Tanja im Pussy-Club Fellbach

Hier können SexarbeitInnen ihren Arbeitsplatz bzw. ihre Arbeitsbedingungen beschreiben. Was erlebt Ihr alles in Eurem Beruf?
timothy007
UserIn
UserIn
Beiträge: 38
Registriert: 03.05.2008, 12:29
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von timothy007 »

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben: Deine Argumentation erscheint mir zu simpel. Vielmehr ist es so, daß die Agentur (ist es eine?) die Anmutung/den Ton für Sexbiz-Marketing gut getroffen zu haben scheint. Vgl. Mediamarkt und Co., da sieht doch auch alles zum Verwechseln ähnlich aus ...

Dennoch danke für deine Recherche. Sie ist fraglos faszinierend.





.
Wie du aus der aktuellen Berichterstattung entnehmen kannst, soll ein Menschenhändlerring Frauen aus Rumänien in Bordelle in Heidelberg, Fellbach bei Stuttgart, Kaiserslautern, Recklinghausen und Barsinghausen geführt hat.

Ein dicker Zufall, dass das genau die Städte sind, in denen die "Agentur", wie du es nennst, tätig ist bzw. war.

Der Mythos vom sauberen Pussyclub und der lieben Frau F., die es allein geschafft hat, eine Kette mit knapp 150 Sexarbeiterinnen zu schaffen, bröckelt immer mehr dahin.

Melusine
aufstrebend
aufstrebend
Beiträge: 22
Registriert: 05.03.2010, 15:05
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Melusine »

@Tanja:

Ich bin total beeindruckt von Deinem engagierten und feinfühligen Bericht und Deiner Art, auf die Frauen dort zuzugehen und Deine Empathie!!

Liebe Grüße
Ophelia
In Dir muß brennen, was Du in anderen entzünden willst. (Bischof Augustinus)

Benutzeravatar
Aoife
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 7067
Registriert: 20.09.2008, 21:37
Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Aoife »

timothy007 hat geschrieben:Ein dicker Zufall, dass das genau die Städte sind, in denen die "Agentur", wie du es nennst, tätig ist bzw. war.

Der Mythos vom sauberen Pussyclub und der lieben Frau F., die es allein geschafft hat, eine Kette mit knapp 150 Sexarbeiterinnen zu schaffen, bröckelt immer mehr dahin.
Zum einen denke ich, es ist einfach noch zu früh, um zu einem abschließenden Urteil zu kommen. Auch die gerade aktuelle Information muß keineswegs neutral sein.

Und zum anderen: WENN es so sein sollte, warum mußte dann zuerst einmal moralisierende Propaganda gegen flat rate gemacht werden?
Oder haben da moralpopulistisch vorpreschende Politiker die Ermittlungen fast vermasselt? Es fällt jedenfalls auf, dass nachdem
die Razzien den Vorwand "Menschenhandel" nicht bestätigen konnten und die Vorwürfe auf den Verdacht eines Sozialversicherungsbetrugs
zusammengeschrumpft waren, jetzt so lange später plötzlich wieder Hinweise auf Menschenhandel auftauchen.

*Wenn* das jetzt Bekannte wirklich so den Tatsachen entsprechen sollte, so könnte das nur eine Konsquenz haben:
Die sofortige Einstellung von steuerverschlingenden und nur der martialischen Geltungssucht ihrer Initiatoren dienenden, aber jetzt
bewiesenermaßen völlig ineffektiven Großrazzien im sog. Rotlichtmilieu. Und die Umschichtung der hierdurch freiwerdenden
Gelder zugunsten einer intelligenten Kriminalistik, die definitiv den realen Opfern wirklicher Verbrechen hilft, anstelle mit mit eindrucksvollen
Machtdemonstrationen eine nicht mehr zeitgemäße Moralpolitik künstlich am Leben erhalten zu wollen. Aber ob den Behörden
für diesen vernünftigen Weg wohl ausreichend human ressources zur Verfügung stehen? :002

Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard

Benutzeravatar
Arum
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 961
Registriert: 01.06.2009, 13:35
Wohnort: Niederländische Grenzregion
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Arum »

          Bild
Aoife hat geschrieben:

Zum einen denke ich, es ist einfach noch zu früh, um zu einem abschließenden Urteil zu kommen. Auch die gerade aktuelle Information muß keineswegs neutral sein.

Und zum anderen: WENN es so sein sollte, warum mußte dann zuerst einmal moralisierende Propaganda gegen flat rate gemacht werden?
Oder haben da moralpopulistisch vorpreschende Politiker die Ermittlungen fast vermasselt? Es fällt jedenfalls auf, dass nachdem
die Razzien den Vorwand "Menschenhandel" nicht bestätigen konnten und die Vorwürfe auf den Verdacht eines Sozialversicherungsbetrugs
zusammengeschrumpft waren, jetzt so lange später plötzlich wieder Hinweise auf Menschenhandel auftauchen.
Da könnte schon was dran sein.

Ich habe es, so meine, schon mal erwähnt, aber ich weiss von wenigstens einer aus einem Pussy Club dass sie dort arbeitet um sich das Geld für ihren vierjährigen Sohn zu verdienen, und dabei hat sie betont auf diesem Weg sehr viel Geld verdienen zu wollen. Da schien mir überhaupt keine Rede von Zwang.

Und es sei bemerkt, das hat sie mir nicht im PC selber erzählt, sondern in einem ganz anderen Club, den sie zur Abwechslung mal versuchen wollte. Die Freiheit hatte sie also auch.

Und eine andere hat mir im PC erzählt, sie arbeite dort weil sie daheim in Rumänien als Lehrerin keine Anstellung bekommen konnte.

Natürlich, das sind nur zwei individuelle Geschichten, und keine von denen aus den erwähnten Clubs.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

Benutzeravatar
Tanja_Regensburg
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 1401
Registriert: 22.02.2007, 20:17
Wohnort: Regensburg
Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn

Beitrag von Tanja_Regensburg »

Ich befürchte, dass es keinen fairen Prozess geben wird, denn das (Vor-)Urteil wird ja bereits durch die Öffentlichkeit gesprochen....

Alle Berichte die ich lese zu dem Thema sprechen von Zwang und Menschenhandel.... de Verdacht hat sich bei der Razzia nicht bestätigt, aber jetzt wird er solange immer wieder wiederholt, damit auch wirklich was davon hängen bleibt.


Die Damen, mit denen ich gesprochen habe, machten nicht den Eindruck, als ob sie den Job hassen würden und unter Gewaltandrohung dazu gezwungen würden.
Der Umgang mit respektlosen Kunden wäre nicht in der Art erfolgt, die ich selbst beobachtet und gesehen habe.

Ich bezweifle nicht, dass es Frauen gibt, die mit falschen Versprechungen ins Ausland gelockt werden, und das gehört verfolgt und bestraft. Nur die Tatsache alleine, in einem Flatrateclub zu arbeiten, zwingend als Menschenhandel und Zwangsprostitution zu bewerten, ist nicht in Ordnung

LG Tanja
Das Leben genießen, sich nicht über Kleinigkeiten ärgern und großzügig sein: dann gelingt der Tag heute, und der morgige auch. Liebe und tu, was du willst. (Aurelius Augustinus)

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Prinz von Anhalt entlastet Chefin

Beitrag von ehemaliger_User »

Stuttgarter Zeitung 13.04.2010

Pussy-Club
Prinz von Anhalt entlastet Chefin
Von George Stavrakis, aktualisiert am 13.04.2010 um 18:23

Stuttgart - Beim Prozess gegen die Betreiberin des Bordells Pussy-Club in Fellbach und fünf weitere Angeklagte wegen mutmaßlichen Menschenhandels und Sozialversicherungsbetrugs hat am Dienstag Prinz Marcus von Anhalt als Zeuge ausgesagt. Der 43-jährige Metzger, der 2006 durch Adoption zum Adligen geworden ist, hatte die Räume an der Schaflandstraße an die 26-jährige Rumänin untervermietet.

In Freizeitkleidung - graue Jogginghose, silberfarbene Turnschuhe und Kapuzenjacke - sorgte der Mann, der vom Boulevard gern Prinz Prahl oder Porno-Prinz genannt wird und der selbst mehr als ein Dutzend Bordelle betreiben soll, im Gerichtssaal für Kurzweil. Als Berufsbezeichnung gab er Privatier an, auf Zeugengeld verzichtete er.

Er habe die Pussy-Club-Chefin Patricia F. kennengelernt, weil sie in einem seiner Bordelle gearbeitet habe. Drei Monate vor der Eröffnung des Clubs in Fellbach sei er mit ihr ins Geschäft gekommen. "Ich war von dem Konzept überzeugt", so von Anhalt. Sprich, der Kunde zahlt 70 oder 100 Euro und kann dann so viel und so oft Sex mit den Prostituierten haben, wie er will.

Er selbst zahle 27000 Euro Monatsmiete für die Räumlichkeiten, sagt der Prinz. An Patricia F. habe er für 40000 Euro weitervermietet - plus 600000 Euro Ablöse und 100000 Euro Kaution. Seit der Pussy-Club am 26. Juli vorigen Jahres geschlossen wurde, betreibt der Prinz das Etablissement wieder als normalen FKK-Club.

Einmal sei er im Pussy-Club in Fellbach gewesen, so von Anhalt. "Die Stimmung war gut, alle waren lustig und irgendwie sorgenfrei. Ja, echt", versichert der 43-Jährige. Und voll sei der Laden gewesen.

Die Hauptangeklagte gilt bei den Ermittlern als Strohfrau oder Statthalterin, zumal sie auch noch ähnliche Flatrate-Bordelle in Wuppertal, Berlin und Heidelberg betreibt. Das trauen ihr die Ermittler und wohl auch Ankläger und Gericht nicht zu. Besonders, seit Anfang März dieses Jahres ihre mutmaßlichen Hintermänner in Spanien verhaftet worden waren. Darunter ein 33-jähriger Rumäne, der als Kopf aller Pussy-Clubs gilt.

Er habe ausschließlich mit Patricia F. verhandelt, sagt dagegen Prinz von Anhalt. "Ich habe mit 22 Jahren mein erstes Bordell aufgemacht. Warum sollte sie das nicht können?", so der Zeuge. Die 26-Jährige spreche gut Deutsch und habe was im Kopf. Ob sie denn überhaupt für "Nachschub" bei den Prostituierten sorgen könne?

Der Prinz macht eine einfache Rechnung auf. In Rumänien würden die jungen Frauen entweder gar nichts oder vielleicht 80 Euro im Monat verdienen - im Pussy-Club 4000 Euro. Das sei Argument genug, da benötige man keinen Zwang. Und ob die Frauen tatsächlich selbstständig arbeiteten? "Das geht gar nicht anders. Als Angestellte würden sie ja sonst Urlaubsgeld und Lohnfortzahlung bei Krankheit bekommen", sagt er und klärt das Gericht gleich noch darüber auf, wie das Finanzamt die Damen mit der Pauschalbesteuerung - 25 Euro pro Tag - über den Tisch ziehe. Der Prozess wird fortgesetzt.
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Re: Prinz von Anhalt entlastet Chefin

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Wie gut daß es in Deutschland eine Justiz mit öffentlichem Verfahren gibt.

Eine Möglichkeit für Fortbildung im Sexbiz:
Betriebskalkulation eines Bordells:



Werden schätzungsweise mind. 60 Kunden pro Tag benötigt.

Das erklärt auch die unverschämt grelle Werbung.


Im SW-only: "Wie kalkuliere ich einen Bordellbetrieb":
viewtopic.php?p=79175#79175

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

2. "Pussy-Club"-Prozess

Beitrag von ehemaliger_User »

.Stuttgarter Nachrichten 30.03.2011

Stuttgart - Im Prozess gegen die Betreiber der Flatrate-Bordelle namens Pussy-Club sagt eine Nebenklägerin aus. Die 21-Jährige sagt, sie habe Angst um ihre Familie.

Die junge Rumänin, bereits Mutter eines drei- und eines fünfjährigen Kindes, ist keine leichte Zeugin. Sie kann kaum lesen oder schreiben, ihre Antworten sind mehr als einmal wirr, immer wieder versteht sie die Fragen nicht, die ihr der Vorsitzende Richter der 10. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart über die Dolmetscherin stellt. Ein Teil ihrer Aussage ist aber unmissverständlich: "Der Mann, der mich nach Deutschland gebracht hat, wohnt in Rumänien in derselben Straße wie meine Familie. Ich will nicht, dass meine Geschwister getötet werden." Dann beantwortet die Frau aus Hermannstadt aber doch weitere Fragen.

Vor Gericht stehen neun Männer und eine Frau, denen Menschenhandel, Zuhälterei, Vorenthalten von Arbeitsentgelt und Sozialversicherungsbetrug in Höhe von 2,75 Millionen Euro vorgeworfen werden. Zwei der Angeklagten sollen die Chefs der Pussy-Clubs in Fellbach, Berlin, Wuppertal und Heidelberg gewesen sein.

Zu Hause in Hermannstadt sei sie in einer Disco von einem Wachmann angesprochen worden, ob sie Arbeit in Deutschland wolle, sagt die junge Zeugin. Sie habe abgelehnt, sei dann aber gegen ihren Willen über Ungarn nach Deutschland verschleppt worden. Dort habe sie in einem Club anschaffen müssen. Sie sei blutiggeschlagen worden, mehrere Zähne seien ihr abgebrochen. Nach zwei Monaten habe man sie dann an einen Pussy-Club, offenbar in Berlin-Schönefeld, verkauft. Ende Juli 2009 machten die Behörden Razzien in allen Pussy-Clubs, die Flatrate-Puffs wurden geschlossen.

Im ersten Prozess gegen mehrere Mitarbeiter und gegen die angebliche Geschäftsführerin der Clubs - die Frau war nur vorgeschoben - war den Angeklagten kein Menschenhandel nachzuweisen. Die Urteile lauteten auf Sozialversicherungsbetrug. Im aktuellen Prozess will sich der Staatsanwalt damit nicht zufriedengeben.

Das Problem: Mit Zeuginnen wie dieser wird der Ankläger wenig Beweiskraft entwickeln können. Die 21-Jährige hat der Polizei vier verschiedene Versionen ihrer Erlebnisse erzählt - alle gelogen. "Weil ich Angst hatte", sagt sie. Zudem arbeitete sie bereits in ihrer Heimat als Gelegenheitshure. "Ich brauchte das Geld wegen meiner Kinder." Auch kann sie kaum etwas über die Angeklagten sagen. Lediglich einen Mann auf der Anklagebank identifiziert sie. Der habe ihr allerdings nichts getan. An Daten erinnert sie sich überhaupt nicht. Die Männer, die sie nach Deutschland gebracht hatten, stehen jedenfalls in Stuttgart nicht vor Gericht.

Der Prozess wird in Stammheim mit weiteren Zeugenaussagen fortgesetzt.



Die Südwestpresse Ulm schreibt:

Angst vor dem Zuhälter
ULRIKE SCHLEICHER | 19.05.2011
Stuttgart. Der Prozess um die Betreiber der Flatrate-Bordell und deren Handlanger wegen schweren Menschenhandels kommt langsam, aber gut voran. Denn trotz Angst aufgrund von Drohungen sagen die Frauen aus.

"Setz dich ins Auto, wir müssen reden", sagt der schmächtige Mann, den die heute 25-Jährige aus dem Bordell in Berlin-Schöneberg kennt. Die junge Frau tut, was er sagt und erfährt, dass er sie und ihren kleinen Sohn zwei Tage beobachtet hat, jeden Schritt. Und: "Ich soll dir von Marius (Name geändert) sagen, er entschuldigt sich für das, was dir passiert ist. Es wäre also schön, wenn du vor Gericht ein gutes Wort für ihn einlegen würdest. Wenn er frei kommt, zahlt er dir 3500 Euro." Wenn nicht, dann kämen demnächst allerdings ein paar Jungs bei ihrer Familie vorbei, fährt er fort. Ihr Herz klopft bis zum Hals. Sie weiß nicht, was sie tun soll. Dann sagt sie, sie überlege es sich bis zum nächsten Tag. Er fährt weg.

Was die junge Frau den Anwesenden der 10. Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts schildert, hört sich an wie eine Szene aus einem Fernseh-Krimi. Tatsächlich ist es aber die bittere Wahrheit. Die Rumänin ist eine der Zeuginnen in dem Prozess gegen Mitglieder einer Bande, die unter anderem wegen schweren Menschenhandels angeklagt sind. Jahrelang haben sie Frauen aus Rumänien eingeschleust und sie in Bordelle gebracht. Etablissements, die wegen ihrer menschenverachtenden Offerten "Sex so lange, so oft und wie du willst" als Flatrate-Bordell unter dem Namen "Pussy-Club" firmierten. Unter anderem in Berlin-Schöneberg, aber auch in Heidelberg und in Fellbach (Rems-Murr-Kreis).

Der Prozess hat Mitte März begonnen, und er zieht sich hin. Nicht nur, weil neun Männer auf der Anklagebank sitzen - alle gebürtige Rumänen. Auch, weil mehr als 20 Zeuginnen gehört werden. Dies mit Hilfe eines Dolmetschers, der jedes Wort übersetzt. Trotzdem sind die Rechtsanwälte Jens Rabe (Waiblingen) und Michaela Spandau (Stuttgart) zufrieden. Die beiden vertreten jeweils zwei Frauen, die als Nebenklägerinnen auftreten. "Bisher sind bis auf eine alle Zeuginnen gekommen und haben ausgesagt", fasst Rabe zusammen.

Das sei angesichts des Bedrohungspotentials, das von Handlangern der Angeklagten ausgehe, beachtlich. "Dass die Bedrohung keine graue Theorie ist, zeigt der Fall dieser Zeugin", sagt Rabe.

Nur, dass die junge Frau anders als von ihrem Peiniger erwartet auf die Drohung reagierte: Sie ging zur nächsten Polizeistation in Rumänien und schilderte den Vorfall. Die Beamten dort nahmen Kontakt zu den deutschen Ermittlungsbehörden auf. Daraufhin wurde der 30-Jährige per internationalem Haftbefehl gesucht, gefasst und wartet jetzt auf seine Auslieferung.Der Mann saß bis vor zwei Wochen noch selbst auf der Anklagebank in Stuttgart. Als "kleiner Fisch" jedoch. Einer von denen, die für die beiden Hauptangeklagten die Drecksarbeit erledigten: Geld eintreiben, Frauen kontrollieren. Weil er ein Geständnis abgelegt hatte, kam er mit einer Bewährungsstrafe davon.

Richter Claus Belling geht bei der Befragung der 25-Jährigen behutsam vor. Trotzdem merkt man der jungen Frau an, wie schwer es ihr fällt, sich an die Zeit im Flatrate-Bordell zurück zu erinnern. Ein sieben Wochen lang andauernder Alptraum. "30 bis 40 Kunden am Tag", habe sie bedient. Eine Stunde Pause. Bei Verweigerung waren Strafzahlungen fällig. Drohungen waren an der Tagesordnung. Nicht einmal die Krankheit ließen die Zuhälter gelten: "Davon stirbst du nicht." Es war ein Ausschlag - auch andere Frauen hatten ihn - der vom Unterleib an den Beinen entlangging, das rohe Fleisch war zu sehen. "Die Schmerzen waren unendlich." Heute wird sie wegen Zellveränderungen am Muttermund behandelt: Folgen eines unbehandelten Pilzes.

Die 25-Jährige lässt sich bei der Befragung im Gerichtssaal nicht beirren. Ihre Antworten sind klar und decken sich fast rundum mit den Polizeiprotokollen von vor rund zwei Jahren. Zwar hat auch sie psychologische Betreuung in Anspruch genommen, aber die traumatischen Erlebnisse haben sie nicht gebrochen."Sie ist eine Ausnahme", stellt Rechtsanwältin Spandau klar.

Die beiden Hauptangeklagten, 34 und 36 Jahre alt, schweigen bislang. Durch die belastenden Aussagen der Zeuginnen wird eine Verurteilung jedoch immer wahrscheinlicher. Laut Anwalt Rabe drohen ihnen wegen Sozialversicherungsbetrugs und schweren Menschenhandels mehr als fünf Jahre Haft
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

Benutzeravatar
Jupiter
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 893
Registriert: 13.08.2010, 09:30
Wohnort: Südbaden
Ich bin: Keine Angabe

RE: Tanja im Pussy-Club Fellbach

Beitrag von Jupiter »

Ich kann leider diesen Berichten nichts zu einem "Zeugenschutzprogramm" entnehmen.
In einem anderen Bericht hatte ja Fraences berichtet, wie dies im Kölner-Raum "funktioniert".
Wir haben hier im Südwesten ja das Problem von rivalisierden Banden (siehe viewtopic.php?p=98880#98880) u. a. wird hier die unterschiedliche Gesetzeslage Deutschland / Frankreich ausgenutzt (siehe auch viewtopic.php?t=1381)

Vielleicht ist ja bei der neuen Landesregierung demnächst ein Vorstoß sinnvoll, um ähnlich in NRW einen runden Tisch anzuregen.

Auch beim Thema "sexueller Missbrauch" hat es ja sehr lange gebraucht, bis hier gehandelt wurde (in der aktuellen Ausgabe der ZEIT ist ein Interview mit Christine Bergmann).
Auch hier greift langsam die Einsicht, dass Opferschutz sehr wichtig ist.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

Pussy Club: die Reihen werden lichter

"Fellbach und Rems-Murr-Kreis", vom 01.06.2011 02:46 Uhr

Fellbach Zwei Angeklagte sind verurteilt, sieben stehen weiter vor Gericht.
Von Frederike Poggel

Die Herren kommen in zivil, aber unauffällig sind sie nicht. Im Publikum, neben dem Staatsanwalt, zwischen den Angeklagten nehmen die Mitarbeiter des Landeskriminalamtes Platz, die zum Schutz der Zeugin ins Landgericht Stuttgart gekommen sind. Aller Augen und eine Kamera sind auf die Frau gerichtet, deren Bild überlebensgroß an die Wand geworfen wird, als sie ihre Aussage im Pussy-Club-Prozess macht; und damit diejenigen belastet, die sich seit Mitte März wegen Menschenhandels, Zuhälterei und Sozialversicherungsbetrugs in Millionenhöhe verantworten müssen.

Zwar reichen die zunächst bis Ende Juni angesetzten 24 Verhandlungstage nicht aus. Weitere wurden bis in den Herbst hinein anberaumt. Dennoch schreitet der Prozess gegen den Ring voran, der 22 Frauen aus Osteuropa zur Prostitution in Flatrate-Bordellen unter anderem in Fellbach gezwungen haben soll. Auch unter dem Druck der Aussagen, die ihre mutmaßlichen Opfer vor Gericht wiederholten, haben bisher zwei der zehn Angeklagten gestanden. Die zehnte Kammer verurteilte einen rumänischen Installateur, 28 Jahre alt, und einen 29 Jahre alten Studenten, ebenfalls Rumäne, zu Bewährungsstrafen von knapp unter zwei Jahren. Der 28-Jährige ist seither auf freiem Fuß, anders als sein Mittäter: Acht Tage nach dem Richterspruch erließ die Staatanwaltschaft Stuttgart bereits wieder internationalen Haftbefehl gegen ihn. Der Vorwurf: er suchte eine Hauptbelastungszeugin an ihrem Wohnort in Rumänien auf und verlangte, dass sie eine "gute Aussage" mache. Sonst komme er "mit den Jungs vorbei". So sagte die Frau es den Drohungen zum Trotz vor Gericht aus. Der 29-Jährige wurde gefasst, er dürfte in einem anderen Verfahren wegen versuchter Anstiftung zur Falschaussage belangt werden.

Gegen die einzige Frau auf der Anklagebank, eine 23-jährige rumänische Schneiderin, wurde das Verfahren zwischenzeitlich eingestellt. So müssen sich jetzt nur noch sieben mutmaßliche Menschenhändler verantworten. Die Reihen werden also lichter, doch auf den Verbliebenen lasten die Aussagen der Frauen schwer. Aus den Erzählungen der 20-Jährigen, die unter den wachsamen Blicken der LKA-Mitarbeiter spricht, und dem, was andere Zeuginnen vor ihr von sich gaben, setzt sich ein Bild zusammen, das selbst manchen Robenträger schockiert: Obwohl wund gescheuert, mussten die Frauen bis zu 60 Freier am Tag bedienen. Ein Typ mit Spitznamen "Godzilla" wachte im Club darüber, dass die Mädchen genug arbeiteten. Wer Pause machen wollte, wurde demnach mit Geldstrafen belegt.

Stuttgarter Nachrichten 1.6.2011
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Mutmaßliche Chefzuhälter weiter vor Gericht

Beitrag von ehemaliger_User »

Pussy Club in Fellbach
Mutmaßliche Chefzuhälter weiter vor Gericht

Frederike Poggel, vom 12.08.2011 11:22 Uhr

Fellbach - Ein weiterer Mammutprozess stand zu befürchten, als das Verfahren über Flatratebordelle im März am Landgericht begann. Doch entgegen mancher Erwartung zeichnet sich nicht ab, dass diese Verhandlung auch nur annähernd so umfangreich wird wie der Mordprozess gegen Mitglieder der Jugendbande Black Jackets: gegen eine von zehn Angeklagten wurde das Verfahren eingestellt, sechs Männer sind bereits wegen Zuhälterei und Menschenhandels verurteilt worden. Das Gericht hat ihnen nachgewiesen, junge rumänische Frauen unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und hier in schummerigen Etablissements namens Airportmuschies oder FKK-Oase zur Prostitution gezwungen zu haben.

Zuletzt wurden jetzt drei Männer zu Haftstrafen zwischen zweieinhalb und knapp fünf Jahren verurteilt, die den Fließbandbetrieb der Billigbordelle maßgeblich am Laufen gehalten haben. Einer von ihnen, ein bulliger Typ, trägt als Kurzform von Godzilla den Spitznamen "Gozi". Er ist der Verlobte der berüchtigten Patricia F., die bis zu ihrer Verhaftung im Juli 2009 unter anderem die Geschäfte im Pussy Club in Fellbach führte. Um sie zu ersetzen, wurde Gozi nach Berlin geschickt - als "kleiner Chef", wie sein Rechtsanwalt Matthias Sigmund ihn in seinem Plädoyer bezeichnet hat. Gozi muss jetzt für vier Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Verteidigung, Kammer und Staatsanwalt hatten sich auf dieses Strafmaß verständigt.

Menschenhandel und Sozialversicherungsbetrug

Während die Kammer also auch diesen Fall zu den Akten legen kann, müssen die drei mutmaßlichen Chefzuhälter nach der Sommerpause im September wieder vor Gericht erscheinen: Das Verfahren gegen das Trio wird abgetrennt. Neben Menschenhandel und Zuhälterei wird zweien von ihnen auch noch Sozialversicherungsbetrug in Millionenhöhe zur Last gelegt, weil sie die jungen Rumäninnen nicht ordnungsgemäß angemeldet haben sollen.

Bei dem Trio handelt es sich um einen 35 Jahre alten Rumänen, der sich selbst als Journalisten bezeichnet; um einen 37-Jährigen Familienvater, der wegen einschlägiger Taten bereits drei Jahre und drei Monate im Gefängnis saß; und um dessen Cousin, einen Elektriker aus Rumänien, 28 Jahre alt. Teilweise haben sie über ihre Verteidiger Erklärungen abgegeben oder Angaben zur Person gemacht.

Ein umfassendes Geständnis ist das nicht. Und weil darüber hinaus sehr schwer zu beweisen sein wird, in welcher Höhe Sozialbeiträge vorenthalten wurden, dürfte sich dieses separate Verfahren in die Länge ziehen. Überhaupt: sind Zuhälter mit Arbeitgebern gleichzusetzen und müssen sie die Prostituierten wirklich anmelden? "Da betreten wir ein Minenfeld ohne einheitliche Rechtsprechung", sagt der Verteidiger Manfred Sohn.

Ungeachtet dessen lautet die Zwischenbilanz von Rechtsanwalt Matthias Sigmund zum Pussy-Club-Verfahren: "Es gab einen langsamen, aber stetigen Fortgang." Dabei hätte es durchaus anders laufen können. Schließlich hatte die 10. Wirtschaftsstrafkammer unter dem Vorsitz von Richter Claus Belling es mit zehn Angeklagten zu tun, die in verschiedenen Konstellationen und über Monate hinweg Frauen quer über Deutschland verteilt zur Prostitution gezwungen haben.

Dass man gut vorangekommen ist, war zum einen Verdienst der Strafkammer, die Absprachen zwischen den Prozessbeteiligten befördert hat. Zum anderen haben die Rechtsanwälte weitgehend auf eine sogenannte Konfliktverteidigung mit umfangreichen Beweis- oder Befangenheitsanträgen verzichtet - anders als dies beim erwähnten, langwierigen Verfahren um die Black Jackets der Fall ist.

Stuttgarter Zeitung 12.08.11
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

Da haben die FIZ-Frauen mal richtig was zu tun:

"Die Frauen haben eine Wahnsinnsangst"
Stuttgart - Falsche Versprechungen, schlechte oder gar keine Bezahlung, schlimme hygienische Zustände, psychischer und physischer Druck - so sieht der Alltag vieler junger Prostituierter aus Rumänien aus. Das Fraueninformationszentrum (FIZ) betreut die Frauen, die gegen ihre Peiniger vor Gericht aussagen.

"Die meisten Frauen haben eine Wahnsinnsangst", sagt Doris Köhncke, Leiterin des FIZ und zuständig für die Fachbereiche Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung und Öffentlichkeitsarbeit. Sie und ihre Kollegin Claudia Robbe haben die Ermittlungen gegen die Betreiber der Billigbordelle namens Pussy Club von Anfang an hautnah miterlebt. "Wir sind im Juli 2009 von der Polizei informiert worden, dass bundesweit Razzien in den Pussy Clubs bevorstehen", sagt Sozialarbeiterin Claudia Robbe.

Also waren sie und ihre Kolleginnen bei der Razzia in Fellbach dabei. Dort trafen sie auf 89 rumänische Frauen, die in dem Flatrate-Puff angeschafft hatten. "Eine 18-Jährige, die aussagen wollte, haben wir geschützt untergebracht", so Robbe. Die junge Frau habe aber jede Menge Anrufe und Textmitteilungen von ihren Kolleginnen bekommen, sie solle schweigen - was sie dann auch tat. Bei anderen Frauen hatten die Behörden unter Mithilfe der FIZ-Leute mehr Glück. "Im zweiten Pussy-Club-Prozess haben wir bis jetzt zwölf Frauen an 23 Prozesstagen betreut", sagt Doris Köhncke. Ein Knochenjob.

Ganztagesbetreuung für Prostituierte

Vor der 10. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart mussten sich zu Beginn der Hauptverhandlung neun Männer und eine Frau wegen Menschenhandels, Zuhälterei und Sozialversicherungsbetrugs in Millionenhöhe verantworten. Inzwischen sitzen nur noch die drei mutmaßlichen Hintermänner auf der Anklagebank. Die anderen Männer wurden zu Gefängnisstrafen bis zu knapp fünf Jahren verurteilt, das Verfahren gegen die junge Frau wurde eingestellt.

"Dass so viele Mädchen den Mut aufbringen, in dem Prozess auszusagen, ist großartig", sagen die FIZ-Frauen Robbe und Köhncke. Denn das sei kein Selbstläufer, die Mädchen müssten intensiv betreut werden. Das Landgericht bucht und bezahlt die Flüge von Rumänien nach Stuttgart, die rumänische Polizei holt die Zeuginnen ab und setzt sie in den Flieger, die deutsche Polizei holt sie in Stuttgart ab und bringt sie ins Fraueninformationszentrum an der Urbanstraße. "Hier erklären wir ihnen dann, was auf sie zukommt", so Prozessbegleiterin Robbe.

Das FIZ sorgt für sichere Unterkünfte, bietet eine Ganztagesbetreuung und kleidet, falls notwendig, die Zeuginnen neu ein.

"Für die Frauen ist es unheimlich belastend, den Angeklagten gegenüberzutreten", sagt Claudia Robbe. Sie machten sich nicht nur Sorgen um sich selbst, sondern auch um ihre Angehörigen in Rumänien, die mit Drohungen überzogen würden. Ein ehemaliger Angeklagter aus dem Pussy-Club-Prozess, der mit einer Bewährung davongekommen war, wusste nichts Besseres, als sofort in ein rumänisches Dorf zu fahren. Dort bedrohte er eine junge Frau, die eine Woche später in Stuttgart aussagen sollte. Der Mann wurde festgenommen und sitzt in Stuttgart wieder in U-Haft.

Ein anderer Fall: Eine aussagewillige Zeugin, die für die Macher der Billigbordelle ihren Körper verkauft hatte, stammt aus einem rumänischen Familienclan, der mit einem anderen Clan in Fehde steht. Ein Angeklagter stammt aus dem zweiten Clan. "Es ist zu befürchten, dass die Familie der Täterseite zum Gegenschlag gegen die Familie der Zeugin ansetzt", sagt Doris Köhncke. Es sei klar, dass just diese Zeugin nicht mehr zurück nach Hause könne.

Auch konkret im Gerichtssaal sind die FIZ-Betreuerinnen massiv gefordert. Eine junge Zeugin erlitt nach stundenlanger Vernehmung einen epileptischen Anfall, eine andere wurde ob der zahllosen Fragen der Verteidigung sage und schreibe sieben Tage vernommen. "Das ist überaus anstrengend - für die Frau und für uns", sagt Claudia Robbe.

"Hepatitis fast schon normal"

Das FIZ sorgt auch für medizinische Versorgung. "Bei den meisten rumänischen Frauen, die wir im Rahmen des Pussy-Club-Prozesses begleiten, ist eine chronische Hepatitis fast schon normal", sagt Doris Köhncke. Bei einem Mädchen sei eine Schwangerschaft festgestellt worden. "Sie wusste gar nichts davon", so Köhncke.

Am Tag nach ihrer Aussage werden die meisten Frauen wieder ins Flugzeug nach Rumänien gesetzt. "Man entlässt sie dorthin zurück, wo sie hergekommen sind - in die gleiche wirtschaftliche Not, in den gleichen Schlamassel", sagen Robbe und Köhncke. Das belaste schon sehr.

Zwar stünde das Fraueninformationszentrum in enger Verbindung mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in Rumänien, die den Frauen zu helfen versuchten. "Aber viele von ihnen tauchen bald wieder irgendwo in Europa in der Prostitution auf", sagt Doris Köhncke.

Stuttgarter Nachrichten 31.8.11
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

FIZ macht weiter Stimmung:

Stuttgarter Zeitung 24.10.2011

Pussy-Club-Prozess
"Die Frauen sind fix und fertig"
Frederike Poggel, vom 24.10.2011 06:42 Uhr

Stuttgart - Die Unterarme auf den Tisch gestützt, wirkt die Zeugin zerbrechlich. Die Glitzersteine, die sich auf dem pinkfarbenen Shirt zu einem kleinen Hund formen, heben und senken sich, als sie spricht. Es fällt der 22-Jährigen nicht leicht, vor Gericht über die Zeit im Pussy-Club in Berlin zu sprechen, einem Billigbordell, in dem sie Männer unter üblen hygienischen Zuständen im Minutentakt bediente. Vor ihr, erhöht, sitzen die Richter in ihren schwarzen Roben. Hinter ihr, vielleicht ist das noch einschüchternder, die Männer, die ihr das angetan haben sollen.

Sie stehen wegen Menschenhandels, Zuhälterei und Sozialversicherungsbetrugs in Millionenhöhe vor dem Landgericht Stuttgart. Die Aussagen der Zwangsprostituierten, die sie mit falschen Versprechungen aus Rumänien unter anderem nach Fellbach, Heilbronn und Berlin gelockt haben, sollen die Beweise gegen sie erhärten. Von den einst zehn Angeklagten müssen sich noch drei mutmaßliche Drahtzieher verantworten. Ein Verfahren wurde eingestellt, sechs Täter wurden zu Haftstrafen verurteilt - nicht zuletzt dank der Aussagen vieler junger Frauen.

Der Zeugin fällt die Aussage schwer, sie ist unkonzentriert, nervös, aber nicht allein. Neben ihr sitzt Claudia Robbe vom Stuttgarter Fraueninformationszentrum, kurz FIZ. Die Sozialpädagogin kennt sich aus. Sie hat sich berufsbegleitend zur Prozessbegleiterin ausbilden lassen und saß neben vielen der zwölf Zeuginnen, die in dem Verfahren bisher aussagten.

Sie schämen sich für das, was sie tun mussten

Einen Tag vor ihrer Vernehmung landen die Frauen in Stuttgart: ohne ein Wort Deutsch, ohne Hotelzimmer, ohne den Funken einer Ahnung, was sie in einem deutschen Gericht erwartet. Sie wissen nichts von ihren Rechten, ihren Pflichten, dass sie als Nebenklägerinnen auftreten können. "Vor allem wissen sie nicht, dass sie den Tätern begegnen", sagt Claudia Robbe.

"Fast alle sind sie traumatisiert. Wenn dann ein Verteidiger sie hart rannimmt und fragt, warum sie mit 40 Männern am Tag Sex hatte, muss ich schauen, wie ich sie wieder halbwegs stabil kriege", sagt Robbe. "Teilweise sind die Frauen nach den Vernehmungen völlig fix und fertig." Manche reagieren extrem: eine der Zwangsprostituierten, die aufgrund einer Verwechslung bei der Bordellrazzia monatelang unschuldig in Haft saß, [wo war da FIZ? Haftprüfung???] erlitt mitten in der Befragung aus Panik einen epileptischen Anfall. Dazu tun sich viele Frauen schwer, die Praktiken in den Flatratebordellen klar beim Namen zu nennen. Sie schämen sich für das, was sie tun mussten.

Manche der Frauen sind auch eingeschüchtert durch die Kommentare, die die Angeklagten in ihrem Rücken ihnen zuraunen. Sie haben Angst, zu Recht: die Familie einer Zeugin wurde in Rumänien von einem ehemaligen Angeklagten im Pussy-Club-Verfahren, der mit einer Bewährung davongekommen war, bedroht. Eine andere Zeugin kann nicht zurück zu ihren zwei Töchtern und ihrer Mutter, weil dort Angehörige mehrerer Verurteilter leben.

"Von Sex war nie die Rede"


Um sie zu schützen, wird vor Gericht der Wohnort der 22-Jährigen nicht angegeben. Sie benennt keinen der Angeklagten konkret als Täter, obwohl sie zumindest den wiedererkennen sollte, der sie von Rumänien nach Deutschland gefahren hat. Dieser Nachbar eines Exfreundes habe ihr angepriesen, als Begleitdame in Deutschland 1200 Euro die Woche zu verdienen. "Von Sex war nie die Rede. Aber als ich dann hier war, musste ich arbeiten: für die Fahrt hatte ich Schulden bei ihm."

Was sie vor Gericht erzählt, hören auch die Prozessbegleiterinnen zum ersten Mal. Sie sprechen nicht über die Inhalte des Verfahrens, sondern helfen den Frauen praktisch: kümmern sich um eine Unterkunft; gehen shoppen, wenn die Zeuginnen nichts für eine Verhandlung Passendes eingepackt haben; organisieren auch mal ein Freizeitprogramm für die Rumäninnen, die hier niemanden kennen. Und sie kümmern sich um die medizinische Versorgung der Frauen, die fast alle unter chronischer Hepatitis leiden, sich einen Arztbesuch in ihrer Heimat aber nicht leisten können.

Nach den paar Tagen in Deutschland geht es für die Frauen dann meist zurück in ihre Heimat. In die gleiche Misere, aus der sie einst auszubrechen versuchten, als sie den falschen Versprechungen der Zuhälter erlagen. So schwer es den Betreuerinnen vom FIZ auch fällt: ihr Job ist damit getan.

FIZ Das Fraueninformationszentrum, kurz FIZ, gibt es seit 24 Jahren. Es wird getragen vom Verein für Internationale Jugendarbeit. Er ist der Diakonie angegliedert. Die vier Mitarbeiterinnen sitzen mitten im Gerichtsviertel.

Aufgaben Das FIZ berät nicht nur Frauen, die Opfer von Menschenhändlern und sexueller Ausbeutung wurden. Auch Frauen aus dem Ausland, die einen Deutschen geheiratet und Probleme mit ihrem Ehemann haben, wenden sich mit Fragen zu Aufenthaltsrecht und Unterhaltszahlungen ans FIZ.

FairCare Ganz neu ist die Beratung für osteuropäische Betreuungskräfte, die hier oft illegal und 24 Stunden am Tag im Haushalt helfen und Senioren betreuen. Eine neue Stelle vermittelt Hilfskräfte zu legalen Bedingungen
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Kommentar

Beitrag von Marc of Frankfurt »

"Von Sex war nie die Rede"
Das ist auch das Problem oder sogar die Mit-Schuld des Sexualitäts- und Prostitutionstabus.

Unter erwachsenen Leuten (Sexarbeiter-Migrantin-Aspirantin, Sexworker, Vermittler, Agenturchefin) werden die sexuellen Fakten selten explizit benannt. Weil Sex und Prostitution ist allen Erwachsenen bekannt. Davon wird schlicht ausgegangen. Informationen über diverse Jobs und Jobprobleme werden über Freundesnetzwerke und Mundpropaganda großflächig international transportiert (Reisen, Web, TV, Handy).
"Dazu tun sich viele Frauen schwer, die Praktiken in den Flatratebordellen klar beim Namen zu nennen. Sie schämen sich für das, was sie tun mussten*)."


Vor den Richtern in körperlanger schwarzer Robe und in einer formalisierten Öffentlichkeit, die für die nicht-prostitututive, a-sexuelle Welt stehen, ist das auch eine kaum zu unterschätzende mentale Herausforderung. Geradezu eine Traumatisierung an sich. Eine mentale Hürde wie der Ausstieg aus der Sexarbeit www.sexworker.at/exit

*) "mussten" ???
- weil sie einem (oft nur mündlichen) Arbeitsvertrag und dem tatsächlich-beobachteten Ablauf im Bordellbetrieb zugestimmt haben
(durch konkludentes (schlüssiges) Handeln d.h. durch mitmachen bzw. dabeibleiben; vorausgesetz es gab keine vergitterten Fenster, Fußfesseln und verbotenen, unsichtbaren Zwang, was in einem sog. "öffentlichen Hurenhaus" dann selten der Fall ist, wenn der Betrieb legal ist. Aber hier soll ja gezielt das all-inklusive Geschäftsmodell verboten werden)
- weil sie schnell viel Geld verdienen wollten
- ob es verbotener "Zuhälter-Zwang" war (Gewalt, Androhung, Ausbeutung im strafrechtlichen statt ökonomischen Sinne...), wird nicht ganz einfach herauszufinden sein (einfach ist es bei Verstoß gegen die Sonderschutz-Alters-Grenze für Prostitutions-Migration: 21 Jahre).
- Das "mussten oder wollten" herauszufinden ist ja die Aufgabe des Straf-Prozesses, und die soll nicht von den Medien vorweggenommen werden. (Auch wenn diese Form von LITIGATION PR immer poppulärer wird, selbst für NGOs der evangelischen Kirche, die quasi das Marktführerschaft bei öffentlich finanzierten Prostitutionsberatungsstellen hat.)
"mit falschen Versprechungen [...] gelockt"
Das ist Hinweis auf das Vorliegen eines arbeitsrechtlichen Problems in der Prostitution. Jedoch wird zu freizügige Prostitution immer noch diskriminierenderweise mit dem Strafgesetzbuch bekämpft. Da wird man sich dann wohl kaum auf allgemein verbreitete wirtschaftliche Umgangsformen berufen können wie das etwa in anderen Branchen bei Prozessstreit gehandhabt würde.

> "Vor allem wissen sie nicht, dass sie den Tätern begegnen"
So naiv sollte man die Migrantinnen m.E. nicht darstellen (Parternalismus-Falle). Oder wurden die Frauen auch von Gericht, Polizei oder Hilfsorganisationen belogen oder ausgenutzt (siehe: "unschulig monatelang in Haft")?





Wenn schon in unserer Kultur nicht offen über Details von Sex, Geld und insbesondere Sex-gegen-Geld gesprochen wird, so gibt auf versteckte Vertrags- oder Produkteigenschaften zumindest Hinweis die sog. Signalfunktion Preis. D.h. die herausstechende Höhe des Honorars (Rendite, Preis) besagt, um was es sich handelt oder handeln kann:
- eine risikoreiche Tätigkeit (Investment mit Ausfallrisiko)
- eine geheime Geldverdienmasche (vgl. Schwarzmarkt, Schattenwirtschaft)
- eine nicht versicherungsfähige Tätigkeit
- eine moralisch nicht hoch angesehene Tätigkeit (vgl. Tabu)
- eine illegale Tätigkeit
- evt. eine Ausbeutungsmethode (Abzocke)
- ein Gesundheitsrisiko
- ...

Letztlich sind es dieselben Überlegungen, die Erwachsene bei Geldanlage, Kaufentscheidungen oder Berufswahl anstellen.





Linkübersicht Flatrate:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=91103#91103 (Beginn 2. Prozess 26.11.2010)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=84213#84213 (Urteil 1. Prozess 23.07.2010)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=61383#61383 (Brief an Kanzlerin, Anzeige DC)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=61942#61942 (Razzia Blog, 26.07.2009)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=58196#58196 (Lokalnachrichten Stuttgart & Baden-Württemberg)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=4860 (Lokalnachrichten Wuppertal)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=4900 (Tanja's Besuch im Pussy Club) -hier-
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=4880 (Tanja's Planung)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=4892 (PC, SW-only)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=4812 (Flatrate, SW-only)
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=66334#66334 (SOLWODI's Kampf)

Benutzeravatar
Arum
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 961
Registriert: 01.06.2009, 13:35
Wohnort: Niederländische Grenzregion
Ich bin: Keine Angabe

Re: 2. "Pussy-Club"-Prozess

Beitrag von Arum »

          Bild
ehemaliger_User hat geschrieben: Die Südwestpresse Ulm schreibt:

[...] Jahrelang haben sie Frauen aus Rumänien eingeschleust und sie in Bordelle gebracht. Etablissements, die wegen ihrer menschenverachtenden Offerten "Sex so lange, so oft und wie du willst" als Flatrate-Bordell unter dem Namen "Pussy-Club" firmierten.
Das "Jahrelang" stimmt an sich natürlich nicht: Der Pussy-Club hat ja kein ganzes Jahr funktioniert. Überdramatisierung.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

Benutzeravatar
Arum
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 961
Registriert: 01.06.2009, 13:35
Wohnort: Niederländische Grenzregion
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Arum »

Dieser schon etwas älterer Bericht scheint im Forum zu fehlen, wenn ich mich nicht irre:


Drei Jahre Haft für die Chefin des Pussy-Clubs

Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 24.07.2010

Gericht Angeklagte räumen die Scheinselbstständigkeit der Dirnen ein. Von Susanne Janssen

Nach 22 Verhandlungstagen ist der Prozess zu einem wenig spektakulären Ende gekommen: Patricia F., die 27-jährige Chefin der Bordelle in Fellbach, Heidelberg, Wuppertal und Berlin-Schönefeld, muss wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt für drei Jahre ins Gefängnis. Ein Kompagnon wurde zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt, ein weiterer bekam zwei Einzelstrafen unter zwei Jahren, sein Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt.

Der Vorsitzender Richter der 6. Strafkammer, Andreas Arndt, stellte von vornherein klar, dass das Gericht nicht über die Legalität von Flatratesex zu entscheiden habe. Auch der Vorwurf des Menschenhandels habe sich nicht erhärtet und sei deshalb eingestellt worden. "Es ging lediglich darum, dass die Prostituierten abhängig beschäftigt waren und nicht als selbstständige Unternehmerinnen", sagte Arndt. Deshalb seien rund 2,3 Millionen Euro Sozialbeiträge hinterzogen worden.

[Fragt sich nur, was denn genau der Unterschied wäre zwischen "Menschenhandel" und "abhängiger Beschäftigung", Arum]

Die Frauen - in Heidelberg, Berlin und Wuppertal arbeiteten täglich rund 20 Prostituierte, in Fellbach etwa 70 - bekamen für ihre Dienste in den Pussy-Clubs etwa 150 Euro täglich. Dafür mussten sie den Männern unbeschränkt zu Diensten stehen - mit dem Konzept der Flatratebordelle hatten die Betreiber einen enormen Erfolg. In einer Großrazzia Ende Juli 2009 hatte die Polizei die vier Clubs vorübergehend geschlossen - wegen hygienischer Mängel und fehlender Sozialversicherungsbeiträge. Der Pussy-Club in Heidelberg hat sein Angebot inzwischen geändert, auch in Fellbach gibt es keinen Flatratesex mehr.

Der Vorsitzende Richter erklärte, die Frauen seien in dem Etablissement nicht zur Prostitution gezwungen worden. Es hätten fast ausschließlich Rumäninnen dort gearbeitet, und die dürften laut Gesetz bisher nur als Selbstständige in der Bundesrepublik tätig sein. Davon sei aber in den Pussy-Clubs keine Rede gewesen: "Die Frauen bekamen ihre Arbeitszeiten vorgegeben, und die Geschäftsführerin selbst hat in einer Pressemitteilung erklärt, die Frauen würden kein unternehmerisches Risiko tragen" - ein Satz, den sie wohl bereue.

Drei weitere Angeklagte wurden wegen Beihilfe verurteilt. Die Leiterin des Heidelberger Clubs bekam anderthalb Jahre auf Bewährung, eine 22-Jährige, die in Fellbach die Chefin vertreten hatte, neun Monate. Ein Werbekaufmann, der die Pressearbeit übernommen hatte, wurde verwarnt: "Sie wären gerne stärker eingestiegen, aber Sie blieben Externer", meinte der Richter. Die Angeklagten hatten ihre Tatbeteiligung nach Absprachen zwischen den Prozessbeteiligten über das Strafmaß eingeräumt.

Patricia F. und die Mitbetreiber gehörten für die Richter zum Leitungsteam in Deutschland. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen die Hintermänner - mehrere Männer in Rumänien, Deutschland und Spanien wurden festgenommen.

http://content.stuttgarter-zeitung.de/s ... clubs.html
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von fraences »

Pussy-Club in Fellbach
Wende im Prozess um Flatrate-Sex


Ein Ende zeichnet sich im Prozess um den Pussy Club vorerst nicht ab.

Stuttgart - Seit März beschäftigt das Verfahren um Flatrate-Bordelle wie den Pussy Club in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) das Stuttgarter Landgericht, ein Ende zeichnet sich - anders als erwartet - vorerst nicht ab. Zwar hat der mutmaßliche Hauptdrahtzieher weitgehend gestanden, am Menschenhandel mit osteuropäischen Frauen und Sozialversicherungsbetrug in Millionenhöhe beteiligt gewesen zu sein. Nach einer Absprache zwischen den Prozessbeteiligten hätte der 35-jährige Rumäne in dieser Woche zu acht Jahren Haft verurteilt werden sollen. Doch ob es dazu kommt und sein Geständnis überhaupt als solches gewertet wird, ist unklar. Überraschend stellt sich jetzt die Frage: Ist der Angeklagte überhaupt schuldfähig?

In der vergangenen Woche ist der Mann von der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall in das Justizkrankenhaus Hohenasperg verlegt worden. Es besteht der Verdacht, dass er unter einer schizophrenen Erlebnisverarbeitung leidet. Die Hände in Spezialhandschuhen gebunden und mit Bauchgurt fixiert, wird der Angeklagte in den Sitzungssaal geführt. Erst als er zusichert, sich ruhig zu verhalten, lässt der Richter ihm die Fesseln abnehmen.

Schwer gefesselt sitzt er auf der Anklagebank

Der Anlass zu der vorläufigen Diagnose Schizophrenie haben verschiedene Zwischenfälle gegeben. Mehrfach gab es Auseinandersetzungen zwischen dem Angeklagten und seinen Mitgefangenen. Auf der Anklagebank schlug er einen seiner mutmaßlichen Komplizen, er beschimpfte seine Anwälte und geriet zuletzt mit einem Litauer aneinander, der sich wegen Diebstahls von Navigationsgeräten verantworten muss.

Möglicherweise sei die Erkrankung, so denn eine vorliegt, im Zuge der seit mehr als eineinhalb Jahren andauernden Untersuchungshaft entstanden, sagt sein Verteidiger Werner Haimayer. Der ärztliche Direktor des Klinikums Hohenasperg, Hans Bisson, soll den 35-Jährigen jetzt begutachten und klären, ob er schuldfähig und fit genug ist, der Verhandlung zu folgen.

Das vorerst letzte Verfahren im Zusammenhang mit den Billigbordellen, die der Ring unter anderem auch in Berlin, Heilbronn und Schifferstadt betrieben hat, richtet sich außer gegen den 35-jährigen Rumänen noch gegen zwei seiner Landsleute. Ursprünglich waren neun Männer und eine Frau angeklagt, 22 Rumäninnen mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und zur Akkordabfertigung von bis zu 60 Freiern am Tag gezwungen zu haben. Das Verfahren gegen die Frau wurde eingestellt, die Männer sitzen bereits Haftstrafen von bis zu knapp fünf Jahren ab.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhal ... 39df8.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: Tanja im Pussy-Club Fellbach

Beitrag von fraences »


Prozess um Flatrate-Bordelle zieht sich hin


Stuttgart. Der Hauptdrahtzieher und zwei andere Angeklagte sind noch nicht verurteilt: Seit März zieht sich der Prozess gegen die Betreiber der Flatrate-Bordelle wegen Menschenhandels und Sozialversicherungsbetrugs hin.
Insgesamt neun Angeklagten wird seit März wegen Menschenhandels mit osteuropäischen Frauen und Sozialversicherungsbetrugs in Millionenhöhe beim Landgericht in Stuttgart der Prozess gemacht. Es geht um die so genannten Flatrate-Bordelle wie den Pussy-Club in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) oder Heidelberg. Etablissements, die wegen ihrer menschenverachtenden Offerten "Sex so lange, so oft und wie du willst" in den Blick der Öffentlichkeit gerieten und inzwischen geschlossen worden sind.
Fünf Angeklagte - sie sind auf Absprachen zwischen Staatsanwaltschaft, Gericht und Verteidigung eingegangen - wurden inzwischen zu Haftstrafen bis zu fünf Jahren verurteilt. Gegen eine weitere 23-jährige Angeklagte wurde das Verfahren eingestellt.
Jetzt stehen noch drei vor Gericht: Der mutmaßliche Hauptdrahtzieher, ein 35-jähriger Rumäne, sowie zwei Landsmänner, ein 37-jähriger Werkstattschlosser und ein 29-jähriger Elektriker. Die drei - zwei von ihnen drohen bis zu acht Jahren Haft - wollen sich auf Absprachen bisher nicht einlassen. "Es sind im Januar nochmal neun Verhandlungstage angesetzt", informiert Rechtsanwalt Jens Rabe aus Waiblingen, dessen Kanzlei Zeuginnen als Nebenkläger vertritt, auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE.
Hinzu kommt, dass der 35-Jährige Ende November plötzlich wegen auffälligen Verhaltens in das Justizkrankenhaus Hohenasperg verlegt wurde. "Es bestand der Verdacht, dass er schizophren ist", sagt Rabe. Er sei gegenüber Mitgefangenen aggressiv geworden und habe über starke Kopfschmerzen geklagt, ergänzt seine Kollegin Michaela Spandau aus Stuttgart, die ebenfalls eine Frau in der Nebenklage vertritt.
Der vom Gericht bestellte Gutachter Hans Bisson, ärztlicher Direktor in Hohenasperg, konnte die Krankheit allerdings nicht bestätigen. Wenn, dann bestehe eine "wahnhafte Störung" in Folge der U-Haft, die bereits seit mehr als einem Jahr dauert. Währenddessen lebte der 35-Jährige weitgehend isoliert. Bisson hält den Mann für verhandlungsfähig. Er könne dem Verfahren folgen. "Trotzdem wird sich der Prozess weiter hinziehen", befürchtet Rabe. Denn das Geständnis, das der 35-Jährige vor seinem Krankenhausaufenthalt abgelegt hatte, hat er inzwischen widerrufen.
Dass das derzeit letzte Verfahren um die Flatrate-Bordelle sich so hinzieht, sei nicht ungewöhnlich, sagt Michaela Spandau. "Es ist komplex." Abgesehen von zig Beweismittel-Anträgen seitens der Verteidiger und einem Befangenheitsantrag, der jüngst gestellt, aber von der Kammer abgeschmettert wurde, zogen sich auch die Befragungen der mehr als 20 Zeuginnen hin.
Sie sprechen kein Deutsch, sie sind oft noch traumatisiert von dem Erlebten - und sie haben berechtigterweise Angst vor ihren ehemaligen Zuhältern. So spürte ein Handlanger der Bande etwa eine 25-Jährige in Rumänien auf, die vor Gericht als Zeugin aussagen sollte. Sie solle ein gutes Wort für einen der Angeklagten einlegen, sonst drohe ihrer Familie Schlechtes. Sie war in dem Flatrate-Bordell in Berlin-Schöneberg zur Prostitution gezwungen worden.
Dass sie sich trotzdem zur Aussage entschloss, sei "beachtlich", sagte der Richter damals bei der Verhandlung im Mai. Laut Michaela Spandau sind trotz der angespannten Situation bisher alle Zeuginnen auch gekommen. Nun steht nur noch eine aus.

http://www.swp.de/ulm/nachrichten/suedw ... 19,1278311
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

Pussy-Club-Prozess
Wegen Menschenhandels verurteilt
Kathrin Wesely, vom 07.02.2012 16:00 Uhr

Stuttgart - Seit fast einem Jahr beschäftigt das Verfahren um die sogenannten Flat­ratebordelle, zu denen auch der Pussy-Club in Fellbach gehört hat, das Stuttgarter Landgericht. Am Dienstag, dem 63. Verhandlungstag, ist einer der drei letzten von ursprünglich zehn Angeklagten verurteilt worden. Der 29-Jährige bekam - gemäß einer Absprache der Prozessbeteiligten - wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und wegen Zuhälterei eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Den größten Teil der Strafe hat der Rumäne bereits verbüßt, er sitzt seit zwei Jahren in Untersuchungshaft. Donnerstag wird der Prozess gegen zwei seiner Komplizen fortgesetzt.

Akkordabfertigung der Freier

Die drei Männer gelten als die Chefzuhälter, das Verfahren gegen sie war im Sommer von den übrigen abgetrennt worden. Es ist dies das vorerst letzte Verfahren im Zusammenhang mit den Billigbordellen, die der Ring unter anderem auch in Berlin, Heilbronn und Schifferstadt betrieben hat. Ursprünglich waren neun Männer und eine Frau angeklagt gewesen, 22 Rumäninnen mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und in "Flatratebor­dellen" zur Akkordabfertigung von bis zu 60 Freiern am Tag gezwungen zu haben.

Das Verfahren gegen die Frau wurde eingestellt, sechs Männer sitzen bereits Haftstrafen von bis zu knapp fünf Jahren ab. Bei den drei verbliebenen Angeklagten handelt es sich um einen 36 Jahre alten Rumänen, der sich selbst als Journalisten bezeichnet, einen 38-Jährigen Familienvater, der wegen einschlägiger Taten bereits drei Jahre und drei Monate im Gefängnis saß, und um dessen 29-jährigen Cousin, einen Elektriker aus Rumänien, er ist gestern verurteilt worden.

In der Zeit von April 2006 und September 2008 hat der 29-Jährige die Frauen nach Deutschland gebracht. Diese Frauen, die meisten jünger als 21 Jahre alt, waren mit ordentlichen Jobangeboten geködert worden, mussten dann aber zwangsweise in den Bordellen arbeiten. Der Verurteilte beaufsichtigte sie in dem Etablissement in Schifferstadt, später in Heidelberg. Im Laufe des Prozesses hatten etwa 20 der Frauen ausgesagt, einige belasteten den 29-Jährigen schwer. So wurde unter anderem berichtet, dass er einer abtrünnigen Frau Prügel androhte. Einer anderen, die unter starken Unterleibschmerzen litt, soll er einen Arztbesuch verweigert haben. In der Folge wurde sie unfruchtbar. Doch auch die Mitangeklagten wälzten einen Teil der Schuld auf den 29-Jährigen ab. Am 60. Verhandlungstag legte er schließlich ein Geständnis ab.

Eine der Frauen ist heute unfruchtbar

Aus Sicht von Staatsanwalt Peter Holzwarth war der Verurteilte innerhalb der Bandenhierarchie "auf der zweiten Ebene angesiedelt, direkt unter den beiden anderen", ­deren Verurteilung noch aussteht. Der Anwalt, Hans Bense, stellte seinen Mandanten hingegen als harmlosen Handlanger hin, als "Handy-Boy", der für 700 bis 800 Euro im Monat im Bordell geputzt und Einkäufe erledigt habe, während seine beiden Chefs auf der faulen Haut gelegen und das große Geld kassiert hätten: "Er dagegen hat von morgens bis abends gearbeitet."

Den beiden anderen Männern wird neben Menschenhandel und Zuhälterei auch Sozialversicherungsbetrug in Millionenhöhe zur Last gelegt, weil sie die jungen Rumäninnen nicht ordnungsgemäß angemeldet haben sollen. Sie werden am Donnerstag wieder vor Gericht erscheinen.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhal ... b05c7.html
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

Der SWR schreibt:

Haftstrafe für "Pussy-Club"-Zuhälter

...

Insgesamt rund 200 Frauen waren nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft in der Zeit von März 2008 bis Juli 2009 in den vier Bordellen beschäftigt, die meisten von ihnen seien Rumäninnen und hätten keine gültige Arbeitserlaubnis gehabt. Die Frauen hätten 100 bis 200 Euro dafür bekommen, dass sie sich einen Tag lang zur Verfügung hielten. 64 von ihnen waren laut Anklage zu der Zeit unter 21 Jahre alt. In diesen Fällen lautet die Anklage Menschenhandel, denn sie genießen laut Gesetz einen besonderen Schutz.

http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1 ... index.html
Auf Wunsch des Users umgenannter Account