Die Risiken bei Mischmietverträgen?

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fraences
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Die Risiken bei Mischmietverträgen?

Beitrag von fraences »

Teilweise freiberufliche Nutzung einer Wohnung führt nicht zwingend zu einem gewerblichen Mietverhältnis - im Zweifel für den Wohnraummietvertrag!

BGH, Urteil vom 9.7.2014, AZ: VIII ZR 376/13

Der Fall:
Der Mieter bewohnte ein mehrstöckiges Haus allein. Nach dem schriftlichen Mietvertrag, der auf unbestimmte Zeit geschlossen wurde, war dem Mieter gestattet, die Räume im Erdgeschoss als Hypnosepraxis zu nutzen. Der Vermieter kündigte schließlich ohne Angabe von Gründen mit Schreiben vom 20.2.2012 zum 30.9.2012. Der Mieter widersprach der Kündigung, so dass der Vermieter Räumungsklage erhob.

Das Problem:
Während die Kündigung von Wohnraummietverhältnissen in aller Regel nur dann möglich ist, wenn der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (z. B. Eigenbedarf, § 573 BGB) und der Vermieter die Kündigung ausführlich begründet, muss die Kündigung eines gewerblichen Mietverhältnisses nicht begründet werden. Es ist ggf. lediglich die Kündigungsfrist gem. § 580a BGB (hier: 6 Monate zum jeweiligen Quartalsende) einzuhalten. Die entscheidende Frage lautete daher in dem vorliegenden Fall, ob ein Wohnraummietverhältnis oder ein gewerbliches Mietverhältnis vorlag. Bei sog. "Mischmietverhältnissen" gelten entweder nur die Vorschriften für Wohnraummietverhältnisse oder für gewerbliche Mietverhältnisse.

Das Urteil:
Zunächst stellte der BGH klar, dass es für die rechtliche Einordnung des Mietverhältnisses auf den überwiegenden Vertragszweck bei Vertragsschluss ankomme. Das Gericht vertritt in dem vorliegenden Einzelfall den Standpunkt, dass das Bestreiten des Lebensunterhaltes durch eine freiberufliche oder gewerbliche Nutzung (hier der Betrieb einer Hypnosepraxis) für sich genommen kein sachgerechtes Kriterium für die Bestimmung des überwiegenden Vertragszweckes darstelle. Es bestehe kein allgemeiner Erfahrungssatz dahin, dass bei einem Mischmietverhältnis die Schaffung einer Erwerbsgrundlage Vorrang vor der Wohnnutzung habe. Zu berücksichtigen sei, dass das Wohnen als wesentlicher Aspekt des täglichen Lebens nicht generell hinter einer Erwerbstätigkeit zurücktrete. Entscheidend seien immer die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Maßgebliche Indizien könnten die Verwendung eines auf eine der beiden Nutzungsarten zugeschnittenen Vertragsformulars sein, das Verhältnis der für die jeweilige Nutzungsart vorgesehenen Flächen oder die Verteilung der Gesamtmiete auf die einzelnen Nutzungsanteile. Lasse sich sodann ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen, seien vorrangig die für die Wohnraummiete geltenden Vorschriften anzuwenden, da andernfalls die zum Schutz des Wohnraummieters bestehenden zwingenden Sonderreglungen unterlaufen würden. In dem vorliegenden Fall kam der BGH unter Anwendung der vorgenannten Kriterien zum Ergebnis, dass es sich um ein Wohnraummietverhältnis handelte und die Kündigung des Vermieters unwirksam war (Mietvertrag war auf Wohnraummietverhältnisse zugeschnitten, es handelte sich um einen unbefristeten Mietvertrag, was für Gewerbemietverhältnisse eher untypisch sei und es war eine einheitliche Miete ohne Umsatzsteuerausweis vereinbart).

Das sagt Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg dazu:
Der BGH hat vorliegend einen Einzelfall entschieden und dabei lediglich klargestellt, dass die im Haus ausgeübte Erwerbstätigkeit nicht automatisch den Wohnzweck überwiegt. Es verbleibt damit wie schon bisher bei einer Einzelfallprüfung, ob im Rahmen eines Mischmietverhältnisses der Wohnzweck oder die gewerbliche Nutzung überwieg

http://www.haus-und-grund-bonn.de/index ... -zr-376-13
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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