ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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Jupiter
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Re: RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von Jupiter »

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fraences hat geschrieben: "Wir werden nicht nur gegen die Menschenhändler, sondern auch gegen diejenigen, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel ..........
Ich wünsche mir, dass dies auch konsequent bei Firmen welche mit ausländischen Arbeitgeber z. B. aus Rumänien zu Dumpinglöhnen Werkverträge abschließen, erfolgt.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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Marc of Frankfurt
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Rechtsverhältnisse Sexwork

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Recht und Beziehungsgeflecht Prostitution


Anläßlich der x-ten Maischberger-Sendung zur Prostitution mit einem sehr uninformierte Kriminalhauptkommissar aus Augsburg, hier eine Visualisierung der Hierarchie der Beziehungen und Rechte in der Sexarbeit (Fortbildungsmodul Recht für Sexworker;-)


Siehe zur Dreierbeziehung Kunde-Sexworker-Betreiber auch das inspirierende Diagramm beim Fragebogen der Züricher Sittenpolizei (MSD = Milieu und SexualDelikte) wo sie die konkreten Betriebsabläufe und Geschäftsvereinbarung von Betreibern bei deren Lizensierung ausforschen:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=135528#135528


Für eine genauere Analyse der stigmatisierten bis kriminalisierten Arbeitsteiligkeit in der Sexarbeit siehe auch die Universitäts-Studie aus Kanada zu Drittparteien in der Prostitution.


Was uns in einem nächsten Schritt gelingen muß als Interessensvertretung für die Rechte von Sexworkern, ist es die Menschenrechte ins Schaubild hinzuzufügen, insofern sie wichtige Abwehrrechte gegen den Staatszugriff auf Sexualität und Privatsphäre darstellen.


Ferner fehlen noch die Sozialrechte (Chart), die zeigen sollen wo Sexworker eingebunden sind in Sozialversicherungssysteme (soziale Hängematte Leistungskatalog, was Sexworkern zusteht) oder eben ausgeschlossen bleiben (Prekarisierung im Alter).


Weitere Übersichten zum Prostitutionsrecht
... Opferrechte (Chart Zivilrechtliche Klagewege) ... Migrantenrechte (Legalisierungsmerkblatt) ... Rechtsprechung Sexwork ... Internationale Rechtsvergleiche ... Baurecht & Prostitutionskontrolle ... Sperrbezirksverordnungen (Landkarten) ... (English Version) 3 Typen von Sexworkern oder Professionalisierungsgraden ...
Dateianhänge
Prinzip-Schaubild Rechtsverhältnisse in der Prostitution
Prinzip-Schaubild Rechtsverhältnisse in der Prostitution
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 14.12.2013, 04:28, insgesamt 5-mal geändert.

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Regionale Sonderrechts-Zonen

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Sonderzone Prostitutionskontrolle Bayern


Da es offensichtlich einen Ministererlaß in Bayern gibt das ProstG von 2002 nicht umzusetzen [Irmingard Schewe-Gerigk in der Maischberger Sendung am 26.11.2013], d.h. Beschäftigungsverhältnisse von Sexarbeitern im Bordell nicht anzuerkennen, sondern als Zuhälterei nach wie vor zu kriminalisieren, herrscht in Bayern wie obige Landkarte verdeutlicht ein ganz anderes Prostitutionsrecht als in den anderen nördlichen Bundesländern.

- Warum haben wir bisher diesen Erlaß hier im Forum auch nach 11 Jahren noch nicht vorliegen?

- Was hat diese andere Gesetzesbasis für Konsequenzen auf die Sexworker-Zahlen und Menschenhandelsstatistiken? Hier sollten mal länderspezifische Vergleiche angestellt werden.





Summe der Kontrollen/Razzien von Örtlichkeiten, an denen der Prostitution nachgegangen wird im Bundesland Bayern:

2011: 6.017

2010: 5.994

2010-11: 4 Fälle von Minderjährigkeit


[3.000 Kontrollen oder Razzien sind in Bayern erforderlich, um 1 Minderjährige pro Jahr aufzuspüren.]

http://www1.bayern.landtag.de/ElanTextA ... 016197.pdf
Darin auch Zahlen der Sexworker in München und Nürnberg
Und Gelder für die Hilfsprojekte Kassandra Nürnberg, Solwodi (7x in Bayern, 4 Vollzeitstellen) und Jadwiga in München
Jadwiga bekam 10.000 Euro für eine Kampagne gegen Zwangsprostitution zur WM 2006.

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Marc of Frankfurt
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Keine Kriminalisierung

Beitrag von Marc of Frankfurt »


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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von fraences »

Debatte über Prostitutionsgesetz
Moderne Sklaverei oder Dienstleistung?


Zu den Vorhaben der Großen Koalition gehört auch, das Prostitutionsgesetz zu verschärfen. Das hatte unter anderem auch Frauenrechtlerin Alice Schwarzer in einer Kampagne vor der Wahl gefordert. Bei Prostituierten selbst stoßen die Pläne auf Kritik.

Von Benjamin Laufer für tagesschau.de

Union und Sozialdemokraten wollen in der Großen Koalition auch das Prostitutionsgesetz reformieren. So steht es auf Seite 95 des Koalitionsvertrages. Dieses Koalitionsvorhaben findet sich teilweise auch in einem "Appell gegen Prostitution" an Bundeskanzlerin und Bundestag , den Frauenrechtlerin Alice Schwarzer im Herbst veröffentlicht hatte. Rund 90 Prominente - darunter auch zahlreiche CDU-Politiker - hatten ihn unterschrieben.

Darin heißt es, das 2002 von der rot-grünen Bundesregierung eingeführte Prostitutionsgesetz trage "die Handschrift der Frauenhändler" und befördere "moderne Sklaverei". Die meisten Prostituierten würden gegen ihren Willen in dem Gewerbe arbeiten, behauptet Schwarzer. Gefordert wurde deswegen unter anderem "eine Gesetzesänderung, die der Deregulierung von Frauenhandel und Prostitution Einhalt gebietet" sowie die Ächtung und Bestrafung von Freiern.

Koalition will gegen Zwangsprostitution vorgehen

Alice Schwarzer würde Prostitution am liebsten ganz verbieten.
Die Koalition will nun das Prostitutionsgesetz "umfassend überarbeiten" und gegen Freier vorgehen, die "wissentlich und willentlich" die Zwangslage der Prostituierten ausnutzen. Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution sollen ein verbessertes Aufenthaltsrecht erhalten, wenn sie in Strafverfahren aussagen. Auch das hatte der Schwarzer-Appell gefordert. Bislang laufen viele Gefahr, in diesem Fall abgeschoben zu werden, weil sie sich illegal in Deutschland aufhalten. Ebenfalls sollen laut Koalitionsvertrag Verurteilungen künftig auch dann möglich sein, wenn die Betroffenen keine Aussage machen. Nach dem Strafgesetzbuch wird Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung mit bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug bestraft.

Im Gegensatz zu Schwarzer, die langfristig Prostitution ganz abschaffen will, geht es den Koalitionären aber um Menschenhandel und Zwangsprostitution, nicht um Sexarbeit an sich. Für Schwarzer ist das trotzdem ein Erfolg ihrer Kampagne: "Wir haben mit unserer Kritik an der Akzeptanz oder gar Propagierung von Prostitution offensichtlich einen Nerv bei den Menschen getroffen", sagt sie zu tagesschau.de.

Prostituiertenverband wehrt sich gegen Schwarzers Initiative

Der "Berufsverband sexuelle und erotische Dienstleistungen" sieht das ganz anders. Als Reaktion auf Schwarzers Vorgehen hatte der im Oktober von Prostituierten gegründete Verband einen eigenen Appell zur Akzeptanz der Prostitution verfasst. Er erzielte aber weit weniger öffentliche Wirkung als sein Gegenstück, obwohl auch ihn zahlreiche Prominente, Politiker und vor allem Prostituierte selbst unterzeichnet haben.

Sexarbeit sei keine Sklaverei, heißt es in dem Appell. "Prostitution ist eine berufliche Tätigkeit, bei der sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten werden." Das Geschäft beruhe auf Freiwilligkeit. Auch Migranten würden der Prostitution überwiegend freiwillig nachgehen, Menschenhandel sei in diesem Kontext also eine Randerscheinung. "Schwarzers Kampagne ist ein Akt der Bevormundung", sagt Verbandssprecherin Undine de Rivière im Gespräch mit tagesschau.de. "Man kann Menschen nicht gegen ihren Willen helfen."

"Symbolpolitik und Scheingesetze"

Die Koalitionsvorhaben sind für de Rivière folglich "Symbolpolitik und Scheingesetze": "Ich finde das sehr gefährlich", sagt die Domina. Es sei bereits jetzt verboten, mit jemandem Sex gegen dessen Willen zu haben und eine Notlage auszunutzen. Die Absicht, in Zukunft Freier von Zwangsprostituierten zu bestrafen, könne die Klärung von Verbrechen sogar behindern. "Es gibt viele Fälle, in denen die Kunden zur Aufklärung beigetragen haben. Die zu verunsichern, ist absolut kontraproduktiv!" Die meisten Freier wollten den Prostituierten ohnehin auf Augenhöhe begegnen.

Schwarzer hingegen fordert eine Bestrafung aller Freier - unabhängig davon, ob man ihnen nachweisen kann, bewusst eine Zwangslage auszunutzen. "Zwangsprostitution im engeren Sinne ist besonders schwer beweisbar, weil die Opfer meist hilflos und eingeschüchtert sind", sagt sie. "Eine Freierbestrafung wäre ein starkes Signal dafür, dass wir den Frauenkauf als Unrecht verurteilen."

"Die meisten Prostituierten arbeiten fürs Geld", sagt Domina Undine de Rivière.
Dem Prostituierten-Berufsverband geht auch der vorgesehene Schutz der Zwangsprostituierten nicht weit genug: "Das ist keine Zusage für die Verbesserung des Opferschutzes", sagt Sprecherin de Rivière. Sie sieht bereits in der vagen Formulierung im Koalitionsvertrag "scheunentorgroße Schlupflöcher". Der Verband fordert ein Bleiberecht für alle Opfer von Menschenhandel, unabhängig davon, ob sie eine Aussage machen. Viele Betroffene würden eine Aussage deswegen verweigern, weil sie bedroht werden.

Keine genauen Zahlen zur Prostitution

Es ist unklar, wie viele Prostituierte es in Deutschland gibt. Schätzungen gehen von 400.000 oder weniger aus, in Schwarzers Appell ist von 700.000 Frauen die Rede. Wie viele davon zur Prostitution gezwungen werden, ist unklar und umstritten. "Ich bin in 20 Jahren Sexarbeit noch keinem Menschenhandelsopfer begegnet", sagt de Rivière. "Die meisten arbeiten einfach fürs Geld." Schwarzer hingegen sagt, 90 bis 95 Prozent der Frauen in der Prostitution seien "Opfer".

Nach einer Statistik des Bundeskriminalamts ist die Zahl der in Deutschland ermittelten Opfer von Menschenhandel in den vergangenen Jahren tendenziell rückläufig. Waren es 2001 noch 987 Personen - meist Frauen -, ermittelten die Behörden 2011 640 Opfer von Menschenhandel "zum Zweck der sexuellen Ausbeutung". Klar ist aber auch, dass es eine Dunkelziffer gibt.

www.tagesschau.de/inland/prostitutionsgesetz100.html
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von fraences »

Debatte über Prostitutionsgesetz
Moderne Sklaverei oder Dienstleistung?


Zu den Vorhaben der Großen Koalition gehört auch, das Prostitutionsgesetz zu verschärfen. Das hatte unter anderem auch Frauenrechtlerin Alice Schwarzer in einer Kampagne vor der Wahl gefordert. Bei Prostituierten selbst stoßen die Pläne auf Kritik.

Von Benjamin Laufer für tagesschau.de

Union und Sozialdemokraten wollen in der Großen Koalition auch das Prostitutionsgesetz reformieren. So steht es auf Seite 95 des Koalitionsvertrages. Dieses Koalitionsvorhaben findet sich teilweise auch in einem "Appell gegen Prostitution" an Bundeskanzlerin und Bundestag , den Frauenrechtlerin Alice Schwarzer im Herbst veröffentlicht hatte. Rund 90 Prominente - darunter auch zahlreiche CDU-Politiker - hatten ihn unterschrieben.

Darin heißt es, das 2002 von der rot-grünen Bundesregierung eingeführte Prostitutionsgesetz trage "die Handschrift der Frauenhändler" und befördere "moderne Sklaverei". Die meisten Prostituierten würden gegen ihren Willen in dem Gewerbe arbeiten, behauptet Schwarzer. Gefordert wurde deswegen unter anderem "eine Gesetzesänderung, die der Deregulierung von Frauenhandel und Prostitution Einhalt gebietet" sowie die Ächtung und Bestrafung von Freiern.

Koalition will gegen Zwangsprostitution vorgehen

Alice Schwarzer würde Prostitution am liebsten ganz verbieten.
Die Koalition will nun das Prostitutionsgesetz "umfassend überarbeiten" und gegen Freier vorgehen, die "wissentlich und willentlich" die Zwangslage der Prostituierten ausnutzen. Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution sollen ein verbessertes Aufenthaltsrecht erhalten, wenn sie in Strafverfahren aussagen. Auch das hatte der Schwarzer-Appell gefordert. Bislang laufen viele Gefahr, in diesem Fall abgeschoben zu werden, weil sie sich illegal in Deutschland aufhalten. Ebenfalls sollen laut Koalitionsvertrag Verurteilungen künftig auch dann möglich sein, wenn die Betroffenen keine Aussage machen. Nach dem Strafgesetzbuch wird Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung mit bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug bestraft.

Im Gegensatz zu Schwarzer, die langfristig Prostitution ganz abschaffen will, geht es den Koalitionären aber um Menschenhandel und Zwangsprostitution, nicht um Sexarbeit an sich. Für Schwarzer ist das trotzdem ein Erfolg ihrer Kampagne: "Wir haben mit unserer Kritik an der Akzeptanz oder gar Propagierung von Prostitution offensichtlich einen Nerv bei den Menschen getroffen", sagt sie zu tagesschau.de.

Prostituiertenverband wehrt sich gegen Schwarzers Initiative

Der "Berufsverband sexuelle und erotische Dienstleistungen" sieht das ganz anders. Als Reaktion auf Schwarzers Vorgehen hatte der im Oktober von Prostituierten gegründete Verband einen eigenen Appell zur Akzeptanz der Prostitution verfasst. Er erzielte aber weit weniger öffentliche Wirkung als sein Gegenstück, obwohl auch ihn zahlreiche Prominente, Politiker und vor allem Prostituierte selbst unterzeichnet haben.

Sexarbeit sei keine Sklaverei, heißt es in dem Appell. "Prostitution ist eine berufliche Tätigkeit, bei der sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten werden." Das Geschäft beruhe auf Freiwilligkeit. Auch Migranten würden der Prostitution überwiegend freiwillig nachgehen, Menschenhandel sei in diesem Kontext also eine Randerscheinung. "Schwarzers Kampagne ist ein Akt der Bevormundung", sagt Verbandssprecherin Undine de Rivière im Gespräch mit tagesschau.de. "Man kann Menschen nicht gegen ihren Willen helfen."

"Symbolpolitik und Scheingesetze"

Die Koalitionsvorhaben sind für de Rivière folglich "Symbolpolitik und Scheingesetze": "Ich finde das sehr gefährlich", sagt die Domina. Es sei bereits jetzt verboten, mit jemandem Sex gegen dessen Willen zu haben und eine Notlage auszunutzen. Die Absicht, in Zukunft Freier von Zwangsprostituierten zu bestrafen, könne die Klärung von Verbrechen sogar behindern. "Es gibt viele Fälle, in denen die Kunden zur Aufklärung beigetragen haben. Die zu verunsichern, ist absolut kontraproduktiv!" Die meisten Freier wollten den Prostituierten ohnehin auf Augenhöhe begegnen.

Schwarzer hingegen fordert eine Bestrafung aller Freier - unabhängig davon, ob man ihnen nachweisen kann, bewusst eine Zwangslage auszunutzen. "Zwangsprostitution im engeren Sinne ist besonders schwer beweisbar, weil die Opfer meist hilflos und eingeschüchtert sind", sagt sie. "Eine Freierbestrafung wäre ein starkes Signal dafür, dass wir den Frauenkauf als Unrecht verurteilen."

"Die meisten Prostituierten arbeiten fürs Geld", sagt Domina Undine de Rivière.
Dem Prostituierten-Berufsverband geht auch der vorgesehene Schutz der Zwangsprostituierten nicht weit genug: "Das ist keine Zusage für die Verbesserung des Opferschutzes", sagt Sprecherin de Rivière. Sie sieht bereits in der vagen Formulierung im Koalitionsvertrag "scheunentorgroße Schlupflöcher". Der Verband fordert ein Bleiberecht für alle Opfer von Menschenhandel, unabhängig davon, ob sie eine Aussage machen. Viele Betroffene würden eine Aussage deswegen verweigern, weil sie bedroht werden.

Keine genauen Zahlen zur Prostitution

Es ist unklar, wie viele Prostituierte es in Deutschland gibt. Schätzungen gehen von 400.000 oder weniger aus, in Schwarzers Appell ist von 700.000 Frauen die Rede. Wie viele davon zur Prostitution gezwungen werden, ist unklar und umstritten. "Ich bin in 20 Jahren Sexarbeit noch keinem Menschenhandelsopfer begegnet", sagt de Rivière. "Die meisten arbeiten einfach fürs Geld." Schwarzer hingegen sagt, 90 bis 95 Prozent der Frauen in der Prostitution seien "Opfer".

Nach einer Statistik des Bundeskriminalamts ist die Zahl der in Deutschland ermittelten Opfer von Menschenhandel in den vergangenen Jahren tendenziell rückläufig. Waren es 2001 noch 987 Personen - meist Frauen -, ermittelten die Behörden 2011 640 Opfer von Menschenhandel "zum Zweck der sexuellen Ausbeutung". Klar ist aber auch, dass es eine Dunkelziffer gibt.

www.tagesschau.de/inland/prostitutionsgesetz100.html
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von fraences »

CDU-Pläne zur Prostitution
Bei Sex droht Knast


Die Union will die Regeln für Prostitution verschärfen. Der Besuch einer Zwangsprostituierten könnte dann ins Gefängnis führen.

Die Große Koalition will beim Geschäft mit käuflichem Sex künftig zahlreiche Restriktionen schaffen. | Ginge es nach Dorothee Bär, der familienpolitischen Sprecherin der Unions-Fraktion im Bundestag, würde in Sachen Prostitution jede Menge verboten:
Werbung für unwürdige Sexpraktiken zum Beispiel. Weg sollten auch die Sex-Flatrates, also Sex ohne Ende für eine feste Geldsumme.
Am liebsten würde Bär auch das Mindestalter im Bereich der Sexarbeit auf 21 Jahre anheben.
Aber es geht nicht allein nach der katholischen CSU-Politikerin aus Bamberg. Selbst die weiß, dass es „naiv wäre“, Prostitution gänzlich verbieten zu wollen. Trotzdem will die große Koalition beim Geschäft mit käuflichem Sex künftig zahlreiche Restriktionen schaffen.


So sollen Prostituierte zu einer regelmäßigen Gesundheitskontrolle verpflichtet werden. Das hatte das rot-grüne Prostitutionsgesetz, das seit Inkrafttreten 2001 Sexarbeit zu einem Job wie jedem anderen erklärte, abgeschafft. Wohin das geführt habe, kann man nach Ansicht Bärs prima in Augsburg sehen. „Dort lassen sich nur ein bis fünf Prozent der Prostituierten untersuchen. Vorher waren es 100 Prozent“, sagte Bär am Dienstag.
Die neue große Koalition will auch eine sogenannte Erlaubnispflicht für Bordelle einführen. Diese würde es Gewerbe- und Ordnungsämtern erleichtern, Prostitutionsstätten jederzeit zu kontrollieren. So wie jede gewöhnliche Imbissbude. „Wir wollen, dass Kontrolle von Anfang an stattfindet“, sagte Unions-Fraktionsvize Günther Krings.
Abschreckungsdruck kann hilfreich sein
Und Freier, die bei einer Zwangsprostituierten waren, müssten – ähnlich wie es in Frankreich geplant ist – mit einer Geldstrafe rechnen. Oder sogar mit Gefängnis, meinte Krings: „Orientierungsrahmen“ könnte der Menschenhandelsparagraf sein. „Abschreckungsdruck kann sehr hilfreich sein“, glaubt er.
Woran erkennt ein Mann, dass er bei einer Zwangsprostituierten gelandet ist? „Man merkt schon, ob jemand unter Drogen steht, nicht aus dem Raum darf und unter Zwang arbeitet“, sagte Bär. Opfer von Zwangsprostitution sollen laut Krings ein befristetes Aufenthaltsrecht erhalten. Manche könnten ein dauerhaftes Bleiberecht bekommen.
Ziel dieser Vorhaben ist eine Verschärfung des Prostitutionsgesetzes. „Wir sollten nicht auf einen liberalen Status abrutschen“, warnte Bär. Ein entsprechender Gesetzentwurf, den voraussichtlich vier Ministerien erarbeiten werden, soll voraussichtlich im Januar 2014 vorliegen.

http://taz.de/CDU-Plaene-zur-Prostitution/%21128703/

edit by ehemaliger_User: Link korrigiert
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Beitrag von Snickerman »

Zitat: "Ziel dieser Vorhaben ist eine Verschärfung des Prostitutionsgesetzes. „Wir sollten nicht auf einen liberalen Status abrutschen“
Damit ist alles gesagt, denke ich.
Ich höre das Gras schon wachsen,
in das wir beißen werden!

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Re: RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von Arum »

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fraences hat geschrieben:[
Woran erkennt ein Mann, dass er bei einer Zwangsprostituierten gelandet ist? „Man merkt schon, ob jemand unter Drogen steht, nicht aus dem Raum darf und unter Zwang arbeitet“, sagte Bär.
Es ist doch entsetzlich, wie da Typen das Gesetz bestimmen dürfen, die wirklich nicht wissen wovon sie reden: "nicht aus dem Raum darf"!, so ein Blödsinn. Wie soll das denn gehen, z.B. in einem Club?

Schlimmer aber noch: Wieder mal eine Zeitung, die nicht hinterfragt, wie es denn um die Beweislage für die Polizei stünde. Das heisst, zum Beispiel, in wie weit es ihr erlaubt sein sollte, eine SW überhaupt ihrer Tätigkeit nachgehen zu lassen, wenn man als Polizei Grund zur Annahme hat, sie wäre eine Zwangsprostituierte, sprich, die Polizei als Justiz-Zuhälter.. Da fragt die TAZ nicht mal. Prostitution: Denken verboten!

Der Hauptmann von Köpenick geht wieder durchs Land...

Oder auch: Ich weiss recht genau, woran man als Kunde eine Zwangsprostituierte mindestens erkennen kann. Ich habe es selber zweimal erlebt, in den 1990ern, in den Niederlanden, hinter Fenstern. Die eine war voll lethargisch und wie versteinert, die andere hat bitterlich zu weinen angefangen, weil ich freundlich zu ihr war. Nur, mir war meine eigene gesetzliche Lage nicht klar, und es gab kaum Internet zu jener Zeit, wo man sich schlau hätte machen können, und so bin ich dann nicht zur Polizei gegangen. Und da kommen jetzt diese spiessigen Idioten, uns genau mit solchen Massnahmen androhen, die nur dafür sorgen werden können, dass man wieder eine tatsächliche Zwangsprostituierte ihrem Schicksal überlässt. Und ohnehin, Frauen wie dieser zwei bin ich in den Jahren nachher nie mehr begegnet.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Marc of Frankfurt
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Ideen für konservative Prostitutionskontrolle

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Neue Webseiten der politischen Scharfmacher zur Verschärfung des ProstG:


1.) www.nein-zu-zwangsprostitution.de


Christlich-Soziale Union in Bayern e.V.
Frauen-Union
München

Mit Forderungskatalog zum ProstG
das bis zur Sommerpause 2014 geändert werden soll
  1. Das Mindestalter zur Prostitutionsausübung auf 21 Jahre festlegen.
  2. Anzeigepflicht und anlassunabhängige Zutritts- und Kontrollrechte der Polizei und der zuständigen Behörden für Prostitutionsstätten einführen.
  3. Verurteilung der Täter unabhängig von der Opferaussage ermöglichen
    und das Aufenthaltsrecht der Opfer verbessern.
  4. Bei Inanspruchnahme der Dienste von Zwangsprostituierten sollen Freier künftig strafrechtlich belangt werden.
  5. Regelmäßige, vertrauliche Gesundheits- und Beratungstermine außerhalb der Prostitutionsstätten anordnen.
(Seit Juni 2013, Kommunikationskonzept von www.team-mm.de Augsburg (vgl. Augsburger Weg von KHK Sporer, der sich bei Maischberger so blamiert hatte), Berlin, Ralisierung Stephan Steigenberger www.visionbites.de München)

Der WDR2 aus NRW hat deren Kampagnen-Graphik aus Bayern schamlos unkritisch kopiert bei einer Sendung u.a. mit der kath. Sekte Solwodi www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=137577#137577

www.de.wikipedia.org/wiki/Frauen_Union , CDU www.frauenunion.de , CSU www.fu-bayern.de und www.facebook.com/fubayern <<<< hier mitdiskutieren :006

Maria Böhmer
Vorsitzende seit 2001
Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und
Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration seit 2005
http://de.wikipedia.org/wiki/Maria_B%C3%B6hmer
Sie hat also höchte Zugangsmacht zur Regierungschefin und sollte höchste Fachkenntnisse zum Thema Sexwork-Migrantinnen haben. Hat sie das?
www.sexworker.at/migration

Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken
Stellvertretende Vorsitzende des ZDF-Fernsehrates
katholisch, ledig und kinderlos





2.) www.Gemeinsam-gegen-Menschenhandel.de

Verein unter dem Vorsitz des CDU-Bundestagsabgeordneten Frank Heinrich (ehem. Heilsarmee)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=132204#132204

Siehe dessen Rede zur 1. Lesung des in der letzten Legislaturperiode (17. Bundestag) gescheiterten Gesetzesentwurfs (mit Video)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=132295#132295


Die Politiker schaffen sich für ihre Politik eigene Kampagnen-Seiten, die so aussehen, als käme ihre Politik aus dem breiten Volk

Den Fundamentalismus von "nützlichen Idioten" wie Alice Scharzer (EMMA-Appell) und Solwodi kommt ihnen da gerade recht.

Vgl. EWL auf EU-Ebene
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=128534#128534





Die Forderungen der Sexworker stehen hier:

www.sexwork-deutschland.de/?page_id=594

(Diskussion www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=137287#137287 )
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 11.12.2013, 00:22, insgesamt 5-mal geändert.

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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von fraences »

-doppel gelöscht-
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beitrag von fraences »

Prostitutionsgesetz Verschärfung als Mittel gegen Zwangsprostitution?

Die große Koalition ist noch nicht in trockenen Tüchern, und doch stehen einige Eckpfeiler einer gemeinsamen Regierung. Einer dieser Punkte: Das deutsche Prostitutionsgesetz von 2002 muss verschärft werden. Mit Blick auf die schwammige Gesetzgebung in Deutschland verweisen manche Kritiker auf Zahlen von Eurostat, dem Statistikamt der Europäischen Union. Demzufolge ist der Menschenhandel, und damit die Zwangsprostitution, in den Jahren zwischen 2008 und 2010 EU-weit um 18 Prozent gestiegen. Sonja Dolinsek forscht zur Prostitution und betreut die Internetseite „Menschenhandel Heute“. Sie ist skeptisch, ob diese Statistik bezüglich der Zwangsprostitution verlässliche Zahlen liefert.

“Das Problem ist, dass diese Statistiken nicht vergleichbar sind, weil jedes Land eine andere Zahl misst. In Deutschland sind es nur die offiziellen Fälle, die vor Gericht landen, beziehungsweise von der Polizei erfasst werden. In den Niederlanden wird jeder Fall mitgezählt, den eine Beratungsstelle als Verdacht meldet, dass kann im Prinzip willkürlich sein. Eine Beratungsstelle sieht jede Prostituierte als Opfer. So kann sie jede Prostituierte als Opfer von Menschenhandel melden, und das führt natürlich zu einer Explosion der Statistik.”

Um das Ausmaß der Zwangsprostitution wirklich einschätzen zu können, bedarf es verlässlicher Fakten. In Deutschland findet man momentan nur in der BKA-Statistik zur Zwangsprostitution offizielle Zahlen. Doch für die Historikerin von der Humboldt-Universität können diese höchstens Anhaltspunkte bieten.

“Man kann sich im Grunde nur auf die Zahlen des Bundeskriminalamtes verlassen. Das sind aber nur Zahlen, die aus Strafrechtsverfahren stammen, das sind aber nicht immer abgeschlossene Fälle. In Deutschland wurden 2011 640 Fälle von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung erfasst. Ohne dass wir jetzt sagen können, ob es da eine Verurteilung gab.”

Diese Statistik sagt natürlich nichts über die Dunkelziffer an Zwangsprostituierten aus. Viele trauen sich nicht auszusagen, aus Furcht vor Racheakten nach der Abschiebung in ihre Heimatländer. Die Gesetzesänderung sieht unter anderem vor, das Aufenthaltsrecht für Opfer von Zwangsprostitution zu verbessern. Carmen Amicitiae begrüßt diesen Vorstoß. Sie ist Sexworkerin in Berlin und engagiert sich im Berufsverband Sexwork-Deutschland für die Rechte Prostituierter.

“Das ist eine sinnvolle und gute Forderung. Das sollte man konsequent durchsetzen, ähnlich wie es in Italien auch schon der Fall ist. Das erhöht die Bereitschaft der Leute, vor Gericht auszusagen. Wenn sie Angst haben müssen, vor oder nach einem Prozess wieder in ihre Heimatländer abgeschoben zu werden, trauen sie sich nicht unbedingt, Aussagen zu machen. Sie müssen ja befürchten, in ihren Heimatländern wieder verfolgt zu werden.”

Nach langen Verhandlungen konnten sich CDU und SPD auch auf eine Freierbestrafung einigen. So will man nicht nur den Menschenhandel bekämpfen, sondern auch jene Freier zur Rechenschaft ziehen, die ihn ausnutzen. Folgt man den Argumenten der Politiker, sollte ein Bordell, in dem vor allem Osteuropäerinnen arbeiten, jedem Freier verdächtig sein. Für die Aktivistin Carmen Amicitiae ist ein solcher Pauschalverdacht jedoch sehr gefährlich.

“Wenn du jetzt sagst: Wir bestrafen die Leute, die zu Opfern des Menschenhandels gehen, dann gibt es Leute, die denken: Oh mein Gott, die Frauen kommen aus Osteuropa, da geh ich lieber nicht mehr hin! Die Leute, die aus der EU hier völlig rechtmäßig und legitim herkommen, um hier drei Monate als Selbstständige zu arbeiten, weil sie hier legal arbeiten können und mehr Geld verdienen, verdienen auf einmal kein Geld mehr. Die Freier haben nämlich auf einmal Angst, sie zu buchen und dafür verurteilt zu werden, weil sie eventuell Opfer von Menschenhandel sind. Diese Kriterien sind wahnsinnig schwammig und für einen Normalsterblichen nicht so einfach zu durchschauen.”

Ob eine solche Regelung effektiv greifen kann, ist fraglich. Für Sonja Dolinsek von der HU-Berlin bieten Freier aber tatsächlich einen Ansatzpunkt, um etwas gegen Zwangsprostitution zu unternehmen, doch nicht durch Bestrafung. Mit einer großangelegten Aufklärungskampagne für Freier könnte man mehr Bewusstsein für Zwangsprostitution schaffen.

“Wo Freier aufgeklärt werden, was für Anzeichen für Zwang es geben könnte, und wo sie sich an eine Beratungsstelle wenden können, um einfach nachfragen zu können: Was soll ich jetzt mit der Situation anfangen? Da finde ich die deutsche Debatte ein bisschen prüde, da wagt man sich nicht so hin. Doch gerade den Punkt finde ich wichtig. Es gibt Hunderttausende Männer, die jeden Tag zu Prostituierten gehen, da ist es fast schon heuchlerisch zu sagen: Nein, wir machen keine Kampagne verantwortlicher Freier! Denn gerade die Leute brauchen Informationen, welche Anzeichen auf Menschenhandel hindeuten.”

In Schweden, Frankreich und den Niederlanden ist Prostitution in den letzten Jahren verboten worden. Dadurch hat man Prostituierte zwar aus dem Stadtbild verdrängt, aber es gibt keine Zahlen dazu, ob in diesen Ländern die Sexarbeit wirklich abgenommen hat. In Deutschland hat die große Koalition die Details ihrer Gesetzesänderung noch nicht ausgearbeitet. Es bleibt abzuwarten, ob am Ende der nächsten Legislaturperiode das Ziel erreicht wird, effektiver gegen Zwangsprostitution vorzugehen.

http://www.02elf.net/panorama/prostitut ... ion-310215
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Beitrag von Snickerman »

Zitat: "In Schweden, Frankreich und den Niederlanden ist Prostitution in den letzten Jahren verboten worden."
Nein.
Ist sie nicht.
Ich bin manchmal so müde.
Ist Recherche in Zeiten des Internets so schwer?
Ich höre das Gras schon wachsen,
in das wir beißen werden!

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Beitrag von fraences »

@Snickermann

Glaubst Du wirklich das es an der Recherche mangelt

Also mein Erfahrung mit den Medien ist:

Ich führe im Vorfeld ein langes, aufklärendes Vorgespräch.
Lote die Richtung aus. Wenn ich merke , das man nur in einer Richtung schaut, lehne ich ein Interview oder Reportage ab!
Verlange vorab schriftlich die Fragen.
Mache zu Voraussetzung, das ich autorisieren möchte, was viele große Verleger ablehnen. Bei regionale Presse schon eher möglich.
Auch wenn der/die JournalistIn mir gut gesonnt ist, steht immer noch die Redaktion vor ihr.

Mittlerweiler ist von unser Seite schon so viel Aufklärung in den Medien betrieben, das ich schon bei vielen Presseberichten das schon bewusst einordnen. Oder weil sie in ganz kurze Zeit den Artikel erstellen müssen.

Ich bin auch sehr müde, immer wieder falsch Informationen und Klischees zu entkräften und das nur im meinem täglichen Umfeld *seufz*

A never ending story:)


Liebe Grüße, Fraences
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Ungeschriebene Prostitutionsgesetze (Sittengesetz)

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Die Grundlegende Tendenz der Sexwork-Reglementierung


Bild


Weil Prostitution mit Sex zu tun hat

Und weil Sex irgendwann tabuisiert wurde
(beim Kampf um Ressourcen und beim Übergang zu Patriarchat, Kapitalismus, Globalisierung, Geldwirtschaft...)

Deswegen ist auch Prostitutions tabuisiert

Hinzu kommen die Tabus, die mit Geld (und Macht) zu tun haben
("Beim Geld da hört die Freundschaft auf")

Aus dieser uns bekannten hochbrisanten Melange folgen Tabu, Stigma (und Intersktionalität = Mehrfachstigmatisierung), Ausgrenzung, Alienisierung (GMF = Syndrom Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit), bis hin zu Kriminalisierung, Deportation (Abschiebungen), Inhaftierungen (vgl. Sperrgebietsverordnungen: Erst Busgeld, dann Haftstrafe und Berufsverbot)

All diese Formen von Ausgeschlossensein münden in den inoffiziellen Rechtslehrsätzen

Alles ist verboten, was nicht erlaubt ist

oder noch krasser

Es kann nicht sein, was nicht sein darf





Für die Mehrheit der Gesellschaft, die sog. bürgerliche Mitte oder das was statistisch als "Normal" geprägt wird, oder die sog. "herrschende Meinung" oder alle dem sittlichen "Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen" verpflichtende Mitbürger, bla bla bla, für diese Majoritäts-Poppulation gilt

Alles ist erlaubt, was nicht verboten ist

oder noch krasser

Wir sind wir, man kennt sich man hilft sich





Um die Ausgrenzung oder Spaltung (langfristig) zu ändern,

müssen wir versuchen dazuzugehören (Inklusion, Akzeptanz, Toleranz, Menschenrechteansatz...)

Das erfordert nicht nur Ressourcen bei uns für Aufklärung, Selbstorganisation, Kampagnenfähigkeit um Rechte einzufordern und zu erkämpfen, Prozesse zu führen, Mitglieder und Mitstreiter zu finden, Mehrheiten aufzubauen, Petitionen einzureichen, parlamentarische Anfragen zu starten, Gesetzes-initiativen und -änderungen voranbringen...

Sondern es erfordert auch günstige Rahmenbedingungen d.h. Ressourcen auf seiten der Mehrheit. Es muß der Mehrheit wirtschaftlich gut gehen, damit sie gewillt ist und offen ist um Minderheiten zu integrieren. Das ist in Zeiten von wirtschaftlicher Rezession oder Zukunftspessimissmus (Klimakatastrophe, Ende Ölzeitalter, Zusammenbrechendes Weltfinanzsystem, Weltpolitische Systemkämpfe und Kriegsgefahr...) kaum gegeben.

Im Gegenteil, wenn es der Mehrheit subjektiv oder tatsächlich schlechter oder schlecht geht (Abstieg und Auflösung der Mittelschicht), dann rücken die Menschen enger zusammen und drängen alle Schwachen raus (die Gesellschaftsstruktur zerbröckelt vom Rand her).

Wir müssen uns also klar sein, dass wir nur kleine Handlungskorridore haben im großen Getriebe der Massenpsychologie und Zeitgeschichte.

Groß ist die Gefahr, dass ein Sündenbockmechanismus losgetreten wird, wie erstmals seit der Finanzkrise erlebt in Griechenland, wo die prekären Sexworker, HIV+, Drogengebraucher, Migranten (illegalisiert) und Trans*personen bei der out-door Sexarbeit wie Hexen verfolgt wurden (Razzia, Gefängnis, Zwangstest, öffentliches Presse-Zwangsouting).

Die überhitzte Prostitutionsdebatte (als Stellvertreterdiskurs über Moral, Sittlichkeit, Legitimität und Legalität von Sex, Prostitution und Migration), die Kampagnen von Schwarzer und Co. tragen auch diesen Keim in sich.

Wehret den Anfängen !!!
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 14.12.2013, 04:23, insgesamt 1-mal geändert.

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Zusammenfassender Lagebericht Stuttgart

Beitrag von Marc of Frankfurt »


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Rechtspostition zur Debatte

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Keine Verschärfung des ProstG


Mitteilung des Organisationsbüros der Strafverteidigervereinigungen
zur angekündigten Reform des Prostitutionsrechts durch die Große Koalition


Berlin, 13. Dezember 2013


Nach Medienberichten plant die Große Koalition eine Verschärfung des Prostitutionsrechts u.a. durch die Einführung der sog. Freierbestrafung. Kund/innen von Sexarbeiter/innen sollen demnach mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen müssen, wenn sie »wissentlich und willentlich« die Dienste einer/s Zwangsprostituierten in Anspruch nehmen und die Zwangslage der/des Betroffenen für sie ersichtlich ist. Im Koalitionsvertrag heißt es:
  • »Wir werden nicht nur gegen die Menschenhändler, sondern auch gegen diejenigen, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen, vorgehen.«|1
Etwa gleichlautend zitierte die FAZ Gesundheitsstaatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU):
  • »Wer Zwangsprostituierte wissentlich und brutal ausbeutet, soll auch damit rechnen müssen, dass zu Hause die Polizei vor der Tür steht.«
Die Strafverteidigervereinigungen lehnen dieses Vorhaben ab.

Mit dem Prostitutionsgesetz von 2002 hat der Gesetzgeber einen richtigen Weg eingeschlagen, der auf einen besseren Schutz und eine gesellschaftliche Akzeptanz von Sexarbeiterinnen sowie bessere Arbeitsbedingungen zielt.

Nur außerhalb der Strafbarkeitssphäre kann Ausbeutungstendenzen im Bereich der sexuellen Dienstleistungen durch rechtliche Standards für angemessene Löhne, gewerbliche Mieten etc. begegnet werden.

Hier besteht großer zivilrechtlicher und sozialer Handlungsbedarf, der von flächendeckenden Beratungsangeboten (bspw. in den Hauptherkunftsländern ausländischer Sexarbeiterinnen) bis zu steuer- und versicherungsrechtlichen Regelungen gegenüber Vermietern reicht.

Die angekündigte repressive Reform des Prostitutionsrechts und die Erweiterung der strafrechtlichen Sanktionierung stehen solchen Anstrengungen diametral entgegen. Sie schaffen weder mehr Sicherheit für Sexarbeiter/innen, noch sind sie geeignet die sog. Zwangsprostitution zu bekämpfen.

Sie drängen vielmehr Prostitution zurück in eine Grauzone zwischen Verbot und Legalität und wirken kontraproduktiv auf alle Versuche, die Situation von Sexarbeiterinnen zu verbessern. Dies gilt auch für die angestrebte Einführung einer sog. »Freierstrafbarkeit« bei Inanspruchnahme von unter Zwang herbeigeführten sexuellen Dienstleistungen.

Zwar scheint vorderhand einleuchtend, nicht die betroffenen von Zwangsprostitution zu sanktionieren, sondern diejenigen, die deren Dienste in Anspruch nehmen und von der Ausbeutung der Sexarbeiterinnen profitieren. Bereits mehrere Gesetzesinitiativen zielten in der Vergangenheit auf die Einführung einer Freierbestrafung unter unterschiedlichen Vorzeichen.|2

Tatsächlich wirft die angekündigte Freierbestrafung aber eine Reihe grundsätzliche und massive praktische Probleme auf.

Die Strafbarkeit soll sich Ankündigungen zufolge auf die willentliche und wissentliche Indienstnahme von Zwangsprostituierten beschränken. Dies setzt voraus, dass dem Kunden die Zwangslage bewusst ist oder – im Sinne eines bedingten Vorsatzes – er aufgrund äußerer Umstände damit rechnen muss, dass es sich um eine sog. Zwangsprostituierte handelt. Fälle aber, in denen sexuelle Handlungen unmittelbar erzwungen werden, sind bereits durch das Kernstrafrecht hinlänglich strafbewehrt.

Das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung gilt auch für Sexarbeiterinnen, die Sanktionierung der entsprechenden Rechtsgutsverletzungen - Vergewaltigung, gemeinschaftliche Vergewaltigung, Nötigung, Freiheitsberaubung oder Körperverletzung - schützt auch (Zwangs)Prostituierte.

Es besteht insofern ersichtlich keine Regelungslücke.

Wirksam wird die geplante Freierbestrafung daher absehbar vor allem im Bereich der angenommenen Kenntnis des Kunden von der Zwangssituation der Sexarbeiterin. Problematisch ist dabei die Feststellung eines bedingten Vorsatzes. Die in der Vergangenheit diskutierten Indizien, die auf eine Zwangslage schließen lassen sollen (schlechter körperlicher Zustand, Merkmale von Gewaltanwendungen, vergitterte Fenster, abgeschlossene Türen und der deutschen Sprache unkundige Sexarbeiterinnen), warfen bereits mehr Fragen auf, als sie Antworten boten. Türen können nach Außen oder nach Innen verschlossen werden; dass eine Sexarbeiterin des Deutschen nicht mächtig ist, weist erst einmal nur darauf hin, dass sie (Sex)Arbeitsmigrantin ist.|3 In jedem Falle weist die gesetzgeberische Warnung über den begrenzten Bereich der Zwangsprostitution hinaus: Kontakte zu Sexarbeiterinnen, die sich möglicherweise in einer Situation auslandsspezifischer Hilflosigkeit oder einer – wie auch immer gearteten – Zwangslage befinden sind potentiell strafbar.

Nicht die Ausbeutung von Sexarbeiterinnen, die zu sexuellen Handlungen gezwungen werden, wird erfasst; diese ist ja ohnehin längst strafbar. Die reine Möglichkeit, dass es sich um Sexarbeit unter wie auch immer gefassten Zwangsverhältnissen handeln könnte, markiert die Strafbarkeitsgrenze.

Dies aber ist wenigstens potentiell in weiten Teilen des Sexmarktes gegeben, da bereits das Ausnutzen einer ökonomischen Notlage als Grundlage für eine strafbewehrte Ausbeutung gelten kann.|4 So wird die vorderhand so naheliegende Freierbestrafung vor allem als symbolisches Strafrecht Wirkung entfalten: Ohne tatsächlich Sexarbeiterinnen vor Zwang und Ausbeutung zu schützen, wird der gesamte Bereich bezahlter sexueller Dienstleistungen zurückgedrängt in die Sphäre des Illegalen.

In der Illegalität und in der Grauzone zwischen Erlaubtem und Verbotenem sind die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiterinnen am schlechtesten. Wo immer sie gezwungen sind, ihre Dienstleistungen im Verborgenen zu erbringen, steigt das gesundheitliche Risiko und die Gefahr, Opfer von Gewalttaten zu werden.

Dies ist - auch angesichts der vorhandenen Zahlen zum Sexarbeitsmarkt - nicht zu rechtfertigen. Es sei denn, dass man dies genau so will und die geplante Reform weniger Ausdruck der Sorge um das Wohl von Sexarbeiterinnen ist als vielmehr auf eine moralische Abwertung von Sexarbeit insgesamt zielt.

Die wenigen belastbaren Daten zur Sexarbeit in Deutschland legen nahe, dass es sich bei der Zwangsprostitution um ein Randphänomen handelt|5: Geschätzte 400.000 Männer und (überwiegend) Frauen bieten in Deutschland sexuelle Dienstleistungen an.

Für 2011 nennt das BKA lediglich 482 abgeschlossene Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem bereits sehr weitgefassten § 232 StGB.

In 27 % dieser Fälle gaben die betroffenen Frauen an, damit einverstanden gewesen zu sein, dass sie sexuelle Dienstleistungen erbringen, aber unter ausbeuterischen Bedingungen zu arbeiten gezwungen waren (i.d.R. Schulden). Diesen Fällen ist mit einer weiteren strafrechtlichen Sanktionierung nicht geholfen.




Menschen, die ausgebeutet und zu sexuellen Handlungen gezwungen werden, benötigen Beistand und Schutz.

Die angekündigten Reformen sind nicht in der Lage diesen zu bieten, im Gegenteil: Sie werden sich kontraproduktiv auf die Bemühungen auswirken, Lebens- und Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter/innen zu verbessern.

Das Strafrecht ist Ultima Ratio – es taugt nicht dazu, moralische Werte gesellschaftlich zu verankern.

Symbolisches Strafrecht ist immer problematisch, da es den Anschein von Problembewusstsein erweckt und Handlungsbereitschaft durch eine »Bekämpfungs«-Maßnahme simuliert, zugleich aber den Blick von erforderlichen Maßnahmen ablenkt.

Vordringliche Aufgabe einer künftigen Regierung, die sich ernsthaft um das Wohl von Sexarbeiterinnen sorgt, wäre es, ein ziviles Recht der Prostitution zu schreiben, das verbindliche Standards für Entlohnung und Arbeitsbedingungen festlegt.

Rationale Rechtspolitik sollte sich an tatsächlichen Erfordernissen orientieren, nicht an öffentlichen Kampagnen zur Hebung der Sexualmoral.




Anmerkungen:

1 Koalitionsvertrag, S. 104
2 Bt-Drs. 15/5326, BR-Drs. 140/05, Bt-Drs. 16/1343
3 In solchen Fällen dürfte die bereits jetzt in § 232 Abs. 1 StGB enthaltene auslandsspezifische Hilflosigkeit zum Tragen kommen.
4 »Erforderlich ist das Bestehen einer ernsten wirtschaftlichen oder persönlichen Bedrängnis oder Ausnahmesituation, wie wirtschaftlicher Ruin, Wohnungslosigkeit, Krankheit, Scheidung oder Arbeitslosigkeit… Es ist strittig, ob schlechte soziale Verhältnisse, etwa im Herkunftsland der Prostituierten, zur Annahme einer Zwangslage genügen.« Stephan Kuhn, Rollentausch im Rotlichtviertel, in: Thiée (Hg.), Menschen Handel. Wie der Sexmarkt strafrechtlich reguliert wird, Berlin 2008, 70 f.
5 Erinnert sei an die verfälschten Zahlen, die im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2006 in der Öffentlichkeit genannt wurden: 40.000 Zwangsprostituierte würden nach Deutschland geschleust. Nach der WM blieben fünf Ermittlungsverfahren (!) übrig.


http://www.strafverteidigervereinigunge ... ez2013.htm

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Beitrag von Kasharius »

Eine sehr ermutigende und begrüssenswerte Stellungnahme, sicherlich auch beeinflußt durch die Kollegin von Gahlen.

Kasharius grüßt

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Deutschlandfunk Prostitutionsdebatte

Beitrag von fraences »

Ein hörenswerter Beitrag ab ca. Ab ca. 16:35

http://www.deutschlandfunk.de/kultur-vo ... _id=273130
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Prostitutions-Falle: Contradictio in adiecto

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Danke für den Link. Eine wirklich gelungene Diskussion zum Jahresausklang, denn die Sendung liefert eine differenzierter gelungene Analyse zur Lage der Gesellschaft


Deutschlandfunk: "Aufreger des Jahres"

mit
- Norbert Seitz als Moderator

- Thea Dorn, _Moderatorin des SWR-Bücherjournals Lesenswert und Buchautorin (u.a. "Die deutsche Seele")
(Abgesetzte Tannhäuser-Oper in Düsseldorf wg. Zuschauertraumatisierung durch SS-Thematik und zensierung von Begriffen wie Neger)

- Tanja Dückers, Publizistin und Schriftstellerin (u.a. "Hausers Zimmer")
http://de.wikipedia.org/wiki/Tanja_D%C3%BCckers
www.tanjaDueckers.de
Sie bringt als ihr Aufreger des Jahres die Prostitutionsdebatte ein

- Wolfgang Herles, Moderator des ZDF-Literaturmagazins Das blaue Sofa
(Aufreger Pseudowahlkampf, wichtige Themen wie Snowden-NSA-Orwell2.0-Skandal und Faschismustendenzen fehlen)





Ich frage mich warum die Debatte so gut gelungen ist und ob wir für unsere Medienarbeit daraus lernen können?
Gut gelungen weil:
- es allesamt professionelle kulturschaffende FeuilletonistInnen sind,
· die sowohl bestens informiert sind,
· die im Gegensatz zu vielen Sexworkern bestens ausgebildet und etabliert sind
· als auch langjährige professionelle Praxis haben sich punktgenau artikulieren zu können.
- weil sie ein professionelles Interesse verbindet, eine gute Sendung zu machen und sie nicht konkurrierende Interessenvertreter sind, die das Podium für Emanzipationskampf oder Buchpromotion ausnutzen
- das Sendeformat einfach klasse ist,
· 3 Experten jeweils ein Thema vorbereiten zu lassen und dann gemeinsam zu erörtern
- die Sendung gut vorbereitet d.h. abgesprochen wurde. Ich vermute alle Teilnehmer bekamen vorher mitgeteilt welchen Aufreger die jeweils anderen einbringen werden und konnten sich somit einstimmen.
- das alles hat zur Folge, dass eine äußerst harmonische, dichte, gutinformierte Sendung herausgekommen ist.





Tanja Dückers hatte als Studentin in Berlin beobachtet wie in Neukölln morgens um 9:30 eine sehr junge Frau aus einem Kofferaum in ein Bordell geschleppt wurde, sie wurde geschlagen und war offenbar bewußtlos, und hat es damals nicht der Polizei gemeldet was sie jetzt geschärft durch die Debatte öffentlich bereut.

Sie berichtet von Berichten der schwedischen Polizei, dass nach dem Sexkaufverbot von 1999 jetzt der Menschenhandel an Stärke und Komplexität zugenommen hat. Wir wissen jetzt dass das Gesetz neu evaluiert werden soll.


Thea Dorn klingt zwar sehr sympatisch modern progressiv und als Frau emanzipiert, transportiert aber zahlreiche versteckte Aspekte von Prostitutionsfeindlichkeit! Z.B. das internalisierte Stigma, dass angeblich keine Eltern es wollen könnten, dass die eigenen Kinder Sexwork als Berufstätigkeit wählen, um sich dementsprechend für eine gute berufsadäquate Ausbildung einzusetzen. Damit spricht Thea Dorn unserer Branche Qualifizierungsmöglichkeiten aufzubauen ab und macht sich quasi mitschuldig, dass die Sexarbeit im Ghetto verfangen bleibt in dem sie derzeit noch steckt. Sie perpetuiert die Verhältnisse (das ist der Kern von Konservatismus: "es ist so wie es ist"). Immerhin gibt sie zu, dass es ihre Instinkte sind, die sie GEGEN staatliche Förderprogramme für Sexworker eintreten läßt. Ich sage dazu nur sie ist von NIEDEREN Instinkten gesteuert.

Unser Sammelthema: "Fortbildungen für Sexworker"
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=817

Thea Dorn kritisiert Schwarzers pauschalisierende Analyse und Kollektiv-Viktimisierungen z.B. im Buch "Die Antwort" dass jeder ein Opfer von sexuellem Mißbrauch sei, so auch in einem Nebensatz mitgeteilt George Orwell, weil als Kind im autoritären Internat Bettnässer gewesen. Schwarzer sei von Paranoia getrieben. Demonisierung sei aber kontraproduktiv. Die Debatte müsse die Ambivalenzen aushalten, auf hohem Niveau die Diffusitäten in der Sexarbeit diskutieren und die Prostitutionsregulierung muß angemessen und mit Augenmaß darauf reagieren. Das finde ich ist eine gutinformierte differenzierte Schlußfolgerung, die aber in der politischen Praxis, wo wie in anderen Stellen der Sendung herausgearbeitet die symbolische Politik und Lobbyinteressen so übermächtig sind und daher es wohl eher unwarscheinlich ist. Jedenfalls wenn es unserer Gemeinschaft der Sexworkerrechtevertreter nicht gelingt eine starke politikwirksame öffentliche Stimme zu erlangen.


Wolfgang Herles arbeitet heraus dass ein Staat die Urgewalt der Sexualität und somit auch der Prostitution zwar als Verbot ins Gesetz schreiben kann, aber diese sich in der Praxis nicht durch Gesetz kontrollieren oder gar verbieten läßt. Diese Erkenntnis ist sprachlich schon eine Herausforderung. Man kann einerseit Prostitution per Gesetz verbieten (es ins Gesezt hineinschreiben), aber gleichzeitig läßt sich Prostitution als soziale Realität nicht per Gesetz verbieten oder abschaffen (privates Sexualverhalten richtet sich im wesentlichen wenig nach Gesetzen).

Wir haben es also beim Thema der Prostitutionsgesetzgebung www.sexworker.at/prostg d.h. der Sexwork-Reglementierung im Kern oder im Subkontext mit einer Contradictio in adiecto zu tun, engl: Contradictio in terminis; vgl. Oxymoron, Paradox, Widerspruch, Contradiciton, Self-refuting idea, Inconsistency, Circular Reasoning... . Das finde ich eine sehr fundamentale und auch tragische Erkenntnis. Dieser immanente (innere) Widerspruch erklärt letztlich den prekären ausgegrenzt-tabuisiert-stigmatisiert-bis-kriminalisierten Status der moralischen und rechtlichen Bewertung von Prostitution & Sexarbeit. Die Gesellschaft oder Menschen und ihr Verstandesvermögen sind schlicht überfordert !!! Deswegen wird Prostitution als Grenzüberschreitung erlebt, weil sie in sich im Verhältnis zu Gesellschaft eine ist! Eine unaufgeklärte Gesellschaft kann also nur mit Ausgrenzung oder Bestrafung reagieren.

Struktureller Widerspruch in sich = Contradictio in adjecto = Oxymoron

Beispiele aus Wikipedia:
Weniger ist mehr
„Diese Fülle hat mich arm gemacht“ (deutsche Übersetzung von inopem me copia fecit aus Ovid, Metamorphosen III, V. 466)
Eile mit Weile
Hassliebe
Bürgeradel
Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke (George Orwell, 1984)
Regelausnahme bzw. Ausnahmeregel
Alter Knabe
unsichtbar sichtbar (Faust I V. 3450)
¡Viva la muerte! („Es lebe der Tod!“, Wahlspruch der spanischen Falangisten im Bürgerkrieg)

und nach meiner Meinung jetzt eben auch Worte wie Prostitutions-Reglementierung !!!

http://de.wikipedia.org/wiki/Contradictio_in_adiecto
http://de.wikipedia.org/wiki/Oxymoron
http://en.wikipedia.org/wiki/Contradictio_in_terminis
http://en.wikipedia.org/wiki/Self-refuting_idea

Karl Kraus formulierte diesen komplizierten Grundtatbestand, der nur besonders reifen Menschen zugänglich ist, sinngemäß so: "Die Probleme mit der Prostitution fangen an, wenn der Staat damit anfängt die Probleme der Prostitution durch Verbote abschaffen zu wollen".

Wolfgang Herles arbeitet heraus dass nicht die innere Prostitution zwischen Sexworker und Kunde das Problem ist, sondern die Kriminalität die sich im Umfeld (der äußeren Prostitution) organisiert (vgl. Alkohol Prohibition USA). Dieses Schichtenmodell von innen-bis-außen habe ich versucht durch folgendes Schaubild aufzuarbeiten, zeigt es doch gleichzeitig die Punkte wo wir Sexworker teilweise die größten Probleme haben und diese Tatsache dann so formulieren: "Es ist nicht das bisschen Sex bei der Sexarbeit was problematisch ist, sondern es ist das gesellschaftliche Stigma" oder auf englisch: "No bad whores, just bad laws" [Scarlet Allinace] - "Stigma kills" - "Silence = death" [act up] ...

Vgl. Bremer Kriminalist Axel Petermann sinngemäß: "Weniger Morde an Homosexuellen seit oder wg. Entkriminalisierung" [§175 StGB abgeschafft] .
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=138077#138077

Bild
Mehr: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=137549#137549

Wolfgang Herles spricht von Tugend-Terror. Er analysiert eine gutmenschentümelnde Scheinheiligkeit bei der Debatte, weil sie der Gesellschaft einen Vojeurismus ermöglicht sich mit "Schmuddelthemen für niedrige Instinkte" zu befassen und so z.B. mutige Sexworker oder Opfer in TV-Duellen zu Gesicht zu bekommen und dabei den gruseligen Schauder genießen zu können das Andere oder Fremde oder ... aus geschützter Sofa-TV-Distanz zu beobachten und bewerten zu können... Die Gesellschaft müßte der Schwarzer dankbar sein, die rede zwar Unsinn, aber gebe uns die Gelegenheit uns "auszumären" über Themen wo die meisten keine Ahnung haben und auch keine haben wollen. Das ist spießig und daher sind solche Sendungen das eigentliche Ärgernis und nicht das Thema was sie behandeln.


Tanja Dückers schlägt dieses Buch vor: "Transparenzgesellschaft" von Byung-Chul Han (Berlin, HdK)
www.google.de/search?q=transparenzgesellschaft
"Der Imperativ der Transparenz macht uns zu Sklaven der Sichtbarkeit." Das ist auch das Problem der Sexworker falls es Zwangsregistrierung oder Zwangsuntersuchung per Prostitutionsgesetz gäbe. Auch hier das Problem Contradictio in adiecto, weil nämlich das Leben komplexer ist als Gesetze ja sogar Worte es fassen können! Im Prinzip sind solche Regulierungskonflikte nur durch Augenmaß, Toleranz und Akzeptanz zu lösen. D.h. es braucht eine Grauzone, ein Auslegungsspielraum und eine Freiheitsnorm wo Vielfalt und Diversity möglich sind, um so GMF (Syndrom Gruppenbezogene MenschenFeinlichkeit) z.B. gegen sozio-sexuelle Minderheiten wie Homos und Huren und ihre Liebhaber ... vorzubeugen).

Sie kennt die Aktionen der Sexworker viel genauer und beklagt dass meist über statt mit Sexworker gesprochen wird. Alice Schwarzer sagte zu den Sexworkern, die in der Urania ihre Stimme gegen ihre Falschbehautungen erhoben haben "haltet ihr mal die Klappe". Chefredakteurin Stephanie Lohaus vom Missy Magazin will im Februar eine Sondernummer mit Stimmen von Sexworkern herausbringen, was jetzt schon viel Konflikt mit den Alt-Feministinnen (Opfer-Feministinnen) erregt hat.

Missy-Magazin Queer-Feminismus & Sexwork
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=136297#136297


Thea Dorn erhofft sich dass der 3D-Cyber-Sex aus dem Internet die Prostitution überflüssig machen würde. Auch das eine versteckt internalisierte Prostitutionsfeindlichkeit. Aber sie ist so aufgeklärt Bordelle legalisiert zu wollen und nur ausufernde Bordellwerbung zu verbieten (Pascha auf Kölner Taxis).


Norbert Seitz fragt ob die "Grenze der Vergleichbarkeit" vorliegt, wenn Sexarbeiterin Lena bei Jauch sagt sie würde lieber erotisch massieren als bei Aldi kassieren. Wolfgang Herles widerspricht indem er Entscheidungsautonomie reklamiert statt Tabugrenzen zu ziehen. Er erinnert an den Fall Klatten und fordert zu unterscheiden in die moralische und wirtschaftliche Komponente, um die es in Wahrheit gehe. Dazu wird auch folgendes kontrovers aufgenommene Buch erwähnt:

Götz Aly 2005: "Hitlers Volksstaat - Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus"
www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2005/01/15/a0167
http://de.wikipedia.org/wiki/Hitlers_Volksstaat
Er hatte bereits die Arisierung der Firma Fromms Kondome aufgearbeitet und erklärt Shoah/Holocaust volkswirtschaftlich: "Die Deutsche Arbeiterklasse und Mittelschicht haben vom Raubzug an den Juden und unterworfenen Völkern direkt profitiert (größter Massenraubmord der modernen Geschichte aufgrund von Massenkorruption durch nationalsozialistische Sozialpolitik und Angriffskrieg)". Die Kriegsfinanzierung ist bis heute nicht aufgearbeitet. Hier stoßen wir wie auch hier im Forum beim Thema Geld an die m.E. stärkste bekannte Tabugrenze.

BMW-Milliardärin Susanne Klatten (Fam. Quandt) wird 2008 Opfer von Liebes-Erpresser (Loverboy)
Bild
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=44990#44990

Koalitionsvertrag Seite 95 104 will Prostitutionsbetriebe und Menschenhandel neu regeln. Später dekonstruieren sie den Koalitionsvertrag, an den man sich ja fast so wie bei Wahlversprechen kaum halte, wenn dann politische Entscheidungen "auf Sicht" getroffen werden müssen...

Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD für den 18. Bundestag
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=136454#136454





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