Das neue Prostitutionsgesetz: Schützt es oder macht es Angst?
Von Uschi Müller
Panoramabild frautv
Morgen, 9. Juli 2015, 22.00 - 22.30 Uhr
Oft sind es ökonomische Zwänge, die einen Menschen dazu veranlassen, in der Prostitution zu arbeiten. Das steht aber nicht der Tatsache entgegen, dass Sexarbeit eine frei gewählte Tätigkeit im sexuellen Dienstleistungsbereich ist. Oft bewegens ich die öffentlichen Darstellungen von Prostitution zwischen Voyeurismus und Tabuisierung, Skandalisierung und Bagatellisierung. Dabei werden Mythen und Vorurteile geschürt. Natürlich ist Prostitution auch mit Themen wie Migration, Sucht oder AIDS verknüpft. aber dieser Zusammenhang besteht nicht zwangsläufig.
10% aller Prostituierten sind in der Straßenprostitution tätig
Prostitutionsschutzgesetz
Das geplante Gesetz zum Schutz der Prostituierten (ProstSchutzG) sieht eine persönliche Anmeldepflicht für alle Prostituierten vor. Die Ausgestaltung soll nach den Vereinbarungen der Koalitionsfraktionen zum Prostituiertenschutzgesetz vom 03.02.2015 wie folgt geschehen (Auszug):
Voraussetzung für die Aushändigung der Anmeldebestätigung ist die Vorlage des Nachweises über eine medizinische Beratung beim öffentlichen Gesundheitsdienst.
Die Anmeldung muss alle zwei Jahre erneuert werden. Der Nachweis über die Anmeldung muss bei behördlichen Kontrollen vorgelegt werden.
Der Nachweis über die unter 1. genannte medizinische Beratung muss alle 12 Monate vorgelegt werden, sonst erlischt die Anmeldung.
Die Bordellbetreiber werden verpflichtet, den Nachweis über die gesundheitliche Beratung der bei ihnen tätigen Prostituierten analog zur Anmeldung vorzuhalten.
Mädchen mit Blonder Perücke geht vom Waldweg Richtung Landstraße. Am linken Rand steht ein Wagen
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Sie ist 28 Jahre, kommt aus Bulgarien, ist ausgebildete Schneiderin und ernährt über den Job auf der Straße ihre Eltern und zwei Kinder in der Heimat
Gesundheitsämter zum Prostitutionsschutzgesetz
Der Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) bezweifelt die die Sinnhaftigkeit einer Wiedereinführung der Pflichtuntersuchung für Prostituierte unter gesundheitspolitischen Aspekten. Dazu haben die verantwortlichen Mitarbeiter der Gesundheitsämter eine Analyse durchgeführt und folgende Punkte zusammengestellt. Auszug aus Stellungnahme der ÖGD:
Eine Untersuchungspflicht für Prostituierte ist keine geeignete Maßnahme zur Eindämmung der Ausbreitung von sexuell übertragbaren Krankheiten
Eine Untersuchungspflicht ist nicht notwendig, um die Verbreitung von sexuell übertragbare Krankheiten zu verhindern!
Eine Untersuchungspflicht ist auch nicht angemessen, d.h. sie schadet mehr als dass sie nützt!
Die geforderte Untersuchungspflicht und die weiteren in diesem Zusammenhang geforderten Maßnahmen stehen nicht in Übereinstimmung mit geltenden Rechtsnormen!
Die Ziele einer Pflichtuntersuchung liegen außerhalb des Infektionsschutzes!
Eine Wiedereinführung der Pflichtuntersuchung ist mit den vorhandenen Personalressourcen in den Gesundheitsämtern nicht leistbar.
Frau schaut in das Okular eines Mikroskopes
Seit über 20 Jahren berät und behandelt Heidrun Nitschke im Gesundheitsam Köln, Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen
Runder Tisch Prostitution NRW
Rund 70 Fachleute aus Ministerialverwaltung NRW, Wissenschaft und Praxis haben etwa vier Jahre lang versucht, die Thematik Prostitution aufzuarbeiten. Im nordrhein-westfälische Landtag ließen sich Ausschüsse und Fraktionen immer wieder über den Stand der Arbeiten des Runden Tisches berichten. Esi wurde ein umfangreicher Leitfaden erarbeitet, der auch der Bundesregierung zur Verfügung gestellt wurde. Folgende Forderungen wurden zusammenfassend erstellt:
Der Runde Tisch sieht in der Stigmatisierung von Prostituierten einen der Hauptfaktoren, der einer Stärkung ihrer Stellung und einer Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen entgegensteht. Dringend erforderlich ist mehr Wissen, das eine gesellschaftlich differenziertere Wahrnehmung und dann auch Bewertung von Prostitution ermöglicht.
Auch wenn erhebliche Forschungslücken bestehen, gibt es bereits jetzt ausgewiesene Expertisen aus Wissenschaft und Praxis, die zusammengeführt und gehört werden sollten. Daraus ergibt sich bereits ein erheblicher Wissensfundus, der genutzt werden kann.
Als besonders bereichernd hat sich der Austausch von Fachleuten aus unterschiedlichsten Bereichen erwiesen. Auch Segmente, die bisher wenig im Fokus der öffentlichen Diskussion über Prostitution stehen (z.B.: Sexualbegleitung) sollten einbezogen werden. Eine unmittelbare Beteiligung von Menschen aus der Sexarbeit ist unverzichtbar.
Stigmatisierung und Vorverurteilungen bestehen auch gegenüber dem Kunden. Ein umfassendes Verständnis von Prostitution ist jedoch nicht möglich, wenn die Nachfrageseite ausgeblendet oder stereotypisiert wird. Eine Einbeziehung von Freiern in einen offenen Diskurs ist anzustreben.
Heidrun Nitschke vom Gesundheitsamt Köln glaubt, dass das geplante Prostitutionsschutzgesetz die Situation der Prostituierten verschlechtert, weil der Zugang zur Gesundheitsberatung erzwungen und damit erschwert wird.
Straßenprostitution
Groben Schätzungen zufolge sind ca. 10 Prozent der Prostituierten in derStraßenprostitution tätig. Sie bietet insbesondere den Frauen und Männern, denen der Zugang zum regulierten Arbeitsmarkt aus unterschiedlichen Gründen verschlossen ist, die Möglichkeit, relativ schnell, ohne weitere Zugangsvoraussetzungen oder Qualifikationen, Geld zu verdienen. Die Ausübung der Prostitution auf der Straße wird von vielen auch bevorzugt, weil sie mit hoher Flexibilität und Unabhängigkeit verbunden ist: es muss kein Raum angemietet werden, Werbungskosten entfallen, die Eingliederung in einen Betrieb und seine Abläufe ist nicht erforderlich. Arbeitszeiten können spontan und frei gewählt werden. Für viele Kunden ist diese Form der Prostitution attraktiv, weil die Hemmschwelle niedrig ist.
Prostitutionsgesetz
Die Beratungs- und Informationsangebote in den Gesundheitsämtern gibt es in allen Sprachen. Dreimal in der Woche ist Sprechstunde
Schwedisches Modell
Wenn über das geltende Prostitutionsgesetz diskutiert wird, wird immer wieder das so genannte schwedische Modell als positives Beispiel, wie mit Prostitution umgegangen werden sollte, angeführt. Schweden hat vor 15 Jahren als weltweit erstes Land ein Sex-Kauf-Verbot eingeführt. Freier müssen seither mit einer Strafe rechnen, die Prostituierten bleiben straffrei. Das Gesetz ist seit seinem Inkrafttreten umstritten. Eine Studie der Universität Malmö kam zu dem Ergebnis: Das schwedische Modell treibt die Frauen in den Untergrund und schafft ein negatives Gesellschaftsbild über Sexarbeiterinnen.
Es gebe keine statischen Beweise dafür, dass die Zahl der Freier gesunken ist.
Das Gesetz zwinge Prostituierte, im Geheimen zu agieren.
Das Verbot stigmatisiere die Prostituierten noch mehr. Deshalb trauten sich immer weniger, Hilfe zu suchen.
http://www1.wdr.de/fernsehen/informatio ... tz120.html
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Wobei mich einst etwas irritiert, es geht nicht in Deutschland um die Zwangsuntersuchung , sondern ZwangsBERATUNG.
Da wird mir in der Vorankündigung zu sehr den Fokus auf Zwangsuntersuchung gelegt.Das ist nicht Thema im Neuplaung des Prostituierten KONTROLLGesetz.
Da wird mir in der Vorankündigung zu sehr den Fokus auf Zwangsuntersuchung gelegt.Das ist nicht Thema im Neuplaung des Prostituierten KONTROLLGesetz.
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