Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.5.2013
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Saunaclub Fun Garden in Emmerich meldet Insolvenz an
Emmerich
Der "Fun Garden" meldet Insolvenz an
VON MARKUS BALSER -
Emmerich (RP). Das Emmericher Bordell, das wegen Menschenhandels, Einschleusung und Steuerhinterziehung in den Schlagzeilen war, wird nun durch einen Duisburger Anwalt vertreten.
Der "Fun Garden" wurde im März vergangenen Jahres bei einer Großrazzia durchsucht. Betreiber Esed D. (rechts) wurde im Mai vom Landgericht Kleve zu einer Haftstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt.
Es ist wohl das letzte Kapitel, das jetzt in Sachen "Fun Garden" vom Amtsgericht Kleve aufgeschlagen wurde. Die Behörde hat die Insolvenz des Emmericher Bordells an der Tackenweide, dessen Geschäftsmodell [Saunaclub] als "gewerbliche Zimmervermietung mit Getränkeausschank" beschrieben wird, bekannt gegeben.
Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Duisburger Rechtsanwalt Mark Steh bestellt. Nur noch mit seiner Zustimmung darf jetzt über das Vermögen der "Fun Garden Star GmbH" verfügt werden.
Im Mai hatte das Landgericht Kleve die Bordellbetreiber Esed D. und dessen Lebensgefährtin zu Haftstrafen von 5 Jahren und 9 Monaten beziehungsweise zweieinhalb Jahren verurteilt.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich D. neben des Vorenthaltens von Arbeitsentgelten vor allem des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung schuldig gemacht hat.
Außerdem ging die Kammer davon aus, dass insgesamt aus verkürzten Steuern und nicht gezahlten Abgaben ein Schaden von rund 4,1 Millionen Euro entstanden ist – Geld, das der Staat nun so weit wie möglich wieder zurück haben will.
Unter anderem seien hinterzogen worden:
900 000 Euro Umsatzsteuer
825 000 Euro Lohnsteuer sowie
1,9 Millionen Euro Sozialabgaben.
Die hohen Summen hängen mit den erstaunlich großen Umsätzen zusammen, die das Bordell offenbar gemacht hat. Demnach sollen in den Jahren 2005 bis 2011 im "Fun Garden" (bzw. im Filialbetrieb "Villa Auberge") zwischen 700 und 1.000 Prostituierte tätig gewesen sein, die einen Umsatz von fast 10 Millionen Euro erwirtschafteten. Es seien weit über 60.000 Kunden bedient worden, folgerte das Gericht.
Der "Fun Garden" wurde im März vergangenen Jahres bei einer Großrazzia durchsucht.
Betreiber Esed D. (rechts) wurde im Mai vom Landgericht Kleve zu einer Haftstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt.
Der Saunaclub (Eigenwerbung: "Willkommen im Garten der Lüste") war im Frühjahr vergangenen Jahres ins Visier der Fahnder geraten.
Bei einer Großrazzia, an der neben 90 Zöllnern der Finanzkontrolle Schwarzarbeit auch 100 Bundes- und Landespolizisten sowie weitere 50 Beamte der Steuerfahndung beteiligt waren, wurden die Betreiber festgenommen und die Geschäftsräume an der Tackenweide sowie der Reeser Straße durchsucht. Den Betreibern wurde anschließend der Prozess gemacht.
Ungeachtet der verhängten Haftstrafen läuft der Betrieb an der Tackenweide übrigens weiter. Das Bordell hat nach wie vor geöffnet.
www.rp-online.de/niederrhein-nord/emmer ... -1.3530927
2 Prostituierte waren gezwungen worden und Gewalt war angewendet worden
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=131495#131495
Vergleich Pussy Club Prozesse Sozialabgabenhinterzug
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=131504#131504
[ergänzt M.]
Der "Fun Garden" meldet Insolvenz an
VON MARKUS BALSER -
Emmerich (RP). Das Emmericher Bordell, das wegen Menschenhandels, Einschleusung und Steuerhinterziehung in den Schlagzeilen war, wird nun durch einen Duisburger Anwalt vertreten.
Der "Fun Garden" wurde im März vergangenen Jahres bei einer Großrazzia durchsucht. Betreiber Esed D. (rechts) wurde im Mai vom Landgericht Kleve zu einer Haftstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt.
Es ist wohl das letzte Kapitel, das jetzt in Sachen "Fun Garden" vom Amtsgericht Kleve aufgeschlagen wurde. Die Behörde hat die Insolvenz des Emmericher Bordells an der Tackenweide, dessen Geschäftsmodell [Saunaclub] als "gewerbliche Zimmervermietung mit Getränkeausschank" beschrieben wird, bekannt gegeben.
Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Duisburger Rechtsanwalt Mark Steh bestellt. Nur noch mit seiner Zustimmung darf jetzt über das Vermögen der "Fun Garden Star GmbH" verfügt werden.
Im Mai hatte das Landgericht Kleve die Bordellbetreiber Esed D. und dessen Lebensgefährtin zu Haftstrafen von 5 Jahren und 9 Monaten beziehungsweise zweieinhalb Jahren verurteilt.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich D. neben des Vorenthaltens von Arbeitsentgelten vor allem des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung schuldig gemacht hat.
Außerdem ging die Kammer davon aus, dass insgesamt aus verkürzten Steuern und nicht gezahlten Abgaben ein Schaden von rund 4,1 Millionen Euro entstanden ist – Geld, das der Staat nun so weit wie möglich wieder zurück haben will.
Unter anderem seien hinterzogen worden:
900 000 Euro Umsatzsteuer
825 000 Euro Lohnsteuer sowie
1,9 Millionen Euro Sozialabgaben.
Die hohen Summen hängen mit den erstaunlich großen Umsätzen zusammen, die das Bordell offenbar gemacht hat. Demnach sollen in den Jahren 2005 bis 2011 im "Fun Garden" (bzw. im Filialbetrieb "Villa Auberge") zwischen 700 und 1.000 Prostituierte tätig gewesen sein, die einen Umsatz von fast 10 Millionen Euro erwirtschafteten. Es seien weit über 60.000 Kunden bedient worden, folgerte das Gericht.
Der "Fun Garden" wurde im März vergangenen Jahres bei einer Großrazzia durchsucht.
Betreiber Esed D. (rechts) wurde im Mai vom Landgericht Kleve zu einer Haftstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten verurteilt.
Der Saunaclub (Eigenwerbung: "Willkommen im Garten der Lüste") war im Frühjahr vergangenen Jahres ins Visier der Fahnder geraten.
Bei einer Großrazzia, an der neben 90 Zöllnern der Finanzkontrolle Schwarzarbeit auch 100 Bundes- und Landespolizisten sowie weitere 50 Beamte der Steuerfahndung beteiligt waren, wurden die Betreiber festgenommen und die Geschäftsräume an der Tackenweide sowie der Reeser Straße durchsucht. Den Betreibern wurde anschließend der Prozess gemacht.
Ungeachtet der verhängten Haftstrafen läuft der Betrieb an der Tackenweide übrigens weiter. Das Bordell hat nach wie vor geöffnet.
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2 Prostituierte waren gezwungen worden und Gewalt war angewendet worden
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Vergleich Pussy Club Prozesse Sozialabgabenhinterzug
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Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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Fakten und Infos über Prostitution
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Research
Meine grobe Rückrechnung ergibt folgende
Geschäftskalkulation und Betriebskennzahlen Saunaclub/Zimmervermietung
2 Betriebe Fun Garden und Villa Auberge (betrachtet als ein Betrieb)
6 Jahre 2005-11
700-1.000 Sexworker
2 waren gezwungen worden (nur 2 Promille aber zuviel!)
60.000 Kunden
10.000 Kunden pro Jahr
27 Kunden pro Kalendertag (365)
50 Kunden pro Arbeitstag (200)
160 Euro Ausgabe je Kunde
85-90 Euro für Sexworker?
70-75 Euro für Club?
60-86 Kunden je Sexworker
11-16 Kunden je Sexworker je Jahr
900-1.300 Euro Einnahmen je Sexworker und Jahr
4.700-6.700 Euro Einnahmen je Sexworker
10 Millionen Gesamtumsatz
4,7 Millionen Betreiberanteil 46%
5,6 Millionen Sexworkeranteil 54%
900.000 Euro Umsatzsteuer . . . .(19% Umsatzsteuer von 4,7 Millionen)
825.000 Euro Lohnsteuer . . . . .(15% minimaler ESt-Grenzsteuersatz von 5,5 Mio?)
1,9 Millionen Euro Sozialabgaben (34% Sozialabgaben vom 5,6 Millionen Lohnsumme Arbeitgeberbrutto)
__________________
3,6 Millionen Euro
4,1 Millionen Euro hinterzogen insgesamt (fehlen 475.000?)
mögliche Fehler
- Arbeitgeber zahlt nur die Hälfte der Sozialabgaben www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=94746#94746
- bei Einnahmen, zvE < 8.130 Euro je Sexworker je Jahr entfällt die Einkommmensteuer www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=98575#98575
Geschäftskalkulation und Betriebskennzahlen Saunaclub/Zimmervermietung
2 Betriebe Fun Garden und Villa Auberge (betrachtet als ein Betrieb)
6 Jahre 2005-11
700-1.000 Sexworker
2 waren gezwungen worden (nur 2 Promille aber zuviel!)
60.000 Kunden
10.000 Kunden pro Jahr
27 Kunden pro Kalendertag (365)
50 Kunden pro Arbeitstag (200)
160 Euro Ausgabe je Kunde
85-90 Euro für Sexworker?
70-75 Euro für Club?
60-86 Kunden je Sexworker
11-16 Kunden je Sexworker je Jahr
900-1.300 Euro Einnahmen je Sexworker und Jahr
4.700-6.700 Euro Einnahmen je Sexworker
10 Millionen Gesamtumsatz
4,7 Millionen Betreiberanteil 46%
5,6 Millionen Sexworkeranteil 54%
900.000 Euro Umsatzsteuer . . . .(19% Umsatzsteuer von 4,7 Millionen)
825.000 Euro Lohnsteuer . . . . .(15% minimaler ESt-Grenzsteuersatz von 5,5 Mio?)
1,9 Millionen Euro Sozialabgaben (34% Sozialabgaben vom 5,6 Millionen Lohnsumme Arbeitgeberbrutto)
__________________
3,6 Millionen Euro
4,1 Millionen Euro hinterzogen insgesamt (fehlen 475.000?)
mögliche Fehler
- Arbeitgeber zahlt nur die Hälfte der Sozialabgaben www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=94746#94746
- bei Einnahmen, zvE < 8.130 Euro je Sexworker je Jahr entfällt die Einkommmensteuer www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=98575#98575
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FKK-Clubs haben 362 bis 364 Tage im Jahr geöffnet, die Angabe 27 Freier / Tag ist deshalb realistisch.
Auch die 160 EUR / Freier.
Der Betreiberanteil pro Frau beträgt 50 EUR Eintritt, (+ eventuell noch 0 - 25 EUR Übernachtungskosten, je nach Club) + Werbungskosten + "Düsseldorfer Modell".
Die SV-Beiträge betrugen nicht nur 34 %, die bewegten sich zwischen 39 und 42 %, passt also auch zu den 4,7 Mio zu versteuernder Umsatz.
Auch die 160 EUR / Freier.
Der Betreiberanteil pro Frau beträgt 50 EUR Eintritt, (+ eventuell noch 0 - 25 EUR Übernachtungskosten, je nach Club) + Werbungskosten + "Düsseldorfer Modell".
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Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.5.2013
Neubewertung der Bordell-Betriebs-Führung in der Prostitution:
Emmerich - Fun Garden Urteil
- FKK-Saunaclub-Betreiber-Ehepaar als Menschenhändler verurteilt
- und wegen Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben in Millionenhöhe (vgl. Pussy-Clubs und Collosseum Augsburg)
- Sexworker werden als scheinselbständig bewertet, der Chef hatte alles vorgegeben
- Betreiber ist damit Arbeitgeber und auch Sozialabgaben-pflichtig
- Betreiber ist somit Gesamtumsatz-Umsatzsteuerpflichtig, also auch für den Zahlungsanteil zwischen Freier und Sexworker
- polizeiliche Nötigung zum "Düsseldorfer Verfahren" wird kritisiert
- 6 Jahre ein Bordell betrieben
- 6 Jahre Gefängnisstrafe
- ...
Diese sehr textlastige Entscheidung ist aufgrund ihrer sehr ausführlichen Beschreibung der Arbeitsbedingungen in 2 Bordellen sehr lesenswert. Es finden sich hier interessante Ausführungen zur Frage, wann von selbstständiger bzw. wann von abhängiger, arbeitnehmerähnlichen Sexarbeit auszugehen ist. Die Angaben zu den Preisangaben [ vgl. Finanz-Rechnung www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=133520#133520 ] sind für alle Bordellbetreiber sicher ebenfalls interessant. Auch setzt sich die Kammer sehr ausführlich mit dem Düsseldorfer Modell auseinander und lehnt es n der Tendenz ab. Die wichtigsten Passagen habe ich unterlegt. Hier kommt der Text:
Datum: 07.05.2013
Gericht: Landgericht Kleve
Spruchkörper: 9. große Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Kleve
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 190 KLs 6/12 Landgericht Kleve
Normen:
§§
370 Abs. 1 AO [Steuerhinterziehung www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__370.html ],
266a StGB [Vorenthalten, Veruntreuen von Arbeitsentgeld www.gesetze-im-internet.de/stgb/__266a.html ]
Tenor:
Es sind schuldig
der Angeklagte D. [Betreiber von 2 Clubs]
des schweren Menschenhandels,
der Förderung des Menschenhandels,
des Einschleusens von Ausländern in 3 Fällen, davon in 2 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung,
der Steuerhinterziehung in 29 Fällen und
des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 79 Fällen,
die Angeklagte G. [Frau des Betreibers]
des Einschleusens von Ausländern in 3 Fällen, davon in 2 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung,
der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 29 Fällen und
der Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt in 79 Fällen.
Es werden verurteilt
der Angeklagte D. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten,
die Angeklagte G. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten.
…
§§
370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 AO,
96 Abs. 1 AufenthG a.F. und n.F.,
232 Abs. 4 Nr. 1,
233a Abs. 1,
266a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2,
267 Abs. 1 3. Fall, 14, 27, 52 Abs. 1, 53 Abs. 1 StGB
G r ü n d e :
Der Angeklagte D. leitete – unterstützt durch seine Lebensgefährtin, die Angeklagte G. – in den Jahren 2005-11,
seit Mai 2007 gemeinsam mit dem gesondert verfolgten E., 2 Bordelle in Emmerich, zunächst die V.A. [Villa Auberge], ab Mai 2007 den F.G. [Fun Garden in Emmerich].
2 Bordelle
6 Jahre
In dieser Zeit beschäftigte er mehrere Hundert Prostituierte, überwiegend aus Osteuropa, durchschnittlich bis zu 18 Prostituierte, als Arbeitnehmerinnen, die er jedoch als Scheinselbständige darstellte.
So führte der Angeklagte D. Sozialversicherungsabgaben in Höhe von knapp 1,9 Mio. € und Lohnsteuern in Höhe von gut 800.000 € nicht ab.
1,9 Mio. € Sozialversicherungsabgaben
800.000 € Lohnsteuer
Durch weitere falsche Angaben verkürzte der Angeklagte zudem etwa
900.000 € Umsatzsteuern,
260.000 € Gewerbesteuern und
230.000 € Einkommensteuer.
Insgesamt ergibt sich ein Abgabenschaden von etwa
4,1 Mio. €,
zu dem die Angeklagte G., insbesondere durch die ihr obliegende Buchführung, Hilfe leistete.
3
Bei der Personalbeschaffung kam es ab 2007 in 3 Fällen zum Einschleusen von Ausländern durch die Angeklagten, dabei in 2 Fällen mit Beihilfe zur Urkundenfälschung, indem die Prostituierten beim Gewerbe- und Einwohnermeldeamt gefälschte Pässe vorlegten.
4
Im März 2010 machte sich der Angeklagte des schweren Menschenhandels schuldig, indem er 1 ungarische Prostituierte, die aus dem Abhängigkeitsverhältnis fliehen wollte, durch Gewalteinsatz zur Fortsetzung der Prostitution zwang.
5
Zuvor, im März 2009 förderte der Angeklagte D. den Menschenhandel 1 ungarischen Zuhälterin zum Nachteil von mindestens 4 Prostituierten, indem er diesen Wohnung und Arbeit in seinem Bordell gab.
6
Die Angeklagten haben - der Wahrheit zuwider und durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt - auch in der Hauptverhandlung behauptet, die Prostituierten seien selbständig gewesen, jedenfalls hätten sie nicht anderes angenommen.
Ebenfalls widerlegt ist ihre Behauptung, sie hätten nichts von der ukrainischen Herkunft 2 Prostituierter gewusst, und die Darstellung des Angeklagten D., die ungarische Prostituierte S. nicht mit Gewalt zur Fortsetzung der Prostitution gezwungen und von den Menschenhandelsdelikten der ungarischen Zuhälterin nichts gewusst zu haben.
7
Die Kunden hatten in beiden Bordellen grundsätzlich einen Eintrittspreis von 50€ zu zahlen. Dabei waren im F.G. die Saunanutzung sowie Essen und nichtalkoholische Getränke und Bier inbegriffen.
Für Sekt (ganze Flasche oder Pikkolo) war ein zusätzlicher Preis zu zahlen.
8
Im F.G. gab es zudem eine sog. HappyHour mit einem Eintrittspreis von 35€, zu Anfangszeiten bis 19 Uhr, später bis 17 Uhr, zuletzt nur noch bis 15 Uhr.
9
Zumindest in den Abendstunden hatte der Angeklagte D. überwiegend auch Türsteher für den F.G. beschäftigt.
10
Bezeichnet wurden beide Bordellbetriebe als Saunaclubs. Jedenfalls zu bestimmten Zeiten herrschte für die Kunden Bademantelpflicht.
11
Geworben wurde für die Betriebe durch den Angeklagten mit Zeitungsanzeigen und im Wesentlichen mit Internetauftritten, die beauftragte Unternehmen für den Angeklagten gestalteten.
Dabei wurde die V.A. als der Top FKK-Saunaclub im weiten Umkreis angepriesen, der F.G. als einer der größten Saunaclubs in Deutschland.
Neben einem Hinweis auf die Eintrittspreise wurden die Preise für die unterschiedlichen sexuellen Dienstleistungen angeführt, sowie u.a. „20 Girls“ oder „nahezu täglich neue Girls (+18) aus dem europäischen Raum“ angeboten, wobei die dargestellten Hochglanzbilder überwiegend irgendwelche Models und nicht die tatsächlich in den Clubs arbeitenden Prostituierten zeigten.
12
…
13
Die Prostituierten verfügten – mit ganz vereinzelten Ausnahmen – über keine eigenen Unterkünfte.
14
Die Prostituierten übernachteten deshalb in den Bordellen selbst, und zwar in den Zimmern, in denen auch die sexuellen Leistungen an den Kunden erbracht wurden.
Zu Zeiten des F.G.s hatte der Angeklagte zusätzlich auch Räumlichkeiten außerhalb des Bordells für die Prostituierten angemietet, so etwa gegenüber dem F.G. im Obergeschoss des Hauses T.-Straße 25 oder auf der H.-Straße 58b.
Im F.G., in dem eine Küche für Mahlzeiten der Kunden und ein Koch zur Verfügung standen, wurden auch die Prostituierten mit Essen verpflegt.
15
Dabei wurde den im F.G. tätigen Prostituierten von dem Angeklagten täglich für die Unterkunft 5 €, später 10 € und für das Essen mal 7, mal 10 oder auch 12 € berechnet.
16
Die Prostituierten arbeiteten in den Bordellbetrieben des Angeklagten als Arbeitnehmerinnen;
hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Entgeltes standen sie in einem Unterordnungsverhältnis zu diesem und nicht in eigener unternehmerischer Verantwortung.
17
Der Angeklagte D. versuchte jedoch – der Wahrheit zuwider – nach außen darzustellen, dass die in seinen Bordellbetrieben beschäftigten Prostituierten selbstständige Unternehmerinnen wären und ihre Leistungen völlig eigenständig und auf eigene Rechnung anböten.
18
Die Angeklagten wussten, dass ihnen eine offizielle Beschäftigung der zahlreichen osteuropäischen Prostituierten entsprechend ihres tatsächlichen Status als Arbeitnehmerinnen wegen der eingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit (für die bei ihnen tätigen Bürgerinnen aus z.B. Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Estland bis Mai 2011, für die aus Bulgarien und Rumänien auch noch weiter bis zum Ende des Anklagezeitraumes) schwerlich möglich gewesen wäre.
19
In der weiteren Absicht, einerseits möglichst viel an eigenem Profit zu erzielen, anderseits aber auch, um mit den Preisen der „Konkurrenz“ mithalten zu können, wollten sich die Angeklagten, bei entsprechenden Entgeltabsprachen mit den Prostituierten, auch die Abführung von Lohnsteuern und Sozialversicherungsabgaben „ersparen“.
Auch den Prostituierten kam es naturgemäß [ ??? Unterstellung ] darauf an, ihr Entgelt möglichst ohne Abzüge zu erhalten.
20
Um den Schein der Selbständigkeit der Prostituierten aufrecht zu erhalten, traf der Angeklagte D. mit Hilfe der Angeklagten G. eine Reihe von Maßnahmen.
21
Eine Vielzahl der Prostituierten wurde in Emmerich am Rhein gewerblich gemeldet. Dazu ging die Angeklagte G. jeweils kurz nach Beginn der Arbeitsaufnahme mit ihnen zum Gewerbeamt und meldete dort für diese ein Gewerbe als Hostess, Messe-Hostess, Masseurin oder Go-Go-Tänzerin an.
Hierbei war den Prostituierten Sinn und Zweck dieser Gewerbemeldung zumeist nicht klar.
[ Es fehlt eine Sexworker Akademie / Whore College !!! Anm. M. ]
Die Angeklagten hatten ihnen gesagt, die Anmeldung sei erforderlich, um arbeiten zu können, und im Rahmen behördlicher Kontrollen sollten sie die Gewerbemeldung griffbereit haben. Die Gespräche beim Gewerbeamt mit der dortigen Mitarbeiterin führte ausschließlich die Angeklagte G.. Den Inhalt dieser Gespräche verstanden die Prostituierten schon allein wegen der Sprachschwierigkeiten nicht.
22
Eingebunden in die unzutreffende Außendarstellung wurde auch der für den Angeklagten tätige Steuerberater.
23
Mit der steuerlichen Betreuung seiner Unternehmen und seiner Privatangelegenheiten hatte der Angeklagte D. bereits bei Übernahme der V.A. das Steuerberatungsbüro H. in G. beauftragt. Betreut wurde er dort durch den Steuerfachangestellten Ge., der eine Vielzahl weiterer vergleichbarer Betriebe betreut und in diesem Bereich seit Jahrzenten tätig war.
24
Eine echte Beratung fand durch den Zeugen Ge., was dem Angeklagten auch entgegen kam, nicht statt. Vielmehr klärte der Zeuge Ge. den Angeklagten zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit über die rechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Einordnung von Prostituierten als selbständig oder unselbständig und das Erfordernis der Versteuerung der gesamten Prostitutionsumsätze, selbst bei tatsächlicher Selbständigkeit der Prostituierten, auf.
Eine Beurteilung und rechtliche Einordnung der konkreten Umstände nahm der Zeuge nicht vor. Vielmehr setzte er lediglich die Vorgabe des Angeklagten, dass die bei ihm tätigen Prostituierten selbständig seien, um.
Die angeblichen Einnahmen des Angeklagten aus den Bordellen wurden
2005 als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb „Club“
ab 2006 als Einkünfte aus „Zimmervermietung“ in den Steuererklärungen bezeichnet.
25
Der Angeklagte D. warb wahrheitswidrig in den Internetauftritten der Bordelle zudem mit Standartformulierungen, die sich auch bei Werbungen andere Bordellbetriebe finden, damit, dass die Prostituierten selbstständige Unternehmerinnen seien und ihre Leistungen völlig eigenständig und auf eigene Rechnung anböten und dass die „Damen sich auf bestimmte Preise geeinigt“ hätten.
26
[ Möglicherweise hat der das ProstG nur so ausgelegt? ]
[ Der Einigungsprozess lag möglicherweise vor vielen Jahren und wurde dann als Tradition nur übernommen? ]
Darauf wurde auch im Bordell selbst mit entsprechenden Hinweisschildern hingewiesen.
27
[ Hausordnung/Betriebsregeln: ]
Der Angeklagte D. ließ die Prostituierten darüber hinaus eine in deutscher Sprache verfasste Erklärung mit der Überschrift „Allgemeine Mitteilung und verbindliche Information“ unterschreiben, in der er ausdrücklich darauf hinwies, dass die im Sauna-Club tätigen Frauen eine „selbständige Tätigkeit“ ausüben, sie die Hausordnung einzuhalten haben und lediglich eine Zimmervermietung erfolge.
28
Tatsächlich jedoch unterlag die Tätigkeit der Prostituierten engen Vorgaben des Angeklagten D.:
29
Ein privater Kontakt zu Kunden war untersagt. Wenn bestimmte Kunden sexuelle Dienstleistungen außerhalb der Bordelle wünschten, war dies nur über die Buchung von Escortleistungen möglich, an denen der Angeklagte zu bestimmten Anteilen mit profitierte.
30
[ Arbeitsplan/Anwesenheitsplan: ]
Die Prostituierten mussten hinsichtlich ihrer Arbeitszeiten jeweils Absprachen mit der Angeklagten G. oder einer der übrigen Thekenkräfte treffen.
Zunächst, insbesondere in der V.A., arbeiteten die Prostituierten grundsätzlich während der gesamten Öffnungszeiten.
Später führte der Angeklagte D. einen Schichtbetrieb ein. Hierzu führte die Angeklagte G. – wenn diese nicht anwesend war, die Thekenkraft – einen Plan, in den in Absprache mit den Prostituierten möglichst vor Beginn der Woche deren Arbeitszeiten eingetragen wurden; Wünsche wurden wenn möglich berücksichtigt. Auch längere Abwesenheitszeiten, zumeist für Heimaturlaube der ausländischen Prostituierten, wurden besprochen und notiert.
Während ihrer Arbeitszeiten waren die Prostituierten angewiesen, sich im Bar- bzw. Anbahnungsbereich des Bordells aufzuhalten und dort für die Kunden zur Verfügung zu stehen. Wenn sie in dieser Zeit das Haus verlassen wollten, mussten sie um Erlaubnis fragen; wären nach Einschätzung der Angeklagten oder der jeweiligen Thekenkraft dann für die anwesenden Kunden nicht genug Prostituierte vor Ort gewesen, wurde das Entfernen untersagt.
31
Die Ausführung der sexuellen Dienstleistungen erfolgte in beiden Clubs in einzelnen Zimmern. Die Prostituierten verfügten dabei nicht über ihnen individuell zustehende Zimmer, vielmehr wurden ihnen die jeweils freien Zimmer zugeteilt, die sie dann mit den Kunden aufsuchten.
32
[ Preisaushänge: ]
Die Preise für die sexuellen Leistungen wurden allein durch den Angeklagte D. festgelegt, nämlich 50 € für 30 Minuten, 1 Stunde kostete zunächst in der V.A. 100 € und später im F.G. 80 €.
Auch für Sonderleistungen (Französisch, Aufnahme+Schlucken, Anal, individuelle Massage, etc.) gab der Angeklagte die Preise vor. Die Preise wurde so auch in den Internetauftritten angezeigt und waren auf Zetteln aufgeführt, die in den Bordellen auch in allen Zimmern aushingen.
33
Das der Höhe nach vorgegebene Geld für die sexuellen Leistungen kassierten die Prostituierten von den Kunden zumeist auf den jeweiligen Zimmern.
Die Kunden konnten für die sexuellen Leistungen aber auch an der Theke mit EC-Karte bezahlen.
34
[ Prozentregelung und Festbetragregelung (Miete): ]
Die Entgeltregelung, d.h. die Aufteilung der Freierlöhne, gestaltete sich in den beiden Bordellbetrieben unterschiedlich.
35
In der V.A. erfolgte diese nach der Vorgabe des Angeklagten D. dahingehend, dass die Prostituierte 60% ihrer Einnahmen für sich behalten und 40% , als Einnahmen aus Zimmervermietung dargestellt, an ihn abgeben musste.
36
Im F.G. erhielt der Angeklagte als Anteil an den Freierlöhnen von jeder Prostituierter 50 € täglich.
Zur Verschleierung der Arbeitsverhältnisse wurde auch dies als eine Zahlung von „Miete“ deklariert.
37
Von den Einnahmen aus den Escortleistungen erhielt der Angeklagte von den 150€ für die erste Stunde 70€, von den 100€ für jede weitere Stunde 20€.
38
[ Buchführung: ]
Die Angeklagte G. oder die sonst tätige Thekenbedienung führte an der Theke Buch über die Tätigkeit der Prostituierten.
Wenn sie den Prostituierten für ihre Dienstleistungen Schlüssel für die jeweils freien Zimmer, und Handtücher aushändigten, wurde in eine Liste ihr Name, die Uhrzeit, die Zimmernummer und die vereinbarte Verweildauer auf dem Zimmer eingetragen.
39
Wenn Kunden „Beschwerden“ hinsichtlich der Prostituierten hatten, wendeten sie sich nicht an die jeweilige Prostituierte, sondern an den Angeklagten D. oder, wenn dieser nicht da war, an die Angeklagte G. oder die Thekenbedienung.
40
Umgekehrt konnten die Kunden nicht nur den Club und seine Einrichtungen, sondern insbesondere auch die Leistung der Prostituierten in einem von dem Angeklagten D. vorgegebenen Fragebogen bewerten, wofür ihnen dann ein Rabatt von 5€ für einen weiteren Besuch im F.G. gewährt wurde.
41
In beiden Clubs gab es ein Strafsystem, bei dem gegenüber den Prostituierten Strafgelder von 20 – 100 € verhängt werden konnten, wenn diese z.B. Ordnung und Sauberkeit nicht einhielten oder nicht pünktlich dienstbereit waren.
42
Nach Beendigung ihrer täglichen Arbeit mussten alle Prostituierten an der Theke abrechnen und aus den Einnahmen die täglichen Abgaben begleichen.
43
[ Zahlungen für Sexworker: ]
Neben dem „Zimmermiete “genannten abzuführenden Arbeitgeberanteil an den Kundengeldern, setzten sich diese täglichen Abgaben zusammen aus
50 € [pro Tag einmalig fürs Zimmer falls es Kunden gab]
5 bis 10 € für die Übernachtung,
7, 10 oder 12 € für Essen,
5 € für Kondome
sowie individuell abzurechnende Ausgaben für konsumierte Getränke.
[plus Strafzahlungen]
[10-15 € Düsseldorfer Verfahren s.u.]
[kein Eintritt für Sexworker. Vgl. Paradise]
44
Ob diese Kosten, insbesondere die sog. Zimmermiete und die Kosten für Unterkunft und Essen durch die Prostituierten zu zahlen waren, richtete sich grundsätzlich nach einer Regel, wonach die Kosten erst anfielen, wenn die Prostituierte 1 (oder - bei nur halbstündigem Aufenthalt - 2) Kunden gehabt hatte.
Dies unterlag aber im Einzelfall der willkürlichen Entscheidung des Angeklagten D., die teilweise von seinen Launen abhing, teilweise davon, ob der Angeklagte die jeweilige Prostituierte bei sich halten wollte, z.B. wegen ihres Aussehens oder weil diese deutsch sprach, oder er sich umgekehrt von der weitere Anwesenheit einer Prostituierten keine Geschäftserfolge versprach, teilweise aber möglicherweise auch von der individuellen Zuneigung des Angeklagten.
45
[ das Bordell als gruppendynamischer Familienbetrieb, wo es "menschelt". Anm. M. ]
Gleiches galt für die Eintreibung der Strafgelder, die in einigen Fällen nur angedroht oder verhängt wurden, auf Grund willkürlicher Entscheidung aber nicht immer „vollstreckt“ wurden.
46
[ Düsseldorfer Verfahren und Sex Steuer ]
Darüber hinaus ließen sich die Angeklagten von den Prostituierten täglich 10 €, später 15 €, für das sogenannte Düsseldorfer Verfahren an „Steuern“ abführen.
47
Nachdem das Finanzamt Kleve durch das Gewerbeamt Emmerich über die zahlreichen Anmeldungen der unter der Adresse des F.G. angeblich selbständig tätigen „Hostessen“ informiert worden war, hatte ein Beamter des Finanzamtes, der Zeuge H., – im Hinblick auf die auch vom Angeklagten aufrecht erhaltene Darstellung, es handele sich, wie angemeldet, um selbständige Gewerbetreibende – für die Prostituierten mit dem Angeklagten D. die Teilnahme am „Düsseldorfer Verfahren“ beginnend ab Dezember 2007 vereinbart.
Nach diesem, u.a. in Nordrhein-Westfalen praktizierten, Verfahren werden von selbständig tätigen Prostituierten pauschale Tagessätze von seinerzeit 10 € als „Vorauszahlung“ auf für diese später festzusetzende Einkommen- und Umsatzsteuer erhoben.
Nach der getroffenen Vereinbarung hatte der Angeklagte von jeder Prostituierten diesen Tagessatz von 10 € zu erheben und bei Aufzeichnung in Anschreibe- und Anwesenheitslisten an das Finanzamt zu zahlen.
48
Tatsächlich ließ sich der Angeklagten von den Prostituierten diese 10 € täglich auch zahlen, die selbst allerdings teilweise, wie z.B. die Zeuginnen De. und Bl., überhaupt nicht wussten, um was es sich dabei handelte.
49
Von den einbehaltenen Vorauszahlungen leitete der Angeklagte jedoch tatsächlich zeitweise nur zwei Drittel, zeitweise nur die Hälfte [50-66%] oder noch weniger an das Finanzamt weiter.
Dazu wurden von der Angeklagten G. die Anwesenheitslisten nur teilweise zutreffend, im Übrigen aber vollkommen willkürlich und unzureichend ausgefüllt.
50
Den monatlichen Restbetrag schlug er seinem Gewinn zu. [soll heißen unversteuert]
51
Die Einführung der sog. Sex-Steuer durch die Stadt Emmerich im Jahr 2011 nahm der Angeklagte zum Anlass, diese nicht selbst aus seinen Erlösen zu zahlen, sondern durch die Prostituierten, indem er den Tagessatz, unter Vortäuschung es handele sich insgesamt um Zahlungen für das Düsseldorfer Verfahren, auf 15 € erhöhte.
[ Wer kann das mal nachrechnen, ob es nicht auf dasselbe herauskommt, wenn man die nach Gewerbefläche berechnete kommunale Vergnügungssteuer als Kostenblock nur auf die Sexworker (als sog. Mieterinnen) umlegt. ]
52
[/b]…
53
[ Unterschlagene Sozialabgaben: ]
Entsprechend der Absicht und Planung der Angeklagten D. und G. sowie des Zeugen E., die Prostituierten den wahren Verhältnisse zuwider als Selbständige darzustellen, um damit eben auch die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu sparen, unterließen es der Angeklagte D. und später auch der gesondert verfolgte E., die Prostituierten und ihre Löhne den zuständigen Sozialversicherungsträgern zu melden und die sich hieraus ergebenden Arbeitnehmeranteile an die Sozialversicherung abzuführen.
Die Sozialversicherungsträger unterließen mangels Anzeige der Arbeitsverhältnisse der Prostituierten und der gezahlten Löhne die Festsetzung und Einziehung der Arbeitgeberanteile.
54
Gemeldet wurden durch das für die Angeklagten tätige Steuerberaterbüro aufgrund von jeweiligen monatlichen Mitteilungen der Angeklagte G. lediglich die Lohnzahlungen an sie selbst und einige angestellte Hilfskräfte wie Putzfrauen, Köche u.ä.
55
Nicht gemeldet wurden im gesamten Tatzeitraum die tatsächlich an die Prostituierten erfolgten Lohnzahlungen von insgesamt ca. 4,1 Millionen Euro, die sich aus den Prostitutionseinnahmen, d.h. den ausbezahlten Freierlöhnen abzüglich des Unternehmeranteiles daraus, den sogenannten Mieten, ergaben.
56
…
57
[ Umsatzsteuerhinterziehung: ]
Bereits mit der Übernahme der V.A. fasste der Angeklagte D. den Entschluss, sich durch das Verschweigen von Umsätzen und Einnahmen gegenüber den Finanzbehörden finanzielle Vorteile zu verschaffen indem er anstelle der tatsächlichen Umsätze wesentlich geringere Umsätze meldete, insbesondere die reinen Prostitutionsumsätze, das heißt die Einnahmen aus den sexuellen Leistungen der Prostituierten, als solche verschwieg und dadurch in erheblichem Umfang Umsatzsteuer hinterzog.
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Durch das Verschweigen von Einnahmen wurden ebenfalls Einkommen- und Gewerbesteuerverkürzungen bewirkt.
59
Entsprechend der Absicht und Planung der Angeklagten D. und G. sowie des Zeugen E., die Prostituierten den wahren Verhältnisse zuwider als Selbständige darzustellen, um damit eben auch die Abführung von Lohnsteuer zu vermeiden, unterließen es der Angeklagte D. und später auch der gesondert verfolgte E., die Prostituierten und ihre Löhne den zuständigen Lohnsteuerstellen am 10. Tag des Lohnsteueranmeldungszeitraumes zu melden und die Steuern einzubehalten und abzuführen.
60
Diesen Tatentschluss setzte er von Beginn an, sicher feststellbar ab Juni 2005, um.
61
…
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Nicht angemeldet wurden auf diese Weise im gesamten Tatzeitraum Prostitutionsumsätze von 5,6 Millionen € (brutto)., wohl aber die Scheinumsätze an die Prostituierten für die angebliche Zimmervermietung.
63
…
64
Den Angeklagten war bekannt, dass der Angeklagte D. als Einzel-Arbeitgeber und als Mit-Arbeitgeber der mit dem Zeugen E. bestehenden Gesellschaft sowie als Geschäftsführer der D. GmbH gemäß § 41 a Abs. 1 Einkommensteuergesetz verpflichtet war, für alle Arbeitnehmer monatlich die Lohnsteuer anzumelden, einzubehalten und abzuführen.
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Die Angeklagten wussten, dass es sich auch bei den von ihnen beschäftigten Prostituierten um Arbeitnehmerinnen handelte, deren Lohn sich aus den erzielten Freierlöhnen abzüglich des von den Angeklagten einbehaltenen Arbeitgeberanteils, der so genannten Miete, ergab.
Gleichwohl verschwieg der Angeklagte D. mit Hilfe der Angeklagten G. Lohnzahlungen an die Prostituierten im gesamten Tatzeitraum von insgesamt 4,1 Millionen Euro.
66
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... Insbesondere wurden die gesamten Prostitutionsumsätze verschwiegen, das heißt die vollständigen Einnahmen aus den sexuellen Leistungen der Prostituierten. Allerdings berechneten die Angeklagten – grundsätzlich – die Zahlungen der Prostituierten für die “Miete“ als Umsätze mit ein, obwohl es sich dabei nicht um umsatzsteuerpflichtige Leistungen des Angeklagten an diese handelte.
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Aus den in Augenschein genommenen Werbeanzeigen und aus den Internetseiten der V.A. und des F.G.s aus unterschiedlichen Jahren lässt sich bereits entnehmen, dass beide Bordelbetriebe als organisatorische Einheit mit einheitlichem Leistungsangebot und entsprechenden einheitlichen Preisen auftraten.
70
Dies ergibt sich zudem aus den von den Kunden auszufüllender Bewertungsbogen mit der Position „Service der Damen“ neben „Ambiente“, „Sauberkeit“, „Service an der Bar“ und den einheitlichen, von dem Angeklagten gestalteten Preisaushängen in den Zimmern, die von dem Angeklagten D. und den Zeuginnen beschrieben worden sind.
71
Die Prostituierten betrieben keine eigene Kundenakquise, sondern der Angeklagte D. warb für die Bordelle und die sexuellen Dienstleistungen in Zeitungen und Internet und wies dabei nur allgemein auf die „Girls“ oder „Damen“ hin, nicht etwa auf einzelne, namentlich genannte Prostituierte.
72
Auch die Escort-Leistungen waren nur über die Bordellbetriebe und die jeweils tätigen Thekenkräfte buchbar, wie von den Angeklagten selbst und dazu gehörten Zeuginnen (u.a Bu., Sch.) bekundet.
73
Der Angeklagte D. – oder in seiner Vertretung die jeweilige Thekenkraft – war Ansprechpartner für die Prostituierten wie auch für Kunden, wie auch die Angeklagte G. Dies ist von den gehörten Zeuginnen immer wieder beschrieben und von den Angeklagten auch nicht abgestritten worden. Der Angeklagte nahm Kundenbeschwerden auch hinsichtlich der sexuellen Leistungen entgegen und traf dann entsprechende Maßnahmen.
74
So hat die dem Angeklagten ansonsten erkennbar wohlgesonnene Zeugin Ca. glaubhaft bekundet, einmal habe sich ein Gast bei dem Angeklagten D. über ihren Service als Prostituierte beschwert; daraufhin habe D. sie angewiesen, dem Kunden den Freierlohn zurückzuzahlen, was sie auch getan habe.
75
Die vernommenen Prostituierten haben wie die Thekenkräfte den Angeklagten als „Chef“ angesehen und die Angeklagte als Frau des Chefs.
76
Diese kümmerten sich auch um die – im Rahmen der beabsichtigten Täuschungen – notwendigen behördlichen Angelegenheiten, nicht die Prostituierten in eigener Verantwortung.
Sie gaben vor, dass die Prostituierten ein Gewerbe anzumelden hatten, wobei den Frauen – wie etwa die Zeuginnen Me. und Ba. bekundet haben – dessen Bedeutung meist überhaupt nicht klar war.
Den Prostituierten wurde durch die Angeklagten lediglich mitgeteilt, dass eine solche Anmeldung für die Aufnahme ihrer Tätigkeit erforderlich sei; dies hat auch die Zeugin M. glaubhaft bekundet.
Genauere Informationen, insbesondere durch die Ämter selbst, konnten die Prostituierten zumeist schon aufgrund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse nicht erhalten.
Die von den Behörden in der Hauptverhandlung mehrfach in Augenschein genommenen und erörterten ausgestellten Bescheinigungen (Gewerbemeldungen, Aufenthaltsmeldungen) wurden überwiegend im Original zusammen mit Kopien der Identitätsausweise im Büro des Bordells aufbewahrt und zwar - bezeichnender Weise in Ordnern mit Aufschriften wie „Personal“ oder „Mitarbeiter“.
77
Alle wesentlichen Arbeitsmittel (Kontaktraum, Verrichtungszimmer, Bett, Wäsche, Whirlpool) wurden – wie von Angeklagten und Zeugen bestätigt – von dem Angeklagten D. zur Verfügung gestellt.
78
Den einzelnen Prostituierten stand zur Erbringung der sexuellen Dienstleistungen zu keinem Zeitpunkt dabei ein festes eigenes Zimmer zur Verfügung; vielmehr wurden die Zimmer den Prostituierten bei Bedarf und je nachdem welche frei waren durch die Thekenkraft, die dann Schlüssel und Handtücher übergab, zugewiesen. Dies haben sämtliche hierzu vernommenen Prostituierten wie auch die gehörten Thekenkräfte bekundet.
79
Durch die Thekenkraft wurden auch detaillierte Aufzeichnungen über den Arbeitseinsatz und -umfang jeder einzelnen Prostituierten vorgenommen.
Die sichergestellten Aufzeichnungen der Monate Oktober und Dezember 2011 sowie Januar und März 2012 wurden in Augenschein genommen und gelesen. Diese Vorgehensweise haben auch die hierzu vernommenen Thekenkräfte und die Prostituierten bekundet. Letztere haben auch sämtlich ausgesagt, dass sie selbst nicht über ihre Leistungen und Einkünfte Buch geführt haben und diese Informationen auch nicht durch die Angeklagten übermittelt bekamen.
Die Aufzeichnungen dienten damit allein dem Arbeitgeber zur Kontrolle und als Grundlage für die einzelnen Abrechnungen.
80
Entgegen der Darstellung in den Internetauftritten der Bordelle und auf in diesen aushängenden Schildern mit dem Inhalt: „Die Damen haben sich untereinander auf bestimmte Preise für einzelne Leistungen verständigt und teilen Ihnen diese auf Nachfrage gerne mit.“ waren die Preise für die sexuellen Leistungen allein durch den Angeklagten D. vorgegeben worden. Dies hat dieser in seiner Einlassung auch nicht in Abrede gestellt.
Jede der etwa 20 vernommenen Prostituierten hat glaubhaft bekundet, es habe untereinander keine Preisabsprachen gegeben, vielmehr hätten die Preise festgestanden, der Angeklagte D. habe diese – und zwar im Einzelnen – vorgegeben.
81
Dabei wird, wie von der Angeklagten G. angeführt, die „Marktlage“ und eine Orientierung an den Preisen der Konkurrenzbetriebe sicher mitbestimmend gewesen sein.
82
Eine zumindest grundsätzliche Einhaltung der Preisvorgaben durch die Prostituierten erfolgte dann allein auf Grund der Umstände und Gepflogenheiten, ohne dass es einer weiteren Kontrolle bedurft hätte: keine Prostituierte hätte aufgrund den Preisauszeichnungen Veranlassung gehabt, weniger von den Kunden zu verlangen, und hätte sich dies gegenüber ihren Kolleginnen auch nicht erlauben können, keiner der Kunden hätte, mit Ausnahme der Leistung von „Trinkgeldern“, sich mit höheren Preisen für die „Grundleistungen“ einverstanden erklärt.
83
Aufbauend auf diese Entgeltregelung für die sexuellen Dienstleistungen regelte der Angeklagte auch die Entgeltregelung für die Prostituierten selbst.
84
In der V.A. erhielten die Prostituierten für ihre Arbeitstätigkeit nicht etwa 80 % des Freierlohns als eigene Entlohnung, wie von dem Angeklagten behauptet, sondern wie von der Mitangeklagten G. und der Zeugin Me., die noch als Prostituierte im Bordell tätig gewesen war, glaubhaft angegeben, 60 %, so dass 40 % als Unternehmeranteil bei dem Angeklagten verblieben.
85
Im F.G. erfolgte die Entgeltregelung, hinsichtlich der Beträge von den Angeklagten und allen Zeugen auch so beschrieben dahingehend, dass die Prostituierten von den Tageseinnahmen, die durch ihre sexuellen Dienstleistungen erzielt wurden, grundsätzlich täglich 50 € an den Angeklagten abzuführen hatten und sie den Rest dementsprechend als Lohn behalten konnten.
86
Die zur Täuschung gewählte Bezeichnung „Miete“ ändert nichts daran, dass es sich um den Arbeitgeberanteil des Angeklagten an den erzielten Prostitutionserlösen handelte;
eine Zimmervermietung fand nicht statt, die Prostituierten erlangten keine Verfügungsmacht über irgendwelche Zimmer.
87
Unerheblich ist auch, dass die Prostituierten ihren Lohnanteil erhöhen konnten durch die Erbringungen der Sonderleistungen (Schlucken, Anal usw.). Ob und in welchem Umfang die sogenannten Sonderleistungen erbracht wurden, ist unklar geblieben. [ was die alles wissen wollen *lol* ]
88
Dass der Anteil des Angeklagten grundsätzlich 50 € betrug, steht für die Kammer aufgrund der Angaben der Angeklagten und der allermeisten der gehörten Prostituierten und Thekenkräfte sicher fest;
die abweichenden Angaben (15 €, 25€, 30€) einiger weniger, noch zur Zeit im F.G. tätiger Prostituierter (Bl., Do.), sind nicht glaubhaft.
89
Nach den Aussagen der meisten vernommenen Prostituierten und Thekenkräfte hatten die Prostituierten den Anteil von 50 € nicht an den Angeklagten D. abzuführen, wenn sie keinen oder manchmal auch wenn sie nur einen Kunden hatten. Dies bedeutet, dass sie keinerlei Unternehmerrisiko, d.h. bei fehlenden Einnahmen keine Betriebskosten zu tragen hatten.
90
Dieser grundsätzliche Verzicht auf die sog. Miete, wenn die Prostituierte keine Einnahmen hatte, und der von der Angeklagten G. angegebene erhebliche Arbeitgeberanteil am Freierlohn aus den Escort-Leistungen von 70 € für die erste, 20 € für jede weitere Stunde von zu zahlenden 150 € bzw. 100 €, wobei das Bordell allein die Vermittlung und das Verbringen der Prostituierten zum Hotel zu leisten hatte, zeigt, dass es sich bei den Abgaben an den Angeklagten nicht etwa als finanzielle Gegenleistungen für die Zimmernutzung, sondern um dessen, klar geregelten Anteil an ihren Einnahmen handelt – und damit um einen Arbeitgeberanteil.
Dies wird auch in der Erklärung der Zeugin Sch. auf die Frage deutlich, warum der Angeklagte überhaupt einen Anteil an dem Lohn aus der Escort-Leistung erhielt: „weil die Prostituierte ja in den Stunden nicht da ist“, also dem Arbeitgeber nicht als für diesen im Bordell Arbeitende zur Verfügung steht.
91
Die Thekenkraft Li. hat bekundet, für Essen und Schlafen war von den Prostituierten nichts zu zahlen, wenn sie kein oder nur 1 „Zimmer gemacht“ hatten, wobei „1 Zimmer“ sexuelle Dienstleistungen für 30 Min. bedeutete.
Dies hat auch die Prostituierte Sch. bestätigt. Auch die Zeuginnen Da. und Dn., beide lange Zeit als Thekenkräfte im F.G. tätig und mit den Angeklagten gut bekannt oder gar befreundet, haben ausgesagt, dass für Essen und Schlafen manchmal gar keine Zahlung erbracht werden musste.
Durch die Gewährung von Unterkunft und Vollverpflegung und die Möglichkeit, sich in seinem Bordell zur Kontaktaufnahme mit Kunden aufzuhalten, gewährte der Angeklagte den Prostituierten auch eine Art Grundgehalt für Ihre Anwesenheit und Bereitschaft, sexuelle Dienstleistungen gegenüber den Kunden zu erbringen
92
Für die Arbeitszeiten gab es zumindest gewisse Rahmenbedingungen, die zum einen durch die erwiesenen Öffnungszeiten bestimmt waren, zum anderen durch vorgegeben Schichtpläne.
93
Entgegen der Darstellung des Angeklagten D., die Frauen hätten allein untereinander vereinbart, wer wann arbeite, gab es in den Bordellen auch einen Schichtplan, an den sich die Prostituierten zu halten hatten.
So haben etwa die Prostituierten We., Bu. und Sch. und auch die langjährige Thekenkraft Le. von einer Früh- und einer Spätschicht für die Prostituierten berichtet; die Angeklagte G. hat erklärt, es sei sonntags gefragt worden, wer in der kommenden Woche wann arbeite; auch mehrere dazu befragte Prostituierte haben bekundet, es sei vorab mit der Thekenkraft abgesprochen und auch von dieser vermerkt worden, wann wer arbeite.
Dieses Wissen war auch für die Thekenkräfte wichtig, die den Kunden, wenn diese vorab telefonisch nachfragten, mitteilen mussten, ob eine bestimmte Prostituierte zu einer bestimmten Zeit vor Ort sei.
94
Auf die Einhaltung der Zeiten wurde insbesondere durch die Thekenkräfte im Auftrag des Angeklagten D. geachtet.
So berichteten die Thekenkräfte Li. und Dn., sie hätten teilweise die Mädchen wecken müssen, damit diese rechtzeitig zur Arbeit erschienen.
Die Prostituierten Mu. und We. sowie die Zeugen E. und die Thekenkraft Ch. berichteten auch von der Verhängung von Strafgeldern durch D. für Verspätungen beim Arbeitsantritt.
95
Zwar durften die Frauen während der Arbeitszeit Pausen einlegen, jedoch nicht nach eigenem Belieben. So haben etwa die Prostituierten Mo., Mu., M. und Do. wie auch die Zeuge E. und Dn. bekundet, dass die Mädchen das Bordell nur dann verlassen durften, wenn nach Einschätzung der Angeklagten bzw. der anwesenden Thekenkraft noch ausreichend Prostituierte vor Ort waren. Die Angeklagten haben dies, wenn auch mit geschönten Worten „man habe die Frauen freundlich gefragt/gebeten, zu bleiben“, selbst auch bestätigt.
96
Diese Vorgaben galten grundsätzlich für alle dort tätigen Prostituierten. Selbst Prostituierte, die sehr gut zahlende Stammkunden hatten und daher weniger arbeiten wollten, wurden immer wieder zur Mehrarbeit gedrängt.
So hatte etwa die Zeugin M. einen niederländischen Schönheitschirurgen als Stammkunden, durch den sie übermäßig gut verdiente und nach eigener Aussage, wie auch derjenigen der Thekenkraft Dn., nur noch ein bis zweimal pro Woche zur Arbeit erschien. Auch diese Zeugin wurde nach eigener glaubhafter Aussage immer wieder aufgefordert, mehr zu arbeiten.
97
Fest steht auch, dass die Prostituierten erheblichen, sie einschränkenden Verhaltensvorschriften des Angeklagten ausgesetzt waren.
98
Sie hatten sich spärlich bekleidet in den unteren Räumlichkeiten der Bordellbetriebe aufzuhalten und dort die Kunden zu empfangen.
Jeder Kunde musste bedient werden, wobei grundsätzlich – jedenfalls bis zu einer späteren Stunde - geregelt war, dass die Prostituierten nicht von sich aus die Kunden ansprachen, wie von den Zeuginnen Bu. und Sch. beschrieben.
99
Wie von den Angeklagten auch nicht in Abrede gestellt, war es ebenfalls streng verboten, private Kontakte zu Kunden aufzunehmen, wie u.a. die Zeuginnen Mi., Ca. und Ch. berichteten.
100
Durch den Angeklagten D. Strafgelder wurden verhängt. Diese fielen nicht etwa nur an, wenn – wie er sich eingelassen hat – die Prostituierten irgendwelche Beschädigungen verursacht hatten. Vielmehr dienten die Strafgelder dazu, die Einhaltung seiner Weisungen, die er für einen geregelten und erfolgreichen Arbeitsablauf in seinem Bordell aufgestellt hatte, durchzusetzen.
So haben etwa die hierzu befragten Prostituierten Bu., Mu. und M., die Zeugin Ca. sowie die Thekenkräfte Ch. und Da. von Strafgeldern berichtet, die vor allem bei nicht aufgeräumten Zimmern zu zahlen waren. Auch die Angeklagte G. hat erklärt, D. habe immer wieder auf die Einhaltung bestimmter Regeln wie Sauberkeit und Pünktlichkeit zu Arbeitsbeginn gedrängt, irgendwann habe es Geschrei gegeben, dass er die „Schnauze voll“ habe; er habe dann auch ein Strafgeld verhängt, auch wenn dies dann aber oft nicht eingefordert worden sei.
101
Fast alle Zeuginnen, Prostituierte wie Thekenkräfte, haben bestätigt, dass der Angeklagte D. häufig „seine fünf Minuten“ bekam, die Nichtbefolgung von ihm aufgestellter Anweisung lautstark kritisierte und dabei auch so schrie, dass die Mädchen es mit der Angst zu tun kriegten (Ca.).
102
Nach der Schilderung vieler Zeuginnen machte der Angeklagte auch eher willkürlich Ausnahmen von seinen Vorgaben zur Zahlung der sog. Miete oder des Schlafgeldes. Hierbei handelt es sich danach um die willkürliche Entscheidung eines Arbeitgebers, die Einhaltung bestimmter Regeln und Absprachen nicht oder aber gerade einzufordern.
103
…
104
Nach diesen bewiesenen Feststellungen ist erwiesen, dass es sich bei den in der V.A. und im F.G. tätigen Prostituierten auch nicht um selbständig Tätige, sondern um abhängig beschäftigte Arbeitnehmerinnen, handelte die von dem Angeklagten Lohn erhielten, für den von diesem die Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen gewesen wäre.
105
Die Prostituierten waren fest in den vom Angeklagten geführten Betrieb eingebunden und unterlagen seinen Verhaltensanweisungen und seinen Vorgaben zu Ort und Zeit sowie Preis der sexuellen Dienstleistungen.
Auch wenn den Prostituierten eine gewisse Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Frequenz ihrer Anwesenheit eingeräumt worden ist, begründet dies angesichts der Besonderheiten der Arbeitsweise in diesem Bereich keineswegs bereits den Status einer Selbständigkeit.
106
Eine eigene unternehmerische Betriebsstätte, über die sie selbst (auch nur kurzfristig) hätten verfügen können, hatten die Prostituierten nicht.
Eine unternehmerische Akquise betrieben nur die Angeklagten, nicht die Prostituierten; diese trugen auch kein echtes Unternehmensrisiko.
107
Das durchaus gegebene starke umsatzorientierte Entgeltrisiko der Prostituierten schließt die Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Denn zum echten Unternehmerrisiko wird ein Entgeltrisiko erst, wenn trotz fehlender Einnahmen Betriebsausgaben zu tragen sind und damit ein unvermeidbares unternehmensbezogenes Vermögensrisiko besteht. Dies war hier aber gerade nicht der Fall.
108
Auch der Umstand, dass im F.G. mit steigenden Freierlöhnen (pro Tag) der Lohnanteil stieg, während der Arbeitgeberanteil bei 50 € verblieb, machte die Prostituierten deshalb nicht zu Unternehmerinnen, genauso wenig wie die Unternehmer- und Arbeitgebereigenschaft des Angeklagten dadurch entfällt, dass aufgrund dieser Entgeltabsprache (Prostitutions-) Umsatzerhöhungen nicht unmittelbar auch Gewinnerhöhungen mit sich brachten.
109
Gegen die Einordnung als Arbeitnehmerinnen spricht nicht, dass dem Angeklagten als Arbeitgeber aus rechtlichen Gründen hinsichtlich der eigentlichen sexuellen Dienstleistungen kein Weisungsrecht zuzubilligen ist.
Dies steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung schon grundsätzlich nicht entgegen § 3 Prostitutionsgesetz. www.sexworker.at/prostg
110
Darüber hinaus liegen hier durchaus auch Direktiven (Anweisungen wie Untersagungen) den Kernbereich der Tätigkeiten der Prostituierten betreffend vor.
Durch die in den Zimmern aushängenden Preislisten für 30 bzw. 60 Minuten sowie für Extras wie „Aufnahme und Schlucken“ oder „Anal“ machte der Angeklagte – auch wenn sämtliche hierzu befragten Prostituierten erklärt haben, keine Sonderleistungen angeboten zu haben [!!! Sic !!!] – auch hinsichtlich der Ausübung ihrer Tätigkeit gewisse Vorgaben.
Dass der Angeklagte eine solche – sicherlich nicht durchgängige [prostitutionsfeindliche Unterstellung!!! Anm. M.] – Weigerung sämtlicher Prostituierter akzeptiert hätte, ist im Hinblick auf den Charakter dieser Listen auch als Leistungskatalog und die sicherlich vorhandenen entsprechenden Kundenwünsche aus wirtschaftlicher Sicht eines Bordellbetreibers fernliegend.
111
Auch wurde den Prostituierten, wie u.a. die Thekenkraft Ch. und die Zeugin Ca. bekundet haben, untersagt, außerhalb des Bordells – abgesehen von mit den Angeklagten abzurechnenden Escortdiensten – den Kunden Leistungen zu erbringen. [vgl. Hausordnung]
112
Dass die Prostituierten den Freierlohn zunächst selbst körperlich in Empfang nahmen, ist ohne ausschlaggebende Bedeutung; dabei handelt es sich nur um eine Frage der reinen Zahlungsabwicklung im Rahmen der bestehenden Lohnabrede.
Dies zeigt auch der Umstand, dass die Kunden für die sexuelle Dienstleistungen auch mittels des EC-Geräts an der Theke zahlen konnten.
113
[ EC-Kartenzahlung könnte man auch als kulante Dienstleistung für die Sexworker interpretieren? Hätte es dafür einer Zahlungsverkehrtsgebühr bedurft? ]
Gegen die Einordnung als Arbeitnehmerinnen spricht auch nicht, dass es sicherlich auch im Interesse der Prostituierten war, keine Lohnsteuer und keine Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen.
Dieser wohl mit den Angeklagten übereinstimmende Wille begründet nicht ihre Selbständigkeit.
[ Warum wird hier nicht erwähnt, dass die Kunden evt. auch diesen übereinstimmenden Willen haben, der ihnen preiswerte Sexdienstleistungen garantiert? Männliche Richter oder Rechtsprechung? ]
Abzustellen ist nämlich vielmehr auf den Willen der Prostituierten hinsichtlich der übrigen genannten Gestaltungskriterien:
die Prostituierten wollten sich gerade nicht um den Ablauf kümmern,
um Behörden- und Abgabenangelegenheiten,
nicht um Werbung,
Kundenakquise,
Bettwäsche uä;
selbst Kondome wurden im Bordell vorrätig gehalten;
sie wollten eben kein unternehmerisches Risiko tragen
und nahmen daher die Einbehaltung des Arbeitgeberanteils von den Freierlöhnen hin, so z. B. wie die 15-20 im Oktober und Dezember 2011 fast ständig anwesenden Prostituierten monatlich im Schnitt 1.300€ (wie sich aus den bekannten Zahlen ergibt, s.u.),
statt sich selbst (günstigere) Appartements anzumieten.
114
Dass keine Arbeitnehmerschutzrechte gewährt wurden – die mit umgangen werden sollten –, vermag die zutreffende Einordnung als Arbeitgeber-Arbeitnehmer- Verhältnis nicht zu hindern.
115
…
116
Der Angeklagte kannte seine Verpflichtung als Arbeitgeber für die Einbehaltung, Meldung und Abführung der Lohnsteuer und für die Meldung und Abführung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zu Sozialversicherung Sorge zu tragen; hinsichtlich der übrigen Arbeitnehmer, wie Putzfrauen, Köche u.a. ist er dem auch nachgekommen. Die Angeklagte G. kannte diese Verpflichtungen auch und bereitete die entsprechenden Meldungen vor.
117
Die Angeklagten wussten auch um alle Umstände, aus denen sich für die Kammer die Nichtselbständigkeit der Prostituierten ergibt.
118
Auch die Qualifizierung der Tätigkeit der Prostituierten als abhängige Beschäftigung und die daraus folgende Verpflichtung zur Abführung von Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuer war ihnen klar.
119
Einen Irrtum, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht, schließt die Kammer sicher aus.
120
Beide fühlten sich als „Chef“ bzw. Frau des Chefs und gerierten sich auch so gegenüber den Prostituierten.
121
Die Angeklagten täuschten mit Absicht über die wahren Verhältnisse.
122
Dafür sprechen schon die zahlreichen ausdrücklichen „Hinweise“ auf die angebliche Selbständigkeit auf den Internetseiten der Bordelle und auf Hinweisschildern in den Betrieben; dafür spricht auch die Erklärung „Allgemeine Mitteilungen und verbindliche Information“, die den Frauen vorgelegt und – wohl aufgrund der mangelnden Sprachkenntnis ohne Kenntnis des Inhalts – unterschrieben wurde und in denen diese ihre angebliche Selbständigkeit bestätigten.
Hierdurch sollte offensichtlich den Behörden etwas vorgegaukelt werden und allenfalls noch manchen Kunden vielleicht ein besseres Gewissen verschafft werden. Ein anderer Hintergrund dieser – für den Geschäftsablauf überflüssigen Hinweise – ist nicht ersichtlich.
123
Insbesondere die eindeutig falsche Behauptung, die Prostituierten hätten sich selbst auf die Preisgestaltung geeinigt, zeigt deutlich die Verschleierungsabsicht. Dies wiederum lässt für die Kammer den Schluss zu, dass die Angeklagten genau wussten was sie taten.
124
Zweifel über die wahre Einordnung lagen bei den Angeklagten nicht vor.
125
Klärungen über Statusabfragen nach
§ 2 Abs. 1 Nr.3 b ArbGG http://dejure.org/gesetze/ArbGG/2.html oder
§ 7 a SGB IV http://dejure.org/gesetze/SGB_IV/7.html
wurden selbstverständlich nicht herbeigeführt.
126
Ein Irrtum lässt sich auch nicht durch eine angebliche Falschberatung durch den Steuerberater begründen.
127
Der von dem Angeklagten bewusst als „Fachmann“ für diese Branche gewählte Steuerfachangestellte Ge. hat, was auch den Interessen des Angeklagten entsprach, überhaupt keine konkrete Beratung vorgenommen.
Der Zeuge Ge. hat bekundet, er habe den Angeklagten zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit über die rechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Einordnung von Prostituierten als selbständig oder unselbständig nach Kriterien wie etwa Weisungsgebundenheit und Schichtplänen einerseits und festen Zimmern und eigener Werbung bei reiner Zimmervermietung andererseits, aufgeklärt.
Eine Beurteilung und rechtliche Einordnung der konkreten Umstände habe er nicht vorgenommen.
Der Angeklagte D. habe nach seinen Ausführungen erklärt, die in seinem Bordell tätigen Prostituierten seien selbständig. Diese Vorgabe habe er dann lediglich umgesetzt.
128
Auch hier war die Aussage des Zeugen Ge. sicherlich kritisch zu würdigen; die Einlassungen des Angeklagten D. vermögen der – unter Berücksichtigung der schon beschriebenen Umstände und Vorstellungen der Beteiligten – sehr plausiblen Zeugenaussage aber nicht entgegen zu stehen.
Wieso es nämlich für den Zeugen und den Angeklagten „selbstverständlich“ gewesen sein soll, dass die Prostituierten selbständig wären, wobei der Zeuge die Unterschiede zur angestellter Tätigkeit gar nicht erklärt haben soll, ist nicht nachvollziehbar.
Der Zeuge berät – offensichtlich zu deren Zufriedenheit – mehrere Dutzend Bordellbetreiber und dürfte Einblick in das Gewerbe aber auch in die Gewinnvorstellungen seiner Auftraggeber haben. Bewusst hat der Angeklagte auch diesen Steuerberater gewählt.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass es eben im beiderseitigen Interesse lag, nicht zu viel zu fragen und nicht zu viel zu antworten. Eine gründliche Klärung und zutreffende entsprechende Beratung, die ihm die beabsichtige Vorgehensweise mit Täuschung von Behörden und Fiskus unmöglich gemacht hätte, wollte der Angeklagte gerade nicht.
129
Die Angeklagten können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es lange Zeit nicht zu Beanstandungen durch Steuerbehörden und Zoll mit entsprechenden Konsequenzen gekommen ist.
130
[ 2 Razzien: ]
Die Zeugen ZOSin J., ZHS A. und ZAM B. [Zoll OberSekretär, HauptSekretär, AmtsMann] haben von Kontrollen des Bordellbetriebs F.G. im Dezember 2007 (eher hinsichtlich ausländer- und aufenthaltsrechtlicher Umstände) und im März 2010 berichtet, wobei die Kontrolle im März 2010 spontan ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers erfolgt und eine Verständigung mit den Frauen daher teilweise schwierig gewesen sei.
Die Zeugin J. bekundete, dass die erste Kontrolle, bei der im Wesentlichen Personalien abgefragt und die Gewerbeanmeldung eingesehen worden sei, deswegen keine Beanstandungen ergeben habe.
Der Zeuge B. als Mitglied der Abteilung „Prüfung und Ermittlung“ hat bekundet, dass nach Vorliegen der Ergebnisse der Kontrolle in 2010 von einer Scheinselbständigkeit der Prostituierten ausgegangenen worden sei; weitere eigenen Maßnahmen seien im Hinblick auf das hiesige Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft jedoch zunächst unterblieben.
131
Den Angeklagten war bewusst, dass die Behörden nur über begrenzte Kontrollmöglichkeiten verfügten; eine vollständige Kenntnis über die genauen Verhältnisse und Praktiken in den beiden Bordellen lag erst im Laufe des Ermittlungsverfahrens vor. Die Verschleierung der abhängigen Beschäftigung war ja auch gerade das Ziel des Angeklagten D., das er durch Maßnahmen wie inhaltlich falsche Gewerbeanmeldungen und verschiedenste Hinweise auf die vermeintliche Selbständigkeit der Prostituierten verfolgte.
132
Die Angeklagten können sich auch nicht darauf berufen, dass sie aufgrund der Vereinbarung des sogenannten Düsseldorfer Verfahrens mit dem Finanzamt Kleve und dessen jahrelanger Durchführung und der Entgegennahme von entsprechenden Geldabführungen davon hätten ausgehen können, ihre vorgeschobene Darstellung einer Selbständigkeit sei rechtlich zutreffend und werde so auch vom Finanzamt Kleve für richtig befunden.
133
[ Das Finanzamt Kleve / Düsseldorfer Verfahren wird hier quasi auch verurteilt! s.u. ]
Wie vom Zeugen H. dargestellt, beruhte die Vereinbarung dieses Verfahrens allein auf den Anmeldungen der Prostituierten als selbständig Tätige beim Gewerbeamt und der Finanzverwaltungspraxis, in solchen Fällen grundsätzlich für die Durchführung des Düsseldorfer Verfahrens zu sorgen.
Eine eigene Überprüfung an Hand der konkreten Gegebenheiten, ob es sich bei den Prostituierten um selbständig oder unselbständig tätige handelt, hat der Zeuge H. – für die Angeklagten erkennbar – nicht vorgenommen. Diesem zeigte sich vielmehr nur das durch die Angeklagten vorgetäuschte Bild.
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Auf Anwendung und Durchführung des Düsseldorfer Verfahrens können sich die Angeklagten auch deshalb nicht berufen, weil sie es in keiner Weise vollständig und richtig umgesetzt haben, sondern ihnen dies auch dazu diente sich weitergehend zu bereichern.
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Eine andere Beurteilung der subjektiven Kenntnis ergibt sich auch selbstverständlich nicht aus dem Umstand, dass andere Bordelle, in denen eine ähnliche, möglicherweise aber auch in Einzelheiten abweichende Gestaltung vorgenommen wurde, ebenfalls keine Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuer abführten.
Beide Angeklagten wussten sehr genau, dass es unterschiedliche Ausgestaltungen der Prostitutionsausübung gibt (Straßenstrich, Wohnungsprostitution, Laufhäuser) und sich auch die steuerlichen Folgen unterschiedlich beantworten. Nicht mit Erfolg können sich die Angeklagten darauf berufen, dass auch andere Clubbetreiber Steuern und Sozialabgaben hinterziehen und insoweit wohl keine ausreichende Verfolgungsdichte herrscht.
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Nach diesen bewiesenen Feststellungen ist auch erwiesen, dass der Angeklagte, später gemeinsam mit dem Zeugen E., auch mit seinem Unternehmen als Erbringer sämtlicher vom Kunden erwarteter Dienstleistungen auftrat, nicht aber die einzelnen Prostituierten.
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Beide Bordelle stellten sich in der Werbung in der Presse und im Internet als organisatorische Einheit mit einheitlichem Leistungsangebot und entsprechenden einheitlichen Preisen dar; eine werbende Tätigkeit durch die einzelne Prostituierte gab es nicht.
Auch aus Sicht der Freier waren die beiden Clubs und damit der Angeklagte Leistende und nicht etwa die einzelnen Prostituierten.
Dies gilt auch, wenn wie hier, die Leistungen durch die Geldzahlungen der Kunden direkt an die Prostituierten vergütet worden sind.
Die V.A. und der F.G. sind gegenüber den Kunden nach ihrem äußeren Erscheinungsbild als einheitliche Organisation aufgetreten. Der Angeklagte hat unter diesem Namen die für die Prostitutionsleistung erforderlichen Räume samt Ausstattung und Zusatzleistungen (Bar, Küche, Whirlpool) zur Verfügung gestellt, in denen die Kunden Animations- und andere Dienste von Prostituierten samt den dazugehörigen Nebenleistungen in Anspruch nehmen konnten. Der Angeklagte hat insbesondere für den reibungslosen Ablauf gesorgt und das erforderliche Personal einschließlich der in den jeweiligen Räumen tätigen Prostituierten organisiert. Auch durch den Einsatz eines entsprechenden Lesegerätes hat er es ermöglicht, dass Zahlungen mit EC-Karte erfolgen konnten.
Zur organisatorischen Eingliederung auch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne der Prostituierten gehörte auch die Bindung an das im Club geltende Preissystem sowie der Umstand, dass Aufzeichnungen geführt wurden, in den der gezahlte Eintrittspreis, die konsumierten Getränke, der Name der Prostituierten sowie der Zeitpunkt des mit ihr aufgesuchten Zimmers vermerkt wurden. Der Angeklagte hat den Gästen im Rahmen seines Unternehmens mithilfe der bei ihm tätigen Prostituierten die Gelegenheit zum entgeltlichen Geschlechtsverkehr verschafft.
Die Verschaffung des Geschlechtsverkehrs stellt sich deshalb als Leistung des Clubs dar, zumal davon auszugehen ist, dass die Partnerinnen dafür mehr oder minder austauschbar waren, wie auch die jeweils zu benutzenden Zimmer.
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Beide Angeklagte wussten auch um alle Umstände, aus denen sich die Umsatzsteuerverpflichtung auch für die Prostitutionserlöse als solche ergab.
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Ein Irrtum lag bei ihnen nicht vor, insbesondere wurde keiner durch Falschberatung des Steuerberater, bzw. des für die Angeklagten allein tätigen Steuerfachgehilfen Ge. hervorgerufen.
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Der Zeuge Ge. hat – nach Entbindung von der Schweigepflicht im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung – selbst bekundet, hinsichtlich der Umsatzsteuerverpflichtung darauf hingewiesen zu haben, dass eine solche auch wegen der Prostitutionserlöse bestehe, wenn keine reine Zimmervermietung stattfinde, bei der die Frauen ein eigenes festes Zimmer haben, für dessen Reinigung sie selbst verantwortlich sind und sie selbst Reklame machten.
Die Kammer hat durchaus bedacht, dass der Zeuge auch aus unterschiedlichen Motiven ein Interesse daran haben kann, seine Beratung als nicht fehlerhaft darzustellen. Dass dies hier aber der Wahrheit zuwider angegeben worden sei, ist nicht ersichtlich, zumal auch die Angeklagten selbst dieser Darstellung nicht konkret entgegengetreten sind. Der Zeuge hat auch plausibel dargestellt, dass er dies mit dem Angeklagten D. auch noch anhand eines Urteils erörtert hatte. Der Zeuge hat weiter bekundet, die ihm dann mitgeteilten Umsätze hätten über den Umsätzen anderer Clubs gelegen.
Ob der Zeuge hinsichtlich aller tatsächlichen Umstände so genaue Kenntnis hatte, dass er von sich aus hätte erkennen können, dass die genannten Umsätze wohl kaum auch die Freierlöhne enthalten haben konnten, kann dahinstehen.
Alle Umstände zeigen der Kammer, dass übereinstimmend bestimmte Fragen nicht gestellt und nicht beantwortet werden sollten. Dass der Zeuge Ge. Fragen und Kontrollen unterlassen hat, vermag die Angeklagten nicht zu entlasten.
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... Fortsetzung
Emmerich - Fun Garden Urteil
- FKK-Saunaclub-Betreiber-Ehepaar als Menschenhändler verurteilt
- und wegen Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben in Millionenhöhe (vgl. Pussy-Clubs und Collosseum Augsburg)
- Sexworker werden als scheinselbständig bewertet, der Chef hatte alles vorgegeben
- Betreiber ist damit Arbeitgeber und auch Sozialabgaben-pflichtig
- Betreiber ist somit Gesamtumsatz-Umsatzsteuerpflichtig, also auch für den Zahlungsanteil zwischen Freier und Sexworker
- polizeiliche Nötigung zum "Düsseldorfer Verfahren" wird kritisiert
- 6 Jahre ein Bordell betrieben
- 6 Jahre Gefängnisstrafe
- ...
Diese sehr textlastige Entscheidung ist aufgrund ihrer sehr ausführlichen Beschreibung der Arbeitsbedingungen in 2 Bordellen sehr lesenswert. Es finden sich hier interessante Ausführungen zur Frage, wann von selbstständiger bzw. wann von abhängiger, arbeitnehmerähnlichen Sexarbeit auszugehen ist. Die Angaben zu den Preisangaben [ vgl. Finanz-Rechnung www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=133520#133520 ] sind für alle Bordellbetreiber sicher ebenfalls interessant. Auch setzt sich die Kammer sehr ausführlich mit dem Düsseldorfer Modell auseinander und lehnt es n der Tendenz ab. Die wichtigsten Passagen habe ich unterlegt. Hier kommt der Text:
Datum: 07.05.2013
Gericht: Landgericht Kleve
Spruchkörper: 9. große Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Kleve
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 190 KLs 6/12 Landgericht Kleve
Normen:
§§
370 Abs. 1 AO [Steuerhinterziehung www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__370.html ],
266a StGB [Vorenthalten, Veruntreuen von Arbeitsentgeld www.gesetze-im-internet.de/stgb/__266a.html ]
Tenor:
Es sind schuldig
der Angeklagte D. [Betreiber von 2 Clubs]
des schweren Menschenhandels,
der Förderung des Menschenhandels,
des Einschleusens von Ausländern in 3 Fällen, davon in 2 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung,
der Steuerhinterziehung in 29 Fällen und
des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 79 Fällen,
die Angeklagte G. [Frau des Betreibers]
des Einschleusens von Ausländern in 3 Fällen, davon in 2 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung,
der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 29 Fällen und
der Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt in 79 Fällen.
Es werden verurteilt
der Angeklagte D. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 9 Monaten,
die Angeklagte G. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten.
…
§§
370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 AO,
96 Abs. 1 AufenthG a.F. und n.F.,
232 Abs. 4 Nr. 1,
233a Abs. 1,
266a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2,
267 Abs. 1 3. Fall, 14, 27, 52 Abs. 1, 53 Abs. 1 StGB
G r ü n d e :
Der Angeklagte D. leitete – unterstützt durch seine Lebensgefährtin, die Angeklagte G. – in den Jahren 2005-11,
seit Mai 2007 gemeinsam mit dem gesondert verfolgten E., 2 Bordelle in Emmerich, zunächst die V.A. [Villa Auberge], ab Mai 2007 den F.G. [Fun Garden in Emmerich].
2 Bordelle
6 Jahre
In dieser Zeit beschäftigte er mehrere Hundert Prostituierte, überwiegend aus Osteuropa, durchschnittlich bis zu 18 Prostituierte, als Arbeitnehmerinnen, die er jedoch als Scheinselbständige darstellte.
So führte der Angeklagte D. Sozialversicherungsabgaben in Höhe von knapp 1,9 Mio. € und Lohnsteuern in Höhe von gut 800.000 € nicht ab.
1,9 Mio. € Sozialversicherungsabgaben
800.000 € Lohnsteuer
Durch weitere falsche Angaben verkürzte der Angeklagte zudem etwa
900.000 € Umsatzsteuern,
260.000 € Gewerbesteuern und
230.000 € Einkommensteuer.
Insgesamt ergibt sich ein Abgabenschaden von etwa
4,1 Mio. €,
zu dem die Angeklagte G., insbesondere durch die ihr obliegende Buchführung, Hilfe leistete.
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Bei der Personalbeschaffung kam es ab 2007 in 3 Fällen zum Einschleusen von Ausländern durch die Angeklagten, dabei in 2 Fällen mit Beihilfe zur Urkundenfälschung, indem die Prostituierten beim Gewerbe- und Einwohnermeldeamt gefälschte Pässe vorlegten.
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Im März 2010 machte sich der Angeklagte des schweren Menschenhandels schuldig, indem er 1 ungarische Prostituierte, die aus dem Abhängigkeitsverhältnis fliehen wollte, durch Gewalteinsatz zur Fortsetzung der Prostitution zwang.
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Zuvor, im März 2009 förderte der Angeklagte D. den Menschenhandel 1 ungarischen Zuhälterin zum Nachteil von mindestens 4 Prostituierten, indem er diesen Wohnung und Arbeit in seinem Bordell gab.
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Die Angeklagten haben - der Wahrheit zuwider und durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt - auch in der Hauptverhandlung behauptet, die Prostituierten seien selbständig gewesen, jedenfalls hätten sie nicht anderes angenommen.
Ebenfalls widerlegt ist ihre Behauptung, sie hätten nichts von der ukrainischen Herkunft 2 Prostituierter gewusst, und die Darstellung des Angeklagten D., die ungarische Prostituierte S. nicht mit Gewalt zur Fortsetzung der Prostitution gezwungen und von den Menschenhandelsdelikten der ungarischen Zuhälterin nichts gewusst zu haben.
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Die Kunden hatten in beiden Bordellen grundsätzlich einen Eintrittspreis von 50€ zu zahlen. Dabei waren im F.G. die Saunanutzung sowie Essen und nichtalkoholische Getränke und Bier inbegriffen.
Für Sekt (ganze Flasche oder Pikkolo) war ein zusätzlicher Preis zu zahlen.
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Im F.G. gab es zudem eine sog. HappyHour mit einem Eintrittspreis von 35€, zu Anfangszeiten bis 19 Uhr, später bis 17 Uhr, zuletzt nur noch bis 15 Uhr.
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Zumindest in den Abendstunden hatte der Angeklagte D. überwiegend auch Türsteher für den F.G. beschäftigt.
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Bezeichnet wurden beide Bordellbetriebe als Saunaclubs. Jedenfalls zu bestimmten Zeiten herrschte für die Kunden Bademantelpflicht.
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Geworben wurde für die Betriebe durch den Angeklagten mit Zeitungsanzeigen und im Wesentlichen mit Internetauftritten, die beauftragte Unternehmen für den Angeklagten gestalteten.
Dabei wurde die V.A. als der Top FKK-Saunaclub im weiten Umkreis angepriesen, der F.G. als einer der größten Saunaclubs in Deutschland.
Neben einem Hinweis auf die Eintrittspreise wurden die Preise für die unterschiedlichen sexuellen Dienstleistungen angeführt, sowie u.a. „20 Girls“ oder „nahezu täglich neue Girls (+18) aus dem europäischen Raum“ angeboten, wobei die dargestellten Hochglanzbilder überwiegend irgendwelche Models und nicht die tatsächlich in den Clubs arbeitenden Prostituierten zeigten.
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Die Prostituierten verfügten – mit ganz vereinzelten Ausnahmen – über keine eigenen Unterkünfte.
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Die Prostituierten übernachteten deshalb in den Bordellen selbst, und zwar in den Zimmern, in denen auch die sexuellen Leistungen an den Kunden erbracht wurden.
Zu Zeiten des F.G.s hatte der Angeklagte zusätzlich auch Räumlichkeiten außerhalb des Bordells für die Prostituierten angemietet, so etwa gegenüber dem F.G. im Obergeschoss des Hauses T.-Straße 25 oder auf der H.-Straße 58b.
Im F.G., in dem eine Küche für Mahlzeiten der Kunden und ein Koch zur Verfügung standen, wurden auch die Prostituierten mit Essen verpflegt.
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Dabei wurde den im F.G. tätigen Prostituierten von dem Angeklagten täglich für die Unterkunft 5 €, später 10 € und für das Essen mal 7, mal 10 oder auch 12 € berechnet.
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Die Prostituierten arbeiteten in den Bordellbetrieben des Angeklagten als Arbeitnehmerinnen;
hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und des Entgeltes standen sie in einem Unterordnungsverhältnis zu diesem und nicht in eigener unternehmerischer Verantwortung.
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Der Angeklagte D. versuchte jedoch – der Wahrheit zuwider – nach außen darzustellen, dass die in seinen Bordellbetrieben beschäftigten Prostituierten selbstständige Unternehmerinnen wären und ihre Leistungen völlig eigenständig und auf eigene Rechnung anböten.
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Die Angeklagten wussten, dass ihnen eine offizielle Beschäftigung der zahlreichen osteuropäischen Prostituierten entsprechend ihres tatsächlichen Status als Arbeitnehmerinnen wegen der eingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit (für die bei ihnen tätigen Bürgerinnen aus z.B. Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Estland bis Mai 2011, für die aus Bulgarien und Rumänien auch noch weiter bis zum Ende des Anklagezeitraumes) schwerlich möglich gewesen wäre.
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In der weiteren Absicht, einerseits möglichst viel an eigenem Profit zu erzielen, anderseits aber auch, um mit den Preisen der „Konkurrenz“ mithalten zu können, wollten sich die Angeklagten, bei entsprechenden Entgeltabsprachen mit den Prostituierten, auch die Abführung von Lohnsteuern und Sozialversicherungsabgaben „ersparen“.
Auch den Prostituierten kam es naturgemäß [ ??? Unterstellung ] darauf an, ihr Entgelt möglichst ohne Abzüge zu erhalten.
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Um den Schein der Selbständigkeit der Prostituierten aufrecht zu erhalten, traf der Angeklagte D. mit Hilfe der Angeklagten G. eine Reihe von Maßnahmen.
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Eine Vielzahl der Prostituierten wurde in Emmerich am Rhein gewerblich gemeldet. Dazu ging die Angeklagte G. jeweils kurz nach Beginn der Arbeitsaufnahme mit ihnen zum Gewerbeamt und meldete dort für diese ein Gewerbe als Hostess, Messe-Hostess, Masseurin oder Go-Go-Tänzerin an.
Hierbei war den Prostituierten Sinn und Zweck dieser Gewerbemeldung zumeist nicht klar.
[ Es fehlt eine Sexworker Akademie / Whore College !!! Anm. M. ]
Die Angeklagten hatten ihnen gesagt, die Anmeldung sei erforderlich, um arbeiten zu können, und im Rahmen behördlicher Kontrollen sollten sie die Gewerbemeldung griffbereit haben. Die Gespräche beim Gewerbeamt mit der dortigen Mitarbeiterin führte ausschließlich die Angeklagte G.. Den Inhalt dieser Gespräche verstanden die Prostituierten schon allein wegen der Sprachschwierigkeiten nicht.
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Eingebunden in die unzutreffende Außendarstellung wurde auch der für den Angeklagten tätige Steuerberater.
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Mit der steuerlichen Betreuung seiner Unternehmen und seiner Privatangelegenheiten hatte der Angeklagte D. bereits bei Übernahme der V.A. das Steuerberatungsbüro H. in G. beauftragt. Betreut wurde er dort durch den Steuerfachangestellten Ge., der eine Vielzahl weiterer vergleichbarer Betriebe betreut und in diesem Bereich seit Jahrzenten tätig war.
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Eine echte Beratung fand durch den Zeugen Ge., was dem Angeklagten auch entgegen kam, nicht statt. Vielmehr klärte der Zeuge Ge. den Angeklagten zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit über die rechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Einordnung von Prostituierten als selbständig oder unselbständig und das Erfordernis der Versteuerung der gesamten Prostitutionsumsätze, selbst bei tatsächlicher Selbständigkeit der Prostituierten, auf.
Eine Beurteilung und rechtliche Einordnung der konkreten Umstände nahm der Zeuge nicht vor. Vielmehr setzte er lediglich die Vorgabe des Angeklagten, dass die bei ihm tätigen Prostituierten selbständig seien, um.
Die angeblichen Einnahmen des Angeklagten aus den Bordellen wurden
2005 als Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb „Club“
ab 2006 als Einkünfte aus „Zimmervermietung“ in den Steuererklärungen bezeichnet.
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Der Angeklagte D. warb wahrheitswidrig in den Internetauftritten der Bordelle zudem mit Standartformulierungen, die sich auch bei Werbungen andere Bordellbetriebe finden, damit, dass die Prostituierten selbstständige Unternehmerinnen seien und ihre Leistungen völlig eigenständig und auf eigene Rechnung anböten und dass die „Damen sich auf bestimmte Preise geeinigt“ hätten.
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[ Möglicherweise hat der das ProstG nur so ausgelegt? ]
[ Der Einigungsprozess lag möglicherweise vor vielen Jahren und wurde dann als Tradition nur übernommen? ]
Darauf wurde auch im Bordell selbst mit entsprechenden Hinweisschildern hingewiesen.
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[ Hausordnung/Betriebsregeln: ]
Der Angeklagte D. ließ die Prostituierten darüber hinaus eine in deutscher Sprache verfasste Erklärung mit der Überschrift „Allgemeine Mitteilung und verbindliche Information“ unterschreiben, in der er ausdrücklich darauf hinwies, dass die im Sauna-Club tätigen Frauen eine „selbständige Tätigkeit“ ausüben, sie die Hausordnung einzuhalten haben und lediglich eine Zimmervermietung erfolge.
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Tatsächlich jedoch unterlag die Tätigkeit der Prostituierten engen Vorgaben des Angeklagten D.:
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Ein privater Kontakt zu Kunden war untersagt. Wenn bestimmte Kunden sexuelle Dienstleistungen außerhalb der Bordelle wünschten, war dies nur über die Buchung von Escortleistungen möglich, an denen der Angeklagte zu bestimmten Anteilen mit profitierte.
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[ Arbeitsplan/Anwesenheitsplan: ]
Die Prostituierten mussten hinsichtlich ihrer Arbeitszeiten jeweils Absprachen mit der Angeklagten G. oder einer der übrigen Thekenkräfte treffen.
Zunächst, insbesondere in der V.A., arbeiteten die Prostituierten grundsätzlich während der gesamten Öffnungszeiten.
Später führte der Angeklagte D. einen Schichtbetrieb ein. Hierzu führte die Angeklagte G. – wenn diese nicht anwesend war, die Thekenkraft – einen Plan, in den in Absprache mit den Prostituierten möglichst vor Beginn der Woche deren Arbeitszeiten eingetragen wurden; Wünsche wurden wenn möglich berücksichtigt. Auch längere Abwesenheitszeiten, zumeist für Heimaturlaube der ausländischen Prostituierten, wurden besprochen und notiert.
Während ihrer Arbeitszeiten waren die Prostituierten angewiesen, sich im Bar- bzw. Anbahnungsbereich des Bordells aufzuhalten und dort für die Kunden zur Verfügung zu stehen. Wenn sie in dieser Zeit das Haus verlassen wollten, mussten sie um Erlaubnis fragen; wären nach Einschätzung der Angeklagten oder der jeweiligen Thekenkraft dann für die anwesenden Kunden nicht genug Prostituierte vor Ort gewesen, wurde das Entfernen untersagt.
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Die Ausführung der sexuellen Dienstleistungen erfolgte in beiden Clubs in einzelnen Zimmern. Die Prostituierten verfügten dabei nicht über ihnen individuell zustehende Zimmer, vielmehr wurden ihnen die jeweils freien Zimmer zugeteilt, die sie dann mit den Kunden aufsuchten.
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[ Preisaushänge: ]
Die Preise für die sexuellen Leistungen wurden allein durch den Angeklagte D. festgelegt, nämlich 50 € für 30 Minuten, 1 Stunde kostete zunächst in der V.A. 100 € und später im F.G. 80 €.
Auch für Sonderleistungen (Französisch, Aufnahme+Schlucken, Anal, individuelle Massage, etc.) gab der Angeklagte die Preise vor. Die Preise wurde so auch in den Internetauftritten angezeigt und waren auf Zetteln aufgeführt, die in den Bordellen auch in allen Zimmern aushingen.
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Das der Höhe nach vorgegebene Geld für die sexuellen Leistungen kassierten die Prostituierten von den Kunden zumeist auf den jeweiligen Zimmern.
Die Kunden konnten für die sexuellen Leistungen aber auch an der Theke mit EC-Karte bezahlen.
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[ Prozentregelung und Festbetragregelung (Miete): ]
Die Entgeltregelung, d.h. die Aufteilung der Freierlöhne, gestaltete sich in den beiden Bordellbetrieben unterschiedlich.
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In der V.A. erfolgte diese nach der Vorgabe des Angeklagten D. dahingehend, dass die Prostituierte 60% ihrer Einnahmen für sich behalten und 40% , als Einnahmen aus Zimmervermietung dargestellt, an ihn abgeben musste.
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Im F.G. erhielt der Angeklagte als Anteil an den Freierlöhnen von jeder Prostituierter 50 € täglich.
Zur Verschleierung der Arbeitsverhältnisse wurde auch dies als eine Zahlung von „Miete“ deklariert.
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Von den Einnahmen aus den Escortleistungen erhielt der Angeklagte von den 150€ für die erste Stunde 70€, von den 100€ für jede weitere Stunde 20€.
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[ Buchführung: ]
Die Angeklagte G. oder die sonst tätige Thekenbedienung führte an der Theke Buch über die Tätigkeit der Prostituierten.
Wenn sie den Prostituierten für ihre Dienstleistungen Schlüssel für die jeweils freien Zimmer, und Handtücher aushändigten, wurde in eine Liste ihr Name, die Uhrzeit, die Zimmernummer und die vereinbarte Verweildauer auf dem Zimmer eingetragen.
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Wenn Kunden „Beschwerden“ hinsichtlich der Prostituierten hatten, wendeten sie sich nicht an die jeweilige Prostituierte, sondern an den Angeklagten D. oder, wenn dieser nicht da war, an die Angeklagte G. oder die Thekenbedienung.
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Umgekehrt konnten die Kunden nicht nur den Club und seine Einrichtungen, sondern insbesondere auch die Leistung der Prostituierten in einem von dem Angeklagten D. vorgegebenen Fragebogen bewerten, wofür ihnen dann ein Rabatt von 5€ für einen weiteren Besuch im F.G. gewährt wurde.
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In beiden Clubs gab es ein Strafsystem, bei dem gegenüber den Prostituierten Strafgelder von 20 – 100 € verhängt werden konnten, wenn diese z.B. Ordnung und Sauberkeit nicht einhielten oder nicht pünktlich dienstbereit waren.
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Nach Beendigung ihrer täglichen Arbeit mussten alle Prostituierten an der Theke abrechnen und aus den Einnahmen die täglichen Abgaben begleichen.
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[ Zahlungen für Sexworker: ]
Neben dem „Zimmermiete “genannten abzuführenden Arbeitgeberanteil an den Kundengeldern, setzten sich diese täglichen Abgaben zusammen aus
50 € [pro Tag einmalig fürs Zimmer falls es Kunden gab]
5 bis 10 € für die Übernachtung,
7, 10 oder 12 € für Essen,
5 € für Kondome
sowie individuell abzurechnende Ausgaben für konsumierte Getränke.
[plus Strafzahlungen]
[10-15 € Düsseldorfer Verfahren s.u.]
[kein Eintritt für Sexworker. Vgl. Paradise]
44
Ob diese Kosten, insbesondere die sog. Zimmermiete und die Kosten für Unterkunft und Essen durch die Prostituierten zu zahlen waren, richtete sich grundsätzlich nach einer Regel, wonach die Kosten erst anfielen, wenn die Prostituierte 1 (oder - bei nur halbstündigem Aufenthalt - 2) Kunden gehabt hatte.
Dies unterlag aber im Einzelfall der willkürlichen Entscheidung des Angeklagten D., die teilweise von seinen Launen abhing, teilweise davon, ob der Angeklagte die jeweilige Prostituierte bei sich halten wollte, z.B. wegen ihres Aussehens oder weil diese deutsch sprach, oder er sich umgekehrt von der weitere Anwesenheit einer Prostituierten keine Geschäftserfolge versprach, teilweise aber möglicherweise auch von der individuellen Zuneigung des Angeklagten.
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[ das Bordell als gruppendynamischer Familienbetrieb, wo es "menschelt". Anm. M. ]
Gleiches galt für die Eintreibung der Strafgelder, die in einigen Fällen nur angedroht oder verhängt wurden, auf Grund willkürlicher Entscheidung aber nicht immer „vollstreckt“ wurden.
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[ Düsseldorfer Verfahren und Sex Steuer ]
Darüber hinaus ließen sich die Angeklagten von den Prostituierten täglich 10 €, später 15 €, für das sogenannte Düsseldorfer Verfahren an „Steuern“ abführen.
47
Nachdem das Finanzamt Kleve durch das Gewerbeamt Emmerich über die zahlreichen Anmeldungen der unter der Adresse des F.G. angeblich selbständig tätigen „Hostessen“ informiert worden war, hatte ein Beamter des Finanzamtes, der Zeuge H., – im Hinblick auf die auch vom Angeklagten aufrecht erhaltene Darstellung, es handele sich, wie angemeldet, um selbständige Gewerbetreibende – für die Prostituierten mit dem Angeklagten D. die Teilnahme am „Düsseldorfer Verfahren“ beginnend ab Dezember 2007 vereinbart.
Nach diesem, u.a. in Nordrhein-Westfalen praktizierten, Verfahren werden von selbständig tätigen Prostituierten pauschale Tagessätze von seinerzeit 10 € als „Vorauszahlung“ auf für diese später festzusetzende Einkommen- und Umsatzsteuer erhoben.
Nach der getroffenen Vereinbarung hatte der Angeklagte von jeder Prostituierten diesen Tagessatz von 10 € zu erheben und bei Aufzeichnung in Anschreibe- und Anwesenheitslisten an das Finanzamt zu zahlen.
48
Tatsächlich ließ sich der Angeklagten von den Prostituierten diese 10 € täglich auch zahlen, die selbst allerdings teilweise, wie z.B. die Zeuginnen De. und Bl., überhaupt nicht wussten, um was es sich dabei handelte.
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Von den einbehaltenen Vorauszahlungen leitete der Angeklagte jedoch tatsächlich zeitweise nur zwei Drittel, zeitweise nur die Hälfte [50-66%] oder noch weniger an das Finanzamt weiter.
Dazu wurden von der Angeklagten G. die Anwesenheitslisten nur teilweise zutreffend, im Übrigen aber vollkommen willkürlich und unzureichend ausgefüllt.
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Den monatlichen Restbetrag schlug er seinem Gewinn zu. [soll heißen unversteuert]
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Die Einführung der sog. Sex-Steuer durch die Stadt Emmerich im Jahr 2011 nahm der Angeklagte zum Anlass, diese nicht selbst aus seinen Erlösen zu zahlen, sondern durch die Prostituierten, indem er den Tagessatz, unter Vortäuschung es handele sich insgesamt um Zahlungen für das Düsseldorfer Verfahren, auf 15 € erhöhte.
[ Wer kann das mal nachrechnen, ob es nicht auf dasselbe herauskommt, wenn man die nach Gewerbefläche berechnete kommunale Vergnügungssteuer als Kostenblock nur auf die Sexworker (als sog. Mieterinnen) umlegt. ]
52
[/b]…
53
[ Unterschlagene Sozialabgaben: ]
Entsprechend der Absicht und Planung der Angeklagten D. und G. sowie des Zeugen E., die Prostituierten den wahren Verhältnisse zuwider als Selbständige darzustellen, um damit eben auch die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu sparen, unterließen es der Angeklagte D. und später auch der gesondert verfolgte E., die Prostituierten und ihre Löhne den zuständigen Sozialversicherungsträgern zu melden und die sich hieraus ergebenden Arbeitnehmeranteile an die Sozialversicherung abzuführen.
Die Sozialversicherungsträger unterließen mangels Anzeige der Arbeitsverhältnisse der Prostituierten und der gezahlten Löhne die Festsetzung und Einziehung der Arbeitgeberanteile.
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Gemeldet wurden durch das für die Angeklagten tätige Steuerberaterbüro aufgrund von jeweiligen monatlichen Mitteilungen der Angeklagte G. lediglich die Lohnzahlungen an sie selbst und einige angestellte Hilfskräfte wie Putzfrauen, Köche u.ä.
55
Nicht gemeldet wurden im gesamten Tatzeitraum die tatsächlich an die Prostituierten erfolgten Lohnzahlungen von insgesamt ca. 4,1 Millionen Euro, die sich aus den Prostitutionseinnahmen, d.h. den ausbezahlten Freierlöhnen abzüglich des Unternehmeranteiles daraus, den sogenannten Mieten, ergaben.
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[ Umsatzsteuerhinterziehung: ]
Bereits mit der Übernahme der V.A. fasste der Angeklagte D. den Entschluss, sich durch das Verschweigen von Umsätzen und Einnahmen gegenüber den Finanzbehörden finanzielle Vorteile zu verschaffen indem er anstelle der tatsächlichen Umsätze wesentlich geringere Umsätze meldete, insbesondere die reinen Prostitutionsumsätze, das heißt die Einnahmen aus den sexuellen Leistungen der Prostituierten, als solche verschwieg und dadurch in erheblichem Umfang Umsatzsteuer hinterzog.
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Durch das Verschweigen von Einnahmen wurden ebenfalls Einkommen- und Gewerbesteuerverkürzungen bewirkt.
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Entsprechend der Absicht und Planung der Angeklagten D. und G. sowie des Zeugen E., die Prostituierten den wahren Verhältnisse zuwider als Selbständige darzustellen, um damit eben auch die Abführung von Lohnsteuer zu vermeiden, unterließen es der Angeklagte D. und später auch der gesondert verfolgte E., die Prostituierten und ihre Löhne den zuständigen Lohnsteuerstellen am 10. Tag des Lohnsteueranmeldungszeitraumes zu melden und die Steuern einzubehalten und abzuführen.
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Diesen Tatentschluss setzte er von Beginn an, sicher feststellbar ab Juni 2005, um.
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Nicht angemeldet wurden auf diese Weise im gesamten Tatzeitraum Prostitutionsumsätze von 5,6 Millionen € (brutto)., wohl aber die Scheinumsätze an die Prostituierten für die angebliche Zimmervermietung.
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Den Angeklagten war bekannt, dass der Angeklagte D. als Einzel-Arbeitgeber und als Mit-Arbeitgeber der mit dem Zeugen E. bestehenden Gesellschaft sowie als Geschäftsführer der D. GmbH gemäß § 41 a Abs. 1 Einkommensteuergesetz verpflichtet war, für alle Arbeitnehmer monatlich die Lohnsteuer anzumelden, einzubehalten und abzuführen.
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Die Angeklagten wussten, dass es sich auch bei den von ihnen beschäftigten Prostituierten um Arbeitnehmerinnen handelte, deren Lohn sich aus den erzielten Freierlöhnen abzüglich des von den Angeklagten einbehaltenen Arbeitgeberanteils, der so genannten Miete, ergab.
Gleichwohl verschwieg der Angeklagte D. mit Hilfe der Angeklagten G. Lohnzahlungen an die Prostituierten im gesamten Tatzeitraum von insgesamt 4,1 Millionen Euro.
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... Insbesondere wurden die gesamten Prostitutionsumsätze verschwiegen, das heißt die vollständigen Einnahmen aus den sexuellen Leistungen der Prostituierten. Allerdings berechneten die Angeklagten – grundsätzlich – die Zahlungen der Prostituierten für die “Miete“ als Umsätze mit ein, obwohl es sich dabei nicht um umsatzsteuerpflichtige Leistungen des Angeklagten an diese handelte.
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Aus den in Augenschein genommenen Werbeanzeigen und aus den Internetseiten der V.A. und des F.G.s aus unterschiedlichen Jahren lässt sich bereits entnehmen, dass beide Bordelbetriebe als organisatorische Einheit mit einheitlichem Leistungsangebot und entsprechenden einheitlichen Preisen auftraten.
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Dies ergibt sich zudem aus den von den Kunden auszufüllender Bewertungsbogen mit der Position „Service der Damen“ neben „Ambiente“, „Sauberkeit“, „Service an der Bar“ und den einheitlichen, von dem Angeklagten gestalteten Preisaushängen in den Zimmern, die von dem Angeklagten D. und den Zeuginnen beschrieben worden sind.
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Die Prostituierten betrieben keine eigene Kundenakquise, sondern der Angeklagte D. warb für die Bordelle und die sexuellen Dienstleistungen in Zeitungen und Internet und wies dabei nur allgemein auf die „Girls“ oder „Damen“ hin, nicht etwa auf einzelne, namentlich genannte Prostituierte.
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Auch die Escort-Leistungen waren nur über die Bordellbetriebe und die jeweils tätigen Thekenkräfte buchbar, wie von den Angeklagten selbst und dazu gehörten Zeuginnen (u.a Bu., Sch.) bekundet.
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Der Angeklagte D. – oder in seiner Vertretung die jeweilige Thekenkraft – war Ansprechpartner für die Prostituierten wie auch für Kunden, wie auch die Angeklagte G. Dies ist von den gehörten Zeuginnen immer wieder beschrieben und von den Angeklagten auch nicht abgestritten worden. Der Angeklagte nahm Kundenbeschwerden auch hinsichtlich der sexuellen Leistungen entgegen und traf dann entsprechende Maßnahmen.
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So hat die dem Angeklagten ansonsten erkennbar wohlgesonnene Zeugin Ca. glaubhaft bekundet, einmal habe sich ein Gast bei dem Angeklagten D. über ihren Service als Prostituierte beschwert; daraufhin habe D. sie angewiesen, dem Kunden den Freierlohn zurückzuzahlen, was sie auch getan habe.
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Die vernommenen Prostituierten haben wie die Thekenkräfte den Angeklagten als „Chef“ angesehen und die Angeklagte als Frau des Chefs.
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Diese kümmerten sich auch um die – im Rahmen der beabsichtigten Täuschungen – notwendigen behördlichen Angelegenheiten, nicht die Prostituierten in eigener Verantwortung.
Sie gaben vor, dass die Prostituierten ein Gewerbe anzumelden hatten, wobei den Frauen – wie etwa die Zeuginnen Me. und Ba. bekundet haben – dessen Bedeutung meist überhaupt nicht klar war.
Den Prostituierten wurde durch die Angeklagten lediglich mitgeteilt, dass eine solche Anmeldung für die Aufnahme ihrer Tätigkeit erforderlich sei; dies hat auch die Zeugin M. glaubhaft bekundet.
Genauere Informationen, insbesondere durch die Ämter selbst, konnten die Prostituierten zumeist schon aufgrund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse nicht erhalten.
Die von den Behörden in der Hauptverhandlung mehrfach in Augenschein genommenen und erörterten ausgestellten Bescheinigungen (Gewerbemeldungen, Aufenthaltsmeldungen) wurden überwiegend im Original zusammen mit Kopien der Identitätsausweise im Büro des Bordells aufbewahrt und zwar - bezeichnender Weise in Ordnern mit Aufschriften wie „Personal“ oder „Mitarbeiter“.
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Alle wesentlichen Arbeitsmittel (Kontaktraum, Verrichtungszimmer, Bett, Wäsche, Whirlpool) wurden – wie von Angeklagten und Zeugen bestätigt – von dem Angeklagten D. zur Verfügung gestellt.
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Den einzelnen Prostituierten stand zur Erbringung der sexuellen Dienstleistungen zu keinem Zeitpunkt dabei ein festes eigenes Zimmer zur Verfügung; vielmehr wurden die Zimmer den Prostituierten bei Bedarf und je nachdem welche frei waren durch die Thekenkraft, die dann Schlüssel und Handtücher übergab, zugewiesen. Dies haben sämtliche hierzu vernommenen Prostituierten wie auch die gehörten Thekenkräfte bekundet.
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Durch die Thekenkraft wurden auch detaillierte Aufzeichnungen über den Arbeitseinsatz und -umfang jeder einzelnen Prostituierten vorgenommen.
Die sichergestellten Aufzeichnungen der Monate Oktober und Dezember 2011 sowie Januar und März 2012 wurden in Augenschein genommen und gelesen. Diese Vorgehensweise haben auch die hierzu vernommenen Thekenkräfte und die Prostituierten bekundet. Letztere haben auch sämtlich ausgesagt, dass sie selbst nicht über ihre Leistungen und Einkünfte Buch geführt haben und diese Informationen auch nicht durch die Angeklagten übermittelt bekamen.
Die Aufzeichnungen dienten damit allein dem Arbeitgeber zur Kontrolle und als Grundlage für die einzelnen Abrechnungen.
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Entgegen der Darstellung in den Internetauftritten der Bordelle und auf in diesen aushängenden Schildern mit dem Inhalt: „Die Damen haben sich untereinander auf bestimmte Preise für einzelne Leistungen verständigt und teilen Ihnen diese auf Nachfrage gerne mit.“ waren die Preise für die sexuellen Leistungen allein durch den Angeklagten D. vorgegeben worden. Dies hat dieser in seiner Einlassung auch nicht in Abrede gestellt.
Jede der etwa 20 vernommenen Prostituierten hat glaubhaft bekundet, es habe untereinander keine Preisabsprachen gegeben, vielmehr hätten die Preise festgestanden, der Angeklagte D. habe diese – und zwar im Einzelnen – vorgegeben.
81
Dabei wird, wie von der Angeklagten G. angeführt, die „Marktlage“ und eine Orientierung an den Preisen der Konkurrenzbetriebe sicher mitbestimmend gewesen sein.
82
Eine zumindest grundsätzliche Einhaltung der Preisvorgaben durch die Prostituierten erfolgte dann allein auf Grund der Umstände und Gepflogenheiten, ohne dass es einer weiteren Kontrolle bedurft hätte: keine Prostituierte hätte aufgrund den Preisauszeichnungen Veranlassung gehabt, weniger von den Kunden zu verlangen, und hätte sich dies gegenüber ihren Kolleginnen auch nicht erlauben können, keiner der Kunden hätte, mit Ausnahme der Leistung von „Trinkgeldern“, sich mit höheren Preisen für die „Grundleistungen“ einverstanden erklärt.
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Aufbauend auf diese Entgeltregelung für die sexuellen Dienstleistungen regelte der Angeklagte auch die Entgeltregelung für die Prostituierten selbst.
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In der V.A. erhielten die Prostituierten für ihre Arbeitstätigkeit nicht etwa 80 % des Freierlohns als eigene Entlohnung, wie von dem Angeklagten behauptet, sondern wie von der Mitangeklagten G. und der Zeugin Me., die noch als Prostituierte im Bordell tätig gewesen war, glaubhaft angegeben, 60 %, so dass 40 % als Unternehmeranteil bei dem Angeklagten verblieben.
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Im F.G. erfolgte die Entgeltregelung, hinsichtlich der Beträge von den Angeklagten und allen Zeugen auch so beschrieben dahingehend, dass die Prostituierten von den Tageseinnahmen, die durch ihre sexuellen Dienstleistungen erzielt wurden, grundsätzlich täglich 50 € an den Angeklagten abzuführen hatten und sie den Rest dementsprechend als Lohn behalten konnten.
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Die zur Täuschung gewählte Bezeichnung „Miete“ ändert nichts daran, dass es sich um den Arbeitgeberanteil des Angeklagten an den erzielten Prostitutionserlösen handelte;
eine Zimmervermietung fand nicht statt, die Prostituierten erlangten keine Verfügungsmacht über irgendwelche Zimmer.
87
Unerheblich ist auch, dass die Prostituierten ihren Lohnanteil erhöhen konnten durch die Erbringungen der Sonderleistungen (Schlucken, Anal usw.). Ob und in welchem Umfang die sogenannten Sonderleistungen erbracht wurden, ist unklar geblieben. [ was die alles wissen wollen *lol* ]
88
Dass der Anteil des Angeklagten grundsätzlich 50 € betrug, steht für die Kammer aufgrund der Angaben der Angeklagten und der allermeisten der gehörten Prostituierten und Thekenkräfte sicher fest;
die abweichenden Angaben (15 €, 25€, 30€) einiger weniger, noch zur Zeit im F.G. tätiger Prostituierter (Bl., Do.), sind nicht glaubhaft.
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Nach den Aussagen der meisten vernommenen Prostituierten und Thekenkräfte hatten die Prostituierten den Anteil von 50 € nicht an den Angeklagten D. abzuführen, wenn sie keinen oder manchmal auch wenn sie nur einen Kunden hatten. Dies bedeutet, dass sie keinerlei Unternehmerrisiko, d.h. bei fehlenden Einnahmen keine Betriebskosten zu tragen hatten.
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Dieser grundsätzliche Verzicht auf die sog. Miete, wenn die Prostituierte keine Einnahmen hatte, und der von der Angeklagten G. angegebene erhebliche Arbeitgeberanteil am Freierlohn aus den Escort-Leistungen von 70 € für die erste, 20 € für jede weitere Stunde von zu zahlenden 150 € bzw. 100 €, wobei das Bordell allein die Vermittlung und das Verbringen der Prostituierten zum Hotel zu leisten hatte, zeigt, dass es sich bei den Abgaben an den Angeklagten nicht etwa als finanzielle Gegenleistungen für die Zimmernutzung, sondern um dessen, klar geregelten Anteil an ihren Einnahmen handelt – und damit um einen Arbeitgeberanteil.
Dies wird auch in der Erklärung der Zeugin Sch. auf die Frage deutlich, warum der Angeklagte überhaupt einen Anteil an dem Lohn aus der Escort-Leistung erhielt: „weil die Prostituierte ja in den Stunden nicht da ist“, also dem Arbeitgeber nicht als für diesen im Bordell Arbeitende zur Verfügung steht.
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Die Thekenkraft Li. hat bekundet, für Essen und Schlafen war von den Prostituierten nichts zu zahlen, wenn sie kein oder nur 1 „Zimmer gemacht“ hatten, wobei „1 Zimmer“ sexuelle Dienstleistungen für 30 Min. bedeutete.
Dies hat auch die Prostituierte Sch. bestätigt. Auch die Zeuginnen Da. und Dn., beide lange Zeit als Thekenkräfte im F.G. tätig und mit den Angeklagten gut bekannt oder gar befreundet, haben ausgesagt, dass für Essen und Schlafen manchmal gar keine Zahlung erbracht werden musste.
Durch die Gewährung von Unterkunft und Vollverpflegung und die Möglichkeit, sich in seinem Bordell zur Kontaktaufnahme mit Kunden aufzuhalten, gewährte der Angeklagte den Prostituierten auch eine Art Grundgehalt für Ihre Anwesenheit und Bereitschaft, sexuelle Dienstleistungen gegenüber den Kunden zu erbringen
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Für die Arbeitszeiten gab es zumindest gewisse Rahmenbedingungen, die zum einen durch die erwiesenen Öffnungszeiten bestimmt waren, zum anderen durch vorgegeben Schichtpläne.
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Entgegen der Darstellung des Angeklagten D., die Frauen hätten allein untereinander vereinbart, wer wann arbeite, gab es in den Bordellen auch einen Schichtplan, an den sich die Prostituierten zu halten hatten.
So haben etwa die Prostituierten We., Bu. und Sch. und auch die langjährige Thekenkraft Le. von einer Früh- und einer Spätschicht für die Prostituierten berichtet; die Angeklagte G. hat erklärt, es sei sonntags gefragt worden, wer in der kommenden Woche wann arbeite; auch mehrere dazu befragte Prostituierte haben bekundet, es sei vorab mit der Thekenkraft abgesprochen und auch von dieser vermerkt worden, wann wer arbeite.
Dieses Wissen war auch für die Thekenkräfte wichtig, die den Kunden, wenn diese vorab telefonisch nachfragten, mitteilen mussten, ob eine bestimmte Prostituierte zu einer bestimmten Zeit vor Ort sei.
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Auf die Einhaltung der Zeiten wurde insbesondere durch die Thekenkräfte im Auftrag des Angeklagten D. geachtet.
So berichteten die Thekenkräfte Li. und Dn., sie hätten teilweise die Mädchen wecken müssen, damit diese rechtzeitig zur Arbeit erschienen.
Die Prostituierten Mu. und We. sowie die Zeugen E. und die Thekenkraft Ch. berichteten auch von der Verhängung von Strafgeldern durch D. für Verspätungen beim Arbeitsantritt.
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Zwar durften die Frauen während der Arbeitszeit Pausen einlegen, jedoch nicht nach eigenem Belieben. So haben etwa die Prostituierten Mo., Mu., M. und Do. wie auch die Zeuge E. und Dn. bekundet, dass die Mädchen das Bordell nur dann verlassen durften, wenn nach Einschätzung der Angeklagten bzw. der anwesenden Thekenkraft noch ausreichend Prostituierte vor Ort waren. Die Angeklagten haben dies, wenn auch mit geschönten Worten „man habe die Frauen freundlich gefragt/gebeten, zu bleiben“, selbst auch bestätigt.
96
Diese Vorgaben galten grundsätzlich für alle dort tätigen Prostituierten. Selbst Prostituierte, die sehr gut zahlende Stammkunden hatten und daher weniger arbeiten wollten, wurden immer wieder zur Mehrarbeit gedrängt.
So hatte etwa die Zeugin M. einen niederländischen Schönheitschirurgen als Stammkunden, durch den sie übermäßig gut verdiente und nach eigener Aussage, wie auch derjenigen der Thekenkraft Dn., nur noch ein bis zweimal pro Woche zur Arbeit erschien. Auch diese Zeugin wurde nach eigener glaubhafter Aussage immer wieder aufgefordert, mehr zu arbeiten.
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Fest steht auch, dass die Prostituierten erheblichen, sie einschränkenden Verhaltensvorschriften des Angeklagten ausgesetzt waren.
98
Sie hatten sich spärlich bekleidet in den unteren Räumlichkeiten der Bordellbetriebe aufzuhalten und dort die Kunden zu empfangen.
Jeder Kunde musste bedient werden, wobei grundsätzlich – jedenfalls bis zu einer späteren Stunde - geregelt war, dass die Prostituierten nicht von sich aus die Kunden ansprachen, wie von den Zeuginnen Bu. und Sch. beschrieben.
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Wie von den Angeklagten auch nicht in Abrede gestellt, war es ebenfalls streng verboten, private Kontakte zu Kunden aufzunehmen, wie u.a. die Zeuginnen Mi., Ca. und Ch. berichteten.
100
Durch den Angeklagten D. Strafgelder wurden verhängt. Diese fielen nicht etwa nur an, wenn – wie er sich eingelassen hat – die Prostituierten irgendwelche Beschädigungen verursacht hatten. Vielmehr dienten die Strafgelder dazu, die Einhaltung seiner Weisungen, die er für einen geregelten und erfolgreichen Arbeitsablauf in seinem Bordell aufgestellt hatte, durchzusetzen.
So haben etwa die hierzu befragten Prostituierten Bu., Mu. und M., die Zeugin Ca. sowie die Thekenkräfte Ch. und Da. von Strafgeldern berichtet, die vor allem bei nicht aufgeräumten Zimmern zu zahlen waren. Auch die Angeklagte G. hat erklärt, D. habe immer wieder auf die Einhaltung bestimmter Regeln wie Sauberkeit und Pünktlichkeit zu Arbeitsbeginn gedrängt, irgendwann habe es Geschrei gegeben, dass er die „Schnauze voll“ habe; er habe dann auch ein Strafgeld verhängt, auch wenn dies dann aber oft nicht eingefordert worden sei.
101
Fast alle Zeuginnen, Prostituierte wie Thekenkräfte, haben bestätigt, dass der Angeklagte D. häufig „seine fünf Minuten“ bekam, die Nichtbefolgung von ihm aufgestellter Anweisung lautstark kritisierte und dabei auch so schrie, dass die Mädchen es mit der Angst zu tun kriegten (Ca.).
102
Nach der Schilderung vieler Zeuginnen machte der Angeklagte auch eher willkürlich Ausnahmen von seinen Vorgaben zur Zahlung der sog. Miete oder des Schlafgeldes. Hierbei handelt es sich danach um die willkürliche Entscheidung eines Arbeitgebers, die Einhaltung bestimmter Regeln und Absprachen nicht oder aber gerade einzufordern.
103
…
104
Nach diesen bewiesenen Feststellungen ist erwiesen, dass es sich bei den in der V.A. und im F.G. tätigen Prostituierten auch nicht um selbständig Tätige, sondern um abhängig beschäftigte Arbeitnehmerinnen, handelte die von dem Angeklagten Lohn erhielten, für den von diesem die Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen gewesen wäre.
105
Die Prostituierten waren fest in den vom Angeklagten geführten Betrieb eingebunden und unterlagen seinen Verhaltensanweisungen und seinen Vorgaben zu Ort und Zeit sowie Preis der sexuellen Dienstleistungen.
Auch wenn den Prostituierten eine gewisse Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Frequenz ihrer Anwesenheit eingeräumt worden ist, begründet dies angesichts der Besonderheiten der Arbeitsweise in diesem Bereich keineswegs bereits den Status einer Selbständigkeit.
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Eine eigene unternehmerische Betriebsstätte, über die sie selbst (auch nur kurzfristig) hätten verfügen können, hatten die Prostituierten nicht.
Eine unternehmerische Akquise betrieben nur die Angeklagten, nicht die Prostituierten; diese trugen auch kein echtes Unternehmensrisiko.
107
Das durchaus gegebene starke umsatzorientierte Entgeltrisiko der Prostituierten schließt die Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Denn zum echten Unternehmerrisiko wird ein Entgeltrisiko erst, wenn trotz fehlender Einnahmen Betriebsausgaben zu tragen sind und damit ein unvermeidbares unternehmensbezogenes Vermögensrisiko besteht. Dies war hier aber gerade nicht der Fall.
108
Auch der Umstand, dass im F.G. mit steigenden Freierlöhnen (pro Tag) der Lohnanteil stieg, während der Arbeitgeberanteil bei 50 € verblieb, machte die Prostituierten deshalb nicht zu Unternehmerinnen, genauso wenig wie die Unternehmer- und Arbeitgebereigenschaft des Angeklagten dadurch entfällt, dass aufgrund dieser Entgeltabsprache (Prostitutions-) Umsatzerhöhungen nicht unmittelbar auch Gewinnerhöhungen mit sich brachten.
109
Gegen die Einordnung als Arbeitnehmerinnen spricht nicht, dass dem Angeklagten als Arbeitgeber aus rechtlichen Gründen hinsichtlich der eigentlichen sexuellen Dienstleistungen kein Weisungsrecht zuzubilligen ist.
Dies steht der Annahme einer abhängigen Beschäftigung schon grundsätzlich nicht entgegen § 3 Prostitutionsgesetz. www.sexworker.at/prostg
110
Darüber hinaus liegen hier durchaus auch Direktiven (Anweisungen wie Untersagungen) den Kernbereich der Tätigkeiten der Prostituierten betreffend vor.
Durch die in den Zimmern aushängenden Preislisten für 30 bzw. 60 Minuten sowie für Extras wie „Aufnahme und Schlucken“ oder „Anal“ machte der Angeklagte – auch wenn sämtliche hierzu befragten Prostituierten erklärt haben, keine Sonderleistungen angeboten zu haben [!!! Sic !!!] – auch hinsichtlich der Ausübung ihrer Tätigkeit gewisse Vorgaben.
Dass der Angeklagte eine solche – sicherlich nicht durchgängige [prostitutionsfeindliche Unterstellung!!! Anm. M.] – Weigerung sämtlicher Prostituierter akzeptiert hätte, ist im Hinblick auf den Charakter dieser Listen auch als Leistungskatalog und die sicherlich vorhandenen entsprechenden Kundenwünsche aus wirtschaftlicher Sicht eines Bordellbetreibers fernliegend.
111
Auch wurde den Prostituierten, wie u.a. die Thekenkraft Ch. und die Zeugin Ca. bekundet haben, untersagt, außerhalb des Bordells – abgesehen von mit den Angeklagten abzurechnenden Escortdiensten – den Kunden Leistungen zu erbringen. [vgl. Hausordnung]
112
Dass die Prostituierten den Freierlohn zunächst selbst körperlich in Empfang nahmen, ist ohne ausschlaggebende Bedeutung; dabei handelt es sich nur um eine Frage der reinen Zahlungsabwicklung im Rahmen der bestehenden Lohnabrede.
Dies zeigt auch der Umstand, dass die Kunden für die sexuelle Dienstleistungen auch mittels des EC-Geräts an der Theke zahlen konnten.
113
[ EC-Kartenzahlung könnte man auch als kulante Dienstleistung für die Sexworker interpretieren? Hätte es dafür einer Zahlungsverkehrtsgebühr bedurft? ]
Gegen die Einordnung als Arbeitnehmerinnen spricht auch nicht, dass es sicherlich auch im Interesse der Prostituierten war, keine Lohnsteuer und keine Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen.
Dieser wohl mit den Angeklagten übereinstimmende Wille begründet nicht ihre Selbständigkeit.
[ Warum wird hier nicht erwähnt, dass die Kunden evt. auch diesen übereinstimmenden Willen haben, der ihnen preiswerte Sexdienstleistungen garantiert? Männliche Richter oder Rechtsprechung? ]
Abzustellen ist nämlich vielmehr auf den Willen der Prostituierten hinsichtlich der übrigen genannten Gestaltungskriterien:
die Prostituierten wollten sich gerade nicht um den Ablauf kümmern,
um Behörden- und Abgabenangelegenheiten,
nicht um Werbung,
Kundenakquise,
Bettwäsche uä;
selbst Kondome wurden im Bordell vorrätig gehalten;
sie wollten eben kein unternehmerisches Risiko tragen
und nahmen daher die Einbehaltung des Arbeitgeberanteils von den Freierlöhnen hin, so z. B. wie die 15-20 im Oktober und Dezember 2011 fast ständig anwesenden Prostituierten monatlich im Schnitt 1.300€ (wie sich aus den bekannten Zahlen ergibt, s.u.),
statt sich selbst (günstigere) Appartements anzumieten.
114
Dass keine Arbeitnehmerschutzrechte gewährt wurden – die mit umgangen werden sollten –, vermag die zutreffende Einordnung als Arbeitgeber-Arbeitnehmer- Verhältnis nicht zu hindern.
115
…
116
Der Angeklagte kannte seine Verpflichtung als Arbeitgeber für die Einbehaltung, Meldung und Abführung der Lohnsteuer und für die Meldung und Abführung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile zu Sozialversicherung Sorge zu tragen; hinsichtlich der übrigen Arbeitnehmer, wie Putzfrauen, Köche u.a. ist er dem auch nachgekommen. Die Angeklagte G. kannte diese Verpflichtungen auch und bereitete die entsprechenden Meldungen vor.
117
Die Angeklagten wussten auch um alle Umstände, aus denen sich für die Kammer die Nichtselbständigkeit der Prostituierten ergibt.
118
Auch die Qualifizierung der Tätigkeit der Prostituierten als abhängige Beschäftigung und die daraus folgende Verpflichtung zur Abführung von Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuer war ihnen klar.
119
Einen Irrtum, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht, schließt die Kammer sicher aus.
120
Beide fühlten sich als „Chef“ bzw. Frau des Chefs und gerierten sich auch so gegenüber den Prostituierten.
121
Die Angeklagten täuschten mit Absicht über die wahren Verhältnisse.
122
Dafür sprechen schon die zahlreichen ausdrücklichen „Hinweise“ auf die angebliche Selbständigkeit auf den Internetseiten der Bordelle und auf Hinweisschildern in den Betrieben; dafür spricht auch die Erklärung „Allgemeine Mitteilungen und verbindliche Information“, die den Frauen vorgelegt und – wohl aufgrund der mangelnden Sprachkenntnis ohne Kenntnis des Inhalts – unterschrieben wurde und in denen diese ihre angebliche Selbständigkeit bestätigten.
Hierdurch sollte offensichtlich den Behörden etwas vorgegaukelt werden und allenfalls noch manchen Kunden vielleicht ein besseres Gewissen verschafft werden. Ein anderer Hintergrund dieser – für den Geschäftsablauf überflüssigen Hinweise – ist nicht ersichtlich.
123
Insbesondere die eindeutig falsche Behauptung, die Prostituierten hätten sich selbst auf die Preisgestaltung geeinigt, zeigt deutlich die Verschleierungsabsicht. Dies wiederum lässt für die Kammer den Schluss zu, dass die Angeklagten genau wussten was sie taten.
124
Zweifel über die wahre Einordnung lagen bei den Angeklagten nicht vor.
125
Klärungen über Statusabfragen nach
§ 2 Abs. 1 Nr.3 b ArbGG http://dejure.org/gesetze/ArbGG/2.html oder
§ 7 a SGB IV http://dejure.org/gesetze/SGB_IV/7.html
wurden selbstverständlich nicht herbeigeführt.
126
Ein Irrtum lässt sich auch nicht durch eine angebliche Falschberatung durch den Steuerberater begründen.
127
Der von dem Angeklagten bewusst als „Fachmann“ für diese Branche gewählte Steuerfachangestellte Ge. hat, was auch den Interessen des Angeklagten entsprach, überhaupt keine konkrete Beratung vorgenommen.
Der Zeuge Ge. hat bekundet, er habe den Angeklagten zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit über die rechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Einordnung von Prostituierten als selbständig oder unselbständig nach Kriterien wie etwa Weisungsgebundenheit und Schichtplänen einerseits und festen Zimmern und eigener Werbung bei reiner Zimmervermietung andererseits, aufgeklärt.
Eine Beurteilung und rechtliche Einordnung der konkreten Umstände habe er nicht vorgenommen.
Der Angeklagte D. habe nach seinen Ausführungen erklärt, die in seinem Bordell tätigen Prostituierten seien selbständig. Diese Vorgabe habe er dann lediglich umgesetzt.
128
Auch hier war die Aussage des Zeugen Ge. sicherlich kritisch zu würdigen; die Einlassungen des Angeklagten D. vermögen der – unter Berücksichtigung der schon beschriebenen Umstände und Vorstellungen der Beteiligten – sehr plausiblen Zeugenaussage aber nicht entgegen zu stehen.
Wieso es nämlich für den Zeugen und den Angeklagten „selbstverständlich“ gewesen sein soll, dass die Prostituierten selbständig wären, wobei der Zeuge die Unterschiede zur angestellter Tätigkeit gar nicht erklärt haben soll, ist nicht nachvollziehbar.
Der Zeuge berät – offensichtlich zu deren Zufriedenheit – mehrere Dutzend Bordellbetreiber und dürfte Einblick in das Gewerbe aber auch in die Gewinnvorstellungen seiner Auftraggeber haben. Bewusst hat der Angeklagte auch diesen Steuerberater gewählt.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass es eben im beiderseitigen Interesse lag, nicht zu viel zu fragen und nicht zu viel zu antworten. Eine gründliche Klärung und zutreffende entsprechende Beratung, die ihm die beabsichtige Vorgehensweise mit Täuschung von Behörden und Fiskus unmöglich gemacht hätte, wollte der Angeklagte gerade nicht.
129
Die Angeklagten können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es lange Zeit nicht zu Beanstandungen durch Steuerbehörden und Zoll mit entsprechenden Konsequenzen gekommen ist.
130
[ 2 Razzien: ]
Die Zeugen ZOSin J., ZHS A. und ZAM B. [Zoll OberSekretär, HauptSekretär, AmtsMann] haben von Kontrollen des Bordellbetriebs F.G. im Dezember 2007 (eher hinsichtlich ausländer- und aufenthaltsrechtlicher Umstände) und im März 2010 berichtet, wobei die Kontrolle im März 2010 spontan ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers erfolgt und eine Verständigung mit den Frauen daher teilweise schwierig gewesen sei.
Die Zeugin J. bekundete, dass die erste Kontrolle, bei der im Wesentlichen Personalien abgefragt und die Gewerbeanmeldung eingesehen worden sei, deswegen keine Beanstandungen ergeben habe.
Der Zeuge B. als Mitglied der Abteilung „Prüfung und Ermittlung“ hat bekundet, dass nach Vorliegen der Ergebnisse der Kontrolle in 2010 von einer Scheinselbständigkeit der Prostituierten ausgegangenen worden sei; weitere eigenen Maßnahmen seien im Hinblick auf das hiesige Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft jedoch zunächst unterblieben.
131
Den Angeklagten war bewusst, dass die Behörden nur über begrenzte Kontrollmöglichkeiten verfügten; eine vollständige Kenntnis über die genauen Verhältnisse und Praktiken in den beiden Bordellen lag erst im Laufe des Ermittlungsverfahrens vor. Die Verschleierung der abhängigen Beschäftigung war ja auch gerade das Ziel des Angeklagten D., das er durch Maßnahmen wie inhaltlich falsche Gewerbeanmeldungen und verschiedenste Hinweise auf die vermeintliche Selbständigkeit der Prostituierten verfolgte.
132
Die Angeklagten können sich auch nicht darauf berufen, dass sie aufgrund der Vereinbarung des sogenannten Düsseldorfer Verfahrens mit dem Finanzamt Kleve und dessen jahrelanger Durchführung und der Entgegennahme von entsprechenden Geldabführungen davon hätten ausgehen können, ihre vorgeschobene Darstellung einer Selbständigkeit sei rechtlich zutreffend und werde so auch vom Finanzamt Kleve für richtig befunden.
133
[ Das Finanzamt Kleve / Düsseldorfer Verfahren wird hier quasi auch verurteilt! s.u. ]
Wie vom Zeugen H. dargestellt, beruhte die Vereinbarung dieses Verfahrens allein auf den Anmeldungen der Prostituierten als selbständig Tätige beim Gewerbeamt und der Finanzverwaltungspraxis, in solchen Fällen grundsätzlich für die Durchführung des Düsseldorfer Verfahrens zu sorgen.
Eine eigene Überprüfung an Hand der konkreten Gegebenheiten, ob es sich bei den Prostituierten um selbständig oder unselbständig tätige handelt, hat der Zeuge H. – für die Angeklagten erkennbar – nicht vorgenommen. Diesem zeigte sich vielmehr nur das durch die Angeklagten vorgetäuschte Bild.
134
Auf Anwendung und Durchführung des Düsseldorfer Verfahrens können sich die Angeklagten auch deshalb nicht berufen, weil sie es in keiner Weise vollständig und richtig umgesetzt haben, sondern ihnen dies auch dazu diente sich weitergehend zu bereichern.
135
…
136
Eine andere Beurteilung der subjektiven Kenntnis ergibt sich auch selbstverständlich nicht aus dem Umstand, dass andere Bordelle, in denen eine ähnliche, möglicherweise aber auch in Einzelheiten abweichende Gestaltung vorgenommen wurde, ebenfalls keine Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuer abführten.
Beide Angeklagten wussten sehr genau, dass es unterschiedliche Ausgestaltungen der Prostitutionsausübung gibt (Straßenstrich, Wohnungsprostitution, Laufhäuser) und sich auch die steuerlichen Folgen unterschiedlich beantworten. Nicht mit Erfolg können sich die Angeklagten darauf berufen, dass auch andere Clubbetreiber Steuern und Sozialabgaben hinterziehen und insoweit wohl keine ausreichende Verfolgungsdichte herrscht.
137
…
138
Nach diesen bewiesenen Feststellungen ist auch erwiesen, dass der Angeklagte, später gemeinsam mit dem Zeugen E., auch mit seinem Unternehmen als Erbringer sämtlicher vom Kunden erwarteter Dienstleistungen auftrat, nicht aber die einzelnen Prostituierten.
139
Beide Bordelle stellten sich in der Werbung in der Presse und im Internet als organisatorische Einheit mit einheitlichem Leistungsangebot und entsprechenden einheitlichen Preisen dar; eine werbende Tätigkeit durch die einzelne Prostituierte gab es nicht.
Auch aus Sicht der Freier waren die beiden Clubs und damit der Angeklagte Leistende und nicht etwa die einzelnen Prostituierten.
Dies gilt auch, wenn wie hier, die Leistungen durch die Geldzahlungen der Kunden direkt an die Prostituierten vergütet worden sind.
Die V.A. und der F.G. sind gegenüber den Kunden nach ihrem äußeren Erscheinungsbild als einheitliche Organisation aufgetreten. Der Angeklagte hat unter diesem Namen die für die Prostitutionsleistung erforderlichen Räume samt Ausstattung und Zusatzleistungen (Bar, Küche, Whirlpool) zur Verfügung gestellt, in denen die Kunden Animations- und andere Dienste von Prostituierten samt den dazugehörigen Nebenleistungen in Anspruch nehmen konnten. Der Angeklagte hat insbesondere für den reibungslosen Ablauf gesorgt und das erforderliche Personal einschließlich der in den jeweiligen Räumen tätigen Prostituierten organisiert. Auch durch den Einsatz eines entsprechenden Lesegerätes hat er es ermöglicht, dass Zahlungen mit EC-Karte erfolgen konnten.
Zur organisatorischen Eingliederung auch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne der Prostituierten gehörte auch die Bindung an das im Club geltende Preissystem sowie der Umstand, dass Aufzeichnungen geführt wurden, in den der gezahlte Eintrittspreis, die konsumierten Getränke, der Name der Prostituierten sowie der Zeitpunkt des mit ihr aufgesuchten Zimmers vermerkt wurden. Der Angeklagte hat den Gästen im Rahmen seines Unternehmens mithilfe der bei ihm tätigen Prostituierten die Gelegenheit zum entgeltlichen Geschlechtsverkehr verschafft.
Die Verschaffung des Geschlechtsverkehrs stellt sich deshalb als Leistung des Clubs dar, zumal davon auszugehen ist, dass die Partnerinnen dafür mehr oder minder austauschbar waren, wie auch die jeweils zu benutzenden Zimmer.
140
…
141
Beide Angeklagte wussten auch um alle Umstände, aus denen sich die Umsatzsteuerverpflichtung auch für die Prostitutionserlöse als solche ergab.
142
Ein Irrtum lag bei ihnen nicht vor, insbesondere wurde keiner durch Falschberatung des Steuerberater, bzw. des für die Angeklagten allein tätigen Steuerfachgehilfen Ge. hervorgerufen.
143
Der Zeuge Ge. hat – nach Entbindung von der Schweigepflicht im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung – selbst bekundet, hinsichtlich der Umsatzsteuerverpflichtung darauf hingewiesen zu haben, dass eine solche auch wegen der Prostitutionserlöse bestehe, wenn keine reine Zimmervermietung stattfinde, bei der die Frauen ein eigenes festes Zimmer haben, für dessen Reinigung sie selbst verantwortlich sind und sie selbst Reklame machten.
Die Kammer hat durchaus bedacht, dass der Zeuge auch aus unterschiedlichen Motiven ein Interesse daran haben kann, seine Beratung als nicht fehlerhaft darzustellen. Dass dies hier aber der Wahrheit zuwider angegeben worden sei, ist nicht ersichtlich, zumal auch die Angeklagten selbst dieser Darstellung nicht konkret entgegengetreten sind. Der Zeuge hat auch plausibel dargestellt, dass er dies mit dem Angeklagten D. auch noch anhand eines Urteils erörtert hatte. Der Zeuge hat weiter bekundet, die ihm dann mitgeteilten Umsätze hätten über den Umsätzen anderer Clubs gelegen.
Ob der Zeuge hinsichtlich aller tatsächlichen Umstände so genaue Kenntnis hatte, dass er von sich aus hätte erkennen können, dass die genannten Umsätze wohl kaum auch die Freierlöhne enthalten haben konnten, kann dahinstehen.
Alle Umstände zeigen der Kammer, dass übereinstimmend bestimmte Fragen nicht gestellt und nicht beantwortet werden sollten. Dass der Zeuge Ge. Fragen und Kontrollen unterlassen hat, vermag die Angeklagten nicht zu entlasten.
144
…
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... Fortsetzung
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Fortsetzung
Fortsetzung:
Für die Monate Oktober und Dezember 2011 hat die Kammer für die Feststellung der erwirtschafteten Umsätze und Löhne die von der Angeklagten G. und den Thekenkräften erstellten, bei der Durchsuchung sichergestellten und in der Hauptverhandlung vielfach in Augenschein genommenen, erörterten und gelesenen Tagesaufzeichnungen zugrunde gelegt.
Im Übrigen hat die Kammer Schätzungen vorgenommen.
146
Eine ordnungsgemäße Buchführung wurde - wie festgestellt - durch die Angeklagten nämlich nicht erstellt.
147
Als Grundlage einer Berechnung von erzielten Umsätzen und Gewinnen eignen sich die von der Angeklagten G. geführten Kassenbücher nur hinsichtlich der Seite der Betriebsausgaben.
Insoweit geht die Kammer einerseits zugunsten der Angeklagten davon aus, dass diese Betriebsausgaben, so wie sie dann auch in den jeweiligen abgegebenen Steuererklärungen enthalten sind, zutreffend erfasst sind;
Anhaltspunkte dafür, dass andererseits weitere Ausgaben verschwiegen worden wären, bestehen nicht.
148
Keine ausreichende Grundlage für die Berechnung der Umsätze und Einnahmen stellen auch allein die von der Angeklagten G. in den Jahren 2009-2012 geführten Monatsaufzeichnungen in den Kladden dar.
149
Aus diesen lässt sich zwar die Anzahl der Kunden pro Tag in diesen Jahren entnehmen, ebenso eine Auflistung der Einnahmen aufgrund der Whirlpoolnutzung und der von den Prostituierten gezahlten Gelder für die Schlafmöglichkeit je Monat.
Die dort weiter aufgeführten Tagesverdienste enthalten aber lediglich Angaben über die tatsächlichen Tagesgewinne, also unter Berücksichtigung der täglichen Betriebsausgaben, ohne dass dies jeweils nachvollzogen werden könnte.
150
Eine vollständige – nach Auffassung der Kammer auch zutreffende – Erfassung aller Umsätze und Einnahmen ergibt sich lediglich aus den handschriftlichen Tagesaufzeichnungen, die im Rahmen des polizeilichen Zugriffs Ende März 2012 in der Privatwohnung der Angeklagten sichergestellt werden konnten und die mithin für die Monate Oktober und Dezember 2011 sowie für die Monate Januar und März 2012 vorliegen.
Nach Angaben der Angeklagten und der gehörten Thekenkräften wurden auch im gesamten Tatzeitraum entsprechende Aufzeichnungen geführt, die aber vernichtet worden sind.
151
In diesen, von der Angeklagten G. oder den jeweiligen Thekenkräften geführten Aufzeichnungen sind für jeden Tag erfasst:
152
die Anzahl der Kunden (mit Uhrzeiten) und das von ihnen jeweils gezahlte Eintrittsgeld,
153
die jeweils anwesenden Prostituierten mit ihren Künstlernamen und die von Ihnen erbrachten Prostitutionsleistungen, vermerkt nach der Zeit (eine Stunde, eine halbe Stunde), die mit den Kunden verbracht wurde,
154
die von den Prostituierten geleisteten Zahlungen für „Miete“, Essen und für die von ihnen selbst konsumierten Getränke, …
155
…
156
Bei der Berechnung der Umsätze waren die aufgeführten „kundenbezogenen“ Umsätze (Eintritt der Kunden, Geld für Whirlpool-Nutzung, Sekt/Piccolo, Kondome) sowie die „prostituiertenbezogenen“ Umsätze aus „Schlafen“, „Essen“ und „Getränkeverzehr“ einzubeziehen.
Bei all diesen handelt es sich um Leistungen des Angeklagten D., die dieser an die Kunden oder an die Prostituierten erbrachte und für die er jeweils Entgelte erhielt.
157
Zu den durch den Angeklagten D. zu versteuernden Umsätzen gehören auch all diejenigen, die durch die eigentliche Prostituiertentätigkeit, d.h. die von den Kunden entgoltenen sexuellen Dienstleistungen, erzielt wurden.
158
Steuerlich waren von dem Angeklagten 100% des tatsächlich erzielten Prostitutionslohn als Bemessungsgrundlage für die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer anzusetzen.
Der Angeklagte, später gemeinsam mit dem Zeugen E., trat mit seinem Unternehmen als Erbringer sämtlicher vom Kunden erwarteter Dienstleistungen auf.
Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz ist derjenige, der als Unternehmer nach außen auftritt; diesem sind die Umsätze zuzurechnen, also hier dem Angeklagten D., später dem Angeklagten und den Zeugen E., sowie der von dem Angeklagten betriebenen GmbH.
159
Die von den Prostituierten an den Angeklagten zu zahlende „Tagesmiete“ gehört nicht als solche zu den durch den Angeklagten D. zu versteuernden Umsätzen. Die zeitweilige Zurverfügungstellung zufällig wechselnder Zimmer an die Prostituierten stellt keine entgeltpflichtige Leistung an diese dar, die Zimmer waren die Betriebsstätte, in denen der Angeklagte seine Arbeitnehmerinnen arbeiten ließ. Die sogenannte Miete war als Arbeitgeber-Anteil an den Prostitutionseinnahmen, die als Ganze bei der Berechnung des Umsatzes berücksichtigt wurden, an den Angeklagten abzuführen.
160
…
161
Bei der Berechnung der vom Angeklagten hinterzogenen Umsatzsteuer waren die verschwiegene Prostitutionsumsätze und weiter verschwiegenen Umsätze zu berücksichtigen. Der Hinterziehungsbetrag ergibt sich aus der Differenz zu den bislang angemeldeten Umsätzen (die allerdings auch z.T. die „Miet“umsätze mit enthielten).
162
…
163
Der gesamte an die, als Arbeitnehmerinnen des Angeklagten tätigen, Prostituierten gezahlte Lohn berechnet sich nach den Einnahmen aus der reinen Prostitution (100%) abzüglich der „Miete“.
164
Unabhängig von den konkreten Zahlungsvorgängen ist der Lohn der Prostituierten als von vorneherein um die Miete gekürzt anzusehen. Die Berechnung der „Miete“ diente allein zur Verschleierung des Unternehmergewinns an den Prostitutionserlösen und zur Vortäuschung einer selbständigen Tätigkeit der Prostituierten.
165
…
166
Bei der Berechnung der für die Prostituierten abzuführenden Lohnsteuern hat die Kammer – ausgehend von einer Bruttovereinbarung – einen Lohnsteuersatz von 20% zugrunde gelegt.
167
Lohnsteuerkarten wurden nicht vorgelegt.
168
Zwischen den beschäftigten Prosituierten und dem Angeklagten bestand zumindest stillschweigend die Vereinbarung, dass keine Lohnsteuer abgezogen und abgeführt werden sollte; dies lag im Interesse des Angeklagten, der nur so sein Geschäftsmodell umsetzen konnte und im Interesse der Prostituierten, möglichst viel von den erzielbaren Freierlöhnen ohne Abzüge von Steuer und Sozialversicherungsbeiträgen zu behalten.
169
…
170
Ernsthaft [ ??? Unterstellung ] hat im Übrigen keine der Prostituierten daran geglaubt, als Selbständige selbst für die Abgabe einer Einkommensteuererklärung verantwortlich zu sein.
171
…
172
Hinsichtlich der einzelnen Beiträge hat die Kammer nach eigener Überprüfung und Berechnung zunächst die folgenden, nach Vorgabe der Kammer erfolgten detaillierten und nachvollziehbaren – in der Hauptverhandlung dargestellten – Berechnungen des Sachverständigen W., eines Mitarbeiters der Deutschen Rentenversicherung, übernommen, wonach im Einzelfall die jeweils konkret gültigen Beitragssätze und - zugunsten der Angeklagten – konstant der Eingangssteuersatz (15 bzw.14%) berücksichtigt wurden:
173
…
174
Diese zunächst allein anhand der Monats-Barlohnsumme vorgenommene allgemeine Berechnungsmethode geht allerdings davon aus, dass kein Arbeitnehmer Bruttoverdienste über den Beitragsbemessungsgrenzen erzielt und keine sog. Minijobs vorliegen.
Dies kann hier aber nicht sicher für alle Fälle ausgeschlossen werden.
175
Dies beruht auf den Erkenntnissen über die Tagesverdienste der einzelnen Prostituierten in den für 4 Monate vorliegenden Tagesaufzeichnungen.
Danach gab es, wie bereits für den Monat Dezember oben dargestellt, Frauen, die nur einzelne Tage, und solche, die fast den gesamten Monat gearbeitet haben; es gab Frauen, die nur geringfügige Beträge verdient haben, und solche, deren Lohn, jedenfalls bei der hier vorzunehmenden Bruttolohn-Hochrechnung, deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze lag.
176
Der Sachverständige hat deshalb hier auch eine – soweit überhaupt möglich – personenbezogene Beitragsberechnung für die Monate Oktober und Dezember 2011 vorgenommen.
Dabei war unter anderem zu berücksichtigen, dass einige Prostituierte, die in einem Monat nur an einem oder wenigen Tagen in den Aufzeichnungen anwesend waren, durchaus in den Vor- oder Folgemonaten mehr arbeiteten und so nicht nur von einer tageweisen Beschäftigung auszugehen war, während andere in der Tat nur für ein oder zwei Tage feststellbar im F.G. tätig waren;
einige Prostituierte verdienten nicht mehr als 400 € in den jeweiligen Monaten, so dass von einem grundsätzlich versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis auszugehen wäre, für welches Beiträge zur Minijobzentrale zu berechnen wären.
All dies ist von dem Sachverständigen überzeugend dargestellt worden, der insgesamt zu dem Ergebnis unter Berücksichtigung dieser Berechnungen kommt, dass danach zum Beispiel im Monat Oktober insgesamt 31.6071 € an Sozialversicherungsbeiträgen abzuführen gewesen wären (zuzüglich 537 € Minijob Zentrale) und im Monat Dezember 42.409 € (zuzüglich 588 € Minijob Zentrale).
177
Im Vergleich zu den Beitragssummen, die sich bei der Ausgangsberechnungsmethode ergeben, wie sie auch in der angehängten Tabelle dargestellt ist (Oktober 2011 38.060, Dezember 2011 57.999), zeigt sich, dass die personenbezogenen Berechnungssummen davon rund 77% ausmachen.
178
Bei der hier von der Kammer vorzunehmenden Schätzung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge hat die Kammer aus diesen Gründen – auch unter Berücksichtigung der wechselnden Beitragsbemessungsgrenzen im Tatzeitraum – dementsprechend zwar die Ausgangsberechnung des Sachverständigen W. zu Grunde gelegt, dabei aber jeweils einen Abschlag von 30% vorgenommen.
179
…
180
Bei den Taten, die ihre Grundlage in der Vortäuschung der Selbständigkeit der Prostituierten haben, hatte die Kammer zugunsten der Angeklagten noch Weiteres zu berücksichtigen:
181
Den Angeklagten ist ihre Vorgehensweise teilweise recht leicht gemacht worden; so wurden beim Gewerbeamt Emmerich massenhaft Anmeldungen von Hostessen – alle mit der Gewerbeadresse des F.G. – entgegengenommen, ohne dass dies hinterfragt worden wäre oder zu weiteren Ermittlungen Anlass gegeben hätte.
182
Bei der Strafzumessung hat die Kammer in gewissem Umfange zu Gunsten der Angeklagten mit berücksichtigt, dass wohl mehrere Bordellbetriebe und so genannte Sauna Clubs ähnlich verfahren wie die Angeklagten und eine durchgängige Kontroll- und Verfolgungsdichte durch Finanzämter und Strafverfolgungsbehörden offensichtlich nicht vorliegt.
Die Angeklagten können sich aber nicht darauf berufen, dass sie sich deshalb einem entsprechenden Wettbewerb und einer entsprechenden Konkurrenz hätten anpassen müssen, weil diese mit dem wohl üblichen Preisen nur aufgrund illegaler Methoden so besteht.
Die Angeklagten müssen sich nach Auffassung der Kammer dementsprechend auch darauf verweisen lassen, dass sich die berechtigten Forderungen von Fiskus und Sozialversicherungsträgern – nicht wie die Angeklagten wohl meinen, auf Kosten der Prostituierten – sondern auf Kosten der Kunden und der eigenen Gewinnerzielung durchaus hätten realisieren lassen.
183
Die Kammer ist sich auch bewusst, und hat dies auch bei der Strafzumessung zu Gunsten der Angeklagten in gewissem Umfange mit berücksichtigt, dass in Deutschland offensichtlich eine derart große Nachfrage an der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch Prostituierte vorherrscht und dass diese hier – jedenfalls zu den anscheinend gängigen Preisen – allein mit Prostituierten aus Deutschland oder aus EU-Ländern mit uneingeschränkter Freizügigkeitseinräumung, die als Arbeitnehmerinnen arbeiten könnten, nicht befriedigt werden kann.
184
Ein nicht gering zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigendes Mitverschulden des Fiskus sieht die Kammer in der mit dem Angeklagten vereinbarten und jahrelang betriebenen Durchführung des so genannten Düsseldorfer Verfahrens, wenn dies auch - wie dargelegt - zu keinen Fehlvorstellungen der Angeklagten hat führen können.
185
Ob das so genannte Düsseldorfer Verfahren wegen des häufig gegebenen faktischen Drucks, welcher auf die Bordellbetreiber dadurch ausgeübt wird, dass im Falle der Anwendung dieses Verfahrens weniger oder gar keine Kontrollen mehr anfallen sollen, und wegen einer möglicherweise gegebenen Diskriminierung der (tatsächlich selbständigen) Prostituierten, von denen offensichtlich nicht erwartet wird, dass sie korrekte Steuererklärungen abgeben könnten, grundsätzlich als unzulässig angesehen werden muss, kann hier dahinstehen.
186
Jedenfalls verbietet sich – anders als bei der Prostitution in eigenen Wohnungen, in Laufhäusern oder auf dem Straßenstrich – nach Auffassung der Kammer die ungeprüfte Anbietung und Anwendung des Düsseldorfer Verfahrens jedenfalls bei Bordellbetrieben wie denen des Angeklagten, bei welchen wie dargestellt ein deutliches Auftreten nach außen als ein durch den Besitzer organisierter Betrieb mit einem einheitlichen Leistungsangebot und einheitlichen Preisen vorliegt und schon die Anzahl der angemeldeten Prostituierten die Annahme einer tatsächlichen Zimmervermietung als eher unwahrscheinlich erscheinen lässt.
187
Statt einer Beschränkung auf die Mitteilungen des Gewerbeamtes und auf die Angaben des Angeklagten, wäre hier jedenfalls einen nähere Überprüfung erforderlich gewesen, die ergeben hätte, dass nach Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht Arbeitsverhältnisse vorlagen.
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/k.... ... 130507.htm defekt
http://openjur.de/u/647355.html
Freue mich auf Eure Beiträge und tschuldigung für die Zerstückellung des Textes.
Kasharius grüßt
Für die Monate Oktober und Dezember 2011 hat die Kammer für die Feststellung der erwirtschafteten Umsätze und Löhne die von der Angeklagten G. und den Thekenkräften erstellten, bei der Durchsuchung sichergestellten und in der Hauptverhandlung vielfach in Augenschein genommenen, erörterten und gelesenen Tagesaufzeichnungen zugrunde gelegt.
Im Übrigen hat die Kammer Schätzungen vorgenommen.
146
Eine ordnungsgemäße Buchführung wurde - wie festgestellt - durch die Angeklagten nämlich nicht erstellt.
147
Als Grundlage einer Berechnung von erzielten Umsätzen und Gewinnen eignen sich die von der Angeklagten G. geführten Kassenbücher nur hinsichtlich der Seite der Betriebsausgaben.
Insoweit geht die Kammer einerseits zugunsten der Angeklagten davon aus, dass diese Betriebsausgaben, so wie sie dann auch in den jeweiligen abgegebenen Steuererklärungen enthalten sind, zutreffend erfasst sind;
Anhaltspunkte dafür, dass andererseits weitere Ausgaben verschwiegen worden wären, bestehen nicht.
148
Keine ausreichende Grundlage für die Berechnung der Umsätze und Einnahmen stellen auch allein die von der Angeklagten G. in den Jahren 2009-2012 geführten Monatsaufzeichnungen in den Kladden dar.
149
Aus diesen lässt sich zwar die Anzahl der Kunden pro Tag in diesen Jahren entnehmen, ebenso eine Auflistung der Einnahmen aufgrund der Whirlpoolnutzung und der von den Prostituierten gezahlten Gelder für die Schlafmöglichkeit je Monat.
Die dort weiter aufgeführten Tagesverdienste enthalten aber lediglich Angaben über die tatsächlichen Tagesgewinne, also unter Berücksichtigung der täglichen Betriebsausgaben, ohne dass dies jeweils nachvollzogen werden könnte.
150
Eine vollständige – nach Auffassung der Kammer auch zutreffende – Erfassung aller Umsätze und Einnahmen ergibt sich lediglich aus den handschriftlichen Tagesaufzeichnungen, die im Rahmen des polizeilichen Zugriffs Ende März 2012 in der Privatwohnung der Angeklagten sichergestellt werden konnten und die mithin für die Monate Oktober und Dezember 2011 sowie für die Monate Januar und März 2012 vorliegen.
Nach Angaben der Angeklagten und der gehörten Thekenkräften wurden auch im gesamten Tatzeitraum entsprechende Aufzeichnungen geführt, die aber vernichtet worden sind.
151
In diesen, von der Angeklagten G. oder den jeweiligen Thekenkräften geführten Aufzeichnungen sind für jeden Tag erfasst:
152
die Anzahl der Kunden (mit Uhrzeiten) und das von ihnen jeweils gezahlte Eintrittsgeld,
153
die jeweils anwesenden Prostituierten mit ihren Künstlernamen und die von Ihnen erbrachten Prostitutionsleistungen, vermerkt nach der Zeit (eine Stunde, eine halbe Stunde), die mit den Kunden verbracht wurde,
154
die von den Prostituierten geleisteten Zahlungen für „Miete“, Essen und für die von ihnen selbst konsumierten Getränke, …
155
…
156
Bei der Berechnung der Umsätze waren die aufgeführten „kundenbezogenen“ Umsätze (Eintritt der Kunden, Geld für Whirlpool-Nutzung, Sekt/Piccolo, Kondome) sowie die „prostituiertenbezogenen“ Umsätze aus „Schlafen“, „Essen“ und „Getränkeverzehr“ einzubeziehen.
Bei all diesen handelt es sich um Leistungen des Angeklagten D., die dieser an die Kunden oder an die Prostituierten erbrachte und für die er jeweils Entgelte erhielt.
157
Zu den durch den Angeklagten D. zu versteuernden Umsätzen gehören auch all diejenigen, die durch die eigentliche Prostituiertentätigkeit, d.h. die von den Kunden entgoltenen sexuellen Dienstleistungen, erzielt wurden.
158
Steuerlich waren von dem Angeklagten 100% des tatsächlich erzielten Prostitutionslohn als Bemessungsgrundlage für die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer anzusetzen.
Der Angeklagte, später gemeinsam mit dem Zeugen E., trat mit seinem Unternehmen als Erbringer sämtlicher vom Kunden erwarteter Dienstleistungen auf.
Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz ist derjenige, der als Unternehmer nach außen auftritt; diesem sind die Umsätze zuzurechnen, also hier dem Angeklagten D., später dem Angeklagten und den Zeugen E., sowie der von dem Angeklagten betriebenen GmbH.
159
Die von den Prostituierten an den Angeklagten zu zahlende „Tagesmiete“ gehört nicht als solche zu den durch den Angeklagten D. zu versteuernden Umsätzen. Die zeitweilige Zurverfügungstellung zufällig wechselnder Zimmer an die Prostituierten stellt keine entgeltpflichtige Leistung an diese dar, die Zimmer waren die Betriebsstätte, in denen der Angeklagte seine Arbeitnehmerinnen arbeiten ließ. Die sogenannte Miete war als Arbeitgeber-Anteil an den Prostitutionseinnahmen, die als Ganze bei der Berechnung des Umsatzes berücksichtigt wurden, an den Angeklagten abzuführen.
160
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161
Bei der Berechnung der vom Angeklagten hinterzogenen Umsatzsteuer waren die verschwiegene Prostitutionsumsätze und weiter verschwiegenen Umsätze zu berücksichtigen. Der Hinterziehungsbetrag ergibt sich aus der Differenz zu den bislang angemeldeten Umsätzen (die allerdings auch z.T. die „Miet“umsätze mit enthielten).
162
…
163
Der gesamte an die, als Arbeitnehmerinnen des Angeklagten tätigen, Prostituierten gezahlte Lohn berechnet sich nach den Einnahmen aus der reinen Prostitution (100%) abzüglich der „Miete“.
164
Unabhängig von den konkreten Zahlungsvorgängen ist der Lohn der Prostituierten als von vorneherein um die Miete gekürzt anzusehen. Die Berechnung der „Miete“ diente allein zur Verschleierung des Unternehmergewinns an den Prostitutionserlösen und zur Vortäuschung einer selbständigen Tätigkeit der Prostituierten.
165
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166
Bei der Berechnung der für die Prostituierten abzuführenden Lohnsteuern hat die Kammer – ausgehend von einer Bruttovereinbarung – einen Lohnsteuersatz von 20% zugrunde gelegt.
167
Lohnsteuerkarten wurden nicht vorgelegt.
168
Zwischen den beschäftigten Prosituierten und dem Angeklagten bestand zumindest stillschweigend die Vereinbarung, dass keine Lohnsteuer abgezogen und abgeführt werden sollte; dies lag im Interesse des Angeklagten, der nur so sein Geschäftsmodell umsetzen konnte und im Interesse der Prostituierten, möglichst viel von den erzielbaren Freierlöhnen ohne Abzüge von Steuer und Sozialversicherungsbeiträgen zu behalten.
169
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170
Ernsthaft [ ??? Unterstellung ] hat im Übrigen keine der Prostituierten daran geglaubt, als Selbständige selbst für die Abgabe einer Einkommensteuererklärung verantwortlich zu sein.
171
…
172
Hinsichtlich der einzelnen Beiträge hat die Kammer nach eigener Überprüfung und Berechnung zunächst die folgenden, nach Vorgabe der Kammer erfolgten detaillierten und nachvollziehbaren – in der Hauptverhandlung dargestellten – Berechnungen des Sachverständigen W., eines Mitarbeiters der Deutschen Rentenversicherung, übernommen, wonach im Einzelfall die jeweils konkret gültigen Beitragssätze und - zugunsten der Angeklagten – konstant der Eingangssteuersatz (15 bzw.14%) berücksichtigt wurden:
173
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174
Diese zunächst allein anhand der Monats-Barlohnsumme vorgenommene allgemeine Berechnungsmethode geht allerdings davon aus, dass kein Arbeitnehmer Bruttoverdienste über den Beitragsbemessungsgrenzen erzielt und keine sog. Minijobs vorliegen.
Dies kann hier aber nicht sicher für alle Fälle ausgeschlossen werden.
175
Dies beruht auf den Erkenntnissen über die Tagesverdienste der einzelnen Prostituierten in den für 4 Monate vorliegenden Tagesaufzeichnungen.
Danach gab es, wie bereits für den Monat Dezember oben dargestellt, Frauen, die nur einzelne Tage, und solche, die fast den gesamten Monat gearbeitet haben; es gab Frauen, die nur geringfügige Beträge verdient haben, und solche, deren Lohn, jedenfalls bei der hier vorzunehmenden Bruttolohn-Hochrechnung, deutlich über der Beitragsbemessungsgrenze lag.
176
Der Sachverständige hat deshalb hier auch eine – soweit überhaupt möglich – personenbezogene Beitragsberechnung für die Monate Oktober und Dezember 2011 vorgenommen.
Dabei war unter anderem zu berücksichtigen, dass einige Prostituierte, die in einem Monat nur an einem oder wenigen Tagen in den Aufzeichnungen anwesend waren, durchaus in den Vor- oder Folgemonaten mehr arbeiteten und so nicht nur von einer tageweisen Beschäftigung auszugehen war, während andere in der Tat nur für ein oder zwei Tage feststellbar im F.G. tätig waren;
einige Prostituierte verdienten nicht mehr als 400 € in den jeweiligen Monaten, so dass von einem grundsätzlich versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis auszugehen wäre, für welches Beiträge zur Minijobzentrale zu berechnen wären.
All dies ist von dem Sachverständigen überzeugend dargestellt worden, der insgesamt zu dem Ergebnis unter Berücksichtigung dieser Berechnungen kommt, dass danach zum Beispiel im Monat Oktober insgesamt 31.6071 € an Sozialversicherungsbeiträgen abzuführen gewesen wären (zuzüglich 537 € Minijob Zentrale) und im Monat Dezember 42.409 € (zuzüglich 588 € Minijob Zentrale).
177
Im Vergleich zu den Beitragssummen, die sich bei der Ausgangsberechnungsmethode ergeben, wie sie auch in der angehängten Tabelle dargestellt ist (Oktober 2011 38.060, Dezember 2011 57.999), zeigt sich, dass die personenbezogenen Berechnungssummen davon rund 77% ausmachen.
178
Bei der hier von der Kammer vorzunehmenden Schätzung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge hat die Kammer aus diesen Gründen – auch unter Berücksichtigung der wechselnden Beitragsbemessungsgrenzen im Tatzeitraum – dementsprechend zwar die Ausgangsberechnung des Sachverständigen W. zu Grunde gelegt, dabei aber jeweils einen Abschlag von 30% vorgenommen.
179
…
180
Bei den Taten, die ihre Grundlage in der Vortäuschung der Selbständigkeit der Prostituierten haben, hatte die Kammer zugunsten der Angeklagten noch Weiteres zu berücksichtigen:
181
Den Angeklagten ist ihre Vorgehensweise teilweise recht leicht gemacht worden; so wurden beim Gewerbeamt Emmerich massenhaft Anmeldungen von Hostessen – alle mit der Gewerbeadresse des F.G. – entgegengenommen, ohne dass dies hinterfragt worden wäre oder zu weiteren Ermittlungen Anlass gegeben hätte.
182
Bei der Strafzumessung hat die Kammer in gewissem Umfange zu Gunsten der Angeklagten mit berücksichtigt, dass wohl mehrere Bordellbetriebe und so genannte Sauna Clubs ähnlich verfahren wie die Angeklagten und eine durchgängige Kontroll- und Verfolgungsdichte durch Finanzämter und Strafverfolgungsbehörden offensichtlich nicht vorliegt.
Die Angeklagten können sich aber nicht darauf berufen, dass sie sich deshalb einem entsprechenden Wettbewerb und einer entsprechenden Konkurrenz hätten anpassen müssen, weil diese mit dem wohl üblichen Preisen nur aufgrund illegaler Methoden so besteht.
Die Angeklagten müssen sich nach Auffassung der Kammer dementsprechend auch darauf verweisen lassen, dass sich die berechtigten Forderungen von Fiskus und Sozialversicherungsträgern – nicht wie die Angeklagten wohl meinen, auf Kosten der Prostituierten – sondern auf Kosten der Kunden und der eigenen Gewinnerzielung durchaus hätten realisieren lassen.
183
Die Kammer ist sich auch bewusst, und hat dies auch bei der Strafzumessung zu Gunsten der Angeklagten in gewissem Umfange mit berücksichtigt, dass in Deutschland offensichtlich eine derart große Nachfrage an der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch Prostituierte vorherrscht und dass diese hier – jedenfalls zu den anscheinend gängigen Preisen – allein mit Prostituierten aus Deutschland oder aus EU-Ländern mit uneingeschränkter Freizügigkeitseinräumung, die als Arbeitnehmerinnen arbeiten könnten, nicht befriedigt werden kann.
184
Ein nicht gering zu Gunsten der Angeklagten zu berücksichtigendes Mitverschulden des Fiskus sieht die Kammer in der mit dem Angeklagten vereinbarten und jahrelang betriebenen Durchführung des so genannten Düsseldorfer Verfahrens, wenn dies auch - wie dargelegt - zu keinen Fehlvorstellungen der Angeklagten hat führen können.
185
Ob das so genannte Düsseldorfer Verfahren wegen des häufig gegebenen faktischen Drucks, welcher auf die Bordellbetreiber dadurch ausgeübt wird, dass im Falle der Anwendung dieses Verfahrens weniger oder gar keine Kontrollen mehr anfallen sollen, und wegen einer möglicherweise gegebenen Diskriminierung der (tatsächlich selbständigen) Prostituierten, von denen offensichtlich nicht erwartet wird, dass sie korrekte Steuererklärungen abgeben könnten, grundsätzlich als unzulässig angesehen werden muss, kann hier dahinstehen.
186
Jedenfalls verbietet sich – anders als bei der Prostitution in eigenen Wohnungen, in Laufhäusern oder auf dem Straßenstrich – nach Auffassung der Kammer die ungeprüfte Anbietung und Anwendung des Düsseldorfer Verfahrens jedenfalls bei Bordellbetrieben wie denen des Angeklagten, bei welchen wie dargestellt ein deutliches Auftreten nach außen als ein durch den Besitzer organisierter Betrieb mit einem einheitlichen Leistungsangebot und einheitlichen Preisen vorliegt und schon die Anzahl der angemeldeten Prostituierten die Annahme einer tatsächlichen Zimmervermietung als eher unwahrscheinlich erscheinen lässt.
187
Statt einer Beschränkung auf die Mitteilungen des Gewerbeamtes und auf die Angaben des Angeklagten, wäre hier jedenfalls einen nähere Überprüfung erforderlich gewesen, die ergeben hätte, dass nach Lohnsteuer- und Sozialversicherungsrecht Arbeitsverhältnisse vorlagen.
http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/k.... ... 130507.htm defekt
http://openjur.de/u/647355.html
Freue mich auf Eure Beiträge und tschuldigung für die Zerstückellung des Textes.
Kasharius grüßt
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- ModeratorIn
- Beiträge: 4100
- Registriert: 08.07.2012, 23:16
- Wohnort: Berlin
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
RE: Fungarden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe v. 7.5.
@ehemaliger_User
Dir erstmal herzlichen Dank für Dein edieren.
@all
mich würde hier wirklich die Meinung im Forum zu den Feststellungen und rechtlichen Wertungen des LG Kleve interessieren, da die Entscheidung ja Aussagen enthält, die in der anhaltenden Debatte um (Zwangs)Prostitution von Bedeutung sind.
So wurden hier scheinbar die mangelnden Deutsch-Sprachkenntnisse der betroffenen SW von den Angeklagten ausgenutzt, um sich an ihnen zu bereichern, Auch scheint es, daß von den Angeklagten Einfluss darauf genommen wurde, welche konkreten Handlungen der SW anzubieten und auszuführen waren (Ein klarer Verstoß gegen das ProstG, also was will man da noch verschärfen frage ich mich?!). Mir leuchtet auch der Sinn eines "Verbotes" von privaten Kontakten zu kunden nicht ein; also hier konkret schon. Ich habe aber von solchen Verboten auch (Groß)Bordellen gehört; jedenfalls müssen die dort selbstständig agierenden Frauen entsprechende Erklärungen unterzeichnen.
Auch die Unterscheidungsmaßstäbe die das Gericht hier zur Abgrenzung von selbstständig tätigen SW heranzieht sind interessant: Ist es nicht in den meisten Bordellen so, daß die Zimmer, von der Hausdame oder irgendeinem Verantwortlichen zugewiesen werden...?
Schließlich noch die FRage der Preisbibildung: Ich lese auf vielen Internetseiten der Bordelle, daß die genannten Preise zwischen den FRauen einvernehmlich ausgehandelt wurden und halte das in der Praxis generell für lebensfremd...?
Aber: Spricht all dies und was der Entscheidungstext noch so anspricht für schärfere Kontrollen...?
Freue mich auf Eure Postinngs
Kashariusgrüßt
Dir erstmal herzlichen Dank für Dein edieren.
@all
mich würde hier wirklich die Meinung im Forum zu den Feststellungen und rechtlichen Wertungen des LG Kleve interessieren, da die Entscheidung ja Aussagen enthält, die in der anhaltenden Debatte um (Zwangs)Prostitution von Bedeutung sind.
So wurden hier scheinbar die mangelnden Deutsch-Sprachkenntnisse der betroffenen SW von den Angeklagten ausgenutzt, um sich an ihnen zu bereichern, Auch scheint es, daß von den Angeklagten Einfluss darauf genommen wurde, welche konkreten Handlungen der SW anzubieten und auszuführen waren (Ein klarer Verstoß gegen das ProstG, also was will man da noch verschärfen frage ich mich?!). Mir leuchtet auch der Sinn eines "Verbotes" von privaten Kontakten zu kunden nicht ein; also hier konkret schon. Ich habe aber von solchen Verboten auch (Groß)Bordellen gehört; jedenfalls müssen die dort selbstständig agierenden Frauen entsprechende Erklärungen unterzeichnen.
Auch die Unterscheidungsmaßstäbe die das Gericht hier zur Abgrenzung von selbstständig tätigen SW heranzieht sind interessant: Ist es nicht in den meisten Bordellen so, daß die Zimmer, von der Hausdame oder irgendeinem Verantwortlichen zugewiesen werden...?
Schließlich noch die FRage der Preisbibildung: Ich lese auf vielen Internetseiten der Bordelle, daß die genannten Preise zwischen den FRauen einvernehmlich ausgehandelt wurden und halte das in der Praxis generell für lebensfremd...?
Aber: Spricht all dies und was der Entscheidungstext noch so anspricht für schärfere Kontrollen...?
Freue mich auf Eure Postinngs
Kashariusgrüßt
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- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Erste prostitutionspolitische Einschätzung
Ein wohl sehr wichtiges, einschneidendes Urteil, welches ein hartes Lehrgeld für Bordellbetreiber in der Prostitutionsbranche fordert, indem es ein ehemals wirtschaftlich erfolgreiches aber eindeutig wohl zu gieriges, zu leichtsinniges Betreiber-Ehepaar ins Gefängnis wirft.
Diese neue Rechtsprechung erstmals gegen die Pussy-Clubs gesprochen und somit hier fortgesetzt.
Sozialabgaben-Abschätzungen: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=131504#131504
Das Begleitdelikt Menschenhandel scheint hier in den Hintergrund zu treten und fast nur noch als Eingriffsinstrument für die Strafverfolgungsbehörden zu fungieren, etwa um Razzien zu veranstalten, bzw. um Bordelle schließen zu können.
Menschenhandel, Zuhälterkriminalität soll damit keinesfalls kleingeredet weden. Erstaunlicherweise nimmt der Tatbestand kaum Raum ein im Urteil. (Liegt aber vmtl. auch an den abgetrennten Verfahren gegen Mitbetreiber E. - Kronzeuge?)
Auch Sozialabgaben- und Steuerhinterziehung soll nicht gutgeheißen werden, wüssten denn Betreiber und Sexworker vorher, wie ein legaler steuerehrlicher Betrieb möglich ist. Hier fehlen bekanntlich Informationen, die auch ausländische Sexarbeiter_innen und Drittparteien verstehen können. Sichwort Sexwork-Akademie/Huren-Uni, brancheneigenes Prostitutionsforschungsinstitut... all diese Infrastruktur fehlt bisher. Das merken wir dann schmerzlich wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Beim ersten lesen und editieren des langen unstrukturierten Urteilstextes kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren in beiden Fällen, auf beiden Seiten werde die Unwissenheit des jeweils strukturell Schwächeren ausgenutzt.
(1) Der Bordellbetreiber nutzt zweifelsohne die Unwissenheit der (ausländischen) Sexarbeiterinnen aus, auch wenn er ihnen gleichzeitig lukrative Arbeitsplätze und Verdienstmöglichkeiten schafft (sonst hätte er wohl auch nicht tägl. 20 Sexworker im Haus). Auch nutzt er die Unwissenheit oder begrenzten Kontrollmöglichkeiten von Behörden aus. Aber die Unterbesetzung der Behörden ist politisch gewollt und auch dort zu verantworten (vgl. Psychiatrisierung von Steuerfahndern die zu eifrig sind)! Der Bordellier handelt geradezu, als befände er sich in einer Schattenwirtschaft. Sic! Ist das nicht die nach wie vor bestehende und beklagte Grauzone? Muß nicht festgestellt werden, dass Prostitution bis heute regelrecht in nichtfunktionierenden und ambivalenten Regelwerken gefangen zu sein scheint? (Vgl. Double Bind-Psychologie.)
RA van Galen sagte noch vor wenigen Jahren: "das Arbeitsrecht der Prostitution muß erst noch geschrieben werden." Und dieses Gericht schreibt offensichtlich kräftig daran mit. Viele Betreiber, RA, Steuerberater und wir Sexworker werden jetzt wohl umlernen müssen...
(2) Aber auch das Gericht nutzt die Unwissenheit der Prostitutionsbranche aus, um durch ein Strafurteil eine neue regelkonformere Bordellführung und Bordellbuchhaltung zu erzwingen (Sexworker als abhängig Beschäftigte). Also wird es demnächst wohl mehr als die genannten 44 sozialversicherten Sexworker geben? Es sei denn die Staatsanwaltschaft schlägt dann nicht erneut zu wg. verbotener dirigistischer Zuhälterei. Dann wäre klar erkennbar, dass all diese Urteile nicht der Rechtsfindung und Rechtssicherheit in der Sexarbeit, sondern der Prostitutionseindämmung dienen. Weil dann aber viele Jahre vergangen sein werden, wird den Zusammenhang keiner so leicht erkennen oder nachweisen können.
Ob eine klassische Bordellführung wie hier mit abhängig beschäftigten Sexworkern überhaupt legal gelingen kann und ob es sich dann noch rechnet (für Betreiber, für Sexworker und auch für Kunden, die auch ein monetäres Interesse haben) oder ob alle vorher in die Geheimprostitution im Untergrund oder Internet abwandern, das hat die nächste Generation von Betreibern am eigenen Leib und mit eigenem Investitionskapital herauszufinden. Im Zweifelsfall mit dem Risiko nach ein paar wenigen umsatzstarken Jahren ebenfalls hinter Gittern zu laden.
Derweil weigern sich Politik und Behörden, unterstützt von einem demagogischen Medienterror gegen Sexarbeit, den sie teilweise selbst inszenieren, etwa indem sie Prostituierte nach Razzien vom prostitutionsfeindlichen Solwodi e.V. betreuen lassen oder christlich-soziale Abgeordnete prostitutionsfeindliche Hilfsvereine gründen... Politiker weigern sich funktionierende Regeln der Rechtssicherheit für Sexarbeitstätten vorzulegen. Der Runde Tisch NRW scheint nicht voranzukommen.
Ergo, die Sexdienstleistungs-Branche ist nach wie vor tabuisiert und stigmatisiert.
Ein unglücklicher Untergrund um neue Kriminelle heranwachsen zu lassen, die dann vorgeführt und öffentlichkeitswirksam kriminalisiert werden können...
Währenddessen ist der Fun Garden mit neuem Betreiber wieder eröffnet.
Und die unkaputtbare Prostitution bleibt letztlich unbeeindruckt?
Diese neue Rechtsprechung erstmals gegen die Pussy-Clubs gesprochen und somit hier fortgesetzt.
Sozialabgaben-Abschätzungen: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=131504#131504
Das Begleitdelikt Menschenhandel scheint hier in den Hintergrund zu treten und fast nur noch als Eingriffsinstrument für die Strafverfolgungsbehörden zu fungieren, etwa um Razzien zu veranstalten, bzw. um Bordelle schließen zu können.
Menschenhandel, Zuhälterkriminalität soll damit keinesfalls kleingeredet weden. Erstaunlicherweise nimmt der Tatbestand kaum Raum ein im Urteil. (Liegt aber vmtl. auch an den abgetrennten Verfahren gegen Mitbetreiber E. - Kronzeuge?)
Auch Sozialabgaben- und Steuerhinterziehung soll nicht gutgeheißen werden, wüssten denn Betreiber und Sexworker vorher, wie ein legaler steuerehrlicher Betrieb möglich ist. Hier fehlen bekanntlich Informationen, die auch ausländische Sexarbeiter_innen und Drittparteien verstehen können. Sichwort Sexwork-Akademie/Huren-Uni, brancheneigenes Prostitutionsforschungsinstitut... all diese Infrastruktur fehlt bisher. Das merken wir dann schmerzlich wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Beim ersten lesen und editieren des langen unstrukturierten Urteilstextes kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren in beiden Fällen, auf beiden Seiten werde die Unwissenheit des jeweils strukturell Schwächeren ausgenutzt.
(1) Der Bordellbetreiber nutzt zweifelsohne die Unwissenheit der (ausländischen) Sexarbeiterinnen aus, auch wenn er ihnen gleichzeitig lukrative Arbeitsplätze und Verdienstmöglichkeiten schafft (sonst hätte er wohl auch nicht tägl. 20 Sexworker im Haus). Auch nutzt er die Unwissenheit oder begrenzten Kontrollmöglichkeiten von Behörden aus. Aber die Unterbesetzung der Behörden ist politisch gewollt und auch dort zu verantworten (vgl. Psychiatrisierung von Steuerfahndern die zu eifrig sind)! Der Bordellier handelt geradezu, als befände er sich in einer Schattenwirtschaft. Sic! Ist das nicht die nach wie vor bestehende und beklagte Grauzone? Muß nicht festgestellt werden, dass Prostitution bis heute regelrecht in nichtfunktionierenden und ambivalenten Regelwerken gefangen zu sein scheint? (Vgl. Double Bind-Psychologie.)
RA van Galen sagte noch vor wenigen Jahren: "das Arbeitsrecht der Prostitution muß erst noch geschrieben werden." Und dieses Gericht schreibt offensichtlich kräftig daran mit. Viele Betreiber, RA, Steuerberater und wir Sexworker werden jetzt wohl umlernen müssen...
(2) Aber auch das Gericht nutzt die Unwissenheit der Prostitutionsbranche aus, um durch ein Strafurteil eine neue regelkonformere Bordellführung und Bordellbuchhaltung zu erzwingen (Sexworker als abhängig Beschäftigte). Also wird es demnächst wohl mehr als die genannten 44 sozialversicherten Sexworker geben? Es sei denn die Staatsanwaltschaft schlägt dann nicht erneut zu wg. verbotener dirigistischer Zuhälterei. Dann wäre klar erkennbar, dass all diese Urteile nicht der Rechtsfindung und Rechtssicherheit in der Sexarbeit, sondern der Prostitutionseindämmung dienen. Weil dann aber viele Jahre vergangen sein werden, wird den Zusammenhang keiner so leicht erkennen oder nachweisen können.
Ob eine klassische Bordellführung wie hier mit abhängig beschäftigten Sexworkern überhaupt legal gelingen kann und ob es sich dann noch rechnet (für Betreiber, für Sexworker und auch für Kunden, die auch ein monetäres Interesse haben) oder ob alle vorher in die Geheimprostitution im Untergrund oder Internet abwandern, das hat die nächste Generation von Betreibern am eigenen Leib und mit eigenem Investitionskapital herauszufinden. Im Zweifelsfall mit dem Risiko nach ein paar wenigen umsatzstarken Jahren ebenfalls hinter Gittern zu laden.
Derweil weigern sich Politik und Behörden, unterstützt von einem demagogischen Medienterror gegen Sexarbeit, den sie teilweise selbst inszenieren, etwa indem sie Prostituierte nach Razzien vom prostitutionsfeindlichen Solwodi e.V. betreuen lassen oder christlich-soziale Abgeordnete prostitutionsfeindliche Hilfsvereine gründen... Politiker weigern sich funktionierende Regeln der Rechtssicherheit für Sexarbeitstätten vorzulegen. Der Runde Tisch NRW scheint nicht voranzukommen.
Ergo, die Sexdienstleistungs-Branche ist nach wie vor tabuisiert und stigmatisiert.
Ein unglücklicher Untergrund um neue Kriminelle heranwachsen zu lassen, die dann vorgeführt und öffentlichkeitswirksam kriminalisiert werden können...
Währenddessen ist der Fun Garden mit neuem Betreiber wieder eröffnet.
Und die unkaputtbare Prostitution bleibt letztlich unbeeindruckt?
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Kasharius, nach meinen Erfahrungen sind diese Sätze "einvernehmlich ausgehandelt" reine Farce. Sexarbeiterinnen, die sich an diese Vorgaben nicht halten werden mit Strafgeldern belegt bzw. bekommen zeitweise oder endgültiges Hausverbot.
Die meisten Clubs haben "Hausregeln" - dazu gehören in der Regel klare Verhaltensregeln, z.B. Kleiderordnung, Sitzordnung (Frauen dürfen nicht zusammensitzen oder die Anzahl der Frauen in Raucherzimmern wird reglementiert), regelmässige Vorlage eines Gesundheitszeugnisses und so fort.
Ähnliches gilt auch, wenn Freier abgelehnt werden oder noch schlimmer: wenn Frauen wegen Übergriffe durch Freier Anzeige erstatten wollen.
Meine Meinung: In den FKK-Clubs müssten die Frauen tatsächlich angestellt werden, es sind "Scheinselbständige".
Merkwürdigerweise greifen die Staatsanwaltschaften nur ein, wenn, wie in dem geschilderten Fall, andere Verdachtsmomente dazukommen.
An dieser Stelle haben die Landesregierungen das ProstG leider nicht mit Leben erfüllt.
Die meisten Clubs haben "Hausregeln" - dazu gehören in der Regel klare Verhaltensregeln, z.B. Kleiderordnung, Sitzordnung (Frauen dürfen nicht zusammensitzen oder die Anzahl der Frauen in Raucherzimmern wird reglementiert), regelmässige Vorlage eines Gesundheitszeugnisses und so fort.
Ähnliches gilt auch, wenn Freier abgelehnt werden oder noch schlimmer: wenn Frauen wegen Übergriffe durch Freier Anzeige erstatten wollen.
Meine Meinung: In den FKK-Clubs müssten die Frauen tatsächlich angestellt werden, es sind "Scheinselbständige".
Merkwürdigerweise greifen die Staatsanwaltschaften nur ein, wenn, wie in dem geschilderten Fall, andere Verdachtsmomente dazukommen.
An dieser Stelle haben die Landesregierungen das ProstG leider nicht mit Leben erfüllt.
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RE: Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.5.20
Sehr interessantes Urteil. Ich werde es mir genau ansehen und dann antworten. Kann aber noch ein paar Tage dauern
Klaus
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RE: Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.5.20
Ist es nicht so, das immer mehr es darauf juristisch drauf hinaus läuft, das man in den Bordellen die sozialversicherungspflichtige abhängigkeitsbeschäftigungs Verhältnis zu Gesetz machen will. Ich kann mich schwach an einem Polizeibeamter erinnern, der gesagt hat, :"wenn wir sie nicht über das Strafrecht verurteilen können, dann gibt es den ökonomischen Weg." Ich meine, das war in dem Colloseum Prozeß von Augsburg.
Das gleiche hat die RA Sabine Schwaben auf die 1. Prostitutionstage in ihrem Vortrag berichtet:
"Rechtsanwältin Dr. Sylvia Schwaben (Pfinztal, Landkreis Karlsruhe) berichtete vom Fellbacher Flatrate-Prozess, in dem sie als Verteidigerin tätig war. Die rechtliche Auseinandersetzung in dieser Angelegenheit ist keineswegs beendet, sondern liegt mittlerweile beim BGH. Sylvia Schwaben bezeichnete insbesondere den in diesem Verfahren erhobenen Menschenhandels-Vorwurf als doppelbödig und verlogen. Den erst vor wenigen Jahren neu ins Strafrecht eingefügten Paragrafen § 266 StGB bezeichnete Schwaben als „Al-Capone-Paragrafen“, der verwandt werde, um Bordellbetreiber ökonomisch in die Knie zu zwingen. Die eigentlichen Leidtragenden seien die rumänischen Frauen gewesen, die vor allem auch wegen der Legalisierung von Prostitution nach Deutschland gekommen seien, weil sie hier „aufrecht arbeiten“ könnten. Mittels der Pauschalbesteuerung würde diesen Frauen das Geld aus der Tasche gezogen, ohne dass sie jemals von den entrichteten Steuern profitieren würden. Die geplante Konzessionierung von Prostitutionsstätten sieht Sylvia Schwaben als Versuch des Staates, mehr als bisher an den Einnahmen desProstitutionsgewerbes zu partizipieren.
Liebe Grüße, Fraences
Das gleiche hat die RA Sabine Schwaben auf die 1. Prostitutionstage in ihrem Vortrag berichtet:
"Rechtsanwältin Dr. Sylvia Schwaben (Pfinztal, Landkreis Karlsruhe) berichtete vom Fellbacher Flatrate-Prozess, in dem sie als Verteidigerin tätig war. Die rechtliche Auseinandersetzung in dieser Angelegenheit ist keineswegs beendet, sondern liegt mittlerweile beim BGH. Sylvia Schwaben bezeichnete insbesondere den in diesem Verfahren erhobenen Menschenhandels-Vorwurf als doppelbödig und verlogen. Den erst vor wenigen Jahren neu ins Strafrecht eingefügten Paragrafen § 266 StGB bezeichnete Schwaben als „Al-Capone-Paragrafen“, der verwandt werde, um Bordellbetreiber ökonomisch in die Knie zu zwingen. Die eigentlichen Leidtragenden seien die rumänischen Frauen gewesen, die vor allem auch wegen der Legalisierung von Prostitution nach Deutschland gekommen seien, weil sie hier „aufrecht arbeiten“ könnten. Mittels der Pauschalbesteuerung würde diesen Frauen das Geld aus der Tasche gezogen, ohne dass sie jemals von den entrichteten Steuern profitieren würden. Die geplante Konzessionierung von Prostitutionsstätten sieht Sylvia Schwaben als Versuch des Staates, mehr als bisher an den Einnahmen desProstitutionsgewerbes zu partizipieren.
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RE: Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.5.20
-doppelposting gelöscht-
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(Achtung bei der Zitation: Die Zählung der Absätze hier stimmt nicht mit der beim Original überein.)ehemaliger_User hat geschrieben:Merkwürdigerweise greifen die Staatsanwaltschaften nur ein, wenn, wie in dem geschilderten Fall, andere Verdachtsmomente dazukommen.
Spannend.
Kann ein Sachkundiger hier abschätzen, wie sich die Strafbemessung von insgesamt 5.9 Jahren ungefähr auf die Schuldbereiche Menschenhandel, Steuerhinterziehung und Vorenthalt von Entgelt aufteilt?
Schreiben Juristen so? Da steht in Abschnitt 4 der "schwere Menschenhandel" und nur drei Abschnitte weiter geht es um den Pikkolo...
Marc sagt, es fehlen die Informationen, wie ein "ehrlicher" Betrieb möglich ist.
Fehlen nur die Informationen, oder gibt es gar kein zitierfähiges "Modell", wie ein Bordell/Club rechtlich aufgestellt sein kann?
Die Betreiber vom Stuttgarter "Paradise" gehen auf Medientour mit ihrer "zukunftsweisenden" und "sauberen" Geschäftsidee. Was tun sie denn anders als die Betreiber in Kleve? (Soll kein Rufmord sein; ich meine die Aspekte um die Scheinselbständigkeit und Steuern.)
Wie soll es denn gehen? Im Sinne des Urteils gibt es in Bordellen und Clubs keine Selbständigkeit und faktisch aber auch keine Anstellung. Und das ist nicht nur kriminell motiviert, sondern systembedingt.
Ich kann alternative Utopien formulieren - aber realexistierende Modelle nennen, die okay sind?
Wo gibt es Beispiele? Kann der Berufsverband SWD eine Liste erstellen?
Usus ist | verboten ist | korrekt ist | Beispielbetrieb
Marc sagt, es gibt keine funktionierenden Regeln der Rechssicherheit für Sexarbeitsstätten.
Kann man Regeln "sanft" einführen, ohne die existierenden Betriebe flächendeckend zu schließen? Oder muss man alles neu erfinden?
Das Gespenst von einer Abwanderung in den Untergrund und Geheimprostitution. Es wird so oft angedeutet, dass es fast schon wieder als Wahlalternative erscheint. Habt ihr euch das wirklich schon ausgemalt? Wie soll ein Untergrund in unseren Zeiten von öffentlicher Vernetzung aussehen?
Jetzt existieren Häuser, die bei den Kunden einen besten Ruf genießen und von Sexworkern mit Verweildauern von über zehn Jahren mit Zufriedenheit gefüllt sind. In welchen Untergrund sollen diese SW und Kunden denn abwandern?
l4f - der heute nicht weiß, wie unkaputtbar er und der P6 ist...
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In Zeitalter von Internet, wo sich die überwiegende Werbung statt findet, wird dann für viele , die in die "Geheimprostitution abwandeln, dann andere Marketingsstrategien entwickeln.
Es gibt da schon Möglichkeiten, wie wir früher geworben haben. die werden wieder aufleben. Die möchte ich aber jetzt hier im Öffentlichen Bereich nicht preis geben, da man die Behörden nicht schlau machen sollte:)
Liebe Grüße, Fraences
Es gibt da schon Möglichkeiten, wie wir früher geworben haben. die werden wieder aufleben. Die möchte ich aber jetzt hier im Öffentlichen Bereich nicht preis geben, da man die Behörden nicht schlau machen sollte:)
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Ich kann hier nur von Vermutungen heraus reden, aber irgendwie kommt mir das Urteil befremdend vor. Das heisst, mindestens die Stelle "Die Gespräche beim Gewerbeamt mit der dortigen Mitarbeiterin führte ausschließlich die Angeklagte G.. Den Inhalt dieser Gespräche verstanden die Prostituierten schon allein wegen der Sprachschwierigkeiten nicht." hört sich so an, als gelte dies für sämtliche dort tätigen Frauen, aber das kann nicht sein. Es hat dort mindestens eine Ausländerin gegeben, auf die dies unmöglich zutreffen kann.
Wohlgemerkt, ich war selber nie im Fun Garden, auch wenn ich davon nicht allzu weit entfernt wohne. Der Club hat mich vor allem nie angezogen, wegen der Ausstattung, so wie von der damaligen Webseite gezeigt, und auch aufgrund der Tatsache, dass dort mehrheitlich Landsleute von mir zu Gast waren/sind, und das mag ich eh weniger.
Nur, es hat mindestens diese eine Ausländerin (zu ihrer genauen Herkunft werde ich mich hier nicht äussern) im Haus gegeben, die ein recht gutes Deutsch drauf hatte. Das heist: Das war schon der Fall 2009, als ich sie mehrmals in zwei anderen Clubs besucht habe. Ihr konnte man nichts vormachen, und so kann ich mir nicht vorstellen, dass sie sich solchen Arbeitsbedingungen ohne Weiteres fügen würde. Trotzdem soll sie laut einem niederländischen Freierforum gute achtzehn Monate lang im Fun Garden aktiv geblieben sein, bevor sie dann komplett ausgestiegen ist. Das passt nicht. Damals, 2009, hat sie mit grosser Vehemenz den Club gewechselt, aufgrund der dortigen Arbeitsbedingungen (so wie mir gegenüber damals von ihr geschildert), und da soll sie achtzehn Monate lang nur so in einem Haus geblieben sein, das nach richterlicher Darstellung schon fast wie ein Arbeitslagerr anmutet? Kann ich mir kaum vorstellen.
Auch dass die Frauen grundsätzlich im FG untergebracht wurden, kommt mir auch befremdend vor: Mindestens damals 2009 hatte diese eine Frau eine eigene Wohnung. Ich werde hier nicht genau erläutern, woher ich weiss, dass ihre damaligen Behauptungen in diese Richtung nicht anders als stimmen müssen, aber es ist einfach so. Auch hier gilt: Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass diese sehr eigenwillige Person sich plötzlich so total unterordnen würde. Und trotzdem ist sie an die achtzehn Monate lang dort geblieben.
Auch kann ich mir denken, dass sie dort ihren heutigen Freund/Ehemann und Vater ihrer kleinen Tochter kennengelernt hat. Woher ich weiss, dass es sowohl eine Tochter als einen Mann gibt, werde ich hier nicht erläutern, aber ich weiss ganz genau, dass dieser Herr aus der etwas weiteren Umgebung von Emmerich stammt, und nicht aus der Umgebung ihrer damaligen Wohnung (und nein, er ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der im Urteil erwähnte Schönheitschirurg..). Also, entweder durfte/konnte man doch Bekanntschaften mit Kunden ausserhalb des Hauses knüpfen, oder der Herr war nie im Club, oder sie hat sich dem Verbot widerstrebt.
Wie dem auch sei, es hat also mindestens eine Frau gegeben, die einfach nicht in die von diesem Urteil geschilderte allgemeine Lage hineinpasst. Oder ich muss mich 2009 sehr in ihre Persönlichkeitsstruktur getäuscht haben. Damals aber war sie meiner Erfahrung nach doch wirklich eine der sturköpfigsten Personen, je begegnet ... Aber vielleicht war sie des Treibens müde, oder der Eigentümer noch um ein gutes Mass sturköpfiger... Letzte Möglichkeit: Es ist da etwas übertrieben worden, von richterlicher Seite her, aus welchen Gründen auch immer...
Wohlgemerkt, ich war selber nie im Fun Garden, auch wenn ich davon nicht allzu weit entfernt wohne. Der Club hat mich vor allem nie angezogen, wegen der Ausstattung, so wie von der damaligen Webseite gezeigt, und auch aufgrund der Tatsache, dass dort mehrheitlich Landsleute von mir zu Gast waren/sind, und das mag ich eh weniger.
Nur, es hat mindestens diese eine Ausländerin (zu ihrer genauen Herkunft werde ich mich hier nicht äussern) im Haus gegeben, die ein recht gutes Deutsch drauf hatte. Das heist: Das war schon der Fall 2009, als ich sie mehrmals in zwei anderen Clubs besucht habe. Ihr konnte man nichts vormachen, und so kann ich mir nicht vorstellen, dass sie sich solchen Arbeitsbedingungen ohne Weiteres fügen würde. Trotzdem soll sie laut einem niederländischen Freierforum gute achtzehn Monate lang im Fun Garden aktiv geblieben sein, bevor sie dann komplett ausgestiegen ist. Das passt nicht. Damals, 2009, hat sie mit grosser Vehemenz den Club gewechselt, aufgrund der dortigen Arbeitsbedingungen (so wie mir gegenüber damals von ihr geschildert), und da soll sie achtzehn Monate lang nur so in einem Haus geblieben sein, das nach richterlicher Darstellung schon fast wie ein Arbeitslagerr anmutet? Kann ich mir kaum vorstellen.
Auch dass die Frauen grundsätzlich im FG untergebracht wurden, kommt mir auch befremdend vor: Mindestens damals 2009 hatte diese eine Frau eine eigene Wohnung. Ich werde hier nicht genau erläutern, woher ich weiss, dass ihre damaligen Behauptungen in diese Richtung nicht anders als stimmen müssen, aber es ist einfach so. Auch hier gilt: Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass diese sehr eigenwillige Person sich plötzlich so total unterordnen würde. Und trotzdem ist sie an die achtzehn Monate lang dort geblieben.
Auch kann ich mir denken, dass sie dort ihren heutigen Freund/Ehemann und Vater ihrer kleinen Tochter kennengelernt hat. Woher ich weiss, dass es sowohl eine Tochter als einen Mann gibt, werde ich hier nicht erläutern, aber ich weiss ganz genau, dass dieser Herr aus der etwas weiteren Umgebung von Emmerich stammt, und nicht aus der Umgebung ihrer damaligen Wohnung (und nein, er ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der im Urteil erwähnte Schönheitschirurg..). Also, entweder durfte/konnte man doch Bekanntschaften mit Kunden ausserhalb des Hauses knüpfen, oder der Herr war nie im Club, oder sie hat sich dem Verbot widerstrebt.
Wie dem auch sei, es hat also mindestens eine Frau gegeben, die einfach nicht in die von diesem Urteil geschilderte allgemeine Lage hineinpasst. Oder ich muss mich 2009 sehr in ihre Persönlichkeitsstruktur getäuscht haben. Damals aber war sie meiner Erfahrung nach doch wirklich eine der sturköpfigsten Personen, je begegnet ... Aber vielleicht war sie des Treibens müde, oder der Eigentümer noch um ein gutes Mass sturköpfiger... Letzte Möglichkeit: Es ist da etwas übertrieben worden, von richterlicher Seite her, aus welchen Gründen auch immer...
Guten Abend, schöne Unbekannte!
Joachim Ringelnatz
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@Arum
erstmal Danke für den Hinweis. Vielleicht gehörte die betreffende Frau ja einfach nicht zu den Zeuginnen, die im Urteil aufgeführt wurden; wäre dann auch eine Nachlässigkeit der Staatsanwaltschaft u n d der Verteidiger, da sie ja entlastendes hätte bekunden können...
Was die von @lust4fun angesprochene Verteilung des Strafmaßes angeht, bin ich zwar kein Strafrechtsexperte, kann aber sagen, daß in solchen Fällen eine Gesamtstrafe nach einem recht kompliziertem Modus gebildet wird.
Hier mal der link zur entsprechenden Vorschrift im Strafgesetzbuch:
http://dejure.org/gesetze/StGB/54.html
Ansonsten leuchtet mir immer noch nicht ein, welchen t a t s ä c h l i c h e n Sinn das private Kontaktverbot zu Kunden haben soll? Geht es da um die Wahrung von Betriebsgeheimnissen? Vielleicht kann mich da mal jemand erleuchten.
Ansonsten freue ich mich auf weitere Beiträge.
Kasharius grüßt
erstmal Danke für den Hinweis. Vielleicht gehörte die betreffende Frau ja einfach nicht zu den Zeuginnen, die im Urteil aufgeführt wurden; wäre dann auch eine Nachlässigkeit der Staatsanwaltschaft u n d der Verteidiger, da sie ja entlastendes hätte bekunden können...
Was die von @lust4fun angesprochene Verteilung des Strafmaßes angeht, bin ich zwar kein Strafrechtsexperte, kann aber sagen, daß in solchen Fällen eine Gesamtstrafe nach einem recht kompliziertem Modus gebildet wird.
Hier mal der link zur entsprechenden Vorschrift im Strafgesetzbuch:
http://dejure.org/gesetze/StGB/54.html
Ansonsten leuchtet mir immer noch nicht ein, welchen t a t s ä c h l i c h e n Sinn das private Kontaktverbot zu Kunden haben soll? Geht es da um die Wahrung von Betriebsgeheimnissen? Vielleicht kann mich da mal jemand erleuchten.
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RE: Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.5.20
Guten Tag,
ich rede einmal Laienhaft daher.
Im Urteil wird festgestellt, das der/die Angeklagte ohne zu übersetzen behördliche Angelegenheiten für SW erledigt hat und den SW Dokumente zur Unterschrift vorgelegt hat, jeweils ohne die SW in einer für sie verständlichen Sprache inhaltlich vollständig zu informieren, was in diesen Dokumenten stand oder was mit Behörden verhandelt wurde.
Berührt sind der § 232 StGB, Ausnutzung der Hilflosigkeit, die durch den Aufenthalt in einem fremden Land für eine Person entsteht sofern Dritte dadurch einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil erlangen.
Berührt ist die EU Richtlinie 2012/29 in der das Prinzip "Information in einer verständlichen Sprache" für behördliches Handeln im Falle vermuteter und festgestellter Straftaten gegen Migrierte festgehalten ist. Als verständliche Sprache wird dabei einerseits verstanden, das Informationen in der Muttersprache gegeben werden müssen und andererseits das diese Informationen in einer Art aufbereitet sein müssen, dass sie von der betroffenen Person auch tatsächlich verstanden werden können (Beispiel Hörbehinderung, Beispiel fehlende Lesekompetenz)
Bei der gewerblichen Anmeldung der SW, waren diese persönlich anwesend. Es war für alle Beteiligten bei der Anmeldung erkennbar, das die SW kein oder nur unzureichend Deutsch sprachen. Auch für die Sachbearbeitenden der Behörde, die die Anmeldungen annahmen und die Gewerbescheine ausstellten, war dies erkennbar.
Frage:
Ist es nicht pflichtgemässes Ermessen der Sachbearbeitenden, die Anmeldung zum Gewerbe nur dann zuzulassen, wenn ein Gespräch mit SW zur Anmeldung und Zweck und Rechtsfolgen der Anmeldung geführt werden kann? Oder kann dies unterbleiben, wenn dadurch staatliche Mehreinnahmen zu erwarten sind, selbst wenn diese aus illegalen Geschäften stammen könnten?
In HB hatten wir folgenden Fall bei der Meldebehörde. Verwandschaft aus MD mit RO Pass und ohne D Kenntnisse kam nach Bremen um zu arbeiten. Eine Wohnung stand zur Verfügung. Ein Mietvertrag wurde geschlossen. Der Weg zum Meldeamt gesucht. Dort vorstellig, den Mietvertrag in der Hand, "bewaffnet" mit einem Mobiltelefon, Personaldokumente ebenfalls dabei, wurde um Aufnahme der Personaldaten zwecks Anmeldung nachgefragt. Die Kommunikation gestaltete sich schwierig. Die terminvergebende Sachbearbeiterin lehnte es ab mit den beiden Anmeldewilligen zu sprechen, da sie sie nicht verstand. Und sie lehnte es ab, die angebotene Sprachmittlung über eine Übersetzerin am Mobiltelefon zu nutzen. Also: Sprachmittlung war da, alle Dokumente waren da, Meldewilligen waren da. Die Amtsleitung bestätigte mir später, doch, die Mitarbeiterin hätte sich nach pflichtgemässen Ermessen richtig verhalten.
Zurück zum Urteil
Die Gewerbeanmeldungen hätten amtsseitig so nicht erfolgen dürfen, wenn das, was bei einer Wohnungsanmeldung in HB bereits nach pflichtgemässen Ermessen als richtiges Verwaltungshandeln angesehen wird, Berücksichtigung gefunden hätte. Insbesondere da die Rechtsfolgen einer gewerblichen Anmeldung als SW in einem Bordellbetrieb natürlich eine andere Qualität haben, als die Wohnsitzmeldung bei der Meldebehörde. Denn bereits seit spätestens 2007 wurde amtlich durch BKA immer wieder auf das Hohe kriminelle Dunkelfeld im Bereich der SW hingewiesen. Stichwort Menschenhandel. Da natürlich seit 2005 der §§ 232 und 233a StGB Ämtern untersagt, Handlungen zu fördern (StGB 233a), die auch nur den Verdacht nahelegen, eine ausländische Person könnte in ihrer Hilflosigkeit ausgenutzt werden um in die sexuelle Ausbeutung gehandelt zu werden.
Zurück in die Berufung? Konnten die Angeklagten nicht aufgrund der akzeptierenden Behördenpraxis davon ausgehen, das sie sich nach Recht und Gesetz im Sinne der anzumeldenden SW anwaltschaftlich deren Interessen fördernd verhielten?
Ist die rechtliche Bewertung der Sachlage dann noch so aufrecht zu erhalten? Muss nicht die Amtsleitung und Sachbearbeitung des Gewerbeamtes wegen § 233a mit auf die Anklagebank, wenn die Angeklagten nach § 232 und § 233a StGB (siehe Urteil: 5) schuldig sind?
Fragt in wahrscheinlich "zuhälterischer" Logik der Rechtslaie.
Grüße
Klaus
ich rede einmal Laienhaft daher.
Im Urteil wird festgestellt, das der/die Angeklagte ohne zu übersetzen behördliche Angelegenheiten für SW erledigt hat und den SW Dokumente zur Unterschrift vorgelegt hat, jeweils ohne die SW in einer für sie verständlichen Sprache inhaltlich vollständig zu informieren, was in diesen Dokumenten stand oder was mit Behörden verhandelt wurde.
Berührt sind der § 232 StGB, Ausnutzung der Hilflosigkeit, die durch den Aufenthalt in einem fremden Land für eine Person entsteht sofern Dritte dadurch einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil erlangen.
Berührt ist die EU Richtlinie 2012/29 in der das Prinzip "Information in einer verständlichen Sprache" für behördliches Handeln im Falle vermuteter und festgestellter Straftaten gegen Migrierte festgehalten ist. Als verständliche Sprache wird dabei einerseits verstanden, das Informationen in der Muttersprache gegeben werden müssen und andererseits das diese Informationen in einer Art aufbereitet sein müssen, dass sie von der betroffenen Person auch tatsächlich verstanden werden können (Beispiel Hörbehinderung, Beispiel fehlende Lesekompetenz)
Bei der gewerblichen Anmeldung der SW, waren diese persönlich anwesend. Es war für alle Beteiligten bei der Anmeldung erkennbar, das die SW kein oder nur unzureichend Deutsch sprachen. Auch für die Sachbearbeitenden der Behörde, die die Anmeldungen annahmen und die Gewerbescheine ausstellten, war dies erkennbar.
Frage:
Ist es nicht pflichtgemässes Ermessen der Sachbearbeitenden, die Anmeldung zum Gewerbe nur dann zuzulassen, wenn ein Gespräch mit SW zur Anmeldung und Zweck und Rechtsfolgen der Anmeldung geführt werden kann? Oder kann dies unterbleiben, wenn dadurch staatliche Mehreinnahmen zu erwarten sind, selbst wenn diese aus illegalen Geschäften stammen könnten?
In HB hatten wir folgenden Fall bei der Meldebehörde. Verwandschaft aus MD mit RO Pass und ohne D Kenntnisse kam nach Bremen um zu arbeiten. Eine Wohnung stand zur Verfügung. Ein Mietvertrag wurde geschlossen. Der Weg zum Meldeamt gesucht. Dort vorstellig, den Mietvertrag in der Hand, "bewaffnet" mit einem Mobiltelefon, Personaldokumente ebenfalls dabei, wurde um Aufnahme der Personaldaten zwecks Anmeldung nachgefragt. Die Kommunikation gestaltete sich schwierig. Die terminvergebende Sachbearbeiterin lehnte es ab mit den beiden Anmeldewilligen zu sprechen, da sie sie nicht verstand. Und sie lehnte es ab, die angebotene Sprachmittlung über eine Übersetzerin am Mobiltelefon zu nutzen. Also: Sprachmittlung war da, alle Dokumente waren da, Meldewilligen waren da. Die Amtsleitung bestätigte mir später, doch, die Mitarbeiterin hätte sich nach pflichtgemässen Ermessen richtig verhalten.
Zurück zum Urteil
Die Gewerbeanmeldungen hätten amtsseitig so nicht erfolgen dürfen, wenn das, was bei einer Wohnungsanmeldung in HB bereits nach pflichtgemässen Ermessen als richtiges Verwaltungshandeln angesehen wird, Berücksichtigung gefunden hätte. Insbesondere da die Rechtsfolgen einer gewerblichen Anmeldung als SW in einem Bordellbetrieb natürlich eine andere Qualität haben, als die Wohnsitzmeldung bei der Meldebehörde. Denn bereits seit spätestens 2007 wurde amtlich durch BKA immer wieder auf das Hohe kriminelle Dunkelfeld im Bereich der SW hingewiesen. Stichwort Menschenhandel. Da natürlich seit 2005 der §§ 232 und 233a StGB Ämtern untersagt, Handlungen zu fördern (StGB 233a), die auch nur den Verdacht nahelegen, eine ausländische Person könnte in ihrer Hilflosigkeit ausgenutzt werden um in die sexuelle Ausbeutung gehandelt zu werden.
Zurück in die Berufung? Konnten die Angeklagten nicht aufgrund der akzeptierenden Behördenpraxis davon ausgehen, das sie sich nach Recht und Gesetz im Sinne der anzumeldenden SW anwaltschaftlich deren Interessen fördernd verhielten?
Ist die rechtliche Bewertung der Sachlage dann noch so aufrecht zu erhalten? Muss nicht die Amtsleitung und Sachbearbeitung des Gewerbeamtes wegen § 233a mit auf die Anklagebank, wenn die Angeklagten nach § 232 und § 233a StGB (siehe Urteil: 5) schuldig sind?
Fragt in wahrscheinlich "zuhälterischer" Logik der Rechtslaie.
Grüße
Klaus
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Diese Anweisung sich nicht mit Kunden außerhalb der Geschäftsraümen zu treffen, ist eine Schutz für den Betreiber, das nicht Kunden dem Laden abgezogen werden. Ist auch kein Einzelfall.Kasharius hat geschrieben: Ansonsten leuchtet mir immer noch nicht ein, welchen t a t s ä c h l i c h e n Sinn das private Kontaktverbot zu Kunden haben soll? Geht es da um die Wahrung von Betriebsgeheimnissen? Vielleicht kann mich da mal jemand erleuchten.
Ansonsten freue ich mich auf weitere Beiträge.
Kasharius grüßt
Der Betreiber investiert in die Werbung. Es gibt Sexworker die ganz bewusst durch die Häuser ziehen und dann ihren eigenen Stammfreier aufbauen.
Hier treffen Sexworker-, Kunden- und Betreiber interessen auf ein ander.
Sicherlich ist es nicht möglich mit Verboten private Kontakte zu unterbinden und auch nicht rechtens.
Liebe Grüße, Fraences
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Re: RE: Fun Garden-Urteil 9. gr. Strafkammer des LG Klewe 7.

Ich versuche mir grad vorzustellen, wie es kommentiert würde, wenn die Gewerbeanmeldungen verweigert worden wären?Klaus Fricke hat geschrieben:Frage: Ist es nicht pflichtgemässes Ermessen der Sachbearbeitenden, die Anmeldung zum Gewerbe nur dann zuzulassen, wenn ein Gespräch mit SW zur Anmeldung und Zweck und Rechtsfolgen der Anmeldung geführt werden kann?
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Im Urteilstext fehlen die Berechnungen und Tabellen
Man kann das Urteil auch so bewerten, dass die Gesellschaft endlich damit aufräumen will, dass die inzwischen seit 11 Jahren im legalisierten Bordellbetrieb erfolgende Sexarbeit immer noch zu wenig nachvollziehbar an Steuern einbringt.
Da die ca. bis zu 1.000 Sexworker, die pro Jahr in dem Gesamtbetrieb Fun Garden/Villa Auberge jeweils für eine Woche gearbeitet haben, schwer fiskalisch zu überwachen sind, versucht man jetzt über solche Urteile die Betreiber mehr in die Pflicht zu nehmen. Alles begann beim Pussy Club Urteil.
Sexwork soll endlich Steuern und Sozialabgabenpflichtig voll erfaßt werden.
(Oder aber dicht gemacht werden?)
Wenn aber die meisten Sexworker nur 1 Woche pro Jahr in dem Betrieb sind, dann würden sie quasi alle unter die Kleinunternehmer-Regelung fallen und keine Umsatzsteuer zahlen auf die Hurenlöhne.
Ergo schiebt man die Umsatzsteuerpflicht ganzheitlich dem Betreiber zu und konstruiert die traditionell allein-selbständigen Sexworker fortan als abhängig Beschäftigte... "Der Betreiber hatte alles vorgegeben" ... "Die Sexworker hatten keine unternehmerische Verantwortung und -risiko"...
Dass das eine sehr fragliche Auslegung ist zeigt der Witz vom Modell des Genossenschaftsbordells, wo der Kunde sich lange lange überlegt hat so einen Betrieb dann auch mal zu testen. Dann gibt er sich einen Ruck, sagt schließlich ja und zeigt auf die sexy 20 jährige Sexarbeiterin, die er buchen will. Aber die Buchungsdame sagt, sorry, jetzt ist unsere Genossenschafts-Sexarbeiterin Meretrix gemäß Warteliste/Geschäftsverteilungsplan dran, sie ist 55 und hat 30jährige Betriebszugehörigkeit *lol*
Indem die Sexarbeit im legalen Bordellbetrieb nicht mehr so stark aus der Gesellschaft ausgegrenzt wird (Tabu/Stigma/Kriminalisierung sind gesunken(?), wenn auch schwer meßbar!), ermächtigt sich die Gesellschaft an den Sex-Betrieben und Sex-Arbeitern als Einnahmequelle für Steuern und Sozialabgaben.
Legalisierung
= Durchsetzung der immer schon bestehenden Steuerpflichten
+ Einführung der Sozialabgabenpflichten
d.h. INKLUSION ins Wirtschafts-, Sozial- und Fiscalsystem
Dagegen steht die Randgruppen-Weisheit: "No Taxation - without Representation". Aber die Representation darf man natürlich nicht an Emma-Podiumsdiskussionen oder Maischberger-Sendungen messen *lol*
Um den Paradigmenwechsel wirklich verstehen zu können, kommen wir nicht darum herum, das Gesamt-Geschäftsmodell nachzurechnen inkl. aller Umsätze, Einnahmen, Löhne, Kosten und Zahlungen für Steuern und Sozialabgaben s.o. (Modellrechnungen, Betriebs-Simulationen).
Wer kennt gute Links für Excel-Beispieltabellen für KMU Betriebsabrechnungen?
Das was wir hier erstmals gemeinsam für verschiedene Sexworker-Typen erarbeitet haben (EÜR: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=98575#98575 ) das brauchen wir jetzt für die POLITISCHE DEBATTE auch für den Gesamtbordellbetrieb !!!
Oder sogar für das gesammte Bordellviertel vgl. Duisburg www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=135813#135813 (dort weiter oben).
Interessant ist übrigens der Unterschied zwischen Bordellbetrieb ("Zimmermiete") und Agenturbetrieb (Prozente) und wie die Sexworker und Betreiber da unterschiedlich dran verdienen... Bekanntlich fahren alle großen Bordelle meistens immer beide Modelle parallel in einer (mehr oder weniger sauberen;-) Mischkalkulation, allein um die human resources/Sexworker optial einzusetzen *LOL*
Wie schätzt ihr teilen sich die Kunden zahlenmäßig auf zwischen Clubbesuch und Escortbuchung? 80/20?
www.bit.ly/sexworkerccc
Da die ca. bis zu 1.000 Sexworker, die pro Jahr in dem Gesamtbetrieb Fun Garden/Villa Auberge jeweils für eine Woche gearbeitet haben, schwer fiskalisch zu überwachen sind, versucht man jetzt über solche Urteile die Betreiber mehr in die Pflicht zu nehmen. Alles begann beim Pussy Club Urteil.
Sexwork soll endlich Steuern und Sozialabgabenpflichtig voll erfaßt werden.
(Oder aber dicht gemacht werden?)
Wenn aber die meisten Sexworker nur 1 Woche pro Jahr in dem Betrieb sind, dann würden sie quasi alle unter die Kleinunternehmer-Regelung fallen und keine Umsatzsteuer zahlen auf die Hurenlöhne.
Ergo schiebt man die Umsatzsteuerpflicht ganzheitlich dem Betreiber zu und konstruiert die traditionell allein-selbständigen Sexworker fortan als abhängig Beschäftigte... "Der Betreiber hatte alles vorgegeben" ... "Die Sexworker hatten keine unternehmerische Verantwortung und -risiko"...
Dass das eine sehr fragliche Auslegung ist zeigt der Witz vom Modell des Genossenschaftsbordells, wo der Kunde sich lange lange überlegt hat so einen Betrieb dann auch mal zu testen. Dann gibt er sich einen Ruck, sagt schließlich ja und zeigt auf die sexy 20 jährige Sexarbeiterin, die er buchen will. Aber die Buchungsdame sagt, sorry, jetzt ist unsere Genossenschafts-Sexarbeiterin Meretrix gemäß Warteliste/Geschäftsverteilungsplan dran, sie ist 55 und hat 30jährige Betriebszugehörigkeit *lol*
Indem die Sexarbeit im legalen Bordellbetrieb nicht mehr so stark aus der Gesellschaft ausgegrenzt wird (Tabu/Stigma/Kriminalisierung sind gesunken(?), wenn auch schwer meßbar!), ermächtigt sich die Gesellschaft an den Sex-Betrieben und Sex-Arbeitern als Einnahmequelle für Steuern und Sozialabgaben.
Legalisierung
= Durchsetzung der immer schon bestehenden Steuerpflichten
+ Einführung der Sozialabgabenpflichten
d.h. INKLUSION ins Wirtschafts-, Sozial- und Fiscalsystem
Dagegen steht die Randgruppen-Weisheit: "No Taxation - without Representation". Aber die Representation darf man natürlich nicht an Emma-Podiumsdiskussionen oder Maischberger-Sendungen messen *lol*
Um den Paradigmenwechsel wirklich verstehen zu können, kommen wir nicht darum herum, das Gesamt-Geschäftsmodell nachzurechnen inkl. aller Umsätze, Einnahmen, Löhne, Kosten und Zahlungen für Steuern und Sozialabgaben s.o. (Modellrechnungen, Betriebs-Simulationen).
Wer kennt gute Links für Excel-Beispieltabellen für KMU Betriebsabrechnungen?
Das was wir hier erstmals gemeinsam für verschiedene Sexworker-Typen erarbeitet haben (EÜR: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=98575#98575 ) das brauchen wir jetzt für die POLITISCHE DEBATTE auch für den Gesamtbordellbetrieb !!!
Oder sogar für das gesammte Bordellviertel vgl. Duisburg www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=135813#135813 (dort weiter oben).
Interessant ist übrigens der Unterschied zwischen Bordellbetrieb ("Zimmermiete") und Agenturbetrieb (Prozente) und wie die Sexworker und Betreiber da unterschiedlich dran verdienen... Bekanntlich fahren alle großen Bordelle meistens immer beide Modelle parallel in einer (mehr oder weniger sauberen;-) Mischkalkulation, allein um die human resources/Sexworker optial einzusetzen *LOL*
Wie schätzt ihr teilen sich die Kunden zahlenmäßig auf zwischen Clubbesuch und Escortbuchung? 80/20?
www.bit.ly/sexworkerccc