STUTTGART: Leonhardsviertel Debatte
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Es kommt "Bewegung" ins Städtle:
Joe Bauer Schreibt in der "Stuttgarter Nachrichten"
http://www.flaneursalon.de/de/depeschen ... l=20130531
RUHE VOR DEM PUFF
Der Mai macht alles neu, auch die Liebe, die man kaufen kann. Im Mai haben Verkehrsspezialisten der Stadt den härtesten Strich Stuttgarts, die kleine Leonhardstraße, beruhigt. Seit keine Autos mehr über die Rotlichtpiste rasen dürfen, äußer sich die meisten Menschen im Städtle zufrieden über ihren Kiez. Alle Freier, unabhängig von ihrer sozialen Stellung, müssen jetzt zu Fuß in den Puff. Auch Huren und Zuhälter haben ein Mobilitätsproblem.
Die Damen aus dem osteuropäischen Einzugsgebiet des internationalen Sexmarkts haben ihren innerstädtischen Wirtschaftsstandort vor das Gustav-Siegle-Haus verlegt. Das führt gelegentlich zu Irritationen. Als in den ersten Tagen nach dem Umzug zeitweise ganze Männertrupps die neue Dirnenmeile belagerten, lag das nicht etwa an den frisch erwachten MaiGelüsten der heimischen Freier. Die Huren konnten auch nicht wissen, warum die Umtriebe in ihrem neuen Umfeld nur die Folgen üblicher Macho-Politik sind: Das Sieglehaus ist Sitz der Stuttgarter Philharmoniker, und wider alle Gender-Revolten stellen in klassischen Klangkörpern bis heute Männer die absolute Mehrheit
Mancher sensible Musikus der Philharmoniker wusste nicht, wie er auf dem Weg zur Arbeit die Tonart der alltäglichen Begrüßung einordnen sollte: „Hallo, Schatzi, hast du Lust?“
Außer Bläsern, Streichern und Trommlern aber sind alle glücklich über die Verkehrsberuhigung. Kein Mensch vermisst die hochtourigen Sex-Touristen mit ihren Kreisstadt-Kennzeichen.
Kopf- und Augenschmerzen bereitet dagegen die optische Umsetzung der neuen Rotlichtregeln. Typisch Stuttgart. Am Eingang zur Leonhardstraße, neben der Animier-Bar Zum Schatten, haben die Behörden zwei mehrstöckige Metallständer mit Verkehrstafeln aufgestellt. Man sieht darauf in einem blauen Kreis eine weiß gezeichnete Frau mit Kind an der Hand. Darunter steht „Zone“, und man greift sich an den Kopf. Ist Muttertag im Milieu?
Die Beschilderung der Fußgängerzone ist nicht nur peinlich hässlich, sie wirkt auch ausgesprochen komisch. Neben zeitlimitiertem „Lieferverkehr“ erlaubt sie auch das Radfahren auf dem Strich – was den Luden gefallen wird: Aus sportlichen Gründen im Konkurrenzkampf auf dem Frauenmarkt hat der Pimp von heute nicht selten ein Mountainbike im Kofferraum seiner Karre.
Die zwei überdimensionierten Verkehrszeichenständer links und rechts einer beweglichen Polle verschandeln vollends das historische Altstadtbild mit dem schönen Barockhaus in der Nachbarschaft. Diese Ästhetik wundert nicht in einer Stadt, die nie versucht hat, der immer brutaleren Elendsprostitution mit einer vernünftigen Stadtplanung zu begegnen. Die kein Interesse zeigte, die bereits existierende Mischkultur der Altstadt auszubauen. Originelle Läden wie der Bix Jazzclub, die Weinstube Fröhlich, die Kiste, das Plattencafé Ratzer oder die Uhu-Bar bräuchten dringend neue Nachbarn zur Befriedung des Viertels. Stattdessen versuchen nicht zu übersehende Zivilfahnder, die truppweise aus Osteuropa eingeschleusten Huren und Luden zurückzudrängen. Dabei weiß man, dass Polizisten und Paragrafen im Kampf gegen die Ausbeutung von Frauen durch Zuhälter und Menschenhändler nur selten gewinnen.
Als ich gerade dabei bin, das scheußliche Schilder-Entree der Leonhardstraße in meinem Taschentelefon zu verewigen, winkt mir der Milieumaler Jürgen Leippert aus dem Fenster im ersten Stock des Eckhauses. Erst neulich wechselte das Gebäude den Besitzer, der Künstler konnte zum Glück sein Atelier behalten. Zügig stiefle ich die Treppe zu Leipperts Domizil hoch, froh darüber, einem Altstadtkenner zu begegnen. Noch weiß keiner, was der Investor mit dem Eckhaus vorhat. Womöglich, so ist zu hören, entscheidet er sich für eine gastronomische Nische zur Aufwertung der Ecke.
Weiß der Teufel, man kennt die Altstadtpolitik. Die Hoffnung stirbt zuerst.
Joe Bauer Schreibt in der "Stuttgarter Nachrichten"
http://www.flaneursalon.de/de/depeschen ... l=20130531
RUHE VOR DEM PUFF
Der Mai macht alles neu, auch die Liebe, die man kaufen kann. Im Mai haben Verkehrsspezialisten der Stadt den härtesten Strich Stuttgarts, die kleine Leonhardstraße, beruhigt. Seit keine Autos mehr über die Rotlichtpiste rasen dürfen, äußer sich die meisten Menschen im Städtle zufrieden über ihren Kiez. Alle Freier, unabhängig von ihrer sozialen Stellung, müssen jetzt zu Fuß in den Puff. Auch Huren und Zuhälter haben ein Mobilitätsproblem.
Die Damen aus dem osteuropäischen Einzugsgebiet des internationalen Sexmarkts haben ihren innerstädtischen Wirtschaftsstandort vor das Gustav-Siegle-Haus verlegt. Das führt gelegentlich zu Irritationen. Als in den ersten Tagen nach dem Umzug zeitweise ganze Männertrupps die neue Dirnenmeile belagerten, lag das nicht etwa an den frisch erwachten MaiGelüsten der heimischen Freier. Die Huren konnten auch nicht wissen, warum die Umtriebe in ihrem neuen Umfeld nur die Folgen üblicher Macho-Politik sind: Das Sieglehaus ist Sitz der Stuttgarter Philharmoniker, und wider alle Gender-Revolten stellen in klassischen Klangkörpern bis heute Männer die absolute Mehrheit
Mancher sensible Musikus der Philharmoniker wusste nicht, wie er auf dem Weg zur Arbeit die Tonart der alltäglichen Begrüßung einordnen sollte: „Hallo, Schatzi, hast du Lust?“
Außer Bläsern, Streichern und Trommlern aber sind alle glücklich über die Verkehrsberuhigung. Kein Mensch vermisst die hochtourigen Sex-Touristen mit ihren Kreisstadt-Kennzeichen.
Kopf- und Augenschmerzen bereitet dagegen die optische Umsetzung der neuen Rotlichtregeln. Typisch Stuttgart. Am Eingang zur Leonhardstraße, neben der Animier-Bar Zum Schatten, haben die Behörden zwei mehrstöckige Metallständer mit Verkehrstafeln aufgestellt. Man sieht darauf in einem blauen Kreis eine weiß gezeichnete Frau mit Kind an der Hand. Darunter steht „Zone“, und man greift sich an den Kopf. Ist Muttertag im Milieu?
Die Beschilderung der Fußgängerzone ist nicht nur peinlich hässlich, sie wirkt auch ausgesprochen komisch. Neben zeitlimitiertem „Lieferverkehr“ erlaubt sie auch das Radfahren auf dem Strich – was den Luden gefallen wird: Aus sportlichen Gründen im Konkurrenzkampf auf dem Frauenmarkt hat der Pimp von heute nicht selten ein Mountainbike im Kofferraum seiner Karre.
Die zwei überdimensionierten Verkehrszeichenständer links und rechts einer beweglichen Polle verschandeln vollends das historische Altstadtbild mit dem schönen Barockhaus in der Nachbarschaft. Diese Ästhetik wundert nicht in einer Stadt, die nie versucht hat, der immer brutaleren Elendsprostitution mit einer vernünftigen Stadtplanung zu begegnen. Die kein Interesse zeigte, die bereits existierende Mischkultur der Altstadt auszubauen. Originelle Läden wie der Bix Jazzclub, die Weinstube Fröhlich, die Kiste, das Plattencafé Ratzer oder die Uhu-Bar bräuchten dringend neue Nachbarn zur Befriedung des Viertels. Stattdessen versuchen nicht zu übersehende Zivilfahnder, die truppweise aus Osteuropa eingeschleusten Huren und Luden zurückzudrängen. Dabei weiß man, dass Polizisten und Paragrafen im Kampf gegen die Ausbeutung von Frauen durch Zuhälter und Menschenhändler nur selten gewinnen.
Als ich gerade dabei bin, das scheußliche Schilder-Entree der Leonhardstraße in meinem Taschentelefon zu verewigen, winkt mir der Milieumaler Jürgen Leippert aus dem Fenster im ersten Stock des Eckhauses. Erst neulich wechselte das Gebäude den Besitzer, der Künstler konnte zum Glück sein Atelier behalten. Zügig stiefle ich die Treppe zu Leipperts Domizil hoch, froh darüber, einem Altstadtkenner zu begegnen. Noch weiß keiner, was der Investor mit dem Eckhaus vorhat. Womöglich, so ist zu hören, entscheidet er sich für eine gastronomische Nische zur Aufwertung der Ecke.
Weiß der Teufel, man kennt die Altstadtpolitik. Die Hoffnung stirbt zuerst.
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Das Rotlichtviertel schimpft zurück
S-Mitte - Sie mögen Maier und Schmidt heißen für diesen Text. Ihre tatsächlichen Namen wollen die beiden nicht in der Zeitung lesen. "Obwohl die eigentlich sowieso jeder kennt", sagt Schmidt. "Aber wir haben beide Familie." Damit, dass sie sich für ihr Geschäft schämen, hat der Wunsch nach Diskretion nichts zu tun. Verschwiegenheit gehört zur Branche, denn das Geschäft der beiden ist die Prostitution. Maier und Schmidt betreiben Bordelle im Leonhardsviertel, legal und genehmigt, wie sie gern betonen, denn das ist in Stuttgart alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Wenn Schmidt beweisen will, dass er und sein Kompagnon gleichsam zu den Keimfreien in der Branche des Anrüchigen gehören, führt er durch sein Haus. Ein solcher Besuch kann skurrile Szenen verursachen. "Zieh dir mal was über, ich hab’ Besuch", ruft Schmidt den Gang hinunter. "Der muss dich ja nicht nackt sehen." Die Dame, die gemeint ist, strippt abends im Erdgeschoss.
"Ist das hier Armutsprostitution?"
Alles blitzblank, alles ordentlich, die Zimmer sind renoviert, das Mobiliar stammt weder vom Sperrmüll, noch ist es abgenutzt. Die Frauen fühlen sich wohl bei ihm. Diese Botschaft will Schmidt bei dem Rundgang übermitteln. Er hat schon alle möglichen Kommunalpolitiker und Amtsleute eingeladen. Er wird sie, in einem Brief, diese Woche erneut einladen. Bisher bekam er selten eine Antwort. Nur Veronika Kienzle war bei ihm, die Bezirksvorsteherin der Stadtmitte, und eine Stadträtin der Freien Wähler. "Ist das hier Armutsprostitution?", fragt Schmidt eine der Huren. "Ganz bestimmt nicht", antwortet sie – was auch sonst.
Armutsprostitution. Diesen Vorwurf empfinden die Maier und Schmidt schlicht als Unverschämtheit. "Profiteure der Armutsprostitution" hatte der SPD-Bezirksbeirat Manuel Krauß sie genannt, in öffentlicher Sitzung, und das Zitat stand in der Zeitung. Dabei "leiden wir auch unter der Armutsprostitution", sagt Maier. Die Frauen draußen auf dem Straßenstrich, meist junge Osteuropäerinnen, verderben die Preise. 20 Euro für den Dienst am Freier sind keineswegs mehr ungewöhnlich billig.
Ein Wettbewerbsnachteil
In jener Sitzung ging es eigentlich um ein Stück Metall, einen Pfosten, der seit Mai die Zufahrt zur Leonhardstraße versperrt. Woraus sich allerdings eine Grundsatzdiskussion über den Umgang mit dem Rotlichtbezirk entspann. Auch das ärgert Maier und Schmidt, dass immer wieder über sie gesprochen wird, nicht mit ihnen. "Die Leute sollen sich doch erstmal informieren, damit sie wissen, worüber sie sprechen", sagt Schmidt.
Der Pfosten ärgert sie auch. Zwölf Betriebsinhaber haben die Aufforderung unterschrieben, dass er wieder weg soll. Sie alle verdienen an und um die Leonhardstraße ihr Geld - sei es mit Prostitution oder nur mit Bierausschank. Dass Taxifahrer nicht mehr direkt vor der Eingangstür halten können, "ist ein Wettbewerbsnachteil". So steht es in dem Brief an alle Gemeinde- und Bezirksbeiräte. Schmidt zieht sein Handy heran. Er hat damit die Schilder vor dem städtischen Dreifarbenhaus fotografiert, um zu beweisen, dass Taxis dorthin mit Sondererlaubnis freie Fahrt haben. Nachdem der Bezirksbeirat die Forderung abgelehnt hatte, hat Schmidt mit dem Anliegen einen Rechtsanwalt beauftragt.
"Es geht auch um die Sicherheit", sagt er. Die Polizei fährt auf der Leonhardstraße nicht mehr Streife. Im Notfall behindert die Sperre Rettungswagen. Die Schilder, mit denen die Straße zur Fußgängerzone erklärt wird, sollen bleiben, aber der Pfosten muss weg. Zudem soll für Taxis das Verbot nicht gelten. All dies steht in jenem Brief. Ob es so kommt, ist selbstverständlich offen. Theoretisch könnte der Gemeinderat den Bezirksbeirat überstimmen, aber derzeit ist politische Sommerpause. Dass die Stadträte sich danach mit dem Poller befassen, scheint auch unwahrscheinlich. Die Sperrung der Leonhardstraße gilt ohnehin nur für ein Jahr befristet als Versuch.
Stuttgarter Zeitung 19.08.2013
Wenn Schmidt beweisen will, dass er und sein Kompagnon gleichsam zu den Keimfreien in der Branche des Anrüchigen gehören, führt er durch sein Haus. Ein solcher Besuch kann skurrile Szenen verursachen. "Zieh dir mal was über, ich hab’ Besuch", ruft Schmidt den Gang hinunter. "Der muss dich ja nicht nackt sehen." Die Dame, die gemeint ist, strippt abends im Erdgeschoss.
"Ist das hier Armutsprostitution?"
Alles blitzblank, alles ordentlich, die Zimmer sind renoviert, das Mobiliar stammt weder vom Sperrmüll, noch ist es abgenutzt. Die Frauen fühlen sich wohl bei ihm. Diese Botschaft will Schmidt bei dem Rundgang übermitteln. Er hat schon alle möglichen Kommunalpolitiker und Amtsleute eingeladen. Er wird sie, in einem Brief, diese Woche erneut einladen. Bisher bekam er selten eine Antwort. Nur Veronika Kienzle war bei ihm, die Bezirksvorsteherin der Stadtmitte, und eine Stadträtin der Freien Wähler. "Ist das hier Armutsprostitution?", fragt Schmidt eine der Huren. "Ganz bestimmt nicht", antwortet sie – was auch sonst.
Armutsprostitution. Diesen Vorwurf empfinden die Maier und Schmidt schlicht als Unverschämtheit. "Profiteure der Armutsprostitution" hatte der SPD-Bezirksbeirat Manuel Krauß sie genannt, in öffentlicher Sitzung, und das Zitat stand in der Zeitung. Dabei "leiden wir auch unter der Armutsprostitution", sagt Maier. Die Frauen draußen auf dem Straßenstrich, meist junge Osteuropäerinnen, verderben die Preise. 20 Euro für den Dienst am Freier sind keineswegs mehr ungewöhnlich billig.
Ein Wettbewerbsnachteil
In jener Sitzung ging es eigentlich um ein Stück Metall, einen Pfosten, der seit Mai die Zufahrt zur Leonhardstraße versperrt. Woraus sich allerdings eine Grundsatzdiskussion über den Umgang mit dem Rotlichtbezirk entspann. Auch das ärgert Maier und Schmidt, dass immer wieder über sie gesprochen wird, nicht mit ihnen. "Die Leute sollen sich doch erstmal informieren, damit sie wissen, worüber sie sprechen", sagt Schmidt.
Der Pfosten ärgert sie auch. Zwölf Betriebsinhaber haben die Aufforderung unterschrieben, dass er wieder weg soll. Sie alle verdienen an und um die Leonhardstraße ihr Geld - sei es mit Prostitution oder nur mit Bierausschank. Dass Taxifahrer nicht mehr direkt vor der Eingangstür halten können, "ist ein Wettbewerbsnachteil". So steht es in dem Brief an alle Gemeinde- und Bezirksbeiräte. Schmidt zieht sein Handy heran. Er hat damit die Schilder vor dem städtischen Dreifarbenhaus fotografiert, um zu beweisen, dass Taxis dorthin mit Sondererlaubnis freie Fahrt haben. Nachdem der Bezirksbeirat die Forderung abgelehnt hatte, hat Schmidt mit dem Anliegen einen Rechtsanwalt beauftragt.
"Es geht auch um die Sicherheit", sagt er. Die Polizei fährt auf der Leonhardstraße nicht mehr Streife. Im Notfall behindert die Sperre Rettungswagen. Die Schilder, mit denen die Straße zur Fußgängerzone erklärt wird, sollen bleiben, aber der Pfosten muss weg. Zudem soll für Taxis das Verbot nicht gelten. All dies steht in jenem Brief. Ob es so kommt, ist selbstverständlich offen. Theoretisch könnte der Gemeinderat den Bezirksbeirat überstimmen, aber derzeit ist politische Sommerpause. Dass die Stadträte sich danach mit dem Poller befassen, scheint auch unwahrscheinlich. Die Sperrung der Leonhardstraße gilt ohnehin nur für ein Jahr befristet als Versuch.
Stuttgarter Zeitung 19.08.2013
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"Tatort"-Dreh
"Tatort"-Dreh im Leonhardsviertel
Stuttgart ist dem SWR nicht verrucht genug
Uwe Bogen, 07.11.2013 08:34 Uhr
Stuttgart - Wer in der Nacht zum Mittwoch auf der Leonhardstraße eine etwas zu bunt bemalte Dame angesprochen hat, weil sie halt herumstand, als wolle sie abgeholt werden, holte sich garantiert eine Abfuhr – denn es könnte jene falsche Nutte, eine bildhübsche Komparsin, gewesen sein, die nur auf einen ganz bestimmten Mann gewartet hat – auf den Schauspieler Felix Klare.
Laut Drehbuch läuft Kommissar Sebastian Bootz, der gerade heftige Eheprobleme daheim hat, einsam durch die Altstadt, wird von einer Prostituierten angesprochen und antwortet mit einem Wort, das die Zaungäste des "Tatort"-Drehs nicht verstanden haben, obwohl die Szene x-mal wiederholt worden ist. Felix Klare, der den Bootz spielt, läuft an der Fou Fou Bar an der oberen Leonhardstraße vorbei. Die Location mit dem glamourösen Charme, in der normalerweise Cocktails gemixt werden, die zu den besten der Stadt gehören, hat nur für diese Nacht rote Lichterketten im Fenster hängen. Die sind nicht unbedingt schön, aber entsprechen dem Bild, das der SWR in jener Straße einfangen will, die der Altstadt-Maler Jürgen Leippert "50 traurige Meter" nennt.
Stuttgart wird verruchter
Der Künstler, der schon viele Dreharbeiten unweit seines Ateliers an der unteren Leonhardstraße und auch darin beobachtet hat, ist mit dem Skizzenblock gekommen, um mit schnellen Strichen festzuhalten, wie die Fernsehleute aus dem Städtle großes Kino machen.
Nicht nur die Lichterketten und die Nutten sind in dieser Nacht im Rotlichtviertel falsch, auch einige Leuchttafeln, die man auf Brauereischilder geklebt hat, damit keine Werbung möglich ist.
Der SWR hat nachgebessert, die Szene verdichtet, damit Stuttgart verruchter wird. Selbst die überquellenden Mülleimer, so erzählt man sich unter den Zaungästen, seien auch ein Werk der "Tatort"-Macher, die in dieser Nacht das andere Stuttgart zeigen wollen, nicht die Stadt der Kehrwoche.
Die Damen, die sonst hier auf Kundschaft warten, haben sich in die Nebenstraßen verzogen. Wer an ihnen vorbeikommt, hört ein "Schatzi, wie wär’s?", das – vielleicht täuscht es auch – nicht sehr freundlich klingt. Seit die Straßensperren den Freiersuchverkehr ausschließen, gehen die Geschäfte schlechter, klagen sie. Und jetzt haben auch noch die Fernsehleute die restlichen Freier vertrieben.
Echte Nutten beklagen verloren gegangene Kohle
Alle natürlich nicht. Plötzlich kommt ein älterer Herr aus einem Puff, während die Kamera läuft. "Ein guter Statist", vermutet einer. Irritiert schaut der Alte zu den Scheinwerfern, die wohl noch nicht da waren, als er das Lusthaus betreten hatte.
An der Katharinenstraße steht SWR-Bus an SWR-Bus, Wohnmobil an Wohnmobil. Für den "Tatort" fallen viele Parkplätze weg. Fernsehmacher mögen beklagt haben, dass die Stadt bei Drehgenehmigungen streng geworden ist – in dieser Nacht ist im Leonhardsviertel nichts davon zu spüren.
Laut Drehbuch ermittelt Richy Müller als Kommissar Thorsten Lannert verdeckt. Er wird ins Gefängnis als Knacki eingeschleust, um ein Verbrechen aufzuklären. Die Ermittlungen führen ins Stuttgarter Rotlichtviertel. Auch direkt unter dem Atelier von Altstadtkünstler Jürgen Leippert, der in einem Eckhaus am Leonhardsplatz 22 malt, hat der SWR eine frühere Galerie, in die bald eine Bäckerei einziehen soll, zur rot leuchtenden Bar verwandelt.
So ist das, wenn ein "Tatort" im Milieu gedreht wird. Alles kommt durcheinander. Echte Nutten beklagen verloren gegangene Kohle. Und echte Freier nehmen Reißaus.
Und in dieser Fernsehnacht darf sogar der Poller fallen, der Freier in ihren Autos fernhalten soll. Richy Müller fährt in seinem Porsche an Rotlichtbars vorbei, die noch röter als sonst leuchten.
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/i ... 40957.html
Stuttgart ist dem SWR nicht verrucht genug
Uwe Bogen, 07.11.2013 08:34 Uhr
Stuttgart - Wer in der Nacht zum Mittwoch auf der Leonhardstraße eine etwas zu bunt bemalte Dame angesprochen hat, weil sie halt herumstand, als wolle sie abgeholt werden, holte sich garantiert eine Abfuhr – denn es könnte jene falsche Nutte, eine bildhübsche Komparsin, gewesen sein, die nur auf einen ganz bestimmten Mann gewartet hat – auf den Schauspieler Felix Klare.
Laut Drehbuch läuft Kommissar Sebastian Bootz, der gerade heftige Eheprobleme daheim hat, einsam durch die Altstadt, wird von einer Prostituierten angesprochen und antwortet mit einem Wort, das die Zaungäste des "Tatort"-Drehs nicht verstanden haben, obwohl die Szene x-mal wiederholt worden ist. Felix Klare, der den Bootz spielt, läuft an der Fou Fou Bar an der oberen Leonhardstraße vorbei. Die Location mit dem glamourösen Charme, in der normalerweise Cocktails gemixt werden, die zu den besten der Stadt gehören, hat nur für diese Nacht rote Lichterketten im Fenster hängen. Die sind nicht unbedingt schön, aber entsprechen dem Bild, das der SWR in jener Straße einfangen will, die der Altstadt-Maler Jürgen Leippert "50 traurige Meter" nennt.
Stuttgart wird verruchter
Der Künstler, der schon viele Dreharbeiten unweit seines Ateliers an der unteren Leonhardstraße und auch darin beobachtet hat, ist mit dem Skizzenblock gekommen, um mit schnellen Strichen festzuhalten, wie die Fernsehleute aus dem Städtle großes Kino machen.
Nicht nur die Lichterketten und die Nutten sind in dieser Nacht im Rotlichtviertel falsch, auch einige Leuchttafeln, die man auf Brauereischilder geklebt hat, damit keine Werbung möglich ist.
Der SWR hat nachgebessert, die Szene verdichtet, damit Stuttgart verruchter wird. Selbst die überquellenden Mülleimer, so erzählt man sich unter den Zaungästen, seien auch ein Werk der "Tatort"-Macher, die in dieser Nacht das andere Stuttgart zeigen wollen, nicht die Stadt der Kehrwoche.
Die Damen, die sonst hier auf Kundschaft warten, haben sich in die Nebenstraßen verzogen. Wer an ihnen vorbeikommt, hört ein "Schatzi, wie wär’s?", das – vielleicht täuscht es auch – nicht sehr freundlich klingt. Seit die Straßensperren den Freiersuchverkehr ausschließen, gehen die Geschäfte schlechter, klagen sie. Und jetzt haben auch noch die Fernsehleute die restlichen Freier vertrieben.
Echte Nutten beklagen verloren gegangene Kohle
Alle natürlich nicht. Plötzlich kommt ein älterer Herr aus einem Puff, während die Kamera läuft. "Ein guter Statist", vermutet einer. Irritiert schaut der Alte zu den Scheinwerfern, die wohl noch nicht da waren, als er das Lusthaus betreten hatte.
An der Katharinenstraße steht SWR-Bus an SWR-Bus, Wohnmobil an Wohnmobil. Für den "Tatort" fallen viele Parkplätze weg. Fernsehmacher mögen beklagt haben, dass die Stadt bei Drehgenehmigungen streng geworden ist – in dieser Nacht ist im Leonhardsviertel nichts davon zu spüren.
Laut Drehbuch ermittelt Richy Müller als Kommissar Thorsten Lannert verdeckt. Er wird ins Gefängnis als Knacki eingeschleust, um ein Verbrechen aufzuklären. Die Ermittlungen führen ins Stuttgarter Rotlichtviertel. Auch direkt unter dem Atelier von Altstadtkünstler Jürgen Leippert, der in einem Eckhaus am Leonhardsplatz 22 malt, hat der SWR eine frühere Galerie, in die bald eine Bäckerei einziehen soll, zur rot leuchtenden Bar verwandelt.
So ist das, wenn ein "Tatort" im Milieu gedreht wird. Alles kommt durcheinander. Echte Nutten beklagen verloren gegangene Kohle. Und echte Freier nehmen Reißaus.
Und in dieser Fernsehnacht darf sogar der Poller fallen, der Freier in ihren Autos fernhalten soll. Richy Müller fährt in seinem Porsche an Rotlichtbars vorbei, die noch röter als sonst leuchten.
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/i ... 40957.html
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Gummi-Paragraf
Jo Bauer schreibt in den Stuttgarter Nachrichten:
DER GUMMI-PARAGRAF
Die Politiker diskutieren mal wieder über die Huren und die Freier in der Altstadt. Wie gewohnt erwähnen sie nicht mal ansatzweise ihr stadtplanerisches Desaster in diesem Quartier. „Wir müssen die Abwärtsspirale der Prostitution stoppen,“sagt der für „Ordnung“ zuständige Bürgermeister Schairer (CDU), und das unfreiwillig Komische seines Satzes wird er so wenig erkennen wie die Sozialbürgermeisterin Fezer (FDP), wenn sie kundtut: „Die Frauen müssen ihre Menschenwürde zu Grabe tragen.“ Es sind die Politiker, die den Menschen die Würde nehmen, indem sie das historische Zentrum ihrer Stadt verkommen lassen und die Stadtgeschichte beerdigen.
Die Rathaus-Herrschaften faseln etwas von „Kondompflicht“ für die Sex-Kunden, und bei der Kontrolle des neuen Gummi-Paragrafen wird eine alte schwäbische Weisheit die Grenzen der Überwachung aufdecken: „Man steckt halt net drin.“
So weitsichtig wie Schairer die „Abwärtsspirale“ im Milieu einsetzt, planen die Bürokraten „Bündel“ an „Maßnahmen“, etwa die „medizinische Kontrolle“ der Huren. Schon früher, in den nicht ganz so brutalen Rotlicht-Zeiten, mussten sich Prostituierte ihren „Bockschein“ beim Amtsarzt abholen, und schon damals wurde in der Praxis allerhand getrickst.
Die Elendsprostitution in der Altstadt konnte sich ausbreiten, weil die Totalverweigerung von Stadtplanung den Nährboden bereitet hat. Ein sozial angeschlagenes Revier befriedet man nicht mit Verordnungen, es braucht eine urbane, eine kulturelle Aufwertung. Anders gesagt: Neue Museen wie in der New Yorker Bronx oder in der Bowery bringen mehr und sind preiswerter im Kampf gegen die Kriminalität als Armeen von Polizisten und Ordner voller Gesetze. Herrscht erst einmal Leben in einem Stadtteil, funktioniert die Publikumsverkehr, und die Gewalt geht zurück.
Nun sind wir nicht in der New Yorker Bronx oder Bowery, wir bewegen uns im Stuttgarter „Städtle“, und deshalb bräuchten wir nicht einmal ein neues Museum. Vielmehr hätte es in der Vergangenheit gereicht, auf einen ordentlichen Mix aus Milieu-Schuppen und guten Bars ohne Rotlicht-Praktiken zu achten. Schon in den achtziger Jahren aber gab der OB Rommel den Befehl, das Leonhardsviertel „auszutrocknen“. In Wahrheit hat die Stadtverwaltung das Zuhältergeschäft sogar mit ominösen Immobilienverkäufen unterstützt. Nicht nur Verschwörungstheoretiker denken da an Korruption.
Diese Entwicklung ist ein Skandal. Im Leonhardsviertel gibt es 1.) seltene historische Bausubstanz, die bis ins Barockzeitalter zurückreicht und geschützt werden muss, und 2.) Orte, die mehr gutes Publikum anziehen könnten. Man müsste das Viertel verändern. Es gibt im Revier das Sieglehaus mit dem Bix Jazzclub, das Plattencafé Ratzer Records, den Musik-Club Kiste, die originelle Jakob-Stube, die nicht minder gewitzte Uhu-Bar, die Bar Fou Fou, das gehobene Restaurant Fröhlich, den urigen Brunnenwirt –um ein paar Anlaufstellen zu nennen. Auch die Leonhardskirche mit ihrem Platz hin zum Sieglehaus bietet Möglichkeiten für kulturelle Aktionen, was die Marketing-Leuchten des städtischen Event-Geschäfts nicht kapieren.
Von den Chancen der Altstadt, diese Erfahrungen machen die Leute im Viertel immer wieder, haben die meisten Stadträte keine Ahnung. Gebäude müssten saniert, die Leonhardstraße gerichtet, die Beleuchtung im Bezirk erneuert werden. Dafür ist kein Geld da, wie auch. Die Herrschaften tragen es woanders zu Grabe.
Im Rathaus diskutiert man die Gummi-Pflicht für Freier und das Mindestalter von Dirnen. Es scheint, als würde die städtische Politik von Leuten in Ganzkörperkondomen gemacht. Sie wollen nichts hören und nichts sehen. Sie blasen zum Ablenkungsmanöver. Das ist ihre Politik.
http://www.staedtle.de/newsreader/items ... agraf.html
DER GUMMI-PARAGRAF
Die Politiker diskutieren mal wieder über die Huren und die Freier in der Altstadt. Wie gewohnt erwähnen sie nicht mal ansatzweise ihr stadtplanerisches Desaster in diesem Quartier. „Wir müssen die Abwärtsspirale der Prostitution stoppen,“sagt der für „Ordnung“ zuständige Bürgermeister Schairer (CDU), und das unfreiwillig Komische seines Satzes wird er so wenig erkennen wie die Sozialbürgermeisterin Fezer (FDP), wenn sie kundtut: „Die Frauen müssen ihre Menschenwürde zu Grabe tragen.“ Es sind die Politiker, die den Menschen die Würde nehmen, indem sie das historische Zentrum ihrer Stadt verkommen lassen und die Stadtgeschichte beerdigen.
Die Rathaus-Herrschaften faseln etwas von „Kondompflicht“ für die Sex-Kunden, und bei der Kontrolle des neuen Gummi-Paragrafen wird eine alte schwäbische Weisheit die Grenzen der Überwachung aufdecken: „Man steckt halt net drin.“
So weitsichtig wie Schairer die „Abwärtsspirale“ im Milieu einsetzt, planen die Bürokraten „Bündel“ an „Maßnahmen“, etwa die „medizinische Kontrolle“ der Huren. Schon früher, in den nicht ganz so brutalen Rotlicht-Zeiten, mussten sich Prostituierte ihren „Bockschein“ beim Amtsarzt abholen, und schon damals wurde in der Praxis allerhand getrickst.
Die Elendsprostitution in der Altstadt konnte sich ausbreiten, weil die Totalverweigerung von Stadtplanung den Nährboden bereitet hat. Ein sozial angeschlagenes Revier befriedet man nicht mit Verordnungen, es braucht eine urbane, eine kulturelle Aufwertung. Anders gesagt: Neue Museen wie in der New Yorker Bronx oder in der Bowery bringen mehr und sind preiswerter im Kampf gegen die Kriminalität als Armeen von Polizisten und Ordner voller Gesetze. Herrscht erst einmal Leben in einem Stadtteil, funktioniert die Publikumsverkehr, und die Gewalt geht zurück.
Nun sind wir nicht in der New Yorker Bronx oder Bowery, wir bewegen uns im Stuttgarter „Städtle“, und deshalb bräuchten wir nicht einmal ein neues Museum. Vielmehr hätte es in der Vergangenheit gereicht, auf einen ordentlichen Mix aus Milieu-Schuppen und guten Bars ohne Rotlicht-Praktiken zu achten. Schon in den achtziger Jahren aber gab der OB Rommel den Befehl, das Leonhardsviertel „auszutrocknen“. In Wahrheit hat die Stadtverwaltung das Zuhältergeschäft sogar mit ominösen Immobilienverkäufen unterstützt. Nicht nur Verschwörungstheoretiker denken da an Korruption.
Diese Entwicklung ist ein Skandal. Im Leonhardsviertel gibt es 1.) seltene historische Bausubstanz, die bis ins Barockzeitalter zurückreicht und geschützt werden muss, und 2.) Orte, die mehr gutes Publikum anziehen könnten. Man müsste das Viertel verändern. Es gibt im Revier das Sieglehaus mit dem Bix Jazzclub, das Plattencafé Ratzer Records, den Musik-Club Kiste, die originelle Jakob-Stube, die nicht minder gewitzte Uhu-Bar, die Bar Fou Fou, das gehobene Restaurant Fröhlich, den urigen Brunnenwirt –um ein paar Anlaufstellen zu nennen. Auch die Leonhardskirche mit ihrem Platz hin zum Sieglehaus bietet Möglichkeiten für kulturelle Aktionen, was die Marketing-Leuchten des städtischen Event-Geschäfts nicht kapieren.
Von den Chancen der Altstadt, diese Erfahrungen machen die Leute im Viertel immer wieder, haben die meisten Stadträte keine Ahnung. Gebäude müssten saniert, die Leonhardstraße gerichtet, die Beleuchtung im Bezirk erneuert werden. Dafür ist kein Geld da, wie auch. Die Herrschaften tragen es woanders zu Grabe.
Im Rathaus diskutiert man die Gummi-Pflicht für Freier und das Mindestalter von Dirnen. Es scheint, als würde die städtische Politik von Leuten in Ganzkörperkondomen gemacht. Sie wollen nichts hören und nichts sehen. Sie blasen zum Ablenkungsmanöver. Das ist ihre Politik.
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Leonhardsviertel soll Klein St. Pauli werden
Eva Funke, 18.07.2014 12:00 Uhr
Auch in Teilen der Weberstraße sollen nach vorläufigen Planungen Bordellbetriebe zugelassen werdenFoto: Leif Piechowski
Die Proteste der Anwohner gegen die illegale Prostitution in der Altstadt zeigen Wirkung. Die Stadtverwaltung will bis zum Herbst ein Konzept ausarbeiten, dass die Bordellbetriebe auf einen bestimmten Bereich in der Altstadt beschränkt. Die Idee stößt allerdings auch auf Kritik.
Stuttgart - Bislang fasste die Politik das Thema Prostitution nur mit spitzen Fingern an. Mittlerweile sind illegale Bordelle und illegaler Straßenstrich im Bohnen- und Leonhardsviertel in der Altstadt so zum Reizthema geworden, dass die Stadt nicht länger wegschauen kann. Immerhin haben die Bewohner rund ums Leonhardsviertel die Stadt mit 300 Unterschriften aufgefordert, gegen illegale Prostitution anzugehen. Mit gut 1600 Unterschriften protestierten Bürger gegen den Verkauf von drei Häusern im Rotlichtviertel durch die Stadt an die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG). Und rund 100 Bürger haben bei der Podiumsdiskussion „Die bedrohte Altstadt“ in der Veranstaltungsreihe Mittendrin der Stuttgarter Nachrichten ihrem Ärger über die Situation Luft gemacht.
Geplanter Bordellbezirk
Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten soll nun Ende des Jahres dem Gemeinderat ein Konzept zur Regulierung der Prostitution vorgelegt werden. Bislang sieht das Papier vor, dass die Sexbetriebe links die Leonhardstraße hoch und links die Weberstraße runter konzentriert und in anderen Bereichen ausgeschlossen werden. Auslöser für die Überlegung, ein Klein St. Pauli im Leonhardsviertel zuzulassen, ist die Vorlage zur Vergnügungsstättensatzung, die das Lörracher Stadtentwicklungsbüro Acocella im Auftrag der Landeshauptstadt erstellt hat. Anders als Discotheken, Spielhallen, Tabledance-Bars und Swingerclubs sind Bordelle zwar keine Vergnügungsstätten, sondern Gewerbebetriebe.
Quasi als Nebenprodukt der Überlegungen zur Vergnügungsstättensatzung fielen auch Ideen für den Bordellbereich ab. „Wenn man akzeptiert, dass es Prostitutionsbetriebe gibt, ist es meiner Meinung nach sinnvoll, sie auf ganz bestimmte Standorte zu beschränken“, sagt Donato Acocella. Sein Eindruck: In Stuttgart habe man sich beim Problem Prostitution bislang die Augen zugehalten. Als Beispiel für den konstruktiven Umgang einer Stadt mit dem Thema nennt der Stadtentwickler Nürnberg. Dort sei die Prostitution auf die Frauentormauer am Altstadtrand beschränkt und finde dadurch in einem kontrollierbaren Rahmen statt. In der Leonhard- und Teilen der Weberstraße ein Klein St. Pauli zu erlauben hätte laut Stuttgarter Stadtplanungsamt den gleichen Vorteil: Durch eine klare Begrenzung könne das Quartier geordnet und Prostitution in anderen Bereichen ausgeschlossen werden, sagt Amtsleiter Detlef Kron.
Anwohner fürchten die Ausweisung als Bordellbezirk
Anwohner fürchten nun, dass die Überlegungen auch nicht davor haltmachen, Bordelle in Gebäuden zuzulassen, in denen es diese bisher noch nicht gibt und dann künftig mehr statt weniger Bordelle im Leonhardsviertel betrieben werden. „Wird das Leonhardsviertel als Bordellbezirk ausgewiesen, würden mit der Zeit selbst die illegalen Bordelle legalisiert werden“, äußert ein Anwohner seine Bedenken. Außerdem fürchtet er, dass in zwei der drei Häuser, die die Stadt an die SWSG verkaufen will, Bordelle einziehen könnten. Eins der Gebäude steht in der Jakob-, die beiden anderen aber in der Weberstraße. „Sobald die SWSG die Gebäude weiterverkauft, wird das passieren“, ist der Anwohner überzeugt.
Heinrich-Hermann Huth, der die 1600 Unterschriften gegen den Verkauf der drei Gebäude an die SWSG gesammelt hat, hätte nichts gegen eine Verdichtung der Bordellbetriebe. „Aber nur, wenn es ein Konzept für das ganze Viertel inklusive Bohnenviertel gibt. Und das fehlt“, sagt er. Sebastian Erdle, Initiator des Protests gegen die Prostitution im Bohnenviertel mit rund 300 Unterschriften, sieht die Stadt in der Pflicht, vor allem das Hotel Türmle in der Weber- und das Hotel Dieter in der Brennerstraße zu schließen. „Dort bahnen bis zu 40 Prostituierte illegal auf dem Straßenstrich ihr Geschäft an“, sagt er. Da beide Häuser als Hotel zugelassen sind, sei eine Schließung äußerst schwierig. „Die Frauen warten ja nicht im Haus auf Freier, sondern auf der Straße. Und in ein Hotel können sie mitnehmen, wen sie wollen“, sagt ein Kenner der Szene.
Leonhardsviertel
Veronika Kienzle, Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, geht nicht davon aus, dass in die Gebäude, die die Stadt an die SWSG verkaufen will, Bordelle einziehen könnten. „Die SWSG hat aus ihrem Fehler gelernt“, sagt sie. Der Fehler war der Verkauf eines Gebäudes in der Leonhardstraße, in dem trotz einer Unzulässigkeitsklausel im Grundbuch ein illegales Bordell betrieben und trotz eindeutiger Gerichtsurteile nicht geschlossen wird. Von einem Klein St. Pauli, dass das „Gros der Bordelle abkriegt“, hält sie dagegen nichts. „Bei etwa 850 Einwohnern im Leonhardsviertel haben wir genug Bordelle. Dort darf kein Industriegebiet fürs horizontale Gewerbe entstehen.“ Außerdem müsse ausgeschlossen werden, dass aus illegalen legale Betriebe würden.
Bevor das Konzept dem Gemeinderat vorgelegt wird, soll es im Unterausschuss Leonhardsviertel diskutiert werden. Bislang hatten die Bürger den Eindruck, das der Unterausschuss bei Entscheidungen übergangen wird.
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/i ... ca4fb.html
Eva Funke, 18.07.2014 12:00 Uhr
Auch in Teilen der Weberstraße sollen nach vorläufigen Planungen Bordellbetriebe zugelassen werdenFoto: Leif Piechowski
Die Proteste der Anwohner gegen die illegale Prostitution in der Altstadt zeigen Wirkung. Die Stadtverwaltung will bis zum Herbst ein Konzept ausarbeiten, dass die Bordellbetriebe auf einen bestimmten Bereich in der Altstadt beschränkt. Die Idee stößt allerdings auch auf Kritik.
Stuttgart - Bislang fasste die Politik das Thema Prostitution nur mit spitzen Fingern an. Mittlerweile sind illegale Bordelle und illegaler Straßenstrich im Bohnen- und Leonhardsviertel in der Altstadt so zum Reizthema geworden, dass die Stadt nicht länger wegschauen kann. Immerhin haben die Bewohner rund ums Leonhardsviertel die Stadt mit 300 Unterschriften aufgefordert, gegen illegale Prostitution anzugehen. Mit gut 1600 Unterschriften protestierten Bürger gegen den Verkauf von drei Häusern im Rotlichtviertel durch die Stadt an die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG). Und rund 100 Bürger haben bei der Podiumsdiskussion „Die bedrohte Altstadt“ in der Veranstaltungsreihe Mittendrin der Stuttgarter Nachrichten ihrem Ärger über die Situation Luft gemacht.
Geplanter Bordellbezirk
Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten soll nun Ende des Jahres dem Gemeinderat ein Konzept zur Regulierung der Prostitution vorgelegt werden. Bislang sieht das Papier vor, dass die Sexbetriebe links die Leonhardstraße hoch und links die Weberstraße runter konzentriert und in anderen Bereichen ausgeschlossen werden. Auslöser für die Überlegung, ein Klein St. Pauli im Leonhardsviertel zuzulassen, ist die Vorlage zur Vergnügungsstättensatzung, die das Lörracher Stadtentwicklungsbüro Acocella im Auftrag der Landeshauptstadt erstellt hat. Anders als Discotheken, Spielhallen, Tabledance-Bars und Swingerclubs sind Bordelle zwar keine Vergnügungsstätten, sondern Gewerbebetriebe.
Quasi als Nebenprodukt der Überlegungen zur Vergnügungsstättensatzung fielen auch Ideen für den Bordellbereich ab. „Wenn man akzeptiert, dass es Prostitutionsbetriebe gibt, ist es meiner Meinung nach sinnvoll, sie auf ganz bestimmte Standorte zu beschränken“, sagt Donato Acocella. Sein Eindruck: In Stuttgart habe man sich beim Problem Prostitution bislang die Augen zugehalten. Als Beispiel für den konstruktiven Umgang einer Stadt mit dem Thema nennt der Stadtentwickler Nürnberg. Dort sei die Prostitution auf die Frauentormauer am Altstadtrand beschränkt und finde dadurch in einem kontrollierbaren Rahmen statt. In der Leonhard- und Teilen der Weberstraße ein Klein St. Pauli zu erlauben hätte laut Stuttgarter Stadtplanungsamt den gleichen Vorteil: Durch eine klare Begrenzung könne das Quartier geordnet und Prostitution in anderen Bereichen ausgeschlossen werden, sagt Amtsleiter Detlef Kron.
Anwohner fürchten die Ausweisung als Bordellbezirk
Anwohner fürchten nun, dass die Überlegungen auch nicht davor haltmachen, Bordelle in Gebäuden zuzulassen, in denen es diese bisher noch nicht gibt und dann künftig mehr statt weniger Bordelle im Leonhardsviertel betrieben werden. „Wird das Leonhardsviertel als Bordellbezirk ausgewiesen, würden mit der Zeit selbst die illegalen Bordelle legalisiert werden“, äußert ein Anwohner seine Bedenken. Außerdem fürchtet er, dass in zwei der drei Häuser, die die Stadt an die SWSG verkaufen will, Bordelle einziehen könnten. Eins der Gebäude steht in der Jakob-, die beiden anderen aber in der Weberstraße. „Sobald die SWSG die Gebäude weiterverkauft, wird das passieren“, ist der Anwohner überzeugt.
Heinrich-Hermann Huth, der die 1600 Unterschriften gegen den Verkauf der drei Gebäude an die SWSG gesammelt hat, hätte nichts gegen eine Verdichtung der Bordellbetriebe. „Aber nur, wenn es ein Konzept für das ganze Viertel inklusive Bohnenviertel gibt. Und das fehlt“, sagt er. Sebastian Erdle, Initiator des Protests gegen die Prostitution im Bohnenviertel mit rund 300 Unterschriften, sieht die Stadt in der Pflicht, vor allem das Hotel Türmle in der Weber- und das Hotel Dieter in der Brennerstraße zu schließen. „Dort bahnen bis zu 40 Prostituierte illegal auf dem Straßenstrich ihr Geschäft an“, sagt er. Da beide Häuser als Hotel zugelassen sind, sei eine Schließung äußerst schwierig. „Die Frauen warten ja nicht im Haus auf Freier, sondern auf der Straße. Und in ein Hotel können sie mitnehmen, wen sie wollen“, sagt ein Kenner der Szene.
Leonhardsviertel
Veronika Kienzle, Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, geht nicht davon aus, dass in die Gebäude, die die Stadt an die SWSG verkaufen will, Bordelle einziehen könnten. „Die SWSG hat aus ihrem Fehler gelernt“, sagt sie. Der Fehler war der Verkauf eines Gebäudes in der Leonhardstraße, in dem trotz einer Unzulässigkeitsklausel im Grundbuch ein illegales Bordell betrieben und trotz eindeutiger Gerichtsurteile nicht geschlossen wird. Von einem Klein St. Pauli, dass das „Gros der Bordelle abkriegt“, hält sie dagegen nichts. „Bei etwa 850 Einwohnern im Leonhardsviertel haben wir genug Bordelle. Dort darf kein Industriegebiet fürs horizontale Gewerbe entstehen.“ Außerdem müsse ausgeschlossen werden, dass aus illegalen legale Betriebe würden.
Bevor das Konzept dem Gemeinderat vorgelegt wird, soll es im Unterausschuss Leonhardsviertel diskutiert werden. Bislang hatten die Bürger den Eindruck, das der Unterausschuss bei Entscheidungen übergangen wird.
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Leonhardsviertel in Stuttgart
Das Leonhardsviertel könnte ein Schmuckstück sein
Thomas Faltin, 20.08.2014 10:40 Uhr
Stuttgart - Die Not der Frauen, die sich im Leonhardsviertel prostituieren müssen, ist nicht das einzige Problem in der Stuttgarter Altstadt - auch städtebaulich kommt das Quartier immer mehr herunter. An vielen Ecken sammelt sich Müll an, billige Leuchtreklamen verschandeln die Fassaden schöner Häuser, und selbst denkmalgeschützte Häuser verfallen zusehends. So verstärkt sich das Schmuddelimage des Viertels: "Die Altstadt ist auch städtebaulich ein Notstandsgebiet", sagt die grüne Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle.
Dabei könnte das Quartier ein Schmuckstück sein, ja im besten Fall ein Viertel, das kein Tourist auslassen darf. Denn es gibt dort so viele Kulturdenkmale auf engstem Raum wie an kaum einem anderen Ort in Stuttgart: Allein im engeren Rotlichtbezirk stehen 19 Gebäude unter Denkmalschutz. Darunter befinden sich viele der ältesten Häuser der Stadtmitte. Zwar hat dieses Gebiet früher außerhalb des Stadtkerns gelegen und ist erst von 1400 an besiedelt worden; aber im Zentrum selbst sind kaum mittelalterliche Gebäude erhalten, wenn man von der Stiftskirche und dem Alten Schloss absieht.
Doch die städtebauliche Aufwertung ist ein komplexes Problem. So müsste die hintere Weberstraße, entlang der früheren Stadtmauer, insgesamt aufgewertet werden; dort blättert der Putz, die Beleuchtung ist schummrig, es gibt nur eine belebende Kneipe, und die schließt demnächst. Daneben sind einige Häuser sichtbar in schlechtem Zustand, so das denkmalgeschützte klassizistische Haus von 1827 an der Leonhardstraße 18. Negatives Paradebeispiel sind die Barockhäuser an der Leonhardstraße 1 und Jakobstraße 2. Während ersteres vor kurzem zumindest außen saniert worden ist, scheint das andere jeden Augenblick zusammenzufallen.
Die Stadt hat versucht, Häuser zu erwerben
Kienzle spricht in diesem Zusammenhang von "Aggression der Eigentümer gegen ein Kulturgut": "Deshalb müsste auch die Stadt viel aggressiver vorgehen." Manche vermuten, dass die Häuser bewusst verkommen – damit sie irgendwann zum Abrisskandidaten werden und neu gebaut werden darf. Die Stadt (und Privatleute) haben versucht, die Häuser zu erwerben, doch die Preisvorstellungen hätten weit jenseits des Verkehrswertes gelegen.
Fabian Schlabach, der Sprecher der Stadt, sagt, dass Eigentümer und Denkmalamt ein Sanierungskonzept vorgelegt hätten; es sei wegen baurechtlicher Probleme gescheitert: "So wurden die Bestimmungen so verschärft, dass in Außenmauern, die sich auf der Grundstücksgrenze befinden, keine Belichtungsöffnungen eingebracht werden können."
Diese Aussage irritiert wiederum den Eigentümer. Von baurechtlichen Problemen wisse er nichts; er plane vielmehr, innerhalb der nächsten sechs Monate mit der Sanierung der Jakobstraße 2 zu starten, die er mit den Behörden abstimme. Er kritisiert die Stadt, weil er als Eigentümer nicht wisse, wohin die Entwicklung gehe - sollen dort verstärkt normale Geschäfte angesiedelt werden, oder sollen dort gar die Vergnügungsstätten konzentriert werden? "Es wäre hilfreich, wenn sich die Stadt erklären würde", so der Eigentümer.
Grundsätzlich sieht die Denkmalbehörde kein Problem im Leonhardsviertel: "Bei keinem der Gebäude ist der Zustand so schlecht, dass die Untere Denkmalbehörde derzeit ein Eingriffsverfahren angestrengt hat", so Schlabach. Im Klartext: noch sieht die Stadt keinen Handlungsbedarf. Anwohner bewerten die Situation dezidiert anders.
Stadt will Einfluss auf Entwicklung nehmen
Die Stadt bemüht sich aber zu handeln, schon wegen der Probleme durch die Armutsprostitution. Sie hat das Quartier vor einiger Zeit zum "Stadterneuerungsvorranggebiet" erklärt, so dass sie jetzt bei jedem Immobilienhandel ein Vorkaufsrecht besitzt. Doch das ist noch keine Garantie für ein Gelingen. So hat sich die Stadt an der Hauptstätter Straße 49, direkt am Eingang zur Weberstraße, ein altes Handwerkerhaus gesichert, das aus dem 15. Jahrhundert stammen könnte. Doch es existiert ein bindender Pachtvertrag - eine Sanierung muss deshalb bis mindestens 2016 warten. Zumindest das illegale Bordell ist draußen. Ein Sanierungskonzept ist den Denkmalbehörden nicht bekannt.
Auch bei den Gebäuden Jakobstraße 6 sowie Weberstraße 11 c und d hat die Stadt ihr Vorkaufsrecht wahrgenommen. Zuletzt gab es Ärger, weil diese Häuser der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) übergeben werden sollten; das störte einige Bürger. Grundsätzlich bleibe es die Politik der Stadt, im Rahmen des Möglichen Häuser zu erwerben, um Einfluss auf die Entwicklung des Quartiers zu bekommen, betont Bürgermeister Michael Föll. Insgesamt besitzt die Stadt im Viertel nur ein Dutzend Gebäude; der prägende Eigentümer sei man dort nicht.
Hoffnung könnte hingegen machen, dass es im Viertel viele Menschen gibt, die sich gegen die Entwicklung stemmen. Neben dem Gastronomen Heinrich Huth gehört dazu der Ingenieur Manfred Hund, der 2008 das denkmalgeschützte Gebäude in der Leonhardstraße 13 saniert und dort Wohnungen und eine Champagnerbar installiert hat, die nichts mit dem Milieu zu tun hat. Auch Manfred Hund nimmt die Stadt in die Pflicht: "Entscheidend ist, wie stark der Wille ist, Dinge durchzusetzen", sagt er. Bislang sei dieser bei der Stadt zu wenig ausgeprägt. Auch nehme Stuttgart zu wenig Geld in die Hand - Sauberkeit, Beleuchtung, Straßenbelag, all das lasse zu wünschen übrig.
Bernd Langner, der Geschäftsführer des Schwäbischen Heimatbundes, schlägt vor, eine Bestandsaufnahme zu machen, um einen Überblick über den Zustand der Häuser zu erhalten. Daneben müsse man Strategien für neue Nutzungen entwickeln. So könnte er sich in dem Handwerkerhaus an der Hauptstätter Straße ein Tourismusbüro vorstellen, in dem auch alte Ansichtskarten verkauft werden, die das Viertel in seiner historischen Schönheit zeigen. Langner weiß, wovon er spricht: Der Schwäbische Heimatbund hat seinen Sitz im Viertel. Das Haus war in den 1990er Jahren saniert worden und ist heute ein Schmuckstück. Andere warten weiter darauf, aufpoliert zu werden.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhal ... 308d9.html
Kommentar zum Rotlichtviertel
Ein Armutszeugnis für Stuttgart
Jörg Nauke, 20.08.2014 10:37 Uhr
Stuttgart - "Die wollen sie gewiss nicht sehen", hat unlängst ein Ortskundiger die Frage eines Touristenpärchens aus Dresden nach dem Weg zu Stuttgarts historischer Altstadt negativ beschieden. Nicht, dass es rund um die Leonhardskirche keine verwinkelten Gassen, windschiefe Häuser, nette Läden oder Cafés gäbe; das Erscheinungsbild prägen allerdings dem Verfall preisgegebene, denkmalgeschützte Gebäude, die Leuchtreklame von Animierbars, heruntergekommene Stundenhotels, vor allem aber traumatisierte Frauen aus Osteuropa, die auch in dieser schönen Stadt gezwungen sind, ihre geschundenen Körper auf der Straße zu verramschen.
Der Gemeinderat und die Stadtverwaltung haben dieses Armutszeugnis schon vor Jahren abgezeichnet. Sie bedauern die Situation - und verweisen auf den Bundesgesetzgeber, auf die komplizierte Rechtslage und langwierige Auseinandersetzungen mit skrupellosen Hauseigentümern, Bordellbesitzern und deren aalglatten Anwälten. Auch OB Fritz Kuhn hat sich vor Ort ein Bild gemacht – damals in seinem eigenen Wahlkampf. 20 Prozent seiner Amtszeit sind nun verstrichen, ohne dass sich etwas zum Besseren verändert hätte, lässt man den verkehrsbeschränkenden Poller an der Leonhardstraße außen vor.
Das ist erstaunlich wenig, wenn man bedenkt, dass allein schon stärkere Kontrollen und eine städtebauliche Aufwertung Abhilfe versprechen würden. Es lässt sich aber weder eine Zusammenarbeit an der Rathausspitze ausmachen noch die Absicht, mutig durchzugreifen. Kuhn muss klare Kante zeigen - nach außen und innen.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhal ... cfecc.html
Das Leonhardsviertel könnte ein Schmuckstück sein
Thomas Faltin, 20.08.2014 10:40 Uhr
Stuttgart - Die Not der Frauen, die sich im Leonhardsviertel prostituieren müssen, ist nicht das einzige Problem in der Stuttgarter Altstadt - auch städtebaulich kommt das Quartier immer mehr herunter. An vielen Ecken sammelt sich Müll an, billige Leuchtreklamen verschandeln die Fassaden schöner Häuser, und selbst denkmalgeschützte Häuser verfallen zusehends. So verstärkt sich das Schmuddelimage des Viertels: "Die Altstadt ist auch städtebaulich ein Notstandsgebiet", sagt die grüne Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle.
Dabei könnte das Quartier ein Schmuckstück sein, ja im besten Fall ein Viertel, das kein Tourist auslassen darf. Denn es gibt dort so viele Kulturdenkmale auf engstem Raum wie an kaum einem anderen Ort in Stuttgart: Allein im engeren Rotlichtbezirk stehen 19 Gebäude unter Denkmalschutz. Darunter befinden sich viele der ältesten Häuser der Stadtmitte. Zwar hat dieses Gebiet früher außerhalb des Stadtkerns gelegen und ist erst von 1400 an besiedelt worden; aber im Zentrum selbst sind kaum mittelalterliche Gebäude erhalten, wenn man von der Stiftskirche und dem Alten Schloss absieht.
Doch die städtebauliche Aufwertung ist ein komplexes Problem. So müsste die hintere Weberstraße, entlang der früheren Stadtmauer, insgesamt aufgewertet werden; dort blättert der Putz, die Beleuchtung ist schummrig, es gibt nur eine belebende Kneipe, und die schließt demnächst. Daneben sind einige Häuser sichtbar in schlechtem Zustand, so das denkmalgeschützte klassizistische Haus von 1827 an der Leonhardstraße 18. Negatives Paradebeispiel sind die Barockhäuser an der Leonhardstraße 1 und Jakobstraße 2. Während ersteres vor kurzem zumindest außen saniert worden ist, scheint das andere jeden Augenblick zusammenzufallen.
Die Stadt hat versucht, Häuser zu erwerben
Kienzle spricht in diesem Zusammenhang von "Aggression der Eigentümer gegen ein Kulturgut": "Deshalb müsste auch die Stadt viel aggressiver vorgehen." Manche vermuten, dass die Häuser bewusst verkommen – damit sie irgendwann zum Abrisskandidaten werden und neu gebaut werden darf. Die Stadt (und Privatleute) haben versucht, die Häuser zu erwerben, doch die Preisvorstellungen hätten weit jenseits des Verkehrswertes gelegen.
Fabian Schlabach, der Sprecher der Stadt, sagt, dass Eigentümer und Denkmalamt ein Sanierungskonzept vorgelegt hätten; es sei wegen baurechtlicher Probleme gescheitert: "So wurden die Bestimmungen so verschärft, dass in Außenmauern, die sich auf der Grundstücksgrenze befinden, keine Belichtungsöffnungen eingebracht werden können."
Diese Aussage irritiert wiederum den Eigentümer. Von baurechtlichen Problemen wisse er nichts; er plane vielmehr, innerhalb der nächsten sechs Monate mit der Sanierung der Jakobstraße 2 zu starten, die er mit den Behörden abstimme. Er kritisiert die Stadt, weil er als Eigentümer nicht wisse, wohin die Entwicklung gehe - sollen dort verstärkt normale Geschäfte angesiedelt werden, oder sollen dort gar die Vergnügungsstätten konzentriert werden? "Es wäre hilfreich, wenn sich die Stadt erklären würde", so der Eigentümer.
Grundsätzlich sieht die Denkmalbehörde kein Problem im Leonhardsviertel: "Bei keinem der Gebäude ist der Zustand so schlecht, dass die Untere Denkmalbehörde derzeit ein Eingriffsverfahren angestrengt hat", so Schlabach. Im Klartext: noch sieht die Stadt keinen Handlungsbedarf. Anwohner bewerten die Situation dezidiert anders.
Stadt will Einfluss auf Entwicklung nehmen
Die Stadt bemüht sich aber zu handeln, schon wegen der Probleme durch die Armutsprostitution. Sie hat das Quartier vor einiger Zeit zum "Stadterneuerungsvorranggebiet" erklärt, so dass sie jetzt bei jedem Immobilienhandel ein Vorkaufsrecht besitzt. Doch das ist noch keine Garantie für ein Gelingen. So hat sich die Stadt an der Hauptstätter Straße 49, direkt am Eingang zur Weberstraße, ein altes Handwerkerhaus gesichert, das aus dem 15. Jahrhundert stammen könnte. Doch es existiert ein bindender Pachtvertrag - eine Sanierung muss deshalb bis mindestens 2016 warten. Zumindest das illegale Bordell ist draußen. Ein Sanierungskonzept ist den Denkmalbehörden nicht bekannt.
Auch bei den Gebäuden Jakobstraße 6 sowie Weberstraße 11 c und d hat die Stadt ihr Vorkaufsrecht wahrgenommen. Zuletzt gab es Ärger, weil diese Häuser der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) übergeben werden sollten; das störte einige Bürger. Grundsätzlich bleibe es die Politik der Stadt, im Rahmen des Möglichen Häuser zu erwerben, um Einfluss auf die Entwicklung des Quartiers zu bekommen, betont Bürgermeister Michael Föll. Insgesamt besitzt die Stadt im Viertel nur ein Dutzend Gebäude; der prägende Eigentümer sei man dort nicht.
Hoffnung könnte hingegen machen, dass es im Viertel viele Menschen gibt, die sich gegen die Entwicklung stemmen. Neben dem Gastronomen Heinrich Huth gehört dazu der Ingenieur Manfred Hund, der 2008 das denkmalgeschützte Gebäude in der Leonhardstraße 13 saniert und dort Wohnungen und eine Champagnerbar installiert hat, die nichts mit dem Milieu zu tun hat. Auch Manfred Hund nimmt die Stadt in die Pflicht: "Entscheidend ist, wie stark der Wille ist, Dinge durchzusetzen", sagt er. Bislang sei dieser bei der Stadt zu wenig ausgeprägt. Auch nehme Stuttgart zu wenig Geld in die Hand - Sauberkeit, Beleuchtung, Straßenbelag, all das lasse zu wünschen übrig.
Bernd Langner, der Geschäftsführer des Schwäbischen Heimatbundes, schlägt vor, eine Bestandsaufnahme zu machen, um einen Überblick über den Zustand der Häuser zu erhalten. Daneben müsse man Strategien für neue Nutzungen entwickeln. So könnte er sich in dem Handwerkerhaus an der Hauptstätter Straße ein Tourismusbüro vorstellen, in dem auch alte Ansichtskarten verkauft werden, die das Viertel in seiner historischen Schönheit zeigen. Langner weiß, wovon er spricht: Der Schwäbische Heimatbund hat seinen Sitz im Viertel. Das Haus war in den 1990er Jahren saniert worden und ist heute ein Schmuckstück. Andere warten weiter darauf, aufpoliert zu werden.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhal ... 308d9.html
Kommentar zum Rotlichtviertel
Ein Armutszeugnis für Stuttgart
Jörg Nauke, 20.08.2014 10:37 Uhr
Stuttgart - "Die wollen sie gewiss nicht sehen", hat unlängst ein Ortskundiger die Frage eines Touristenpärchens aus Dresden nach dem Weg zu Stuttgarts historischer Altstadt negativ beschieden. Nicht, dass es rund um die Leonhardskirche keine verwinkelten Gassen, windschiefe Häuser, nette Läden oder Cafés gäbe; das Erscheinungsbild prägen allerdings dem Verfall preisgegebene, denkmalgeschützte Gebäude, die Leuchtreklame von Animierbars, heruntergekommene Stundenhotels, vor allem aber traumatisierte Frauen aus Osteuropa, die auch in dieser schönen Stadt gezwungen sind, ihre geschundenen Körper auf der Straße zu verramschen.
Der Gemeinderat und die Stadtverwaltung haben dieses Armutszeugnis schon vor Jahren abgezeichnet. Sie bedauern die Situation - und verweisen auf den Bundesgesetzgeber, auf die komplizierte Rechtslage und langwierige Auseinandersetzungen mit skrupellosen Hauseigentümern, Bordellbesitzern und deren aalglatten Anwälten. Auch OB Fritz Kuhn hat sich vor Ort ein Bild gemacht – damals in seinem eigenen Wahlkampf. 20 Prozent seiner Amtszeit sind nun verstrichen, ohne dass sich etwas zum Besseren verändert hätte, lässt man den verkehrsbeschränkenden Poller an der Leonhardstraße außen vor.
Das ist erstaunlich wenig, wenn man bedenkt, dass allein schon stärkere Kontrollen und eine städtebauliche Aufwertung Abhilfe versprechen würden. Es lässt sich aber weder eine Zusammenarbeit an der Rathausspitze ausmachen noch die Absicht, mutig durchzugreifen. Kuhn muss klare Kante zeigen - nach außen und innen.
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RE: STUTTGART: Leonhardsviertel Debatte
Widerwärtig
" ... vor allem aber traumatisierte Frauen aus Osteuropa, die auch in dieser schönen Stadt gezwungen sind, ihre geschundenen Körper auf der Straße zu verramschen." (Jörg Nauke, 20.08.2014 10:37 Uhr, in: http://www.stuttgarter-zeitung.de/i.... ... cfecc.html)
Ich denke, dieser Kommentar von Herrn Nauke, sollte dem Deutschen Presserat vorgelegt und von diesem mit einer Rüge bedacht werden. Besser der Antrag dazu an den Presserat käme aus Stuttgart. Den Versuch wäre es wert. Und eine Rüge des deutschen Presserates an die Adresse der Stuttgarter-Zeitung wäre vielleicht heilsam für andere Schreiberlinge, die Menschenverachtung salonfähig schreiben.
Derweil habe ich den Kommentar von Herrn Nauke in der Stuttgarter Zeitung kommentiert (ob der Komentar freigeschalte wird, werden wir erleben. Hier zur Dokumentation:
W i d e r w ä r t i g
" ... vor allem aber traumatisierte Frauen aus Osteuropa, die auch in dieser schönen Stadt gezwungen sind, ihre geschundenen Körper auf der Straße zu verramschen."
Sehr geehrter Herr Nauke,
Mit welch bodenloser Verachtung sprechen Sie pauschalierend über Sexarbeiterinnen aus Osteuropa, die um Ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu erwirtschaften, in Stuttgart öffentlichen Raum nutzen?
Haben sie mit der Mehrzahl dieser Frauen gesprochen und können daher die Aussage beeiden, diese seien (alle? wirklich jede?) traumatisiert, gezwungen (von wem oder von was?), geschunden (wie, von wem, womit?) und würden ihren Körper verramschen? Haben Sie Beweise für Ihre Behauptung? Ja? Auf den Tisch damit. Bitte keine Spekulationen, persönliche Einschätzungen oder Einzelfälle. Gerichtsfeste Beweise! Nein? Wieso dann diese Hetze?
Wissen die aus Osteuropa stammenden Sexarbeiterinnen, von dieser ihnen durch Sie verpassten Sperrmüll-Etikettierung? Würden Sie so auch von Frauen sprechen, wenn sie aus Israel stammen? Abwertung von Osteuropäerinnen zu Ramsch betreiben? Brandmarkungen und Diffamierung aktualisieren?
Ein Journalist hetzt. Seine Redaktion gibt ihm die "Freiheit": Das Leonhardsviertel, das ohne den Ramsch aus Osteuropa ein Schmuckstück sein könnte, wird zur Säuberung freigeben? Ist es die Absicht der Verantwortlichen in der Redaktion, dass diese Haltung salonfähig geschrieben wird? Menschen? Ramsch!
Kürzlich "warnte die scheidende UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay am 10. Juni vor wachsendem Fremdenhass in Europa, für den auch die „extremistische Rhetorik“ von Politikern verantwortlich sei." (Migration und Bevölkerung, Newsletter 5/2014, S. 5).
Unter "Ausnutzung der Hilflosigkeit in einem fremden Land" schreiben Sie Herr Nauke und die Stuttgarter-Zeitung, eine Gruppe von Menschen nieder, die strukturell, durch die Sprachbarriere, wehrlos ist. Sie schlagen daraus politisches, eventuell auch Auflagenkapital. Eine sehr spezielle Form der Ausbeutung von Menschen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, wird von ihnen, zu deren Nachteil, gehandelt. Schmähung von Sexarbeitenden, verurteilt vom EU Parlament! (EU Parlament, M. Honeyball, 3.2.2014, b 13.)
Klaus Fricke
" ... vor allem aber traumatisierte Frauen aus Osteuropa, die auch in dieser schönen Stadt gezwungen sind, ihre geschundenen Körper auf der Straße zu verramschen." (Jörg Nauke, 20.08.2014 10:37 Uhr, in: http://www.stuttgarter-zeitung.de/i.... ... cfecc.html)
Ich denke, dieser Kommentar von Herrn Nauke, sollte dem Deutschen Presserat vorgelegt und von diesem mit einer Rüge bedacht werden. Besser der Antrag dazu an den Presserat käme aus Stuttgart. Den Versuch wäre es wert. Und eine Rüge des deutschen Presserates an die Adresse der Stuttgarter-Zeitung wäre vielleicht heilsam für andere Schreiberlinge, die Menschenverachtung salonfähig schreiben.
Derweil habe ich den Kommentar von Herrn Nauke in der Stuttgarter Zeitung kommentiert (ob der Komentar freigeschalte wird, werden wir erleben. Hier zur Dokumentation:
W i d e r w ä r t i g
" ... vor allem aber traumatisierte Frauen aus Osteuropa, die auch in dieser schönen Stadt gezwungen sind, ihre geschundenen Körper auf der Straße zu verramschen."
Sehr geehrter Herr Nauke,
Mit welch bodenloser Verachtung sprechen Sie pauschalierend über Sexarbeiterinnen aus Osteuropa, die um Ihren Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu erwirtschaften, in Stuttgart öffentlichen Raum nutzen?
Haben sie mit der Mehrzahl dieser Frauen gesprochen und können daher die Aussage beeiden, diese seien (alle? wirklich jede?) traumatisiert, gezwungen (von wem oder von was?), geschunden (wie, von wem, womit?) und würden ihren Körper verramschen? Haben Sie Beweise für Ihre Behauptung? Ja? Auf den Tisch damit. Bitte keine Spekulationen, persönliche Einschätzungen oder Einzelfälle. Gerichtsfeste Beweise! Nein? Wieso dann diese Hetze?
Wissen die aus Osteuropa stammenden Sexarbeiterinnen, von dieser ihnen durch Sie verpassten Sperrmüll-Etikettierung? Würden Sie so auch von Frauen sprechen, wenn sie aus Israel stammen? Abwertung von Osteuropäerinnen zu Ramsch betreiben? Brandmarkungen und Diffamierung aktualisieren?
Ein Journalist hetzt. Seine Redaktion gibt ihm die "Freiheit": Das Leonhardsviertel, das ohne den Ramsch aus Osteuropa ein Schmuckstück sein könnte, wird zur Säuberung freigeben? Ist es die Absicht der Verantwortlichen in der Redaktion, dass diese Haltung salonfähig geschrieben wird? Menschen? Ramsch!
Kürzlich "warnte die scheidende UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay am 10. Juni vor wachsendem Fremdenhass in Europa, für den auch die „extremistische Rhetorik“ von Politikern verantwortlich sei." (Migration und Bevölkerung, Newsletter 5/2014, S. 5).
Unter "Ausnutzung der Hilflosigkeit in einem fremden Land" schreiben Sie Herr Nauke und die Stuttgarter-Zeitung, eine Gruppe von Menschen nieder, die strukturell, durch die Sprachbarriere, wehrlos ist. Sie schlagen daraus politisches, eventuell auch Auflagenkapital. Eine sehr spezielle Form der Ausbeutung von Menschen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, wird von ihnen, zu deren Nachteil, gehandelt. Schmähung von Sexarbeitenden, verurteilt vom EU Parlament! (EU Parlament, M. Honeyball, 3.2.2014, b 13.)
Klaus Fricke
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Lieben Dank Klaus,
dein Text ist einfach wunderbar!
Ich mache mir Sorgen um das Bohnenviertel...
Es klingt alles so sehr nach Gentrifizierung. Das schöne Bohnenviertel soll gerettet werden, und man vergisst ganz nebenbei, dass es hier um Menschen geht: deren Anliegen gar nicht gesehen werden, weil sie ja gar nicht mehr als Mensch gesehen werden.
Und diese Verachtung und diese Verallgemeinerungen sind einfach unerträglich...
Wurde dein Kommentar denn freigeschaltet?
dein Text ist einfach wunderbar!
Ich mache mir Sorgen um das Bohnenviertel...
Es klingt alles so sehr nach Gentrifizierung. Das schöne Bohnenviertel soll gerettet werden, und man vergisst ganz nebenbei, dass es hier um Menschen geht: deren Anliegen gar nicht gesehen werden, weil sie ja gar nicht mehr als Mensch gesehen werden.
Und diese Verachtung und diese Verallgemeinerungen sind einfach unerträglich...
Wurde dein Kommentar denn freigeschaltet?
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RE: STUTTGART: Leonhardsviertel Debatte
Hallo Laloba,
nein, der Kommentar war zumindest bis gestern nicht freigeschaltet.
Was hälst Du von der Idee mit dem Deutschen Presserat. Eine Beschwerde könnte auf der Grundlage des Pressekodex ( http://www.presserat.de/fileadmin/user_ ... ig_web.pdf ) mit dem Ziel der Erteilung einer Rüge an Herrn Nauke und die Stuttgarter Zeitung erfolgen.
Folgende Grundsätze dieses Kodexes sehe ich direkt oder indirekt verletzt.
"Ziffer 1
WAHRHAFTIGKEIT UND ACHTUNG DER MENSCHENWÜRDE
Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. ...
Ziffer 2
SORGFALT
Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafiksind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. ...
Ziffer 9
SCHUTZ DER EHRE
Es widerspricht journalistischer Ethik, mit unangemessenen Darstellungen in Wort und Bild Menschen in ihrer Ehre zu verletzen.
Ziffer 12
DISKRIMINIERUNGEN
Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.
Ziffer 13
UNSCHULDSVERMUTUNG
Die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und sonstige förmliche Verfahren muss frei von Vorurteilen erfolgen. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt auch für die Presse. (kursive Hervorhebungen K.F.)"
Ich würde mich freuen, wenn es StuttgarterInnen gäbe, die sich in dieser Sache an den Deutschen Preserat wenden wollen und wäre dabei eine solche Initiative zu unterstützen. Als Bremer möchte ich die Beschwerde aber nicht alleine führen. Da warte ich dann lieber auf einen Fauxpas der hiesigen Presse.
Klaus
nein, der Kommentar war zumindest bis gestern nicht freigeschaltet.
Was hälst Du von der Idee mit dem Deutschen Presserat. Eine Beschwerde könnte auf der Grundlage des Pressekodex ( http://www.presserat.de/fileadmin/user_ ... ig_web.pdf ) mit dem Ziel der Erteilung einer Rüge an Herrn Nauke und die Stuttgarter Zeitung erfolgen.
Folgende Grundsätze dieses Kodexes sehe ich direkt oder indirekt verletzt.
"Ziffer 1
WAHRHAFTIGKEIT UND ACHTUNG DER MENSCHENWÜRDE
Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse. ...
Ziffer 2
SORGFALT
Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafiksind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. ...
Ziffer 9
SCHUTZ DER EHRE
Es widerspricht journalistischer Ethik, mit unangemessenen Darstellungen in Wort und Bild Menschen in ihrer Ehre zu verletzen.
Ziffer 12
DISKRIMINIERUNGEN
Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.
Ziffer 13
UNSCHULDSVERMUTUNG
Die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und sonstige förmliche Verfahren muss frei von Vorurteilen erfolgen. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt auch für die Presse. (kursive Hervorhebungen K.F.)"
Ich würde mich freuen, wenn es StuttgarterInnen gäbe, die sich in dieser Sache an den Deutschen Preserat wenden wollen und wäre dabei eine solche Initiative zu unterstützen. Als Bremer möchte ich die Beschwerde aber nicht alleine führen. Da warte ich dann lieber auf einen Fauxpas der hiesigen Presse.
Klaus
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RE: STUTTGART: Leonhardsviertel Debatte
Prostitution in S-Mitte Häuser widerrechtlich genutzt
Marc Schieferecke,
Mit stetiger Polizeipräsenz will die Stadt der Situation im Leonhardsviertel Herr werden.
S-Mitte - Das Geschäft wirkt denkwürdig. Die Stadt hat sich ein Haus an der Weberstraße gesichert – per Vorkaufsrecht. Im Erdgeschoss residiert das Finkennest, eine Kneipe. Das Haus ist baufällig und denkmalgeschützt. Weshalb die Stadt es an ihre Wohnbaugesellschaft SWSG gleichsam zwangsverkaufen will. Womöglich wird der Zwangs- zum Glückskauf. Einst schafften in den Wohnungen über der Kneipe Prostituierte an – illegal. Nun wird im Rathaus erwogen, an der Weber- und Leonhardstraße Bordelle zu erlauben. Kommt es so, dürfte der Wert des Hauses sich vervielfachen. Hingegen wird die Eigentümer gegenüber ein Wertverfall grämen. Die Bordellerlaubnis soll jeweils nur für eine Straßenseite gelten.
Merkwürdiger Umgang mit Sexarbeit
Das Vorhaben ist die vorerst letzte Kuriosität im Umgang mit der Prostitution. Seit 1978 ist Stuttgarts Mitte Sperrgebiet. Lediglich eine Handvoll Bordelle in ganz Stuttgart werden legal betrieben. Der Straßenstrich ist trotzdem unübersehbar, beispielhaft vor zwei angeblichen Hotels im Bohnenviertel oder an der Katharinenstraße gar gegenüber einer Grundschule. Deren Fenster zur Turnhalle sind aus nahe liegendem Grund verhängt. Was unnötig sein sollte: Wer der Prostitution in der Nähe einer Schule in einer Weise nachgeht, die Personen unter 18 Jahren sittlich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft. So steht es im Strafgesetzbuch.
Götz Wintterlin sieht von seiner Tür aus, wie das Prostitutionsverbot missachtet wird. Er betreibt eine Fotogalerie im Bohnenviertel – mit Blick auf eines jener angeblichen Hotels. „Was Stuttgart mit der Prostitution tut, versteht kein Mensch“, sagt er. Das ist nicht das Wort eines Fotografen, sondern eines Fachkundigen. Vor seinem Ruhestand war Wintterlin im Rathaus Freiburg zuständig dafür, Regelverstöße der Rotlichtbranche zu ahnden.
Einst galt Stuttgart als fortschrittlich im Umgang mit Sexarbeit. „Als Ende der Sechziger das Dreifarbenhaus eröffnet hat, war das ein bundesweiter Skandal“, sagt Wintterlin. Inzwischen gilt Stuttgart nicht nur ihm als merkwürdig im Umgang mit Sexarbeit. Gemäß Zählung aus dem Rathaus werden allein im Leonhardsviertel ein Dutzend Häuser widerrechtlich zur Prostitution genutzt. Laut den Bordellbetreibern, die legal Sex anbieten, sind es 22.
Die Rechtslage ist verwirrend
Aktuell streitet die Stadt sich mit dem Besitzer des Hauses an der Leonhardstraße 16 – wieder einmal. Nach Jahre währenden Verfahren hatte das Oberlandesgericht dort die Prostitution verboten. Das Bordell wurde geschlossen – und wieder geöffnet. Nun prozessiert die Stadt erneut. In einem Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht Stuttgart eindeutig geurteilt: Der Betrieb muss geschlossen werden. Bis dahin kann es aber dauern. Aktuell liegt der Fall in der nächsten Instanz. Die „wird auch entscheiden, dass wir Recht haben“, sagt der Anwalt Roger Bohn, den die Stadt regelmäßig bei Rechtsstreitigkeiten mit Rotlichtbetrieben beauftragt, „aber dann kommt erst das Hauptsacheverfahren“ – sofern der Bordellbetreiber nicht freiwillig schließt. Seit im Jahr 2001 die rot-grüne Bundesregierung beschlossen hat, Prostitution zu legalisieren, ist die Rechtslage verwirrend. Allerdings haben andere Städte reagiert. Zuvorderst Köln versucht, sich der Probleme mit der Prostitution nüchtern zu entledigen – mit sogenannten Verrichtungsboxen. In den Verschlägen – Garagen ähnlich – bedienen Dirnen ihre Freier unter dem Schutz von Wachleuten. Statt wie in Stuttgart 100 bis 150 Euro täglich für ein Zimmer zahlen sie sechs Euro pro Nacht. Gewalt und Geschlechtskrankheiten seien deutlich zurückgegangen, bilanzierten die Kölner nach den ersten drei Jahren.
„Sofortvollzug schwierig, aber im Einzelfall möglich“
Köln hat sofort nach der Gesetzesänderung seine Sperrbezirksverordnung verschärft, die regelt, wo Sexbetriebe legal sind und wo nicht. München folgte 2003. Seitdem „kann man schnell eingreifen“, sagt Thorsten Vogel vom Münchener Bauamt, selbst sofortige Schließungen seien zwar nicht einfach, aber „grundsätzlich möglich, etwa bei Problemen mit dem Brandschutz“. Laut Auskunft aus dem Kölner Rathaus ist „ein Sofortvollzug schwierig, aber im Einzelfall möglich, beispielsweise, wenn eine Grundschule in der Nähe ist“.
Ähnlich sah es das Verwaltungsgericht Stuttgart, als es entschied, ein illegales Bordell zu versiegeln, sei rechtmäßig gewesen. Das Datum des Urteils gibt aber einen Hinweis, wie lange dieser Versuch in Stuttgart nicht unternommen wurde. Der Fall stammt aus dem Jahr 1979.
Der bayerische Verwaltungsgerichtshof urteilte in einem Fall in Bamberg vor knapp zwei Jahren gar, dass „ein Sofortvollzug regelmäßig gerechtfertigt“ sei. Anders wäre es laut Richterspruch nur, wenn „die Behörde den illegalen Zustand mit Wissen und Wollen über einen längeren Zeitraum geduldet hätte“.
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/i ... 95f0b.html
Marc Schieferecke,
Mit stetiger Polizeipräsenz will die Stadt der Situation im Leonhardsviertel Herr werden.
S-Mitte - Das Geschäft wirkt denkwürdig. Die Stadt hat sich ein Haus an der Weberstraße gesichert – per Vorkaufsrecht. Im Erdgeschoss residiert das Finkennest, eine Kneipe. Das Haus ist baufällig und denkmalgeschützt. Weshalb die Stadt es an ihre Wohnbaugesellschaft SWSG gleichsam zwangsverkaufen will. Womöglich wird der Zwangs- zum Glückskauf. Einst schafften in den Wohnungen über der Kneipe Prostituierte an – illegal. Nun wird im Rathaus erwogen, an der Weber- und Leonhardstraße Bordelle zu erlauben. Kommt es so, dürfte der Wert des Hauses sich vervielfachen. Hingegen wird die Eigentümer gegenüber ein Wertverfall grämen. Die Bordellerlaubnis soll jeweils nur für eine Straßenseite gelten.
Merkwürdiger Umgang mit Sexarbeit
Das Vorhaben ist die vorerst letzte Kuriosität im Umgang mit der Prostitution. Seit 1978 ist Stuttgarts Mitte Sperrgebiet. Lediglich eine Handvoll Bordelle in ganz Stuttgart werden legal betrieben. Der Straßenstrich ist trotzdem unübersehbar, beispielhaft vor zwei angeblichen Hotels im Bohnenviertel oder an der Katharinenstraße gar gegenüber einer Grundschule. Deren Fenster zur Turnhalle sind aus nahe liegendem Grund verhängt. Was unnötig sein sollte: Wer der Prostitution in der Nähe einer Schule in einer Weise nachgeht, die Personen unter 18 Jahren sittlich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft. So steht es im Strafgesetzbuch.
Götz Wintterlin sieht von seiner Tür aus, wie das Prostitutionsverbot missachtet wird. Er betreibt eine Fotogalerie im Bohnenviertel – mit Blick auf eines jener angeblichen Hotels. „Was Stuttgart mit der Prostitution tut, versteht kein Mensch“, sagt er. Das ist nicht das Wort eines Fotografen, sondern eines Fachkundigen. Vor seinem Ruhestand war Wintterlin im Rathaus Freiburg zuständig dafür, Regelverstöße der Rotlichtbranche zu ahnden.
Einst galt Stuttgart als fortschrittlich im Umgang mit Sexarbeit. „Als Ende der Sechziger das Dreifarbenhaus eröffnet hat, war das ein bundesweiter Skandal“, sagt Wintterlin. Inzwischen gilt Stuttgart nicht nur ihm als merkwürdig im Umgang mit Sexarbeit. Gemäß Zählung aus dem Rathaus werden allein im Leonhardsviertel ein Dutzend Häuser widerrechtlich zur Prostitution genutzt. Laut den Bordellbetreibern, die legal Sex anbieten, sind es 22.
Die Rechtslage ist verwirrend
Aktuell streitet die Stadt sich mit dem Besitzer des Hauses an der Leonhardstraße 16 – wieder einmal. Nach Jahre währenden Verfahren hatte das Oberlandesgericht dort die Prostitution verboten. Das Bordell wurde geschlossen – und wieder geöffnet. Nun prozessiert die Stadt erneut. In einem Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht Stuttgart eindeutig geurteilt: Der Betrieb muss geschlossen werden. Bis dahin kann es aber dauern. Aktuell liegt der Fall in der nächsten Instanz. Die „wird auch entscheiden, dass wir Recht haben“, sagt der Anwalt Roger Bohn, den die Stadt regelmäßig bei Rechtsstreitigkeiten mit Rotlichtbetrieben beauftragt, „aber dann kommt erst das Hauptsacheverfahren“ – sofern der Bordellbetreiber nicht freiwillig schließt. Seit im Jahr 2001 die rot-grüne Bundesregierung beschlossen hat, Prostitution zu legalisieren, ist die Rechtslage verwirrend. Allerdings haben andere Städte reagiert. Zuvorderst Köln versucht, sich der Probleme mit der Prostitution nüchtern zu entledigen – mit sogenannten Verrichtungsboxen. In den Verschlägen – Garagen ähnlich – bedienen Dirnen ihre Freier unter dem Schutz von Wachleuten. Statt wie in Stuttgart 100 bis 150 Euro täglich für ein Zimmer zahlen sie sechs Euro pro Nacht. Gewalt und Geschlechtskrankheiten seien deutlich zurückgegangen, bilanzierten die Kölner nach den ersten drei Jahren.
„Sofortvollzug schwierig, aber im Einzelfall möglich“
Köln hat sofort nach der Gesetzesänderung seine Sperrbezirksverordnung verschärft, die regelt, wo Sexbetriebe legal sind und wo nicht. München folgte 2003. Seitdem „kann man schnell eingreifen“, sagt Thorsten Vogel vom Münchener Bauamt, selbst sofortige Schließungen seien zwar nicht einfach, aber „grundsätzlich möglich, etwa bei Problemen mit dem Brandschutz“. Laut Auskunft aus dem Kölner Rathaus ist „ein Sofortvollzug schwierig, aber im Einzelfall möglich, beispielsweise, wenn eine Grundschule in der Nähe ist“.
Ähnlich sah es das Verwaltungsgericht Stuttgart, als es entschied, ein illegales Bordell zu versiegeln, sei rechtmäßig gewesen. Das Datum des Urteils gibt aber einen Hinweis, wie lange dieser Versuch in Stuttgart nicht unternommen wurde. Der Fall stammt aus dem Jahr 1979.
Der bayerische Verwaltungsgerichtshof urteilte in einem Fall in Bamberg vor knapp zwei Jahren gar, dass „ein Sofortvollzug regelmäßig gerechtfertigt“ sei. Anders wäre es laut Richterspruch nur, wenn „die Behörde den illegalen Zustand mit Wissen und Wollen über einen längeren Zeitraum geduldet hätte“.
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Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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23.9.2014
Sex-Streit im Leonhardsviertel
Bordell-Chef dreht der Stadt eine lange Nase
Stuttgart - Ein Hausherr aus der Leonhardstraße nutzt alle juristischen Winkelzüge, sein Ziel zu erreichen. Er will den Sexbetrieb in seinen Häusern offensichtlich so lang wie möglich am Laufen halten. Das vermutet jedenfalls Roger Bohn, der Rechtsanwalt der Stadt Stuttgart.
Bisher ist K. das gut gelungen, indem er alle zivilrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Wege ausnutzt. Zivilrechtlich ist dem Hausherrn K. durch einen Grundbucheintrag der Vergnügungsbetrieb und damit der Bordellbetrieb in seinen beiden Immobilien verboten, was mehrere Gerichte so auch schon bestätigt haben. Das jüngste Urteil stammt vom Oberlandesgericht; es wies den Widerspruch von K. zurück. Damit ist die Rechtsprechung aus den Jahren 2009 und 2010 rechtskräftig. "Ich habe deshalb beim Landgericht Stuttgart sofort beantragt, dass ein Ordnungsgeld verhängt wird. Über dessen Höhe entscheidet das Gericht", sagt Rechtsanwalt Bohn.
Verwaltungsrechtlich hat die Stadt dem Hausbesitzer die derzeitige Nutzung als Bordellbetrieb untersagt. Hintergrund ist, dass die meisten Gebäude nicht den strengen Brandschutzrichtlinien genügen. K. hat es jedoch geschafft, durch Widersprüche, Krankmeldungen und andere Tricks den Prozess bis heute zu verschleppen und bis auf die Ebene des Verwaltungsgerichtshofs zu heben.
Inzwischen fand K. einen neuen Weg, die Schließung des Bordells hinauszuzögern. "Er hat das Haus Nr. 16 an einen Schweizer vermietet und behauptet, er habe diesem bereits mitgeteilt, dass er gegen die Nutzungsuntersagung verstoßen würde, allerdings ohne Erfolg. Jetzt führt er einen Scheinprozess gegen den Mann in der Schweiz", sagt Roger Bohn. Die Erfolgsaussichten, diesen Mieter schnell zur Räson zu bringen, seien allerdings gering: "Der hat nur einen Briefkasten in Rorschach, dem kann man noch nicht mal eine Räumungsklage zustellen."
Was die zweite Immobilie mit strittiger Nutzung angeht, ist eine Entscheidung ebenfalls noch in weiter Ferne. Die Stadt hatte bereits vor vier Jahren beim Landgericht Stuttgart eine Unterlassungsklage gegen den Sexbetrieb eingereicht. Mit Befangenheitsanträgen gegen alle Richter hat K. die Eröffnung der Verhandlung seither erfolgreich verschleppt. Zuletzt hat das Oberlandesgericht Stuttgart jedoch alle seine Anträge zurückgewiesen, nun ist die Verhandlung beim Landgericht auf Anfang Oktober terminiert.
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/i ... 87dbe.html
Sex-Streit im Leonhardsviertel
Bordell-Chef dreht der Stadt eine lange Nase
Stuttgart - Ein Hausherr aus der Leonhardstraße nutzt alle juristischen Winkelzüge, sein Ziel zu erreichen. Er will den Sexbetrieb in seinen Häusern offensichtlich so lang wie möglich am Laufen halten. Das vermutet jedenfalls Roger Bohn, der Rechtsanwalt der Stadt Stuttgart.
Bisher ist K. das gut gelungen, indem er alle zivilrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Wege ausnutzt. Zivilrechtlich ist dem Hausherrn K. durch einen Grundbucheintrag der Vergnügungsbetrieb und damit der Bordellbetrieb in seinen beiden Immobilien verboten, was mehrere Gerichte so auch schon bestätigt haben. Das jüngste Urteil stammt vom Oberlandesgericht; es wies den Widerspruch von K. zurück. Damit ist die Rechtsprechung aus den Jahren 2009 und 2010 rechtskräftig. "Ich habe deshalb beim Landgericht Stuttgart sofort beantragt, dass ein Ordnungsgeld verhängt wird. Über dessen Höhe entscheidet das Gericht", sagt Rechtsanwalt Bohn.
Verwaltungsrechtlich hat die Stadt dem Hausbesitzer die derzeitige Nutzung als Bordellbetrieb untersagt. Hintergrund ist, dass die meisten Gebäude nicht den strengen Brandschutzrichtlinien genügen. K. hat es jedoch geschafft, durch Widersprüche, Krankmeldungen und andere Tricks den Prozess bis heute zu verschleppen und bis auf die Ebene des Verwaltungsgerichtshofs zu heben.
Inzwischen fand K. einen neuen Weg, die Schließung des Bordells hinauszuzögern. "Er hat das Haus Nr. 16 an einen Schweizer vermietet und behauptet, er habe diesem bereits mitgeteilt, dass er gegen die Nutzungsuntersagung verstoßen würde, allerdings ohne Erfolg. Jetzt führt er einen Scheinprozess gegen den Mann in der Schweiz", sagt Roger Bohn. Die Erfolgsaussichten, diesen Mieter schnell zur Räson zu bringen, seien allerdings gering: "Der hat nur einen Briefkasten in Rorschach, dem kann man noch nicht mal eine Räumungsklage zustellen."
Was die zweite Immobilie mit strittiger Nutzung angeht, ist eine Entscheidung ebenfalls noch in weiter Ferne. Die Stadt hatte bereits vor vier Jahren beim Landgericht Stuttgart eine Unterlassungsklage gegen den Sexbetrieb eingereicht. Mit Befangenheitsanträgen gegen alle Richter hat K. die Eröffnung der Verhandlung seither erfolgreich verschleppt. Zuletzt hat das Oberlandesgericht Stuttgart jedoch alle seine Anträge zurückgewiesen, nun ist die Verhandlung beim Landgericht auf Anfang Oktober terminiert.
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2. Suppenküche
Stuttgarter Leonhardsviertel birgt Überraschungen
http://www.regio-tv.de/video/336978.html
Stuttgarter Leonhardsviertel birgt Überraschungen
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Leonhardsviertel in Stuttgart
Stadt nimmt im Rotlichtviertel neuen Anlauf
Thomas Faltin und Christine Bilger,
Amüsierbetriebe soll es im Leonhardsviertel auch weiter geben, der Oberbürgermeister will aber gegen die Auswüchse vorgehen und das Quartier aufwerten.
Stuttgart - Manchen Anwohnern des Leonhardsviertels ist es jetzt zu bunt geworden: Sie wollen die Belästigungen durch den eigentlich unerlaubten Straßenstrich in der Katharinenstraße nicht länger ertragen und haben den Rechtsanwalt Roland Kugler eingeschaltet. Die Prostituierten würden sich bis spät nachts lautstark unterhalten und den Freiern nachrufen; auch sei eine 15-jährige Bewohnerin schon mehrfach auf eindeutige Weise angesprochen worden. Die Anwohner fordern nun Stadt und Polizei auf, endlich gegen die Belästigungen vorzugehen. Bisher habe die Stadt immer viel versprochen: "Aber einen Erfolg konnten wir nicht erkennen", so Roland Kugler.
Tatsächlich ist das Leonhardsviertel, das als einziges Quartier der Innenstadt noch in größerer Zahl historische Bausubstanz besitzt und ein Schmuckstück sein könnte, seit Jahren ein Sorgenkind Stuttgarts. Die Anwohner fühlen sich zunehmend unwohl, viele schöne Gebäude verfallen, vor den Häusern türmt sich Müll - und auch die Ausbeutung der Prostituierten könne nicht hingenommen werden, sagt die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle.
Doch nun will OB Fritz Kuhn (Grüne) demnächst das lang erwartete Konzept für das Leonhardsviertel vorlegen - er hat das Thema zur Chefsache gemacht. Im Moment ist das Papier in der internen Abstimmung. Ein wichtiger Punkt sei, so sagt Fritz Kuhn auf Anfrage der StZ, dass man bei den illegalen Bordellen künftig den Gerichtsweg konsequent beschreiten wolle - bisher hat die Stadt dies nicht immer getan, da oft jahrelange Prozesse mit unsicherem Ausgang zu befürchten waren.
Die Stadt besteht auf legale Nutzung
Diese Ankündigung Kuhns soll auch ein Signal an die Eigentümer der Häuser sein, dass die Stadt auf legale Nutzungen bestehen will. Mehrere Eigentümer hatten zuletzt die Stadt aufgefordert, endlich klar zu sagen, in welche Richtung sich das Leonhardsviertel entwickeln soll. In der Tat war auch ein anderes Konzept diskutiert worden: Das Quartier sollte zu einem Bezirk werden, in dem alle Bordelle legalisiert werden; dafür hätte es außerhalb keine Prostitution mehr geben dürfen. Dieser Plan sei endgültig vom Tisch, so Kuhn.
Weiter müsse die Stadt Gebäude im Rotlichtviertel kaufen, wenn es möglich sei, sagte der Oberbürgermeister weiter. Nur so könne man selbst zum Akteur werden und mehr normale Wohnungen einrichten. Ein Beispiel sei das Gebäude an der Weberstraße, in dem bisher die Gaststätte Finkennest war: Es gehört nun der SWSG; dort könne er sich ein Studentenwohnheim vorstellen.
Daneben will Fritz Kuhn eine professionelle Kampagne in Auftrag geben, die sich an die Freier richtet: Auch sie hätten eine Verantwortung, vor allem was die Ausbeutung von Minderjährigen und die Armutsprostitution insgesamt angehe. Eine regelmäßige Zwangsuntersuchung für Prostituierte, wie sie bundesweit diskutiert wird, lehnt die Stadt mittlerweile ab: Wer zwangsweise zum Arzt komme, sei nicht offen für Beratung und sonstige Angebote.
Das Papier sei überfällig, sagt Kienzle
Die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, die sich seit vielen Jahren für das Viertel einsetzt, findet das neue Konzept in weiten Teilen gut: "Da ist eine ganze Reihe wichtiger Maßnahmen drin", sagt sie. Entscheidend sei, dass die Stadt Häuser kaufe oder miete. Das Papier des Oberbürgermeisters sei aber überfällig - und sie erwarte auch, dass der Bezirksbeirat Mitte nun noch einbezogen werde.
Fritz Kuhn hat angekündigt, sich verstärkt für das Quartier einzusetzen: "Das ziehe ich jetzt durch. Prostitution im Leonhardsviertel soll es weiter geben, aber sie darf nicht alles dominieren." Zur Vorbereitung des neuen Ansatzes hat es bereits Gespräche zwischen der Rathausspitze und der Polizei gegeben. Denn die Stuttgarter Polizei verfügt über eine Besonderheit, die Dienststelle Prostitution, die sich ausschließlich um dieses Thema kümmert.
"Rund um die Uhr sind immer zwei Beamte im Einsatz", sagt der Polizeisprecher Thomas Geiger. Natürlich wissen die Ermittler auch, dass ihr Einwirken Grenzen hat: "Selbstverständlich kennt man unsere Beamten. Wenn die um die Ecke kommen, dann verschwinden alle Frauen vom illegalen Straßenstrich sofort im Haus."
Freier sagen nicht aus
Die Polizei ahnde Verstöße gegen das Verbot des Straßenstriches. Doch auch hier gibt es Grenzen. "Die ersten zwei Verstöße sind eine Ordnungswidrigkeit, da werden Geldstrafen verhängt", erläutert der Beamte. Bei weiteren Verstößen ergebe sich ein Straftatbestand. "Der lässt sich aber nur mit Zeugen nachweisen", so Geiger. Freier seien in der Regel nicht bereit, auszusagen. "Da muss dann schon mal eine Prostituierte einen Polizeibeamten in Zivil ansprechen, den sie noch nicht kennt." Vollständig bekämpfen lasse sich die illegale Prostitution nicht: "Da müssten Sie schon vor jede Absteige dauerhaft einen Polizisten stellen."
Die Ordnungshüter appellieren auch an die Kunden der Prostituierten: "Solange es Freier gibt, die nur 15 Euro bezahlen wollen, wird es auch Armutsprostitution und einen Straßenstrich geben", sagt Geiger.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/i.... ... 95c9e.html
Stadt nimmt im Rotlichtviertel neuen Anlauf
Thomas Faltin und Christine Bilger,
Amüsierbetriebe soll es im Leonhardsviertel auch weiter geben, der Oberbürgermeister will aber gegen die Auswüchse vorgehen und das Quartier aufwerten.
Stuttgart - Manchen Anwohnern des Leonhardsviertels ist es jetzt zu bunt geworden: Sie wollen die Belästigungen durch den eigentlich unerlaubten Straßenstrich in der Katharinenstraße nicht länger ertragen und haben den Rechtsanwalt Roland Kugler eingeschaltet. Die Prostituierten würden sich bis spät nachts lautstark unterhalten und den Freiern nachrufen; auch sei eine 15-jährige Bewohnerin schon mehrfach auf eindeutige Weise angesprochen worden. Die Anwohner fordern nun Stadt und Polizei auf, endlich gegen die Belästigungen vorzugehen. Bisher habe die Stadt immer viel versprochen: "Aber einen Erfolg konnten wir nicht erkennen", so Roland Kugler.
Tatsächlich ist das Leonhardsviertel, das als einziges Quartier der Innenstadt noch in größerer Zahl historische Bausubstanz besitzt und ein Schmuckstück sein könnte, seit Jahren ein Sorgenkind Stuttgarts. Die Anwohner fühlen sich zunehmend unwohl, viele schöne Gebäude verfallen, vor den Häusern türmt sich Müll - und auch die Ausbeutung der Prostituierten könne nicht hingenommen werden, sagt die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle.
Doch nun will OB Fritz Kuhn (Grüne) demnächst das lang erwartete Konzept für das Leonhardsviertel vorlegen - er hat das Thema zur Chefsache gemacht. Im Moment ist das Papier in der internen Abstimmung. Ein wichtiger Punkt sei, so sagt Fritz Kuhn auf Anfrage der StZ, dass man bei den illegalen Bordellen künftig den Gerichtsweg konsequent beschreiten wolle - bisher hat die Stadt dies nicht immer getan, da oft jahrelange Prozesse mit unsicherem Ausgang zu befürchten waren.
Die Stadt besteht auf legale Nutzung
Diese Ankündigung Kuhns soll auch ein Signal an die Eigentümer der Häuser sein, dass die Stadt auf legale Nutzungen bestehen will. Mehrere Eigentümer hatten zuletzt die Stadt aufgefordert, endlich klar zu sagen, in welche Richtung sich das Leonhardsviertel entwickeln soll. In der Tat war auch ein anderes Konzept diskutiert worden: Das Quartier sollte zu einem Bezirk werden, in dem alle Bordelle legalisiert werden; dafür hätte es außerhalb keine Prostitution mehr geben dürfen. Dieser Plan sei endgültig vom Tisch, so Kuhn.
Weiter müsse die Stadt Gebäude im Rotlichtviertel kaufen, wenn es möglich sei, sagte der Oberbürgermeister weiter. Nur so könne man selbst zum Akteur werden und mehr normale Wohnungen einrichten. Ein Beispiel sei das Gebäude an der Weberstraße, in dem bisher die Gaststätte Finkennest war: Es gehört nun der SWSG; dort könne er sich ein Studentenwohnheim vorstellen.
Daneben will Fritz Kuhn eine professionelle Kampagne in Auftrag geben, die sich an die Freier richtet: Auch sie hätten eine Verantwortung, vor allem was die Ausbeutung von Minderjährigen und die Armutsprostitution insgesamt angehe. Eine regelmäßige Zwangsuntersuchung für Prostituierte, wie sie bundesweit diskutiert wird, lehnt die Stadt mittlerweile ab: Wer zwangsweise zum Arzt komme, sei nicht offen für Beratung und sonstige Angebote.
Das Papier sei überfällig, sagt Kienzle
Die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, die sich seit vielen Jahren für das Viertel einsetzt, findet das neue Konzept in weiten Teilen gut: "Da ist eine ganze Reihe wichtiger Maßnahmen drin", sagt sie. Entscheidend sei, dass die Stadt Häuser kaufe oder miete. Das Papier des Oberbürgermeisters sei aber überfällig - und sie erwarte auch, dass der Bezirksbeirat Mitte nun noch einbezogen werde.
Fritz Kuhn hat angekündigt, sich verstärkt für das Quartier einzusetzen: "Das ziehe ich jetzt durch. Prostitution im Leonhardsviertel soll es weiter geben, aber sie darf nicht alles dominieren." Zur Vorbereitung des neuen Ansatzes hat es bereits Gespräche zwischen der Rathausspitze und der Polizei gegeben. Denn die Stuttgarter Polizei verfügt über eine Besonderheit, die Dienststelle Prostitution, die sich ausschließlich um dieses Thema kümmert.
"Rund um die Uhr sind immer zwei Beamte im Einsatz", sagt der Polizeisprecher Thomas Geiger. Natürlich wissen die Ermittler auch, dass ihr Einwirken Grenzen hat: "Selbstverständlich kennt man unsere Beamten. Wenn die um die Ecke kommen, dann verschwinden alle Frauen vom illegalen Straßenstrich sofort im Haus."
Freier sagen nicht aus
Die Polizei ahnde Verstöße gegen das Verbot des Straßenstriches. Doch auch hier gibt es Grenzen. "Die ersten zwei Verstöße sind eine Ordnungswidrigkeit, da werden Geldstrafen verhängt", erläutert der Beamte. Bei weiteren Verstößen ergebe sich ein Straftatbestand. "Der lässt sich aber nur mit Zeugen nachweisen", so Geiger. Freier seien in der Regel nicht bereit, auszusagen. "Da muss dann schon mal eine Prostituierte einen Polizeibeamten in Zivil ansprechen, den sie noch nicht kennt." Vollständig bekämpfen lasse sich die illegale Prostitution nicht: "Da müssten Sie schon vor jede Absteige dauerhaft einen Polizisten stellen."
Die Ordnungshüter appellieren auch an die Kunden der Prostituierten: "Solange es Freier gibt, die nur 15 Euro bezahlen wollen, wird es auch Armutsprostitution und einen Straßenstrich geben", sagt Geiger.
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Kommentar zum Leonhardsviertel
Ein langer Atem ist notwendig
Thomas Faltin, 27.10.2014 09:13 Uhr
Stuttgart - Die Weberstraße mit den windschiefen mittelalterlichen Häuschen gehört zu den schönsten Straßenzügen in ganz Stuttgart – sie könnte eine Touristenattraktion sein. Doch derzeit zieht die Gasse vor allem Sextouristen an, weil sich im Leonhardsviertel ein Bordell ans andere reiht. Es gibt kaum jemanden in Stuttgart, der die Prostitution in der Stadt ganz verbieten will. So weltfremd sind selbst die konservativen Kräfte nicht.
Doch es gilt, die Auswüchse zu bekämpfen. Dafür ist eine Durchmischung notwendig. Es müssen im Quartier möglichst viele "normal" Bewohner leben und sich dort wohl fühlen. Es muss Kneipen geben, die nicht zum Sexmilieu gehören. Und es sollten noch mehr Galerien und Einrichtungen dort hinziehen, um einen Ausgleich zu den Rotlichtetablissements zu schaffen. Dann ist eine befriedete Koexistenz möglich.
Das Konzept, das OB Fritz Kuhn jetzt in Grundzügen vorgestellt hat, weist in die richtige Richtung. Es stellt endlich und eigentlich viel zu spät klar, dass die Stadt die illegalen Bordelle nicht dulden will. Für die Hauseigentümer soll dies der Wink mit dem Zaunpfahl sein, möglichst schnell auf legale Nutzungen umzuschwenken.
Die Gretchenfrage wird aber lauten: Sind die Stadt und die Polizei auch in der Lage, diese Ziele durchzusetzen? Dazu gehört geeignetes und ausreichendes Personal, und dazu gehört vermutlich ein langer Atem. Und dazu gehört auch der Wille, viel Geld in die Hand zu nehmen. Denn Häuser in der Innenstadt sind teuer. Aber es führt kein Weg daran vorbei, dass sich die Stadt stärker engagiert: Erst als wichtiger Eigentümer kann sie mitbestimmen, wo es langgeht im Leonhardsviertel.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhal ... ebaf1.html
Thomas Faltin, 27.10.2014 09:13 Uhr
Stuttgart - Die Weberstraße mit den windschiefen mittelalterlichen Häuschen gehört zu den schönsten Straßenzügen in ganz Stuttgart – sie könnte eine Touristenattraktion sein. Doch derzeit zieht die Gasse vor allem Sextouristen an, weil sich im Leonhardsviertel ein Bordell ans andere reiht. Es gibt kaum jemanden in Stuttgart, der die Prostitution in der Stadt ganz verbieten will. So weltfremd sind selbst die konservativen Kräfte nicht.
Doch es gilt, die Auswüchse zu bekämpfen. Dafür ist eine Durchmischung notwendig. Es müssen im Quartier möglichst viele "normal" Bewohner leben und sich dort wohl fühlen. Es muss Kneipen geben, die nicht zum Sexmilieu gehören. Und es sollten noch mehr Galerien und Einrichtungen dort hinziehen, um einen Ausgleich zu den Rotlichtetablissements zu schaffen. Dann ist eine befriedete Koexistenz möglich.
Das Konzept, das OB Fritz Kuhn jetzt in Grundzügen vorgestellt hat, weist in die richtige Richtung. Es stellt endlich und eigentlich viel zu spät klar, dass die Stadt die illegalen Bordelle nicht dulden will. Für die Hauseigentümer soll dies der Wink mit dem Zaunpfahl sein, möglichst schnell auf legale Nutzungen umzuschwenken.
Die Gretchenfrage wird aber lauten: Sind die Stadt und die Polizei auch in der Lage, diese Ziele durchzusetzen? Dazu gehört geeignetes und ausreichendes Personal, und dazu gehört vermutlich ein langer Atem. Und dazu gehört auch der Wille, viel Geld in die Hand zu nehmen. Denn Häuser in der Innenstadt sind teuer. Aber es führt kein Weg daran vorbei, dass sich die Stadt stärker engagiert: Erst als wichtiger Eigentümer kann sie mitbestimmen, wo es langgeht im Leonhardsviertel.
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da frage ich den exzellenten Kenner der Stuttgarter Szene vor Ort doch mal wie man sich das Konzept von Fritz Kuhn zur friedlichen Ko-Existenz genau vorstellen muss? Sind den alle Bordelle dort rechtlich nur geduldet und wie genau sehe eine sog. Legalisierung den aus?
Kasharius grüßt und freut sch dolle auf Deine Antwort
da frage ich den exzellenten Kenner der Stuttgarter Szene vor Ort doch mal wie man sich das Konzept von Fritz Kuhn zur friedlichen Ko-Existenz genau vorstellen muss? Sind den alle Bordelle dort rechtlich nur geduldet und wie genau sehe eine sog. Legalisierung den aus?
Kasharius grüßt und freut sch dolle auf Deine Antwort
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@Kasharius
Es gibt dort in Gebäuden, die mal der Stadt gehörten, Grundbucheinträge "Prostitution nicht erlaubt" (um es mal flapsig auszudrücken). Hausbesitzer verschanzen sich hinter "was geht mich an was meine Mieter machen" - und nach jahrelangem prozessieren ist dann plötzlich ein neuer Hauptmieter da und das Spiel beginnt von vorne.
Kuhn hat leider noch keine Detail zu seinen Plänen bekannt gegeben. 1 Etablissement, eröffnete 200x, hat eine offizielle Baugenehmigung als Laufhaus, zwei weitere sind offiziell geduldet.
Problematisch sind die typischen "Absteigen" - heruntergekommene Hotels. Die Frauen stehen vor den Gebäuden und sind teilweise sehr aggressiv in ihrem Werben um Kundschaft.
Zum Ausgleich sind in den letzten Jahren die typischen Animierschuppen (wie z.B. in Berlin am "Stuttgarter Platz") fast verschwunden - die freigewordenen Räumlichkeiten wurden klammheimlich in Laufhäuser umgewandelt - baulich ein absolutes Desaster (halsbrecherische Treppen, keine Fluchtwege, Zimmer teilweise nur mit fliessendem Wasser bei starkem Regen etc).
Es gibt dort in Gebäuden, die mal der Stadt gehörten, Grundbucheinträge "Prostitution nicht erlaubt" (um es mal flapsig auszudrücken). Hausbesitzer verschanzen sich hinter "was geht mich an was meine Mieter machen" - und nach jahrelangem prozessieren ist dann plötzlich ein neuer Hauptmieter da und das Spiel beginnt von vorne.
Kuhn hat leider noch keine Detail zu seinen Plänen bekannt gegeben. 1 Etablissement, eröffnete 200x, hat eine offizielle Baugenehmigung als Laufhaus, zwei weitere sind offiziell geduldet.
Problematisch sind die typischen "Absteigen" - heruntergekommene Hotels. Die Frauen stehen vor den Gebäuden und sind teilweise sehr aggressiv in ihrem Werben um Kundschaft.
Zum Ausgleich sind in den letzten Jahren die typischen Animierschuppen (wie z.B. in Berlin am "Stuttgarter Platz") fast verschwunden - die freigewordenen Räumlichkeiten wurden klammheimlich in Laufhäuser umgewandelt - baulich ein absolutes Desaster (halsbrecherische Treppen, keine Fluchtwege, Zimmer teilweise nur mit fliessendem Wasser bei starkem Regen etc).
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Rotlichtviertel in Stuttgart
Barkultur statt Stundenhotel
Thomas Faltin und Ingmar Volkmann, 03.11.2014 19:47 Uhr
Stuttgart - Die Nachbarschaft könnte illustrer kaum sein. Auf der einen Seite der Weberstraße haben die Hells Angels ihr Vereinsheim, auf der anderen Seite residiert der Verschönerungsverein Stuttgart. Dazwischen will der Architekt und Gastronom Janusch Munkwitz gemeinsam mit Dawit Porwich, dem ehemaligen Scholz-Barchef, eine anspruchsvolle Bar eröffnen: Das Lokal soll dank der "Liebe zum Getränk und zur Barkultur ein Ort werden, an dem sich alle wohlfühlen – vom Studenten bis zu meinem Vater", sagt Munkwitz.
Vier Lagen Fliesen hat das Team um Munkwitz vom Boden wegreißen müssen: "Jeder neue Bordellbetreiber hat einfach eine neue Lage Obi-Fliesen draufgeknallt", sagt Munkwitz lachend. Er ist nun der Erste seit langem, der in dem Haus von 1897 eine "normale" Bar einrichten wird.
Die Bar soll für eine Durchmischung im Viertel sorgen
Allein die Tatsache, dass jemand in Stuttgarts Rotlichtviertel eine Kneipe aufmacht, ist ein Politikum. Denn das Viertel hat enorme Probleme – die Anwohner müssen in dem Quartier einiges an Lärm und Belästigung aushalten. Viele der schönen alten Häuser sind heruntergekommen, und auch das soziale Elend der jungen Prostituierten lässt niemanden kalt.
Janusch Munkwitz hat deshalb das Angebot der Eigentümer bewusst angenommen, als Architekt das Haus zu sanieren und als Gastronom im Erdgeschoss eine Bar zu eröffnen: "Das Leonhardsviertel ist wirklich cool, aber den Häusern muss geholfen werden." Er will eine anspruchsvolle Gastro umsetzen, aber zugleich auch zu einer gesunden Durchmischung des Quartiers beitragen. So schafft er etwas doppelt Wertvolles: Er restauriert ein altes Haus und bringt normales Leben ins Viertel.
Gastronomie als Mittel der Stadtentwicklung
Tatsächlich kann die Gastronomie auf diese Weise ein Mittel der Stadtentwicklung werden. Dazu müssen aber vor allem die Eigentümer bereit sein, sich auf neue Wege einzulassen. Bisher verdienen sie mit einem Bordell deutlich mehr als mit einem Lokal. Mit der Weberstraße könnte nun ein Umdenken einsetzen: Die Besitzer der Immobilie haben sich entschieden, herkömmliche Wohnungen statt Stundenzimmern in den Obergeschossen einzurichten und Munkwitz freie Hand für seine Kneipe zu geben. Den Besitzern gehören weitere Häuser im Viertel, in denen Rotlicht angesiedelt ist. Ihre Namen wollen sie nicht in der Zeitung lesen. Auf StZ-Nachfrage lassen sie aber ausrichten, dass sie sich eine Umnutzung von Rotlicht hin zu klassischer Gastronomie auch in anderen Häusern vorstellen könnten, sollte das Experiment aufgehen.
OB Fritz Kuhn hofft, dass sich bald noch mehr Hausbesitzer für diesen Weg entscheiden; dafür übt er sanften Druck aus. Vor wenigen Tagen hat er in Grundzügen ein neues Konzept vorgestellt, wie er das Leonhardsviertel aufwerten will. Dazu gehört, dass die Stadt konsequenter als bisher gegen die illegalen Amüsierbetriebe vorgehen will; den Eigentümern soll klar werden, dass sie sich um eine legale Nutzung bemühen sollen. Weiter will Kuhn verstärkt auf Einkaufstour gehen: Die Stadt müsse selbst Hausbesitzer im Viertel werden, um mehr Einfluss auf die Entwicklung des Quartiers zu erlangen, so Fritz Kuhn.
Marienplatz zeigt, wie Wandel funktionieren könnte
"Wenn Gastronomie als Mittel der sanften Stadtentwicklung im Leonhardsviertel funktionieren soll, muss die Stadt erst einmal ihre Hausaufgaben machen und die angekündigten Impulse liefern", sagt ein Experte für Stadtentwicklung. "Dann kann hier vielleicht ein St. Pauli im positiven Sinne entstehen." Dass Gastronomie einen Ort nachhaltig verändern könne, zeige der Marienplatz. "Dort war die Stadt Impulsgeber für die Umgestaltung, die Gastronomie hat den Wandel vollendet."
Dass es im Leonhardsviertel nicht ganz so einfach ist, verdeutlicht das Beispiel des Clubs Bounce. Im Sommer 2008 hatte Marco Sebastian mit seinen Mitstreitern versucht, einen Hip-Hop-Club mitten in der Altstadt zu etablieren. "Nach dreieinhalb Monaten haben wir aufgegeben, weil uns die Nachbarn das Leben schwer gemacht haben. Die hatten kein Interesse, dass unser Publikum ihre Freier stört."
Ein Club oder eine Diskothek im Viertel hält Janusch Munkwitz für falsch. "Eine höfliche, zurückhaltende Bar kann das Angebot dagegen gut ergänzen." Die Champagnerbar Fou Fou sei dafür ein gutes Beispiel. Ihr Betrieb dämmt vor allem an warmen Sommerabenden die Prostitution am oberen Ende der Leonhardsstraße ein: Freier haben bei ihrem Triebabbau eben ungern Publikum.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhal ... dd188.html
Barkultur statt Stundenhotel
Thomas Faltin und Ingmar Volkmann, 03.11.2014 19:47 Uhr
Stuttgart - Die Nachbarschaft könnte illustrer kaum sein. Auf der einen Seite der Weberstraße haben die Hells Angels ihr Vereinsheim, auf der anderen Seite residiert der Verschönerungsverein Stuttgart. Dazwischen will der Architekt und Gastronom Janusch Munkwitz gemeinsam mit Dawit Porwich, dem ehemaligen Scholz-Barchef, eine anspruchsvolle Bar eröffnen: Das Lokal soll dank der "Liebe zum Getränk und zur Barkultur ein Ort werden, an dem sich alle wohlfühlen – vom Studenten bis zu meinem Vater", sagt Munkwitz.
Vier Lagen Fliesen hat das Team um Munkwitz vom Boden wegreißen müssen: "Jeder neue Bordellbetreiber hat einfach eine neue Lage Obi-Fliesen draufgeknallt", sagt Munkwitz lachend. Er ist nun der Erste seit langem, der in dem Haus von 1897 eine "normale" Bar einrichten wird.
Die Bar soll für eine Durchmischung im Viertel sorgen
Allein die Tatsache, dass jemand in Stuttgarts Rotlichtviertel eine Kneipe aufmacht, ist ein Politikum. Denn das Viertel hat enorme Probleme – die Anwohner müssen in dem Quartier einiges an Lärm und Belästigung aushalten. Viele der schönen alten Häuser sind heruntergekommen, und auch das soziale Elend der jungen Prostituierten lässt niemanden kalt.
Janusch Munkwitz hat deshalb das Angebot der Eigentümer bewusst angenommen, als Architekt das Haus zu sanieren und als Gastronom im Erdgeschoss eine Bar zu eröffnen: "Das Leonhardsviertel ist wirklich cool, aber den Häusern muss geholfen werden." Er will eine anspruchsvolle Gastro umsetzen, aber zugleich auch zu einer gesunden Durchmischung des Quartiers beitragen. So schafft er etwas doppelt Wertvolles: Er restauriert ein altes Haus und bringt normales Leben ins Viertel.
Gastronomie als Mittel der Stadtentwicklung
Tatsächlich kann die Gastronomie auf diese Weise ein Mittel der Stadtentwicklung werden. Dazu müssen aber vor allem die Eigentümer bereit sein, sich auf neue Wege einzulassen. Bisher verdienen sie mit einem Bordell deutlich mehr als mit einem Lokal. Mit der Weberstraße könnte nun ein Umdenken einsetzen: Die Besitzer der Immobilie haben sich entschieden, herkömmliche Wohnungen statt Stundenzimmern in den Obergeschossen einzurichten und Munkwitz freie Hand für seine Kneipe zu geben. Den Besitzern gehören weitere Häuser im Viertel, in denen Rotlicht angesiedelt ist. Ihre Namen wollen sie nicht in der Zeitung lesen. Auf StZ-Nachfrage lassen sie aber ausrichten, dass sie sich eine Umnutzung von Rotlicht hin zu klassischer Gastronomie auch in anderen Häusern vorstellen könnten, sollte das Experiment aufgehen.
OB Fritz Kuhn hofft, dass sich bald noch mehr Hausbesitzer für diesen Weg entscheiden; dafür übt er sanften Druck aus. Vor wenigen Tagen hat er in Grundzügen ein neues Konzept vorgestellt, wie er das Leonhardsviertel aufwerten will. Dazu gehört, dass die Stadt konsequenter als bisher gegen die illegalen Amüsierbetriebe vorgehen will; den Eigentümern soll klar werden, dass sie sich um eine legale Nutzung bemühen sollen. Weiter will Kuhn verstärkt auf Einkaufstour gehen: Die Stadt müsse selbst Hausbesitzer im Viertel werden, um mehr Einfluss auf die Entwicklung des Quartiers zu erlangen, so Fritz Kuhn.
Marienplatz zeigt, wie Wandel funktionieren könnte
"Wenn Gastronomie als Mittel der sanften Stadtentwicklung im Leonhardsviertel funktionieren soll, muss die Stadt erst einmal ihre Hausaufgaben machen und die angekündigten Impulse liefern", sagt ein Experte für Stadtentwicklung. "Dann kann hier vielleicht ein St. Pauli im positiven Sinne entstehen." Dass Gastronomie einen Ort nachhaltig verändern könne, zeige der Marienplatz. "Dort war die Stadt Impulsgeber für die Umgestaltung, die Gastronomie hat den Wandel vollendet."
Dass es im Leonhardsviertel nicht ganz so einfach ist, verdeutlicht das Beispiel des Clubs Bounce. Im Sommer 2008 hatte Marco Sebastian mit seinen Mitstreitern versucht, einen Hip-Hop-Club mitten in der Altstadt zu etablieren. "Nach dreieinhalb Monaten haben wir aufgegeben, weil uns die Nachbarn das Leben schwer gemacht haben. Die hatten kein Interesse, dass unser Publikum ihre Freier stört."
Ein Club oder eine Diskothek im Viertel hält Janusch Munkwitz für falsch. "Eine höfliche, zurückhaltende Bar kann das Angebot dagegen gut ergänzen." Die Champagnerbar Fou Fou sei dafür ein gutes Beispiel. Ihr Betrieb dämmt vor allem an warmen Sommerabenden die Prostitution am oberen Ende der Leonhardsstraße ein: Freier haben bei ihrem Triebabbau eben ungern Publikum.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhal ... dd188.html
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