Länderberichte SCHWEDEN:

Hier findet Ihr "europaweite" Links, Beiträge und Infos - Sexarbeit betreffend. Die Themen sind weitgehend nach Ländern aufgeteilt.
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Marc of Frankfurt
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Autoverkehr wg. Geschlechtsverkehr?

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Freierverbot
Warum immer mehr Männer die Öresundbrücke Richtung Kopenhagen nutzen


Alter Schwede! Und ab ins dänische Bordell


Sie gilt als Meisterstück skandinavischer Ingenieurkunst und als steinernes Symbol der Völkerverbindung: Die Öresundbrücke zwischen dem schwedischen Malmö und dem dänischen Kopenhagen, die längste Schrägseilbrücke für Straßen- und Eisenbahnverkehr.

Von Thomas Frankenfeld


Die Öresundbrücke, fertiggestellt im Juli 2000, kostete rund eine Milliarde Euro. Foto: dpa

Hamburg/London -

Doch den schwedischen Behörden ist das Bauwerk in gewisser Hinsicht etwas zu völkerverbindend. Das fast acht Kilometer lange Bauwerk hat sich nämlich zu einer Rennstrecke für schwedische Freier entwickelt, die auf der dänischen Seite ein Schäferstündchen in den Armen dortiger Huren genießen wollen.

Denn Schweden hat seit 1999 ein umstrittenes Gesetz, das den Kauf von Sex unter Strafe stellt, nicht aber den Verkauf. Die Prostituierten selber bleiben ungeschoren, ihren Freiern dagegen blühen hohe Geldstrafen und sogar Haft bis zu einem halben Jahr. Die Bescheide werden den Männern nach Hause zugestellt - was bereits zu etlichen zerrütteten Ehen geführt hat.

Wie die Londoner "Times" schrieb, nähere sich Schweden bei der Verfolgung der Freier einem orwellschen "Big-Brother-Staat". So überwache die Polizei die Eingänge zu Modell-Wohnungen und Bordellen mit Kameras und spüre den kontaktfreudigen Freiern auch mittels Lauschangriffen nach. Millionen Kronen sind in die Überwachungstechnik und das sie bedienende Personal geflossen.

Das von Frauenrechtlern frenetisch gefeierte Gesetz, das inzwischen auch von Finnland übernommen wurde und demnächst in ähnlicher Form wohl auch in Norwegen eingeführt werden dürfte, hat die schwedische Prostitution wie erwartet in den illegalen Untergrund getrieben, wo die Huren nun viel stärker Zuhältern und Menschenhändlern ausgeliefert sind. Die Geschäfte auf der Straße sind nach schwedischen Polizeiangaben um 80 Prozent gesunken - um in Spelunken und Hinterzimmern fortgesetzt zu werden. Allerdings nimmt die Polizei zugleich an, dass die Zahl der Prostituierten in Schweden von 2500 auf rund 1500 gesunken ist [- 1.000 (- 40 %)].

Auf der dänischen Seite jedoch hat sich das horizontale Gewerbe inzwischen auf die Bedürfnisse einsamer schwedischer Männer eingestellt. Allein in Kopenhagen hat sich die Zahl der Huren auf geschätzte 6.000 verdoppelt [+ 3.000 (+ 200 %)], darunter dürften auch viele schwedische "Gastarbeiterinnen" sein. Wie die "Times" schrieb, prallten bei dieser Problematik zwei unterschiedliche politische Kulturen aufeinander - die liberale dänische und die staatlich-striktere schwedische. Hier hätten zwei Wohlfahrtsstaaten ganz unterschiedliche Vorstellungen über den richtigen Weg nach Utopia.

So hat Dänemark die Prostitution bewusst entkriminalisiert, um den Frauen bessere Ausstiegsmöglichkeiten zu geben und Zuhältern das Wasser abzugraben.

Das Londoner Blatt zitierte "Carl", einen erotisch umtriebigen Schweden, der es sich im Kopenhagener "Spunk Club" wohl sein lässt, mit den Worten: "Hier fühle ich mich frei."

erschienen am 25. Juni 2008
http://www.abendblatt.de/daten/2008/06/25/898255.html





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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Schweden stellt Plan zur Bekämpfung von Prostitution vor

© AP
(PR-inside.com 16.07.2008 16:22:11)


Stockholm (AP) Die schwedische Regierung verstärkt den Kampf gegen die Prostitution und will dafür 210 Millionen Kronen (22,1 Millionen Euro) bereitstellen.

Mit dem Geld soll besser gegen Freier vorgegangen werden, außerdem sollen Rehabilitationszentren für Prostituierte und Opfer von Menschenhandel ausgebaut werden. Außerdem soll die Aufmerksamkeit von Beschäftigten in Krankenhäusern und im Sozialdienst für mutmaßliche Fälle von Prostitution und Menschenhandel geschärft werden.

Entsprechende Einzelheiten eines 36 Punkte umfassenden Plans nannte Justizministerin Beatrice Ask am Mittwoch.

Nach schwedischem Recht ist nicht das Anbieten sexueller Dienstleistungen strafbar, sondern deren Inanspruchnahme gegen Geld. Demnach stehen die Freier im Visier der Justiz, nicht die Prostituierten.

http://www.pr-inside.com/de/schweden-st ... 706359.htm





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CK
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Beitrag von CK »

22,1 Millionen Euro ?!!! Also mal ganz kalt gesagt, mich würde als Steuerzahler ja allein schon diese sinnlose Verschwendung meiner Steuergelder zur Verfolgung harmloser Freier aufregen.

Schweden driftet aber ohnehin immer mehr Richtung Überwachungsstaat, auch was die Regulierung des Internets und die Kontrolle der ins Ausland versendeten E-Mails angeht ...

Leider denken zuviele Menschen in Westeuropa immer noch, gerade der Wohlfahrtsstaat Schweden sei ein tolles Modell. :011

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Zwerg
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Schweden: Run auf Sex-Toys aus der Apotheke

Beitrag von Zwerg »

Frauen müssen nicht mehr auf Pornoshops zurückgreifen - Vorerst keine Angebote für Männer

Stockholm - Schwedische Apotheken entwickeln sich überraschend schnell zu Umschlagplätzen für Sex-Spielzeug. Wie der Fernsehsender SVT in Stockholm berichtete, machen mehr als doppelt so viele Skandinavierinnen als erwartet von der Ende Juni eingeführten Möglichkeit Gebrauch, Dildos und andere Hilfsmittel für den weiblichen Bedarf bei ihrer ApothekerIn statt in Pornoshops zu kaufen.

"Sex- und Lustprodukte"

Sowohl am Ladentisch wie auch mit Bestellungen im Internet habe sich diese Initiative als Renner erwiesen, sagte eine Sprecherin des Apothekerverbandes. Bei der Auswahl der offiziell als "Sex- und Lustprodukte" eingestuften Gerätschaften lassen sich die etwa hundert beteiligten Apotheken von Schwedens "Reichsverband für sexuelle Aufklärung" (RFSU) beraten.

Angebot für Männer lässt auf sich warten

Für Männer gebe es vorerst keine Angebote, weil man noch keine "qualitativ zufriedenstellenden Hilfsmittel" gefunden habe, hieß es in Stockholm. Zwei damit nicht zufriedene männliche Schweden hatten sich dagegen beim Ombudsmann für Gleichberechtigung beschwert. Ihre Klage wurde abgewiesen. (APA/dpa)

http://diestandard.at/?url=/?id=1218534067003

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JayR
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RE: Länderberichte SCHWEDEN:

Beitrag von JayR »

Swedish prostitutes want to pay taxes

Published: 8 Sep 08

More and more Swedish prostitutes want to pay taxes in order to receive the social welfare benefits that come with doing so.


“So far this year I’ve spoken with several women who want to make things right,” said Pia Blank Thörnroos, a legal expert with Sweden’s Tax Authority, to the Göteborgs-Posten (GP) newspaper.

While it remains against the law to purchase sex in Sweden, selling sex is perfectly legal according to Sweden’s unique prostitution law, which came into force in 1999.

Moreover, prostitution has been considered a business activity in Sweden since 1982 and as a result proceeds from the sale of sex subject to taxation just like any other form of income.

“You have to keep track of all your income and expenses; all compensation should be accounted for,” explained Blank Thörnroos.

“One should really have accounting records. And in actuality [customers] should write out a receipt, because the transaction is considered a private operation which is subject to value added tax. But customers’ names need not be on the receipt.”

Income recorded on prostitutes’ tax returns gives them the right to sick-leave pay, parental leave benefits, and a pension.

“It’s important to pay taxes if you want to live a normal life,” said ‘Lisa’, a prostitute who spoke with the newspaper.

But Christian Democrat Riksdag member Désirée Pethrus Engström thinks that legitimizing prostitution by collecting taxes on the proceeds sends the wrong message.

“Economic security is something which makes a situation permanent. And that in turn can encourage prostitution, which is wrong,” she tells GP.

“It’s indirectly illegal to be a prostitute because it’s illegal to buy sex. But it’s a tough question to which there isn’t a simple solution.”

The Local
http://www.thelocal.se/14202/20080908/

Also nochmal auf deutsch:

Sex zu verkaufen ist legal in Schweden und steuerpflichtig.

Sex zu kaufen ist strafbar. Dennoch sollten Kunden eine Quittung für ihr Geld bekommen.

Oder wie Désirée Pethrus Engström sagt: Es ist eine schwierige Frage, für die es keine einfache Lösung gibt.


:017 JayR

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nina777
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600 Freier bisher verurteilt

Beitrag von nina777 »

Projekt geplant: Gespräche sollen Sexkäufer von Laster abbringen

Zehn Jahre nach Einführung des Prostitutionsgesetzes, das den Kauf sexueller Dienste unter Strafe stellt, will die zuständige Prostitutionseinheit der Stadt Stockholm sich stärker auf die Sexkäufer konzentrieren. Das schreibt die Zeitung „Svenska Dagbladet“.

Demzufolge will die Einheit staatliche Zuschüsse beantragen, um künftig den direkten Kontakt zu Sexkäufern suchen zu können. Das Projekt soll dazu beitragen, Sexkäufer von ihrem Vorhaben abzubringen und längerfristig Hilfe wegen ihres Lasters zu suchen.

Ein ähnliches Projekt existiert seit längerer Zeit in Göteborg. Dort haben sich in den vergangenen zwölf Jahren bereits 350 Männer für eine Gesprächstherapie entschieden.

Seit Einführung des Gesetzes zum Kauf sexueller Dienste sind 1.800 Fälle angezeigt worden. In 600 der Fälle kam es zu Verurteilungen. Zu einer Gefängnisstrafe kam es bislang allerdings noch nie. Kritiker des Gesetzes meinen, dass sich die Prostitution durch das Verbot lediglich von der Straße an unsichtbare Orte wie das Internet verlagert habe. Trotz des umstrittenen Erfolgs sind jüngsten Umfragen zufolge gut zwei Drittel der schwedischen Bevölkerung für eine Beibehaltung des Gesetzes.

http://www.sr.se/cgi-bin/international/ ... el=2623723
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Marc of Frankfurt
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Ländervergleich Deutschland-Schweden

Beitrag von Marc of Frankfurt »

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Doktorarbeit von Susanne Dodillet:

Ist Sex Arbeit? / Är sex Arbete?



Helena Aaberg, Information Office
University of Gothenburg
09.02.2009



Wenige Themen werden in Europa so widersprüchlich behandelt wie Prostitution. In Schweden gelten Prostituierte als Opfer und werden von einem Gesetz geschützt, das den Kauf sexueller Dienste verbietet. In Deutschland hingegen spricht man von professionellen SexarbeiterInnen. Passend zum 10. Jubiläum des schwedischen Sexkaufverbots erklärt die Ideengeschichtlerin Susanne Dodillet warum zwei Gesellschaften, die sich auf den ersten Blick in vielem ähneln, in der Prostitutionspolitik so unterschiedliche Wege gehen.

In Schweden ist der Kauf sexueller Dienstleistungen seit 1999 verboten. Das Sexkaufverbot wurde verabschiedet um zu zeigen, dass der Handel mit Sex in Schweden nicht akzeptiert wird. Nur zwei Jahre später verabschiedete der Bundestag ein Gesetz das SexarbeiterInnen in die Gesellschaft integrieren soll. In Deutschland sind Prostituierte seither ebenso arbeitslosengeld-, krankengeld- und rentenberechtigt wie andere Berufsgruppen auch. Außerdem wurde das Betreiben von Bordellen legalisiert. Diese Gesetzesänderungen sollten die Stigmatisierung und Diskriminierung von SexarbeiterInnen mindern.





Die Unterschiede zwischen den Prostitutionspolitiken dieser Länder lassen sich mit ihren wohlfahrtsstaatlichen, feministischen und religiösen Traditionen erklären, meint Susanne Dodillet vom Institut für Literatur, Ideengeschichte und Religion der Universität Göteborg.

Prostitution wird in Schweden als Beispiel für die ungleiche Machtverteilung zwischen den Geschlechtern in patriarchalen Gesellschaften gedeutet.

Das schwedische Sexkaufverbot wurde eingeführt, um die schwedische Bevölkerung für diese Ungerechtigkeit zu sensibilisieren. Es sollte zeigen, dass Sex für Geld in gleichberechtigten Gesellschaften keinen Platz hat.

Der normierende Gehalt des Gesetzes wurde unter anderem durch das vergleichsweise große Vertrauen der Schweden in den Staat ermöglicht.






Deutsche hingegen tendieren eher dazu, die Verantwortung des Staates für die Normenbildung der Gesellschaft in Frage zu stellen, fasst Susanne Dodillet zusammen.

Die deutsche Skepsis gegenüber der Rolle des Staates als Normenbildner kann historisch erklärt werden.

Schweden haben gute Erfahrung mit ihrem Wohlfahrtsstaat, während sowohl die nationalsozialistische Diktatur als auch die sozialistische der DDR deutlich machten, dass Staaten ihre normierende Macht missbrauchen können.

Die deutsche Linke, durch die die Legalisierung von Prostitution vorangetrieben wurde, war gegen die Normierung sexueller Beziehungen zwischen sich einigen Erwachsenen durch den Staat.

Was den Feminismus betrifft, haben vor allem radikalfeministische Theorien einen starken Einfluss in Schweden. Dort betont man Machtstrukturen, wie männliche Dominanz und weibliche Unterordnung.

In Deutschland ähnelt die feministische Politik den Analysen der Queertheorie, was mit der beschriebenen Sicht auf den Staat zusammenpasst.

Während die schwedische Prostitutionspolitik auf einer normierenden Vorstellung davon beruht, wie ein gleichberechtigtes Leben für Männer und Frauen aussehen soll, betonen deutsche Linke, dass sexuelle Identitäten und Ausdrucksweisen variieren können.

Die Ausweisung gewisser Konzepte als mehr gleichberechtigt und somit anderen überlegen, kommt ausgehend von dieser Denkweise, der Diskriminierung aller anderen gleich.






Was die Religion betrifft, verweist Dodillet auf den zentralen Platz der Christdemokraten in Deutschland.

CDU und CSU besetzen traditionell fast die Hälfte des Parlaments, erinnert sie. Ebenso wie die Kirchen ist die Union aus moralischen Gründen gegen Prostitution und sympathisiert mit der schwedischen Prostitutionspolitik. Sozialdemokraten und Linke wehren sich gegen diese Moralargumente und ihre Sichtweise ist daher liberaler als die ihrer schwedischen Kollegen, denen ein christlicher Gegenpol fehlt.





Titel der Doktorarbeit: Ist Sex Arbeit? Schwedische und deutsche Prostitutionspolitik seit den 70er Jahren (Är sex arbete? Svensk och tysk prostitutionspolitik sedan 1970-talet)

Die Arbeit ist auf Schwedisch verfasst und enthält eine deutsche Zusammenfassung.

Die Disputation findet am Samstag, den 21. Februar 2009 um 10:00 Uhr statt.
Ort: Stora hörsalen, Humanisten, Renströmsgatan 6, Göteborg/Schweden
Opponent: Professor Brian Palmer, Uppsala

Homepage:
http://www.lir.gu.se/om-institutionen/p ... e_Dodillet und
www.susanneDodillet.com

Die Doktorarbeit ist im Verlag Vertigo in Stockholm erschienen und kann im Buchhandel erworben werden.
Weitere Informationen: Susanne Dodillet, Tel. 0046-31-786 58 87 (Arbeit), oder 0046-704-90 88 12 (Handy) und susanne.dodillet@idehist.gu.se.

Download:
http://hdl.handle.net/2077/19349

URL dieser Pressemitteilung:
http://www.idw-online.de/pages/de/news299695





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zur Doktorarbeit von Susanne Dodillet

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ärzte Zeitung online, 10.02.2009 09:04

Sex gegen Bares - Warum es hier erlaubt und woanders verboten ist

GÖTEBORG (eb). Bei Prostitution scheiden sich die Geister - was für die einen schlicht Gewerbe ist, betrachten andere als strafbare Handlung. Genau diesen Unterschied gibt es zwischen Schweden und Deutschland. Während der käufliche Sex hierzulande legalisiert wurde, gilt in Schweden seit zehn Jahren ein "Sexkaufverbot". Mit diesem Unterschied hat sich die schwedische Wissenschaftlerin Susanne Dodillet auseinandergesetzt - wir dokumentieren einige Antworten aus ihrer Dissertation.


Das schwedische Sexkaufverbot, wie es Dodillet nennt, gilt seit 1999. Es wurde verabschiedet, um den Handel mit Sex in Schweden zu kriminalisieren. Nur zwei Jahre später verabschiedete der Deutsche Bundestag ein Gesetz, das genau das Gegenteil für Deutschland bedeutete: Prostituierte sollten entstigmatisiert werden und vom Rande der Gesellschaft in deren Mitte geholt werden. Seitdem sind Prostituierte hierzulande arbeitslosen-, kranken- und rentenversichert. Außerdem wurde das Betreiben von Bordellen legalisiert.

Wie Dodillet glaubt, ließen sich die politischen Unterschiede beider Länder mit ihren wohlfahrtsstaatlichen, feministischen und religiösen Traditionen erklären. In Schweden werde Prostitution als ungleiche Machtverteilung zwischen den Geschlechtern gedeutet. Dementsprechend wurde das schwedische Verbot eingeführt, um die Bevölkerung für diese Ungerechtigkeit zu sensibilisieren. Für Dodillet ist das Vertrauen der Bürger in den Staat entscheidend. Nur so sei dieses Gesetz überhaupt möglich gewesen. Deutsche hingegen tendieren ihrer Auffassung nach eher dazu, die Verantwortung des Staates für die Normenbildung der Gesellschaft infrage zu stellen.

Die Skepsis gegenüber dem Staat als Normengeber könne historisch erklärt werden, meint die Schwedin. So habe man in ihrem Land eher gute Erfahrung mit dem Wohlfahrtsstaat gemacht. In Deutschland hingegen hätten sowohl die nationalsozialistische als auch die sozialistische Diktatur ihre Macht missbraucht. Und schließlich war die deutsche Linke als Vorreiterin der legalen Prostitution gegen die Normierung sexueller Beziehungen durch den Staat.

Aber auch dem Feminismus schreibt Dodillet einen wichtigen Einfluss zu. So habe in Schweden vor allem eine radikalfeministische Theorien starken Einfluss. Dort betone man Machtstrukturen, wie männliche Dominanz und weibliche Unterordnung. So beruhe die schwedische Prostitutionspolitik eher auf der Vorstellung, die die Gleichheit zwischen Mann und Frau herstellt. Die deutsche Linke hingegen berufe sich darauf, dass sexuelle Identitäten und Ausdrucksweisen variieren können. Für Dodillet hat diese Ansicht einen Haken: Weise man solche Konzepte als mehr gleichberechtigt und anderen überlegen aus, diskriminiere man zugleich aller anderen.

In der religiösen Auseinandersetzung sieht sie in Deutschland vor allem die Christdemokraten im Fokus. Ebenso wie die Kirchen sei die Union aus moralischen Gründen gegen Prostitution und sympathisiere daher eigentlich mit den Ideen der schwedischen Prostitutionspolitik. Doch wehrten sich Sozialdemokraten und Linke gegen diese Moralargumente. Ihre Sichtweise werde daher liberaler wahrgenommen als die ihrer schwedischen Kollegen, denen dieses christliche Gegenpol fehlt.

http://www.aerztezeitung.de/panorama/?sid=532276





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Marc of Frankfurt
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Preis für Liv Jesson

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Prostitutes from Norway and Sweden, thank Amnesty


by Svein Tore Bergestuen


"Thanks for your focus on prostitute’s rights. We are enormously grateful for
the award Liv Jessen obtained."

"Eva" and "Gitte" from Norway and "Johannes" from Sweden presented flowers at the
office of Norwegian Amnesty's Secretary General, Petter Eide.


Controversial prize

They wanted to tell the whole prostitution community how much they appreciated
the attention they have received in connection with Amnesty's stand on human
rights. At the same time, they wanted to know more about Amnesty
International’s understanding of prostitution.

Eide explained what formed the basis for his remarks. “We considered many
candidates. The prize was for a person in Norway who had made a major
contribution to human rights.
We received many positive responses, but we have
also received some angry feedback”. Eide and Amnesty advisor Patricia Kaatee
explained that Amnesty does not take sides in the political debate about
whether prostitution should be criminalized. “Our concern is to recognize
people who give others much-needed protection. That person’s ideological or
political beliefs are not our concern.”


" Eva "," Gitte "and" Johannes " will be important representatives when the
prostitutes from the Nordic countries gather at the conference in Oslo next
month
. They will be organizing themselves to be heard. The challenge will be to
find a common Nordic agenda. The issues are similar in Norway and Sweden.
Conditions in Sweden have become much worse after the purchase of sex became
illegal. For example, women do not have time to check out the customer before
they get into the car. Thus the potential for danger has increased as has
violence says " Johannes ".


He also explained that as the police hunt the clients the women’s condoms are
used as evidence, putting their health at risk.
The sex workers have gone
underground, they are still there but much more invisible, says" Johannes ".

Sweden has no equivalent to Norway’s PRO-center. They will rely on a
cross-border collaboration with Norway. If we do not organize, nothing will be
achieved – that is how politics works. If we are going to achieve any change,
we must stand together. Politics is about us.



http://www.amnesty.no/web.nsf/pages/E94 ... 1E0037D767
Schnelle Übersetzung von einem Forumuser. Danke.





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Beitrag von nina777 »

5.5.2009

Sexkauf-Gesetz verschärfen?

Das vor zehn Jahren in Schweden eingeführte Gesetz zum Sexkauf-Verbot ist zahnlos und muss verschärft werden. Dieser Auffassung sind laut Berichten des Schwedischen Rundfunks mehrere Mitglieder des parlamentarischen Justizausschusses. Eine am Montag veröffentlichte Untersuchung des Rundfunks hatte gezeigt, dass das Interesse am Kauf sexueller Dienste trotz des Verbots und der zu erwartender Strafen weiterhin stark verbreitet ist.


Seit 1999 ist der Kauf sexueller Dienste in Schweden verboten, während der Verkauf nicht unter Strafe steht. Sex-Käufer müssen mit Geldstrafen oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten rechnen.

”Ich meine, das Gesetz sollte verschärft werden. Dies ist das gleiche Strafmaβ wie für Diebstahl, aber es handelt sich hier um ein viel ernsteres Verbrechen. Die Strafe sollte auf ein angemessenes Niveau erhöht werden”, sagte der sozialdemokratische Vorsitzende des Justizausschusses, Thomas Bodström. Vertreter bürgerlicher Parteien plädierten ebenfalls für eine Verschärfung.

Das Verbotsgesetz war mit dem Ziel eingeführt worden, Prostitution entgegenzuwirken. Gegenwärtig wird eine Untersuchung zur praktischen Wirkung des Gesetzes durchgeführt. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen im kommenden Frühjahr vorliegen. Der Rat zur Kriminalitätsverhütung hat mehrfach auf Schwierigkeiten bei Anwendung des Gesetzes verwiesen, vor allem im Hinblick auf Prostitution über das Internet.

http://www.sr.se/cgi-bin/international/ ... el=2813465
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Das ist ja erstmal ein interessantes Eingeständnis:

Prohibitionismus funktioniert auch bei Paysex/Sexwork nicht.


- Was soll also weitere Kriminalisierung bringen?
- Wie kann man sie zum Umdenken bringen?

CK
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RE: Länderberichte SCHWEDEN:

Beitrag von CK »

Ui, ui ... Hat man jetzt tatsächlich gemerkt dass Prohibition nicht funktioniert. Sie hat beim Alkohol versagt (immerhin hat man Al Capone so erschaffen, großer Erfolg), sie funktioniert nicht bei Drogen (Wann wird endlich der komplett unsinnige "War on Drugs" beendet? Auch hier nur Kriminalität und die Gefängnisse laufen über wegen lächerlichen Drogendelikten) und es funktioniert erst recht nicht, wenn es um den stärksten Trieb der Menschen geht. Was für ein Wunder!

Dass die Deutschen so staatskritisch sein sollen, sehe ich anders. Ich halte die Deutschen immer noch für ein Volk, was dem gemeinen Etatismus schnell anheimfällt (auch wenn es bzgl. Sexarbeit sehr tolerant und freiheitlich orientiert ist).

Das Internet ist die wohl beste Erfindung aller Zeiten. Dank ihm können sich die Bürger immer mehr vom Staat emanzipieren. Egal was auch immer gemacht werden wird, sie werden die Prostitution niemals abgeschafft bekommen. Sie könnten aber die Kriminalität im Milieu abschaffen- durch Legalisierung! Allein dafür braucht es einen mutigen Mann und eine breite Front hinter ihm. Zwar gibt es in Schweden Liberale (u.a. Per Bylund), die auch Sexarbeit legalisieren wollen, aber die sind leider nicht stark genug.

Aber was glaubt dieser Depp von Bodström überhaupt, wer ihm das Recht gibt sich in das Leben anderer Menschen einzumischen? Woher will er diese Legitimität herhaben? Weil er Wähler hinter sich hat? Rechte sind nicht übertragbar, Rechte sind nicht verhandelbar. Und wenn 99,9% der Wähler Bodströms Meinung wären, so zeigt das nur die heutige Unmoral der Demokraten. FREIHEIT STATT DEMOKRATIE !

"Die heute praktizierte Form der Demokratie ist zunehmend ein Synonym für den Prozeß des Stimmenkaufs und für das Schmieren und Belohnen von unlauteren Sonderinteressen, ein Auktionssystem, in dem alle paar Jahre die Macht der Gesetzgebung denen anvertraut wird, die ihren Gefolgsleuten die größten Sondervorteile versprechen, ein durch das Erpressungs- und Korruptionssystem der Politik hervorgebrachtes System mit einer einzigen allmächtigen Versammlung, mit dem Wortfetisch Demokratie belegt. (...)
So muß ich offen zugeben, daß ich, wenn Demokratie heißen soll: Herrschaft des unbeschränkten Willens der Mehrheit, kein Demokrat bin und eine solche Regierung sogar für schädlich und auf die Dauer für funktionsunfähig halte."

Friedrich von Hayek hatte recht.

Aber der Tag wird kommen, wo auch diesem demokratischen Totalitarismus endlich Einhalt geboten werden wird. In Schweden und sonstwo. Ich weiss es.

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Beitrag von Angel_friend »

@CK
Ich hatte mal (vor 25 Jahren) ein Buch, dass sich mit der Theorie des Anarchismus* und der Kritik der Legitimität von Demokratien beschäftigt. Leider find ichs nicht mehr.
(*Anarchie nicht im Sinn von Chaos - sonder eher im Sinn von keiner mischt sich bei dem andern ein, jeder macht das von dem er denkt er hat es zu machen ...)

Der westliche Demokratiebegriff ist zum Dogma verkommen. Viele andere Länder/Völker können mit dem gar nicht wirklich was anfangen. Im Großteil Osteuropas waren die Menschen nie gewohnt mitzuentscheiden. In Teilen Afrikas wurde/wird? so lange geredet bis es einen Konsens gibt (am besten 100% aber mind. 80-90% und nicht 50%).

Demokratie ist die Diktatur der Mehrheit über die Minderheit.
Die Moral ist nur der äussere Anschein von Treu und Glauben, und der Verwirrung Beginn.

CK
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RE: Länderberichte SCHWEDEN:

Beitrag von CK »

@Angel_Friend: Afrika und Osteuropa sind leider denkbar schlechte Beispiele.

Die diversen Theorien des Anarchismus sind mir aber auch mehr oder weniger bekannt, die Namen der Epigonen (Bakunin, Kropotkin, Proudhon, Gesell, Voltairine de Cleyre, Emma Goldman, Benjamin Tucker usw.) sowieso, denke auch, dass es dort sehr viele interessante Denkanstösse zu finden gibt, auch für die heutige Zeit. Ich plädiere auch durchaus für eine gewisse Zweckallianz mit Anarchisten in diversen politischen Fragen. U.a. in der Frage hier, wo die braven Demokraten einen derart hässlichen Paternalismus gegenüber Frauen an den Tag legen, dass ich nur noch den Kopf schütteln kann.

Persönlich bleibe ich aber dennoch ein klassisch Liberaler in der Tradition der Wiener Schule. Und auch wenn ich ursprünglich sogar von "links" herkomme, ich habe längst auch so einige Sympathien für den Objektivismus von Ayn Rand.

Aber back ontopic. Hier geht es um Schwedens prostitutionsfeindliche Gesetze. Wenn Du mehr wissen willst, schick mir ne PN.

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Beitrag von Angel_friend »

@CK
Warum sind Afrika und Osteuropa schlechte Beispiele?
Viele sind der Meinung wenn sich "unser" Demokratiebegriff ausbreitet wird alles besser.
Anderes Beispiel: Die "Vereinigten Staaten von Nordamerika ohne Kanada und ohne Mexiko" (der Einfachheit halber U.S.A. genannt) wurden jahrelang von einem Präsidenten "regiert" der weniger als die Hälfte der Stimmen der Bevölkerung gekommen hatte.
Demokratie ist offensichtlich Definitionssache?

du hast recht, dass ist off-topic. - aber du hast angefangen :004 :003 :002
Wenn ich noch Lust habe mit dir darüber zu diskutieren, schick ich dir bei gelegenheit mal eine PN.
Die Moral ist nur der äussere Anschein von Treu und Glauben, und der Verwirrung Beginn.

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RE: Länderberichte SCHWEDEN:

Beitrag von CK »

@Angel_Friend: In Osteuropa wurden die Menschen jahrzentelang von den Sowjets unterdrückt, die freuen sich enorm über den Neuanfang seit 1989 und sind teilweise kritischer als wir was zentralistische Tendenzen in der EU angeht (cf. Vaclav Klaus, den ich sehr schätze.)

In Afrika herrschen grösstenteils leider immer noch brutale Diktatoren wie bspw. Al-Bashir. Afrika ist nun wirklich KEIN Hort der Freiheit.

Bei aller berechtigten Kritik an der heutigen (Form der) Demokratie, ich wäre auch glücklich, wenn erstmal alle Staaten so oder so ähnlich strukturiert wären wie unsere.

Das Wahlsystem der Amis ("The winner takes it all") ist ein ganz anderes Thema. In der BRD gibt es auch eine 5%-Hürde. Das sind immer Details über die man streiten kann.

Stimmt, ich habe mit dem Offtopic angefangen, aber mich regt es halt auf, wenn Menschen sich in anderer Menschen Leben einmischen.

Schweden ist jedenfalls der Inbegriff eines paternalistischen, seine Bürger bevormundenden sozialistischen Wohlfahrtsstaates. Genau sowas hasse ich.

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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Laura Agustin:

Was hat es zu bedeuten, daß Schweden die Statistik bezüglich Vergewaltigungen anführt?


Is rape rampant in gender-equal Sweden?

A recent European Commission report identifying Sweden as the rape capital of Europe should be treated with a healthy dose of scepticism, argues sociologist Laura Agustín.


http://www.thelocal.se/19376/20090511/





Mehr von Laura:
viewtopic.php?t=2178





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Pia aus Schweden

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Pyej Jacobson von ROSEA und ICRSE/sexworkEurope.org erklärt Sexwork in Schweden:

pyej [ät] yahoo [Punkt] com

Arte-Doku nur diese Woche on-line:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=57365#57365




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Foto von Pyej von Mathilde Bouvard:
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JayR
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RE: Länderberichte SCHWEDEN:

Beitrag von JayR »

Video mit Pyej Jakobsson über die absurde Situation für Sexworker in Schweden.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=7D7nOh57-I8[/youtube]

Links:
http://tasz.hu/en/pyeinterview
http://swannet.org/