehabe" an den Tag gelegt. Die kontrollierten Freier hätten sich "an die Wand stellen und eine beschämende Identitätsprüfung über sich ergehen lassen" müssen.

[Warum gibt es noch keine Freier-Lobby, die sich beschwert? Anm.]

Das "wiederholte provozierende Auftreten der Polizei" wird von dieser als Erfolg gewertet. Seit Ende April kontrolliere man verstärkt im Frankfurter Rotlichtmilieu, 17 Bordelle im Bahnhofsviertel und in der Breiten Gasse und 328 Prostituierte seien kontrolliert worden. Dabei seien 18 Dirnen wegen Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz festgenommen worden; gegen vier Puffbetreiber wurden Strafverfahren eingeleitet.

"Die Sinnhaftigkeit" der Aktionen, sagt die Polizei, werde "nicht zuletzt dadurch unterstrichen, dass in einem Bordellbetrieb in der Breiten Gasse eine 17-jährige Jugendliche festgestellt wurde, die augenscheinlich gegen ihren Willen der Prostitution nachgehen musste".

(skb)
http://www.fr-online.de/frankfurt_und_h ... trich.html





Kommentar

Keine falsche Scham



Von Friederike Tinnappel


Bild
Friederike Tinnappel (Bild: FR/Kumpfmueller)


Klar ist es für einen Freier nicht gerade angenehm, wenn er während einer Razzia von der Polizei halbnackt befragt wird. Aber wer in den Puff geht, muss schon damit rechnen, dass es auch mal peinlich wird. Dass die Bordellbetreiber das nicht wollen, weil es die Kunden vergraulen könnte, ist ebenso klar.

Aber wer denkt schon an die Frauen, die hier unter erbärmlichen Umständen ihren Lebensunterhalt fristen? Gruselgeschichten von dem armen Mädchen aus der Ukraine, das mit dem Versprechen als Haushaltshilfe arbeiten zu können, in die Bundesrepublik gelockt wird und von einem Zuhälter zur Prostitution gezwungen wird, mag es zwar geben. Die meisten Frauen verkaufen ihre Dienste, um zu überleben und ihre Familie durchzubringen. Sie arbeiten und leben in diesem einen Zimmer, kennen sich in der Stadt nicht aus, können sich kaum verständigen.

Daran können die Razzien der Polizei nichts ändern. Aber sie können dazu beitragen, die gröbsten Auswüchse von Ausbeutung zu verhindern [Das wage ich zu bezweifeln, solange die Doppelmoral im Spiel ist. Anm.]. Die großen Verliererinnen sind die Frauen ohne Aufenthaltsstatus. Sie werden abgeschoben. Vom Elend in die Hoffnungslosigkeit.

http://www.fr-online.de/frankfurt_und_h ... Scham.html





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 07.11.2013, 16:08, insgesamt 9-mal geändert.

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Fachbuch

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Und nun ist das von der Razzia heimgesuchte Bordell auch schon auf dem Titel eines intl. Fachbuches gelandet:



Bild

Sex for Sale
2. Auflage

Herausgegeben von Prof. Dr. Ronald Weitzer




Was für eine Ehre für einen Betrieb,
der früher übrigens Annabella hieß.

Foto hat der Herausgeber wohl selbst geschossen,
nachdem er bei uns zu Besuch war.

Siehe auch dieses Nachbarlaufhaus,
welches es ebenso auf einen Buchtitel geschafft hat:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=41740#41740


Von Prof. Weitzer auch dieser bemerkenswerte Aufsatz:
"Das soziale Konstrukt Menschenhandel - Ideology und Institutionalisierung eines Moralischen Feldzuges"
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=21945#21945





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Marc of Frankfurt
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Täter war doch kein Sex-Monster

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Minderjährig vs. Ausweis gefälscht

Organisation Verbotener Prostitution vs. Ich will das machen.



Hier ein ähnlicher Fall mit gefälschtem Alter wie oben:
  • "So hatte ein Mädchen vor Gericht zugegeben, ihren Schülerausweis gefälscht zu haben. Damit habe sie sich dem Angeklagten gegenüber als 16 ausgegeben."
http://www.derwesten.de/nachrichten/sta ... etail.html





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