Wie feministisch ist Abolitionismus?
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Wie feministisch ist Abolitionismus?
Ich betreibe eine Sexworkgruppe auf Facebook.
Es gibt immer wieder Sexarbeiterinnen unter unseren Mitgliedern, die sich in die „Diskussionen“ der Abolitionistinnen einmischen, und berichten darüber, wie sie dann auf den Seiten entweder gleich geblockt werden oder zumindest ihr Kommentar gelöscht wird. Auf jeden Fall werden sie natürlich nicht ernst genommen, wenn sie erklären, ihren Job zu mögen.
Auch einige unserer Unterstützer, ich selber auch, mischen sich immer wieder ein, auch um den Sexarbeiterinnen in solchen „Diskussionen“ den Rücken zu stärken, und machen dann dieselben Erfahrungen.
Ich zum Beispiel wurde bei „Netzwerk Ella“ nach zwei Kommentaren geblockt, bei „Abolition 2014“ auch etwa nach zwei Kommentaren, die durchaus sachlich, nicht emotional offensiv waren.
Man bekommt immer wieder mit, die Abolis wollen gar nicht diskutieren. Sie wollen ihre Ideologie nur bestätigt sehen. Kritische Anmerkungen aus dem Sexworkbereich sind nicht erwünscht. Wobei man dann natürlich als Mann auch der Unterstellung ausgesetzt wird, man sei ein krimineller Zuhälter oder gewalttätiger, vergewaltigender Freier und Kinderschänder. Natürlich. Warum sonst sollte man sich in so einer Diskussion als Mann auf die Seite der Sexarbeiterinnen stellen. Wenn man uns so diskreditiert, muss man sich mit uns nicht inhaltlich auseinandersetzen. Zuhälter und Freier bekämpft man, man diskutiert nicht mit Verbrechern.
Eine Sexworkerin bei uns hat eine regelmäßige Kolumne in der WELT. Nach jeder veröffentlichten Kolumne kommen dann auf der Facebook Seite von welt.de die ganzen Hetz- und Hass-Kommentare. Natürlich mischen wir uns da dann auch ein, um den Abolis nicht das Feld zu überlassen, aber es ist für so eine Sexarbeiterin nicht leicht, diesen ganzen Mist zu lesen.
Ein Unterstützer unserer Gruppe hatte vor kurzem auf einer Aboli Seite die Frage gestellt, ob es eigentlich fair ist, wenn sie immer nur ihre eigene Vorstellung von Feminismus anerkennen, jede andere Form von Feminismus, der die Interessen von Sexworkern einschließt, aber offenbar bekämpfen. Natürlich wurde er anschließend geblockt.
Wie feministisch sind Abolitionistinnen? Ist das wirklich Feminismus, nur eben eine spezielle Form?
Da gibt es die Truppe „Terre des Femmes“. Da haben nun die schweizer Eidgenossinnen entschieden, sich auch für die Rechte von Sexarbeiterinnen einzusetzen. Und nun gibt es dort den Bruch. Weil diesen „Verrat“ kann „Terre des Femmes“ natürlich nicht zulassen.
Ich frage mich immer wieder, wenn es im Feminismus vor allem darum geht, für die Rechte der Frauen zu kämpfen, für die Gleichberechtigung und das Selbstbestimmungsrecht, wie ist das vereinbar mit dem gleichzeitigen Hass gegen Sexarbeiterinnen?
Sie werfen der Sexarbeit vor, es würde kaum freiwillige Prostitution geben. Es handelt sich fast immer um Zwang. Und selbst die Sexarbeiterinnen, die freiwillig in der Sexarbeit tätig sind, sind es nicht wirklich freiwillig, sie werden durch wirtschaftliche Not dazu gezwungen. Dass das natürlich kein Alleinstellungsmerkmal der Sexarbeit ist, ignorieren sie entweder oder sagen, dass man Prostitution nicht mit anderen Tätigkeiten vergleichen kann, da die Frau in anderen Tätigkeiten nicht gezwungen wird, ihren Körper zu verkaufen, sich vergewaltigen zu lassen und als Spermabecken für frauenverachtende Männer dienen muss.
Und es wird natürlich betont, die ganz wenigen Sexarbeiterinnen, die behaupten, sie würden ihren Job lieben, sind entweder selber Täterinnen, also Zuhälterinnen, die andere Frauen für sich anschaffen lassen, sie seien psychisch krank oder Opfer der Gehirnwäsche der patriarchalen Strukturen dieser Gesellschaft, und würden es gar nicht mehr mitbekommen, wie sie sexuell ausgebeutet würden. Ihnen wird die Handlungsfähigkeit und der freie Willen abgesprochen. Von Feministinnen!
Letztlich ist es doch so, dass diese Abolis es grundsätzlich ablehnen, sexuelle Dienstleistungen zu verkaufen. Aus ideologischen und letztlich aus moralischen Gründen.
Ich finde es ja okay, wenn man sich das für sich selber nicht vorstellen kann, doch ich bin der Meinung, niemand hat das Recht, anderen seine Meinung aufzuzwingen, seine Art zu leben.
Was ist mit dem Selbstbestimmungsrecht – dem allgemeinen wie sexuellen - von Sexarbeiterinnen, das Feministinnen eigentlich schützen? Wenn sie den Sexarbeiterinnen vorschreiben wollen, wie sie ihre Sexualität ausleben dürfen. Was ist mit dem Recht auf freie Berufswahl, das Feministinnen ebenso schützen sollten? Wenn sie den Sexarbeiterinnen vorschreiben wollen, welchen Beruf sie ergreifen dürfen.
Ich schreibe diesen Beitrag, weil ich gern wissen wollte, ob ihr Abolitionistinnen trotz ihrer radikalen Ablehnung der Sexarbeit und damit letztlich auch der in ihr tätigen Frauen, trotzdem als Feministinnen bezeichnen würdet? Vielleicht habt ihr ja auch (leidliche) Erfahrungen mit ihnen gemacht.
Nachdem man ja auf deren Seiten geblockt wird, würde ich gern hier vielleicht über das Thema diskutieren. :-)
Ich hoffe, dieses Thema ist hier im richtigen Unterforum gelandet, sonst könnt ihr es natürlich gern verschieben. ;-)
Es gibt immer wieder Sexarbeiterinnen unter unseren Mitgliedern, die sich in die „Diskussionen“ der Abolitionistinnen einmischen, und berichten darüber, wie sie dann auf den Seiten entweder gleich geblockt werden oder zumindest ihr Kommentar gelöscht wird. Auf jeden Fall werden sie natürlich nicht ernst genommen, wenn sie erklären, ihren Job zu mögen.
Auch einige unserer Unterstützer, ich selber auch, mischen sich immer wieder ein, auch um den Sexarbeiterinnen in solchen „Diskussionen“ den Rücken zu stärken, und machen dann dieselben Erfahrungen.
Ich zum Beispiel wurde bei „Netzwerk Ella“ nach zwei Kommentaren geblockt, bei „Abolition 2014“ auch etwa nach zwei Kommentaren, die durchaus sachlich, nicht emotional offensiv waren.
Man bekommt immer wieder mit, die Abolis wollen gar nicht diskutieren. Sie wollen ihre Ideologie nur bestätigt sehen. Kritische Anmerkungen aus dem Sexworkbereich sind nicht erwünscht. Wobei man dann natürlich als Mann auch der Unterstellung ausgesetzt wird, man sei ein krimineller Zuhälter oder gewalttätiger, vergewaltigender Freier und Kinderschänder. Natürlich. Warum sonst sollte man sich in so einer Diskussion als Mann auf die Seite der Sexarbeiterinnen stellen. Wenn man uns so diskreditiert, muss man sich mit uns nicht inhaltlich auseinandersetzen. Zuhälter und Freier bekämpft man, man diskutiert nicht mit Verbrechern.
Eine Sexworkerin bei uns hat eine regelmäßige Kolumne in der WELT. Nach jeder veröffentlichten Kolumne kommen dann auf der Facebook Seite von welt.de die ganzen Hetz- und Hass-Kommentare. Natürlich mischen wir uns da dann auch ein, um den Abolis nicht das Feld zu überlassen, aber es ist für so eine Sexarbeiterin nicht leicht, diesen ganzen Mist zu lesen.
Ein Unterstützer unserer Gruppe hatte vor kurzem auf einer Aboli Seite die Frage gestellt, ob es eigentlich fair ist, wenn sie immer nur ihre eigene Vorstellung von Feminismus anerkennen, jede andere Form von Feminismus, der die Interessen von Sexworkern einschließt, aber offenbar bekämpfen. Natürlich wurde er anschließend geblockt.
Wie feministisch sind Abolitionistinnen? Ist das wirklich Feminismus, nur eben eine spezielle Form?
Da gibt es die Truppe „Terre des Femmes“. Da haben nun die schweizer Eidgenossinnen entschieden, sich auch für die Rechte von Sexarbeiterinnen einzusetzen. Und nun gibt es dort den Bruch. Weil diesen „Verrat“ kann „Terre des Femmes“ natürlich nicht zulassen.
Ich frage mich immer wieder, wenn es im Feminismus vor allem darum geht, für die Rechte der Frauen zu kämpfen, für die Gleichberechtigung und das Selbstbestimmungsrecht, wie ist das vereinbar mit dem gleichzeitigen Hass gegen Sexarbeiterinnen?
Sie werfen der Sexarbeit vor, es würde kaum freiwillige Prostitution geben. Es handelt sich fast immer um Zwang. Und selbst die Sexarbeiterinnen, die freiwillig in der Sexarbeit tätig sind, sind es nicht wirklich freiwillig, sie werden durch wirtschaftliche Not dazu gezwungen. Dass das natürlich kein Alleinstellungsmerkmal der Sexarbeit ist, ignorieren sie entweder oder sagen, dass man Prostitution nicht mit anderen Tätigkeiten vergleichen kann, da die Frau in anderen Tätigkeiten nicht gezwungen wird, ihren Körper zu verkaufen, sich vergewaltigen zu lassen und als Spermabecken für frauenverachtende Männer dienen muss.
Und es wird natürlich betont, die ganz wenigen Sexarbeiterinnen, die behaupten, sie würden ihren Job lieben, sind entweder selber Täterinnen, also Zuhälterinnen, die andere Frauen für sich anschaffen lassen, sie seien psychisch krank oder Opfer der Gehirnwäsche der patriarchalen Strukturen dieser Gesellschaft, und würden es gar nicht mehr mitbekommen, wie sie sexuell ausgebeutet würden. Ihnen wird die Handlungsfähigkeit und der freie Willen abgesprochen. Von Feministinnen!
Letztlich ist es doch so, dass diese Abolis es grundsätzlich ablehnen, sexuelle Dienstleistungen zu verkaufen. Aus ideologischen und letztlich aus moralischen Gründen.
Ich finde es ja okay, wenn man sich das für sich selber nicht vorstellen kann, doch ich bin der Meinung, niemand hat das Recht, anderen seine Meinung aufzuzwingen, seine Art zu leben.
Was ist mit dem Selbstbestimmungsrecht – dem allgemeinen wie sexuellen - von Sexarbeiterinnen, das Feministinnen eigentlich schützen? Wenn sie den Sexarbeiterinnen vorschreiben wollen, wie sie ihre Sexualität ausleben dürfen. Was ist mit dem Recht auf freie Berufswahl, das Feministinnen ebenso schützen sollten? Wenn sie den Sexarbeiterinnen vorschreiben wollen, welchen Beruf sie ergreifen dürfen.
Ich schreibe diesen Beitrag, weil ich gern wissen wollte, ob ihr Abolitionistinnen trotz ihrer radikalen Ablehnung der Sexarbeit und damit letztlich auch der in ihr tätigen Frauen, trotzdem als Feministinnen bezeichnen würdet? Vielleicht habt ihr ja auch (leidliche) Erfahrungen mit ihnen gemacht.
Nachdem man ja auf deren Seiten geblockt wird, würde ich gern hier vielleicht über das Thema diskutieren. :-)
Ich hoffe, dieses Thema ist hier im richtigen Unterforum gelandet, sonst könnt ihr es natürlich gern verschieben. ;-)
Liebe Grüße und bis denne
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
Siehe auch vergleichbare Themen unter diesem Threat.
Nachtrag:
Interview mit Huschke Mau
Ich gebe Kasharius recht, aber leider nicht mit der Annaeherung zwischen Abolis und SW.
Und auch ganz besonderen Dank an unseren Zwerg fuer seinen Beitrag! Stimme dem absolut zu!
Und damit ist das Thema "Abolitionisten und Feministinnen" fuer mich erledigt, denn meine Energie will ich nicht mehr fuer sie verschwenden.
Nachtrag:
Interview mit Huschke Mau
Ich gebe Kasharius recht, aber leider nicht mit der Annaeherung zwischen Abolis und SW.
Und auch ganz besonderen Dank an unseren Zwerg fuer seinen Beitrag! Stimme dem absolut zu!
Und damit ist das Thema "Abolitionisten und Feministinnen" fuer mich erledigt, denn meine Energie will ich nicht mehr fuer sie verschwenden.
Zuletzt geändert von deernhh am 01.09.2018, 18:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
@AndreasR
ich finde Deinen Text hervorragend! Und Du hast wohl Recht: Die Abos wollen gar keinen Diskurs. Sie sind nicht bereit, andere Positionen zu akzeptieren, oder ihre eigene Sicht in Frage zu stellen...Da ähneln sie Anderen...
Und, um der Wahrheit die Ehre zu geben, auch SW´s verschließen sich diesem Diskurs da sie keine Lust mehr haben, sich ständig für das was sie tun, rechtfertigen zu müssen. Es herrscht eine gewisse Eiszeit vor - so jedenfalls meine persönliche Beobachtung.
Dabei sind sich wahrscheinlich beide Seiten einig in ihrer Ablehnung von Zwang und Gewalt in der Sexarbeit!? Da ließen sich Bündnisse schmieden, aber derzeit ist das wohl nicht realistisch.
Kommt Zeit, kommt Rat usw.
Mal sehen was (hier) kommt?
Zum Feminismus möchte ich mich nur so äußern: Nach meinem Verständnis enthält er das Element der Emanzipation und Selbstbestimmung und fordert Toleranz und Gerechtigkeit ein. All dies vermag ich in den Äußerungen und Verlautbarungen der Abos nicht zu erkennen. Das klingt für mich Reaktionär und in Teilen auch Rassistisch.
Kasharius grüßt
ich finde Deinen Text hervorragend! Und Du hast wohl Recht: Die Abos wollen gar keinen Diskurs. Sie sind nicht bereit, andere Positionen zu akzeptieren, oder ihre eigene Sicht in Frage zu stellen...Da ähneln sie Anderen...
Und, um der Wahrheit die Ehre zu geben, auch SW´s verschließen sich diesem Diskurs da sie keine Lust mehr haben, sich ständig für das was sie tun, rechtfertigen zu müssen. Es herrscht eine gewisse Eiszeit vor - so jedenfalls meine persönliche Beobachtung.
Dabei sind sich wahrscheinlich beide Seiten einig in ihrer Ablehnung von Zwang und Gewalt in der Sexarbeit!? Da ließen sich Bündnisse schmieden, aber derzeit ist das wohl nicht realistisch.
Kommt Zeit, kommt Rat usw.
Mal sehen was (hier) kommt?
Zum Feminismus möchte ich mich nur so äußern: Nach meinem Verständnis enthält er das Element der Emanzipation und Selbstbestimmung und fordert Toleranz und Gerechtigkeit ein. All dies vermag ich in den Äußerungen und Verlautbarungen der Abos nicht zu erkennen. Das klingt für mich Reaktionär und in Teilen auch Rassistisch.
Kasharius grüßt
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
Ich selbst habe meine Argumentationslinie reduziert:
Im Großen und Ganzen: Selbstverständlich haben Sie das Recht Sexarbeit abzulehnen - aus welcher Überlegung auch immer - Sie können Sexarbeit auch als grauslich sehen, undenkbar und mit sich selbst nicht vereinbar. Das Recht steht Ihnen zu und ich respektiere das vollkommen. Die einzige Frage, die sich mir dabei stellt ist, ob Sie mit Ihrer Überzeugung auch das Recht haben, Jemand der nicht so denkt wie Sie, Verbote auferlegen zu wollen? Und wenn Sie der Überzeugung sind, dieses Recht in Anspruch nehmen zu können, muss ich auch fragen in wie weit Sie auf dem Gebiet Kompetenz erlangt haben. Wie gesagt: Ich billige Ihnen das Recht zu Sexarbeit zu verabscheuen, aber ich ersuche Sie höflich darüber nachzudenken, ob nicht auch andere das Recht haben es nicht so zu sehen. Es geht nicht um persönliche Empfindungen - es geht auch nicht darum, was man glaubt zu wissen - Es geht um Grundwerte welche sich nicht mit Einschränkungen der Selbstbestimmtheit vereinen lassen. Und diese Selbstbestimmtheit muss für Alle gelten.
Bei meinem Aufgabenbereich sind es weniger die Abolis - die stellen sich mit mir als Mann ohnehin nicht der Diskussion und ich glaube auch nicht, dass die Diskussion diesbezüglich überhaupt was bringen kann. Ganz ehrlich gesagt denke ich sogar, dass manche dieser Diskussionen Denen sogar eine Plattform bietet.
Eine Lösung des Problemes wird es wahrscheinlich in absehbarer Zeit nicht geben. Ich bewundere auch die Leute, welche sich da der Diskussion stellen. Ich hätte die Kraft nicht wirklich dafür.
Liebe Grüße
christian
Im Großen und Ganzen: Selbstverständlich haben Sie das Recht Sexarbeit abzulehnen - aus welcher Überlegung auch immer - Sie können Sexarbeit auch als grauslich sehen, undenkbar und mit sich selbst nicht vereinbar. Das Recht steht Ihnen zu und ich respektiere das vollkommen. Die einzige Frage, die sich mir dabei stellt ist, ob Sie mit Ihrer Überzeugung auch das Recht haben, Jemand der nicht so denkt wie Sie, Verbote auferlegen zu wollen? Und wenn Sie der Überzeugung sind, dieses Recht in Anspruch nehmen zu können, muss ich auch fragen in wie weit Sie auf dem Gebiet Kompetenz erlangt haben. Wie gesagt: Ich billige Ihnen das Recht zu Sexarbeit zu verabscheuen, aber ich ersuche Sie höflich darüber nachzudenken, ob nicht auch andere das Recht haben es nicht so zu sehen. Es geht nicht um persönliche Empfindungen - es geht auch nicht darum, was man glaubt zu wissen - Es geht um Grundwerte welche sich nicht mit Einschränkungen der Selbstbestimmtheit vereinen lassen. Und diese Selbstbestimmtheit muss für Alle gelten.
Bei meinem Aufgabenbereich sind es weniger die Abolis - die stellen sich mit mir als Mann ohnehin nicht der Diskussion und ich glaube auch nicht, dass die Diskussion diesbezüglich überhaupt was bringen kann. Ganz ehrlich gesagt denke ich sogar, dass manche dieser Diskussionen Denen sogar eine Plattform bietet.
Eine Lösung des Problemes wird es wahrscheinlich in absehbarer Zeit nicht geben. Ich bewundere auch die Leute, welche sich da der Diskussion stellen. Ich hätte die Kraft nicht wirklich dafür.
Liebe Grüße
christian
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Re: Kein Feminismus.
Die Diskrepanz zu anderen Positionen im Feminismus ist schon groß - so groß, dass ich denke, man kann ausschließen,
dass Abolitionismus eine feministische Position ist.
Ich habe mir überlegt, wie man die Grundhaltung der Abolis nennen könnte, und bin gekommen auf:
weiblich-affirmativer Sexismus. Dessen Ausgangsvorrausetzungen:
- Männer und Frauen sind verschiedene Wesen, mit verschiedenen Bedürfnissen, verschiedenen Wünschen;
- und zwar SO verschieden, dass es keine Übereinstimmung geben kann - höchstens Annäherung;
- Frauen sind menschlicher, sozialer, na, einfach die besseren Menschen;
- "Men are trash" (im Extremfall) - sehr reparaturbedürftig jedenfalls, so sie doch für die Welt brauchbar sein könnten.
Das ist in ungefähr so feministisch, wie wohlmeinender Rassismus humanistisch ist. Ein Rassist muss ja auch nicht gleich Ausrottung fordern, oder praktizieren - ein Apartheitsystem, dass die "Verschiedenheit" der "Rassen" berücksichtigt, und die Höherentwicklung* der Vertreter auch der "primitiven Rassen" nicht ausschließt, ist mehrheitsfähiger.
(*was "hoch" ist, bestimmen die Vertreter der "überlegenen Rasse" - und genießen, was besseres zu sein)
dass Abolitionismus eine feministische Position ist.
Ich habe mir überlegt, wie man die Grundhaltung der Abolis nennen könnte, und bin gekommen auf:
weiblich-affirmativer Sexismus. Dessen Ausgangsvorrausetzungen:
- Männer und Frauen sind verschiedene Wesen, mit verschiedenen Bedürfnissen, verschiedenen Wünschen;
- und zwar SO verschieden, dass es keine Übereinstimmung geben kann - höchstens Annäherung;
- Frauen sind menschlicher, sozialer, na, einfach die besseren Menschen;
- "Men are trash" (im Extremfall) - sehr reparaturbedürftig jedenfalls, so sie doch für die Welt brauchbar sein könnten.
Das ist in ungefähr so feministisch, wie wohlmeinender Rassismus humanistisch ist. Ein Rassist muss ja auch nicht gleich Ausrottung fordern, oder praktizieren - ein Apartheitsystem, dass die "Verschiedenheit" der "Rassen" berücksichtigt, und die Höherentwicklung* der Vertreter auch der "primitiven Rassen" nicht ausschließt, ist mehrheitsfähiger.
(*was "hoch" ist, bestimmen die Vertreter der "überlegenen Rasse" - und genießen, was besseres zu sein)
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
@Kasharius:
"Dabei sind sich wahrscheinlich beide Seiten einig in ihrer Ablehnung von Zwang und Gewalt in der Sexarbeit!? "
NEIN!
Es mag so scheinen, aber:
- für Abolis ist Sexarbeit = Zwang und Gewalt, daher kann es in ihr keine Unterscheidung von Gewalt/Nicht-Gewalt geben;
- ihre Argumentation gegen Prostitution baut auf Gewalt (sie imaginieren bekanntlich überwiegend Zuhälterei und Ausbeutung);
- drum sind sie glücklich, wenn die Wirklichkeit ihrer Einbildung mal nahekommt.
Während wir uns Sexarbeit so fair und gewaltfrei wie möglich wünschen.
Bündnisse kann es da nicht geben.
"Dabei sind sich wahrscheinlich beide Seiten einig in ihrer Ablehnung von Zwang und Gewalt in der Sexarbeit!? "
NEIN!
Es mag so scheinen, aber:
- für Abolis ist Sexarbeit = Zwang und Gewalt, daher kann es in ihr keine Unterscheidung von Gewalt/Nicht-Gewalt geben;
- ihre Argumentation gegen Prostitution baut auf Gewalt (sie imaginieren bekanntlich überwiegend Zuhälterei und Ausbeutung);
- drum sind sie glücklich, wenn die Wirklichkeit ihrer Einbildung mal nahekommt.
Während wir uns Sexarbeit so fair und gewaltfrei wie möglich wünschen.
Bündnisse kann es da nicht geben.
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
@Boris
schön wieder von Dir zu lesen und ja, so gesehen hast Du Recht. Mir ging es aber darum deutlich zu machen, daß eben auch die Pro-Sexarbeit-Bewegung gegen Zwang und Ausbeutung ist. Eben das wird in der (medialen) Wahrnehmung aber ausgeblendet. Es verkürzt sich der Diskurs auf die Frage der Freiwilligkeit der ausgeübten Tätigkeit. Nach meiner Ansicht greift das zu kurz. Es geht nicht darum, die Legitimität der Sexarbeit allein danach zu BEWERTEN, ob sie freiwillig ausgeübt wird. Es geht darum, #Entscheidungen der Betroffenen, auch wenn diese aus vorrangig ökonomischen Motiven getroffen wurden, zu akzeptieren und mit Rechten zu flankieren. Stattdessen übt der Staat Zwang aus und will gleichzeitig die Erträge dieser Arbeit versteuern. Das ist feudal und antidemokratisch und hat mit aufgeklärtem Feminismus nichts zu tun. Das ist meine persönliche Meinung zu den Dingen.
Kasharius grüßt
schön wieder von Dir zu lesen und ja, so gesehen hast Du Recht. Mir ging es aber darum deutlich zu machen, daß eben auch die Pro-Sexarbeit-Bewegung gegen Zwang und Ausbeutung ist. Eben das wird in der (medialen) Wahrnehmung aber ausgeblendet. Es verkürzt sich der Diskurs auf die Frage der Freiwilligkeit der ausgeübten Tätigkeit. Nach meiner Ansicht greift das zu kurz. Es geht nicht darum, die Legitimität der Sexarbeit allein danach zu BEWERTEN, ob sie freiwillig ausgeübt wird. Es geht darum, #Entscheidungen der Betroffenen, auch wenn diese aus vorrangig ökonomischen Motiven getroffen wurden, zu akzeptieren und mit Rechten zu flankieren. Stattdessen übt der Staat Zwang aus und will gleichzeitig die Erträge dieser Arbeit versteuern. Das ist feudal und antidemokratisch und hat mit aufgeklärtem Feminismus nichts zu tun. Das ist meine persönliche Meinung zu den Dingen.
Kasharius grüßt
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
Prostituierte trifft Femen-Aktivistin
1LIFE Ausgepackt - Folge 12: Prostitution
vom 21.11.2018
Dauer: ca. 18 Minuten
Soll ich das vielleicht auch im Thread "Videos" reinposten, oder lieber nicht?
LG deernhh
1LIFE Ausgepackt - Folge 12: Prostitution
vom 21.11.2018
Dauer: ca. 18 Minuten
Soll ich das vielleicht auch im Thread "Videos" reinposten, oder lieber nicht?
LG deernhh
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
Klar mache ich Sexarbeit aus einer Notlage. In jedem anderen Job muss ich viel mehr Arbeiten, jeden Tag um 7h Aufstehen und 9-17h in der Firma/Büro sein und darf keine Arbeiten ablehnen und das für weniger Geld. ich bin also quasi genötigt, als Sexarbeiterin tätig zu sein. (Oh ja, was für ein süßer Zwang...lol)
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
Ich will es mal so sagen:
Alle Arten von Berufssparten hat seine Vor- und Nachteile.
Der Firmen- oder Buerojob hat gewisse Vorteile, wie z.B. regelmaessiges, sicheres Einkommen, kranken- und sozialversichert, Steuern sind schon abgezogen, weniger "Schiefguck" bei Familien und Freunden etc., mehr Rechte usw.
In der Sexarbeit ist es so, dass wir SW erst mal eine Registrierung durchlaufen muessen, einen Hurenpass haben muessen (in Oesterreich auch noch alle 6 Wochen unwuerdige aerztliche Untersuchungen), wir SW unsere Arbeitsplaetze /Zimmer und Werbung, Arbeitsmaterialien selber zahlen muessen, wir harte und grosse Konkurrenz haben, aber dennoch bei Arbeitszeiten, Service und Arbeitsorten total selbststaendig und unabhaengig sind und wir SW unsere eigenen Chefs sind. Ausserdem koennen wir die Hoehe der Bezahlung (Geld) unserer Dienstleistungen selbst bestimmen. Die Bueroleute muessen um Gehaltserhoehung kaempfen. Ggg.
Leider muessen wir oft um unsere selbstverstaendlichen Rechte kaempfen und "Schiefguck" von Familien und Freunden hinnehmen. Oft sind SW leider auch "einsam". Und wenn eine SW mal krank ist und nicht arbeiten kann, muss eine SW dann finanzielle Einbussen erleiden.
Diese Schwierigkeiten trotzdem super meistern zu koennen, erfuellt SW mit Stolz mit dem Denke, erst recht gerne eine SW zu sein.
Es aergert mich nur, dass man meint, Sexarbeit sei schmutzig und "doch kein richtiger Job" usw. dann schneidet man SW in der freien Berufswahl ein. Man sollte es ohne Wenn und Aber akzeptieren, wenn man sich fuer Sexarbeit entschieden hat. Wenn jemand sich gegen Sexarbeit ausspricht, dann nennt er/sie Gruende gegen Sexarbeit, die sowieso nur ganz gross "Bla bla blaaaaa" sind.
Ausserdem sind alle Menschen von der Moral her fast gleich. Ggg.
LG deernhh
Alle Arten von Berufssparten hat seine Vor- und Nachteile.
Der Firmen- oder Buerojob hat gewisse Vorteile, wie z.B. regelmaessiges, sicheres Einkommen, kranken- und sozialversichert, Steuern sind schon abgezogen, weniger "Schiefguck" bei Familien und Freunden etc., mehr Rechte usw.
In der Sexarbeit ist es so, dass wir SW erst mal eine Registrierung durchlaufen muessen, einen Hurenpass haben muessen (in Oesterreich auch noch alle 6 Wochen unwuerdige aerztliche Untersuchungen), wir SW unsere Arbeitsplaetze /Zimmer und Werbung, Arbeitsmaterialien selber zahlen muessen, wir harte und grosse Konkurrenz haben, aber dennoch bei Arbeitszeiten, Service und Arbeitsorten total selbststaendig und unabhaengig sind und wir SW unsere eigenen Chefs sind. Ausserdem koennen wir die Hoehe der Bezahlung (Geld) unserer Dienstleistungen selbst bestimmen. Die Bueroleute muessen um Gehaltserhoehung kaempfen. Ggg.
Leider muessen wir oft um unsere selbstverstaendlichen Rechte kaempfen und "Schiefguck" von Familien und Freunden hinnehmen. Oft sind SW leider auch "einsam". Und wenn eine SW mal krank ist und nicht arbeiten kann, muss eine SW dann finanzielle Einbussen erleiden.
Diese Schwierigkeiten trotzdem super meistern zu koennen, erfuellt SW mit Stolz mit dem Denke, erst recht gerne eine SW zu sein.
Es aergert mich nur, dass man meint, Sexarbeit sei schmutzig und "doch kein richtiger Job" usw. dann schneidet man SW in der freien Berufswahl ein. Man sollte es ohne Wenn und Aber akzeptieren, wenn man sich fuer Sexarbeit entschieden hat. Wenn jemand sich gegen Sexarbeit ausspricht, dann nennt er/sie Gruende gegen Sexarbeit, die sowieso nur ganz gross "Bla bla blaaaaa" sind.
Ausserdem sind alle Menschen von der Moral her fast gleich. Ggg.
LG deernhh
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- Admina
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
Ich kenne deine Argumentationslinie und ich finde sie kurz, absolut verständlich, wasserdicht, nichtoffensiv, einfach perfekt, und sie macht aus meiner Sicht einen Punkt. Mich würde interessieren, wie du damit bei Abolis und anderen SexworkkriterInnen ankommst. WAS kann man darauf noch kritisch entgegnen? Das kann man doch nur einsichtig zur Kenntnis nehmen, oder? Nachdem wir ja wissen, dass es bei moral politics nie wirklich um die Lösung der herbeikonstruierten Probleme (zB: "alle arbeiten unter Zwang") geht, sondern immer nur um die Durchsetzung der eigenen ideologischen Position, müsste man denen doch genau mit dieser Argumentation das Wasser abgraben können. Denn wenn man vorgeblich gegen Zwang ist und man dann so eindrucksvoll darauf hingewiesen wird, dass man selber gerade dabei ist, Zwang auszuüben - was bleibt da noch, außer zu sagen: "Ja, ok, stimmt, du hast recht, ich hab mich da in etwas verrannt"? Hast du schon mal erlebt, dass jemand einlenkt?Zwerg hat geschrieben: ↑01.09.2018, 15:07Ich selbst habe meine Argumentationslinie reduziert:
Im Großen und Ganzen: Selbstverständlich haben Sie das Recht Sexarbeit abzulehnen - aus welcher Überlegung auch immer - Sie können Sexarbeit auch als grauslich sehen, undenkbar und mit sich selbst nicht vereinbar. Das Recht steht Ihnen zu und ich respektiere das vollkommen. Die einzige Frage, die sich mir dabei stellt ist, ob Sie mit Ihrer Überzeugung auch das Recht haben, Jemand der nicht so denkt wie Sie, Verbote auferlegen zu wollen? Und wenn Sie der Überzeugung sind, dieses Recht in Anspruch nehmen zu können, muss ich auch fragen in wie weit Sie auf dem Gebiet Kompetenz erlangt haben. Wie gesagt: Ich billige Ihnen das Recht zu Sexarbeit zu verabscheuen, aber ich ersuche Sie höflich darüber nachzudenken, ob nicht auch andere das Recht haben es nicht so zu sehen. Es geht nicht um persönliche Empfindungen - es geht auch nicht darum, was man glaubt zu wissen - Es geht um Grundwerte welche sich nicht mit Einschränkungen der Selbstbestimmtheit vereinen lassen. Und diese Selbstbestimmtheit muss für Alle gelten.
Und zum Blocken von Kontakten kann ich auch bestätigen: Ich bin auf Twitter oder Facebook manchmal ganz erstaunt, dass ich von Personen geblockt bin, mit denen ich noch nie was zu tun hatte. Sind SexworkkritikerInnen, die mich irgendwo mitgekriegt und gleich prophylaktisch geblockt haben... tja, muss ich wohl damit leben. ;)
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
Na ja... bei einer ruhigen Argumentation kann es schon sein, dass GegnerInnen die Fassung verlieren und ausfällig werden.
Erst vor Kurzem bei einem halbgeheimen Treffen von Terre de Femmes in Wien hat eine sehr angesehene (und sonst auch von mir geschätzte) Gegnerin eine UserIn von sexworker.at lautstark "als Hure aus dem Ministerium" bezeichnet.... Aus den "Rauchergesprächen" danach habe ich vielfach gehört, dass dies einige Verstörung bei diversen MitdiskutantInnen hervorgerufen hat. Die Geschichte hat (nicht für uns) gewaltigen negativen Eindruck hinterlassen. Als Feministin offen und agressiv Frauen anzubrüllen, kommt nicht gut.
Oder aber vor 2 Jahren im Frauenministerium in Anwesenheit der damaligen Ministerin Gabriele Heinisch-Hossek. Da sprach auf einmal (bei einer sonst sehr gesitteten Diskussion) eine Vertreterin der Intitiative StoppSexkauf laut von "F....n bis zum Umfallen". Auch hier hat sich die schlichte ruhige Argumentation als Auslöser für derartige Ausbrüche erwiesen. Die damalige Veranstaltung war von StopSexkauf als Wendepunkt in der Prostitutionspolitik gedacht. Das ist sich nicht wirklich ausgegangen :-) Da gilt besonders einer langjährigen UserIn von sexworker.at unser Dank.
Wenn ich selbst derart argumentiere, kommt zumeist "Mann, eh klar" - auf der anderen Seite haben wir hier doch über Jahre hinweg einen Ruf aufgebaut, der es nicht einfach macht "uns wegzuwischen". Unser Vorteil ist sicher, dass wir in Bezug auf BetreiberInnen distanziert freundlich sind - uns also manchen Vorwurf, den man uns gerne umhängen würde, ersparen.
Ich selbst habe noch einen Vorteil, der sich in meinem Leben immer wieder als gut erwiesen hat (zum Beispiel, wie ich nocht aktiv Schach gespielt habe) - man unterschätzt mich. Irgendwie passt die Gestalt, meine Visage und meine Rede bzw. Aussage (Handlung) nicht zusammen.
Mir ist aber eines klar: Es wäre besser, wenn eine SexarbeiterIn auch, oder gerade für sexworker.at sprechen würde - das haben wir in den Anfangsjahren versucht bzw. auch umgesetzt. Leider war die Betreffende dann bald Ziel von diversen staatlichen Repressalien, der unfeinen Natur.
Bzgl. Facebook sehe ich dies als reine Informationsblase an - ich selbst fühle mich nicht sehr wohl dort - auch hier sollten wir vielleicht mehr Aktivitäten setzen - ebenso bei anderen sozialen Medien. Dazu fehlt mir aber der Plan bzw. auch der Wille sich da wirklich einzubringen. Die Dinger sind mir zu schnell (So wie ein Chat - den ich tunlichst meide).
Liebe Grüße
christian
Erst vor Kurzem bei einem halbgeheimen Treffen von Terre de Femmes in Wien hat eine sehr angesehene (und sonst auch von mir geschätzte) Gegnerin eine UserIn von sexworker.at lautstark "als Hure aus dem Ministerium" bezeichnet.... Aus den "Rauchergesprächen" danach habe ich vielfach gehört, dass dies einige Verstörung bei diversen MitdiskutantInnen hervorgerufen hat. Die Geschichte hat (nicht für uns) gewaltigen negativen Eindruck hinterlassen. Als Feministin offen und agressiv Frauen anzubrüllen, kommt nicht gut.
Oder aber vor 2 Jahren im Frauenministerium in Anwesenheit der damaligen Ministerin Gabriele Heinisch-Hossek. Da sprach auf einmal (bei einer sonst sehr gesitteten Diskussion) eine Vertreterin der Intitiative StoppSexkauf laut von "F....n bis zum Umfallen". Auch hier hat sich die schlichte ruhige Argumentation als Auslöser für derartige Ausbrüche erwiesen. Die damalige Veranstaltung war von StopSexkauf als Wendepunkt in der Prostitutionspolitik gedacht. Das ist sich nicht wirklich ausgegangen :-) Da gilt besonders einer langjährigen UserIn von sexworker.at unser Dank.
Wenn ich selbst derart argumentiere, kommt zumeist "Mann, eh klar" - auf der anderen Seite haben wir hier doch über Jahre hinweg einen Ruf aufgebaut, der es nicht einfach macht "uns wegzuwischen". Unser Vorteil ist sicher, dass wir in Bezug auf BetreiberInnen distanziert freundlich sind - uns also manchen Vorwurf, den man uns gerne umhängen würde, ersparen.
Ich selbst habe noch einen Vorteil, der sich in meinem Leben immer wieder als gut erwiesen hat (zum Beispiel, wie ich nocht aktiv Schach gespielt habe) - man unterschätzt mich. Irgendwie passt die Gestalt, meine Visage und meine Rede bzw. Aussage (Handlung) nicht zusammen.
Mir ist aber eines klar: Es wäre besser, wenn eine SexarbeiterIn auch, oder gerade für sexworker.at sprechen würde - das haben wir in den Anfangsjahren versucht bzw. auch umgesetzt. Leider war die Betreffende dann bald Ziel von diversen staatlichen Repressalien, der unfeinen Natur.
Bzgl. Facebook sehe ich dies als reine Informationsblase an - ich selbst fühle mich nicht sehr wohl dort - auch hier sollten wir vielleicht mehr Aktivitäten setzen - ebenso bei anderen sozialen Medien. Dazu fehlt mir aber der Plan bzw. auch der Wille sich da wirklich einzubringen. Die Dinger sind mir zu schnell (So wie ein Chat - den ich tunlichst meide).
Liebe Grüße
christian
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
"bei einer ruhigen Argumentation kann es schon sein, dass GegnerInnen die Fassung verlieren und ausfällig werden"
Ja. Es SOLL keine ruhige Argumentation geben bei einem Thema, das so aufregend sein kann . . . wo bliebe da der thrill der Entrüstung, das wäre ja fast schon langweilig . . .
Fazit: Unvorhersehbar, unvermeidbar.
Auf intellektuelle Lauterkeit, wie sie Thorja im Beispiel schildert, kann man hoffen - meist vergebens.
Ja. Es SOLL keine ruhige Argumentation geben bei einem Thema, das so aufregend sein kann . . . wo bliebe da der thrill der Entrüstung, das wäre ja fast schon langweilig . . .
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
Die Frage ist wahrscheinlich, mit wem man diskutiert. Ich sehe es nicht für mich als Aufgabe an, mit AbolitionistInnen zu diskutieren oder sie sogar zu bekehren. Meine Aufgabe ist, Menschen, Medien und Politik zu überzeugen - unsere Sache vorzutragen. Ich weiß auch nicht, ob das der richtige Weg ist, aber meiner Einschätzung nach der einzige Weg um etwas zu erreichen, ohne sich dabei aufzureiben.Boris Büche hat geschrieben: ↑02.01.2020, 10:06Auf intellektuelle Lauterkeit, wie sie Thorja im Beispiel schildert, kann man hoffen - meist vergebens.
Ich selbst halte mich von Facebookdiskussionen so weit wie möglich fern. Bin aber bemüht, bei jeder öffentlichen Veranstaltung zum Thema dabei zu sein, oder die Person die von uns dabei ist, zu unterstützen.
Ich breche es jetzt auf das Essenzielle herunter: Sage Jemand der sich sinnbefreit äußert, dass er nicht recht hat. Die Folge ist, dass man die falsche Argumentation zum Thema macht, schlimmer sogar, im Widerspruch den Unfakt wiederholt. Was nicht geschehen wird ist, dass der/diejenige sich einsichtig zeigt.
Ein lapidares "wenn sie das so sehen und sie überzeugt sind, genügend Erfahrung auf dem Gebiet zu haben, dass sie sich ein Urteil erlauben - ja sogar Forderungen aufstellen können, so ist das in Ordnung" - wir sehen es - und wir sind anerkannte Experten zum Thema - anders" nimmt die zumeist ebenso vorhandene nicht emotionale Zuhörerschaft, welche Fakten hören will, zumindest in Anspruch.
Wie schon gesagt: Ich bin aber nicht der Weisheit letzter Schluss (sonst hätten wir schon mehr erreicht). Wenn der Eindruck entstanden sein sollte, dass wir zu gemäßigt wären, so ist das nicht so. Gerade bei Podiumsdiskussionen komme ich nicht wirklich "zärtlich" rüber, aber freundlich und sachlich genug, um wieder eingeladen zu werden. Auch im Bezug auf Forendiskussioen reicht ein Blick ins HardRockCafe viewforum.php?f=64, um zu zeigen, dass wir unsere Linie verteidigen.
Liebe Grüße
christian
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
Einer der größten Erfolge unserer politischen Arbeit ist darauf zurückzuführen.
Es gibt in AT eine starke Gruppe Frauen, welche sich für Menschen- bzw. Frauenrecht einsetzt. Die 20 000 Frauen, wie sie sich selbst nennen sind sowohl gesellschaftlich, als auch politisch höchst aktiv.
Es gab vor Jahren eine Einladung in den Räumen der Bewegung zu sprechen. Zum ersten Mal hatte ich während meiner Tätigkeit ein ängstliches Gefühl etwas falsch machen zu können. Nicht rüber zu kommen. Unsere Sache nicht würdig zu vertreten.
Der Tag lief dann so ab. Eine Userin von sexworker.at welche früher bei einer anerkannten und geschätzten NGO gearbeitet hat, war am Vormittag in der "Frauenhetz" mit einem Vortrag über die rechtliche Situation von SexarbeiterInnen zu Gast. Wir (unsere Rose und meine Zwerghaftigkeit) kamen am frühen Nachmittag hinzu. Rose begann einen von ihr verfassten Brief zu verlesen, der mit folgenden Worten begann:"Mein Name ist Rose und ich bin registrierte Kontrollprostituierte" - in ihrem Schreiben wies sie darauf hin, dass sie weder kriminell sei, noch so behandelt werden möchte.
In der Versammlung war ab diesem Zeitpunkt absolute Aufmerksamkeit garantiert.
Rose stellte mich als Sprecher des Forums vor und übergab das Wort an mich, um über unsere Arbeit - unsere Expertise und auch über die daraus resultierenden Forderungen zu sprechen. Ich bin weitgehend ruhig und sachlich geblieben.
Ich will nicht sagen, dass wir dort jemand umgedreht hätten - wäre auch nicht möglich gewesen. Aber wir konnten kritische Geister dazu bewegen, sich unsere Position anzuhören und zu hinterfragen.
Der gemeinsame (nachhaltige) Nenner an diesem Tag war: Wir wollen in einer Welt leben, wo sich niemand in irgendeiner Form prostituieren MUSS - wir wollen gemeinsam kämpfen, dass niemand ausgebeutet werden kann. Und wir wollen die Frauen stärken, welche selbstbestimmt ihr Leben gestalten.
Mehr braucht es nicht.
Liebe Grüße
christian
@Boris
Bitte verstehe meine Worte keines Falls als Kritik an Deiner Vorgehensweise - wahrscheinlich bedarf es Beides um etwas zu erreichen.
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
Der Ton macht die Musik.
Wir Sexworker*innen sind so groß, ruhig, sachlich und diskret, dass andere umso lauter schreien wie ein plärrendes aufmerksamkeitsheischendes, intolerantes Kind.
Liebe Grüße, deernhh
Wir Sexworker*innen sind so groß, ruhig, sachlich und diskret, dass andere umso lauter schreien wie ein plärrendes aufmerksamkeitsheischendes, intolerantes Kind.
Liebe Grüße, deernhh
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
@Zwerg:
Konstruktives und erfolgreiches Wirken wie von euch in dem Beispiel ist erste Sahne! Je "gemäßigter", desto besser.
Falls es so verstanden wurde, dass ich zur Aufregung aufrufe - nein! @deernhh hat auf den Punkt gebracht, welcher Kontrast "uns" gut aussehen lässt.
(Ich meinte die Gegner*innenseite mit "es soll keine ruhige Argumentation geben")
Konstruktives und erfolgreiches Wirken wie von euch in dem Beispiel ist erste Sahne! Je "gemäßigter", desto besser.
Falls es so verstanden wurde, dass ich zur Aufregung aufrufe - nein! @deernhh hat auf den Punkt gebracht, welcher Kontrast "uns" gut aussehen lässt.
(Ich meinte die Gegner*innenseite mit "es soll keine ruhige Argumentation geben")
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Re: Wie feministisch ist Abolitionismus?
@Boris Büche
Danke.
Mit den "anderen" meinte ich die Sexarbeitsgegner*innenseite.
Ansonsten bringst es auch Du sowie Zwerg und alle anderen sexworker.at-User*innen auf den "Knack"-Punkt.
Danke schön.
Liebe Grüße von mir
Danke.
Mit den "anderen" meinte ich die Sexarbeitsgegner*innenseite.
Ansonsten bringst es auch Du sowie Zwerg und alle anderen sexworker.at-User*innen auf den "Knack"-Punkt.
Danke schön.
Liebe Grüße von mir