Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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Kasharius
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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von Kasharius »

@freances

Sehr schön mal wieder Text von Dir zu lesen aber ich war ja auch schon eine Weile nicht mehr hier. Ich sehe das ehrlich gesagt nicht ganz so pessimistisch aber warten wir es ab.....Neusser Nachtschwärmer.....echt jetzt..

Kasharius grüßt dich 😍

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fraences
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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von fraences »

Frauen
Sexkaufverbot stößt bei Sachverständigen auf unterschiedliches Echo

https://www.bundestag.de/dokumente/text ... on-1013786
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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von lust4fun »

Ein Eindruck von der Anhörung und meine Spekulationen:
1. Die Einschätzung vieler Verbände und Stimmen, dass ein Verbot alles noch schlimmer macht, hat sich selbst bei den Befürwortern eines Verbots verhakt. Das Argument, dass etwas verboten werden kann, auch wenn so das Verbrechen nicht immer verhindert werden kann, wird zwar vorgebracht, aber nicht mehr als schlagend angeführt.
2. Möglicherweise wirkt die Ahnung, dass ein Verbot rechtlich sehr kompliziert ist und juristisch nicht haltbar sein könnte (von Galen).
3. Keine Seite glaubt mehr, die andere Seite überzeugen oder zum Verstummen bringen zu können. In Schweden war es eher so. Es kann schon sein, dass dafür wieder der Aspekt „wie kann man pragmatischer und zielführend helfen“ als gemeinsamer Ausweg aus der Debatte in den Vordergrund gerät.
4. Könnte es sein, dass dieses parlamentarische Verfahren letztlich im Modus „ohne Fraktionszwang“ behandelt wird? Denn es hat für alle Seiten stark moralische Grundlagen und Implikationen. In solchen Fällen gibt es bei uns die Tradition, den Fraktionszwang aufzuheben. Dies würde aber bedeuten, dass das Thema nicht für Koalitionsverhandlungen taugt, bei denen die CDU/CSU die SPD als möglichen Regierungspartner mit anderen Verhandlungspunkten unter Druck setzen und eine geschlossene Abstimmung herbeiführen könnte.
Ohne Fraktionszwang vermute ich im Bundestags nicht unbedingt eine Mehrheit für ein Verbot.

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Kasharius
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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von Kasharius »

@lust4fun

Ich sehe es ganz ähnlich wie du. Wie gesagt die Beratungsstellen die Kollegen von Galen und auch die Vertreterin der Gewerkschaft der Polizei und des Städtetages also all jene die praktisch mit dem Problem vertraut sind, haben doch recht eindeutig belegt dass ein Verbot, wie es die cdu/csu fordert und Teile der SPD und offenkundig auch der AFD unterstützen schwer wird durchsetzen können. Interessant fand ich bei den am Ende ja noch mal sehr dramatischen Ausführungen von Frau Mau dass alle Freier/Täter ( übrigens schon eine klare Diskriminierung von Männern) an den Frauen das Ausleben, was sie vorher in Hardcore Pornos gesehen haben. Da fragt sich der staunende Laie warum man sich denn dann nicht mit der Pornoindustrie anlegt und deren Tätigkeit gleich mit verbietet; aber das ist dann wohl eine Nummer zu groß für die Kleinen Abgeordneten. Schade fand ich das in der Diskussion die möglichen Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen Stichwort sexualbegleitung sexualassistenz soweit ich es mitbekommen habe keinerlei Erwähnung gefunden hat. Das finde ich echt nicht sehr inklusiv..

Und ob man gerade bei dieser Frage des Sexkaufverbot den Fraktionszwang aufhebt wage ich zu bezweifeln, ich glaube so bedeutend für das Gewissen schätzt man das Thema dann nicht ein und gerade weil ja dann eine mögliche Mehrheit für ein Verbot flöten gehen konnte und man davon tun ist die Finger lassen aber das ist jetzt natürlich Spekulation.

Naja und vielleicht ändern sich ja die Mehrheiten nicht erst im nächsten sondern schon in diesem Jahr....

Mit diesem Horror Aussichten möchte ich es erst einmal bewenden lassen und wünsche euch allen eine gute Nacht

Kasharius grüßt

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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von fraences »

Ob ein Sexkaufverbot kommt oder das bestehende Prostitutuiertenschutzgesetz 2017(mit eventuellen Verschärfung oder "Verbesserung") für Jahrzehnten in Zement gegossen wird. So finde ich sind wir meilenweit in der Debatte von der Entkriminalisierung und Entstigmatisierung gekommen.

Vielleicht ist die Androhung von Sexkaufverbot nur das Mittel, um das Prostiuiertenschutzgesetz weiter auszubauen.
Mal schauen was die Evalution hergibt und wie sie eventuelle verdreht wird in der politische Debatte.

Schade das die Forderung der Hurenbewegung der 80 er Jahre , die richtig und wichtig waren, im Jahre 2024 so ins Hintergrund gekommen sind.

Solange Prostitution im Strafrecht, ob Sexarbeiterinnen, Betreiber und Kunden kriminalisiert werden, kommem wir in der jetzige Sexworkerbewegung kein Stück weiter, eher weiter im Hintertreffen.

Als Engländerin sage ich mal. Back to the roots.
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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von fraences »

@Kasharius
"Ich sehe es ganz ähnlich wie du. Wie gesagt die Beratungsstellen die Kollegen von Galen und auch die Vertreterin der Gewerkschaft der Polizei und des Städtetages also all jene die praktisch mit dem Problem vertraut sind, haben doch recht eindeutig belegt dass ein Verbot, wie es die cdu/csu fordert und Teile der SPD und offenkundig auch der AFD unterstützen schwer wird durchsetzen können"

AFD hat sich gegen Sexkaufverbot ausgesprochen. Auch wenn ich in vielen Punkten mit dem Abgeordneten Thomas Ehrhorn ,von der AFD in vielen Punkten es anders sehe.Zu starke dramatische Skizzierung der Kriminalität. So ist die Fazit : AFD ist Kontra Sexkaufverbot.

Siehe hier die Anhörung vom Feb 2024 ab MInute 13
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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von fraences »

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Eddy
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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von Eddy »

fraences hat geschrieben:
23.09.2024, 23:44
AFD hat sich gegen Sexkaufverbot ausgesprochen. Auch wenn ich in vielen Punkten mit dem Abgeordneten Thomas Ehrhorn ,von der AFD in vielen Punkten es anders sehe.Zu starke dramatische Skizzierung der Kriminalität. So ist die Fazit : AFD ist Kontra Sexkaufverbot.
Das war aber im Februar. Heute hat sich das aber ganz anders angehört. Das war für mich der Kipp-Punkt, wo die Hoffnung, das Sexkaufverbot könne vielleicht noch verhindert werden, ins Bodenlose gestürzt ist.

Gibt es da gesicherte Evidenz, dass das heute nur "Schauspiel" oder "Show" oder "Anbiederung" der AFD war und die in Wirklichkeit in Sachen Sexkaufverbot anders ticken?

Wenn ich mir den nächsten Bundestag anschaue:
CSU/CSU sowieso pro, SPD jedenfalls zu einem kleinen Teil pro, BSW gilt auch als sehr problematisch (Nähe zu Alice Schwarzer), obwohl noch keine offizielle Äußerung zu dem Thema vorliegt, FDP höchstwahrscheinlich nicht mehr im nächsten Bundestag*, Grüne stark geschwächt (viele Wähler haben Angst vor der Wärmepumpe), jetzt plötzlich noch die AFD als neuer (!) Risikofaktor ... das war's doch dann.

Am Ende entscheidet dann das BVerfG (wenn es die Klage/n überhaupt annimmt - vgl. ProstSchG), durchschnittl. Erfolgschance beim BVerfG um 1 %.


*dann ist in Zukunft auch Gräfin von Galen nicht mehr dabei, die diesmal von der FDP zur Ausschusssitzung eingeladen wurde - und damit ist in Zukunft auch kein verfassungsrechtlicher Sachverstand mehr dabei

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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von fraences »

Eddy hat geschrieben:
24.09.2024, 00:40
fraences hat geschrieben:
23.09.2024, 23:44
AFD hat sich gegen Sexkaufverbot ausgesprochen. Auch wenn ich in vielen Punkten mit dem Abgeordneten Thomas Ehrhorn ,von der AFD in vielen Punkten es anders sehe.Zu starke dramatische Skizzierung der Kriminalität. So ist die Fazit : AFD ist Kontra Sexkaufverbot.
Das war aber im Februar. Heute hat sich das aber ganz anders angehört. Das war für mich der Kipp-Punkt, wo die Hoffnung, das Sexkaufverbot könne vielleicht noch verhindert werden, ins Bodenlose gestürzt ist.

Gibt es da gesicherte Evidenz, dass das heute nur "Schauspiel" oder "Show" oder "Anbiederung" der AFD war und die in Wirklichkeit in Sachen Sexkaufverbot anders ticken?

Eddy
Also wie es genau auf Bundesebene aussieht kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau beurteilen, Regional und auf Landesebene Hessen ist mein Eindruck, das sie klar gegen den Antrag sind, sogar einige AFD Abgeordnete gegen das Prostituiertenschutzgesetz ausgesprochenn haben. Leider haben (wahrscheinlich wegen mangelnde Kenntnisse) für die Umsetzung im Frankfurter Stadtverordnung seinerzeit dafür gestimmt haben. Wie es nun mal in vielen Parteien ist, gibt es unterschiedliche Meinungen und Strömungen, denke das wir da das abwarten müssen, wenn im Bundestag die Gesetzgebungsverfahren läuft.
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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von fraences »

Als Faktencheck zu den Aussagen des Duisburger Polizeipräsidenten:

Letzter BKA -Bundeslagebericht: https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads ... l?nn=27956

Seite 11
"Pflichten nach dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG)
Von den im Jahr 2023 polizeilich festgestellten 406 Opfern sexueller Ausbeutung gingen lediglich 49
und damit 12,1 % einer gemäß ProstSchG angemeldeten Tätigkeit nach (2022: 16,4 %).
Die Mehrheit der Opfer (273; 67,2 %) war demnach nicht nach dem ProstSchG angemeldet
(2022: 77,7 %;). Gründe hierfür könnten z. B. sein, dass sie sich unerlaubt im Bundesgebiet aufhielten,
minderjährig waren oder ihrer Tätigkeit in Betrieben, die über keine Erlaubnis oder Genehmigung
verfügten, nachgingen.
Bei 84 Opfern (20,7 %) war den Ermittlungsbehörden nicht bekannt, ob diese einer angemeldeten
Tätigkeit nachgingen (2022: 5,9 %)."

Seite 12
"Aussagebereitschaft der Opfer
Von den 406 ermittelten Opfern von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung machten 258 und damit 63,5 % eine Aussage bei der Polizei (2022: 57,1%). 43 Opfer (10,6 %, 2022: 7,4 %)
wurden durch den oder die Tatverdächtigen unter Druck gesetzt, um gegenüber der Polizei keine
Aussagen zu machen oder die tatsächlichen Umstände der die Ausbeutung begründenden Einwirkung18 zu relativieren."
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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von deernhh »

Ole Lueg
23. September 2024

Prostitution verkauft sich (auch mit Verbot)

Zum Vorschlag der Einführung einer allgemeinen Freierstrafbarkeit

Prostitution ist ein gesellschaftlich breit etabliertes „Phänomen“, für das sich bereits in der Bibel zahlreiche Hinweise finden lassen. Als ein wirtschaftlicher Bereich, der sich überwiegend außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung vollzieht, ist Prostitution besonders anfällig für Fremdbestimmung und Ausbeutung. Und damit auch für kriminelle Akteure. Um identifizierte menschenunwürdige Zustände zu beenden, hat die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag im Februar dieses Jahres unter anderem beantragt, eine „allgemeine Freierstrafbarkeit einzuführen und den Kauf sexueller Dienstleistungen im Grundtatbestand als Vergehen zu ahnen“ ( siehe Nr. 1 des Maßnahmenkataloges ) .

Begründet wird damit eine auch wissenschaftliche Tendenz , die Inanspruchnahme bezahlter sexueller Dienstleistungen nicht bloß einer stärkeren staatlichen Kontrolle zu unterwerfen, sondern vielmehr durch „Freierabschreckung“ gänzlich zu unterbinden. Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion, der heute Gegenstand einer öffentlichen Sachverständigenanhörung durch den Familienausschuss im Bundestag sein wird, erscheint bezogen auf seine Motivation, „Menschenhandel und Zwangsprostitution“ einzudämmen, nachvollziehbar.

Die rechtliche Umsetzung wird durch die Kriminalisierung von Freiern jedoch eine erhebliche Zusatzbelastung für die Justiz und keine wirksame Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Prostituierten nach sich ziehen. Das zeigt einen Blick auf die Diskussion zu diesem Thema in Frankreich und auf das sogenannte „Nordische Modell“. Um die Bedingungen für die in der Prostitution tätigen Personen wirksam zu verbessern, sollte in den Ausbau von Beratungsangeboten und die Durchsetzung bestehender Straftatbestände investiert werden.

Zur rechtlichen Regelung der Prostitution in Deutschland

Ausgehend von § 1 Abs. 1 des Prostitutionsgesetzes (ProstG), lässt sich unter Prostitution die Vornahme sexueller Handlung gegen ein vorher vereinbartes Entgelt verstehen. Entgelt meint entweder einen bestimmten (greifbaren) Geldbetrag oder eine sonstige geldwerte Leistung (vgl. BT-Drs. 18/8556, S. 59 ). §2 Abs. 2 des Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (ProstSchG) aus dem Jahr 2016 ( BGBl. I S. 2372 ) definiert Prostituierte als Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen. Eine sexuelle Dienstleistung liegt jedenfalls nicht in einer Vorführung mit „ausschließlich darstellendem Charakter“ (vgl. § 2 Abs. 1 S. 2), was etwa „Table-Dance“-Darbietungen erfasst wurde. Gleichwohl ist der Begriff nach der Auffassung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 18/8556, S. 59 ) sehr weit zu verstehen, setzt also nicht zwingend einen unmittelbaren körperlichen Kontakt zwischen den beteiligten Personen voraus.

Das ProstG, das im Jahr 2002 in Kraft trat ( BGBl. I S. 3983 ), wurde nicht geschaffen, um die rechtliche Zulässigkeit von Prostitution zu begründen. Es sollte vielmehr eine bereits legale Tätigkeit prostituiertenfreundlicher ausgestalten . Das galt zum einen bezogen auf die Frage, ob ein Anspruch auf das vereinbarte Entgelt für eine tatsächlich durchsetzbare sexuelle Leistung besteht. Die Rechtsprechung betrachtete die zwischen einem Freier und einer Prostituierten getroffene Vereinbarungen nämlich regelmäßig als sittenwidrig i. S. d. § 138 I BGB und mithin nichtig.

Zum anderen wurde durch das ProstG auch der § 180a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB a. F. abgeschafft. Dieser stellte zuvor das Schaffen einer Arbeitsatmosphäre dar, die etwa über das „bloße Gewähren von Wohnung, Unterkunft oder Aufenthalt“ hinausging, als „Förderung“ der Prostitutionsausübung unter Strafe. Diese Streichung diente dazu, Prostituierten den Zugang zum Sozialversicherungssystem zu erleichtern: Bordellbetreiber mussten keine Strafverfolgung mehr fürchten, wenn sie eine sich sozialversicherungspflichtig beschäftigte Prostituierte der Sozialversicherung meldete.

Aus der nach § 35 ProstSchG jährlich zu erhebenden Bundesstatistik geht hervor, dass zum Ende des Jahres 2023 ca. 30.600 Personen als Prostituierte in Deutschland waren ordnungsgemäß angemeldet. Wie viele Menschen in Deutschland sexuelle Dienstleistungen tatsächlich anbieten, lässt sich nur mutmaßen. Ausgehen ist von einer hohen Dunkelziffer , wobei der überwiegende Anteil nicht Träger der deutschen Staatsbürgerschaft ist.

Straftaten gegen Prostituierte

Das Bundeskriminalamt (BKA) führt in seinem Bundeslagebild von 2023 unter dem Stichwort „Sexuelle Ausbeutung“ Straftaten wie etwa den Menschenhandel nach § 232 StGB, die Zwangsprostitution (§ 232a StGB), die Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung (§ 233a StGB), die Ausbeutung von Prostituierten (§ 180a StGB) und die Zuhälterei nach § 181a StGB im Zusammenhang mit Prostitution auf.

Das BKA schreibt den Bereich des Menschenhandels der sog. „Kontrollkriminalität“ zu (S. 7). Erfasst werden damit solche Deliktsfelder, „in denen Ermittlungsverfahren durch polizeiliche Aktivitäten wie Kontrollen“ und gerade nicht durch selbstständige „Anzeigenerstattung der Opfer“ eingeleitet werden. Das unterstreicht die große Relevanz einer nachhaltigen und konsequenten Aufdeckung und Verfolgung von Verstößen gegen existente Strafgesetze.

Das französische Sexkaufverbot

In Frankreich ist der Sexkauf unter anderem durch das Einfügen einer Kunst. 611-1 im Code pénal seit April 2016 unter Strafe gestellt. Mit einer Geldbuße von bis zu 1.500 € wird das erstmalige Ersuchen, Annehmen oder Erhalten sexueller Beziehungen von einer Person bestraft, die sich der Prostitution im Austausch gegen eine (geldwerte) Gegenleistung hingibt. Für den Widerholungsfall ist eine Geldstrafe von 3.750 € vorgesehen (vgl. Art. 225-12-1 Code pénal ).

Gegen dieses Verbot wurde gerade aus Reihen der Sexarbeiter:innen Kritik laut. Es bewirke keinerlei Verbesserungen , erhöhe jedoch z. B. den wirtschaftlichen Druck innerhalb der weiter forexistierenden Prostitutionspraxis.

Über die Frage, ob das französische Sexkaufverbot mit den Menschenrechten vereinbar ist, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 25.7.2024 entschieden ( MA u. a./Frankreich ). Die pauschale Freierbestrafung stellte für den EGMR einen Eingriff in das Recht auf Achtung der Privatsphäre, der persönlichen Autonomie und sexuellen Freiheit der Prostituierten, verankert in Art. 8 EMRK, dar. Der Gerichtshof erkannte jedoch legitime Ziele der französischen Regierung im Sinne der Kunst an. 8 Abs. 2 EMRK für das Verbot des Sexkaufs an: Die Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die Verhütung von Straftaten, den Gesundheitsschutz und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, welche insbesondere durch den mit Sexkauf häufig einhergehenden Menschenhandel bedroht sind.

Der EGMR untersuchte außerdem, ob die Verhältnismäßigkeit ( raisonnable de proportionnalité ) zwischen den legitimen Zielen der französischen Regierung und den Mitteln (Sexkaufverbot) angemessen gewahrt wurde. Er nahm dabei einen großen Ermessensspielraum ( reichlich Marge d'Appréciation ) des französischen Staates an, da vernünftige ethische und moralische Fragen betroffen seien. Die Prüfung beschränkte sich in dem Fall unter anderem darauf, ob ein gerechtes Gleichgewicht ( un juste équilibre ) zwischen den Interessen des Staates und den Interessen der betroffenen Personen hergestellt wurde.

Bezogen auf den Vortrag des Antragstellers, das Verbot führe zu Sicherheitsrisiken und einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, betont der EGMR, diese Phänomene seien bereits vor der Unterlassung des Sexkaufs zu beobachten gewesen. Hervorgehoben wurde zudem, dass die Pönalisierung des Sexkaufs nur einen kleinen Teil eines umfassenden, empirisch sowie rechtsvergleichend reflektierten, Maßnahmenpaketes der französischen Regierung darstelle. Dies erfasse etwa auch Möglichkeiten zum Ausstieg aus der Prostitution (vgl. Gesetz Nr. 2016-444 vom 13.4.2016 ). An sich sei Prostitution in Frankreich weiter legal und den Bedenken des Antragstellers bereits im Rahmen des parlamentarischen Prozesses Aufmerksamkeit geschenkt worden.

Im Ergebnis wurde damit keine Überschreitung des staatlichen Ermessensspielraums festgestellt, ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK verneint. Der EGMR betont jedoch die Aufgabe der französischen Behörden, das Sexkaufverbot stetig neu zu bewerten. Erste offizielle Berichte (und mögliche Konsequenzen) sind mit Spannung zu erwarten – in den Medien wird jedoch von einer „boomenden“ Zuhälterei und Prostitution in Frankreich gesprochen. Vor dem Hintergrund solcher Berichte ist nicht klar absehbar, ob ein Verbot in Deutschland zur erhofften Eindämmung von Freiertum und insbesondere der Straftaten gegen Prostituierte beitragen kann.

Das „Nordische Modell“

Neben Frankreich kennen etwa auch Schweden, Norwegen und Finnland eine Freierstrafbarkeit, nicht aber eine Illegalität der Prostitution im Allgemeinen (sog. „Nordisches Modell“). Es bietet sich insofern an, die dort gesammelten Erfahrungen wiederzugewinnen. Die CDU/CSU-Fraktion erkennt das Modell jedenfalls als „Vorbild“ an, um „Missständen“ in der herkömmlichen Prostitutionspraxis zu begegnen.

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat im Jahr 2020 einige Studienergebnisse zusammengestellt , die allerdings insgesamt ein ambivalentes Bild zeichnen und in ihrer wissenschaftlichen Aussagekraft umstritten sind ( siehe dazu auch die Berichterstattung des Deutschlandfunks ). Das „Nordische Modell“ ist auch nicht automatisch ein Garant für die (präventive) Verhinderung von Straftaten im Zusammenhang mit Prostitution. Der Mangel an großangelegten empirischen Untersuchungen eröffnet letztlich Raum für Milieuspekulationen der zivilen und politischen Öffentlichkeit, die etwa von einer Ab- oder Zunahme von Phänomenen wie Prostitution, prostitutionsbegleitendem Menschenhandel, Zwangsprostitution oder Zuhälterei reichen können.

Ob infolge eines Sexkaufverbotes tatsächlich „nur ein kleiner Teil des bisherigen Prostitutionsmilieus bestehen [bliebe], das von der Polizei überwacht werden müsste“, wie es die Konrad Adenauer Stiftung in einem Analysepapier andeutet, lässt sich in Ermangelung einer klaren Studienlage nicht unterlegen.

Zu begrüßender Ausbau von Hilfsangeboten
Die CDU/CSU-Fraktion fordert neben der Etablierung einer Freierstrafbarkeit ohne Kriminalisierung der Prostituierten selbst und einer Untersagung des Betriebs von Prostitutionsstätten auch den Ausbau von Beratungsangeboten. Dazu gehören neben Aufstiegsangeboten, einer finanziellen Unterstützung von Beratungsstellen und einer „Notfall-Hotline“ für Prostituierte auch Aufklärungskampagnen über Menschenhandel und Zwangsprostitution sowie Schulungen der Träger:innen öffentlicher Ämter (z. B. auch Staatsanwaltschaften und Richter:innen) im Umgang mit traumatisierten Opfern .

Die Motivation, Beratungsangebote auszubauen, wird von der Diakonie Deutschland in einer unaufgeforderten Stellungnahme zur Sachverständigenanhörung zum Antrag der CDU/CSU-Fraktion – zurecht – begrüßt. Angeführt wird demgegenüber, die „Strafbarkeit des Sexkaufs sei weder erforderlich noch geeignet, um Frauen, Männer und Transpersonen vor Zwangsprostitution oder Gewalt zu schützen“ (S. 2).

Ähnlich verhält sich die geforderte Stellungnahme des Deutschen Städtetages , welche die wesentlichen Antragsgegenstände (z. B. das Sexkaufverbot) als „nicht geeignet, teils sogar kontraproduktiv“ bezeichnet. Dazu zählt etwa der Gedanke, dass eine fortbestehende Nachfrage nach einem Verbot zu Prostitutionsangeboten im privaten Bereich führen könnte, welches für „Hilfsangebote schlechter erreichbar“ sei (S. 5). Hingewiesen wird in dem Zusammenhang auch auf die negativen Erfahrungen mit Sexarbeitsverboten während der Corona-Pandemie (z. B. Zunahme der Gewalt gegen Prostituierte, S. 4). Richte sich außerdem das Sexkaufverbot im Ausgangspunkt nur gegen Freier, würde gleichzeitig auch die „Anbietenden in einen kriminellen Kontext gezogen und […] die Verschlechterung ihrer Lebensbedingungen in Kauf“ genommen (S. 8). Das werde etwa nicht jenen Personen gerecht, die „Sexarbeit als Arbeit definieren“.

Auffällig ist, dass der Antrag der CDU/CSU-Fraktion nicht weiter auf das schuldrechtliche Prostituierten-Freier-Verhältnis eingeht. Konkret mangelt es an Gedanken, ob ein Sexkaufverbot auch mit einer Streichung des Entgeltanspruchs nach § 1 S. 1 ProstG einhergehen soll. Bestünde kein rechtlicher Anspruch auf ein Entgelt, würde sich die Lage von Prostituierten in Deutschland noch weiter verschlechtern und die Zunahme von Zuhälterei begünstigen.

Die konsequente Durchsetzung geltender Strafrechte
Es ist Aufgabe des Staates, Zwangsprostitution und Menschenhandel zu unterbinden und geltendes Strafrecht durchzusetzen. Insofern verfängt etwa der vierte Vorschlag des Antrags der CDU/CSU-Fraktion, „die grundsätzliche Strafbarkeit von Zuhälterei, Ausbeutung von Prostituierten und Menschenhandel […], wirksam zu gewährleisten“.

Eine wirksame Durchsetzung bestehender Strafgesetze erfordert jedoch kein Sexkaufverbot. Ein solches schafft eher zusätzliche Probleme. Es öffnet sich etwa den Raum für illegale Zuhälterei und verdrängt Prostitution aus öffentlichen Prostitutionsstätten wie Bordellen. Diese können dem Grunde nach auf jeden Fall ein gewisses Schutzniveau bei der Prostitutionsausübung gewährleisten.

Ressourcen, die in die Strafverfolgung von Freiern investiert werden würden, sollten schnellstmöglich zur Aufdeckung krimineller Zuhälter- und Menschenhandelsstrukturen aufgewendet werden (wie zB auch im Stellungnahmepapier der Diakonie (S. 6) vorgeschlagen).


Ole Lueg
Ole Lueg ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Herrn Prof. Dr. Looschelders an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und promoviert zu einer abstammungsrechtlichen Fragestellung.

https://verfassungsblog.de/allgemeine-f ... afbarkeit/





@Eddy
Du hast nach der unangeforderten Stellungnahme von Sonja Dolinsek gesucht, die ich jetzt gefunden habe.
Hier ist sie in ganzer Länge:

Unangeforderte Stellungnahme zur Anhörung im Familienausschuss „Sexkauf bestrafen“
18. September 2024

Siehe Link:

https://prostitutionspolitik.net/2024/0 ... bestrafen/

Andere Beiträge
https://prostitutionspolitik.net/

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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von Kasharius »

@freances

Noch mal kurz zur AFD: ich glaube diese Partei hat keinen geschlossenes meinungsbild und ist ja außerdem oft sehr opportunistisch. Da ist ja bei dem Thema häufig auch immer um die vielen vermeintlich Zwangsprostituierten könnte es dieser Partei und auch dem sog. BSW wenn er denn auf Bundesebene im Parlament vertreten ist durchaus in den Kram passen sich für ein sexkaufverbot auszusprechen, denn dann würden ja alle diese Frauen nicht mehr nach Deutschland kommen. Natürlich wird dabei vergessen dass es sich hier nicht um MigrantInnen sondern um Frauen handelt die schlicht von ihrem Recht auf Freizügigkeit nach EU-Recht Gebrauch machen.

Insgesamt fällt aber auch auf dass gestern eine ganze Reihe von weißen Mittelschicht Menschen sich darüber den Kopf zerbrochen haben wie es denn um die vermeintlichen und tatsächlichen Opfer von Zwang und Ausbeutung bestellt ist. Auch das finde ich wenig inklusiv und ist Ausdruck einer Dominanzkultur . Man sollte sich schon Formate überlegen, etwa geschlossene nicht öffentliche Sitzungen, in denen man diese Personen selbst zu Wort kommen lässt anstatt ständigen über sie zu reden. Das mit dem pauschalen Argument abzutun die hätten Angst, oder könnten sich eh nicht äußern ist an und für sich auch schon eine gewisse Form von Rassismus. Wohlgemerkt hier sagt das keiner. Aber gerade die Befürworter eines Sexkaufverbots bemühen ja die Angst um zu verhindern dass ich diese Leute selber äußern.

Und ich bleibe dabei auch das Problem von Menschen mit Behinderungen die von einem sexkaufverbot betroffen wären bleibt ausgeblendet. Dies gilt wohl auch für die Evaluation selbst. Ich habe das seinerzeit angesprochen weiß aber nicht ob das Gehör gefunden hat. Jedenfalls sieht Artikel 4 Absatz 3 der UN-Behindertenrechtskonvention vor dass Menschen mit Behinderungen in allen Belangen die sie betreffen mit einbezogen werden müssen. Insofern würde ein sexkaufverbot und vermutlich auch schon diese Evaluation an einem völkerrechtlichen Markel leiden....

Und mit Sicherheit werden sich Menschen mit Behinderungen nicht vorschreiben lassen, schon gar nicht von einer Huschke Mau ob sie nur passive oder auch aktive Sexualassistenz in Anspruch nehmen dürfen. Abgesehen davon wird diese Form von Sexarbeit mit Sicherheit von Personen angeboten die nicht zu jenen vermeintlichen Opfern gehören über die die Sexkaufgegner*innen so trefflich fabulieren.

Also nach meiner Ansicht sind die besten hier noch nicht gesungen und der Kampf geht weiter ♿🏳️‍🌈✊

In diesem Sinne

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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von Kasharius »

Eine weitere Meinungsäußerung zu der Anhörung gestern

https://www.queer.de/detail.php?article_id=51017

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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von Kasharius »


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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von deernhh »



Auch, wenn da steht, dass das Video nicht verfügbar sei, kann man trotzdem auf das unterstrichene "Auf YouTube ansehen" klicken und man sieht das Video.

Das Video dauert 1 Stunde, 48 Minuten und 26 Sekunden.
Screenshot_20240925-124322.png
Um das Bild vergrôßert ansehen zu können, bitte auf das Bild klicken.

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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von lust4fun »

Wie steht die Bevölkerung zur Prostitutionsregulierung?

Der BesD stellt eine (nicht-repräsentative) Studie von Nicola Döring und M. Rohangis Mohseni von der Uni Ilmenau vor.
Demnach lehnt eine große Mehrheit (82,5 %) der Befragten Kriminalisierung von Sexarbeit ab.

https://www.berufsverband-sexarbeit.de/ ... ierung-ab/

Ergebnisse

a) Zustimmung zu Regulierungsmodellen gesamt:
Abolitionismus: 8,3 %
Prohibitionismus: 8,9 %
Legalisierung: 51,9 %
Dekriminalisierung: 30,9 %

b) Zustimmung zu Regulierungsmodellen nach Geschlecht:
mehr Frauen (11,9 %) als Männer (4,7 %) für Abolitionismus
mehr Männer (33,2 %) als Frauen (28,6 %) für Dekriminalisierung
bei Legalisierung und Prohibition keine signifikanten Unterschiede

c) Zustimmung zu Regulierungsmodellen nach Parteinähe:
größte Zustimmung zu Legalisierung bei CDU/CSU-Wähler*innen:
57,9 % vs. 51,9 % in der Gesamtstichprobe
größte Zustimmung zu Abolitionismus bei Grünen-Wähler*innen:
13,7 % vs. 8,9 % in der Gesamtstichprobe
größte Zerrissenheit bei Die Linke-Wähler*innen:
stärkere Zustimmung zu Prohibition (13,0 % vs. 8,9 % in der GSP) und stärkere Zustimmung zu Entkriminalisierung (39,8 % vs. 30,9 % in GSP)

Die gesamte Studie:
https://www.nicola-doering.de/wp-conten ... ierung.pdf

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Kasharius
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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von Kasharius »

@lust4fun

:023 :041

Kasharius grüßt dich

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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von Kasharius »

https://www.cducsu.de/presse/pressemitt ... ostitution

Hier die Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf die Sicht den Verlauf der Anhörung...

Kasharius grüßt

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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von lust4fun »

Stellungnahme von Amnesty International
vom 4.10.24

https://www.amnesty.de/positionspapiere ... ng-sexkauf

https://www.amnesty.de/sites/default/fi ... r-2024.pdf

"SCHLUSSFOLGERUNGEN
Unsere Recherchen zeigen, dass die Behauptungen, dass einzelne Sexarbeiter*innen im Rahmen des „nordischen Modells“ nicht kriminalisiert oder bestraft werden und dass das Ausmaß an Schaden und Stigmatisierung, dem Sexarbeiter*innen ausgesetzt sind, reduziert werde, in der Praxis nicht zutreffen. Sexarbeit ist im Rahmen des „Nordischen Modells“ nach wie vor stark stigmatisiert, was zur Diskriminierung und Marginalisierung von Sexarbeiter*innen beiträgt. Außerdem sind viele Sexarbeiter*innen einem hohen Maß an polizeilicher Überwachung ausgesetzt und werden von der Polizei auf vielfältige ins Visier genommen und bestraft.
Die Gesetze rund um das Sexkaufverbot untergraben daher eine Reihe von Menschenrechten von Sexarbeiter*innen, einschließlich ihres Rechts auf Leben, Freiheit, körperliche Autonomie und Sicherheit der Person, das Recht auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung, das Recht auf Freiheit von Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung, das Recht auf Privatsphäre und das Recht auf den höchsten erreichbaren Gesundheitsstandard.
Die Untersuchungen von Amnesty International haben gezeigt, dass Länder ihren internationalen Verpflichtungen zur Achtung, zum Schutz und zur Erfüllung der Rechte von Menschen, die Sex verkaufen, nicht nachkommen, wenn sie einzelne Aspekte von Sexarbeit oder Sexarbeit allgemein kriminalisieren.
Amnesty International ist daher der Ansicht, dass es zum Schutz der Rechte von Sexarbeiter*innen nicht nur notwendig ist, auf Gesetze zu verzichten, die den Verkauf von Sex unter Strafe stellen, sondern auch solche, die den Kauf von Sex von einwilligenden Erwachsenen oder die Organisation von Sexarbeit (wie z.B. das Verbot, Räumlichkeiten für Sexarbeit zu mieten) zu einer Straftat machen. Amnesty International empfiehlt aus menschenrechtlicher Perspektive dringend, von der Einführung des „Nordischen Modells“ in Deutschland abzusehen."

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Re: Anhörung im Dt Bundestag am 23. September 2024

Beitrag von Kasharius »

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