Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlung

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Mavis
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Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlung

Beitrag von Mavis »

Hallo allerseits.

Neulich hatte ich im Berliner Fun Factory-Store ein unerfreuliches Erlebnis, das mich dazu gebracht hat, einen "Offenen Brief" an den Geschäftsführer und Gründer Dirk Bauer zu verfassen.
Anlass war, dass eine Angestellte mir erklärte, dass die Firma Fun Factory mit dem Thema Sexarbeit am liebsten nichts zu tun haben möchte. Alles weitere steht im Brief:

Hier ist er erstveröffentlicht: http://courtisane.de/blog/?p=412


FUN FACTORY GmbH
Dirk Bauer
Auf dem Dreieck 2-4
D - 28197 Bremen

Offener Brief einer Sexarbeiterin an die Firma Fun Factory

Sehr geehrter Herr Bauer,

vor einigen Tagen hatte ich ein kurzes Gespräch mit einer Ihrer Angestellten im Berliner "Fun Factory"-Store am Hackeschen Markt über die Haltung Ihres Unternehmens zum Thema Sexarbeit. Ich nehme dies zum Anlass, Ihnen zu schreiben.

Ausgangspunkt war meine Frage an die angestellte Dame, ob ich in der Filiale ein paar Flyer für ein Filmfestival auslegen könne, das die Berliner Hurenorganisation Hydra e.V. (die Ihnen vielleicht ein Begriff ist) anlässlich Ihres 30. Jubiläums veranstaltete. Thematisch schien mir das sehr passend. Die Dame sah sich die Flyer an und meinte, das Wort "Hure", das darauf relativ prominent zu lesen war, stelle ein Problem dar. Wenn sie diese Flyer auslegen würde, bekäme sie Ärger mit der Unternehmensleitung – also mit Ihnen. Es sei ausdrückliche Unternehmenspolitik der Firma Fun Factory, jegliche Berührung mit dem Thema Sexarbeit zu vermeiden. Ich erwiderte, dass ich diese Haltung bedauerlich fände, da sicher auch viele SexarbeiterInnen bei "Fun Factory" einkauften. Darauf entgegnete die Mitarbeiterin, das glaube sie nicht, da Ihre Spielzeuge ja "sehr hochpreisig" seien. Des weiteren verwies sie mich an die Unternehmensleitung, wenn ich weitere Anmerkungen oder Nachfragen zur Geschäftspolitik hätte.

Da mich die Auskünfte Ihrer Angestellten sowohl überrascht als auch sehr geärgert haben, schreibe ich Ihnen. Nicht, dass ich keine Flyer auslegen konnte, ärgerte mich, sondern dass ich erfahren musste, dass ein großes deutsches Unternehmen der Erotikbranche wie Ihres, das sich den Anstrich eines selbstbewussten, emanzipierten und modernen Umgangs mit Sexualität gibt, es dennoch nötig zu haben meint, sich von Sexarbeit abzugrenzen – offenbar um sich als etwas "Besseres" darzustellen. Das Bemühen, die Erotikbranche vom Schmuddelimage zu befreien, geht damit auf Kosten derer, die von der Gesellschaft am stärksten stigmatisiert und diskriminiert werden.

Ihr Geschäftskonzept beruht auf der Prämisse, dass es nicht verwerflich ist, Menschen zu einer erfüllten Sexualität zu verhelfen und damit Geld zu verdienen. Daher halten es Unternehmen wie das Ihre nicht länger für nötig, sich zu verstecken, ihr Geschäft in abgedunkelten Läden abzuwickeln und verschämt schwarze Tüten an die Kunden zu verteilen. Ich finde das sehr begrüßenswert. Warum aber wird Sexarbeit noch immer mit ganz anderen Augen betrachtet? Ich glaube, dass sich eine grundsätzlich positive Haltung gegenüber Sexualität nicht mit der moralischen Verurteilung von (selbstbestimmter) Sexarbeit vereinbaren lässt. Da Ihr Unternehmen eine solche sex-positive Haltung nach außen vertritt, sehe ich in der Abgrenzung von Sexarbeit eine Tabuisierung, die letztlich die gesellschaftliche Doppelmoral gegenüber Sexarbeit bejaht und Sexarbeit als unmoralisch oder anrüchig in die Schmuddelecke abschiebt - bzw. dort belässt. Mit dieser Tabuisierung und Sonderbehandlung des Themas Sexarbeit tragen Sie mit zur gesellschaftlichen Stigmatisierung von SexarbeiterInnen bei.

Dass gerade Huren sich Ihre "hochpreisigen" Toys nicht leisten könnten, ist ja eine eher absurde und widersinnige Idee. Ich finde es mehr als fragwürdig, dass Sie einen Teil Ihrer Kundschaft verleugnen, weil ihr Beruf gesellschaftlich noch immer nicht salonfähig ist. SexarbeiterInnen sind auf dem Gebiet der sexuellen Freude die Profis und ExpertInnen. Sie verwenden Sextoys nicht nur privat wie andere Menschen, sondern auch professionell. Insofern wäre die Tatsache, dass SexarbeiterInnen bei Ihnen einkaufen, viel eher eine Qualitätsauszeichnung für Ihre Produkte als ein Schandmal, das Sie verbergen müssten.

Mit einer mutigeren und konsequenteren Position könnten Sie dazu beitragen, dass SexarbeiterInnen in Zukunft in der Öffentlichkeit zu Ihrem Beruf stehen können, ohne Diskriminierung fürchten zu müssen.

Wenn Ihr Unternehmen tatsächlich mit dem Thema Sexarbeit nicht in Verbindung gebracht werden will, ist das für mich ein Grund, in Zukunft nicht mehr bei Ihnen einzukaufen. Vermutlich wird es einigen meiner FreundInnen und KollegInnen ebenso gehen. Ich habe wenig Lust, eine Sextoy-Firma zu unterstützen, die mich als Kundin eigentlich gar nicht haben will, und die die oben beschriebene Doppelmoral mitträgt, die wir SexarbeiterInnen aus den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft zur Genüge kennen und satt haben.

Mit freundlichen Grüßen,

Sascha
Unabhängige Hure und Escort, Berlin
Mitglied von Hydra e.V.

P.S.: Falls Ihnen Hydra e.V. nicht bekannt sein sollte, finden Sie hier weitere Informationen:www.hydra-ev.org



Ich habe den per e-mail an besagten Herrn Bauer geschickt. Bin mal gespannt, ob eine Antwort kommt. Wenn ihr sonst noch Ideen habt, wie man den weiterverbreiten kann (falls ihr ihn gut findet)... - immer gerne.

Liebe Grüße,
Mavis/Sascha

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Offener Brief an die Firma Fun Factory

Beitrag von Aoife »

Hallo Mavis,

ich finde deinen Brief super und habe ihn zur weiteren Verbreitung sofort auf facebook und twitter geshared.

Liebe Grüße, Aoife
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Offener Brief an die Firma Fun Factory

Beitrag von Mavis »

Danke, super! (Ich werd dich gleich mal auf twitter und facebook suchen... :001 )

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Offener Brief an die Firma Fun Factory

Beitrag von Aoife »

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Beitrag von Mavis »

schon gefunden :) - ich bin sowas mit mavis...

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Beitrag von Aoife »

Was können wir noch tun, um den Brief zu verbreiten?

Ich denke wenn auch nur ein Bruchteil der Leser hier im Forum (durchschnittlich ca. 25 000 pro Tag) ihn auf ihre jeweiligen facebook und twitter accounts verlinkt dürfte das schon eine ziemlich Lawine auslösen.

Für facebook gibt es übrigens ganz oben an jedem thread den blauen button "f Teilen" (scheint die deutsche Übersetzung von share zu sein ...).
Und wer öfter auf twitter verlinkt kann sich mit dem add-on "TwitterBar" für seinen browser das Leben erleichtern.

Liebe Grüße, Aoife
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RE: Offener Brief an die Firma "Fun Factory"

Beitrag von Zwerg »

@mavis

[schild=19 fontcolor=000000 shadowcolor=C0C0C0 shieldshadow=1]*** RESPEKT ***[/schild]

Bin beeindruckt!

liebe Grüße

christian

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RE: Offener Brief an die Firma "Fun Factory"

Beitrag von Ariane »

Super, einfach spitzenklasse, danke Mavis! Ich hatte mal in einer anderen Sache dort angefragt, bzgl. Auslegen von Flyern von Sex-Coaching sowie Lesungen von Sexworkern aus ihren Texten, aber man hatte mir die gleiche Antwort wie die von dir beschriebene gegeben. Aber der "Verführer"-Berlin-Guide, der dort regelmässig ausliegt, enthält auch Werbung von Sexworkern. Da muss an der Zensur wohl etwas durchgerutscht sein.
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RE: Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlun

Beitrag von Mavis »

Ah, interessant. Dann scheint das ja schonmal keine idiosynkratische Interpretation der Verkäuferin zu sein, sondern tatsächlich eine Position, die von dem Unternehmen vertreten wird...
(Der Verführer sieht von außen ja so schick und stylisch und unschuldig aus...)

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RE: Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlun

Beitrag von Zwerg »

Ich habe mir erlaubt, den Titel des Threads auf - Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlung - zu ändern (damit auch Google weiß, worum es geht) und das Thema auf Wichtig zu setzen. Der beigefügte Zusatz "Keine Empfehlung" soll unterstreichen, dass auch wir vom Sexworker Forum keines Falls derart diskriminierende Aussagen von der Firma FUN FACTORY gut heißen können!

Wenn die Firma FUN FACTORY derart mit ihren KundInnen umgeht, so darf sie sich nicht wundern, wenn wir sie nicht für empfehlenswert halten!

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Kontakt per PN oder über das Kontaktformular:
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Notfälle: ++43 (0)676 413 32 23

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Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlung

Beitrag von Mavis »

ok! danke!

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Lucy
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Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlung

Beitrag von Lucy »

darf ich das mal bei mc-escort posten? und bei poppen.de?

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Beitrag von Mavis »

klar, gerne!

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Beitrag von Lucy »

erledigt :-)

lg lucy

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RE: Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlun

Beitrag von Mavis »

Kannst du die Links posten, damit man die Diskussion verfolgen kann? (oder kann man das nur sehen, wenn man dort einen Account hat?)

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Lucy
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Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlung

Beitrag von Lucy »

bei mc-escort lautet der link:

http://www.mc-escort.de/forum/showthread.php?t=14531

und bei poppen.de mußt man FI-mitglied sein, um da lesen zu können.

lg lucy

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Marc of Frankfurt
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Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Toll! Auch mein Kompliment für den sehr schön formulierten Brief.





Solche Tabugrenzen oder gläserne Decken/Machtgrenzen/Fesseln spürt frau/bürger nur wer sich bewegt und z.B. Flyer auslegt, demonstriert (Stuttgart21) oder geschäftlich tätig wird ...

Beide, die modernen Ehehygieneartikellieferanten und wir Sexworker, stehen gewissermaßen im Wettbewerb bzw. Wettlauf sowohl ums Geldverdienen als auch gesellschaftliche Anerkennung. Und da versucht uns wohl jemand abzudrängen bzw. hinter sich zu lassen.

Bedenkt man was sich Beate Uhse, Oswald Kolle und Co. seinerzeit alles für Trix haben einfallen lassen (müssen), um ihre Produkte zu plazieren, kann man evt. nachvollziehen dass manche Firma das Erreichte des Profits willen nicht gefährdet sehen will, zumal in Zeiten des Klimawandels ins Konservative (Rezession). Aber auch wir Sexworker nutzen bekanntlich erfolgreich viele Feigenblätter: Hobbyhure, Domina, GesellschafterIn, Masseur, Kobern ... und spielen auf der Klaviatur des inszenatorischen Kompromisses und graduierten Kommunikation.

Zwar sind mir von Uhse und Kolle damals keine Negativabgrenzung gegen Sexworker bekannt, aber wir kennen das recht gut innerhalb unserer eigenen Communities recht gut z.B. Escorts, Pornodarstellern, Tantramasseuren ... gegen Prostituierte.

Dieses Ausgrenzungsgerangel, wofür ich den Konflikt 'FUN FACTORY verleugnet Huren' als typisch ansehe, verweist wiedermal auf das nach wie vor und trotz 'sexueller Emanzipaton' und 30 Jahre Hurenbewegung scheinbar unverändert bestehende Prostitutionstabu:
  • 'Sex gegen Geld' wird hilfsweise generalisierend tabuisiert, weil die Gesellschaft immer noch keine leichten klaren Abgrenzungskriterien für Mißbrauch, Ausbeutung, Kompromittierung, Grenzüberschreitung, Selbstgefährdung ... hat. Weil die Gesellschaft in ihrem Kern bzw. in weiten Bereichen eine unfreie Gesellschaft ist.
Die Ausgrenzung von Veranstaltungsflyern zum 1. Sexworker Film Festival mit Hydra e.V. seitens einer Berliner Filiale der Erotikkette FUN FACTORY hat einen besonderen Geschmack :-((
www.hydra-berlin.de wird den Brief hoffentlich auch auf ihre Seite stellen.


Es bleibt weiterhin viel zu tun:
- den öffentlichen Diskurs aktiv mitgestalten
- Kriterien für vertretbare, konsensuale Sexarbeit formulieren
- gegen das polarisierte Opfer/Täter-Bild in den Medien angehen
- selber positive Bilder und Selbstzeugnisse abgeben
- Konflikte mutig austragen
- Prozesse durchfechten
- Unsere Gemeinschaft und Netzwerke vergrößern
- Solidarität ausbauen
- Hurenkultur pflegen
- FachInformation verbeiten
- ...


Keine leichte Aufgabe, deshalb hier für uns alle etwas...

Bild
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 03.10.2010, 16:08, insgesamt 1-mal geändert.

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Offener Brief an die Firma FUN FACTORY - keine Empfehlung

Beitrag von Mavis »

Hallo Marc,

du hast sehr Recht mit der Beobachtung, dass Fun Factory mit diesem Abgrenzungsbestreben keineswegs alleine ist. Alle, die im Sexbusiness versuchen, ein gehobenes und bürgerliches - auch weibliches - Publikum anzusprechen (und das hat ja in letzter Zeit ziemlich zugenommen), versucht sich auf die eine oder andere Weise von den "niederen" oder "billigen" und vermeintlich schmuddeligen Seiten zu distanzieren - auch unter Sexworkern selber. Ich hab das bei Kolleginnen im Massagesalon damals oft bemerkt - und mich darüber geärgert, dass sie immer noch denken: "Ich bin aber keine Hure, ich bin ja "nur" Masseurin und deshalb was Besseres."

Zum Teil ist ja an dieser Abgrenzung auch was dran, wenn man sich eben von bestimmten Tendenzen im Sexbusiness abgrenzt, die man aus guten Gründen für schlecht hält: Sexismus, Chauvinismus, unsafe Praktiken, zu niedrige Preise, Heimlichtuerei, Doppelmoral (die es eben auch im Sexbiz gibt) etc.
Die Kunst ist, sowas zu kritisieren und zu sagen, wir haben höhere und andere Standards, und trotzdem solidarisch zu sein und nicht in die Falle der moralischen Verurteilung und Stigmatisierung zu tappen. Also halt aus den richtigen Gründen zu kritisieren und auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen mitzubedenken, die bei den kritisierten Praktiken eine Rolle spielen: Kapitalismus, Hurenstigma, soziale Ungleichheit, etc. So scheint mir.

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Lucy
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Beitrag von Lucy »

wir sollten allerdings erst einmal das statement der firmenleitung von fun factory abwarten, denn bisher haben wir nur die aussage einer angestellten erfahren.

lieber gruss
lucy

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nina777
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Beitrag von nina777 »

Super toller Brief Mavis !!

Hab ihn auch über Facebook verbreitet.

Ich bin richtig gespannt auf die Antwort der Firma.

Liebe Grüße Nina
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.