OVG Berlin-Brandenburg OVG 2 N 29.15

Wo melde ich meinen Beruf an, mit welcher Steuerlast muss ich rechnen, womit ist zu rechnen, wenn ich die Anmeldung verabsäume, ... Fragen über Fragen. Hier sollen sie Antworten finden.
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Kasharius
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OVG Berlin-Brandenburg OVG 2 N 29.15

Beitrag von Kasharius »

Hier der Link zur interessanten Entscheidung

http://www.gerichtsentscheidungen.berli ... focuspoint

Freue mich auf Anmerkungen und Kommentare oder Fragen.

Kasharius grüßt :006

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Beitrag von ehemaliger_User »

Ich versteh nur Bahnhof...
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Melanie_NRW
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RE: OVG Berlin-Brandenburg OVG 2 N 29.15

Beitrag von Melanie_NRW »

Öhm... also wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist es reichlich interessant..

Da frage ich mich, was mit den vielen Arbeits-Wohnungen (und Bordelle?) in den Wohngebieten ist, nach diesem Urteil.

"Ebenfalls erfolglos beanstandet die Klägerin die fehlende Gleichbehandlung mit anderen Bordellen. Sollten diese unter vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Umständen Baugenehmigungen erhalten haben, ließe sich daraus ein Genehmigungsanspruch schon im Hinblick darauf nicht schlüssig ableiten, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz, wie bereits erwähnt, keine Grundlage für eine „Gleichbehandlung im Unrecht“ ergibt."

Lass das mal die richtigen Leute lesen.. dann wird in Berlin bald aufgeräumt.
Ein Freund meinte, ich hätte Wahnvorstellungen. Da wäre ich fast von meinem Einhorn gefallen!

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@ehemaliger_User,

na da wird der Bahnhofvorsteher mal versuchen aufzuklären...:

Die Entscheidung thematisiert einen Dauerbrenner,nämlich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Bordells. Diese richtet sich bekanntlich nach dem Baugesetzbuch und der Baunutzungsverordnung. In letzterer ist geregelt, welche Bauvorhaben nach den Festsetzungen des Bebauungsplans in welchem Gebiet zulässig ist.

Hier ging es um die Zulässigkeit eines wohl nach Ansicht des Gerichts größeren FKK -Clubs in einem planungsrechtlich ausgewiesenen allgemeinem Wohngebiet. Dort sind gewerbliche Betriebe nur unter engen Voraussetzungen gestattet. Mit der Vorinstenz lehnt auch das OVG die Zulässigkeit hier wegen der Gebietsunverträglichkeit ab. Zur Begründung verweist es letztendlich aber nicht - wie sonst häufig - auf die berüchtigten milieubedingten Begleiterscheinungen, sondern das (ACHTUNG WORTSPIEL!!!) erhöhte Verkehrsaufkommen durch an-und abfahrende Besucher zur Nachzeit.Dies widerspräche dem Ruhebedürfnis innerhalb eines allgemeinen Wohngebiets. Die weiteren Gegenargumente werden zurückgewiesen, da sie zu unpräzise seien und den Begründungsanforderungen nicht genügen würden.

@Melanie

das hatten wir 2005/2006 schon

Kasharius grüßt

Klaus Fricke
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RE: OVG Berlin-Brandenburg OVG 2 N 29.15

Beitrag von Klaus Fricke »

...
Die typisierende Bewertung als störendes Gewerbe bleibt, auch wenn die milllieubedingte Unruhe als ein Faktor, der zur Typisierung als störendes Gewerbe führt, nicht übernommen wird. Die typisierende Betrachtung solcher Fälle nach Baurecht erhält schon damit Risse.

Interessant finde ich, dass das Greicht den Weg aufzeigt, der typisierenden Bewertung weitere Risse beizubringen. Es begründet die Ablehnung des Antrages der Klagenden damit, dass deren Darlegungen zu Immissionen anderer Gewerbebetriebe sowie seitens des Durchgangsverkehrs nicht hinreichend spezifiziert seien, um gewürdigt zu werden. Es käme demnach in einem anderen Fall (ich hatte es so verstanden, das der weitere Rechtsweg in diesem Fall ausgeschlossen ist) darauf an, die Immissionssituation spezifiziert darzulegen und nachzuweisen, dass vom Betrieb keine nennenswerten Lärm-Immissionen, Belästigungen durch Kunden oder durch ein störendes Aussenbild ausgehen. Falls dies dargelegt werden würde, könnte die Typisierung als störendes Gewerbe sich nur noch auf so etwas begründen, wie das, was in der Schweiz als ideelle Immission bezeichnet wird ( http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 869#148869 ), die - so die Annahme - von einem solchen Betrieb ausgeht, weil er das Empfinden der Anwohnerschaft beeinträchtigt. In Ziffer 13 finde ich dazu den Hinweis auf das Allgemeinwohl «Das Bauplanungsrecht kann aus städtebaulichen Erwägungen ähnliche Allgemeinwohlziele verfolgen wie ordnungsrechtliche Regelungen zur lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung.» (Hvhbg. K.F.), das auch im RePSG Kriterium für die Erlaubnisfähigkeit von Locations ist. Interessant im Sinne der ideelen Immissionen ist die Meldung der Welt online zur Ablehnung einer Spende seitens des Pascha in Köln an eine karitative Einrichtung vermittelt über einen evangelischen Pfarrer und die Begründung dafür seitens der evangelischen Kirche, die sich doch andererseits sehr stark engagiert und öffentliche Mittel erhält, wenn es um die dann nicht schmutzige sondern akzeptierend zu leistende Beratung von SW geht: «Der Bordellchef Hermann Müller hatte Mörtter eine Spende für karitative Arbeit versprochen, falls er im "Pascha" vorstellig werde. Dieser Deal war sogar der sonst so duldsamen rheinischen Kirchenleitung zu schmutzig. Sie bestellte Mörtter ein. Und der verzichtete nun auf die Spende.» ( http://m.welt.de/print/wams/nrw/article ... ution.html ). Zu erläutern, wie denn eine unvoreingenomme klient*innenzentrierte Beratung von SW für eine Institution leistbar ist, die Spenden von SW-Betrieben als schmutzig bewertet, dass sei der Ästhetisierungkunst ( http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 022#150022 ) christlicher Bigotterie überlassen.

Bei unserer ersten Location in Bremen hatten wir die Verkehrssituation vor ihr, also auch das Kundenaufkommen und -verhalten, aber auch den sonstigen Verkehr und damit einhergehende Gefährungen und Immisssionen über fast vier Wochen dokumentiert. Die Dokumentation ging nicht in unser erstinstanzliches Verfahren ein. Für die zweite Instanz hatte Lara nicht mehr die Kraft zum Widerstand, da sie durch die Verfolgung seitens der Nachbarschaft und die Vorverurteilung als Verantwortliche für Zwangsprostitution und meine Vorverurteilung als Zuhälter in Bremer Medien schwer traumatisiert war. Traumatisiert wurden auch ihre damaligen Kolleginnen aus Polen, Deutschland, Lettland und Rumänien, die sich ebenfalls nicht in der Lage sahen, öffentlich oder juristisch Widerstand zu leisten.

Den Aussagen der Anwohnerschaft wurden demgegenüber ungeprüft glauben geschenkt. Von unserer Seite, so das VG Bremen sei nicht zweifelsfrei dargelegt worden, dass wir nicht doch zu dem gehören, was als Rotlicht-Millieu bezeichnet wurde, wohingegen die Aussagen der Nachbarschaft glaubwürdig waren, obwohl diese - nachweislich der Bewertung des Gerichtes - sich als partiell falsch erwiesen hatten (Behauptung ich sei Eigentümer der Location, Tatsache Lara war es).
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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@Klaus

erstmal danke füpr Deine sehr interessanten Anmerkungen. Zum weiterdiskutieren verweise ich hier auf eine ebenfalls sehr aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht vom 2.11.2015 4 B 32.15 . In der Sache ging es um die Einordnung von Bordellen und bordellähnlichen Betrieben unter bauplanungsrechtlichen Gesichtspunkten als "Gewerbebetriebe aller Art". Nicht sehr ermutigend sind die Ausführungen unter Randziffer 4 der Entscheidung.

Hier der Link
http://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf ... 2.15.0.pdf

Kasharius grüßt

Klaus Fricke
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RE: OVG Berlin-Brandenburg OVG 2 N 29.15

Beitrag von Klaus Fricke »

Danke @ Kasharius für diesen unerfreulichen Hinweis.

Die Erde ist eine Scheibe?
Die Evolutionstheorie ist Unsinn?
Die SW Betriebe sind störendes Gewerbe!
Gegenteilige Beweise sind ideelle Immissionen !!!

rainman
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Beitrag von rainman »

Hallo Klaus,

ich habe mich seit der Vollendung meines 75. Lebensjahres etwas aus den laufenden Diskussionen zurückgezogen, weil ich mir gesagt habe, dass irgendwann auch mal Schluss sein muss und die Enkelkinder nun ein Anrecht darauf haben, mit dem Opa ungestört spielen zu können. Ich bitte alle Mitlesenden dafür um Verständnis.

Das sollte aber nicht heißen, dass ich mich nicht doch im Falle eines Falles wieder einschalte, wenn die Umstände es erfordern sollten und ich vielleicht nützlich sein könnte. Dieser Fall ist nun mit der Angelegenheit "Pascha", die Du erwähnt hast, eingetreten. Der Pfarrer Mörtter hat von allen Seiten so viele Prügel bekommen, dass er - leider - regelrecht eingeknickt ist. Im Gegenzug haben die Sektkorken in der "Emma"-Redaktion geknallt, dass man es bis zu meiner Wohnung hören konnte ;-) . Ich habe mich mit dem Geistlichen nach Bekanntwerden des Falles brieflich in Verbindung gesetzt und melde mich wieder, wenn ich eine Antwort erhalten habe.

LG rainman

PS: Was meinen die ModeratorInnen: lohnt sich ein eigener Thread in dieser Angelegenheit?