Mavis hat geschrieben: Dazu hätte ich noch eine Frage:
Ist das ein Sachverhalt, der in Deutschland von den zuständigen Behörden auch so anerkannt wird?
Gibt es entsprechende Gerichtsurteile, die ein solches Vorgehen als gegen Art.3 der Menschenrechtkonvention verstoßend erklären? Oder wer sagt, dass das eine "erniedrigende Behandlung" ist? (Nicht, dass ich das bestreiten wollte, aber irgendwo muss das ja erstmal festgestellt werden.)
Es handelt sich bei erzwungener Nacktheit, noch dazu vor dem anderen Geschlecht, um einen Sachverhalt mit umfangreicher internationaler Rechtsprechung: Beispiele sind Valasinas gg Litauen 2002 oder Witorko gg Polen 2009 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, Miguel-Castro-Prison gg Peru 2006 beim Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte, Prosecutor gg Akayesu 1998 beim Internationalen Tribunal für Ruanda, oder Chirwa gg Malawi 1994 bei der Afrikanischen Menschenrechtskommission.
Fakt ist beim PC Fellbach, dass die Polizei die Männer und Frauen im Klub für einen Zeitraum von mehr als einer Stunde festgehalten hat (Verantwortung des Staates für die Behandlung der betroffenen Personen). Fakt ist, dass die betroffenen Personen nur mit einem Handtuch bekleidet waren (Nacktheit) und dass sie dies nicht freiwillig waren (vorher ja, aber mit der Polizei nein), sondern zum Zeitpunkt des Polizeihandelns gegen ihren Willen (vgl. die in der internationalen Rsp verwendete Definition der Freiwilligkeit in Elemente der Verbrechen, Herausgegeben vom Internationalen Strafgerichtshof gem Statut von Rom). Fakt ist, dass es ausreichend Gelegenheit gegeben hätte, den betroffenen Männern oder Frauen das Ankleiden zu ermöglichen, ohne dass sie nackt vor Beamten stehen müssen.
Selbst im Fall, dass die Polizeiaktion legal war, gab es für die erzwungene Nacktheit keinerlei Notwendigkeit (Durchsuchung nach Drogen oder Waffen in Körperöffnungen). Somit war die erzwungene Nacktheit über mehrer Stunden keine unausweichliche Begleiterscheinung (vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte im Fall Jalloh gg Deutschland) einer legalen Polizeiaktion. Es ist sogar zu prüfen, ob die Nacktheit nicht ein absichtlich eingesetztes Instrument war, um die Gäste und SW im Klub zu demütigen, womöglich weil ihre sexuell freizügige Weltanschauung den verantwortlichen Sachwaltern der Behörde zuwider war oder vielleicht sogar, um unter dem Druck der demütigenden Situation von ihnen Aussagen zu erhalten (Notwendigkeit einer Untersuchung auf Folterverdacht).
Als rechtliche Frage wäre noch zu klären, ob es eine Verletzung der Menschenwürde iSv Art 3 oder von Art 8 (Recht auf Privatleben) der EMRK war, wobei die Umstände und Rsp sehr für Art 3 sprechen.
Eine effektive Untersuchung des Vorfalls müsste nun, da der Verdacht auf die Verletzung des Art 3 oder 8 EMRK öffentlich bekannt ist, von Amts wegen eingeleitet werden (Rsp des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der UN Kommission gg Folter). Demnach müsste eine Staatsanwaltschaft aus einem nicht betroffenen Gerichtsbezirk gegen die Staatsanwältin und die Polizeibeamten ex officio zu ermitteln beginnen und die Betroffenen als Zeugen einvernehmen (sie haben als Opfer auch Recht auf Wiedergutmachung).