mein Buch "Sexwork 3.0"

Berichte, Dokus, Artikel und ja: auch Talkshows zum Thema Sexarbeit werden hier diskutiert
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Ariane
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Digitales Street Work - Lesereise in Österreich

Beitrag von Ariane »

Hallo liebe alle,

hier ist Ariane, ehemalige Sexarbeiterin in Berlin und London. Ehemals tätig im Bufas Beirat, Vorständin Besd, Tampep, Hydra und ECP London. Digitales Streetwork ist mein Baby und gestartet bin ich 2003 in Online Foren, auch Freierforen und Moderatorin hier im Sexworker Forum. Für Kaufmich hab ich ein Sexworker only Forum seit 2011 aufgebaut. Digitales Streetwork ist professionelle soziale Arbeit in digitalen Räumen. Da hab ich mir durch mehrere Projekte, die ich für Kaufmich.com, aber auch vorher schon als Aktivistin einen Namen gemacht, weil es das staatlicherseits kaum für Online Sexarbeit gibt und ich deshalb als Expertin gelegentlich eingeladen werde, Leute zu beraten.

Ich überlege als CEO die Escort Dating App peppr.it zu übernehmen, da das Internet reguliert wird, Sexarbeiter online zensiert werden und Sexworker Ausweichmöglichkeiten brauchen, um sich der online zensur im Plattformkapitalismus zu entziehen. Plattformen mit regionaler Monopolstellung zocken Sexworker meist ab, schalten gegen ihren Willen während Corona alte Anzeigen uvm ausserdem; können sie ein Taschengeld mit Content Verkauf wie bei Onlyfans wahrscheinlich bald nicht mehr verdienen, weil die US-basierten Zahlungsunternehmen bei Adult Content die Daumenschrauben ansetzen und Plattformen nachweisen müssen, dass ihre Nutzer, die adult content hochladen, verifiziert sein müssen.
Der Plan, die Plattform peppr.it zu übernehmen, geht mit meinem Wunsch einher, das Unternehmen in Verantwortungseigentum zu übertragen. Der Gewinn soll nach meinem Ableben Sexworker Projekte finanzieren. Ich hab mich seit einem Jahr mit Branchenkennern und Ökonomen beraten, die mir alle davon abraten. Ich arbeite jetzt schon ein Jahr ehrenamtlich an der App und müsste weitere fünf Jahre ohne Gehalt daran arbeiten, bis ich es evtl. in die Gewinnzone bringen kann. Es gibt ja bereits von Sexworkern gegründete erfolgreiche Plattformen wie adultwork.com und tryst.link; letzteres aus der Notwendigkeit entstanden, das mit den SESTA/FOSTA Gesetzen in US Werbung für Sexarbeit verboten wurde und die US-Amerikaner:innen für Werbung auf ausländische Medien ausweichen müssen.
Mein persönliches Interesse an der Weiterentwicklung dieser App, ist der Wirklichkeit geschuldet, wo es kaum Werbeportale gibt, die die Interessen von Sexarbeiter:innen ausreichend berücksichtigt.

Für digital street work für Sexworker hab ich für die Plattform Kaufmich.com mit aktuell 2.7 Mio nutzern - davon 400.000 registrierte Sexworker - täglich sind 10.000-20.000 im Durchschnitt online - mehrere Ressourcen entwickelt, auch für Kunden, die ich euch kurz vorstellen möchte:

Kaufmich Forum
Kaufmich Magazin
zwangsprostitution.de
bigsister.de de/en
bigsister forum für anonyme hilfe im peer Netzwerk des kaufmich Sexworker only forums mit 20.000 Mitgliedern
Und nun eine online Akademie akademie.bigsister.de (Beta Version). entwickelt, die in den nächsten Monaten gelauncht werden soll. Man kann https://akademie.bigsister.de/ in allen Sprachen aufrufen, kostenlose und kostenpflichtige Kurse einstellen, das ganze soll mehrsprachig, niedig schwellig und auch für Analphabeten sukzessive zugänglich werden. Kurslehrer:innen sind Sexworker, Sex Coaches, Sex Therapeuten u.a., die über eine Kursgebühr auch Geld verdienen können.


Und bitte nicht vergessen, mein Buch über die Zukunft der Sexarbeit zu lesen! Ich hab als Wissenschaftlerin und Aktivistin im In- und Ausland geforscht, auch Steetwork an Strassenstrichen von New York City gemacht, die Anzahl von Sexarbeitern in Deutschland vor 2 Jahren auf der Grundlage von Online Werbung berechnet, ein intelligentes Mittel gegen Zwangsprostitution gefunden und Empfehlungen zur Reform des Prostituiertenschutzgesetzes entwickelt, was auf eine vollständige Entkriminalisierung hinaus laufen muss. Selbst Neuseeland ist nicht der Goldstandard, auf den internationale Sexarbeit Aktivisten gerne verweisen.
https://www.bod.de/buchshop/sexwork-3-0 ... 3753480305
Auch im Buchhandel bestellbar

Anfang Juni bin ich auf Lesereise in Österreich, genauer gesagt Innsbruck. IBUS hat mich eingeladen. Es werden 100 Gäste und Politiker anwesend sein.
https://frautiroler.info/sex-arbeit-solidaritaet/
Falls man mich nach Wien für eine Lesung einladen möchte, kann man mich gerne hier über eine private Nachricht kontaktieren.

einen schönen Tag wünscht
Ariane aka ....
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floggy
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Internetpräsenz

Beitrag von floggy »

Zitat aus Beitrag #5 "Interessant ist der übergreifende Blick, der im Buchtitel anklingt – Sexwork muss noch viel intensiver als bisher unter den Bedingungen von Internet und Digitalisierung verstanden werden. Exemplarisch seien dafür die Überlegungen der Autorin zum Problemfeld „Anonymität-Diskretion-Sicherheit“ für beide Seiten, Anbieter:innen und Kund:innen, genannt."

Meine ketzerische Frage an die Community, die mich schon jeher umtrieb, weil ich vielleicht schon immer eine geheime Neigung zur Damenwahl hatte, hinter der natürlicherweise auch ein unbegründeter (?) Verdacht stehen mag, daß es so sein könnte wie meine Frage zu implizieren vorgeben mag, nämlich, führt die Internetpräsenz von freizügigen sexwilligen Frauen nicht zu einer Präsentation auf dem silbernen Tablett, die nur der überwiegenden männlichen Kundschaft zugute kommt, aber mit erheblichen existenziellen Nachteilen und Gefahren für freizügig sexwillige Frauen einhergeht? Gibt es einen Zusammenhang von neo-liberal verstandener Selbstausbeutung und Internetpräsenz?

Ich gebe in die google Suche das Wort prostituieren ein und bekomme Treffer wie diese: in den Dienst eines niedrigen Zwecks stellen und dadurch herabwürdigen, etwas Anrüchiges, Unpassendes, Verwerfliches begehen oder jemandem vorwerfen, sich öffentlich bloßstellen, demütigen. Eigentlich hatte ich die lateinische Übersetzung "sich in die erste Reihe stellen" erwartet, aber so gnädig ist die Gesellschaft heutzutage scheinbar nicht mehr eingestellt. Soviel zum Inkrementieren, andere sind auch nicht untätig. Weil die Gesellschaft aber immer gnadenloser mit freizügigen sexwilligen Frauen umgeht, ist es in meinen Augen ein kontraproduktiver Lösungsansatz, Sexarbeit auf 3.0 inkrementieren zu wollen. Das Gegenteil, der Rückzug aus dem Rampenlicht, raus aus dem gleißenden Scheinwerferlicht, brächte die Lösung.

Die Gesellschaft, die Sexualerziehung, das Geschlechterverhältnis muß sich ändern. Dann kann jede Frau nackt auf die Straße gehen und tanzen, ob für Geld oder aus purer Lebenslust.

Sex Workers träumen den gleichen Traum wie alle Frauen und Männer, nämlich begehrt zu werden ohne bestraft zu werden. Wofür denn auch?

Sex wird langweilig, wenn nicht sogar krankhaft, mit fixierten Voreinstellungen. Da dreht sich dann die Kommunikation und die eigene Persönlichkeitsentwicklung im Kreis. Dagegen hilft Damenwahl. Ich habe viele Ideen wie Sex Workers der Gesellschaft auf die Sprünge helfen könnten. Gewalt und Machtfantasien erübrigten sich dann. Sex wäre dann wieder ein Spiel.

Darf man träumen? Laßt mich bitte träumen.

Auf Seite 176 angelangt, staune ich, "Werbung für sexuelle Dienstleistungen ist zwar in Deutschland verboten, das Geschäft wird aber weiterhin über Online- und Printwerbung abgewickelt;". Oh je.
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Vanzetti
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Vanzetti »

Freundliches Hallo an alle,
Arianes Buch wurde hier gelobt. Aber es gibt auch kritische Kommentare, die man vielleicht kennen sollte.

https://www.donacarmen.de/wp-content/up ... Teil-1.pdf
https://www.donacarmen.de/wp-content/up ... Teil-2.pdf

Leider sehr ausführlich, aber dennoch lesenswert.
Vanzetti

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floggy
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mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von floggy »

Hallo Vanzetti, der Respekt vor Susi's Engagement gebietet meines Erachtens aber auch, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Buch zu kaufen, und die Passagen ausfindig zu machen, mit denen man sich ernsthaft auseinander setzen möchte. Ach, jetzt sehe ich es erst, hast Du ja geschrieben, daß das Buch lesenswert ist.
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Vanzetti »

@ floggy
Ich möchte nicht missverstanden werden: Nicht das Buch von Ariane halte ich für lesenswert, sondern die kritischen Anmerkungen dazu. Hättest du vor deiner Replik einen Blick in die angegebenen links geworfen, wäre es zu dem Missverständnis nicht gekommen. Im Übrigen müssen sich Respekt vor der Person und Kritik in der Sache meines Erachtens nicht ausschließen. LG

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mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von floggy »

Hallo Vanzetti, das solltest Du jetzt aber näher erklären, warum Du Dich in Deinem zweiten Beitrag hier im Forum so kritisch äußerst. Man kennt Dich hier ja noch gar nicht, oder gebe ich Anlaß zu einem Missverständnis? Im übrigen lese ich die Expertisen von Doña Carmen e.V., Verein für soziale und politische Rechte von Prostituierten, mehrmals, immer wieder. So werde ich Deine Links zum Anlaß nehmen, mir die Kritik von Doña Carmen e.V erneut vornehmen, und meine Positionierung neu überdenken. Bei der ersten und zweiten Lektüre war ich vom inflationären Vorkommen des Wortes Gewalt schockiert. Was bei mir der Autorenname Martyra Peng ausgelöst hat, kann in Post # 7 nachgelesen werden. Das finde ich obendrein schade, daß die Autorin ihren Namen so häufig wechselt. Aber sie wird schon wissen, was es damit auf sich hat. Ich bin mit dem Buch noch nicht ganz durch, auch die Vorhaben zu peppr.it und CEO Bewerbung (CEO ist doch die Geschäftsführung, wer aber ist der Kapitalgeber?) sind mir noch nicht klar geworden. Ich arbeite dran. Ich mag kein Gezanke. Jede/r soll schreiben was ihn bewegt, und wenn man anderer Meinung ist, dann schreibt man halt, daß das Haus blau ist, wenn der Vorgänger geschrieben hat, daß das Haus rot ist. Fertig. Wir verstehen uns?

Die Frage, ob Gewalt der Prostitution inhärent ist (Seite 85/86 im Buch bzw Teil 1 Seite 17 der Kritik), ist relativ einfach zu beantworten: violence is not part of the job description. Es gibt Sätze, die hat man gehört und gelesen, und die haben sich wie ein Mantra in einem eingebrannt. Aber ich weiß auch, daß ich schon Sexarbeit mit Raubtierdressur verglichen habe. Und da sind wir dann eben auch bei dem Thema der Eignung, Ausbildung, Professionalisierung, und bei allem, was nur jeder Migrantin widerfahren kann, aus dem einzigen Grund weil sie nur die Unionsbürgerschaft besitzt - in der Altenpflege, am Bau, im Restaurant, in der Landwirtschaft. So, und dann kommt MeToo um die Ecke, schon vor einiger Zeit - aber immer noch nicht abgehackt, und die Missbrauchsfälle in Einrichtungen aller Art - auch so ein Dauerthema seit ich Alice Miller "Du sollst nicht merken" gelesen habe, und dann die Bemühungen um Vertuschung - wie vertrauensbildend und beruhigend, nicht wahr? Ich will gar nichts vertuschen. Ich will aber auch nichts schlimmer machen als es ist. Läßt Du einen Fremden oder eine Fremde in Deine Wohnung, stellt sich die Frage, ob die noch größere potentielle Gefahr in der Wohnung oder außerhalb der Wohnung lauert? Natürlich außerhalb. Mit einem Typ kann man vielleicht noch fertig werden, wenn der Typ aber unbemerkt die Wohnungstür öffnet, und selbstherrlich, oh was für eine Überraschung, seine Kumpels einlädt? Und jetzt braucht man eine Strategie. Das hat nichts mit Prostitution zu tun. Das betrifft jeden ONS. Das Leben wird Jahr für Jahr komplexer und gefährlicher. Heutzutage kann jede/r Substanzen mit sich herumtragen, die die Cola zum Schlaftrunk machen. Aus die Maus. Gut, daß ich nicht mehr fünfzehn bin, und nicht mehr jeden Tag unterwegs bin. Dafür bin ich aber ein alter Trottel in den Augen Jüngerer, den man leicht über's Ohr hauen kann. Ein alter geiler Sack, der es nicht anders verdient hat. Merkt ihr, wie man die Hemmschwelle senken kann? Wie leicht es wieder geworden ist, Opfer von Gewalt zu werden? Passiert ist mir noch nie was. Gefühlt passiert mir ständig was.
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Vanzetti »

@ floggy
„Ich mag kein Gezanke. Jede/r soll schreiben was ihn bewegt, und wenn man anderer Meinung ist, dann schreibt man halt, daß das Haus blau ist, wenn der Vorgänger geschrieben hat, daß das Haus rot ist. Fertig. Wir verstehen uns?“

Mir geht es weder um „Gezanke“, noch darum, wie Martyra Peng persönlich gesellschaftliche Realität erlebt. Wenn sie ein blaues Haus für rot hielte, so wäre das ohne Zweifel ihre Sache und es stünde mir nicht zu, daran rumzukritteln. Dann ist es so. Es würde mich aber auch nicht sonderlich interessieren.

Worum es mir geht, ist die Tatsache, dass Susi alias Peng sich als „Sozialwissenschaftlerin“ zum Thema äußert und beansprucht, „über die aktuelle Lage der Prostitution fakten- und evidenzbasiert aufzuklären“. (S. 8) Wer die Autorin des Buches ernst nehmen will, sollte auch diesen Anspruch zur Kenntnis nehmen. Das gebietet der Respekt. Ich finde den Anspruch vollkommen richtig und unter diesem Anspruch sollte man es gar nicht mehr machen. Der Punkt ist nur: Das Wenigste in ihrem Buch ist tatsächlich „fakten- und evidenzbasiert“. Sie löst diesen Anspruch nicht ein. Stattdessen unterschreitet sie fortwährend gängige wissenschaftliche Standards. So jedenfalls verstehe ich die Argumentation von Dona Carmen. Die Belege dafür sind, wie man ja nachlesen kann, zahlreich und erdrückend. Wer eine Aussage wie „45 - 75% aller befragten Sexarbeiter*innen weltweit haben Gewalt in der Sexarbeit erlebt“ ohne jegliche Quellenangabe und ohne jegliche Auseinandersetzung mit der Methodik, wie solch einer Feststellung zugrunde liegt, einfach mal in die Welt hinausposaunt, hält nach meinem Dafürhalten die Leser*innen zum Narren und unterscheidet sich in seinem Vorgehen herzlich wenig von dem der Abolitionistinnen. Das schadet Sexarbeiter*innen.

@ floggy
„Die Frage, ob Gewalt der Prostitution inhärent ist (Seite 85/86 im Buch bzw Teil 1 Seite 17 der Kritik), ist relativ einfach zu beantworten: violence is not part of the job description.“

Im Unterschied zu dir, floggy, finde ich die Frage überhaupt nicht einfach zu beantworten. Da muss man viel empirische Forschung investieren. Genau das unterlässt Peng (obwohl sie das Gegenteil vorgibt) und erklärt stattdessen mit dem unangreifbaren Gestus der Insiderin, Werbeportale für Sexarbeit seien ohne Unterschied „der größte Absatzmarkt für Opfer von sexueller Ausbeutung“. (S.185) Behaupten kann man alles, man sollte es auch belegen können.
Wer schließlich wie Peng vorschlägt, „Sexarbeiter*innen zu zwingen, ihr Geschäft nur mit gültigem Ausweis legal fortzusetzen“ (S. 301) und im Sinne der Beweislastumkehr „nur noch nachweislich selbstbestimmte Sexarbeitende mit echten Ausweispapieren und ausreichend Sprachkenntnissen und Wissen über ihre Rechte“ den Zugang zu Online-Werbeportalen zu gewähren, macht sich selbst zum Fürsprecher der nächsten repressiven Kontrollmaßnahmen gegenüber Sexarbeiter*innen.

Vor diesem Hintergrund finde ich es schon verwunderlich, dass eine Autorin mit solchen Positionen von Unterstützungsorganisationen für Sexarbeiter*innen zu einer Lesereise nach Österreich eingeladen wird. Aber Wunder passieren ja bekanntlich immer wieder.

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mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von floggy »

Ich habe meinen ursprünglichen Beitrag hier an dieser Stelle gelöscht, weil Ich das Buch jetzt erst fertig lesen möchte. Momentan bin ich ratlos und möchte niemanden verärgern.

Ich will die Maxime aus Beitrag # 4 "NICHTS ÜBER EUCH OHNE EUCH!" endlich wieder beherzigen. Ich fühle schon (zu) lange Zeit ein Defizit an Legitimation. Am Anfang ging es mir darum, meine Rolle zu finden. Das ist mir nicht geglückt. Jetzt kann ich meine Klappe nicht halten, und bin ein viel zu lautes Sprachrohr. Ich weiß, daß das so nicht geht.

@Vanzetti: Du hast Dich immer noch nicht vorgestellt, oder irre ich mich? Geht mich ja nix an, aber genau deshalb bin ich für Dich der falsche Gesprächspartner.
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mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von floggy »

Hallo zusammen,

ich, Kunde und Sexwork Interessierter, auch im Hinblick auf politische und soziale Veränderung, und was unsere Gesellschaft im allgemeinen betrifft, würde gerne über DIE Themen sprechen:

https://nuttenrepublik.com/2022/02/13/d ... s-westens/

Beispielsweise, was bringt eine Verifizierungsorgie unter Sex Workers, wenn analog zur "Eröffnung eines Bankkontos", dann bei "Verfügungen über das Bankkonto" keine Legitimationsprüfung erfolgt? Dieser Teil des Bankkontovergleichs fehlt mir in jeder Beschreibung des Modells, die ich bisher lesen konnte.

Analog zu "Verfügungen über das Bankkonto", egal ob Einzahlung, Auszahlung, Anschriftenänderung, Überweisung, Einzugsermächtigung, Konditionenänderung, etc, müßte die "Bank" dann doch jede Inanspruchnahme von Kundenanfragen legitimatorisch bearbeiten und begleiten, im Zuge dessen die Legitimation des Sex Workers geprüft wird, der sich tatsächlich auf die Socken macht. Dies setzt also "Vermittlung" und "Überwachung" bzw "Überprüfung" voraus, klassisch für Escort Anbieter. Nur mal nur die werbetreibenden Sex Workers einmalig beim Schalten der Werbung, oder noch diffuser, beim erstmaligen Login, zu verifizieren, nach dem Motto, wir wissen wer du bist und wo du wohnst, und sie dann nach eigenem Gutdünken verfahren lassen, kann in meinen Augen keine wasserdichte Strategie gegen fremdbestimmte Arbeit sein. Muß ich deutlicher werden? Was, wenn der werbetreibende Sex Worker selbst vermittelt, oder anbietet, ich hab' da eine Freundin die würde auch mal gerne? Was könnte ihn daran hindern? Sorry, ich komme auf keine mich zufriedenstellende Antwort. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich mit Dummheit beschlagen sein sollte.

Ich habe absolut nichts gegen Escort Agenturen. Ich würde sogar so weit gehen, diesen eindeutig den Vorzug vor Internet Werbeportalen zu geben, weil Agenturen wirklich viel für Sex Workers tun können, was Internet Werbeportale nicht mal ansatzweise vorhaben, zu bieten.

Gibt es heutzutage auch noch Agenturen, bei denen der Kunde in den Räumen der Agentur im Katalog blättern kann, und beraten wird, und so die Anonymität der Escort Dame, im Hinblick auf die Allgemeinheit und unbeteiligten Dritten, geschützt und gewahrt bleibt? Diese Frage führt direkt zur Frage aller Fragen: Was ist ein schützenswertes Rechtsgut in unserer Zeit, wenn wir schon von den sozialen und politischen Rechten von Prostituierten reden, und welchen Rang soll es einnehmen?

KM hat sich mal erdreistet, ich beziehe mich auf einen Film um 2013 herum, wo das Prinzip von KM erläutert wurde, nämlich, Kundengelder anzunehmen, diese aber erst "nach grünem Licht vom Kunden" an den Sex Worker weiterzugeben. Für diese "Leistung" behielt KM auch noch ein paar Prozente für sich ein. Modelle mag es viele geben, doch sind es die Stellschrauben, die die Absicht verraten.

Meine google Suche brachte nur das hier hervor, der Link dazu bearbeitet zwar das Thema irgendwie, trifft aber nicht den Kern - da bin ich etwas ratlos - ist halt auch schon lange her:

Suche nach "kaufmich freigabe" und "kaufmich vorauszahlung freigabe"

Gastautor: Vorsicht Betrugsmasche | Kaufmich.com Magazin
... werden hier wahrscheinlich demnächst Vorauszahlungen an KM entrichtet, die erst nach positiver Bewertung des Kunden, an die Escorts freigegeben werden

Jetzt bin ich vom Thema, meinem Thema, abgekommen. Also, das Buch sollte man schon gelesen haben. Den Titel würde ich in "Sexwork Bestandsaufnahme" ändern, geistig, über das 3.0 einfach drüber wegsehen, dann ist das Buch eine Ausgangslage für Diskussionen. Das nâchste Happy-Hooker-Buch kommt bestimmt, was für erfolgreiche Sex Workers erst Recht kein Problem sein dürfte. "Lieb und Teuer" beispielsweise, von Ilan Stephani, habe ich jetzt bestellt. Was die Zukunft bringt, weiß eh niemand. Ich habe noch NIE über Internet gebucht, geschweige auch nur EINE Auswahl getroffen. Ich lauf' mir lieber die Hacken ab, dazu brauche ich nur eine Adresse, oder den Zufall, und entscheide dann vor Ort. Ich hab' es ja schon mal erzählt, wie die netten Mädels auf den Stufen zur Mädchen WG mir behilflich sein wollten, den Schaukasten mit den Fotos zu finden. Das war echt lustig, wo doch die Mädels alle herumliefen. Okay, ich gebe zu, daß wenn ich eine Frau kennengelernt habe, die Eindruck auf mich gemacht hat, daß ich mir dann auch schon mal ihren Webauftritt angeschaut habe. Aber brauchen tue ich das nicht wirklich. Ich bin der Meinung, in der Prostitution hat das Internet nur eine Konkurrenzsituation mehr geschaffen, größere Probleme, und keine Lösung. Ich werde immer bei der Straßenprostitution oder beim Clubbesuch bleiben, denn wenn du mit einer Frau fünfzig Meter gegangen und ein Stockwerk Treppen hoch gestiegen bist, dann weißt du, wie sie drauf ist, noch bevor du zahlst und dich nackig machst. Und nach einem Smalltalk bei einem Gläschen Champagner auch. Ganz anders bei der Internetauswahl. Das Aufeinandertreffen ginge mir da zu schnell, zu viel auf einmal. Stress statt Entspannung. Und so kommen wohl die Probleme und Mißverständnisse. Kein Foto und keine Beschreibung ersetzen den leibhaftigen Menschen. Soll auch so bleiben.

Quellenangabe

https ://nuttenrepublik .com/2022/02/13/die-vernichtungskultur-des-westens/
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Ariane
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meine Bücher

Beitrag von Ariane »

Hallo liebe Forengemeinde,

einige Altgediente werden mich noch kennen.



Ich hab letztjährig ein politisches Sachbuch über Sexarbeit veröffentlicht mit dem Künstlernamen Martyra Peng: Sexwork 3.0

auch in diesem Jahr wird wieder am 1. Mai ein zweites Buch von mir erscheinen und zwar ein autofiktionaler Roman unter gleichem Pseudonym und dem umwerfenden Titel "Kohle", Self-Publishing bei Bod.de wie eh und jeh, da ich Gatekeeping nicht leiden kann und kein Interesse hab, bei Verlagen den Kratzfuß zu machen. Außerdem hab ich keine Zeit, monatelang auf Antworten von Verlagen zu warten.



Sobald das Buch raus ist, melde ich mich wieder. Ich freue mich auf viele Leser! Aktuell habe ich mein drittes Buch gestartet, diesmal aus dem Bereich der Politischen Philologie/Philosophie, mit dem Titel "Die Vermessung des Rotlichts - Korrekturen", dass im Herbst/Winter erscheinen soll. Hier bin ich mir noch unsicher, ob ich es wieder unter Pseudonym veröffentlichen soll oder lieber unter Klarname. Mir ist aufgefallen, dass Ex-Prostituierte mit Künstlernamen nicht wirklich ernstgenommen werden.



Ihr seht, ich hab viel zu berichten.  



viele grüße

Ariane
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Re: meine Bücher

Beitrag von friederike »

Oh ja - Du hast viel erlebt und Du verstehst es, davon und darüber zu berichten! :008

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Re: meine Bücher

Beitrag von Ariane »

"Kohle" ist die Welt eines konsequenten Aufstiegskampfes in einem kapitalistischen Umfeld, wo die rebellische Außenseiterin Nadine als dysfunktional expediert wird, als sie an den existenziellen Grundfesten eines kaputten Systems rüttelt. Ab 1. Mai im Buchhandel #literatur #roman
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Kasharius »

Liebe @Ariane

auf jeden Fall viel Erfolg für alle Deine Projekte


Kasharius grüßt Dich

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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von friederike »

Das wünsch ich Dir von ganzem Herzen auch!