Ausstellungen: Kunst und Sexwork

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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Marc of Frankfurt
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Kunst kann manchmal formatsprengend sein

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 05.06.2008, 18:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Marc of Frankfurt
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Achse: Berlin - Babylon

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Die Hure Babylon

Große Babylon-Ausstellung von Louvre, British Museum und jetzt im Pergamonmuseum, Berlin



Bild

Die Hure Babylon, William Blake, 180, Tusche und Aquarell, © The British Museum London

Der Mythos des babylonischen Sündenpfuhls ist übrigens nicht haltbar und hat seinen Ursprung bei dem christlichen Philosophen Augustinus (345-430 n.Chr.).
In der babylonischen Zeit wurden sexuelle Handlungen noch nicht moralisch bewertet.





Ausstellung im Pergamonmuseum, Museumsinsel, Berlin
bis 5. 10. 2008
www.smb.museum/babylon


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Die Stadt hat vier Werbeplakate entwerfen lassen:
"Kein Gott!", "Kein Turm!", "Kein König!" und "Keine Hure!"


Die stehen für die jeweiligen Ausstellungsthemen «Die archäologische Wahrheit», «Mythos und Hybris», «Die archäologischen Quellen» sowie «Babylon war nicht Babel».

Das Kapitel Mythos betrachtet Babylon als Metapher für die dunklen Seiten der Zivilisation - Unfreiheit und Unterdrückung, Terror und Gewalt, Hybris und Wahn. In der europäischen Kunst und Kultur ist der Mythos Babel verknüpft mit den Urängsten der Menschheit. Hier erleben die Besucher die mythische Geschichte vom Aufstieg und Fall Babylons als Stadt der Sünde und der Tyrannei, als Schauplatz der Sprachverwirrung und als Metropole der ewigen Apokalypse. Hier begeben sich die Besucher auf eine Expedition zu den geheimnisvollen Quellen dieser Vorstellungen, deren Entstehung und Tradierung über die Jahrhunderte bis heute. Erzählt wird nicht die historische Wahrheit über Babylon, sondern die Wahrheit über eine Zivilisation, die den Mythos Babel braucht, um sich selbst zu verstehen.


Bild

Babylon als Sinnbild der großen Hure: Video-Projektion "Black and White" von Douglas Gordon (1996).





Ausstellungsberichte:
http://www.welt.de/kultur/article214298 ... _Welt.html

http://www.kunstmarkt.de/pagesmag/kunst ... etail.html

http://www.pr-inside.com/de/suendenpfuh ... 664527.htm





Mehr zum Schimpfwort: Hure Babylon:
viewtopic.php?p=28258#28258





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Kunst und Sexwork: Macht Ihr etwas künstlerisches???

Beitrag von Wolli »

Erst einmal liebe Grüsse an ALLE!

Ich melde mich zurück, nachdem eine Hundertschaft Ärzte an meinen Knien herumgeschraubt hat!

Tolle Beiträge, ich würde gerne ALLE Ausstellungen sehen!
Aber was mich interessiert: Gibt es im Forum Menschen, die auf die Eine oder Andere Art KUNST machen? Schreiben, Malen, Fotografieren oder was auch immer:
Meldet EUCH!

Ich denke mal, ich werde da vielleicht auch ein neues Thema aufmachen!


Alles Liebe

EUER Wolli

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Marc of Frankfurt
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Schwedische Tabu-Brecherin ist Kunst-Star

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Multimediakunstwerk "Turn into me"

von der Künstlerin Natalie Djurberg



Der Kunstliebhaber wird aufgefordert/gezwungen einer übermenschlich großen Frauenplastik in Hündchenstellung in die Vulva zu schauen.

Er wird zum Vojeur, zum Freier á la Manet oder zum Mißbraucher gemacht?

Dann im Inneren der überlebensgroßen Frauenfigur sieht man auf einem Monitor einen von der Künstlerin mit selbstgebastelten Puppen inszenierten Trickfilm.

Es sind ihre Träume und Albträume ihre Phantasien und Wollüste, die die Videokünstlerin inszeniert. Puppen in Knetfigurenoptik animieren den ganzen freudianischen Kosmos von Sado bis Maso von Täter bis Opfer.

Das Video innerhalb der Frauenplastik heißt "The Prostitute". Der Betrachter wird allein gelassen mit der Entscheidung, ob es um die Lust des Berührens und manigfaltigem Berührtwerdens oder um objektifizierendes Begrabschen und bezahltes Ausleben männlicher Macht (Mißbrauch) geht.

Sieht so Freiersensibilisierung aus?

Ist das die künstlerische Wahrnehmung der Menschenhandels- und Zwangsprostitutionsdiskurse? Oder nur deren Vermarktung?

Die Prada Foundation hat dieses Kunstwerk zumindest gerade angekauft und damit das Werk und die Künstlerin geadelt.


Bild

Bild

Nathalie Djurberg, Turn into me, 2008
(C) www.we-make-money-not-art.com


Hier ein Videoschwenk durch den Ausstellungsraum mit der Außenansicht der Videoinstallation "Turn into me" aber anderen Videoclips:

http://youtube.com/watch?v=8EPw8M2Zs2U







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Hanna
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Re: Kunst und Sexwork: Macht Ihr etwas künstlerisches???

Beitrag von Hanna »

Wolli hat geschrieben:Gibt es im Forum Menschen, die auf die Eine oder Andere Art KUNST machen? Schreiben, Malen, Fotografieren oder was auch immer:
Meldet EUCH!
ja wir haben eine Dichterecke

viewtopic.php?t=1376&postdays=0&postorder=asc&start=120

aber unser Hauptpoet Harald ist z. Zt. selten anwesend.
Meine Wenigkeit schreibt so zum Zeitvertreib. Von den anderen weiß ich diesbezüglich nix.

man muß da auch ein wenig aufpassen, daß man nicht zu off topic wird

lg, Hanna
Augen gab uns Gott ein Paar / um zu schauen rein und klar / um zu GLAUBEN was wir lesen / wär ein Aug' genug gewesen (aus HH. zur Teleologie)

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Mediale Orgie

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Erotische Kunst im Medienzeitalter:


Francesco Vezzoli's Caligula
Trailer only




Der Künster Francesco Vezzuli, der bekannt wurde durch Stickbilder seiner Stars hat ein neues Kunstwerk geschaffen. Eine Vision seiner Begierden Begierden zu wecken. Es ist nur ein Trailer, nicht nur ein Trailer, es ist ein "Nur-Trailer" (Trailer-only). Den Spielfilm gibt es nicht!



Er hat sich der Methoden der perfekten Illusion bedient wie wir sie von den Studios, denen aus Hollywood kennen. Er konnte die berühmtesten Stars verpflichten wie Hellen Mirren. Und dies gelingt ihm üblicherweise indem er charmanterweise üppige Blumensträuße versendet...






Der Trailer wirbt für ein angebliches Remake von Caligula, wozu Gore Vidal das Drehbuch schrieb.

Mehr:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=19205#19205



Der Trailer reicht schon. Er weckt die Phatasie. Die wird zum Wesentlichen. Für einen langen Film und Vollzug des Kulturkonsums hat keiner mehr wirklich Zeit. Wirklicher Sex, puh, viel zu anstrengend. Ein Klick ins Internet oder ein kurzer Anruf bei einer Sexarbeiterin mit Luftbuchung reicht schon als Kick...



Der Trailer arbeitet mit sexuellen Emotionen, weckt Begierden. Ein abermaliges Sex sells?

Den Künstler erregen die erregten Emotionen beim Publikum. Der Künstler ein verhinderter Pornograph?



Der Trailer zur heutigen Entertainment Industrie-Kultur
läuft zur Zeit als Endlosschleife im Museum Ludwig in Köln
(Die Stadtgründerin Agrippina war mit Caligula verwandt).
Mehr:
http://www.3sat.de/kulturzeit/specials/ ... index.html





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 18.08.2008, 18:13, insgesamt 2-mal geändert.

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Wer sucht das Glück im Museum?

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Sexdienstleistung = Glücksmomente verkaufen

Der enge intime Kontakt mit Menschen, die Arbeit mit der Sexualenergie, ermöglicht es uns einmalige Glückserlebnisse zu inszenieren, zu gewähren, zu verkaufen, zu schenken...

Nachhaltig können wir unsere Kunden glücklich machen, nur wenn wir selbst glücklich sind, bleiben bzw. werden.

Doch das schlechte Gewissen vieler Kunden bezüglich Sexkauf, ihr Geiz, ihre teilweise große Gier nach Lebens- und Sexualenergie oder umgekehrt ihr überbordender Fickdrang ...
all das fordert unser Körper-Leib-Seele-System aufs extremste.

Wir müssen uns schützen. Sex Worker Burn Out (SWBO, Puff-Koller) gilt es rechtzeitig zu verhindern lernen.

Evt. helfen uns die teilweise hohen Verdienste bei gleichzeitig großer Zeitautonomie, uns befreit von den finanziellen Zwängen vieler anderer, um die wesentlichen Fragen eines geglückten Lebens zu kümmern. Die Chance sollte man/frau nicht verpassen...





Glücksausstellung

Eine Erlebnisinstallation zur Auseinandersetzung


Deutsches Hygiene-Museum Dreden
bis 2. November:
http://www.dhmd.de/neu/?id=188

Wer schaut sich mal an, wie die Stationen zum Thema Liebe, Geld gestaltet sind?





Hilfen gegen Sex Worker Burn Out (SWBO) und Glücksforschung:
viewtopic.php?t=771 (SW-only)





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Der schuldige Blick

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Zum Hundertsten dem Lolita-Maler

Balthus eine Ausstellung



Bild

Die "Thérèse revant", ein erotisches Mädchen, ein Skandal und ein Fingerzeig auf die Projektion des Betrachters.

Der schuldige Blick:
http://www.tagesspiegel.de/kultur/ausst ... 52,2361359



Ausstellung bis zum 23. November 2008

in der Fondation Pierre Gianadda, Martigny, Schweiz

www.gianadda.ch





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 24.07.2008, 13:28, insgesamt 2-mal geändert.

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Reise in die Vergangenheit

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Forts.:
zur Ausstellung in Berlin (s.o.)

Babylon, erste große Zivilisation der alten Welt

(wörtl. Tor zum Himmel)


Bild

Der menschengebaute Götterberg
(Zikkurat, Tempelturm war 91 m hoch).
Auf der Spitze befand sich nur ein Raum,
das Schlafzimmer der Stadtstaat-Gottheit Marduk,
ausgestattet nur mit einem großen Bett (= Altar sic!).


Die Lage:

Grundmauernreste des Turm zu Babel:
http://maps.google.de/?ll=32.536227,44. ... 1,0.005767
Weiter nördlich sieht man die restaurierten Hängenden Gärten der Semirames (7. Weltwunder) und davon westlich am Fluß Euphrat ein runder Berg mit ehemaligem Palast von Sadam Hussein.


Weitere Ausstellungsberichte:
www.rundschau-online.de/html/artikel/12 ... 6102.shtml

www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B ... ezial.html





Bild

Sex im alten Babylon: Terrakottarelief aus dem 18.-17. Jhr. v. Chr.
(Sex Stellung: a tergo)


Im Museum werden zahlreiche fast 4.000 Jahre alte Sexdarstellungen präsentiert. Ein Freudenhaus wurde noch nicht ausgegraben, dafür im antiken nicht ganz so alten aber mit mehr Geldern beforschten Pompeji gleich mehrere. Fraglich ist ob die Sexdarstellungen in die Rubrik Alltagsleben gehören, wie in der Ausstellung gezeigt. Sie könnten auch die Symbolisierung von "hieros gamos" dem heiligen Geschlechtsakt sein, der König und Königin als Nachfolger der Welterhalter und Götter und damit legitime Herrscher alljährlich bestätigt. Sex in Einheit mit Religion.

Allerdings haben wir es schriftlich, daß Enkidu, der gottgeschaffene Steppenmensch durch die vom König Gilgamesh gesandte Schamkat (Tempeldienerin, Tempeldirne) der Ishtar (Innana, Königin der Nacht, Muttergottheit) kultiviert und in die Stadt gelockt wurde:
  • "Sechs Tage und sieben Nächte war Enkidu auf, da er die Hure beschlief"
    Gilgamesch Epos.
Wie also ein siebentägiges erotisches Erlebnis zwischen Mann und Frau als Initiation zum Menschsein gereicht ist uraltes Menschheitswissen.





Nachtrag:
Jetzt ist eine kritische Ausstellungsrezension der TAZ erschienen über Machtverteilung und die Rolle der Frauen im Reich Babylon, die in der Ausstellung unterschlagen wurde:
www.taz.de/1/leben/kuenste/artikel/1/die-hure-babylon/
Königin Kubaba, die im 25. Jahrhundert eine eigene Dynastie gründete.
Königreich Kisch, dessen Herrscher sich im 3. Jahrtausend noch immer als Gatten der Göttin Innana, spätere Ischtar sahen.
Enheduanna, die sumerische Prinzessin, Priesterin und Dichterin in Ur. Der erste namentlich bekannte Autor der Weltgeschichte war eine Frau.

Eine Kritik an einer verschnarchten Archäologie die abermals nur mit der bis zum Überdruss bekannten Männer-machen-Geschichte-Saga verführen will.





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 27.12.2013, 09:57, insgesamt 2-mal geändert.

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Östereicher zeichnet seine Landsleute mit spitzer Feder

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Deix Dauer-Ausstellung


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Endlich in Pension



"Erotik in der Karikatur"
und
DEIX IN THE CITY


Ausstellung im Karikaturenmuseum Krems
bis 08.02.2009

www.karikaturmuseum.at





Mehr:

Deix über Arnold Schwarzenegger
Die Nakte Wahrheit
http://www.art-port.cc/artikel/1609-dei ... -wahrheit/

Rezension "Good Vibrations", Wien 2000
http://www.hundertwasser.at/deutsch/aus ... n/deix.php

Rezension, Deix in Frankfurt '04
http://www.spiegel.de/kultur/gesellscha ... 67,00.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Manfred_Deix





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künstlerischer Rundumblick:

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Luxuria, die Wollust




habe einen Screenshot vom 360° Panorama des Künstlers Lukas Maximilian Hüller hinzugefügt, wo ihm die Sexworker Domenika und Willibald als Modelle zur Hand gehen.

viewtopic.php?p=28633#28633
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 04.04.2011, 22:31, insgesamt 1-mal geändert.

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Frau und Fotographie

Beitrag von Marc of Frankfurt »

München

Die Ausstellung "Female Trouble"
Das verpuppte Geschlecht


Die Fotoausstellung "Female Trouble" in der Münchner Pinakothek der Moderne zeigt anschaulich, wie radikal Künstler mit den gesellschaftlichen Konventionen von Weiblichkeit umgehen.


VON JOHANNA SCHMELLER

So viel exzentrischer Wehrhaftigkeit. So viel Unverschämtheit. Und so viel Zauber. Foto: Pinakothek der Moderne

Ein Mädchen in einem türkisfarbenen Tüllkleid schwingt eine Feuerlilie, seit der Antike ein Zeichen von besonders unbeugsamen Frauen. [D.h. wohl Hetaira, Hetäre, unabhängige Sexarbeiterin] Auf roten Lackschuhen spaziert das Mädchen eine Wohnstraße entlang und rammt die Blüte in eine Autoscheibe nach der anderen, bis das Glas krachend zersplittert. Passantinnen lächeln ihr zu. Eine Polizistin geht vorbei und grüßt freundlich.

Von wegen "Female Trouble" also: Schwierigkeiten hat diese hyperzuckersüße, von Pipilotti Rist gefilmte Vandalin nicht zu erwarten. Doch geht es in der Ausstellung "Female Trouble" in der Münchner Pinakothek der Moderne auch nicht um Ärger mit der Weiblichkeit. Angelehnt ist der Titel vielmehr an Judith Butlers Buch "Gender Trouble" und die darin publizierte radikale Negation des biologischen Geschlechts.

Männlich wie weiblich, schreibt die US-Soziologin, seien nichts anderes als soziale Zuschreibungen. Und so stellen die 180 in der Pinakothek versammelten Werke von 34 verschiedenen Fotokünstlerinnen und -künstlern nicht weniger als den Anspruch, sich auf unterschiedliche Arten dem genuin Weiblichen zu nähern. Die Frau als Suchtstoff und in Überdosis, neu ist das nicht, und so muss man sich schon aktiv vornehmen, diverse Alphamädchen zu verdrängen und die Sache vorbehaltlos anzugehen.

Dieser Schau gelingt aber, was so schnell kein Feuchtgebiet schaffen wird. Dass sie trotz ihres recht global formulierten Ansinnens nicht beliebig gerät, liegt an der eng gefassten Themenwahl: Den Blick von außen erfährt man besonders beim Transgenderkünstler Jürgen Klauke, Geburt und Totgeburt bei Sarah Lucas, Alter und Verfall bei der Gräfin Virginia di Castiglione. Und überall gegenwärtig ist das unselige und letztlich doch so grandiose Hineingeworfensein in einen biologischen Zustand, den man sich nicht selbst ausgesucht hat - und daher leider auch nicht verantworten kann. Es sind die Motive, in denen sich Ästhetik und moderne Genderforschung, Pipilotti Rist und Julia Kristeva, berühren.

Auf der Suche nach leidenschaftlichen und widerwärtigen, immer exaltierten Fantasien vollführt die Ausstellung große Zeitsprünge, vom 19. Jahrhundert bis in die Zwanzigerjahre, weiter in die Achtziger und in die Gegenwart. Im 19. Jahrhundert konnten sich Künstlerinnen mittels Fotografie besonders an Körperdarstellungen erproben. Denn selbst als sie schließlich an Kunstakademien zugelassen waren, blieben ihnen Aktmalkurse als unschicklich verboten.

In den Zwanzigerjahren wurde die Fotografie als generelle Kunstform entdeckt, und zeitgleich wurden Frauen zum Thema für die Wissenschaft. 1929 greift die Psychoanalytikerin Joan Rivière in ihrem Essay "Weiblichkeit als Maskerade" eine These aus der bildenden Kunst auf: Weiblichkeit und Maskerade seien, schreibt Rivière, ein und dasselbe (selbst wenn "Maskerade" einen verborgenen, "wahren" Kern suggeriert). Die Maske dient dazu, die Frau vor ihrer eigenen Männlichkeit zu schützen; sie soll sie aber auch vor Sanktionen wegen dieser Männlichkeit bewahren, was, so Rivière, unter anderem erklärt, weshalb sich Frauen in Führungspositionen oft überweiblich kleideten; vergleiche Benita Ferrero-Waldner.

Einen Höhepunkt der Münchner Schau bilden daher auch die Werke der amerikanischen Künstlerin Cindy Sherman, die die Maskerade des Weiblichen nicht als Facette, sondern als Grundaussage ihres Werkes betrachtet. Sie inszeniert sich als biedere Hure, als gefallene Arztgattin, als Amme und Madonna, die den Betrachter mit ihren mal verwelkten und mal spitzen, immer schwer milchgefüllten Brüsten überfordert. Sherman übernimmt alle Rollen, die eine Frau nur einnehmen kann, und überhöht sie zur gesellschaftlichen Parodie: Sie kostümiert sich überweiblich, verzichtet aber auf den damit verbundenen Schutz und macht sich gerade durch die gekonnte Brechung ihrer Posen angreifbar. Betrachter werden so auf ihre Vorurteile zurückgeworfen.

Auch die Anfälligkeit des weiblichen Körpers für physische Gewalt wird in "Female Trouble" thematisiert. Nur indem er schamfrei vorgeführt wird, wird dieser von seiner erotischen Dimension entbunden, lautet die These der jung verstorbenen Ana Mendieta. Ihren nackten Leib presst sie zwischen Glasscheiben, als wäre der mikroskopische, sezierende Blick des "Gegenübers" durch die Objektträger lenkbar. Bewusst unspektakulär wird ausgebreitet, was vorhanden ist, ob Genitalien oder Blut, das möglicherweise von einer Vergewaltigung stammt.

Valie Export setzt dagegen auf den möglichst brutalen Gegenangriff: Durch aggressive Attribute wird ihrer Entblößung nochmal kräftig Schwung gegeben. In "Genitalpanik" stemmt sie ein Maschinengewehr, das lange Haar ist wild toupiert, der Blick dunkel, die Hose an entscheidender Stelle weit aufgeschnitten.

Alle Exponate der großartigen Schau verfolgen einen klaren gesellschaftlichen Anspruch, sind stellenweise der Geschlechterforschung fast so nahe wie der Kunst. Resultat ist eine auch "zweckgebundene" Ausstellung, die sich daran messen lassen muss, ob sie ihr doppeltes Ziel erfüllt.

Die Wirkung der Fotografien ist heute zweifelsfrei eine andere als noch zum Entstehungszeitpunkt. Was damals gezielte moralische Provokation war, ein Angriff auf den konventionellen Geschmack, ist heute ein Tabubruch des bildungsbürgerlichen Mainstreams. Dennoch wirken die Fotografien auf krude Art sexuell (nicht moralisch) herausfordernd. Gezielt dürfen sich die Betrachter hier jenem Voyeurismus ergeben, gegen den sich die Abbildungen in vorauseilendem Ungehorsam so heftig zur Wehr zu setzen scheinen. Doch wer zwischen den verschiedenen angebotenen Sichtweisen oszilliert, den männlichen wie den weiblichen Blickwinkel zulässt, der begreift schnell, was weibliche Inszenierung hier ausmacht. Man wird sich der Bildgegenstände genauso rücksichtslos bemächtigen, wie es die vertretenen Künstlerinnen und Künstler begrüßt hätten: Auf eine abgeklärte Art ist man schlicht angeturnt von so viel exzentrischer Wehrhaftigkeit. So viel Unverschämtheit. Und so viel Zauber.

"Female Trouble - Die Kamera als Spiegel und Bühne weiblicher Inszenierungen". München, Pinakothek der Moderne. Bis 26. Oktober. Katalog 34 €

http://www.taz.de/1/leben/kuenste/artik ... eschlecht/





www.pinakothek.de





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Göttin der SexarbeiterInnen ?!

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Königin der Nacht

Ishtar
Babylonische Göttin der Liebe



Bild

Ishtar (Inanna, Ashtorah ...)
H. 49.5 cm; W. 37 cm; D. 4.8 cm, Keramik
Old Babylonian Period, early 2nd millennium BC, reign of Hammurabi(?),
British Museum.



Bild

A Babylonian Alabaster Statue of Ishtar(?), the Goddess of Love, H 26 cm
Dating from 350 B.C. New Babylon Period, Parther Period,
Musée du Louvre.

Replikat 39 Euro


Mehr:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ishtar





Noch ne Rezension zur Berliner Ausstellung (s.o.):
http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/d ... 93167.html

Huren-Heilige Maria-Magdalena:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=40403#40403





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3. Maler der Berliner Sexarbeiterinnen (s.o.)

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Berliner Huren der goldenen 20 Jahre hängen jetzt in New York City


Ludwig Kirchner Ausstellung im MoMA



Bild

www.moma.org



Die Welt
http://www.welt.de/welt_print/arti23152 ... h_war.html




Siehe auch was SW im MoMA San Francisco machen:
viewtopic.php?p=43125#43125





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 25.09.2008, 12:43, insgesamt 2-mal geändert.

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Tragbares

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Tragbare Kunst

Die Kunst der Dessous



Bild



Ausstellung:

Secrets – Dessous ziehen an


Dessous akzentuieren die Weiblichkeit und geben seit jeher ein klares Statement zum Moral-, Intimitäts- und Ästhetikkodex unserer Gesellschaft ab. Secrets widerspiegelt einen Teil der Sitten- und Kulturgeschichte.

Weg mit dem Korsett - Befreiung der Frau durch Mode?



Schon in den sog. wilden 20er Jahren gab es knabenhafte Frauenmode: den Garçonne-Look. Parallelen zu den heutigen Mager-Models geprägt vom pädophilen Blick der Mode-Vermarktungs-Szene?

Her mit der Corsage - Selbstbewustsein und professionelles Sexappeal durch Mode?



Bis 30. Dezember 2008
Textilmuseum St. Gallen

www.textilmuseum.ch





Im sexworker.at-Archiv
Die Erfindung des BH's:
viewforum.php?f=88&topicdays=0&start=50 (members-only)





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Migrierende Ausstellungen

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Wanderausstellungen:

Zur Prostitution gezwungen - Ausstellung im Stadthaus kritisiert Menschenhandel
jetzt nach Schwerin gewandert


viewtopic.php?p=30429#30429
viewtopic.php?p=8658#8658
http://www.svz.de/home/top-thema/articl ... mensc.html





100.000 Jahre Sex
Sonderausstellung jetzt nach Hamburg gewandert


viewtopic.php?p=34782#34782 s.o.
www.100000jahresex.de





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Re: Migrierende Ausstellungen

Beitrag von JayR »

Marc of Frankfurt hat geschrieben: 100.000 Jahre Sex
Sonderausstellung jetzt nach Hamburg gewandert


viewtopic.php?p=34782#34782 s.o.
www.100000jahresex.de
Das ist wohl eine Wanderung in die Vergangenheit.
Die Ausstellung war in Hamburg von Oktober 2004 bis Januar 2005 zu sehen.

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Korrektur

Beitrag von Marc of Frankfurt »

upps
zu schnell gegoogelt

:-(

Die Sonderausstellung “100 000 Jahre Sex“ ist jetzt im Lübecker Kulturforum Burgkloster bis 19. Oktober 2008:
http://www.die-luebecker-museen.de/index.php?seid=925
z.B. mit dieser Veranstaltung über Prostitution im 12.-16. Jh. in Hansestädten:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=42021#42021





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KMII: "Kein Mensch ist illegal"

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Bielefeld

Plakatausstellung "kein mensch ist illegal":

Vortrag „Illegalisierte Frauen in der Prostitution“



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Im Rahmen der Plakatausstellung "kein mensch ist illegal", die am Dienstag in der Volkshochschule der Stadt Bielefeld eröffnet wurde, wird am kommenden Montag, 1. September, um 19 Uhr die Begleitveranstaltung "Illegalisierte Frauen in der Prostitution" im IBZ stattfinden. Als Referentin ist Frau Juanita Henning von der Organisation Doña Carmen www.donaCarmen.de - Unterstützungs- und Beratungsstelle von und für Frauen in der Prostitution in Frankfurt/Main geladen. Sie ist Mitbegründerin des Vereins und seit 1991 Sozialarbeiterin mit Prostituierten im Frankfurter Bahnhofsviertel, hat mit ihrem Buch "Kolumbianische Prostituierte in Frankfurt - Ein Beitrag zur Kritik gängiger Ansichten über Frauenhandel und Prostitution" die bislang fundierteste empirische Studie über Prostitutionsmigrantinnen in Deutschland vorgelegt.

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Doña Carmen organisiert in Frankfurt Bordellführungen und gibt "La Muchacha", die einzige mehrsprachige Prostituiertenzeitung in Deutschland heraus. Der Verein fordert Rechte statt Razzien für ausländische Prostituierte. Eine institutionalisierte Kooperation mit der Polizei lehnt Doña Carmen entschieden ab.

Im Rahmen der Veranstaltung wird sie von Ihrer Arbeit, der Situation der Frauen und insbesondere davon berichten, was es heißt als Frau ohne gesicherten Aufenthalt im Sektor der käuflichen Sexualität ausgebeutet zu werden.



"Illegalisierte Frauen in der Prostitution"

Aus den unterschiedlichsten Gründen geraten Frauen in Deutschland und weltweit in die Prostitution. Viele von ihnen werden verkauft, verschleppt und im Ausland Männern zur sexuellen Ausbeutung angeboten. Andere werden mit falschen Versprechungen zur Immigration bewegt, um dann weiterverkauft und eingesperrt zu werden. Auch "freiwillig" begeben sich viele Frauen in den Sexmarkt; verzweifelt angesichts der fehlenden Alternativen und perspektivlos der Armut im Herkunftsland ausgesetzt. Wieder andere haben sich erst legal in Deutschland aufgehalten, sind dann aber - beispielsweise nach negativ beschiedenem Asylverfahren oder nach einer gescheiterten, den Aufenthalt sichernden Ehe - untergetaucht...

Die Biografien der Frauen sind verschiedenartig, ebenso die Möglichkeiten der Einzelnen, sich gegen ihre Situation und erfahrene Gewaltformen zur Wehr zu setzen. Diejenigen unter ihnen, deren Aufenthalt heimlich ist und als "illegal"* *gilt, sind im besonderen Maße der Rechtlosigkeit ausgeliefert, wenn es darum geht sich gegen körperliche und psychische Gewalt zu wehren. Ein Anspruch auf medizinische Versorgung oder beispielsweise Rente bleibt ihnen ebenso verwehrt.

Und auch der rechtlich zugesicherte Schutz bei Lohnverweigerung gewährt den Frauen keine wirkliche Sicherheit. Wenn sie erstmal öffentlich geworden sind, droht ihnen in der Regel über kurz oder lang die so genannte Rückführung -- die Abschiebung in das Herkunftsland.

Die Veranstaltung wird von der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen durchgeführt und vom IBF und FemRef des Astas der Uni Bielefeld unterstützt.

http://www.direkt-bielefeld.de/?page=show&id=60462





Mehr:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kein_mensch_ist_illegal
http://www.kmii-koeln.de/





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 23.04.2011, 17:34, insgesamt 2-mal geändert.

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Auch Sexwork ist Kunst !!!

Beitrag von Marc of Frankfurt »

"Diana und Actaeon [1]

Der verbotene Blick auf die Nacktheit"



25. Oktober 2008 bis 15. Februar 2009 im Museum Kunst Palast in Düsseldorf


Bild

Eric Fischls "Bad Boy", 1981
Hier wird der Betrachter unfreiwillig zum Voyeur und blickt direkt in die geöffneten Schenkel einer nackten Frau.

Dieser aufklärerische Zwangs-Voyeurismus hatte bereits bei Edouard Manets berühmtes Bild "Olympia" zum Skandal geführt.


Ausstellungs-Homepage:
http://www.museum-kunst-palast.de/media ... index.html

Ausstellungs-Rezension:
http://www.stern.de/unterhaltung/ausste ... 43910.html




[1] Diana, die Jagdgöttin und zugleich Oberelfe, badet nackt im Fluß mit ihren Gefährtinnen (Betriebsausflug). Als der Jäger Actaeon sie erblickt wird sein Blick gefesselt und er gleichsam Opfer seines Triebes (Schürzenjäger). In den göttlichen Bann geschlagen, weil sein Blick von den nackten Frauen angezogen wird, behauptet die antike Sage er werde in einen Hirsch verwandelt. So aufs animalische reduziert sei er dann von seinen eigenen Jagdhunden gefressen worden.

Ein vorchristlicher moralischer Zeigefinger gegen die Wollust/Luxuria?





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