(offener Brief)
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrte Mitglieder der SPD-Fraktion im Bundestag,
ich beziehe mich auf den Antrag der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag zum Sexkaufverbot vom 20.02.2024.
Die Evaluation des ProstSchG ist in § 38 ProstSchG gesetzlich vorgeschrieben und es ist auch ein Termin gesetzlich bestimmt, bis zu dem spätestens (!) der Evaluationsbericht dem Deutschen Bundestag vorzulegen ist: der 1. Juli 2025. Das Team des KFN (Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen) um Prof. Bartsch ist längst mit der Evaluation beschäftigt.
Zwischen dem Verfassen des Antrags der CDU/CSU-Fraktion zum Sexkaufverbot vom 20.2.2024 und der spätmöglichsten Vorlage des Evaluationsberichts liegen also nur rund 16 Monate – eine kurze Zeitspanne, wenn man dies an der Dauer mancher Gesetzgebungsverfahren misst.
Der Drang, mit dem die CDU/CSU das Sexkaufverbot jetzt unbedingt und zwingend ganz schnell noch vor der Vorlage des Evaluationsberichts durchbringen möchte, spricht für eine tiefe Panik, die die CDU/CSU vor dem Evaluationsbericht hat. Offenbar will die CDU/CSU mit allen Mitteln erreichen, dass das Sexkaufverbot bereits gesetzlich sicher verankert ist, wenn der Evaluationsbericht vorgelegt wird: Dass es dann kein „Zurück“ mehr geben kann.
Die CDU/CSU hat sich jetzt noch mal gesteigert: sie spricht nicht mehr nur von geschätzten mindestens 250000 Prostituierten, sondern jetzt – und das ist im Vergleich zum Positionspapier vom 7.11.2023 neu – auch von einer "hohen sechsstelligen" Zahl von Opfern: „hoch sechsstellig“ bedeutet mathematisch irgendwas über 500.000 und unter 1.000.000.
„Für eine hohe sechsstellige Zahl von Frauen und Mädchen bedeutet dies eine faktisch totale Abhängigkeit von Zuhältern, die auf emotionaler Manipulation, Täuschung, Drohung und nicht zuletzt massiver Gewalt beruht“.
Dies bedeutet nochmals eine Verdoppelung bis Vervierfachung gegenüber den bisher schon aus dem luftleeren Raum gewonnenen, hoch spekulativen Zahlen aus dem Positionspapier vom November 2023.
Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion suggeriert dem Bundestag, die prekäre Lage in der Prostitution würde aktuell geradezu explodieren und es sei daher keine Zeit mehr, höchstens noch 16 Monate lang auf die Evaluation warten zu können.
Bezogen auf die „hohe sechsstellige Zahl“ wird ohne weitere Belege behauptet, „Regelmäßig sind die Betroffenen – oft verbunden mit dem Entzug von Ausweispapieren – nicht in der Lage, sich aus ihrer Situation zu befreien. Das Prostitutionsmilieu wird in weiten Teilen beherrscht von Strukturen der Organisierten Kriminalität, der Banden- und Clankriminalität. Daran schließt sich ein ausgeprägtes Feld an Begleitkriminalität an.“
Selbstverständlich gibt es diese Einzelfälle und sie werden auch immer wieder von der Polizei oder durch Anzeigen aufgedeckt und meist sehr pressewirksam bekannt gegeben. Oder solche Fälle laufen bei Hilfsorganisationen auf, die naturgemäß bevorzugt von Frauen kontaktiert werden, die zu Opfern geworden sind, damit aber keinen Gesamtüberblick über die Lage in der Prostitution haben, sondern auf die schlimmsten Auswüchse und Schicksale fokussieren – ihre Erfahrungen sind dann zwar real für das konkrete Problem-Setting, aber nicht repräsentativ für das gesamte Feld der Prostitution.
Aber woher nimmt sich die CDU/CSU das Recht zu behaupten, diese schrecklichen Umstände gelten für eine „hohe sechsstellige Zahl von Frauen und Mädchen“ gleichermaßen?
Es mag sein, dass diese tragischen Einzelfälle in speziellen Settings und Problemvierteln, z.B. auf bestimmten dafür bekannten Straßenstrichen oder Stadtvierteln, kumulieren und dort dann auch in größerer Zahl angetroffen werden. Aber dann ist es Sache der zuständigen Behörden, die dortigen Problemlagen ordnungspolitisch und auch durch gezielte polizeiliche Aktionen zu lösen, anstelle von einigen über Deutschland verteilte brisante Problem-Settings (für die die von der CDU/CSU behaupteten Zustände kleinräumig gesehen im Worst Case tatsächlich zutreffen könnten) auf ganz Deutschland und eine völlig aus der Luft gegriffene „hohe sechsstellige Zahl von Frauen und Mädchen“ zu extrapolieren?
Ganz im Gegenteil: wenn es lokal solche Zustände gibt, dann muss man sich fragen, wer dafür verantwortlich ist, dass es sie dort (noch) gibt, denn es steht ein breiter Strauß ordnungspolitischer, ermittlungstechnischer und strafrechtlicher Maßnahmen zur Verfügung, um solche Zustände lokal zu beenden, wenn man das will. Unterlässt man dieses womöglich bewusst, um „Vorzeige-Orte“ zu haben, mit denen man die Notwendigkeit des Sexkaufverbots demonstrieren will? Lässt man lokal solche Zustände bewusst so weiterlaufen (anstelle sie zu beenden, was ja rechtlich möglich wäre), ja „kultiviert“ man solche Zustände geradezu, um sie als Rechtfertigung für ein Sexkaufverbot zu nutzen und damit im Endeffekt zu Lasten der betroffenen Frauen zu missbrauchen?
Wenn solche Missstände bekannt und örtlich lokalisiert sind, warum wird dann der Anschein erweckt, man könnte (trotz der Vielzahl der tatsächlichen ermittlungstechnischen und strafrechtlichen Möglichkeiten) überhaupt nichts dagegen tun – und die Bestrafung der Kunden sei dann die einzig mögliche „Rettung“ aus der Situation? Wenn das zutreffen würde, was die CDU/CSU behauptet, konkret in dem von der CDU/CSU vorgetragenen Umfang und Ausmaß, dann wäre dies ein massives Staatsversagen auf vielen lokalen Ebenen. Die Frage von Rechtsverstößen, womöglich bis hinein ins Strafrecht, würde sich dann nämlich in ganz anderer Weise stellen: liegt hier z.B. ein schuldhaftes Vollzugsdefizit oder gar ein schuldhaftes Unterlassen oder bewusstes „Wegsehen“ der lokal zuständigen Behörden, Polizei usw. vor? Warum handelt keiner, und wer ist dafür rechtlich verantwortlich, dass nichts geschieht? Mit dieser Argumentation stellt sich die CDU/CSU also selbst ein Bein, denn sie wirft damit mittelbar ein extrem schlechtes Licht auf Behörden und Polizei.
Meist geht es in diesen Fällen um Straßenstriche. Dies ist nicht erstaunlich. Das ProstSchG fokussierte auf die Prostitutionsstätten (Fachbegriff: Prostitutionsgewerbe), deren Betreiber und Stellvertreter und hat diese extrem eng im Blick und diese mit vielen Regelungen und Voraussetzungen z.B. zur Betreiberzuverlässigkeit überzogen. Dagegen sah das ProstSchG keine konkreten Regelungen für den Straßenstrich vor, der ja auch keinen offiziellen Betreiber hat, der haftbar gemacht werden kann.
Das heißt aber auch: das auf Prostitutionsstätten und deren Betreiber fokussierte ProstSchG konnte auf dem Straßenstrich gar nicht wirken, weil es dafür gar nicht gemacht war. Man kann also jetzt nicht besonders prekäre Straßenstriche vorführen und damit das Versagen des ProstSchG beweisen: das ProstSchG hatte den Straßenstrich gar nicht im Blick gehabt. Wenn man die prekären Umstände an Straßenstrichen beseitigen will, dann muss man das mit einer Novellierung des ProstSchG angehen und diese regulieren, sei es von einer verbesserten Überwachung bis hin zur Regelung etwaiger Verantwortlichkeiten oder gar Verbotszenarien (regional oder notfalls auch überregional) für diese besonders gefährlichen Art, sexuelle Dienstleistungen anzubieten – ohne den Schutz eines haftenden und endverantwortlichen, von der Behörde lizenzierten Betreibers.
Die Lösung ist also nicht ein pauschales Sexkaufverbot, sondern eine Fokussierung auf den betreiberlosen und daher bisher unkontrollierten Straßenstrich im Rahmen einer Novellierung des ProstSchG, notfalls durch Einschränkungen oder auch gewisse Verbotsszenarien in diesem konkreten und sehr gefährlichen Setting.
Der Straßenstrich macht insgesamt gesehen nach mehreren voneinander unabhängigen Studien in Deutschland (s. Links weiter unten) aber nur 10 – 13 % des Prostitutionsmarktes aus. Problematische und lokal möglicherweise auch von Kriminalität geprägte Zustände auf dem Straßenstrich rechtfertigen daher nicht ein Sexkaufverbot auch für die übrigen 87 – 90 % des Prostitutionsmarktes in Deutschland.
Wie bereits erwähnt, suggeriert der Antrag der CDU/CSU-Fraktion eine explosive Entwicklung der Prostitution und der mit ihr verbundenen Problemlagen in der allerjüngsten Zeit, so dass nicht mal mehr der Evaluationsbericht in spätestens 16 Monaten abgewartet werden könne und dürfe. Dies setzt einen explosiven Anstieg der Prostitution und mit ihr verbundener Problemlagen in den letzten Monaten voraus, jetzt gerade im Moment, auch und weiter in den nächsten Monaten.
Woher nimmt die CDU/CSU diese Gewissheit, was ist ihre Evidenz?
Es ist aber nicht einmal im Bereich des Möglichen, sondern sogar ganz sicher ausgeschlossen, dass ein solcher Prozess zurzeit im Gange sein könnte. Denn Prostitution lebt von ihren Kunden: ohne Moos nichts los. Wenn die Prostitution explodiert, müsste parallel auch die Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen und damit die Anzahl der Freier explodieren. Aus welchem Grund sollte diese Zahl nach Jahren und Jahrzehnten plötzlich jetzt explodieren? Nach DÖRING et al. (Studie aus dem Deutschen Ärzteblatt 2022) nehmen ca. 4 % der Männer zwischen 18 und 75 Jahren binnen Jahresfrist (Interviewfrage „im letzten Jahr“) sexuelle Dienstleistungen in Anspruch, im Inland, aber auch im Ausland. Und warum sollte gerade jetzt, in diesem Moment, in diesen Monaten, diese Zahl explodieren? Wo sich doch durch Inflation und steigende Energiepreise sowie hohe Nachzahlungen für Energie die finanzielle Lage der Bevölkerung eher verschlechtert hat und damit viele potenzielle Freier weniger freie finanzielle Mittel für sexuelle Aktivitäten zur Verfügung haben. In vielen anderen Bereichen ging seit 2022 der Konsum zurück, weil die Menschen in Deutschland „kürzer treten müssen“ – warum sollten dann ausgerechnet die Ausgaben für Sexdienstleistungen explodieren?
Wovon immer wieder von der Freier-Seite berichtet wird, ist ein Anstieg der von den Sexworkern geforderten Preise für sexuelle Dienstleistungen, aber auch Club-Eintritte usw., nach Corona. Allein das zwingt viele Freier, sexuell kürzer zu treten und die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen zurückzufahren. Auch viele Prostituierte berichten von weniger Freiern und geringeren Umsätzen als vor Corona - auch wenn diese Aussage nicht evidenzbasiert verifizierbar ist, passt sie in das Gesamtbild: verglichen zu "vor Corona" ist der Prostitutionsmarkt in Deutschland rückläufig, hat jedenfalls nicht mehr sein Vor-Corona-Niveau erreicht. Und diese Erkenntnis steht in Einklang mit der wirtschaftlichen Lage in Deutschland und dem Rückgang des frei verfügbaren Einkommens.
Es kann also gar nicht sein, was die CDU/CSU behauptet. Ohne eine Explosion der Nachfrage kann es auch keine Explosion des Prostitutionsangebots und der damit verbundenen Problemlagen geben, und für eine Explosion der Nachfrage fehlen der Markt und die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Ganz im Gegenteil: alle Indikatoren sprechen dafür, dass der Markt zurückgeht. Höheren Preisforderungen von Sexworkern steht weniger frei verfügbares Geld der Freier gegenüber.
Was die CDU/CSU betreibt, ist also eine Spekulation und Fiktion – man könnte auch sagen: Wunschdenken.
Und damit wird auch klar, warum die CDU/CSU das Sexkaufverbot unbedingt jetzt durchbringen will und keinesfalls auf die Evaluation warten kann.
Denn auch, wenn man natürlich noch nicht voraussehen kann, welche Ergebnisse die Evaluation des KFN wirklich liefern wird, ist aber bereits jetzt absolut klar, dass sie allein aus grundsätzlichen Gründen die Behauptungen aus dem Antrag der CDU/CSU nicht bestätigen wird – weder die hohe sechsstellige Anzahl von Frauen und Mädchen als Opfer noch die Behauptung, dass den Prostituierten oft (!) die Ausweispapiere entzogen werden und ihre Tätigkeit in weiten Teilen (!) von Organisierter Kriminalität, Banden- und Clankriminalität beherrscht wird – und das alles noch verbunden mit dem Wort „regelmäßig“.
Wer solche Behauptungen in die Welt setzt wie die CDU/CSU, muss selbstverständlich Angst vor der Evaluation durch das KFN haben und dieser zuvor kommen. Es geht nicht darum, dass hier von mir generell bestritten würde, dass es das gibt, wovon die CDU/CSU schreibt – es geht um das quantitative Ausmaß, von dem die CDU/CSU in ihrem Antrag spricht, die behauptete „Regelmäßigkeit“, die maßlose Übertreibung bei der Beschreibung der Zustände.
Denn entgegen der Behauptung im Antrag der CDU/CSU, dass schon jetzt absehbar ist, „dass der für 2025 in Aussicht gestellte Evaluationsbericht diese Erkenntnisse bestätigen wird“, ist stattdessen gewiss, dass der Evaluationsbericht diese Erkenntnisse eben gerade nicht bestätigen wird und auch nicht bestätigen kann, jedenfalls nicht in dem von der CDU/CSU geschilderten Ausmaß (wie einer hohen sechsstelligen Zahl an Frauen und Mädchen als Opfer) und vor allem auch nicht in der von der CDU/CSU behaupteten Dynamik eines steilen Anstiegs, einer suggerierten explosiven Entwicklung. (Dass es lokale Brennpunkte gibt, die dann auch lokal mit ordnungspolitischen und polizeilichen Mitteln abzuarbeiten und zu lösen sind, wird ja nicht bestritten. Ebenso der Umstand, dass das ProstSchG den Straßenstrich nicht reguliert hat und insoweit nachgebessert werden könnte).
Die CDU/CSU hat offenbar eine panische Angst, dass im Rahmen der Evaluation herauskommt, dass ihre Behauptungen nicht zutreffen, jedenfalls bei weitem nicht in dem quantitativen und qualitativen Umfang, wie sie schon im Positionspapier vom 7.11.2023 und jetzt noch einmal verschärft im Antrag vom 20.2.2024 behauptet werden. Und darum sollen jetzt Strafgesetztatbestände geschaffen werden, die bis zur Vorlage des Evaluationsbericht gesetzesfest implementiert sind und auch nicht mehr zurückgedreht werden können, wenn die Evaluation ergibt, dass die CDU/CSU maßlos übertrieben hat. Gesetz ist dann Gesetz.
Darum muss diese kurze Phase von höchstens 16 Monaten bis zur Vorlage des Evaluationsberichts (er kann ja auch früher kommen – der 1.7.2025 ist ja nur der späteste Termin) von der CDU/CSU genutzt werden, ganz schnell ein SKV durchzubringen, bevor die Argumentationskette der CDU/CSU zusammenbricht oder zumindest in ihrem quantitativen und qualitativen Ausmaß wegweisend relativiert und als übertrieben erkannt wird. Es geht also darum, das Sexkaufverbot durchzubringen, bevor ihm evidenzbasiert die Grundlage entzogen wird.
Eine wirklich üble politische Taktik – vor allem wenn man bedenkt, dass es hier um Strafrecht geht und dass bisher unbescholtene Bürger dem Strafrecht unterworfen werden sollen – vorzugsweise ältere heterosexuelle Männer, denn sie lassen sich am einfachsten als Täter ermitteln (jüngere Männer können private Beziehungen mit der Prostituierten fingieren und für Sexkauf unter schwulen Männern dürfte kaum ein Anfangsverdacht erkennbar sein). Es ist schließlich gesellschaftliches Allgemeinwissen, dass man davon ausgeht, dass Geld oder andere Leistungen fließen, wenn ältere Männer mit jüngeren Frauen Sex haben, und darum wird das Sexkaufverbot in der praktischen Realität seiner Umsetzung (polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen setzen ja einen Anfangsverdacht voraus) auf ältere heterosexuelle Männer als Täter fokussieren. Es ist damit altersdiskriminierend und diskriminiert auch eine bestimmte sexuelle Orientierung – zwar nicht im Gesetzestext selbst, aber in der praktischen Umsetzung.
Darum wird jetzt von der CDU/CSU erheblicher Druck aufgebaut mit kategorischen Sätzen wie: „Die vorgesehene Evaluation kann vor dem Hintergrund der beschriebenen Situation nicht abgewartet werden“. „ist eine Verschiebung weiterer Maßnahmen um mehrere Jahre mit dem Verweis auf eine Evaluation keine Option. Im Sinne der Opfer muss jetzt gehandelt werden.“
Diese Sätze geben sehr gut die Panik vor dem Evaluationsbericht wider, der die CDU/CSU unterliegt.
Im Übrigen ist die Diskrepanz zwischen gemeldeten und tatsächlich tätigen Prostituierten gar nicht so groß, und die Gesamtanzahl der aktiv in Deutschland tätigen Prostituierten lag Ende 2022 bei unter 100.000, vgl. hier:
https://pdfhost.io/v/Q9J3OT4fp_Deutschl ... ll_Europas
Wie dort aufgezeigt wird, ist sowohl die Anzahl der Prostituierten (registriert + unregistriert) wie die Anzahl der der Prostitutionsgewerbe inzwischen weitaus niedriger als 2016 vor Einführung des ProstSchG.
Außerdem ist die Verflechtung der Organisierten Kriminalität mit dem Prostitutionsmilieu in den letzten zwei Jahrzehnten massiv zurückgegangen:
https://www.donacarmen.de/wp-content/up ... re-CDU.pdf
(ab Seite 15)
sowie konkret am Beispiel einer deutschen Großstadt (Frankfurt/Main) hier:
https://www.donacarmen.de/wp-content/up ... rbot-1.pdf
Was die Freier anbelangt, bezieht sich die CDU/CSU wieder auf die „aktuelle Freierstudie“, die sie in ihrem Positionspapier vom 7.11.2023 näher benannt hat: die Farley-Studie aus dem November 2022, eine nach wissenschaftlichen Kriterien unhaltbare „Studie“, die keinesfalls repräsentativ für die deutschen Freier ist, da sie mit ihrer Honorarzahlung auf Freier fokussierte, die selbst in finanziell prekären Verhältnissen lebten und das Honorar für diese Befragung gut gebrauchen konnten. So, wie Farley die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen unzutreffend als „Frauenkauf“ bezeichnet (der Freier kauft sexuelle Dienstleistungen, aber keine Frau – ebenso wie der Privatpatient in der Arztpraxis auch nur ärztliche Dienstleistungen, aber keinen Arzt kauft), müsste man diese Studie dann als „Männerkauf-Studie“ bezeichnen.
Auch die Präsentation der Zitate der Freier ist wissenschaftlich inakzeptabel (3 x transkribiert; es ist nicht erkennbar, welche Zitate welchen Teilnehmern zuzuordnen sind und ob die zum Teil objektiv widerlichen Aussagen von einem einzigen oder einigen wenigen Freiern oder von allen Teilnehmern der „Studie“ getätigt wurden). Viele Teilnehmer hatten einen kriminellen Hintergrund bis hin zu Mord und Totschlag. Eine solche höchstgradig unrepräsentative und in der Präsentation der Daten höchst fehlerhafte „Studie“ kann keinen wissenschaftlichen Anspruch erheben und ist für den politischen Diskurs unbrauchbar, vgl. hier:
https://pdfhost.io/v/i0YMBmONs_Kommenta ... x_bezahlen
Zusammengefasst zeigt sich die CDU/CSU in einem Zustand maximaler Panik vor dem Evaluationsbericht des KFN gemäß § 38 ProstSchG. Es werden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ein Sexkaufverbot vor der Vorlage des Evaluationsberichtes durchzusetzen, weil man ahnt, dass die Evidenzlage für ein pauschales und generelles Sexkaufverbot nach der Vorlage des Evaluationsberichtes nicht mehr reichen wird, da die massiven Übertreibungen der CDU/CSU (u.a. was Zahlen betrifft) dann aufgedeckt würden.
Völlig absurd wird es, wenn die CDU/CSU vorgibt, das Ziel zu verfolgen „Frauen und ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht zu schützen“. Das Sexkaufverbot nimmt den Frauen das sexuelle Selbstbestimmungsrecht, indem es ihnen die Möglichkeit nimmt, in Selbstbestimmung über das Angebot sexueller Dienstleistungen zu entscheiden, einschließlich (und vor allem) des Wie und Wo. Die Frauen, die sich dafür entscheiden, auch unter dem Sexkaufverbot weiterhin sexuelle Dienstleistungen anzubieten, werden nicht geschützt, sondern aus Betriebsstätten, die bisher der Kontrolle und Zertifizierung nach dem ProstSchG unterlagen, in völlig ungeschützte Bereiche, in den Untergrund, ins Darknet abgedrängt, wo es keine Betreiberhaftung und -verantwortlichkeit mehr gibt, wie man sie jetzt im ProstSchG kennt. Frauen, die bisher in einer Prostitutionsstätte („Prostitutionsgewerbe“ gemäß ProstSchG) arbeiten, werden durch ein Sexkaufverbot also nicht geschützt, wie von der CDU/CSU behauptet, sondern im Gegenteil: es wird ihnen der bisherige Schutzstatus (behördliche Überwachung der Betriebe, Betreiberhaftung, Betreiberverantwortung) schlichtweg entzogen und sie werden in eine völlig ungewisse, ungeschützte Zukunft entlassen, z.B. wechselnde dreckige Autobahn- oder Waldparkplätze statt edler Sauna-Clubs mit hervorragender Infrastruktur (u.a. auch für hygienische Belange).
Mit freundlichen Grüßen
Eddy
Die Panik der CDU/CSU-Fraktion vor der Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes
-
Eddy
- engagiert

- Beiträge: 146
- Registriert: 26.03.2011, 00:11
- Ich bin: Keine Angabe
-
Boris Büche
- verifizierte UserIn

- Beiträge: 693
- Registriert: 20.12.2014, 13:53
- Wohnort: Berlin
- Ich bin: Keine Angabe
Re: Die Panik der CDU/CSU-Fraktion vor der Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes
" . . . um ein Sexkaufverbot vor der Vorlage des Evaluationsberichtes durchzusetzen, weil man ahnt, dass die Evidenzlage
für ein pauschales und generelles Sexkaufverbot nach der Vorlage des Evaluationsberichtes nicht mehr reichen wird."
Man AHNT nicht, MAN (bzw. FRAU) weiß!
Denn es gibt schon jetzt eine Evidenzlage, die betrachtet werden könnte, und die ausreichend sein sollte. Daher soll
das Betrachten irgendwelcher Evidenzen ganz unterbleiben, wir haben darin schließlich reichlich Übung!
Danach gilt:
"Diese Regeln dürfen überhaupt nie hinterfragt werden! Das sollten wir einfach so tun.“
(L. Wiehler)
für ein pauschales und generelles Sexkaufverbot nach der Vorlage des Evaluationsberichtes nicht mehr reichen wird."
Man AHNT nicht, MAN (bzw. FRAU) weiß!
Denn es gibt schon jetzt eine Evidenzlage, die betrachtet werden könnte, und die ausreichend sein sollte. Daher soll
das Betrachten irgendwelcher Evidenzen ganz unterbleiben, wir haben darin schließlich reichlich Übung!
Danach gilt:
"Diese Regeln dürfen überhaupt nie hinterfragt werden! Das sollten wir einfach so tun.“
(L. Wiehler)