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Zwerg
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Re: Länderberichte GRIECHENLAND:

Beitrag von Zwerg »

Regelkatalog für griechische Bordelle : Beim Sex bitte Abstand halten

Athen In Griechenland dürfen Bordelle wieder öffnen, allerdings müssen sich Sexarbeiterinnen und Kunden in Corona-Zeiten an teils skurrile Regeln halten. Prostituierte halten das für eine unlösbare Aufgabe.



Von Gerd Höhler

Die Elle ist ein fast in Vergessenheit geratenes Maß. Noah legte sie beim Bau seiner Arche an, heißt es im Alten Testament. Jetzt kommt die altertümliche Einheit zu neuer Verwendung. „Mindestens eine Elle Abstand“ – das ist eines von elf Geboten, mit denen die griechische Regierung jetzt zu regeln versucht, wie es in den Bordellen zuzugehen hat. Die Häuser sind nach einer dreimonatigen Corona-Zwangspause seit dem 15. Juni wieder geöffnet. Mindestens eine Elle Abstand, nämlich die Distanz zwischen Handgelenk und Ellenbogen, sollen Sexarbeiterinnen und Kunden jetzt auf Kopfhöhe einhalten.

Das ist nicht die einzige merkwürdige Regelung in dem Katalog von Vorschriften und Empfehlungen für Bezahl-Sex in der Corona-Ära. Die Prostituierten dürfen jedem Kunden maximal 15 Minuten Zeit widmen. „Überflüssige körperliche Berührungen“ seien zu vermeiden, heißt es weiter. Aber was ist überflüssig beim Sex? Detaillierter geht der Vorschriftenkatalog auf die Details der sexuellen Handlungen ein: Es sind nur solche Stellungen erlaubt, die „Abstand wahren“, sowie Prostituierte und Kunden „nicht in Gesichtskontakt bringen“. Werden Sexspielzeuge verwendet, müssen sie nach dem Gebrauch entsorgt oder sorgfältig desinfiziert werden. Während diese Vorschrift nachvollziehbar ist, klingen andere Regelungen rätselhaft. Etwa Punkt 8 des Katalogs, wonach „essbare sexuelle Gegenstände“ verboten sind. Punkt 9 bestimmt, dass „bei allen Dienstleistungen“ Gesichtsmasken getragen werden sollen. Fenster und Türen müssen geöffnet bleiben, um für Frischluft zu sorgen.

„Diese Vorschriften sind ein Witz“, sagt Natascha, die als Prostituierte im Rotlichtviertel des Athener Stadtteils Votanikos arbeitet. „Wenn wir uns daran halten müssen, können wir gleich dichtmachen.“ Die Verärgerung der Prostituierten über das skurrile Regelwerk ist doppelt groß, weil sie zwar Steuern zahlen, aber während des dreimonatigen Corona-Lockdown im Gegensatz zu Hunderttausenden anderen Arbeitslosen kein Kurzarbeitergeld oder staatliche Beihilfen bekamen. Jetzt fürchten sie, dass die Vorschriften ihnen das gerade wieder anlaufende Geschäft verderben.

Für völlig wirklichkeitsfremd halten die Prostituierten die Vorschrift, wonach sie über jeden Besuch eines Kunden Buch führen müssen. Der Freier muss seinen Namen und eine Telefonnummer hinterlassen, unter der er zu erreichen ist. Auch die in den Bordellen übliche Barzahlung soll abgeschafft werden: Die Kunden sollen mit Karte bezahlen – schwer vorstellbar in einem Milieu, wo die Kunden Anonymität wahren wollen. Aus dem gleichen Grund protestieren die Prostituierten auch gegen die Regel, wonach die Freier unter Wahrung von zwei Meter Abstand auf der Straße vor den Bordellen warten sollen, bis sie an die Reihe kommen. „Wer will denn gesehen werden, während er für bezahlten Sex ansteht?“, fragt die Sexarbeiterin Natascha.

Bei Verstößen drohen Geldbußen von mehreren tausend Euro und die Schließung der Etablissements für 30 bis 90 Tage. Ob und wie die Behörden die Einhaltung der Vorschriften überprüfen wollen, ist allerdings bisher unklar.


https://rp-online.de/panorama/coronavir ... d-51778357