EUROPA: Prostitutionspolitik und SW-Vernetzung

Hier findet Ihr "europaweite" Links, Beiträge und Infos - Sexarbeit betreffend. Die Themen sind weitgehend nach Ländern aufgeteilt.
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Arum
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Beitrag von Arum »

Hier ein interessanter Beitrag von der Antwerpener Stadträtin Liesbeth Homans zur Honeyball-Resolution, die Europa rät, mal nach Antwerpen rüber zu kommen, um sich zu erkundigen, wie diese Stadt im Schipperskwartier an die Sachen herangeht. Das heisst, durch Schutz und Sicherheit. Auch ist sie der Meinung, dass eine Freierkriminalisierung die Prostitution nur in den Untergrund treiben wird. Sie stellt zu ihrer Freude fest, dass die flemischen EU-Abgeordneten in grosser Mehrheit gegen Honeyball gestimmt haben. Nur die Christdemokraten waren für.

Leider aber alles auf Niederländisch.

http://www.standaard.be/cnt/dmf20140302_01005639

Das einzig Gute der ganzen Abstimmung aus meiner niederländischen Sicht ist, dass das Land, das prozentual am meisten gegen Honeyball gestimmt hat, mein eigenes ist. Auch hier nur Christdemokraten (wenn auch nicht alle) und das eine Christen Unie-Mitglied (die kleinere, protestantische Partei, die hier schon fast tagtäglich versucht, hier die öffentliche Stimmung ins schwedische Vorteil zu kippen), die Honeyball unterstützt haben.

Auffällig ist meines Erachtens auch, dass die osteuropäische Länder mit so grosser Mehrheit für Honeyball gestimmt haben. Darunter auch Ungarn, Polen und Bulgarien, wo Prostitution mehr oder weniger erlaubt ist. Da wäre ich eigentlich mal gespannt nach den genauen Hintergründen solcher Entscheidung. Glauben diese Leute tatsächlich, dass ihre Landsmänninnen mehrheitlich fremdbestimmt in der Prostitution arbieten? Schämen sie sich für diese Frauen dem Ausland gegenüber, wegen Schädigung des guten Rufes ihrer Ländern (wie in Deutschland so vehement gehetzt wurde, dass Touristen Deutschland nicht länger wegen seiner Dichter und Denker besuchen, sondern...), oder meinen sie eigentlich, die Frauen fehlen der nationalen Volkswirtschaft?

Des weiteren bin ich der festen Überzeugung, dass eine ganz klare Kampagne gegen das schwedische Modell losgetreten werden soll, mit Berufung auf die einschlägigen, unabhängigen, wissenschaftlichen Studien, so wie auch mit Sicht auf eine mögliche Klage gegen den schwedischen Staat wegen Menschenrechtsverstosse Frauen gegenüber. Für wichtig halte ich nach wie vor auch Versuche, gerade die Osteuropäerinnen auf irgendeiner Weise positiv miteinzubeziehen. Und wohl noch am meisten die Rumäninnen.

Man darf ja getrost annehmen, dass die Honeyball Zuspruch gefunden hat aufgrund des EU-Menschenhandelberichts, laut welchem gute 200.000 Frauen oder so Menschenhandelsopfer seien. Wo das rumänische Gesetz Prostitution auf allen Ebenen verbietet, die rumänische Polizei somit auch jede selbstbestimmte rumänische SW als miteinbezogen in kriminellen Machenschaften bewertet, sie somit in ihren der EU gelieferten Zahlen miteinbezieht, darf man davon ausgehen, dass gerade die grosse Anzahl von Rumänninen in der heutigen Prostitution den heutigen europäischen Widerstand gegen Prostitution mitbestimmt hat. Wenn jetzt eine Gruppe an vorderster Stelle gebraucht wird, dann wohl die selbstbestimmten Rumäninnen. Wie schwierig dies verständlicherweise auch immer ist, wegen gesellschaftlicher Stigmatisierung usw., und wie gerne die Prostitionsgegner auch Vogel-Strauss-Politik betreiben allen nur denklichen Fakten gegenüber, Näheres in solche Richtung wäre vielleicht hilfreich, die heutige Entwicklung einigermassen aufzuhalten.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Beitrag von Fragender »

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Nymphe hat geschrieben: Meine Spekulation: ein Punkt ist, dass auch viele SW selbst Sexarbeit nicht als ernstzunehmenden Beruf sehen. Internalisiertes Stigma, Scham, der Gedanke, dass man das ja soweso nur vorübergehend macht.
Aber selbst wenn man das nur vorübergehend macht, würde man doch trotzdem zumindest bei anonymen Aktionen mitmachen, um diejenigen zu unterstützen, die es entweder in Zukunft auch nur vorübergehend machen wollen oder die es doch nicht nur vorübergehend machen wollen.

Es sei halt denn, man findet diese Tätigkeit eben doch total blöd. Ja, leider muss ich sagen, dass dieser geringe Widerstand ganz erheblich meine Zweifel daran nährt, dass die Verbotsbefürworter nicht doch Recht haben. Nicht unbedingt mit der Forderung nach dem Verbot, weil ich mir immer noch sicher bin, dass es Menschen gibt, denen es damit besser geht als mit was anderem und weil diesen Menschen ihre Rechte nicht genommen werden dürfen. Aber mit der Behauptung, dass das nur eine ganz kleine Minderheit ist und die große Mehrheit das, was in der Prostitution passiert, für Gewalt hält und die Freierbestrafung unterstützt.

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malin
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Beitrag von malin »

Das grosse Schweigen der Mehrheit liegt mit einiger Sicherheit nicht daran, dass die meisten ihre Tätigkeit insgeheim als blöd ansehen (warum sollten sie?).
Sondern vielmehr daran, dass sehr sehr viele SW von den aktuellen politischen Bestrebungen und der vehementen Hetze gegen uns noch gar nichts mitbekommen haben, bzw. deren Ernsthaftigkeit unterschätzen.

Diese Ansicht habe ich mir jetzt übrigens nicht aus dem Ärmel geschüttelt, sondern sie ist die Quintessenz aus Gesprächen mit ungefähr 40 KollegInnen die letzten Monate.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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fraences
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Beitrag von fraences »

Danke, Malin.

So schätze ich es auch ein. Habe in letzten Zeit oft mein Gedanken dazu gemacht.
Desweiteren wollen die meisten in Ruhe ihr Geld verdienen.
Solange sie keine Probleme mit den Behörden haben, wird auch wenig Gedanken über Verordnungen und Gesetze gemacht.
@Fragender
Im umgekehrten Fall stelle ich genauso fest, das Kunden sich auch wenig über Sperrgebietsverordnungen oder das Schwedische Modell informiert sind. Ist ja , wenn man einen unbeschwerten erotischen Date haben will, sehr abtörnend ertsmal vorab das Gesetzbuch zu lesen oder sich erstmal kundigen zu machen über Sperrgebietsverordnung seiner Region kundig zu machen.

Das große Erwachen wird einsetzen, wenn die repressive Wende anfängt.

Liebe Grüße, Fraences
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Klaus Fricke
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RE: EUROPA: Prostitutionspolitik und SW-Vernetzung

Beitrag von Klaus Fricke »

Hallo,


Gründe für den niedrigen Organisationsgrad von SW

- wie bei allen anderen Politikfeldern ist die Bereitschaft, eigene Interessen organisiert zu vertreten, zumeist niedrig.
- die SW Bewegung ist nach wie vor unterorganisiert. Es gibt nicht die anerkannte gemeinsame Organisation
- um die 70 % der SW stammt (beispielsweise) in Bremen nicht aus dem deutschen Sprachraum. Sie sind vom Diskurs um die SW mangels Sprachkenntnis abgeschnitten
- Viele der uns bekannten rumänischen SW haben eine gute Schulbildung und kommen mit der Volljährigkeit nach D in die SW. Sie haben klare Zielvorstellungen. Sie wollen für möglichst kurze Zeit in der SW bleiben, in dieser kurzen Zeit möglichst viel Geld verdienen. Das Geld soll Ihnen die Möglichkeit geben, ihren Lebensstandard in RO zu erhöhen (Wohnung, Auto, weitergehende Ausbildung, eigenes Geschäft). Sowie diese Ziele erreicht sind, ist es beabsichtigt in einen anderen Beruf, eine andere Tätigkeit zu wechseln. Die SW wird also nicht als eigentlicher Beruf verstanden. Sie ist sozusagen ein Intermezzo in der Biografie. Die Wahl spricht für den enormen Ehrgeiz, den die Wählenden haben, also gegen die Annahme von Zwang, es sei denn, dass die "Sozialtugend" Ehrgeiz, als Ergebnis von Zwangssozialisation verstanden wird, wofür, das eine oder andere spricht (siehe: http://www.deutschlandfunk.de/illegale- ... _id=278810 , "Prato gleicht einem Labor, wo sich die Folgen einer nicht regulierten Globalisierung beobachten lassen. Die chinesischen Zuwanderer sind keine 'Verzweifelten der Dritten Welt', sondern junge, intelligente Leute, die ihr Glück versuchen und mindestens so geschäftstüchtig sind wie die Pratesen. Lange hatte man ihren enormen Willen, aufzusteigen, unterschätzt.). Das Realität und Vorstellung nicht kompatibel sind, führt zu Abbrüchen in der SW "Karriere" (nicht selten) oder zur Professionalisierung (dann auch zu klareren politischen Vorstellungen). Und es gibt eventuell auch einige SW, die es in relativ überschaubarer Zeit schaffen "sozial aufzusteigen" und die dann "weg" sind (oder nur noch sehr gelegentlich da).
- Es besteht die irrige Auffassung, politisch sei alles nicht so schlimm. Wenn es an einem Ort nicht klappt, versucht man es an einem anderen. Wieso also politischen organisieren, wenn man individuell meint, am Markt zurecht zu kommen. Die Frauen sind eben selbstständig am Markt tätig und agieren individuell und konkrurrierend, um Umsatz zu erzielen. Solidarisch-politisches Handeln widerspricht eher dem im Alltag als erfolgreich erfahrenen Handlungskonzept individuell/konkurrierend. Auf diese Haltung treffe ich sehr häufig auch in Gesprächen mit anderen Location Betreibenden und mit Kunden (Tenor: lass die Politik machen, wir kommen auch in der Illegalität zurecht).


Trotzdem engagieren sich in Bremen nicht wenige RO-SW

- Wir gehen davon aus, dass bis zu 70 RO-SW in Bremen in Wohnungen tätig sind. Dazu kommen noch RO-SW in den wenigen Clubs (< 10), RO-SW die an der Straße tätig sind (6) und RO-SW, die in der "Kontrollstraße", der "Helenestraße" tätig sind (am 10.02.2014: 4). Mehr als 10 RO Kolleginnen aus dem Segment Wohnungen haben sich kürzlich an politischen Aktionen und Debatten in HB beteiligt (Gespräch mit der Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichstellung der Frau, Diskussionsveranstaltung Prost zwischen Selbstbestimmung und Ausbeutung, organisiert durch "DieLinke!" HB)
- Hintergrund dafür ist, dass es durch uns, Lara und mich, in HB Multiplikator_innen gibt, die auch muttersprachlichen Zugang zur Community der RO-SW haben.
- Weiterer Hintergrund ist, dass einige Betreibende von Locations in HB uns dabei unterstützen, das Gespräch mit RO-SW aufrecht zu erhalten
- Das alles erfordert aber viel Engagement, Zeit, spezielle Sprach- und Szenekenntnisse und -Vernetzungen und nicht zuletzt die Bereitschaft materielle Ressourcen einzusetzen, über solche zu verfügen und die Überzeugung, dass das personelle und materielle Investment "lohnend" ist (sowohl materiell, als auch rechtlich und sozial).
- Und selbst dann ist der "Erfolg" nicht garantiert - und mangelnde Erfahrung von (Selbst-)Wirksamkeit fördert politisches Egagement eher nicht.

Grüße
Klaus

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Jupiter
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Gründe für den niedrigen Organisationsgrad von SW

Beitrag von Jupiter »

@Malin und Fraences

kann es nicht auch zusätzlich daran liegen, dass die meisten Anbieterinnen im Grundsatz Einzelkämpfer sind. Damit tritt gelebte Teamtätigkeit kaum auf.
Eigentlich ist dieser Gesichtspunkt auch Merkmal einer vollkommenen eigenständigen Arbeit, was gerne in der politischen Diskussion ignoriert wird.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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malin
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Beitrag von malin »

Einzelkämpfer...ja, dies mag zum Teil zutreffen - allerdings bezieht sich das dann im wesentlichen auf den konkreten Arbeitsalltag, also die Problematiken der Umsatzgenerierung und der Behauptung am maximal konkurrenzbetonten Markt.

Aber diese politische Geschichte steht da weit drüber, denn es geht schlichtweg ums pure Überleben jeder und jedes einzelnen von uns.
Ich kann jetzt wirklich nur meine eigenen Eindrücke wiedergeben, und die sind ganz klar: die grosse Masse hat von der Anti und Verbotskampagne exakt gar nichts mitbekommen.

Im Gespräch gibt es dann im grossen und ganzen drei grobe Grundreaktionen:

- Nicht in Deutschland lebende SW meinen sinngemäss "Ja blöd, ich arbeite gerne hier, aber wenns so kommt dann gehe ich eben in die Schweiz etc"
- Manche meinen der Hype wäre übertrieben, und es wird sich nichts grossartig ändern
- Und viele in Deutschland lebende SW die schon länger und teils hochprofessionell tätig sind (und ihre gesamte wirtschaftliche Existenz darauf aufgebaut haben), verharren in Angst und Schreckstarre.
liebe grüsse malin

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Arum
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Beitrag von Arum »

Ein schlimmer Fall von Zensur von Seiten der Honeyball-Faktion.
Daniela Danna, die Autorin einer neutralen Bestandaufnahme zur Prostitutionspolitik in den absonderlichen EU-Ländern meldet, dass sie ihren Bericht nicht weiterführen durfte, weil sie die Abolitionistinnen nicht mit der von denen so sehr erwünschten Munition belieferte:

Report on prostitution laws in the European Union

5 febbraio 2014 Posted by admin

DOWNLOAD THE REPORT IN PDF
EU prostitution laws

DOWNLOAD THE REPORT IN WORD: EU prostitution laws

bibliography: report bibliography

This is my work on EU member states’ laws on prostitution (the PDF version is for better printing because of its numerous tables). It should have been the first part of a report for the EU Commission that I was coordinating, compiling it with the help of other experts, but I was forced to retreat from the project because my work has been rendered impossible by the abolitionist stance of the Gender Equality division officers to whom I had to deliver the report. Their fanatism (personnally experienced during the only meeting we had in Brussel in late June – after lots of hostile and unreasonable comments on my written work) was deaf to all empirical research demonstrating that prostitution acts do not necessarily amount to violence against women, and that sex work is different from trafficking.
What I was to understand is that my role should be simply to give them reasons to justify the extension of the criminalization of clients to the whole EU. (I don’t know how they got this power over a document that was commissioned and should be presented to the EU Commission.) This is contrary to our national Sociological Association’s ethical chart, that prohibits us from being influenced in drawing our research conclusion by requests from committers – and I totally agree with this article.
The coordination role was given to Liz Kelly and Madeleine Coy.

http://www.danieladanna.it/wordpress/?p=393


Schlimmer geht's kaum....
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Beitrag von Doris67 »

Interessante Mitteilung von TGEU (Transgender Europe): "TGEU welcomes EU Parliament’s call to prevent gender-based violence, but slams view on sex work" , http://www.tgeu.org/TGEU_welcomes_EU_Pa ... n_sex_work
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fraences
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RE: EUROPA: Prostitutionspolitik und SW-Vernetzung

Beitrag von fraences »

Altpeter reist zu Gesprächen über ein Prostitutionsverbot nach Brüssel

Sozialministerin Katrin Altpeter trifft sich am Dienstag (1. Juli) in Brüssel mit hochrangigen Vertretern der EU-Kommission und der Präsidentin der European Women Lobby, um Maßnahmen gegen sexuelle Ausbeutung, Zwangsprostitution und Menschenhandel auf europäischer und nationaler Ebene zu beraten.

Von den Gesprächen in Brüssel erwartet die Ministerin weitere Impulse, wie man einem Prostitutionsverbot – in Deutschland ebenso wie in weiteren EU-Staaten - näher kommen kann. Die Ministerin wirbt seit längerem für ein generelles Verbot der Prostitution nach schwedischem Vorbild.

In Brüssel spricht Ministerin Altpeter zunächst mit Matthias Ruete, Generaldirektor bei der Generaldirektion Inneres der EU-Kommission und mit dessen Beraterin für die Bekämpfung des Menschenhandels, Mayria Vassiliadou. Mit ihnen will die Ministerin darüber beraten, was die EU-Mitgliedsstaaten – über den rechtlichen Rahmen für Prostitution hinaus – tun können, um sexuelle Ausbeutung und Zwangsprostitution vorzubeugen und zu bekämpfen und wie eine Zusammenarbeit mit der EU konkret aussehen könnte. Sie möchte auch wissen, ob die Kommission, wie das EU-Parlament in seiner Entschließung vom 26. Februar 2014, ein Prostitutionsverbot nach schwedischem Vorbild unterstützt.

In dem Gespräch mit Präsidentin Viviane Teitelbaum von der European Women Lobby (EWL) möchte Ministerin Altpeter insbesondere die Rolle der Zivilgesellschaft und nicht-staatlicher Organisationen im Kampf gegen Prostitution aufgreifen. Die EWL hat sich als nicht-staatliche Organisation dem Kampf gegen die Prostitution verschrieben und ist mit 2.500 Mitgliedsorganisationen in 30 Ländern aktiv.

Im Vorfeld ihrer Reise nach Brüssel betonte Altpeter, dass sie grundsätzlich alle Maßnahmen unterstützt, die dazu führen, dass Prostitution so weit wie möglich zurückgedrängt, im besten Fall jedoch verboten wird.

Altpeter: „Prostitution sollte nach schwedischem Vorbild mittelfristig ganz verboten werden. Flankierend dazu brauchen wir umfassende Ausstiegsprogramme für Prostituierte. Das ist aus meiner Sicht der beste Weg, um gegen Menschenhandel vorzugehen und Frauen vor sexuellem Missbrauch zu schützen.“

Hinter dem schwedischen Modell steht die Grundannahme, dass Prostitution nicht freiwilliger Natur sein kann sondern ein soziales Problem ist, das gelöst werden muss. Prostitution wird in Schweden als eine Form von Gewalt an Frauen eingestuft. Bestraft werden ausschließlich die Freier, die sich sexuelle Dienstleistungen erkaufen, nicht aber die Prostituierten.

Seit dem Inkrafttreten des Prostitutionsverbotsgesetzes in Schweden im Jahr 1998 werden Freier mit bis zu sechs Monaten Haft bestraft. Insbesondere bei der Eindämmung von Straßenprostitution zeigen sich in Schweden große Erfolge: Zwischen 1998 und Anfang 2012 ist die Straßenprostitution um 41 Prozent zurückgegangen. Norwegen hat das schwedische Modell zwischenzeitlich übernommen, in Frankreich läuft zurzeit ein Gesetzgebungsvorhaben, das in eine ähnliche Richtung geht.
Hintergrund

In der Europäischen Kommission sind zwei Generaldirektionen mit dem Thema Prostitution befasst: Die Generaldirektion Justiz im Rahmen der EU-Gleichstellungspolitik und die Generaldirektion Inneres, die Prostitution und sexuelle Ausbeutung im Rahmen der EU-Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels behandelt. Nur in diesem Bereich hat die EU unmittelbare Zuständigkeiten und Handlungsbefugnisse.


http://www.baden-wuerttemberg.de/de/ser ... b4&print=1
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RE: EUROPA: Prostitutionspolitik und SW-Vernetzung

Beitrag von Melanie_NRW »

Menschenhandel: EU-Staaten sollen Opfer besser schützen

PLENARTAGUNG Pressemitteilung - Rechte der Frau/Chancengleichheit / Bürgerrechte &#8722; 12-05-2016 - 13:04

Die EU-Staaten sollten mehr zum Schutz der Opfer von Menschenhandel unternehmen, besonders bei Frauen, und geschlechtsspezifische Präventions-, Unterstützungs- und Betreuungsmaßnahmen durchsetzen. So steht es in einer am Donnerstag angenommenen Entschließung. Der Text hebt hervor, dass die EU-Gesetze zum Schutz der Opfer von Menschenhandel nicht richtig umgesetzt werden.

"Es gibt Fortschritte im Kampf gegen internationale Menschenhändlerbanden, aber allzu oft bekommen Opfer nicht die Hilfe, die ihnen nach dem EU-Recht zusteht", sagte die Berichterstatterin Catherine Bearder (ALDE, UK). "Die EU-weiten Maßnahmen zur Bekämpfung dieses grausamen Handels müssen von den nationalen Regierungen vollständig umgesetzt werden. Dazu gehören angemessene Statistiken und die Identifizierung von Opfern, damit wir einen besseren Überblick vom tatsächlichen Ausmaß bekommen", fügte sie hinzu.

Die Entschließung wurde mit 391 Stimmen angenommen, bei 43 Gegenstimmen und 53 Enthaltungen. In ihr unterstreichen die Abgeordneten, dass die Europäische Kommission ihrer Pflicht zur Berichterstattung über die Umsetzung der Richtlinie nicht nachgekommen ist und den in der Richtlinie festgeschriebenen Zeitplan nicht eingehalten hat.

Frauen und Kinder sind besonders gefährdet durch Menschenhandel
Kinder sollten bei ihrer Ankunft registriert in Kinderschutzsysteme aufgenommen werden, heißt es weiter im Text. Laut Europol sind ungefähr 10.000 unbegleitete Kinder seit ihrer Ankunft in der EU im Jahr 2015 verschwunden.

Zur Verringerung der Nachfrage von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung fordern die Abgeordneten, dass diejenigen strafrechtlich belangt werden sollen, die sexuelle Dienstleistungen von Personen, die Opfer von Menschenhandel sind, in Anspruch nehmen, und nicht mehr diejenigen, die sie anbieten.

Frühzeitige Erkennung von Opfern

Die Abgeordneten rufen die EU-Staaten auf, dafür zu sorgen, dass Polizei, Justizbehörden, medizinisches Personal und Sozialarbeiter entsprechendes Training bekommen, damit sie potentielle Opfer rechtzeitig erkennen und ihnen die notwendige Unterstützung anbieten können. Diese umfasst den Anspruch auf Unterkünfte, Gesundheitsversorgung, Übersetzung, Rechtsbehelfe und die Möglichkeit eine Entschädigung zu fordern, und eine Erholungszeit von mindestens 30 Tagen.

Um angemessene Unterstützung und Hilfe für die Opfer von Menschenhandel sicherzustellen, sollten die Mitgliedsstaaten den Opfern in dem Land, in das sie als Opfer des Menschenhandels gebracht wurden, eine Aufenthaltserlaubnis und Zugang zum Arbeitsmarkt gewähren, sagt der Text.


Verfahren: Nichtlegislative Entschließung
REF : 20160504IPR25764


Kontakt

Maja OREL SCHWARZ
COMM - PRESS
Telefon(+32) 2 28 32357 (BXL)
Mobiltelefon(+32) 473 86 49 74
E-Mail femm-press@europarl.europa.eu
Twitter
@EP_GenderEqual

Armin WISDORFF
COMM - PRESS
Telefon(+32) 2 28 40924 (BXL)
Telefon(+33) 3 881 73780 (STR)
Mobiltelefon+32 498 98 13 45
E-Mail presse-DE@europarl.europa.eu


Michaela FINDEIS
COMM - PRESS
Telefon(+32) 2 28 31141 (BXL)
Telefon(+33) 3 881 73603 (STR)
Mobiltelefon(+32) 498 98 33 32
E-Mail presse-DE@europarl.europa.eu

Huberta HEINZEL
COMM - MEDIA SERVICES
Telefon(+43) 1 516 17 201
Telefon(+33) 3 881 74646 (STR)
Mobiltelefon(+43) 676 550 3126
E-Mail huberta.heinzel@ep.europa.eu





http://www.europarl.europa.eu/news/de/n ... %C3%BCtzen
Ein Freund meinte, ich hätte Wahnvorstellungen. Da wäre ich fast von meinem Einhorn gefallen!

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Re: EUROPA: Prostitutionspolitik und SW-Vernetzung

Beitrag von Kasharius »

Hier eine Übersicht zu den Regelungen in Europa

http://www.reflect-online.org/publikati ... ion-europa

Kasharius grüßt

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Lucille
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Re: EUROPA: Prostitutionspolitik und SW-Vernetzung

Beitrag von Lucille »

Danke. Nur scheint diese Übersicht leider nicht ganz auf dem aktuellen Stand von 2019 zu sein.
Das Erstellungsdatum dürfte vor 2008 liegen.
( siehe Norwegen: Schwedisches Modell, eingeführt 2009)

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Kasharius
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Re: EUROPA: Prostitutionspolitik und SW-Vernetzung

Beitrag von Kasharius »

Oh, das tut mir Leid. Ich versuche bei Gelegenheit was aktuelleres zu finden, z.B. hier

https://www.bundestag.de/resource/blob/ ... f-data.pdf

Kasharius grüßt und forscht weiter

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Re: EUROPA: Prostitutionspolitik und SW-Vernetzung

Beitrag von Kasharius »

Schweizer Bericht über Verbotsregelungen in Europa

https://www.msn.com/de-ch/nachrichten/o ... r-AA1v3mKU

Kasharius grüßt