Felicitas, die Bordellbesitzerin
WDR,11.4.2013, 22.00 - 22.30 Uhr
Felicitas ist schon seit Jahren im Geschäft, als Prostituierte, als Bordellbesitzerin. Sie kämpft für die Rechte von Prostituierten, begrüßt es, dass Prostituierte durch das nicht mehr ganz neue Gesetz, quasi wie Arbeitnehmer arbeiten. Felicitas ist eine gut aussehende Frau Mitte 50 mit Häuschen am Grunewald. Hier lebt sie mit Mann und Sohn, betätigt sich in Siedlerverein und im Kindergarten wie alle anderen Mütter auch. Über ihren Beruf „Sexarbeiterin“ redet sie genauso offen, wie über ihre Ausbildung als Krankenpflegerin. Bereits mit 16 wollte sie, nach der Lektüre des erotischen Romans “Josefine Mutzenbacher“, Prostituierte werden .Als sie anfing, wusste sie nichts über den Beruf. Beim ersten Mal lernte sie dann auch gleich, dass man das Geld vom Freier vorher abkassieren muss, um am Ende nicht mit leeren Händen dazustehen.
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Seit 2002 gilt das Prostitutionsgesetz
Das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten trifft Regelungen über die Rechtsansprüche zwischen den Prostituierten und deren Kunden und über die Erbringung von sexuellen Dienstleistungen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Durch das Prostitutionsgesetz wird klargestellt, dass Prostituierte durch das Erbringen der vereinbarten sexuellen Dienstleistung einen Anspruch auf die vereinbarte Gegenleistung erwerben. Prostituierte können auf der Grundlage des Prostitutionsgesetzes ihre Tätigkeit auch im Rahmen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ausüben. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers beziehungsweise der Arbeitgeberin ist jedoch eingeschränkt. Prostituierte können jederzeit bestimmte Kunden oder bestimmte Sexualpraktiken ablehnen oder ganz aus der Prostitution aussteigen.
Noch bevor das Prostitutionsgesetz in Kraft getreten ist, eröffnete Felicitas im Berlin das PSSST! Im Café können sich Sexarbeiterinnen und Freier kennen und Zimmer mieten.
Ziele des Gesetzes
Ziel des Prostitutionsgesetzes ist es, der bisher bestehenden rechtlichen Benachteiligung von Prostituierten entgegenzuwirken und ihre soziale Absicherung zu erleichtern. Gleichzeitig wurde die Strafbarkeit wegen Förderung der Prostitution beziehungsweise Zuhälterei soweit zurückgenommen, dass sich Bordellbetreibende nun nicht mehr allein deswegen strafbar machen, weil sie günstigere oder sichere Arbeitsbedingungen für Prostituierte schaffen wollen. Die Ausbeutung von Prostituierten, Menschenhandel und Minderjährigenprostitution sind selbstverständlich weiterhin strafbar. Das sind die Punkte, die das Bundesgesetz regelt. Was die Sexarbeiterinnen beklagen: Die Länder erkennen das Gesetz nicht an und erheben zum Beispiel Sondersteuern. Gleichzeitig fehlt es an Regelungen im Steuer- und Gewerbegesetz, damit die Ausübung des Berufes auch gewährleistet werden kann. Da es von Bundesland zu Bundesland so viele unterschiedliche Regelungen gibt, wird das legale Arbeiten der Sexarbeiterinnen zusätzlich erschwert. Die Gesetzgeber hatten ursprünglich die Idee den sozialen Status der Frauen im Gewerbe deutlich zu erhöhen und damit dem Prostitutionsstigma entgegenzutreten.
"Ich habe früher immer einen Platz gesucht für mich zum Arbeiten, der so, gestaltet sein sollte wie unser Laden hier."
Ausübungsorte
Der Großteil der Sexarbeiterinnen bietet Dienste in Bordellen, Privatwohnungen oder Hotels an auf der Straße sind nur ca. 13 % tätig. Streetworker beobachten, dass sich auf dem Straßenstrich neuerdings auch Frauen, aufgrund von Geldnot prostituieren, um ihren Lebensunterhalt zu decken. In Deutschland bedienen fast eine halbe Million Frauen täglich 1,2 Millionen Freier. Der jährliche Umsatz im Rotlichtmilieu wird auf sechs Milliarden Euro geschätzt. Der Staat kassiert über die Steuern mit: bei den Annoncen, den Mieten, den Taxen, den Getränken und den Kondomen.
11 Jahre nach Einführung des Prostitutionsgesetzes
Was also hat das Prostitutionsgesetz gebracht? Die größte Erwartung der Sexarbeiterinnen war, dass ihnen endlich nicht mehr mit Verachtung begegnet wird. Doch die Hoffnung, die Situation der Frauen im Rotlichtmilieu zu verbessern hat sich nicht erfüllt. Prostitution verläuft auch nicht, wie erhofft, in geregelten Bahnen. Konkret: Nur ein Prozent der Frauen hat einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Denn zum Selbstverständnis der Branche gehört die Unabhängigkeit; die selbstständige Tätigkeit nach eigenem Gusto und Zeitplan, ohne Chef. Auch wenn das oft eine Illusion bleibt. Nur ganz wenige Bordellbesitzer investieren in einen angenehmen Arbeitsplatz, etwa geräumige Badezimmer oder freundliche Aufenthaltsräume. Das sind für sie unnötige Ausgaben, denn niemand zwingt sie dazu. Denn das Gesetz regelt die Umsetzung des Prostitutionsgesetzes nicht. So gibt keinerlei behördliche Umsetzungsvorschriften und Durchführungsvorschriften. Es existiert auch keine Anweisungen für Wohnungsämter oder Bauämter, das Prostitutionsgesetz durchzusetzen. Während die Gastronomie streng geregelt ist, gibt es keinen definierten Standard in Prostitutionsbetrieben. Bauämter könnten das alles regeln: Zugang zu Tageslicht, die Größe von Räumen, die Trennung von gewerblich genutzten und privaten Rückzugsräumen, die Trennung von Sanitärräumen für die Kundschaft und für das Personal, das ließe sich alles ganz einfach über baurechtliche Auflagen klären. Wird aber nicht gemacht, weil, es keine Anweisung dazu gibt. Auch gibt es für Bordellbetriebe weder Richtlinien noch Planungssicherheit. In vielen Bundesländern können die Besitzer ihren Betrieb nicht mal als Gewerbe anmelden. Außerdem ist in dem Gesetz von Maßnahmen zum Ausstieg aus der Prostitution die Rede. Zwar gibt es aufgrund des Gesetzes in Deutschland einige Fachberatungsstellen, die Prostituierte beraten und die individuelle Ausstiegsberatung machen können, aber es gibt nur noch ein einziges Bundesland, nämlich NRW, das ein einziges Ausstiegsprogramm, also Umschulungsprogramm, anbietet. Alles andere ist seit Jahren eingestellt und eingefroren.
Den Frauen entstehen so nur Kosten, wenn sie Kunden haben.
Prostitution ist legalisiert – aber nicht reguliert.
Häufig wird das Prostitutionsgesetz mit Menschenhandel und Zwangsprostitution gleichgesetzt, doch viele Probleme in diesem Zusammenhang sind real mehr auf die Auswirkungen der EU-Osterweiterung und des Zuwanderungsgesetzes zurückzuführen. Mit der Einführung des Prostitutionsgesetzes sind Bordelle nun legalisiert, doch nun so darf die Polizei nur bei einem konkreten Verdacht sich Zutritt im Bordell verschaffen. Ein Fakt, der Ermittlungen eher erschwert, als verbessert. Diese dunkle Kehrseite der selbstbewussten Prostitution hat auch das Gesetz nicht aufhellen können: Zwang und Ausbeutung gibt es weiterhin.. Das betrifft am stärksten Migrantinnen, die keine Arbeitserlaubnis haben und wenn sie nicht aus der EU kommen oft auch keinen gültigen Aufenthaltsstatus haben. Sie werden leicht Opfer von Menschenhändlern und Zuhältern.
Inzwischen hat Felicitas geheiratet und einen 5-jährigen Sohn. Seitdem arbeitet sie, nur noch hinter dem Tresen.
Das Gesetz kann Verbrechen nicht verhindern.
Das Prostitutionsgesetz fördert solche Verbrechen nicht, aber es kann sie auch nicht verhindern; das fällt in den Bereich des Strafrechts, des Ausländer-und Zuwanderungsrechts. Natürlich ist es strafbar, Menschen wie Ware zu verkaufen und zur Prostitution zu zwingen. Das gleiche gilt seit Anfang 2005 auch für jede andere sexuelle Ausbeutung, in Peepshows oder Pornoproduktionen, ebenso wie für Heiratshandel und ausbeuterische Arbeitsverhältnisse. Aber weiterhin kommen Migrantinnen auf illegalen Wegen nach Deutschland. Die Not in ihrem Heimatland treibt sie in die Prostitution. Meist unfreiwillig, manchmal freiwillig. Sofern das Wort "freiwillig" hier überhaupt angebracht ist. Auch wenn nicht alle Sexarbeiterinnen von Zuhältern und Menschenhändlern zur Prostitution gezwungen werden, sind doch die meisten zumindest Opfer ökonomischer Notwendigkeiten.
http://www.wdr.de/tv/frautv/sendungsbei ... hema_3.jsp
Ein Gespräch über die Wichtigkeit des Prostitutionsgesetzes:
Link zum Videointerview mit Alexa, Sexarbeiterin aus Berlin
http://www.wdr.de/tv/frautv//sendungsbe ... A3F1F1FA06
Felicitas ,die Bordellbetreiberin
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Felicitas ,die Bordellbetreiberin
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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Fakten und Infos über Prostitution
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