Prostitution ist "Form von Sklaverei"

Berichte, Dokus, Artikel und ja: auch Talkshows zum Thema Sexarbeit werden hier diskutiert
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annainga
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Prostitution ist "Form von Sklaverei"

Beitrag von annainga »

Vatikan: Prostitution ist „Form von Sklaverei“

Der Vatikan hat zu größerem Einsatz gegen Frauenhandel und Prostitution aufgerufen. Prostitution sei eine moderne „Form von Sklaverei“, heißt es in den Leitlinien für die Straßenpastoral, die heute im Vatikan vorgestellt wurden. Der Sekretär des zuständigen Päpstlichen Rates für Seelsorge an Migranten und Menschen unterwegs, Erzbischof Agostino Marchetto, übte scharfe Kritik:
„Sexueller Missbrauch und Prostitution, oft im Zusammenhang mit Menschenhandel, sind Gewaltakte, ein Angriff auf die Menschenwürde und eine schwere Verletzung der Grundrechte. Viele Frauen der Straße sind Opfer von Menschenhandel, der auf die steigende Nachfrage der Sex-,Verbraucher’ reagiert.“
Prostitution fange auch Männer und Kinder in ihrem Netz, so Marchetto. Das zweite von vier Kapiteln zur Straßenpastoral ist dennoch „Zur Befreiung von Straßenfrauen“ überschrieben.
Der Rat erinnere an die Worte Johannes Pauls II. in seinem Brief an die Frauen im Jahr 1995:
„Es ist an der Zeit, mit Nachdruck die Formen sexueller Gewalt zu verurteilen und entsprechende gesetzliche Gegenmaßnahmen einzuleiten. Wir können, im Namen der Menschenwürde, nicht anders, als die verbreitete hedonistische und kaufmännische Kultur anzuklagen, die den systematischen sexuellen Missbrauch vorantreibt, und auch Kinder in den Kreislauf der Korruption verstrickt und dazu verleitet, den eigenen Körper als Ware anzubieten.“
Die Kirche habe vor allem die „prophetische Aufgabe“, öffentlich Anzuklagen. Außerdem sprach sich Marchetto für mehr Aufklärungsarbeit in den Herkunftsländern der Straßenfrauen aus, aber auch, um „Kunden“ über die Folgen ihres Handelns zu informieren. Der Vatikan fordere eine Bestrafung der Freier.
„Wir verfolgen die Linie, der schwedischen Gesetzgebung in den letzten Jahren, die nicht nur den Schutz der Frauen vorsieht, sondern auch eine Bestrafung der ,Kunden’.“
In Schweden gilt seit 1999 das „Gesetz zum Verbot des käuflichen Erwerbs sexueller Dienstleistungen“. Freier riskieren eine Geldstrafe oder Freiheitsentzug bis zu sechs
Monaten.

Radio Vatikan

Ellena
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Beitrag von Ellena »

Die konservative Schiene...
Die Tore zum Mittelalter werden offensichtlich wieder geöffnet.

Erinnert an Zeiten der Inquisition, die kath. Kirche würde ein Umdenken eine Modernisierung und Reformierung wahrscheinlich rettend über die Runden helfen.
Gewalt zu verurteilen, aber Business mit sex. Missbrauch aus purer Unkenntnis zu verwechseln finde ich sehr abgehoben und Lebensfremd.
Missbrauch und Menschenhandel gibt es doch nicht nur in der Prostititution.
Würde gern noch andere Meinungen dazu lesen..
Ellena
Nimm deine Mitmenschen wie sie sind,-
denn es gibt keine Anderen.... ; )

KonTom
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Beitrag von KonTom »

Frage mich nur, wie die Kirche mit so einer Meinung hinter einer Hl. Maria Magdalena stehen kann.
Ich oute mich hier als sehr gläubiger und religiöser Mensch, aber mit der Kirche habe ich so meine Probleme!

lg
KonTom

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Alena
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Beitrag von Alena »

Nicht nur in dieser Frage, sondern auch in anderen wichtigen Themen ist die Kirche, vor allem die katholische, realitätsfremd und hinkt über Jahrzehnte der der Gesellschafz hinterher, die ganz laaaaangsam begreift, das verändertes Denken und Anpassung an die reale Entwicklung notwendig ist.

Es gibt viele Gläubige, die das Verhalten der Kirche verurteilen, aber in ihrem Glauben dann doch wieder die Augen verschließen und schweigen, wenn die Kirche solche Äußerungen wie oben losläßt.

Alena

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Kirche und Widersprüche

Beitrag von Zwerg »

Ist zwar ein wenig off-topic, sollte aber doch zu denken geben

Frage an die Kirche: Ich habe meine Frau umgebracht und habe nach der Haft wieder geheiratet - darf ich zur Kommunion? Antwort - "ja" nach Beichte

Frage an die Kirche: Ich bin geschieden und wieder verheiratet, darf ich zur Kommunion? Antwort - "nein" da ich in Sünde lebe....

Und was lernen wir daraus?

JennyHN
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Beitrag von JennyHN »

Sorry, aber für mich ist die Kirche nur eine geschickt eingefädelte Sekte, die auf doch sehr anerkannte Weise ihre Anhänger ausnimmt und durch Angst kontrolliert.

Mit Glauben und Gott hat diese schon lange nichts mehr zu tun; sie widersprechen in zu vielen Punkten den positiven Aussagen der Bibel und halten fest an den "negativen" um ihre Ziele zu rechtfertigen.
Das hat mit Nächstenliebe noch nie etwas zu tun gehabt...

GLAUBEN tu ich auch; sehr fest sogar. Und ich bin mir sicher, damit gut aufgehoben zu sein.

Aber der Kirche würdige ich keinen Respekt. Die Negativhaltung der Menschen gegenüber der Kirche wird sich vermutlich auf diese Weise nur weiter verstärken...

Kopfschüttelnde Grüße, Jenny
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KonTom
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Beitrag von KonTom »

Wobei man auch hier nicht alle über einen Kamm scheren darf!
Ich kenne Priester, Pater und Brüder (weiß nicht wie diese in anderen Ländern genannt werden)
die mit der Zeit gehen und durchaus meinen Respekt verdienen.
Die sich auch für unsere Berufsgruppe sehr einsetzen und dadurch immer wieder zu Zeilscheiben in den eigenen Reihen werden.

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Beitrag von Zwerg »

Kondommobil hat geschrieben:Wobei man auch hier nicht alle über einen Kamm scheren darf!
Ich kenne Priester, Pater und Brüder (weiß nicht wie diese in anderen Ländern genannt werden)
die mit der Zeit gehen und durchaus meinen Respekt verdienen.
Die sich auch für unsere Berufsgruppe sehr einsetzen und dadurch immer wieder zu Zeilscheiben in den eigenen Reihen werden.
Das ist unbestritten - nur, wie Du selbst sagst, haben diese Leute (die sich auch für "unsere" Sache engagieren) in den eigenen Reihen einen sehr schweren Stand. Deshalb kommen sie auch nicht nach "oben" - der konservative Teil der Kirche ist (leider) der Stärkere.

Christian

JennyHN
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Beitrag von JennyHN »

Ja, so sehe ich das auch.
Es gibt in allen Berufsgruppen offene, wache Menschen mit eigenen Ideen und Sichtweisen.
Das ist dann aber "Sache des Individuums" - wir reden von "der Kirche" - und das ist eine völlig andere Ebene, als wenn ein einzelner Geistlicher ein ganz toller Mensch ist.
Auch ich habe einzelne davon kennen lernen dürfen - und ich bin glücklich, diese "Seelen" erlebt zu haben.

Die Kirche als solche wird aber vermutlich zukünftig einen immer schlechteren Stand haben.... Ich denke, es werden immer mehr Menschen "wacher" und entdecken, was tatsächlich hinter "der Kirche" als Wirtschaftskonzern steht....
Jenny
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annainga
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Beitrag von annainga »

hier mal ein paar - leider schon ältere, aber interessante worte -aus der sicht eines evangelischen bischofs:

Auf ein Wort: Zur Prostitution gezwungen
Ein Land im Fußballfieber. Kaum eine Veranstaltung in Deutschland, kaum ein Werbespot, in dem nicht in irgendeiner Form auf das Großereignis Fußball-Weltmeisterschaft Bezug genommen wird. Auch ich freue mich auf die WM, darüber, dass dieses Fußball-Weltereignis wieder einmal in Deutschland stattfindet. Und dass wir Gastgeber für Menschen aus aller Welt sein dürfen, die sich auch als Gäste wie bei Freunden fühlen sollen.
Dazu passt jedoch nicht, dass wir diesen Gästen alles Mögliche unterstellen. Zum Beispiel, dass sie besonders sexversessen seien. Dass sie nichts anderes im Sinn hätten, als die Fußball-WM dazu zu nutzen, um Prostituierte aufzusuchen. Wer die Berichterstattung mancher Medien während der vergangenen Wochen verfolgte, konnte durchaus den Eindruck gewinnen, dass es den Fußballfans um nichts anderes ginge.

Wir Christen sind grundsätzlich gegen jede Form von käuflichen sexuellen Handlungen. Sexualität gehört in den Raum der Liebe zweier Menschen, sie kann und darf nur freiwillig praktiziert werden und nicht gegen Bezahlung.

Wir als Kirche akzeptieren, dass in unserem Land Prostitution nicht strafbar ist. Und wir akzeptieren, dass Männer, die diese in Anspruch nehmen, anders als in Schweden nicht bestraft werden. Das darf allerdings nur dann gelten, wenn die Frauen nicht zur Prostitution gezwungen werden.

Über die Zahl der Zwangsprostituierten in Deutschland gibt es nur Schätzungen. Man kann von etwa 10 000 betroffenen Frauen ausgehen. Sie werden meist unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nach Deutschland gelockt, wo ihnen der Pass abgenommen wird und sie unter Anwendung von Gewalt zur Prostitution gezwungen werden, oft genug ohne dafür irgendwelches
Geld zu erhalten. Nicht selten werden diese Frauen regelrecht weiterverkauft.

Dies sind klare Menschenrechtsverletzungen, die wir als Kirche entschieden verurteilen. Die Menschenwürde ist ein wichtiges Gut. Deshalb appelliere ich an alle Männer, sehr sorgsam darauf zu achten, ob irgendwelche Anzeichen darauf hindeuten, dass eine Frau sich in solch einer Notlage befindet – und wenn ja, dass sie diese nicht ausnutzen, sondern die Polizei verständigen.
Ich appelliere an die Politik, die Strafandrohung nicht so zu gestalten, dass Männer von solcher Hilfeleistung abgehalten werden, weil sie selbst Angst vor Strafe haben müssen.

Und ich appelliere an die Organe der Justiz und des Staates, Zwangsprostituierte nicht unter einen
unnötigen hektischen Ausreisezwang zu stellen, um ihre Bereitschaft nicht zu vermindern, gegen ihre Peiniger auszusagen.

Mit Staunen habe ich gelesen, dass ein schwedischer Ombudsmann dazu auffordert, die Fußball-WM zu boykottieren, da sie die Zwangsprostitution fördere. Dies halte ich für total absurd. Wenn die Berichterstattung in den Medien über das Thema Zwangsprostitution ein Gutes hat, dann dies: dass wir uns in Deutschland endlich mit diesem scheußlichen Thema beschäftigen – um die Schuldigen zu bestrafen und um den betroffenen Frauen endlich zu helfen.

Johannes Friedrich

Dr. Johannes Friedrich ist Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und Herausgeber des Magazins chrismon

sixela
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Beitrag von sixela »

Kondommobil hat geschrieben:Frage mich nur, wie die Kirche mit so einer Meinung hinter einer Hl. Maria Magdalena stehen kann.
Ich oute mich hier als sehr gläubiger und religiöser Mensch, aber mit der Kirche habe ich so meine Probleme!

lg
KonTom
Deine Frage ist leicht aufgeklärt: nach der Überlieferung hat Maria Magdalena für ihre "Sünden" als Prostituierte "gebüßt" und wurde dadurch wieder "rein". Genau solche Frauen liebt die Kirche - wenn sie nach einer Zeit der "Sünde" allem Fleischlichen entsagen und gewissermaßen zur Botschafterin der Asexualität, zumindest der ehelosen Asexualität werden.

Höhepunkt des Missbrauchs des Namens sind ja die sogenannten "Magdalenenkloster" im besonders bigotten Irland gewesen. Sie wurden ursprünglich als "Zufluchtsorte" für Prostituierte gegründet, denen es wirklich schlecht ging, jedoch im 20. Jahrhunderts zu wahren Folterstätten für alle jungen Mädchen, die man für "unzüchtig" hielt, umgemodelt. Frauen, die uuneheliche Kinder gebaren (die man ihnen natürlich wegnahm) konnten ebenso darin landen wie einfach nur Schulmädchen, die den Burschen schöne Augen machten. Wahre Begebenheiten aus den 60er Jahren kann man im Film "Die unbarmherzigen Schwestern" http://www.amazon.de/Die-unbarmherzigen ... B0000CAWB5 sehen. Das letzte dieser Folterkloster wurde erst in den 80er Jahren geschlossen!

P.S.: Maria Magdalenas Existenz ist ohnehin fraglich, da sie ausschließlich in religiösen Schriften wie dem Neuen Testament auftaucht. Gesichert scheint jedenfalls, dass sie gar keine Prostituierte war, sondern das einer der vielen "romantischen" Volksglauben ist, die sich rund um das Christentum ranken.

Das war mein heutiger kleiner Beitrag zum Nachdenken an die Gläubigen :001

sixela
Die Welt ist umso freier, je weniger Religion und je mehr Sex praktiziert wird