ARD Panorama 21:45 - 22:15 Rotlicht-die verlogene Kampagne..

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ARD Panorama 21:45 - 22:15 Rotlicht-die verlogene Kampagne..

Beitrag von fraences »

Rotlicht: die verlogene Kampagne gegen die Prostituierten


Panorama

Das Erste

Heute | 21:45 - 22:15


http://programm.ard.de/TV/daserste/pano ... esprogramm
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Beitrag von fraences »

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RE: ARD Panorama 21:45 - 22:15 Rotlicht-die verlogene Kampag

Beitrag von fraences »

Rotlicht: Die verlogene Kampagne gegen die Prostituierten
von Tina Soliman

"Ich bin kein Opfer. Ich möchte nicht als Opfer stigmatisiert werden. Ich möchte selber entscheiden was ich möchte, wie ich es möchte und wie ich lebe. Die Verantwortung dafür trage ich selber!", sagt die Bulgarin Milena (39), die seit 17 Jahren als Prostituierte in Berlin arbeitet. Sie hatte genug Optionen, arbeitete zuvor als Altenpflegerin. Die Arbeit war ihr zu hart, es gab zu wenig Geld - "keine Erfüllung". "Der Beruf als Prostituierte erfüllt mich, er macht mir Spaß, die Freier bringen mir Respekt entgegen, etwas, was ich in der jetzigen Situation bei den Politikern und vor allem bei Alice Schwarzer schmerzlich vermisse."


Kampagne zur Abschaffung der Prostitution

In einer großen Kampagne kämpft Alice Schwarzer derzeit für die Abschaffung der Prostitution, im Verbund mit zahlreichen konservativen Politikern wie dem CSU-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Uhl. Ihr Hauptargument: Nahezu alle Frauen, die sich prostituieren, täten dies unter massivem Druck und unter menschenunwürdigen Bedingungen. Kurzum: 90 Prozent der Frauen seien Zwangsprostituierte. Insofern sei die Abschaffung der Prostitution gleichzusetzen mit der Abschaffung der Sklaverei. Und auch CSU-Mann Uhl spricht davon, dass Prostituierte in aller Regel hilflos der Gewalt von Bordellbetreibern ausgesetzt seien.

Aber inwiefern spiegeln diese Bilder die Wirklichkeit?

Sicher gibt es Zwangsprostitution, aber genauso sicher gibt es viele Frauen wie Milena, die sich frei für ihre Arbeit entschieden haben, und deren Zwangssituation sich in ihrer Wahrnehmung auch nicht von der anderer Berufstätiger unterscheidet, die für ihren Lebensunterhalt sorgen müssen.

Selbstbestimmte Sex-Arbeiterinnen

Undine de Revière ist Gründerin des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen. Für ihren Beuf als Sex-Arbeiterin hat sie sich bewußt entscheiden.
Kürzlich war Milena auf einer Podiumsdiskussion und hat Alice Schwarzer ihre Sicht der Dinge erzählen wollen. Doch die Feministin ließ sie nicht ausreden, kanzelte die Bulgarin "als unglaubwürdig" ab, so wie sie es mit allen Frauen tat, die ihr auf der Veranstaltung versuchten zu erklären, dass es durchaus viele Frauen gibt, die sich freiwillig und selbstbestimmt für den Beruf als Prostituierte entschieden haben. Für die Frauen, die sich heutzutage selbstbewusst Sex-Arbeiterinnen nennen, um zu verdeutlichen, das sie arbeiten und natürlich auch ökonomische Gründe dahinter stehen können, ist es derzeit befremdlich, wie sie von Schwarzer in Allianz mit "erzkonservativen Kräften" und unbedarften Prominenten bevormundet werden."Ich will ihre Fürsorge nicht, und ich brauche sie auch nicht. Ich bin kein Opfer. Ich weiß, was ich tue", so die studierte Physikerin Undine de Revière (40), die sich sehr bewusst für die Prostitution entschieden hat, wie so viele ihrer Kolleginnen.

Johanna Weber, Sprecherin des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen, hält die Forderung, Prostitution abzuschaffen nicht für ein geeignetes Mittel gegen Zwangsprostitution.
Alles hänge von der Freiwilligkeit ab. Und wer definiert was freiwillig ist? "Wenn man sich bewusst für die Prostitution entschieden hat, dann ist sie freiwillig, egal, ob man dies aus Spaß macht oder aus ökonomischen Gründen. Das ist wie bei jedem anderen Beruf auch", so die Hamburger Prostituierte Johanna Weber. Das, was jetzt geschehe, die Forderung, Prostitution abzuschaffen, so wie es Schwarzer und mit ihr Politiker und Prominente fordern, habe nichts mit der Bekämpfung der Zwangsprostitution zu tun, sondern diene nur der Durchsetzung anderer Moralvorstellungen.

Schwierige Strafvorschrift

In den Koalitionsverhandlungen wurde zwar nicht beschlossen die Prostitution abzuschaffen, aber die Moralwächter haben sich in einem Punkt schon durchgesetzt: Der Besuch bei einer Zwangsprostituierten soll künftig unter Strafe gestellt werden, Freier also bestraft werden. Aber wie soll der Freier feststellen, ob er bei einer Zwangsprostituierten ist? Auch das Bundeskriminalamt hält eine solche Strafvorschrift für schwierig. Ganz abgesehen davon, dass eine mögliche Freier-Bestrafung auch negative Effekte haben kann. Oft waren es in der Vergangenheit Freier, die die Polizei auf Straftaten aus dem Bereich der Zwangsprostitution hingewiesen haben. Aber welcher Freier wird das noch tun, wenn er fürchten muss, selber belangt zu werden?

http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/ ... on169.html
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Martin*
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Beitrag von Martin* »

Bericht A+++

Vielen Dank @frances für den Hinweis!

Ein wirklich guter jouranilistischer Bericht, der endlich mal A.S. Lügenmärchen aufzeigt!!!
Dank auch an Milena, Undie und Johanna die sich immer wieder um Aufklärungsarbeit / Mendienarbeit kümmern / machen!!!!!

Auf der Seite:
http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/ ... on169.html,

gibt es die Möglichkeit abzustimmen, ob Prostitution in Deutschland verboten werden sollte. Über 80% haben schon mit Nein gestimmt. Klickt bitte fleißig mit! Ich sag nur 90% ;-)

Martin*

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Beitrag von fraences »

Der Beitrag war super toll. Da hat Panorama Redaktion mal ganz tüchtig ins Fleisch der "Wohlanständigen" geschnitten.

Großen Dank, Milena, Johanna und Undine.Habt ihr richtig gut rüber gebracht.

Moral macht blind.
Konfrontiert von der Panorama Redaktion mit drei Sexarbeiterinnen Johanna, Milena und Undine, die ihrer Tätigkeit selbstbewusst und frei nachgehend, nahm der konservativen Altpolitiker CDU Herr Uhl Stellung."Da haben sie mit der falschen gesprochen."
Ich fühlte mich zurückversetzt in meine Kindertage, wenn ich mir die Augen zu hielt und reif: "Ich sehe Dich nicht, also siehst Du mich nicht."
Wie derart gestrickte Menschen in unserem Staat, so ganz ohne Empathie für das Volk, über dessen Wohl und Wehe entscheiden wollen, dieser Frage macht mich sprachlos.
Es gibt zur Zeit viel zu vieler Menschen, die sich in der Moralfalle gefangen haben.Es ist auch nicht bemerkbar, das sie selbst ihre Lage überhaupt erkennen.

Die EMMA Lüge, nebst Gefolgschaft entlarvt sich zunehmend selbst.

Jetzt bleibt zu verhindern, das über eine allgemeine Akzeptanz der Prostitution, die Konzessionierung durch geboxt wird. Wir brauchen eine Strategie um einer der arte Instrumentalisierung in die für uns falsche Richtung entgegen zu wirken.

Die geplante Genehmigungspflicht für Bordelle und bordellartiger Betriebe, wird letztendlich die Eindämmerung der Prostitution durch die Hintertür bedeuten, mit dem nachhaltigen Ziel, sie auf der gesellschaftlichen Oberfläche abzuschaffen.


Liebe Grüße, Fraences
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RE: ARD Panorama 21:45 - 22:15 Rotlicht-die verlogene Kampag

Beitrag von Melanie_NRW »

Ich korrigiere mal.. die Abstimmung findet hier statt:

http://daserste.ndr.de/panorama/

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Snickerman
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Beitrag von Snickerman »

Ich war beeindruckt, dass sich "Panorama", welches ich immer sehr geschätzt habe, selber korrigiert hat.
Vor zwei Jahren haben sie diese unsägliche Diskussion mitangestoßen, aber sie haben tatsächlich genauer hingesehen
und hinter die Kulissen geblickt- allein diese Kollaboration zwischen H.P. Uhl und A. Schwarzer war mehr als entlarvend.
Jetzt kann ich wieder auf das Team von "Panorama" uneingeschränkt stolz sein.

PS: Knapp 84% gegen das Verbot!
Ich höre das Gras schon wachsen,
in das wir beißen werden!

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Beitrag von fraences »

@Schnickermann

Ja, den Eindruck hatte ich auch, wenn man an dem Beitrag vor zwei Jahren denkt.
Das hatte Dona Carmen damals schwer kritisiert, als es um die Pfuschstudie ging.
Es zeigt, das es sich lohnt seine Stimme zu erheben.

Liebe Grüße, Fraences
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RE: ARD Panorama 21:45 - 22:15 Rotlicht-die verlogene Kampag

Beitrag von Melanie_NRW »

Hier die Sendung auf youtube

[/youtube]

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Jupiter
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RE: ARD Panorama 21:45 - 22:15 Rotlicht-die verlogene Kampag

Beitrag von Jupiter »

Erstmal Danke für den Link, so dass ich mir jetzt auch die Sendung anschauen konnte.

Ein großes Lob an die direkt beteiligten SW, mit welcher äußerlichen Ruhe sie die Gegenargumente vorgebracht haben.

Nun muss ich aber doch etwas loswerden:
Mir fehlt von den Prostitutionsgegnern in der vielfältigen Diskussion zum Thema Zwang / Freiwillig, was sie unter Zwang verstehen. Es sollte der Herr Uhl gefragt werden, ob den Lebensunterhalt zu bestreiten, er schon als Zwang sieht. Damit könnte er nämlich genau soviel Prozent abhängig beschäftigte Arbeitnehmer als Zwangsarbeiter sehen.
Bei, welchem Tatbestand wird durch Polizei / BKA / Ordnungsbehörden das Merkmal „Zwang“ zugeordnet? Genügt dazu schon, dass bei einer Razzia SW unter 21 Jahren angetroffen wird?

M. E. muss Zwang / Freiwillig unbedingt durch Selbstbestimmt ersetzt werden.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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Beitrag von annainga »

ich bin auch immer wieder froh, solche Links zu bekommen. Danke @Melanie. (ich hatte die Sendung gesucht, nicht gefunden :-()

Ihr @Undine @Johanna @Milena habt das prima gemacht.

Mir ist vor allem Milenas Satz/Frage aufgefallen "Wo finden Sie diese Frauen?" (die armen, ausgebeuteten Z-P´s). Darauf würde ich auch zu gern eine Antwort von denen bekommen. Milena sagte, in mehreren Jahren ihrer Arbeit habe sie keine derartige Frau kennen gelernt - das höre ich immer wieder von Kolleginnen. Das Phänomen ist so gering, dass selbst Sexarbeiter kaum davon mitgekommen, aber angeblich wollen Frau Schwarzer, Herr Uhl usw. soviele davon kennen?

Da kann man wirklich nur die Frage wiederholen: Wo bitte schön lernen Sie all diese Frauen kennen?

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Marc of Frankfurt
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Tolle Interviews - Danke

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Na, da hatte der NDR und die Panorama-Redaktion ja auch einiges gut zu machen
Hier zeigt sich journalistische Verantwortung (insb. von öffentl.-rechtlichen Medien), wenn man in bezug auf eine sozio-sexuelle Minderheit besonders sorgfältig arbeitet und keine vorschnellen aber sich gut verkaufenden Medienproduktionen ausstößt, die dann zu einer gefährlichen Massenbewegung und Volksverhetzung hochkochen können.


Wir Deutschen sollten da doch historisch vorgewarnt und besonders sensibel sein.





Campaigners for sex workers face bullying and bad data
by Belinda Brooks-Gordon

http://theconversation.com/campaigners- ... data-21549

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Beitrag von Tanja_Regensburg »

         
Da kann man wirklich nur die Frage wiederholen: Wo bitte schön lernen Sie all diese Frauen kennen?
In Beratungsstellen, die ausschließlich mit Armutsmigrantinnen und Beschaffungsprostitution zu tun haben.
Nur als Opfer bekommst du dort Hilfe, und wer Hilfe braucht, lässt sich schnell zum Opfer machen und "entmündigen".

Nur verschiebt sich hier leider der Blickwinkel, denn all die anderen, und ich behaupte die Mehrheit der Sexarbeiterinnen, bekommen diese Leute, wie auch z.B. Frau Constabel nie zu Gesicht, denn wir arbeiten diskret und unsichtbar.

LG Tanja

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RE: ARD Panorama 21:45 - 22:15 Rotlicht-die verlogene Kampag

Beitrag von annainga »

ja, Tanja, da hast du recht, aber die reden von Zwangsprostitution und wenn die den Begriff so inflationär benutzen, sollte man wirklich (wie bereits passiert) sagen:

Sie wissen von Zwangsprostitution? Das ist eine Straftat und muss angezeigt werden.

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Beitrag von Arum »

Der Beitrag ist auch deswegen so wichtig, nicht nur weil der NDR und die Panorama-Redaktion sich jetzt gegen die Schwarzer-Initiative, die öffentliche meinung und GroKo-Vorhaben querstellen, sondern vor allem wegen der Art und Weise. Undine und Johanna Weber in allen Ehren, aber es fehlte eben schon seit längerem mindestens diese eine Osteuropäerin, die sich ganz klar ausspricht. Das ist jetzt geschehen, darüber hinaus auf sehr überzeugende Art und Weise, besonders weil sie jetzt das öffentliche, sehr selbstbewusste Gegenbeispiel bildet gegen der auch von Uhl im Beitrag wieder herbeigezauberten Osteuropäerin ohne jegliche deutsche Sprachkenntnisse. Und dann sogar noch dermassen beredsam, dass man ihre nicht-deutsche Herkunft nur noch vom Akzent her wiedererkennen kann. Und der Durchschnitts-Club/Laufhauskunde weiss ja ganz genau, dass es im Beruf viele solcher Osteuropäerinnen gibt: Sie ist beileibe nicht die einzige.

Des weiteren scheint mir genauso wichtig, dass hier ein BKA-Beamter zu Wort gelassen worden ist, der sehr entschlossen die 90% Zwangsprostitutionsziffer zurückweisst, so wie er auch auf die Fastunmöglichkeit hinweisst, dass ein Kunde erkennen kann, ob denn eine Frau selbsbestimmt oder nicht tätig ist. Eine solche Autoritätsperson in die Debatte miteinzubeziehen, scheint mir ein sehr wichtiger Schritt, wo doch viele Normalbürger meinen (so ist mir aus einer andersweitgen Forumsdiskussion klar geworden), die altbekannten Polizeivertreter in den öffentlichen Debatten werden doch wohl nicht ohne Grund auf diese 90% beharren.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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RE: ARD Panorama 21:45 - 22:15 Rotlicht-die verlogene Kampag

Beitrag von Tanja_Regensburg »

@ annainga

die Zuordnung Zwang hat ihren Ursprung hier
§ 232 StGB
Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung

(1) Wer eine andere Personunter Ausnutzung einer Zwangslage oder der Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder dazu bringt, sexuelle Handlungen, durch die sie ausgebeutet wird, an oder vor dem Täter oder einem Dritten vorzunehmen oder von dem Täter oder einem Dritten an sich vornehmen zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer eine Person unter einundzwanzig Jahren zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder zu den sonst in Satz 1 bezeichneten sexuellen Handlungen bringt.

Ausnutzung einer Zwangslage oder der Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist,


Damit sind Personen gemeint, die kein, bzw kaum deutsch sprechen, kein Geld haben und die sonst keine Alternativen haben, z.B. Armutsmigrantinnen...
und Menschen im Alter von 18 bis 21 Jahren.

Damit kann z.B. jeder von uns zum Menschenhändler werden, auch wenn er eigentlich nur helfen möchte.

Fragt eine Frau/Mann unter 21 Jahren, wo sie einen guten Arbeitsplatz findet und man gibt Tipps, bzw fährt die Frau/Mann dorthin, bzw stellt Kontakt her, dann kann man wegen Menschenhandel belangt werden, unabhängig von der Nationalität der Frau/Mann... also auch wenn man einer 19 Jährigen deutschen hilft oder die Vermittlung (ohne Bezahlung) übernimmt.

Wenn die Freierbestrafung,die es in Deutschland übrigens schon gibt, weil sie schleichend eingeführt wird, ausgeweitet wird auf das Ausnutzen von Hilflosigkeit in einem fremden Land auf Grund wirtschaftlicher Nöte und mangelnder Sprachkenntnisse, dann führt das zu einem massiven wirtschaftlichen Verlust bei gerade osteuropäischen Kolleginnen, da sich niemand mehr sicher sein kann, ob er eine "Zwangsprostituierte" vor sich hat und aus Sicherheitsgründen sie dann lieber nicht mehr aufsucht.

Es hat sich bereits verbreitet, dass vermehrt in Locations angefragt wird, ob es dort deutsche Frauen gibt, bzw zumindest Frauen die sehr gut deutsch sprechen und möglichst nicht aus Rumänien bzw Bulgarien sind.

Die Annahme, wenn man diesen Kolleginnen die wirtschaftliche(finanzielle) Basis nimmt, würden sie (und ihre Familien)nicht mehr nach Deutschland kommen ist utopisch, wenn man um die Verhältnisse in den Heimatländern weiß.

Die Frauen und Männer kommen auch hierher,wenn sie ausgebeutet werden... aber ist Ausbeutung in anderen Jobs besser? nur weil es eventuell dem "Gemeinwohl" dient wie in der Pflege, der Landwirtschaft, Schlachtbetrieben, Handwerk?....

Wenn, dann müsste man auch dagegen massiv vorgehen, aber dam macht man die Augen zu und stellt sich unwissend, weil es einen Sturm aus der Bevölkerung gäbe, wenn die Preise noch mehr steigen, und man womöglich noch die Oma selbst versorgen müsste, weil man sich ein Pflegeheim nicht leisten kann.

Sexarbeit ist für viele die einzige Option ausreichend Geld zu verdienen um ihre Familien, Kinder zu versorgen...

Wenn sich Deutschland die Armutsmigration nicht leisten kann, dann sollte man ehrlich sein und das nicht auf dem Rücken einer einzelnen Branche austragen, die man selbst schröpft mit vielen Sondersteuern und Einschränkungen sondern die Globalisierung langsamer angehen....

Ansonsten muss man damit leben, dass Menschen aus wirtschaftlich ärmeren Ländern ohne/mit schlechten sozialen Absicherungen zu uns kommen, wo zumindest ihr "Überleben" gewährleistet ist, auch wenn sie kein Einkommen haben.

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Re: RE: ARD Panorama 21:45 - 22:15 Rotlicht-die verlogene Ka

Beitrag von Arum »

          Bild
Tanja_Regensburg hat geschrieben:
Wenn sich Deutschland die Armutsmigration nicht leisten kann, dann sollte man ehrlich sein und das nicht auf dem Rücken einer einzelnen Branche austragen, die man selbst schröpft mit vielen Sondersteuern und Einschränkungen sondern die Globalisierung langsamer angehen....

Ansonsten muss man damit leben, dass Menschen aus wirtschaftlich ärmeren Ländern ohne/mit schlechten sozialen Absicherungen zu uns kommen, wo zumindest ihr "Überleben" gewährleistet ist, auch wenn sie kein Einkommen haben.
Was da noch so abläuft, Osteuropäern gegenüber, sieht man hier:

*


Keine Ersatzquartiere für Roma-Familien aus Duisburger Problem-Häusern


Duisburg.
Illegale Bewohner sowie legale Mieter sollen die Bergheimer Problemhäuser verlassen. Eine Unterkunft ist bereits zwangsgeräumt worden. Die Stadt zeigt sich verhalten optimistisch, dass hochmobile Familien sich außerhalb Duisburgs anderen Wohnraum suchen - ein Notfallplan existiert nicht.
Für Hunderte Roma, die durch Zwangsräumung
ihr illegales Quartier in Bergheim verloren haben oder deren reguläre Mietverträge zur Jahreswende nicht verlängert werden, soll es keine kommunalen Ersatzunterkünfte geben.

"Wir gehen davon aus, dass die Bewohner auf Grund ihrer hohen Mobilität weiterziehen und die Stadt verlassen", so Spaniel.

[Ein typisch rassistischer Satz in Bezug auf Roma, der davon ausgeht, dass eben "Zigeuner" das Reisen im Blut haben, eigentlich nichts lieber möchten als herumfahren. Anm. Arum]

Die Beguinenstraße 1 ist wegen widerrechtlicher Besetzungen bereits zwangsgeräumt worden. Das Nachbarhaus Beguinenstraße 3 will der Vermieter im Februar leerziehen lassen. Auch das Hochhaus In den Peschen,
in dem Hunderte Roma in katastrophalen Zuständen [was gar nicht zuzutreffen scheint, Anm. Arum] leben,
steht vor einem Neuanfang. Die Mietverträge werden nicht erneuert.

[Der Eigentümer besitzt anscheinend auch einige Laufhäuser im Duisburger Vulkankwartier. Es würde mich nicht wundern, wenn der Herr von der Stadt erpresst worden ist: "Wenn du nicht einlenkst in Sachen In den Peschen, werden wir dich über deine Bordelle zu belangen versuchen." Anm. Arum]

Stadt will keinen Notfallplan aufstellen

"Hier gilt: Eine neue Wohnung muss sich jeder selbst besorgen", so Spaniel, "das ist nicht unsere Aufgabe." Einen Notfallplan für die freigesetzten Bewohner will die Stadt nicht aufstellen – auch nicht vor dem Hintergrund, dass ab Januar 2014 möglicherweise weitere Armutsmigranten nach Duisburg strömen.Verhältnissen wie In den Peschen kann die Stadt in Zukunft allerdings schneller einen Riegel vorschieben: "Das neue Wohnungsaufsichtsgesetz lässt es zu, dass wir Quartiere bei Verdacht auf Mängel kontrollieren dürfen", erklärt Spaniel, "zurzeit können wir nur tätig werden, wenn Mieter uns alarmieren."

http://www.derwesten.de/staedte/duisbur ... 2045791102

*

Osteuropäer sind schlicht und ergreifend der neue letzte Dreck in Deutschland, und natürlich nicht nur bei Euch. Das fängt an bei Prostitution und Roma, und dann werden diese ganz anständigen Gutbürger mal schauen, welche da noch übrigbleiben, die zuvorkommen wollen, dass Siemens usw. sich in Rumänien oder Bulgarien genügend Billiglohnarbeiter auftreiben können....

Übrigens, die Duisburger Stadtregierung ist eine rot-rot-grüne... Linke und Grünen haben da also auch Dreck am Stecken. Einer anderen Internetseite entnahm ich (ich weiss nicht mehr genau wo), die haben anscheinend Angst wegen des relativen Wahlerfolgs der rechtsextremen Parteien in der Stadt bei der letzten Bundeswahl. Die haben in Duisburg besser abgeschnitten denn je zuvor. Und so bestimmt indirekt die NPD, also, mal genau auf den Punkt gebracht, der Nationalsozialismus, mit die Debatte.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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RE: ARD Panorama 21:45 - 22:15 Rotlicht-die verlogene Kampag

Beitrag von Jupiter »

Zunächst mal Danke an Tanja für die amtliche Sicht "Zwang"

Ich sehe da wieder die Interpretationsmöglichkeiten der Polizei / Sitte.
Ja, die deutschen Firmen brauchen das Lohngefälle zu Rumänien / Bulgarien um darüber mit Dumpinglöhnen (Werkverträge) die Konkurrenz z. b. in Frankreich zu unterbieten.
Aber wenn eine Frau den Lebensunterhalt ihrer Familie durch Prostitution erwirtschaftet, dann wird dies mit Zwang gleichgesetzt. Es ist ja auch kein Arbeitgeber da, der das Klagelied der Arbeitsplatzverluste anstimmt.

Gruß Jupiter
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(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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Sozio-Physics

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Polarisierte Debatte entspricht einem Phasenübergang


Ob jemand in Not (also quasi "Zwangsprostituierte") ist, das kann man in der Mehrheit der Fälle prinzipiell auch nicht von außen erkennen, weil dazu müßte man in die privatesten Lebensverhältnisse also quasi in den Kopf der Person hineinschauen können (wie bei einem Strafprozess mit Beweiserhebung und Kreuzverhör).

Deshalb fällt diese Unterstellung der Politik und den Prostitutionsgegnern (Abolitionisten) und Medien ja auch so leicht.

Es gibt in der Prostitution wie im bürgerlichen Leben das Phänomen der "versteckten Armut". Die Leute zeigen nach außen nicht ihre Schwächen. Dürfen sie auch nicht, weil sie dann gefährdeter sind und ausgenutzt werden können und Profiteure geradezu anlocken würden !!! Wir kennen das instinktiv alle aus unseren Kundenkontakten. Sexworker wissen, dass sie bisweilen "gute Miene zu bösem Spiel machen müssen", um einen eskalierenden Geschäftsvorfall nicht vollends entgleiten zu lassen, um aus einer kritischen Sitation heil raus zu kommen... Arme Leute entscheiden sich z.B. durchaus rational Luxusklamotten zu erwerben, um nämlich Gatekeepern zu signalisieren, dass sie es wert sind dazuzugehören und dass man sich für sie einsetzt... (The logic of stupid poor people http://tressiemc.com/2013/10/29/the-log ... or-people/ )





Andersherum gibt es Gelegenheiten, wo genau das Zeigen von Not geradezu erwünscht ist und belohnt ist. Z.B. bei den Opferberatungsstellen, Hilfsorganisationen z.B. falls man in eine Razzia oder Kontrolle gerät. Um nicht als Täter_in dazustehen, angeklagt und bestraft zu werden wegen verbotener Prostitution oder illegalem Aufenthalt oder Menschenhandel..., greifen dann Sexworker zur Legende oder Notlüge von Not und Ausbeutung in der sie sich selbst befänden. Beziehungsgewalt wird dann evt. Zuhälter- und Menschenhändlergewalt. Die Rate für Falschbeschuldigungen bei Vergewaltigung soll zwischen 1-9% liegen (EMMA, www.bit.ly/bkazahlen ), aber bei Sexwork wird Falschaussage evt. mit Bleiberecht "belohnt" oder regelrecht erzwungen, weil die Anklagebehörde und das dominant-männliche System der Strafverfolgung darauf programmiert sind nach männlich-ausländischen Tätern zu fahnden. Das wird die Prozentwerte gewiss noch weiter verändern. Ferner ist der Empfang von Hilfsleistungen und Almosen stets an ein Selbstouting als Hilfsbedürftiger gekoppelt, solange es kein menschenrechteähnlich verankertes bedingungsloses Grundeinkommen und Bleiberecht etc. gibt (Inklusionsmechanismen die Teilhabe sicherstellen).





Beide entgegengesetzten sozialen Mechanismen bewirken eine polarisierende Zuspitzung bezüglich der bewertbaren Sichtbarkeit der Lebenslagen von Sexworkern, so daß sich nicht das kontinuierliches Spektrum der natürlichen Verteilung d.h. mit fließendem Übergang zwischen ausreichend abgesichertem Wohlstand hin zu Fällen von Not erkennen läßt, sondern man sieht nur Wohlstand oder normale Sexworker solange es einigermaßen läuft, was aber plötzlich und unerwartet umschlagen kann in eine evt. zu spät erkennbare Notlage (wenn der sprichwörtliche Funke oder Wassertropen seine Wirkung entfaltet). Das erklärt dass die gesellschafte Polarisierung der Prostitutionsdebatte bereits bei der Wahrnehmung entsteht. Es ist ein sog. Phasenübergang (z.B. flüssig-gasförmig), der aussieht wie eine Sprungfunktion mit zugehörigem Schwellwert (Siedepunkt), statt einem Kontinuum (z.B. Ausdehnung bei Temperaturänderung).

Die Abweichung der Form des Phasenübergangs von der kontinuierlichen Veränderung wäre dann das Maß für Stigmatisierung und Ausgrenzung.

Legalisierung und Entkriminalisierung bedeutet "soziales Kapital" und mithin Inklusion und mehr Wohlstand für Sexworker.