LokalNachrichten: STRASSBOURG (F), KEHL, OFFENBURG (D)

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Doris67
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Re: RE: LokalNachrichten: STRASSBOURG (F), KEHL, OFFENBURG (

Beitrag von Doris67 »

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Jupiter hat geschrieben:Zahlen für 2012 will er noch nicht nennen – die sollen im März vorgestellt werden.
Hat man davon inzwischen was gehört?
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Jupiter
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RE: LokalNachrichten: STRASSBOURG (F), KEHL, OFFENBURG (D)

Beitrag von Jupiter »

Doris, ich habe leider hierzu noch nichts weiteres gelesen.
Ich habe dazu noch sicherheitshalber im Pressearchiv der Polizei BW nachgeschaut: http://presse.polizei-bwl.de/Seiten/Suche.aspx

Jeweils unter dem Suchbegriff "Prostitution"

Desweiteren bietet sich auch noch das Portal von der Zollfahndung an: http://www.zoll.de/SiteGlobals/Forms/Su ... submit.y=0

Generell lese ich bei Meldungen in der Printpresse oder Internetmedien gerne die offizielle Pressemitteilung von Polizei bzw. Zoll

Gruß Jupiter
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RE: LokalNachrichten: STRASSBOURG (F), KEHL, OFFENBURG (D)

Beitrag von Jupiter »

Nun hat sich ein Mitarbeiter der Kripo Offenburg / Ortenaukreis in einem Interview mit der Badischen Zeitung zur Situation geäußert. Ich freue mich, dass dies nicht "reißerisch" dargestellt wird.
Gruß Jupiter

Hier der Link: http://www.badische-zeitung.de/ortenauk ... perrbezirk

und hier der Text:

ORTENAU. Blau oder grün: Polizeibeamte sind in ihren Uniformen rasch zu erkennen. Allerdings nicht alle: Die Beamten der Kriminalpolizei sind an ihrem Arbeitsplatz meist in Zivil anzutreffen, ob im Büro oder an einem Tatort. Was tut die "Kripo"? Wofür ist sie zuständig? Mit welchen Fällen beschäftigt sie sich? Antworten auf derlei Fragen gibt eine Serie, die einen Blick hinter die Kulissen dieser so wichtigen Abteilung der Polizeidirektion Offenburg wirft. Heute: der Bereich "Sitte" – alles, was mit Prostitution und dem strafrechtlichen Umfeld zu tun hat.
SKANDAL IM SPERRBEZIRK

Einer der gravierendsten Fälle datiert vom vergangenen Jahr. Übers Internet hatte ein 17-jähriges Mädchen aus dem Ortenaukreis einen wesentlich älteren Mann aus Bayern kennengelernt. Der hatte ihr vorgemacht, eine Model-Agentur zu besitzen. Der Kontakt zwischen dem ungleichen Paar wurde enger, man vereinbarte ein Foto-Shooting, es kam zum Sex. Der Mann trat hernach zudem als eiskalter Geschäftsmann auf, bot das Mädchen über Anzeigen im Internet zum "Kauf" an, führte ihr Freier zu. "Das Ganze flog erst auf, als sie sich ihren Eltern offenbarte", erinnert sich Kriminalhauptkommissar Tobias Sester, "das Mädchen war einfach zu gutgläubig, gestand sogar, dass sie freiwillig mitgemacht habe." Es kam dennoch zur Strafanzeige.

Die junge Frau war nämlich noch keine 18 Jahre alt. Wäre der Vorgang vor zehn Jahren passiert, wären diesbezüglich Polizei und Staatsanwaltschaft nicht aktiv geworden. Denn erst seit 2008 ist es strafbar, eine 17- oder gar 16-jährige Person für sexuelle Dienstleistungen zu entlohnen. Das Schutzalter von Jugendlichen wurde von 16 auf 18 angehoben. Saftige Geldstrafen oder gar lange Freiheitsstrafen drohen dem, der sich nicht daran hält. Auch die Jugendlichen selbst, die auf diese Weise gegen Geld ihren Körper anbieten, müssen mit Strafen rechnen. Noch härter bestraft wird, wer mit Kindern (unter 14) sexuelle Handlungen ausübt.

Der geschilderte Fall hatte noch einen zweiten strafrechtlich relevanten Aspekt: Die 17-Jährige bot ihre Reize gegen Geld im Kinzigtal an – auch das ist verboten, betont Sester. Denn laut einer Verordnung des Regierungspräsidiums von 1976 ist die Prostitution, früher noch als Gewerbsunzucht beschrieben, nur in Städten und Gemeinden mit mehr als 35 000 Einwohnern gestattet, und eine solche gab es im Kinzigtal nie.

ROTLICHT NUR IN OFFENBURG

Lediglich Offenburg, größte Stadt des Landkreises, liegt mit heute knapp 60 000 Einwohnern klar darüber – und lag es auch damals schon. Die Einwohnerzahlen auch anderer Städte haben sich seither mächtig gewandelt, Lahr hat inzwischen um 45 000 Einwohner, und auch Kehl als drittgrößte Stadt des Kreises hat rund 35 000 Einwohner.

Doch die Verordnung gilt nach wie vor nur für Offenburg. Offenbar weil aus Lahr und Kehl noch nie Anträge gestellt wurden, auch in diesen beiden Städten (legale) Prostitution zu erlauben.

Und so ist das horizontale Geschäft im 420 000 Einwohner zählenden Ortenaukreis nach wie vor nur in Offenburg erlaubt. Und auch hier längst nicht überall, sondern lediglich außerhalb des so genannten Sperrbezirks. Das ist nur ein ganz kleiner Teil der Gemarkung. Zum Nicht-Sperrbezirk zählen lediglich das Gewerbegebiet Elgersweier, die Heinrich-Hertz-Straße und die Carl-Benz-Straße. In diesen drei Arealen stehen fünf Bordelle und gibt es zudem sieben sogenannte "Terminwohnungen" – Wohnungen, die von den Prostituierten für eine gewisse Zeit angemietet werden. Außerhalb dieser Sperrzone ist jegliche Prostitution strengstens verboten. "Straßenstrich", also das Sich-Anbieten leicht bekleideter Damen am Straßenrand, ist im Ortenaukreis, und das gilt auch für Offenburg, genauso untersagt wie das geschäftsmäßige Offerieren von Liebesdiensten in Wohnwagen, in Hotels oder gar im dunklen Wald.
REGELMÄßIGE KONTROLLEN

Laut Tobias Sester gehen im Ortenaukreis etwa 120 Personen, meist Frauen, der legalen Prostitution nach: "Verstöße kommen relativ selten vor, sie liegen jährlich im einstelligen Bereich." Und zwar ziemlich konstant. Kontrolliert werde "mehrmals im Jahr und natürlich unangekündigt und zu einer Zeit, da Betrieb herrscht". Dabei werde der Ausweis geprüft, auch die Aufenthaltsgenehmigung – und ob der Sperrbezirk tatsächlich nicht verletzt wurde. Das geschehe auch durch die Lektüre einschlägiger Anzeigenblätter oder von Internet-Angeboten. Und man gehe Indizien nach, so Sester, ob Zwangsprostitution vorliege oder Menschenhandel, ob die Prostituierten ihrem Beruf freiwillig nachgehen oder andere eine Zwangslage gnadenlos ausnutzen, dabei auch klare Angaben machen, was die Frauen an Geld an ihre Zuhälter abzuliefern haben, welche Kunden sie zu bedienen haben, und welche Praktiken von ihnen verlangt werden. Eine 21-jährige rumänische Staatsangehörige hat 2011 nach polizeilichen Recherchen diese bittere Erfahrung machen müssen, sie war möglicherweise von einem Paar aus der nördlichen Ortenau permanent überwacht worden. Für Juni ist die Hauptverhandlung vorgesehen.

Manchmal verteilen Kripo-Beamten Visitenkarten – und hoffen darauf, dass sie einschlägige Hinweise von besorgten Kolleginnen bekommen. "Den Klassiker, dass in einem Bordell plötzlich eine blutende Frau vor einem steht, gibt es nicht." Besser könnte kein Beweis sein.

Neben den 120 registrierten Damen geht die Polizei von einer Dunkelziffer unbekannter Größe aus. Etwas mehr als zwei Drittel dieser "legalen" 120 Prostituierten stammen aus Osteuropa, vor allem aus Rumänien und Bulgarien. Ein Phänomen, das der Wegfall des Eisernen Vorhangs mit sich gebracht hat. Jeweils rund zwölf Prozent stammen aus dem asiatischen Raum und aus Deutschland. Bisweilen sind auch Frauen aus Afrika und Südamerika in dem Geschäft tätig. Die Fluktuation, sagt Sester, sei hoch: "Manche Frauen sind lediglich an Wochenenden im Einsatz oder manchmal auch nur für zwei Wochen. Länger als zwei Jahre ist die Ausnahme."

Die Frauen sind im Schnitt um die 30 Jahre alt, die Altersspanne reicht von 18 bis 55. "Es gibt auch Frauen, die kommen alleine hierher, manche treten auch nur in der Gruppe auf." Manche werden sogar von Bekannten über viele Kilometer hinweg an ihren künftigen Arbeitsplatz gefahren: "Das ist nicht strafbar." Die Kontaktaufnahme hat sich in jüngster Zeit stark ins Internet verlagert.

Neben den Prostituierten, die im Ortenaukreis ihrer Arbeit nachgehen, gibt es auch unzählige, die hier wohnen, aber in Straßburg ihr Geld verdienen.

AUSSTIEG IST MÖGLICH

Warum prostituieren sich Frauen? Das habe mehrere Gründe, so Sester: "Die einen sehen dies sehr wohl als Erwerbsarbeit an, andere ziehen die Prostitution dem Gelegenheitsputzen vor." Und dann gebe es welche, die damit ihren Drogenkonsum finanzieren. Dass Prostituierte – in Deutschland soll es rund 400 000 geben – keinen besonders guten Leumund haben, wissen Organisationen wie "FreiJa" oder "Pink gut: Sie bieten Frauen in Zwangslagen Hilfen zum Ausstieg an. 20 bis 30 Frauen, so der Mann von der Offenburger "Sitte", "suchen jährlich von sich aus die Anlaufstellen auf". Auch Streetworker helfen Ausstiegswilligen.

Kriminalhauptkommissar Sester: "Ob sie es tatsächlich tun, sei dahingestellt."

ZUR INFO: KRIPO OFFENBURG

Die Kriminalpolizei Offenburg ("Kripo") ist in vier Kriminalinspektionen untergliedert. Meist sind diese noch unterteilt in Dezernate. So sind, zum Beispiel, dem Dezernat 1. 1. Tötungsdelikte, Sexualdelikte oder Freiheitsberaubung zugeordnet, während es im Dezernat 1.2 unter anderem um Raub oder Erpessung geht. Das Dezernat 2.1 kümmert sich etwa um organisierte Kriminalität oder Menschenhandel beziehungsweise Zuhälter, während der Kriminalinspektion III (kein Dezernat) Dinge vorbehalten sind wie Wirtschaftsdelikte, Computerkriminalität oder illegale Beschäftigung. Die Kriminalinspektion IV ist unterteilt in die Dezernate 4.1 (Fahndung), 4.2 (z.B. Kriminaltechnik) und 4.3 (Datenstation, Aktensammlung). Des weiteren gibt es Kripo-Außenstellen in Kehl und Lahr.
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Marc of Frankfurt
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Ständige Gesetzesverschärfungen...

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Wichtiger Informationsinhalt:

> "Die Frau war noch keine 18 Jahre. Wäre der Vorgang vor zehn Jahren passiert, wären diesbezüglich Polizei und Staatsanwaltschaft nicht aktiv geworden. Denn erst seit 2008 ist es strafbar, eine 17- oder gar 16-jährige Person für sexuelle Dienstleistungen zu entlohnen. Das Schutzalter von Jugendlichen wurde von 16 auf 18 angehoben. Saftige Geldstrafen oder gar lange Freiheitsstrafen drohen dem, der sich nicht daran hält. Auch die Jugendlichen selbst, die auf diese Weise gegen Geld ihren Körper anbieten, müssen mit Strafen rechnen. Noch härter bestraft wird, wer mit Kindern (unter 14) sexuelle Handlungen ausübt."


Entgegen der Medienpropaganda gibt es also durchaus Straftatbestands-Verschärfungen als mehr Eingriffsmöglichkeiten seit dem ProstG von 2002

Z.B. §184 e StGB 2008:
- Ordnungswidrigkeit wurde in Straftat "Verbotene Prostitution" umgewandelt.
- "Jugendgefährdende Prostitution" in "Ausübung der verbotenen Prostitution" geändert.
http://lexetius.com/StGB/184e


Hier eine tabellarische Zusammenfassung des schön-sachlichen Artikels über die winzige Toleranz-Zone d.h. das fast flächendeckende Prostitutionsverbot im Landstrich mit über 400.000 Menschen:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=131940#131940



Übersicht Prostitutionsgesetzgebung:
www.sexworker.at/prostg

Geschichtstafel Prostitutionsgesetze in D seit 1800:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=81901#81901
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 28.05.2013, 16:39, insgesamt 3-mal geändert.

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Jupiter
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RE: LokalNachrichten: STRASSBOURG (F), KEHL, OFFENBURG (D)

Beitrag von Jupiter »

Danke Marc, vielleicht kann diese Aussage von den "juristisch" Gebildeten verifiziert werde.

Gruß Jupiter
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Beitrag von Doris67 »

Meines Wissens ist in Frankreich Sex mit minderjährigen Prostituierten schon seit langer Zeit strafbar, nicht erst seit 2008. Jedenfalls gibt es dahingehende Jurisprudenz von vor 2008: http://www.easydroit.fr/codes-et-lois/a ... al/A50629/
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Beitrag von ehemaliger_User »

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fraences
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RE: LokalNachrichten: STRASSBOURG (F), KEHL, OFFENBURG (D)

Beitrag von fraences »

Im gesetzlichen Zwischenreich

In der Gegend um die Europabrücke zwischen Kehl und Straßburg gehören Prostituierte nach Sonnenuntergang zum Straßenbild.


Auf hohen Absätzen steht sie da und wartet. Ihr Lidschatten ist halb blau halb rosa, die Wimpern sind mit viel Mascara schwarz eingefärbt. Die langen schwarzen Haare glänzen im Licht der Straßenlaterne. Vor zwölf Jahren ist die 26-Jährige weg aus der rumänischen Heimat – zu düster waren die Aussichten, dort eine Arbeit zu finden. Familie und zwei Kinder musste sie zurücklassen. Ihr Französisch ist gut. "Das habe ich hier gelernt, auf der Straße", sagt sie und zeigt auf die vielbefahrene Rue du Port du Rhin. "Und bei den Kunden." Die junge Rumänin ist nicht die einzige, die hier ihre Dienste anbietet. Ihre Freundin hat es sich in einem mitgebrachten Klappstuhl bequem gemacht. Das lange Stehen strengt an.

Zwischen Kehl und Straßburg, in der Gegend um die Europabrücke, gehören Prostituierte nach Sonnenuntergang zum Straßenbild. Weil Prostitution in baden-württembergischen Städten mit unter 35 000 Einwohnern verboten ist, arbeiten die meist jungen Frauen auf der französischen Seite. 90 Prozent kommen nicht aus Deutschland oder Frankreich, sondern aus Osteuropa, vor allem aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn oder aus afrikanischen Ländern wie Nigeria. Grund für die Frauen ihr Heimatland zu verlassen, ist meist wirtschaftliche Not. Manche wissen ungefähr, was auf sie zukommen wird. Den meisten gaukeln Schleuser jedoch die Mär von einer besseren Zukunft vor. Da viele sich allein durch die Einreise bei ihren Zuhältern verschulden oder keine Aufenthaltsgenehmigung haben, bleibt oft die Prostitution als einzige Verdienstmöglichkeit.


"In Straßburg stellt der Menschenhandel wie überall in Frankreich ein großes Problem dar", beklagt Isabelle Collot von "Mouvement du Nid", einer Hilfsorganisation, die sich für die Abschaffung der Prostitution einsetzt. Wahrgenommen werden meistens nur die Frauen und Männer, die sich gut sichtbar auf der Straße prostituieren. Das Organisatorische dahinter spielt sich im Verborgenen ab. Während die Zuhälter der Osteuropäerinnen männlich sind, werden die Nigerianerinnen von Frauen aus ihrem Heimatland, den sogenannten "Mamas", kontrolliert. Nicht nur Gewalt und Drohungen halten die Prostituierten davon ab, gegen diejenigen auszusagen, die sie unter falschen Angaben nach Deutschland oder Frankreich gebracht haben. In Nigeria etwa werden manchmal vor der Abreise Voodoo-Riten veranstaltet. Man redet den Frauen ein, dass alle bei der Zeremonie Anwesenden sterben werden, falls sie sich gegen die "Mama" wenden.

Wenn eine von Menschenhandel Betroffene in Frankreich gegen ihren Zuhälter aussagt, garantiert der Staat sowohl Aufenthaltserlaubnis als auch Unterkunft. "In Deutschland haben wir den Frauen rechtlich sehr wenig zu bieten. Die meisten werden nach dem Prozess abgeschoben", erklärt eine Mitarbeiterin von FreiJa, einer Fachberatungsstelle der Diakonischen Werke Freiburg und des Ortenaukreis, die sich gegen Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und Gewalt im Prostitutionsmilieu einsetzt. Überhaupt ist die Haltung Deutschlands und Frankreichs gegenüber der Prostitution grundlegend verschieden.

Links des Rheins gibt es seit 1946 offiziell keine Bordelle mehr. 1960 ging Frankreich noch einen Schritt weiter und erklärte sich bereit, die Inhalte einer UN-Konvention durchzusetzen. Dieses Abkommen zielt darauf ab, sowohl gegen den Menschenhandel vorzugehen, als auch dafür zu sorgen, dass die Prostitution anderer nicht mehr ausgenutzt wird. Länder, die diese Vorhaben unterstützen, bezeichnet man in Anlehnung an die Anti-Sklaverei-Bewegung als abolitionistisch. Anhänger des Abolitionismus betrachten jede Form der Prostitution als Angriff auf die Menschenwürde und wollen sie über kurz oder lang abschaffen. "Prostitution ist ein Spiegel alles Schlechten in unserer Gesellschaft: der Ungleichheit von Mann und Frau, der Macht des Geldes, Gewalt, Angst, Abhängigkeiten und extreme Armut. Alles hängt damit zusammen.", findet Isabelle Collot.

Weil Zuhälterei in Frankreich generell verboten ist, wohnen viele Prostituierte und ihre Zuhälter auf der deutsche Seite und überqueren zum Arbeiten die Rheinbrücken. In Deutschland werden Zuhälter nur bestraft, wenn sie die Prostituierte nachweislich ausnutzen oder ausbeuten. Seit dem Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 wird auf der rechten Seite des Rheins Sexarbeit als eine Dienstleistung wie jede andere angesehen. Prostituierte haben Anspruch auf Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. "Je stärker die Prostitution kriminalisiert wird, desto schlechter sind die Bedingungen für die Frauen", sagt Claudia Schnebel von "P.I.N.K.". Das Bundesmodellprojekt, unter demselben organisatorischen Dach wie FreiJa, will Frauen beim Ausstieg aus der Prostitution helfen und ihnen Perspektiven aufzeigen, berät sie aber auch in Gesundheits- und Arbeitsfragen.

Trotz unterschiedlicher Philosophien und Gesetzesgrundlagen kooperiert das "Mouvement du Nid" mit FreiJa und P.I.N.K. Neben regelmäßigen gemeinsamen Besprechungen knüpfen sie Kontakt zu den Prostituierten. Jeden Mittwoch und Freitag sind Isabelle Collot und ein paar der 20 Freiwilligen von "Le Nid" nachts unterwegs. Manchmal sind auch Claudia Schnebel und ihre Kolleginnen dabei. "Wir wollen den Prostituierten zeigen, dass sie einen Wert haben, dass es in dieser Welt des Geldes jemanden gibt, der sich mitten in der Nacht Zeit nimmt, um sie zu treffen", sagt Isabelle. Im vergangen Jahr hat die französische Organisation mit über 300 Frauen und Männern auf der Straße gesprochen, 110 haben die Räume von "Le Nid" in der Straßburger Innenstadt aufgesucht. In Frankreich werden Forderungen immer lauter, auch Freier zu bestrafen und die Prostitution wie in skandinavischen Ländern weiter zu kriminalisieren. In Deutschland haben die Frauen, die sich mehr oder weniger freiwillig für ihre Tätigkeit entscheiden, mehr Freiheiten. Gleichzeitig werden sie zur Ware, ihre Dienstleistung folgt den Gesetzen des Marktes. Wer zahlt, darf bestimmen.

Die junge Rumänin wartet immer noch an der Rue du Port du Rhin. Ein paar Meter weiter tönt blechern Musik aus dem Handy einer anderen Frau. Ein Auto nach dem anderen fährt vorbei. Die Scheinwerfer verschwinden in der Dunkelheit.

www.badische-zeitung.de/nachrichten/pan ... 97046.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Fakten und Infos über Prostitution