Niederlassungsfreiheit vs. Sperrbezirksverordnungen

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fraences
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RE: Niederlassungsfreiheit vs. Sperrbezirksverordnungen

Beitrag von fraences »

Sperrbezirk
„Illegale Prostitution gibt es überall“


S-Mitte - Die Damen am Bordsteinrand werben in drei verbalen Stufen für ihre Dienste: „Hast du Lust?“ „Hallo – hast Du Lust? „Hallo – wie geht’s dir? Hast Du Lust?“ Die Herren hingegen halten bei der Geschäftsanbahnung jede Höflichkeit für Tand: „Was kostest Du?“ Robusten Umgangston sind die Frauen vom Straßenstrich gewohnt. Letzterer breitet sich rund ums Rotlichtviertel aus. Vor allem entlang der Olgastraße nimmt die Prostitution zu. Dort ist sie verboten, wie entlang der Pfarrstraße und der Katharinenstraße, auch wenn der Augenschein anderes nahelegt. Die Frauen stehen dort. Die Freier fahren dort ihre Runden.

Sofern die Polizei sie ertappt, sind für Männer, die im Sperrbezirk Huren ansprechen, beim ersten Mal 100 Euro fällig. In Freierwährung entspricht das viermal Sex. Beim zweiten und dritten Mal verdoppelt sich die Summe jeweils. Frauen auf Kundenfang zahlen erst 180, dann 300 Euro. Der dritte Verstoß gilt als Straftat, die mit 30 Tagessätzen geahndet wird – der Verdienst also aus 30 Arbeitstagen. Worin sich gewissermaßen die Widersinnigkeit der Prostitutionsgesetze spiegelt: Als Strafe fürs Anschaffen im Sperrbezirk schickt der Staat die Frauen 30 Tage lang anschaffen.

Trotz der Strafen: Illegale Prostitution, sogar illegale Bordelle „gibt es in der ganzen Stadt, von Plieningen bis Zuffenhausen“, sagt Wolfgang Hohmann. Nur muss nach aktueller Gesetzeslage die Grenze zwischen legal und illegal eher mit dem Mikroskop als mit der Lupe gesucht werden. Hohmann leitet den Ermittlungsdienst Prostitution, die Sittenpolizei. In den äußeren Bezirken „läuft der Betrieb in aller Regel unauffällig“, sagt er. Eben dies ist der Unterschied zum Stadtzentrum.

Das Problem mit der Prostitution hat Adressen

Dort hat das Problem mit der Prostitution Adressen: Pfarrstraße 11, Kinderschutzzentrum. Oder Jakobstraße 11, Jakobschule. Oder Katharinenstraße 4. Dort ragt seit 125 Jahren das Marienheim empor. Die Hausordnung ist streng. Demnächst wird das Jubiläum gefeiert. Im altehrwürdigen Bau vermietet die katholische Kirche Zimmer an Frauen – ab 18 Jahren. Das Problem hat auch einen Geruch: Es stinkt nach Urin. Das Problem ist am Morgen noch unübersehbar. Vor dem Kindergarten an der Heusteigstraße liegen weggeworfene Kondome. Schülerinnen, die auf den Bus warten, erzählen von Freiern, die aus dem Auto rufen: „Was kostest Du?“

Der Irrtum ist verständlich: „Jung und billig würdigen die Freier“, sagt Hohmann. „Die Nachfrage ist stärker geworden.“ Denn jung und billig reist aus armen Regionen Osteuropas an. Die Mehrzahl der Huren stammt aus Rumänien.

Hohmann verfolgt deren Zuhälter, aber er spricht nie von Zuhältern. Er nennt die Männer „Betreuer“. Die Wortwahl ist ebenfalls eine Folge der Rechtslage. Seit einer Gesetzesnovelle vor zehn Jahren gilt Prostitution als gewöhnlicher Beruf. Wer sich an die Regeln hält, ist kein Zuhälter, sondern Arbeitgeber. „Menschenhandel zu bekämpfen, ist unter diesen Umständen schwierig“, sagt Hohmann.

Nicht nur der Gesetzgeber dehnt das Recht: Huren, die die Polizei im Sperrbezirk erwischt, sind immer auf dem Weg zum Einkauf. Freier erklären, sie tun Gutes, weil sie den Frauen ihren Lebensunterhalt sichern. Hausbesitzer haben Zimmer nicht an Frauen vermietet, sondern an Männer. „Früher haben die Damen sich an Spielregeln gehalten“, sagt Hohmann. Sie standen nicht vor Schulen, sie trugen unauffällige Kleider. Sie bedienten Freier in Zimmern, nicht in Autos. Die neue Klientel „ist schwerer zu erziehen, schon der Sprache wegen“, sagt Hohmann. „Aber wir versuchen es, die Lage ist nicht hoffnungslos“.

Seit Jahrzehnten klagen wechselnde Anwohnerinitiativen

Aber so scheint es. Das Problem ist keineswegs neu. Seit Jahrzehnten klagen Anwohnerinitiativen an der Olga-, der Alexanderstraße, im Bohnen- und Heusteigviertel, wechselweise. Und das Problem scheint von seiner Lösung weiter entfernt denn je. „Ich bin etwas ratlos“, sagt Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin der Stadtmitte. Sie wollte das Problem lösen, zuerst vor der Jakobschule und hinter dem Züblin-Parkhaus, wo Kinder spielen und ein Tummelplatz für die Jugend geplant ist. Das ist ihr zumindest zum Teil gelungen.

Allerdings „hat man mir gesagt, ich bin in gewisser Weise schuld, dass die Frauen jetzt an der Olgastraße stehen“, sagt Kienzle. Vor vier Wochen hat sie beim Polizeipräsidenten Thomas Züfle vorgesprochen. Sie hatte das Gefühl, dass kein anderer ihr zuhörte, bei dem sie sich beklagte. „Niemand hat etwas gegen Prostitution“, sagt Kienzle. „Aber das sind Wohngebiete, und da gehört sie nicht hin.“ Wenigstens die illegalen Bordelle müssten geschlossen werden.

In Hamburg schaffen 22 000 Frauen an, keineswegs nur auf der Herbertstraße oder entlang der Reeperbahn. Huren sind allgegenwärtig. Olef Petersen stammt aus Hamburg. „Prostitution gab und gibt es in jeder Gesellschaft, man muss auch bedenken, wie die Triebhaftigkeit der Männer sich kanalisieren würde, wenn es sie nicht gäbe“, sagt er. Inzwischen ist Petersen Pressesprecher der Stuttgarter Polizei. Die kontrolliert regelmäßig, mal uniformiert, mal in zivil und zusätzlich mit Razzien. Der städtische Ordnungsdienst kontrolliert ebenfalls. Aber letztlich „können wir nicht viel machen“, sagt Petersen. „Die Polizei kann dieses Problem nicht allein lösen.“

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhal ... 41b25.html
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nina777
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Beitrag von nina777 »

26.10.2012

Amberg: Rotlicht soll ausgeknipst werden

Verschwinden Bordelle bald endgültig aus dem Stadtzentrum?


"... damit in die­ser schö­nen Stadt, das Las­ter keine Chance hat!"Vor 30 Jah­ren bescherte der Münch­ner Sperr­be­zirk der Spi­der Mur­phy Gang ihren größ­ten Erfolg. Jetzt - im Jahr 2012 - betrifft der Song auch Ambergs Pro­sti­tu­ierte. Nach Jahr­zehn­ten der Tole­ranz sind es die Ober­pfäl­zer leid.

Das älteste Gewerbe der Welt wurde in Amberg lange gedul­det - bis jetzt. Die Stadt hat einen Antrag auf die Errich­tung eines Sperr­ge­bie­tes bei der ober­pfäl­zi­schen Regie­rung ein­ge­reicht. Auf rund 43.000 Ein­woh­ner kom­men gut 50 Pro­sti­tu­ierte, die sich in Hin­ter­hof­zim­mern nicht über man­gelnde Nach­frage beschwe­ren kön­nen. Die käuf­li­che Liebe wird auch in der Alt­stadt und in der Nähe von Kin­der­gär­ten und Schu­len angeboten.

Wenn es nach der Stadt­ver­wal­tung geht ist jetzt end­gül­tig Schluss mit den Puffs, ein Sperr­ge­biet soll her. Ambergs Obe-­bür­ger­meis­ter und Vater von drei Kin­dern, Wolf­gang Dan­dor­fer, sagt:

"Unser Antrag an die Regie­rung der Ober­pfalz zielt dar­auf ab, dass wir die Alt­stadt frei von Pro­sti­tu­tion bekom­men und dass wir in Wohn­be­rei­chen mit Schu­len und Kin­der­gär­ten eine ähn­li­che Rege­lung bekom­men - es geht uns um den Schutz von Kin­dern und nicht um ein Ver­bot der Prostitution."

Puffs ja oder nein - die Ent­schei­dung der Bezirks­re­gie­rung kann noch bis zu drei Monate dau­ern. Allzu groß sind die Hoff­nun­gen aller­dings nicht, denn in der nächst­ge­le­ge­nen und grö­ße­ren Stadt Wei­den ist Pro­sti­tu­tion auch schon nicht erlaubt - und so spielt das Rotlicht-Milieu in Amberg eine rela­tiv große Rolle.

http://www.sat1bayern.de/news/20121026/ ... le-amberg/
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RE: Niederlassungsfreiheit vs. Sperrbezirksverordnungen

Beitrag von fraences »

Verbotene Prostitution in Eching - 42-Jährige angezeigt

ECHING UND ERDING. Die Kriminalpolizeiinspektion Erding weist daraufhin, dass die Ausübung der Prostitution in den Landkreisen Erding, Freising und Ebersberg verboten ist. Beharrliche Zuwiderhandlungen werden als Straftat verfolgt und geahndet.


Eine 42-jährige Prostituierte ging in Eching dem wohl ältesten Gewerbe nach. Um nicht aufzufallen, tarnte die Peruanerin ihr Etablissement als Textilreinigung und Fußpflege. Dennoch blieb der Nachbarschaft das auffällige Geschäftsbebahren nicht verborgen und teilte das Treiben der Polizei mit.

Für ein seriöses Dienstleistungsgewerbe untypisch, verhängte sie die Schaufenster vollständig. Bei der Kundschaft handelte es sich ausschließlich um Männer und nach deren Eintritt wurde die Geschäftstüre sofort verschlossen.

Unmittelbar nach Anzeigeerstattung räumte die Frau ihre Geschäftsräume und verschwand. Über einen „Bekannten“ gelang jedoch der Erdinger Kripo die 42- Jährige zu ermitteln. Dabei wurde auch festgestellt, dass sie sich dem Verbot der Prostitutionsausübung bereits andernorts in zahlreichen Fällen widersetzte.

In diesem Zusammenhang weist die Kripo Erding darauf hin, dass in deren Zuständigkeitsbereich (Lkrs. Freising, Erding und Ebersberg) die Ausübung der Prostiution verboten ist. Wegen beharrlicher Zuwiderhandlung hat sich die 42-jährige Peruanerin deshalb nicht nur einer Ordnungswidrigkeit, sondern einem Strafverfahren zu verantworten.

http://www.polizei.bayern.de/news/press ... tml/167756
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RE: Niederlassungsfreiheit vs. Sperrbezirksverordnungen

Beitrag von fraences »

Region // Kulmbach
Bayreuther Polizei nimmt Rotlichtmilieu ins Visier


Dass die Polizei ihre Augen überall hat, müssen immer wieder Damen feststellen, die unerlaubt der Prostitution nachgehen. Die Kriminalpolizei Bayreuth überprüft regelmäßig Etablissements sowie Modell- und Privatwohnungen.

Ein Teilbereich eines Fachkommissariats der Bayreuther Kripo ist für das sogenannte Rotlichtmilieu in den Städten und Landkreisen Bayreuth und Kulmbach zuständig. Die Beamten sichten entsprechende Seiten im Internet oder den Zeitungen und kontaktieren dann die Damen mit dem Ziel einer Kontrolle. Oft stehen die Polizisten aber auch ganz überraschend vor der Türe.

Wie beispielsweise kürzlich bei einer Dame im westlichen Landkreis Bayreuth. Bei der Überprüfung stellte die Polizei fest, dass sie in ihrem Haus unerlaubt der Prostitution nachging. Die Beamten sprachen ein sofortiges Verbot für die Ausübung aus. In diesem Fall erhielt die Frau eine Ordnungswidrigenanzeige, für deren Verfolgung das Landratsamt zuständig ist.

Können die Polizisten jedoch beharrliches Handeln nachweisen, kommt das Strafrecht zum Tragen und das Amtsgericht wird eingeschaltet. Das kann eine Geldstrafe, im schlimmsten Fall sogar eine Haftstrafe bedeuten.

http://www.infranken.de/regional/kulmba ... 312,362629
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RE: Niederlassungsfreiheit vs. Sperrbezirksverordnungen

Beitrag von fraences »

Krefeld
Politik will Prostituierte aussperren


Ein erweiterter Sperrbezirk rund um die City soll die Straßenprostitution verbannen. CDU, FDP und Grüne fordern in Anträgen eine Prüfung, ob der knapp 40 Jahre alte Krefelder Sperrbezirk derzeit noch vertretbar ist.


Krefelds Sperrbezirk: Nassauerring (ab Blumentalstr.) - Oranierring - Preußenring - Frankenring - Hagerweg - Hermannstr. bis südl. der Eisenbahnstrecke Richtung Südpark/Thyssen AG südlich, östlich der vorg. Eisenbahnstrecke bis Schnittpunkt Alte Gladbacher Str. Martinstr. - Ispelsstr. (Richtung Süden) - Gladbacher Straße einschl. Bebauung westliche Straßenseite - Obergath (Richtung Osten) - Untergath - Bäkerpfad Fütingsweg - Voltastraße - Philadelphiastraße - Cracauer Straße - Leyentalstraße Blumentalstraße (bis Nassauerring).

Stadtverwaltung und Bezirksregierung Düsseldorf halten eine Ausweitung des 1974 zuletzt festgesetzten Sperrbezirks in Krefeld generell für möglich. Dies teilten beide Behörden auf Anfrage mit.

Ein Verbot von Prostitution ist laut Bezirksregierung möglich, wenn "der Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstandes gefährdet wird". Neue Berichte von Anwohnern, die sich bei unserer Zeitung meldeten, lassen auf beide Tatbestände schließen.

So schilderte zuletzt eine Anwohnerin, dass sie einen Freier und eine Prostituierte Sonntagmorgen beim Rausbringen des Mülls direkt am Gartentor bei Sexualverkehr erwischt habe. Die Aufforderung, dies zu unterlassen, erwiderten beide mit Bedrohungen und der Einladung, einfach "mitzumachen".

Der Straßenstrich an der Neuen Ritterstraße von Voltastraße bis Dießemer Bruch wächst seit wenigen Monaten rasant – früher standen dort ausschließlich zwei deutsche Prostituierte, inzwischen allerdings immer mehr Osteuropäerinnen (wir berichteten exklusiv).

BERICHT GEFORDERT
Neue Anträge aus der Politik
Im nächsten Ordnungsausschuss am 13. Dezember soll das Problem Neue Ritterstraße diskutiert werden.
Die CDU will den Sperrbezirk auf die Neue Ritterstraße bis Dießemer Bruch ausweiten.
In die gleiche Richtung geht ein Antrag der FDP, der eine Prüfung der Möglichkeiten zur Erweiterung des Sperrbezirkes durch die Stadt anregt.
Die Grünen fordern, dass die Polizei im Ordnungsausschusss berichtet. Die Grünen fordern Hintergründe zur Herkunft der Prostituierten, zur arbeitsrechtlichen Lage und zur Sicherheitslage der Frauen sowie zur Frage, ob es Hinweise auf Zwangsprostitution gibt.


In der vergangenen Woche haben deshalb Anlieger auf einer Liste 130 Unterschriften gegen die ausufernde Straßenprostitution gesammelt und an die Stadtverwaltung sowie die Fraktionen im Rat gesendet.

Der Initiator der Aktion – der wie alle anderen Unterzeichner größtmögliche Anonymität will, weil er die Leibwächter der Prostituierten fürchtet – fordert: "Der Sperrbezirk muss erweitert werden. Der Jetzige datiert aus dem Jahr 1974, da war die Neue Ritterstraße noch Ackerland." Dies fordert nun auch die CDU; Grüne und FDP haben für den Ordnungsausschuss Prüfaufträge eingereicht. Derzeit umfasst der Sperrbezirk den weiteren Kernbereich der Krefelder Innenstadt (siehe Karte).

Er soll laut rechtlichen Vorgaben ein Gebiet umfassen, das durch einen hohen Wohnanteil sowie Schulen und Kindergärten geprägt ist. Sperrbezirke errichten oder erweitern kann nur die übergeordnete Behörde, in Krefelds Fall ist dies die Bezirksregierung Düsseldorf. Zuvor wäre aber ein Ratsvotum nötig.

Die Stadtverwaltung müsse dann einen Antrag mit Begründung an die Bezirksregierung senden, teilte eine Sprecherin der Düsseldorfer Behörde auf Anfrage mit. Die Bezirksregierung könne aber nur aufgrund der Gegebenheiten vor Ort entscheiden. "Im Vergleich mit Situationen in anderen Städten wie Duisburg, Oberhausen, die über eine ähnlich gestaltete Infrastruktur wie Krefeld verfügen, wurden zum Teil lediglich einige Teile des Stadtzentrums, in anderen das ganze Stadtgebiet zum Sperrgebiet erklärt."

Bei der Ausweitung des Sperrbezirks prüfe die Behörde, ob "Gefahren aus Handlungen und Zuständen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fortdauernd entstehen können".

Der Tatbestand der Jugendgefährdung ist laut Bezirksregierung dann erfüllt, wenn "die Konfrontation mit Sexuellem objektiv erkennbar und die öffentliche Wahrnehmbarkeit des sexuellen Angebotes möglich ist".

Der öffentliche Anstand sei gefährdet, "wenn durch die Ausübung der Prostitution oder durch damit verbundene Handlungen eine Gefährdung der Allgemeinheit möglich ist und gleichzeitig eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung vorliegt". Offen ist, wie die Ausweitung des Sperrbezirks sich auswirkt. Die Gefahr: Die Prostituierten ziehen einfach ein paar Straßen weiter.

http://www.rp-online.de/niederrhein-sue ... -1.3091910
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Marc of Frankfurt
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Urteil pro Bordell in Frankfurt

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Urteil Hessischer Verwaltungsgerichtshof (VGH)
31.Jan.2013: "Die Ära der Sperrgebiete ist beendet."
(Az.: 8 A 1245/12)

www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=128795#128795

Bild
Frankfurt/Main

www.bit.ly/sexworkatlas

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annainga
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RE: Niederlassungsfreiheit vs. Sperrbezirksverordnungen

Beitrag von annainga »

Alte Sperrbezirke

In Steinheim und Klein-Auheim ist Prostitution verboten. Die alten Regelungen zu Sperrbezirken spielen in Hanau jedoch in der Praxis keine Rolle mehr.



Im Hanauer Ordnungsamt sind bisher keine Beschwerden über Frauen, die in ihrer Wohnung sexuelle Dienste anbieten, bekannt, sagt der Chef des Ordnungsamts, Thorsten Wünschmann. Somit scheint das, was jüngst in Frankfurt für Aufregung sorgte, in Hanau kein Problem zu sein: die sogenannte Wohnungsprostitution. Die Stadt Frankfurt hatte einen Massagesalon in einem Wohnhaus im Stadtteil Bornheim verboten und sich dabei auf die seit 1986 geltenden Sperrbezirke berufen. Der Vermieter des Salons, der von außen nicht als solcher zu erkennen ist, hatte sich dagegen erfolgreich vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel gewehrt. Prostitution könne nicht mehr per se als Störung des öffentlichen Anstands eingestuft werden, sagten die Richter.

Auch in Hanau gibt es Sperrbezirke, festgeschrieben in der „Verordnung zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes im Regierungsbezirk Darmstadt“ im Jahr 1979. Demnach ist es in Steinheim, Klein-Auheim und dem kleinen Innenstadtareal zwischen Mühlstraße, Leimenstraße, Salzstraße und Rosenstraße „verboten, der Prostitution nachzugehen“.

Zudem existieren Sperrbezirke für Prostitution auf öffentlichen Straßen und Plätzen, also für den Straßenstrich. Demnach dürfen rund um Lamboystraße und Friedberger Straße keine sexuellen Dienste angeboten werden. Dasselbe gilt für das Gebiet zwischen Kanaltorplatz (Hauptpost) und Marktplatz, Römerstraße und Krämerstraße. Dort existieren seit Jahrzehnten Sexshops, ein Bordell, Spielhallen und anderes Etablissements, der Straßenstrich ist dort aber verboten.

Kein Straßenstrich in Hanau

Diese fast 35 Jahre alte Verordnung spiele aber in der Praxis keine Rolle mehr, sagt Wünschmann. Zudem gebe es in Hanau derzeit keine Frauen oder Männer, die auf der Straße sexuelle Dienste anbieten würden. Diese Einschätzung bestätigt die Polizei.

Auch sonst haben Ordnungsamt und Polizei über das Prostitutionsgewerbe in Hanau keine Besonderheiten zu berichten. Die „Handvoll Bordellbetriebe“, seien „unauffällig“, sagt Wünschmann. Dazu gehören Gewerbe in der Oderstraße, am Kanaltorplatz und am Hauptbahnhof. Bei den regelmäßigen Kontrollen gebe es „fast keine Beanstandungen“, sagt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Südosthessen. Es komme zwar immer mal wieder vor, dass eine Frau keine gültigen Papiere habe. Es gebe aber keine Hinweise auf Zwangsprostitution, organisierten Menschenhandel oder andere „milieuspezifische Kriminalität“.

Während die angemeldeten Bordelle amtsbekannt sind, ist das bei der Wohnungsprostitution komplizierter. Wenn Frauen oder Männer in Wohnungen sexuelle Dienste anbieten, müssen sie das nicht bei der Gewerbeaufsicht melden. Sie könnten es zwar, sagt Wünschmann, manche täten das auch. Doch „Prostituierte“ gebe kaum jemand an, eher noch Massagesalon oder Begleitservice. Deshalb kann Wünschmann für Hanau keine Zahl nennen, schätzt aber, „dass es wenige sind“.

Wohnungsprostitution ist kein klar definierter Begriff. Wesentliches Merkmal ist aber, dass außen nicht erkennbar ist, welche Dienste drinnen angeboten werden. Das gilt zum Beispiel auch für die Frauen in der Daimlerstraße, die zwar in Anzeigen und im Internet werben, an der Tür aber keine Hinweise angebracht haben.

http://www.fr-online.de/hanau/prostitut ... 75536.html

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Rechtskommentar (Der Senf) von Kasharius

Beitrag von Kasharius »

@all

Ich lese die Entscheidung [ Sperrgebiets-Urteil Dortmund www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=131350#131350 ] durchaus mit gemischten Gefühlen, möchte aber folgendes vorwegschicken: Es ist immer ein mutiger, weil mit vielen Risiken behafteter, Weg, als SW oder Betreiber seine Rechte vor Gericht durchzusetzen. Wenn man dann noch (teilweise) Recht bekommt ist es aller Ehren wert und die Klägerin und ihr Rechtsanwalt verdienen unsere Hochachtung.

Daran ändert aber nichts, daß mich die Entscheidungs g r ü n d e nicht so recht überzeugen.

Die Regelung zum Erlass von Sperrgebietsverordnung bei vorliegen abstrackter Gefahren für die Jugend und den öffentlichen Anstand werden grundsätzlich, schon gar nicht verfassugsrechtlich, in Frage gestellt. Hier liegt das Gericht zwar auf der Linie der Entscheidung des VGH Hessen vom 31.1.2013 (Verbot der Wohnungsprostitution) und der Entscheidug des Bundesverfassunsgerichts von 2009. Anders als diese Entscheidungen setzt sich das Gericht aber nicht mit den Wertungen des ProstG auseinander. Gerade der VGH Hessen [Link nachtragen] kommt in Fragen des Jugendschutzes hier zu deutlich anderen Wertmaßstäben.

Sehr widersprüchlich finde ich die Argumentation auch dort, wo das Gericht eine abstrackte Gefahr annimt. Es folgt der Argumentation der Klägerin, daß es sich bei der Verhinderung von ZUwanderung um einen sachfremden Grund handeln würde. Anderereits legitimiert die Kammer das Verbot mit der durch KOBER und die Polizei vermeintlich glaubwürdig beschriebenen ZUnahme von SW aus Bulgarien. Es verkennt dabei auch, daß diese Frauen sich zwar nicht auf Art. 12 GG aber sehr wohlauf die europäischen Freizügigkeitsregelungen (Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit) berufen können. Selbst wenn es sich bei der Klägerin nicht um eine Unionsbürgerin aus Bulgarien oder einen anderen EU-Staat hanelt und es konkret am grenzüberschreitenden Bezug fehlt, hätte für die Kammer wegen des abstrakten Gefahrbegriffes und dessen Auswirkungen auf die überwiegend zur Begründung herangzogenen SW aus Bulgarien Anlass bestanden, die vereinbarkeit der Verbotsatzung bzw. von Art. 297 EGStGB mit EU-Recht zu prüfen.

Insgesamt ist die Entscheidung von einem negativen Duktus in Bezug auf Sexarbeit geprägt und zum Ende diktiert das Gericht ja schon fast eine generelle Verbotsatzung. Andere Urteile (Cafe-Psst oder Prestige) waren auch in ihren Begründungen der Sexarbeit zugetaner. Diese Entscheidung bzw. die Begründungen lassen eine Streichung der Sperrgebietsregelungen [ www.bit.ly/sperrgebiet ] drigender denn je Notwendig erscheinen.


Soweit meine Meinung.

Kasharius grüßt

[Hervorhebungen, Link und kleine Edits MoF]

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Beitrag von ehemaliger User »

Dein "Senf" ist immer lesens- und bedenkenswert, ich jedenfalls lese selbigen sehr gerne ;o))

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Beitrag von Kasharius »

@"ehemaliger User"

Danke!

@all

Der Senf von Kasharius gehört eigentlich VERSCHOBEN....

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RE: WEitere Rechtsmeinung in Sachen Danny K ./. St. Dortmund

Beitrag von Kasharius »

@all

nochmal zum Urteil des Verwaltungsgerichts Dortmund vom 21.3.2013 mit der die SW Danny K. eine teilweise Aufhebung der Sperrgebietssatzung der Stadt Dortmund erstreiten konnte:

Der veröffentliche Entscheidungstext ist mit Randnummern versehen. Auf diese Randnummern beziehe ich mich im folgenden.

In den Randnummern 63-65 der veröffentlichten Entscheidungsgründe versucht das Gericht zu begründen, warum die Strassenprostitution in der Ravensburger und den weiteren Straßen eine abstrackte Gefahr für die Jugend und den öffentlichen Anstand darstellt. Insbesondere durch das sog. "Ausfransen" (was für ein Unwort, wahrscheinlich Polizeiduktus und unreflecktierte Übernahme durch das Gericht!) in Wohngebiete der Nordstadt sei eine Situation entstanden, in der die Allgemeinheit und Jugendliche, quasi ohne Ausweichmöglichkeit mit dem Geschlechtsleben anderer konfrontiert würden. Das Gericht beschreibt in diesem Zusammenhang als Indiz die "Arbeitskleidung" und Anbahnungsgespräche. All dies hätte durch (polizeilichliche) Einzelmaßnahmen nicht mehr kompensiert werden können. Dabei stützt sich das Gericht aber ausschließlich auf Aussagen der Polizei ohne sich, etwa durch einen Ortstermin, einen eigenen Eindruck zu verschaffen.

Das Problem der abgerissenen Verrichtungsboxen als mögliche Kompensation, oder die mässigende Einwirkung der Beratungsstelle Kober e.V., die ja in deren Stellungnahme anklingt, bleiben ebenfalls bei der Entscheidungsfindung aussen vor. Die abstrakte Gefahr wird allein aus der (vermeintlichen) Zunahme der SW aus Bulgarien abgeleitet. Das ist, auch wenn es um die Bewertung des Vorliegens einer abstrakten Gefahr geht, zu wenig. Das Gericht trifft hier eine Amtsermittlungspflicht die aus meiner Sicht nur sehr unzureichend durch das Verwaltungsgericht ausgeübt wurde.

In den Randnummern 83 folgende konzidiert das Verwaltungsgericht selbst, Jugendliche hätten keinen Anspruch generell von Straßenprostitution "verschont" [meine Zitierung] zu werden und führt als Beispiel den entsprechenden Anblick aus einem fahrenden Auto oder Bus an. Diese Unterscheidung ist willkürlich und nicht nachvollziehbar. Der regelmäßige Anblick aus einem Fahrzeug oder Bus kann genauso schädlich/unschädlich für den (sexuellen) ReifeprozessJugendlicher sein, als wenn ich mich der Szenerie per Fahrrad oder zu Fuss nähere. Der Begriff der Arbeitskleidung ist relativ und beinhaltet eine vorurteilsbehaftete unzulässige Wertung des Gerichts. Auch sonst können Jugendliche an warmen Tagen etwa in Fussgängerzonen auf Menschen stoßen die sehr viel Haut zeigen und sich sogar öffentlich Küssen; nur weil dies nicht kommerziell geschieht (wer-weis-das-so-genau!) soll dies für Jugendliche weniger gefährlich für ihre sittliche Reife sein!? Und wer sagt das Anbahnungs- und Preisverhandlungen in einer Lautstärke erfolgen, die für passierende Jugendliche wahrnehmbar ist...? Hier zeigt sich m.E. die rechtlich nicht zulässige doppelbödige, moraline aber nicht an Fakten orientierte Argumentationsweise des Gerichts in Gelsenkirchen.

Äusserst Grenzwertig finde ich die fast schon deutliche "Aufforderung" des Gerichts unter Randnummer 91 zum Erlass einer neuen Sperrgebietssatzung für die (fast) g a n z e Stadt; eine unzulässige einseitige Parteinahme des Gerichts - finde ich.

Die aktuellen Reaktionen lassen befürchten, daß die Stadt ungeachtet der beabsichtigten Beschwerde vor dem OVG NRW, dieser Aufforderung bald nachkommen wird.

Ich frage mich ob, und wer Seitensder SW-Bewegung Maßnahmen ergriffen werden könnten, um mit der Stadt in konkrete Verhandlungen über einen Standort einzutreten...?


Soweit von mir - vorerst.


Kasharius grüßt und wünscht ein schönes Wochenende.

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Marc of Frankfurt
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Zusammenfassung

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Recht ausführlicher Artikel über die prekäre Lage in:
Baden-Württemberg > Ortenaukreis > Kinzigtal > Offenburg



Bundeslandweit in BW Prostitutionsverbot in Orten unter 35.000.

Sperrgebietsverordnung von 1976 existiert dennoch nur für den 1 Ort Offenburg mit inzwischen 60.000 Einwohnern.

Für die inzwischen auch über diese Grenze angewachsenen Städte Lahr 45.000 und Kehl 35.000 hat demnach noch keineR Prostitutionserlaubnis d.h. eine Sperrbegietsverordnung mit Toleranzzone beantragt. *LOL*

Im gesamten Ortenaukreis (420 000 Einwohner) also Sexwork nur in Offenburg und da auch nur in einer
kleinen Toleranz-Zone = Nicht-Sperrbezirk:
- Gewerbegebiet Elgersweier
- Heinrich-Hertz-Straße
- Carl-Benz-Straße.

3 Areale mit 5 Bordellen und 7 Terminwohnungen (12 Betriebe).

Überall sonst strenges Prostitutionsverbot: kein Straßenstrich, keine Lovemobile, kein Escort im Hotel erlaubt...


120 Sexworker in 12 Betrieben für 420.000 Einwohner
macht eine Sexwork-Versorgungsquote von
28,5 Sexworker je 100.000 Einwohner = 29% je Tausend = 0,3 Promille
(globale Vergleichswerte www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=109342#109342 )
3.500 Einwohner je Sexworker
10 Sexworker je Betrieb
35.000 Einwohner je Betrieb
2,9 Betriebe je 100.000 Einwohner



66% (2/3) Osteuropäerinnen
12% Asiatinnen
12% Deutsche

Durchschnittsalter 30 Jahre (18-55)
Fluktuation hoch/Arbeitsdauer kurz, max. 3 Jahre

Polizei-Kontrollen unangemeldet mehrmals im Jahr, zu Zeiten wenn was los ist.
Verstöße weniger als 10 pro Jahr (Passkontrolle, Aufenthaltserlaubnis, Alter, Sperrgebiet, Freiwilligkeit/Abwesenheit von Zwang...).

1 Fall von möglicher sog. "Zwangsprostitution" einer 21jährigen Rumänin aus 2011 wird gerade vor Gericht verhandelt.


Ein erstaunlich schön sachlicher Artikel mit
Kriminalhauptkommissar Tobias Sester:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=131913#131913

Sicher auch weil sich dort jetzt das Projekt PINK pro Sexworker einsetzt.


Mehr Sexwork-Geographie im Sexwork Atlas:
www.bit.ly/sexworkatlas

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Marc of Frankfurt
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Juristische Analyse der Rechtslage

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Fachveröffentlichung


Thorsten Finger 2007: "Sperrgebeitsverordnungen zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstands - Eine kritische Bestandsaufnahme mit Ausblick"


Untersucht werden die juristischen Auswirkungen des ProstG von 2002 auf Art. 297 EGStGB (EinführungsGesetz des StrafGesetzBuchs), der Rechtsgrundlage für Sperrgebiete mit Prostitutionsverbot und auf §120 OWiG (Ordnungswidrigkeiten-Gesetz, Ausübung der verbotenen Prostitution) die zugehörige Sanktionsvorschrift.

Prinzip der 'Einheit der Rechtsordnung' fordert eine 'Ausstrahlwirkung' des ProstG i.V.m. Art. 12 GG (Freie Berufswahl Prostitution) auf andere Rechtsbereiche und mithin die ersatzlose Streichung von Art. 297.

Streichung, weil die Schutzgüter 'Öffentlicher Anstand', 'gute Sitten' und 'öffentliche Ordnung' nicht (mehr) per se durch Prostitution bedroht werden. Denn die oftmals unterstellte Begleitkriminalität gibt es nicht generell!

Eine Streichung ist jedoch nie erfolgt, weil jetzt das höhere Grundrecht 'Jugendschutz' Art. 5,6 jeweils Abs.2 GG angewendet wird, was auch im §184e StGB steckt (Verbot jugendgefährdende Prostitution).

Ausübung der Straßenprostitution verstanden als straßenrechtliche Sondernutzung. Reisegewerbekarte wird genannt, was der Bund-Länder-Ausschuß Gewerberecht bereits 2002 verworfen hatte. Argumente für Gewerbeanerkennung in der Literatur bereits 2004.

Prostitutionskontrolle in Zukunft über das Straßen- und Baurecht nach Abschied vom Verdikt der Sittenwidrigkeit (§138 BGB) und Deckmantel des 'öffentlichen Anstandes'. In Verbindung mit den zusätzlich bestehenden relevanten Rechtsnormen der Prostitutionskontrolle: Bauplanungsrecht, Gewerbe- und Gaststättenrecht, Gesundheitsrecht (IfSG 2001) und Ausländerrecht. Und evt. das neue Anti-Prostitutions-Gesetz zur Menschenhandelsbekämpfung was gerade im Bundestag beraten wird.

Zweck ist weiterhin die Vermeidung sozialer Konfliktlagen, Gefahrenabwehr und Bewahrung des Stadtbildes und -lebens durch hoheitliche Reglementierung und somit die Prostitutionseindämmung.

10 Seiten
http://www.kj.nomos.de/fileadmin/kj/doc ... r_S_73.pdf

Was versteht er unter Straßenrecht?





Ausübung der Straßenprostitution verstanden als straßenrechtliche Sondernutzung. S. 99.

Sein Buch (Dissertation) 2006:
"Die offenen Szenen der Städte - Gefahrenabwehr-, kommunal- und straßenrechtliche Maßnahmen zur Wahrung eines integren öffentlichen Raums"

'Offene Szene' ist Neusprech für Drogenszene und schließt somit Straßenstrich teilweise mit ein.

www.jpc.de/jpcng/books/detail/-/art/Tho ... um/7649976

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fraences
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RE: Niederlassungsfreiheit vs. Sperrbezirksverordnungen

Beitrag von fraences »

Neumünster errichtet Sperrbezirke

Die Verwaltung greift durch: Frauen dürfen bald nicht mehr an Schulen, Kitas und Kirchen in Neumünster stehen

Gegen die Prostitution am Südfriedhof und an der IGS Brachenfeld greift die Stadt nun hart durch: „Wir bereiten jetzt eine Sperrbezirksverordnung vor“, teilte Stadtsprecher Stephan Beitz gestern nach einem Gespräch zwischen hochrangigen Vertretern der Verwaltung und der Polizei mit. Straßenprostitution soll künftig nicht nur an der Plöner Straße, sondern rund um alle Schulen, Kitas, Kirchen und Friedhöfe in der Stadt verboten werden. In den Sperrbezirken ist es den Prostituierten nicht nur untersagt, ihrem Gewerbe nachzugehen, auch jegliche Kontakte zu Freiern sind verboten und strafbar.

Nach Angaben von Beitz ist es die erste Sperrbezirksverordnung in Schleswig-Holstein. Das Rechtsamt der Stadt arbeitet mit Hochdruck an dem Erlass. „Wir wollen so schnell wie möglich zu einem wasserdichten Ergebnis kommen. Realistisch ist eine Umsetzung innerhalb der kommenden drei Wochen“, sagte Beitz. Bereits heute trifft sich zum ersten Mal eine speziell eingerichtete Arbeitsgruppe mit Vertretern der Stadt und der Polizei. Sie will unter anderem bestimmen, wie groß die Sperrzonen um die Gebäude gezogen werden. Die Ratsversammlung soll am 17. September über die neue Verordnung informiert werden. Zustimmen muss sie laut Beitz nicht.

Rechtlich basiert der Sperrbezirk auf Artikel 297 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch sowie eine Landesverordnung zur Übertragung der Ermächtigung aus dem September 2000. Danach dürfen Kommunen im Land Prostitution zum Schutz der Jugend oder des öffentlichen Anstands verbieten. Möglich ist das in Gemeinden bis 50.000 Einwohnern im gesamten Gemeindegebiet, bei größeren Städten nur für bestimmte Teile.

Sobald die Sperrbezirke eingerichtet sind, ist es Prostituierten dort verboten, Kontakt zu Kunden aufzunehmen. Verstöße kann die Polizei dann leichter verfolgen. „Wer erstmalig angetroffen wird, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Wer beharrlich zuwider handelt, begeht sogar eine Straftat“, erklärte gestern Polizeisprecher Sönke Hinrichs.

www.shz.de/lokales/holsteinischer-couri ... 84711.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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RE: Niederlassungsfreiheit vs. Sperrbezirksverordnungen

Beitrag von fraences »

NEU-ULM
Prostitution: Kripo Neu-Ulm erwischt vier Frauen am Pfuhler Baggersee


Mit einer Anzeige wegen Prostitution müssen jetzt vier Frauen in Neu-Ulm rechnen. Fahnder der Neu-Ulmer Kripo haben das Quartett, das im Internet für seine Dienste geworben hatte, am Pfuhler Baggersee erwischt.
Die Ausübung verbotener Prostitution wird vier Frauen aus dem Ruhrgebiet vorgeworfen. Fahndungsbeamte der Neu-Ulmer Kriminalpolizei haben sie vor einigen Tagen am Pfuhler Baggersee angetroffen. Geworben hat das Quartett im Internet. Nach Abschluss der Ermittlungen müssen sie mit einer Anzeige rechnen.

Für Neu-Ulm ist die Ausübung der Prostitution durch die so genannte Sperrbezirksverordnung der Regierung von Schwaben geregelt. Straßenprostitution ist dabei generell verboten und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften wird von der Fahndung der Kripo in Zusammenarbeit mit der Schutzpolizei und Vertretern der Stadt überwacht. Regelmäßige Kontrollen auch in Bordellbetrieben dienen dabei neben dem Schutz der dort arbeitenden Prostituierten der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung.

Erst im vergangenen Frühjahr konnten so Erkenntnisse zu einem Menschenhändlerring in einem Neu-Ulmer Stadtteil erlangt werden. Im Verlauf der Ermittlungen geriet damals eine Tätergruppe - drei Männer und eine Frau - in den Fokus der Fahndung. Vier der Tatverdächtigen konnten schließlich bei einem groß angelegten Einsatz direkt vor Ort und einer einige Zeit später mit internationalem Haftbefehl in Rumänien festgenommen werden.

www.swp.de/ulm/lokales/polizeibericht/P ... 58,2243980
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Marc of Frankfurt
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Stadtplanung: Gute Argumente

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Warum Rotlichtviertel (Red Light District - RLD) so sind wie sie sind - nämlich extrem unterschiedlich:

Prof. Weitzer aus Washington vergleicht RLD in Antwerpen und Brüssel und kann strukturelle Ursachen ausmachen



Brüssel - negatives traditionelles Rotlichtviertel (Sex & Crime)
- vernachlässigt
- alte verwahrloste Gebäude
- ausgegrenzte Unterschicht / hoher Ausländeranteil
- Polizei nur bei Razzien und Verdrängungsaktionen aktiv
- potentiell ausbeuterische Management-Strukturen
- ...
- Ausgrenzungsparadigma


Antwerpen - moderner Stadtteil mit Sexarbeit (Sex work is work)
- neu geplant Ende der 1990er Jahre
- mit staatlichen Mitteln entwickelt
- verkehrsberuhigte Fußgängerzone
- Mittelschichtmilieu integriert
- ständige Sichtbarkeit von Polizei, Dienststelle im Viertel
- regelmäßiges Monitoring
- ...
- Inklusionsparadigma


Die lokale Politik ist entscheidend, d.h. wie Behörden und Polizei das Milieu gestalten bei ihrer Auslegung der bundesweit nicht einheitlich geregelten Aspekte von Sexarbeit/Prostitution


Englisch mit Photos
www.academia.edu/4258884/The_Social_Eco ... d_Brussels

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nina777
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Beitrag von nina777 »

31.10.2013

Krefeld will Sperrbezirk vergrößern - Duisburger befürchten größeren Straßenstrich


Duisburg-Mündelheim. Die Rotlichtszene rund um den Duisburger Süden ist in Bewegung, nachdem Krefeld erklärt hat, seinen Sperrbezirk ausweiten zu wollen. Die Bezirksregierung lehnt das ab : wohl auch aus Sorge um Duisburg und anderer Städte. Vor allem im Duisburger Süden tauchen an immer neuen Stellen Prostituierte auf.

Das älteste Gewerbe der Welt ist mobil. Vier knapp bekleidete Damen warten zwischen den abgestellten Lastwagen an der Mannesmannstraße auf Freier, die auch mal mit dem Lkw vorfahren. Vor einigen Monaten waren vermehrt Prostituierte an der Krefelder Straße kurz vor der Rheinbrücke aufgetaucht. Auch entlang der Werkszufahrten Am Röhrenwerk wird immer wieder mal bezahlte Liebe angeboten.

Woher die Damen kommen, weiß man nicht so recht. Wenige sprechen Deutsch, die meisten wollen gar nicht reden. Ein Teil der Frauenentstammt dem alten, sogenannten Hausfrauenstrich auf dem Parkplatz entlang der B 288 . Dort gab´s auch im Frühjahr dieses Jahres die erste größere Ansammlung von Prostituierten .

Anwohnerproteste in Krefeld

Anwohner äußern den Verdacht, dass die Frauen vom Krefelder Straßenstrich abwandern und nach Duisburg kommen. Die Vermutung liegt nahe, denn die Krefelder Politik tut gerade alles, um den Prostituierten das Leben schwer zu machen - aus eigener Notlage. An der Neuen Ritterstraße, nur wenige Fahrminuten vom Duisburger Süden entfernt, tummeln sich manchmal Dutzende Prostituierte. Es gibt wütende Anwohnerproteste.

Die Stadt Krefeld beantragte jetzt bei der Bezirksregierung Düsseldorf, den eigenen Sperrbezirk ausweiten zu dürfen. Das will die Bezirksregierung aber nicht mitmachen. Die Behörde befürchtet Abwanderungsbewegungen. "Die Probleme würden unter Umständen nur verlagert, nicht gelöst", heißt es in der Mitteilung an die Stadt Krefeld. Die Nachbarstadt wurde gebeten, nachzubessern. Bis zum 15. Januar 2014 soll ein neues Konzept vorliegen.

Bezirksregierung fordert Gesamtkonzept wegen zunehmender Straßenprostitution

Wie das aussehen soll, ist noch völlig offen. "Bei uns war das Verfahren von der Politik gesteuert", sagt der Krefelder Stadtsprecher Manuel Kölker. Jetzt sei es Sache der Politik, sich neue Gedanken zum Rotlicht-Thema zu machen.

Die Bezirksregierung hat den Krefeldern einen deutlichen Arbeitsauftrag gegeben. Angesichts "einer zu erwartenden weiter zunehmenden Straßenprostitution" erwarte die Düsseldorfer Behörde ein Gesamtkonzept für Krefeld. Der Schutz der Frauen sei dabei ein wichtiger Punkt. Es gehe auch darum, die Abwanderung in Kriminalität und Illegalität zu verhindern. In diesem Zusammenhang waren die Prostituierten auf Duisburger Seite bislang ausdrücklich noch nicht aufgefallen.

http://www.derwesten.de/staedte/duisbur ... 20242.html
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.

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Neue Karten

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Bild
Große Punkte bei Städten mit Zwangsregistrierung bei der Polizei in Bayern.
(Quelle: eigene Visualisierung und Daten von Polizeischätzungen und Springer Presse.)



Sexwork Geographie mit Google Maps


Anleitung selber Karten erstellen
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=94498#94498

Sammlung unserer selbstgemachten Sperrgebiets-/Toleranzzonen-Karten
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=7595 SW only


Karten für Sexwork
Legalisierung in Deutschland 2002 und Niederlande 2000


Bild

- Rotlichtviertel http://goo.gl/maps/Pd6T7
- Bordelle und Clubs http://goo.gl/maps/lqcBZ
- Swinger-Clubs http://goo.gl/maps/PhzTz




Sexwork Atlas
www.bit.ly/sexworkatlas

Dieses Sammelthema zum leichter merken
www.bit.ly/sperrgebiet
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 13.11.2013, 17:11, insgesamt 1-mal geändert.

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Verbotene Prostitution

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS)


Übersicht:

(...langsam ladendes Google doc...bit.ly/sexworkatlas...)


1.539 verurteilte Sexworker wg. Verbotener Prostitution im Sperrgebiet 2011

4,2 Sexworker verurteilt jeden Tag !!!


daneben vmtl. noch sehr viel mehr Bußgelder wegen Ordnungswidrigkeit
(zum Unterschied der §§ siehe Posting #1 auf Seite 1 www.bit.ly/sperrgebiet und www.sexworker.at/prostg)

Wie können an die Bußgeld-Statistiken herankommen?
Hier aus der Presse für einzelne Städte:

Hamburg
213 pro Jahr
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=133735#133735

Wien
2012: 8.351 pro Jahr und 1 Million EUR from out-door migrant sex workers
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=135060#135060

London
1990: 600.000 EUR - prostitutes were fined £1/2million

Zürich
2013: 960 Sexworer Verzeigungen pro Jahr
3x so häufig wie Prostitutionskunden
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=135840#135840

US daten
www.bit.ly/arrestmap



Bild

Quelle UEGD (PDF)


Siehe auch
www.bit.ly/bkazahlen

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Nichtsexuelle Sperrgebiete

Beitrag von Marc of Frankfurt »

off-topic


Beispiele für die Darstellungsmöglichkeiten mit Google Maps

Fall-out Sperrgebiete

bei Nuklearkatastrophe der bestehenden noch nicht abgeschalteten Atomkraftwerke



https://www.google.de/maps/ms?hl=de&gl= ... 8145714126

(2) Fall-out: praktische Ballon-Experimente
https://www.google.de/maps/ms?msa=0&msi ... 062988&z=6

"wir können euch nicht retten" werden die regierenden dann sagen

www.atomalarm.info


(1) Uni Wien: theoretische Fall-out Simulationsrechnungen
http://flexrisk.boku.ac.at/de/projekt.html
www.ausgestrahlt.de/hintergrundinfos/si ... ation.html