Sexwork und eigene Kinder ...

So, ihr Lieben! Hier ist er, der Platz für den Austausch von Kochrezepten, von Erziehungstips und Strickmustern.... *kopfschüttel*
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fraences
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Beitrag von fraences »

Hallo Matilda,

es gibt nicht viele SW, die ihren Kinder (im entsprechendem Alter) die Wahrheit über ihren Job erzählen.

Ich habe es auch mit meiner Tochter (jetzt ist sie 17 Jahre alt) und sie weiß auch seit ihrem 10ten Lebensjahr, welchen Beruf ich ausübe.
Bedingt das ich auch in Fernsehsendungen mit offenen Gesicht teilgenommen habe, hielt ich es für sehr wichtig, das sie es von mir, als ihre Mutter, erfährt.

Dies hat auch nie zu großen Problemen geführt und heute im Teenager Alter, geht sie ganz locker damit um (auch ihre Freundeskreis). Jugendliche, so habe ich die Erfahrung gemacht, sind unsere Branche viel offener gegenüber eingestellt, als die Medien und die Politik es immer darstellen.

Liebe Grüsse, Fraences
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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MadameBloom
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Beitrag von MadameBloom »

Ich gehe selbst sehr offen damit um, es gibt in meinem Umfeld, meiner Nachbarschaft und meinem Freundeskreis niemanden der darauf irgendwie unschön reagiert hätte. Auch die Lehrer meiner Kinder wissen was ich mache und ich darf dennoch immer noch die Fotos auf dem Grillfest machen, Freundinnen meiner Tochter bei uns übernachten. Manchmal fehlt einfach der Einblick in diese Arbeit. Vorurteile konnte ich weitestgehend immer ausräumen. Bei uns reiht sich Puff an Puff neben vielen Privathäusern, dem Straßenstrich und dem Laufhaus und dabei ist diese Stadt doch recht klein. Es ist weder ein furchtbares Geheimnis, noch ist es ein offenes Buch in dieser Stadt, Es passiert mir oft, dass ich im Supermarkt Kunden über die Füße falle. Ich wollte nie, das meine Kinder zwar ein komisches Bauchgefühl haben, aber nicht wissen was los ist. Genauso wenig möchte ich erschrocken eine Webseite minimieren die im Titel Sex stehen hat - wie diese hier. Es war mir wichtig damit offen um zu gehen. Und mit viel Aufklärung, sogar bei meinen muslimischen Nachbarn und Vermietern bleibe ich - zur Familie gehörend.

Natürlich hat alles Grenzen und ich achte sehr darauf, dass ich den Kindern nur das vermittele, von dem ich sicher bin, dass sie es greifen und auch verarbeiten können in ihren Köpfchen. Und das geschieht in dem sie mir dazu ihre Signale liefern.

Ich halte das auch deshalb für sehr wichtig, weil diese Menschen diejenigen sein werden, die das Bild der Hure in die nächste Generation tragen werden. Ein hoffentlich klareres Bild als das jetzt Vorherrschende.

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Thorja
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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Thorja »

Das ist für mich eine der letzten großen ungelösten Fragen....
Wie und wann weihe ich meine Kinder in all das ein? Ich hab 3 Jungs... 10, 8 und 6 Jahre alt.
Bisher habe ich mich bemüht, sie zwar nicht anzulügen, es ihnen aber so zu erklären, dass sie es jederzeit weitererzählen können, wenn sie gefragt werden, und zwar so, dass das als eine Art Sozialarbeit oder Pflege lesbar ist.
"Es gibt Menschen, die brauchen meine Unterstützung in einigen Dingen... ich helfe ihnen dabei, Sachen zu erleben, die sie sich so sehr wünschen, und die sie sonst nicht erleben können, das macht sie dann ganz glücklich... ich helfe denen also dabei, dass sie glücklich sein und gut leben können".
Ich muss dazusagen, wir leben am Rande einer niederösterreichischen Kleinstadt, in tiefschwärzester Umgebung. Die Kinder sind gut integriert (Schule, Freunde, Fußballverein, Schachklub, Reiten etc.), nur ich halte mich doch recht heraus.
Vielleicht sind meine Ängste unbegründet. Ich fürchte halt, dass sie gemobbt werden - als "Hurenkinder", dass andere Eltern ihren Kindern den Umgang mit meinen Kindern deswegen verbieten usw. Andererseits denk ich... mein Gott... meine Eltern haben sich auch wegen irgendwelcher Kleinigkeiten in meine Beziehungen einzumischen versucht - war mir auch egal.
Ja... ich weiß einfach nicht, wie ich das für mich/uns lösen werde.
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Protest
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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Protest »

Hallo liebe Thorja , hallo liebe alle !

Ich nehme diese Frage auch gleich mal zum Anlaß mich vorzustellen und auch so weit ich das kann, eine Antwort zu geben . Vor längerer Zeit habe ich schon mal öfter im Forum mitgeschrieben und kenne auch einige Mitstreiterinnen . Auf Grund einiger persönlicher Belastungen brauchte ich eine Auszeit , doch jetzt geht es wieder weiter .....

Liebe Thorja , ich habe die persönliche Erfahrung gemacht , dass es besonders im bigotten Österreich besser ist mit einem Outing vorsichtig zu sein . Jedoch möchte ich Dir auch keine Angst einflößen und bewundere Deinen Mut und Dein Engagement . Ich denke die Umschreibungen wie Du es Deinen Kindern erklärst sind altersgerecht und sehr sensibel . Mehr ist auch nicht notwendig ....

Ich wünsche Dir und allen anderen alles Liebe für 2020

Hoffentlich siegt Toleranz in unsere Gesellschaft . :006

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Zwerg
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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Zwerg »

Auch wenn es von 2014 ist, immer noch gut:

Erschienen auf:


umstandslos.
magazin für feministische elternschaft



von Cornelia

Ein gängiges Bild in unserer Gesellschaft ist, dass Mutterschaft und Sexarbeit nicht zusammengehen. Wie geht es Ihnen damit?
ANNA: “Es gibt ein Klischee, das richtig ist: Das goldene Hurenherz – und ich kümmere mich nicht, was manche Leute denken, was ich tun soll oder kann. Mein Mann und ich sind glücklich. Meine Kinder gesund – was sonst ist wichtig?”
KRISTYNA: “Manche Leute sagen komische Dinge – und wissen immer besser, wie man sich verhalten soll – speziell dann, wenn sie selbst nicht betroffen sind.”

Was stört Sie an den Klischees von Mutterschaft und/oder Sexarbeit?
ANNA: “Dass sie falsch sind.”
KRISTYNA: “Ich kenne die nicht wirklich, weil die meisten Leute viel zu beschäftigt sind, über mich zu reden, statt mich zu fragen. Aber ehrlich: Ich weiß nicht mal, ob ich mit denen reden will.”

Haben Sie im Arbeitsumfeld bzw. von Menschen, die wissen, dass Sie Sexarbeiterin sind, oder von Behördenseite negative Kommentare bezüglich Schwangerschaft/Mutterschaft erhalten?

ANNA: “Mein Partner weiß es – er passt auf die Kinder auf, wenn ich im Studio bin. Er findet keine Arbeit. Bei der Versicherung hat man mich einmal dumm angeredet – besser gesagt: Während meiner Gegenwart über mich als ‘so eine’ gesprochen. Die haben gedacht, dass ich nicht Deutsch kann. Dass ich Deutsch verstehe, zeige ich auch nicht immer, da ich mit diesen Leuten nicht viel sprechen will. Das habe ich durch das österreichische Finanzamt gelernt – oft ist es besser ‘nix verstehen’ zu sagen.”

KRISTYNA: “Mein Mann weiß es und auch meine Schwester. Freundlich ist niemand am Amt zu Prostituierten – da lernt man damit leben.”

Sie möchten anonym bleiben. Wie belastet Sie, dass in ihrem (Eltern-)Alltag – zB dass Kindergarten/Schule – keine_r von Ihrer Tätigkeit als Sexarbeiterin erfahren soll? Verschweigen Sie Ihre Arbeit vor Ihrem Kind?
ANNA: “Natürlich ist das ein Problem – ob Mutter oder nicht. Sexarbeit ist grundsätzlich mit Doppelleben verbunden. Wenn meine Kinder fragen, dann nehme ich eine Ausrede. Noch geht das. Später weiß ich nicht. Vielleicht findet sich doch ein Beruf, wo ich nicht lügen muss. Aber ohne Geld zu sein, ist schlechter als Lügen-Müssen.”

KRISTYNA: “Meine Tochter ist noch zu klein – Ich habe damit kein Problem.”

Welche spezielle Absicherungen erhalten Sexarbeiterinnen, die ein Kind bekommen? Wie war das bei Ihnen?
ANNA: “Eine Beratungsstelle in Salzburg hat mir geholfen, dass ich vorzeitigen Mutterschutz in Anspruch nehmen konnte – Kindebeihilfe gibt es normal.”

KRISTYNA: “Ich habe von der Familie Unterstützung bekommen – und jetzt bekomme ich Kinderbeihilfe.”

Wo sehen Sie konkret einen Unterstützungsbedarf für sich und ihr(e) Kind(er)? Bzw. wo generell für Sexarbeiterinnen, die Mutter werden/sind?
ANNA: “Jede Mutter braucht Hilfe – vielleicht sollte man keine Angst haben müssen. Einer Kollegin ist bei der Scheidung das Kind genommen worden, weil sie Prostituierte war. Das ist nicht gut! Davor hat man Angst.”

KRISTYNA: “MigrantIn – SexarbeiterIn – weiblich – das ist 3-fache schlechtere Stellung. Die Amtstermine in der Schnirchgasse [Anm.: Gesundheitsamt; Sexarbeiter_innen in Wien müssen sich hier wöchentlich untersuchen lassen] sind ein Problem – wenn ich in der Nacht arbeite, so ist es schwer um 8 Uhr früh dort hinzufahren. Wenn ich es nicht schaffe, dann fehlt der Stempel und ich darf eine Woche nicht arbeiten. Das ist jedes Mal eine kleine Katastrophe für uns.”

Waren Sie als Schwangere als Sexarbeiterin tätig? Welche Erfahrungen haben Sie da gemacht?

ANNA: “Ich habe bei der Schwangerschaft mit meinem 2. Sohn als Sexarbeiterin gearbeitet und für mich war es nicht wirklich ein Unterschied. Manche Jobs hatte ich weil ich schwanger war – bis zum 7 Monat habe ich ohne Probleme gearbeitet. Manche Männer wollen einen dicken Bauch. Aber es waren immer zärtliche Männer. Als ich Pause gemacht habe, haben die immer im Studio gefragt, wie es mir geht – einmal auch Blumen für mich hinterlassen. Und Schokolade – auch jetzt fragen die Kunden, die es wissen, oft nach meinen Kindern. Das ist mir nicht unangenehm – ich finde es irgendwie sogar süß.”

KRISTYNA: “Ich habe erst nach der Geburt mit Sexarbeit angefangen.”

Inwiefern glauben Sie, dass Kinder von Sexarbeiterinnen vom gesellschaftlichen Stigma Sexarbeit mitbetroffen sind? Was könnte/sollte dagegen gemacht werden?

ANNA: “Jeder, der jemanden diskriminiert, muss eine Strafe bekommen. Egal, ob wegen Sexarbeit oder weil sie nicht schön ist. Oder aus Jugoslawien kommt. Oder auch Muslima. Es ist immer schlecht – nicht nur für Prostituierte.”
KRISTYNA: “Ich habe darüber noch nicht nachgedacht – Ich will nicht darüber nachdenken.”

Tauschen Sie sich mit anderen Müttern, die Sexarbeiterinnen sind aus?
ANNA: “Wir zeigen uns manchmal Fotos von Kindern – mir tun die Frauen leid, die ihre Kinder nicht da haben. Dann sind oft Tränen die Folge.”

KRISTYNA: “Ich spreche nicht mit Kolleginnen über meine Tochter. Bier ist Bier und Schnaps ist Schnaps.”

https://umstandslos.com/2014/11/14/mutt ... nterviews/

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Thorja
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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Thorja »

Besonders verletzend finde ich persönlich die Ansicht, die man leider immer wieder zu hören bekommt - dass wir Sexarbeiterinnen beinahe per definitionem keine Familien hätten. Dass wir quasi automatisch vereinsamt und isoliert leben würden. Das ist so ein gängiges Klischee, das einfach über uns angenommen wird, ohne eine andere Möglichkeit zu denken. "Die Damen haben ja meist nur uns (Kunden)" durfte ich etwa kürzlich hören. Oder "die wenigsten haben tragfähige Beziehungen" (im Zusammenhang mit partnerschaftlicher Kinderbetreuung) - unhinterfragbar, ohne Rekurs darauf, woher man diese "Expertise" eigentlich nimmt. Damit maßt man sich eine Machtposition den SW gegenüber an, denn keine sozialen Ressourcen zu haben, macht ja schwach, abhängig, verletzlich. In keinem anderen Berufsfeld würde man sich anmaßen, soviel über persönliche Hintergründe der Besprochenen zu wissen, und in keinem anderen Berufsfeld ist das Laien"wissen" so groß wie hier. Wenn man dann drauf hinweist, dass sich das alles aus der eigenen Erfahrung ganz anders darstellt, wird man mit dem Ausnahmeargument ("du/ihr bist/seid ja eine Ausnahme und daher nicht repräsentativ") gesilenced. Sehr mühsam. :(
Manche Kolleginnen, mit denen ich darüber spreche, sagen, die Kunden bräuchten halt manchmal diese Ansicht über uns, um Kunden sein, um zahlen zu können. Zu einer solch distanzierten Haltung diskriminierenden Zuschreibungen gegenüber bin ich noch nicht imstande. Wäre aber oft ganz gut für die Psychohygiene.
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Harsch
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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Harsch »

Liebe Thorja,

ich gebe Dir zu 100% Recht, dass die von Dir angenommene distanzierte Sicht nicht nur für Deine eigene Psychohygiene besser wäre sondern obendrein auch noch fast immer zutreffend sein wird.

Als ehemaliger Kunde im P6 kann ich Dir dies aus erster Hand zumindest aus meiner eigenen historischen, rein subjektiven Perspektive klar bestätigen.

Ich habe erst kapiert wie bescheuert meine alten vorurteilsgeladenen Meinungen und Einschätzungen waren, als ich meine liebe Freundin K., die zu der Zeit im Laufhaus als SDL gearbeitet hat, privat kennenlernen durfte.

Ich habe - seit ich sie privat kennenlernen durfte - noch nie so viel und so intensiv über das Leben, die Liebe und echte Beziehungsfähigkeit (insbesondere auch zu den eigenen Kindern) lernen dürfen wie jetzt wo ich mittlerweile schon ein relativ alter Sack bin. Ich bin für diese sehr wertvolle Horizonterweiterung meines Geistes und meines Lebens meiner Freundin K. sehr, sehr dankbar! :-)

Eine unrealistische, verzerrte und diskriminierende Sichtweise bastelt sich der Geist massgeblich zur eigenen Selbst-Rechtfertigung des eigenen, selbst als "unmoralisch" klassifizierten Verhaltens zusammen, um vor sich selbst rechtfertigen zu können z.B. für "Sex bezahlen zu müssen" oder um "bizarre", "verbotene" Fetische mit der SDL ausleben zu können (oder für das Ausleben sonst irgendeiner "heiklen" Sehnsucht).

Unsere sex-feindliche Gesellschaft mit unserer von der christlichen Religion und den daraus abgeleiteten Geboten geprägten Moral steckt den Menschen in Europa immer noch tief in den Knochen ohne dass sie es überhaupt bewusst merken.

Dies hat bei vielen Menschen zu geistigen Störungen geführt, die dann dazu beitragen, dass sich die Menschen verbiegen und sich selbst gegenüber ihren eigenen sexuellen Wünschen sehr verlogen und doppelmoralisch positionieren. Echte Verklemmung eben!

Um die als unangenehm empfundene Erkenntnis über sich selbst, aufgrund normaler sexueller Sehsüchte den eigenen moralischen Ansprüchen nicht gerecht werden zu können, abzuwehren, wird dann der Kunde versuchen, die von ihm begehrte und auserwählte SDL abzuwerten und als schwach, bedauernswert oder sonstwie negativ diskriminierend hinzustellen.

Dies sagt dann sehr viel über den Kunden aus und nichts über die SDL, die der Kunde meist nicht mal ansatzweise wirklich persönlich kennenlernt. Die SDL wird dann zur reinen Projektionsfläche der Phantasien und der verdrehten Selbstrechtfertigungen des Kunden mit all seinen Schwächen und Verklemmungen und den daraus resultierenden Diskriminierungen der SDL.

Dies zeugt von großer Schwäche und stellt das eigentlich Unmoralische des Verhaltens dieser Art Kunden (Menschen) dar.

Das oben Gesagte ist nur meine persönliche Einschätzung, die auch falsch sein kann. Wir hätten eine bessere Welt, wenn ich mit meiner Einschätzung nicht Recht hätte!

Liebe Grüsse an Alle,

Harald

Die wahre Unmoral liegt hier jedoch in der verlogenen Haltung der Kunden, die aufgrund unserer gesellschaftlichen Normen und fragwürdiger Erziehungsprinzipien in der eigenen Kindheit ihre SDLs herabwürdigen müssen, um Liebe erhoffen und Sex für Geld in Anspruch nehmen (kaufen) zu können.
Nichts passiert aus Zufall. Du schaffst die Realität in der Du lebst und bist dafür voll verantwortlich!

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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Ed Roth »

Thorja hat geschrieben:
14.01.2020, 16:25
Besonders verletzend finde ich persönlich die Ansicht, die man leider immer wieder zu hören bekommt - dass wir Sexarbeiterinnen beinahe per definitionem keine Familien hätten. Dass wir quasi automatisch vereinsamt und isoliert leben würden. Das ist so ein gängiges Klischee, das einfach über uns angenommen wird, ohne eine andere Möglichkeit zu denken. "Die Damen haben ja meist nur uns (Kunden)" durfte ich etwa kürzlich hören. Oder "die wenigsten haben tragfähige Beziehungen"
.......
Manche Kolleginnen, mit denen ich darüber spreche, sagen, die Kunden bräuchten halt manchmal diese Ansicht über uns, um Kunden sein, um zahlen zu können. Zu einer solch distanzierten Haltung diskriminierenden Zuschreibungen gegenüber bin ich noch nicht imstande. Wäre aber oft ganz gut für die Psychohygiene.
Dazu meine ureigene Ansicht, die logisch nachvollziehbar sein sollte:

Eine Frau, die ein ausgeglichenes und erfülltes Leben mit Rückhalt durch Partner und Familie führt, ist als Sexpartner erstrebenswerter als ein entwurzeltes Mädchen, das unter tw unwürdigen Umständen - die ich hier gar nicht näher beschreiben will - ihren Job verrichtet. Ev muss man ein paar Abstriche beim "Service" machen, weil die betreffende halt aus Rücksicht auf den Partner das eine oder anderen nicht machen wird. Seis drum.
Und, sich selbst in der Rolle des unwiderstehlichen weissen Ritters zu sehn, fällt auch weg.

Frage jetzt dazu.... wieviel Frauen, die in Wirklichkeit eben eine solide Beziehung haben, verleugnen dass, um für die Kunden attraktiver zu erscheinen?

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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Thorja »

Das tangiert das Thema "Illusion".
Ich hab ja schon mal andernorts festgestellt, dass ich der Ansicht bin, für die Erzeugung der Illusion ist der Kunde zuständig. Es gibt eine Kollegin, die sagt - ja, wenn ich spüre, er will mich als armes Hascherl sehen, dann braucht er das, um zahlen zu können, und dann bin ich das für ihn auch, mein Auftrag ist es nicht, jeden Kunden von mir und meinen Kompetenzen außerhalb des Hurenbettes zu überzeugen. - Absolut nachvollziehbar. Aber:
Das ist etwas was ich (noch?) nicht zsammbring. Spüre ich solche Haltungen bei meinen Kunden, da geht mir das Gimpfte auf, das sind dann genau die Dates, wo ich dann körperliche Beschwerden hab: Ich bin dann heiser vom 2-3h lang Reden. :))
Vielleicht ist es so: der Kunde hat eine Illusion, die er erleben möchte. Wir bestätigen die Illusion, sofern sie in unserem Angebotsspektrum liegt. Das arme Hascherl liegt eben nicht in meinem individuellen Angebotsspektrum.

Ich habe immer gedacht, dass ich in der Sexarbeit doch einigermaßen erfolgreich bin, weil ich eben ziemlich authentisch bin, keine Rollen spiele, und es deswegen nicht anstrengend ist für mich. Weil ich eben ganz normal als "ich" (jetzt hätt ich schon fast Ronja geschrieben) in jedes Date gehe.

Aber: Genau das macht mich verletzlich, genau das macht es auf andere Art und Weise ja erst recht anstrengend, und das ist auf lange Sicht wahrscheinlich nicht gut für mich. Könnte ich auch so milde lächeln über so manche Zumutungen, könnte ich wohl schon manchmal besser schlafen, anstatt mich zu ärgern. ;))
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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Zwerg »

Ed Roth hat geschrieben:
14.01.2020, 21:03
Frage jetzt dazu.... wieviel Frauen, die in Wirklichkeit eben eine solide Beziehung haben, verleugnen dass, um für die Kunden attraktiver zu erscheinen?
In dem Zusammenhang von verleugnen zu sprechen, halte ich nicht wirklich für angemessen.

Ich denke eher, dass SexarbeiterInnen die Frage nach einer eigenen Beziehung für unpassend/unangenehm empfinden. Dies jedoch aufgrund ihrer Professionalität aber zumeist nicht zum Ausdruck bringen. Ein "Nein, ich habe keinen Partner" verhindert die im Falle eines "ja" möglichen Nebenfragen, die ja dann möglicherweise (viel zu oft) folgen. So wie zum Beispiel:"Weiß Dein Partner?" "Ich würde nicht teilen wollen" oder ähnlich verbale Flatulenz.

Nicht umsonst ist eine der treffenden Beschreibungen einer SexarbeiterIn "die "Geliebte auf Zeit" - und genau um den gebuchten Zeitraum geht es - weder um "was war vorher" oder auch "was ist danach".

Das sich aber daraus Jemand ein Pauschalurteil zurecht strickt "so sind sie" - und das auch noch artikuliert, wie es bisweilen geschieht, ist einfach falsch und diskriminierend. Vor Allem deshalb, weil es als Wertung, ob absichtlich oder nicht, rüberkommt.

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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Archie_deckt »

violet hat geschrieben:
14.01.2020, 21:45

Der Punkt ist aber dass all das - meiner Meinung nach - den Kunden/Freier überhaupt nichts angeht.
Erklärst Du mir das bitte?
Ich sehe in meinem Gegenüber bei einem Date gerne mehr als ein persönlichkeitsloses Sexobjekt. Natürlich kannst Du entscheiden, was Du erzählen willst und was nicht. Aber dem Kunden die Legitimität des Interesses ex ante abzusprechen?

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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Zwerg »

Der Kunde/Die Kundin darf Interesse haben - nur die Frage nach persönlichem Umfeld einer SexarbeiterIn ist in nahezu allen Fällen unpassend. Ich glaube auch nicht, dass eine SexarbeiterIn wirklich daran interessiert ist, ob ihr Kunde bzw. die Kundin in einer Partnerschaft lebt.

Bei Beratungen von angehenden SexarbeiterInnen (kommt bisweilen vor) mache ich dies immer zum Thema. Lass Dein Umfeld zu Hause - und erzähle wenigst möglich von Dir. Natürlich ist dies kein Muss oder gar eine Regel. Es ist nur ein Tipp aus der Summe unserer Erfahrungen.

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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Ed Roth »

Zwerg hat geschrieben:
14.01.2020, 21:48
In dem Zusammenhang von verleugnen zu sprechen, halte ich nicht wirklich für angemessen.
Das war in keiner Weise negativ gemeint, ev schlechte Wortwahl. Verschweigen? Triffts auch nicht. "Sie" kann das ja auf verschiedene Arten machen (sich selbst als solo lebend darstellen) - die direkte Frage des Kunden danach wäre sowieso takt- und geschmacklos.

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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Zwerg »

Ed Roth hat geschrieben:
15.01.2020, 08:10
die direkte Frage des Kunden danach wäre sowieso takt- und geschmacklos.
Ich bin überzeugt, dass nahezu jede SexarbeiterIn dies genauso bereits erlebt hat. Und deshalb muss es auch verständlich sein, dass man da empfindlich reagiert. Diese Abwehrhaltung kann dazu führen, dass man eben keine Auskunft gibt, oder den Kunden/die Kundin mit Standardantworten abfertigt. Diese "gesunde Distanz" zwischen KundInnen und SexarbeiterInnen ist meiner Einschätzung nach, auch eine von vielen vermiedenen Fallstricken mit welchen man sich einen Stalker einfangen kann (und damit meine ich jetzt nicht Dich @Ed Roth).

Deshalb raten wir: Fragen nach Beziehungsstatus, Privatleben, familiären Umfeld als KundIn vermeiden - sowie als SexarbeiterIn nicht zu beantworten.

Ob dies jetzt das Maß aller Dinge ist, weiß ich nicht - jedoch hilft es, gewisse Probleme welche dem Seelengewebe zusetzen, zu vermeiden.

Das jedoch eine SexarbeiterIn bzgl. des pauschalen Urteils über sie, bzgl. ihrer pauschal aberkannten "Qualität als Mutter" artikuliert, ist eine andere Geschichte und auch sinnvoll. Die "Nichtwissenden" erlauben sich zu beurteilen - und die "Wissenden" weisen dies auf das Schärfste zurück. Und wo sonst soll das geschehen, außer auf ihrer (halböffentlichen) Plattform? Deshalb auch die für uns eher ungewöhnliche strenge der Diskussion.

Liebe Grüße

christian

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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Thorja »

Hmmm.... es ist wieder mal schwer bis unmöglich, allgemein gültige Aussagen zu treffen...

Ich mein irgendwo geb ich dem Archie schon darin recht, dass Fragen nach persönlichen Hintergründen echtes, wertschätzendes, positives Interesse an der Person ausdrücken können. Wohlgemerkt: können. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass es als abwertend oder die Person auf ein Sexobjekt reduzierend wahrgenommen werden MÜSSE, würden persönliche Fragen NICHT gestellt. Das kommt immer voll auf Person und Situation an:

Es gibt Kunden, mit denen liegt man nach dem Orgasmus schweigend-schwebend eng umschlungen, und dieses Schweigen fühlt sich schön an. Man weiß, man wird geschätzt, auch wenn oder weil nichts gefragt wird, es passt einfach so.

Mit anderen Kunden hat man das Gefühl, man müsse ums Überleben reden.

Manche Kunden fragen, und es fühlt sich gut an. Mit manchem Kunden hab ich seine und meine Beweggründe, in die Sexarbeit einzusteigen erörtert. Manche dieser Kunden schicken mir Fotos von ihren Familienfeiern, und ich schick denen Fotos von meinen Familienfeiern - und das passt.

Bei manchen Kunden hab ich das Gefühl, es schützt mich, wenn ich initiativ von meiner Seite aus so nebenbei mal meinen Ehemann erwähne - damit er weiß, dass es einen Mann in meinem Leben gibt. Soll er sich ruhig vorstellen, das wäre mein Zuhälter, egal. Aber das hält ihn auf Distanz.

Also ich glaub, manche Infos zu geben, kann schützend wirken, vor allem gegenüber Idioten, die meinen, sie könnten ein armes, isoliertes Hascherl dann sekkieren. Ich will das jetzt absolut nicht verallgemeinern oder gar "empfehlen", es hat sich nur für mich manchmal so angefühlt, dass mir jemand näher kommen wollte, als ich es für gut hielt, und eine Bemerkung über meinen Mann hat dies dann wieder korrigiert - und es war ok, auch längerfristig.

Bei wiederum anderen Kunden spürt man, man sollte lieber nichts erzählen. Man spürt, das ist jemand, der ist auf eine negative, argwöhnische Art und Weise neugierig. So wem erzähl ich nichts. Da ist genau die Nicht-Info der Schutzfaktor.

Es gibt irgendwie alles.

Am schönsten ist es wahrscheinlich, wenn man spürt, dass man ganz normal und selbstverständlich als Person wertgeschätzt wird, ohne dass man das Gefühl haben muss, die Existenz eines Privatlebens durch Erzählungen "beweisen" zu müssen. Die, bei denen man was "beweisen" müsste, sind dann wahrscheinlich eh am ehesten die, die dann sagen, "is eh alles a Gschichtl, was SWs erzählen". Drum kann man sich die Auskünfte da eh sparen. :)
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Re: Sexwork und eigene Kinder ...

Beitrag von Archie_deckt »

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@Zwerg Ja, ist bestimmt ein wichtiger Schutzschild.
@violet Hat sie ihr Posting jetzt zurückgezogen oder gelöscht? Das war nicht meine Absicht!