Nur für das Geld?
-
- Goldstück
- Beiträge: 2194
- Registriert: 07.12.2010, 23:29
- Wohnort: Saarlouis
- Ich bin: SexarbeiterIn
Nur für das Geld?
Vor einiger Zeit habe ich an einer privaten Diskussion teilgenommen, bei der es um Sexarbeit ging. Zu der Zeit war ich noch nicht Prostituierte, und niemand der Anwesenden wusste von meinem Interesse.
Einige ältere und sehr sittenstrenge (im zeitgenössischen Sinn der "political correctness") Diskussionsteilnehmerinnen erklärten, keine Frau würde sich jemals prostituieren ausser aus körperlichem Zwang, wirtschaftlicher Not oder Geldgier, es sei denn, sie wäre nymphoman. Sexarbeit müsse deshalb wie in USA oder Schweden verboten werden. Andere, u.a. ein angesehener Arzt, pflichteten bei.
Es war gerade die Zeit, wo wieder einmal die Ärzteverbände höhere Einkommen für ihre Klientel verlangten. Ich habe dann den Arzt gefragt, ob er seinen Beruf auch ausüben würde, wenn er nicht mit einem (hohen) Einkommen verbunden wäre - was er entrüstet von sich wies. Also läge der Schluss nahe, dass auch der Arztberuf gesetzlich verboten gehöre ... Allgemeine Empörung!
Wie denkt das Forum darüber? Für mich ist das Geld nicht das Hauptmotiv.
Einige ältere und sehr sittenstrenge (im zeitgenössischen Sinn der "political correctness") Diskussionsteilnehmerinnen erklärten, keine Frau würde sich jemals prostituieren ausser aus körperlichem Zwang, wirtschaftlicher Not oder Geldgier, es sei denn, sie wäre nymphoman. Sexarbeit müsse deshalb wie in USA oder Schweden verboten werden. Andere, u.a. ein angesehener Arzt, pflichteten bei.
Es war gerade die Zeit, wo wieder einmal die Ärzteverbände höhere Einkommen für ihre Klientel verlangten. Ich habe dann den Arzt gefragt, ob er seinen Beruf auch ausüben würde, wenn er nicht mit einem (hohen) Einkommen verbunden wäre - was er entrüstet von sich wies. Also läge der Schluss nahe, dass auch der Arztberuf gesetzlich verboten gehöre ... Allgemeine Empörung!
Wie denkt das Forum darüber? Für mich ist das Geld nicht das Hauptmotiv.
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Die Tabuisierung bzw. Ausgrenzung funktioniert halt einfach so, dass man den Anderen, Fremden oder der Minderheit, von deren alleiniger Existenz man sein eigenes Tun in Frage gestellt sehen kann, negativ definiert (hegemoniale Definitionsmacht).
Sexworker sind allein durch ihre Existenz eine Herausforderung für nicht immer richtige, strenge gesellschaftliche Regeln (bezüglich Sex und Geld). Also spricht man den Sexworkern positive Motive, Kompetenzen und Erfahrungen einfach ab, während man diese beim eigenen Tun und angestrebten Beruf, der einem die soziale Stellung und Macht sichert, überbewertet.
So hat sich über viele Jahre Prostitution als Schimpfwort und Negativfolie für sozial Unerwünschtes durchgesetzt (Sündenbockfunktion). Dies aufzubrechen indem genau unterschieden wird zwischen negativer moralischer Wertung (Schimpfwortgebrauch Prostitution) und sachlicher Beschreibung (Berufsbezeichnung Sexwork) gelingt selten. Dafür ist regelmäßig viel Zeit und eine vertrauensvolle persönlich-private Kommunikationsbeziehung notwendig.
Das würde von uns ein Outing und Bekennen zur eienen Sexarbeit verlangen. Gibt es aber wenig, weil wir Sexworker uns irgendwann entscheiden, es ist einfacher sich zurückzuziehen und sein eigenes Ding zu machen, als gegen Vorurteile anrennen zu wollen.
_
Neben dem Motiv
- Geld gibt es noch die Motive
- Lust,
- Abenteuer,
- Freiheit, Selbstbestimmung
- Protest,
- Selbstverletzung/Sucht,
- Zwang,
- Verleitet sein (dem Partner folgen...),
- Erkenntnisgewinn,
- ökonomische Rationalität (Zeitflexibilität, Autonomie, Effizienz, Geld)
...
Sexworker sind allein durch ihre Existenz eine Herausforderung für nicht immer richtige, strenge gesellschaftliche Regeln (bezüglich Sex und Geld). Also spricht man den Sexworkern positive Motive, Kompetenzen und Erfahrungen einfach ab, während man diese beim eigenen Tun und angestrebten Beruf, der einem die soziale Stellung und Macht sichert, überbewertet.
So hat sich über viele Jahre Prostitution als Schimpfwort und Negativfolie für sozial Unerwünschtes durchgesetzt (Sündenbockfunktion). Dies aufzubrechen indem genau unterschieden wird zwischen negativer moralischer Wertung (Schimpfwortgebrauch Prostitution) und sachlicher Beschreibung (Berufsbezeichnung Sexwork) gelingt selten. Dafür ist regelmäßig viel Zeit und eine vertrauensvolle persönlich-private Kommunikationsbeziehung notwendig.
Das würde von uns ein Outing und Bekennen zur eienen Sexarbeit verlangen. Gibt es aber wenig, weil wir Sexworker uns irgendwann entscheiden, es ist einfacher sich zurückzuziehen und sein eigenes Ding zu machen, als gegen Vorurteile anrennen zu wollen.
_
Neben dem Motiv
- Geld gibt es noch die Motive
- Lust,
- Abenteuer,
- Freiheit, Selbstbestimmung
- Protest,
- Selbstverletzung/Sucht,
- Zwang,
- Verleitet sein (dem Partner folgen...),
- Erkenntnisgewinn,
- ökonomische Rationalität (Zeitflexibilität, Autonomie, Effizienz, Geld)
...
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 2968
- Registriert: 27.04.2008, 15:25
- Ich bin: Keine Angabe
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 377
- Registriert: 07.04.2009, 18:00
- Wohnort: NRW
- Ich bin: Keine Angabe
Hallo Friederike,
neben den oben von Marc erwähnten Gründen scheint mir noch der von dem verstorbenen spanischen Filmregisseur Luis Bunuel in "Belle de jour" meisterhaft dargestellte Ausbruchsversuch aus bürgerlichen Konventionen erwähnenswert. Aber seien wir ehrlich: In der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle spielt das Geld die Hauptrolle. Ernstzunehmende WissenschaftlerInnen wie beispielsweise Elisabeth von Dücker (Sexarbeit - eine Welt für sich...) täuschen sich da bestimmt nicht. Wenn das bei Dir anders ist, dann zählst Du sicher zu den Ausnahmen. Aber die muss es bekanntlich auch geben.
Liebe Grüße
rainman
neben den oben von Marc erwähnten Gründen scheint mir noch der von dem verstorbenen spanischen Filmregisseur Luis Bunuel in "Belle de jour" meisterhaft dargestellte Ausbruchsversuch aus bürgerlichen Konventionen erwähnenswert. Aber seien wir ehrlich: In der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle spielt das Geld die Hauptrolle. Ernstzunehmende WissenschaftlerInnen wie beispielsweise Elisabeth von Dücker (Sexarbeit - eine Welt für sich...) täuschen sich da bestimmt nicht. Wenn das bei Dir anders ist, dann zählst Du sicher zu den Ausnahmen. Aber die muss es bekanntlich auch geben.
Liebe Grüße
rainman
-
- Goldstück
- Beiträge: 2194
- Registriert: 07.12.2010, 23:29
- Wohnort: Saarlouis
- Ich bin: SexarbeiterIn
RE: Nur für das Geld?
Lieber rainman, lieber Marc,
vielen Dank für Eure Antworten. In Euren Listen finde ich mich durchaus wieder. Meine These ist eben (siehe Arztberuf-Beispiel), dass sich diese Motive nicht gegenseitig ausschliessen und mehr oder weniger gleichberechtigt nebeneinander stehen können. Natürlich gibt es auch Frauen (und Männer), die nur aus Geldnot in der Prostitution sind; ob man damit glücklich werden kann?
Luis Bunuels Film "Belle de jour" bewundere ich sehr, übrigens ist auch das Buch von Joseph Kessel sehr interessant. Beide haben eine wichtige Rolle gespielt, mich ins Bordell zu bringen. Die Heldin Severine (Cathérine Deneuve im Film) geht aber nach meinem Verständnis nicht in erster Linie wegen der Revolte gegen die bourgeoise Gesellschaft ins Bordell (obwohl dies ein wichtiges Motiv ist, u.a. für mich). Hier geht es mehr um die dunkle, unwiderstehliche Macht der Sexualität, die Severine auf das Bett der "fille publique" wirft. Buch und Film gehören zu meinen unbedingten Favoriten. Jetzt, wo ich selbst Hure bin, verstehe ich die Exaktheit der Beobachtung, die Genauigkeit der Gesten (obwohl der Film aus den 60er Jahren stammt). Das Bordell könnte fast mein heutiger Arbeitsplatz sein, die Chefin verhält sich genau wie die meine.
LG
Friederike
vielen Dank für Eure Antworten. In Euren Listen finde ich mich durchaus wieder. Meine These ist eben (siehe Arztberuf-Beispiel), dass sich diese Motive nicht gegenseitig ausschliessen und mehr oder weniger gleichberechtigt nebeneinander stehen können. Natürlich gibt es auch Frauen (und Männer), die nur aus Geldnot in der Prostitution sind; ob man damit glücklich werden kann?
Luis Bunuels Film "Belle de jour" bewundere ich sehr, übrigens ist auch das Buch von Joseph Kessel sehr interessant. Beide haben eine wichtige Rolle gespielt, mich ins Bordell zu bringen. Die Heldin Severine (Cathérine Deneuve im Film) geht aber nach meinem Verständnis nicht in erster Linie wegen der Revolte gegen die bourgeoise Gesellschaft ins Bordell (obwohl dies ein wichtiges Motiv ist, u.a. für mich). Hier geht es mehr um die dunkle, unwiderstehliche Macht der Sexualität, die Severine auf das Bett der "fille publique" wirft. Buch und Film gehören zu meinen unbedingten Favoriten. Jetzt, wo ich selbst Hure bin, verstehe ich die Exaktheit der Beobachtung, die Genauigkeit der Gesten (obwohl der Film aus den 60er Jahren stammt). Das Bordell könnte fast mein heutiger Arbeitsplatz sein, die Chefin verhält sich genau wie die meine.
LG
Friederike
-
- Senior Admin
- Beiträge: 7067
- Registriert: 20.09.2008, 21:37
- Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
- Ich bin: Keine Angabe

Zumindest mag es so demjenigen erscheinen, der sich innerhalb der bürgerlichen Konventionen befindet/befinden kann. Jedoch bedeutet die Unfähigkeit mit solchen Konventionen dauerhaft zurechtzukommen ja keineswegs, dass frau keine Träume in diese Richtung hat. Das Geld wird IMHO in vielen Fällen einfach das Mittel zu diesem Zweck sein - sich etwas bürgerliche Annehmlichkeiten kaufen zu können, die man auf dem gesellschaftlich erwünschten Weg nicht erreichen könnte.rainman hat geschrieben:Ausbruchsversuch aus bürgerlichen Konventionen
Zumindest sehe ich es bei mir so ...
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
-
- PlatinStern
- Beiträge: 3836
- Registriert: 01.02.2007, 22:33
- Wohnort: nrw
- Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn
RE: Nur für das Geld?
diese frage "ist es nur wegen dem geld" wird mir oft gestellt. von kunden, von freunden und nicht zuletzt von mir selbst. ich habe lange darüber nachgedacht und kam auf folgendes gedankenexperiment. ich hoffe, ihr findets nicht doof, denn es ist sehr konstruiert und eigen, eben typisch für mich.
ich habe mir vorgestellt: alle verdienen in etwa dasselbe; im fall von krankheit, arbeitslosigkeit .... ist jeder gut abgesichert;der beruf ist moralisch weder abgewertet noch aufgewertet, sondern gilt als "normale" dienstleistung (so in etwa wie berufe im wellnessbereich); ich könnte mir einen beruf aussuchen in dem ich ähnlich verdiene und ohne negative konsequenzen wechseln könnte.
ich komme nach hin- und herdenken zu dem ergebnis, ich bliebe sexarbeiterin mit einigen änderungen (ich lehnte manche kunden ab, die ich momentan nicht ablehne, weil ich denke, wer weiß, ob ich in 10 jahren nicht froh bin, sie behalten zu haben - mein typisches existenzsicherndes denken), denn ich finde vieles prima an meinem beruf: der intensive kontakt zu dem kunden, das eingeweihtsein in dessen probleme, das annehmenkönnen des menschen, kreativsein, experimentieren, interessante menschen kennenlernen, nicht nur kunden, sondern das drumherum (kolleginnen, kollegen, sozialarbeiterinnen, politiker....), der erfolg, das geld, noch einiges andere, sorry, aber der sex käme an einer der letzten stellen.
lieben gruß, annainga
ich habe mir vorgestellt: alle verdienen in etwa dasselbe; im fall von krankheit, arbeitslosigkeit .... ist jeder gut abgesichert;der beruf ist moralisch weder abgewertet noch aufgewertet, sondern gilt als "normale" dienstleistung (so in etwa wie berufe im wellnessbereich); ich könnte mir einen beruf aussuchen in dem ich ähnlich verdiene und ohne negative konsequenzen wechseln könnte.
ich komme nach hin- und herdenken zu dem ergebnis, ich bliebe sexarbeiterin mit einigen änderungen (ich lehnte manche kunden ab, die ich momentan nicht ablehne, weil ich denke, wer weiß, ob ich in 10 jahren nicht froh bin, sie behalten zu haben - mein typisches existenzsicherndes denken), denn ich finde vieles prima an meinem beruf: der intensive kontakt zu dem kunden, das eingeweihtsein in dessen probleme, das annehmenkönnen des menschen, kreativsein, experimentieren, interessante menschen kennenlernen, nicht nur kunden, sondern das drumherum (kolleginnen, kollegen, sozialarbeiterinnen, politiker....), der erfolg, das geld, noch einiges andere, sorry, aber der sex käme an einer der letzten stellen.
lieben gruß, annainga
-
- Senior Admin
- Beiträge: 7067
- Registriert: 20.09.2008, 21:37
- Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
- Ich bin: Keine Angabe
Re: RE: Nur für das Geld?

Ich finde das überhauptnicht doof, habe mir selbst auch schon solche Gedanken gemacht.annainga hat geschrieben:ich hoffe, ihr findets nicht doof, denn es ist sehr konstruiert und eigen, eben typisch für mich.
Und ich bin, seitdem ich diese Tätigkeit (wieder) ausübe, regelmäßig zum gleichen Ergebnis gekommen wie du, annainga. Allerdings muß ich gestehen, dass ich vorher die Motivation durch die Möglichkeit eher ausreichend Geld zu verdienen als in einem anderen Job schon gebraucht habe. Bei gleichwertigen anderen Alternativen wäre ich IMHO nicht auf die Idee gekommen wieder einzusteigen.
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
-
- PlatinStern
- Beiträge: 746
- Registriert: 06.08.2009, 23:39
- Ich bin: Keine Angabe
Ich weiß nicht, warum ich mich für den Grund "wegen Geld" schämen sollte bzw. mich rechtfertigen müsste.
Ist es denn so ehrenrührig, anrüchig, oder sonstwie daneben, Geld verdienen zu wollen? Auch wenn es bei mir nicht der einzige Grund ist, man kann es drehen, wenden und von allen Seiten ausleuchten: ich mache es wegen (und gegen
) Geld!
Auch wenn man andere Gründe ins Feld führt, läuft es am Ende immer wieder darauf hinaus.
Sonst wäre keiner von uns hier, wir alle wären fröhliche Hedonisten, die nach Lust und Laune ihren Stimmungen und Neigungen folgen.
Bei angenehmen Gästen freuen wir uns und denken, daß es ja letztendlich doch nicht ausschließlich des Geldes wegen ist, bei unangenehmen Gästen (die wir alle hoffentlich so selten wie möglich haben sollten!) danken wir im Geiste für das Honorar und manchmal läßt uns gerade dieser Gedanke dann noch ein paar Minuten "stillehalten"...
Ich finde, der Grund, es des Geldes wegen zu tun, ist so gut oder schlecht wie jeder andere auch!
Liebe Grüße, Sami
Ist es denn so ehrenrührig, anrüchig, oder sonstwie daneben, Geld verdienen zu wollen? Auch wenn es bei mir nicht der einzige Grund ist, man kann es drehen, wenden und von allen Seiten ausleuchten: ich mache es wegen (und gegen

Auch wenn man andere Gründe ins Feld führt, läuft es am Ende immer wieder darauf hinaus.
Sonst wäre keiner von uns hier, wir alle wären fröhliche Hedonisten, die nach Lust und Laune ihren Stimmungen und Neigungen folgen.
Bei angenehmen Gästen freuen wir uns und denken, daß es ja letztendlich doch nicht ausschließlich des Geldes wegen ist, bei unangenehmen Gästen (die wir alle hoffentlich so selten wie möglich haben sollten!) danken wir im Geiste für das Honorar und manchmal läßt uns gerade dieser Gedanke dann noch ein paar Minuten "stillehalten"...
Ich finde, der Grund, es des Geldes wegen zu tun, ist so gut oder schlecht wie jeder andere auch!
Liebe Grüße, Sami
Wenn Du einen Buckel hast, streue einfach etwas Glitter drauf und gehe tanzen!
(James St. James)
(James St. James)
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 631
- Registriert: 13.07.2007, 22:59
- Wohnort: zu Hause
- Ich bin: Keine Angabe
Solche Disskusionen wie im Anfangsthread beschrieben hatte ich auch erst vor einigen Wochen bei einem Vereinsausflug mit Partner übers Wochenende nach Hamburg. Unser Hotel war mitten auf der Reeperbahn.
Da hörte man auch ähnliche Äußerungen oder auch "die könnten ja auch putzen gehen" oder "in der Krankenpflege werden auch noch Leute gesucht."
Diese Stimmen kamen von Leuten -meist verheirateten Frauen- die von keiner der drei Branchen eine Ahnung haben. Als ich dann noch fragte, welcher der Berufsgruppen ihre Meinung nach einen "höheren Stellenwert" hat wurde ich nur dumm angeschaut.
Allerdings gab es auch etliche, für mich überaschend viele ernsthafte und nachdenkliche Stimmen wie z.B. "was verdienen denn die hier", "hat jede einen Zuhälter oder arbeiten die auf eigene Rechnung" oder "in der Not - der Kinder wegen - könnte ich mir das auch vorstellen"
Es war interessant verschiedene Meinungen zu hören, da die Meisten mit diesem Thema nie zu tun hatten und ihre Bilder aus Tatort oder ähnliche Fernsehsendungen im Kopf hatten. Das die Eindrücke dann doch anders waren hörte man u.a." das sind ja alles hübsche Mädels hier".
Doch zurück zum Thema: Natürlich spielt Geld nicht nur eine untergeordnete Rolle. Das ist aber in so ziemlich jedem Beruf so. Mir ist es auch ziemlich egal ob die Welt um eine Maschine reicher ist oder nicht. Einem Autoverkäufer ist es auch egal ob ein Auto mehr oder weniger die Straßen verstopft oder nicht. Was zählt ist doch das Geld was dabei herauskommt. Das ein zufriedener Kunde motivierend wirkt und andere Bedingungen wie Arbeitsplatz, Kollegen, Chef, etc. eine nicht unwesentliche Rolle spielen ist zwar logisch, aber nicht der Hauptgrund um jeden Tag auf Arbeit zu erscheinen.
viele Grüße
Jason
P.S. Das Ärzte mehr verdienen als ich, damit habe ich kein Problem. Sie saßen auch lange genug an der Uni. Vielleicht sollte man da auch wieder mehr über Moral lehren. Doch welcher Professor hat davon noch Ahnung.....?
Da hörte man auch ähnliche Äußerungen oder auch "die könnten ja auch putzen gehen" oder "in der Krankenpflege werden auch noch Leute gesucht."
Diese Stimmen kamen von Leuten -meist verheirateten Frauen- die von keiner der drei Branchen eine Ahnung haben. Als ich dann noch fragte, welcher der Berufsgruppen ihre Meinung nach einen "höheren Stellenwert" hat wurde ich nur dumm angeschaut.
Allerdings gab es auch etliche, für mich überaschend viele ernsthafte und nachdenkliche Stimmen wie z.B. "was verdienen denn die hier", "hat jede einen Zuhälter oder arbeiten die auf eigene Rechnung" oder "in der Not - der Kinder wegen - könnte ich mir das auch vorstellen"
Es war interessant verschiedene Meinungen zu hören, da die Meisten mit diesem Thema nie zu tun hatten und ihre Bilder aus Tatort oder ähnliche Fernsehsendungen im Kopf hatten. Das die Eindrücke dann doch anders waren hörte man u.a." das sind ja alles hübsche Mädels hier".
Doch zurück zum Thema: Natürlich spielt Geld nicht nur eine untergeordnete Rolle. Das ist aber in so ziemlich jedem Beruf so. Mir ist es auch ziemlich egal ob die Welt um eine Maschine reicher ist oder nicht. Einem Autoverkäufer ist es auch egal ob ein Auto mehr oder weniger die Straßen verstopft oder nicht. Was zählt ist doch das Geld was dabei herauskommt. Das ein zufriedener Kunde motivierend wirkt und andere Bedingungen wie Arbeitsplatz, Kollegen, Chef, etc. eine nicht unwesentliche Rolle spielen ist zwar logisch, aber nicht der Hauptgrund um jeden Tag auf Arbeit zu erscheinen.
viele Grüße
Jason
P.S. Das Ärzte mehr verdienen als ich, damit habe ich kein Problem. Sie saßen auch lange genug an der Uni. Vielleicht sollte man da auch wieder mehr über Moral lehren. Doch welcher Professor hat davon noch Ahnung.....?
> ich lernte Frauen zu lieben und zu hassen, aber nie sie zu verstehen <
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 961
- Registriert: 01.06.2009, 13:35
- Wohnort: Niederländische Grenzregion
- Ich bin: Keine Angabe

Und man sollte eben auch nie vergessen: Eine Unmenge von Frauen heiraten oder verlieben sich immer noch aus dem gleichen Grund. Ja, gar, ich kenne da eine Radikalfeministin, die gegen Prostitution wittert, das schwedische Model vertritt, aber ohne weiteres Bedenken das Einkommen des neuen Freundes als ein Grund fürs Zusamenziehen erwähnt. Na, da sollte man sich als SW doch wirklich nicht schämen, Geld zu verlangen. Für uns Kunden wäre es schon einfacher, wenn es umsonst wäre, aber ich denke mal, damit ginge doch auch ein gutes Teil des Reizes verloren.Sami hat geschrieben: Auch wenn es bei mir nicht der einzige Grund ist, man kann es drehen, wenden und von allen Seiten ausleuchten: ich mache es wegen (und gegen) Geld!
Guten Abend, schöne Unbekannte!
Joachim Ringelnatz
Joachim Ringelnatz
-
- Senior Admin
- Beiträge: 7067
- Registriert: 20.09.2008, 21:37
- Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
- Ich bin: Keine Angabe

The main difference between sex for money and sex for free is that sex for free usually comes much more costly.Arum hat geschrieben:... ich kenne da eine Radikalfeministin, die gegen Prostitution wittert, das schwedische Model vertritt, aber ohne weiteres Bedenken das Einkommen des neuen Freundes als ein Grund fürs Zusamenziehen erwähnt.
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 377
- Registriert: 07.04.2009, 18:00
- Wohnort: NRW
- Ich bin: Keine Angabe
Ja, das liebe Geld! Wie sagte doch noch der erfahrene Kunde in dem Film, über den ich mich oben mit Friederike und Aoife unterhalten habe: "Du gehst rein, wählst ein Mädchen aus, du bezahlst und bekommst, wofür du bezahlt hast, du gehst wieder raus und bist für den Rest des Tages traurig..."
Liebe Grüße, rainman
Liebe Grüße, rainman
-
- Goldstück
- Beiträge: 2194
- Registriert: 07.12.2010, 23:29
- Wohnort: Saarlouis
- Ich bin: SexarbeiterIn
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 961
- Registriert: 01.06.2009, 13:35
- Wohnort: Niederländische Grenzregion
- Ich bin: Keine Angabe
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 961
- Registriert: 01.06.2009, 13:35
- Wohnort: Niederländische Grenzregion
- Ich bin: Keine Angabe

Aoife hat geschrieben:
The main difference between sex for money and sex for free is that sex for free usually comes much more costly.
Vorausgesetzt, dass man als Kunde im finanziellen Bereich etwas vernünftig an die Sache herangeht. So habe ich selber ein Jahresbudgett, das ich strikt einzuhalten habe. Aber das ist letztendlich die Eigenverantwortlichkeit des Kunden. Man kann es unter normalen Umstanden den SW nicht vorwerfen, wenn man sich finanziell übernimmt. Da hätte man einfach besser achtgeben sollen.
Guten Abend, schöne Unbekannte!
Joachim Ringelnatz
Joachim Ringelnatz
-
- verifizierte UserIn
- Beiträge: 377
- Registriert: 07.04.2009, 18:00
- Wohnort: NRW
- Ich bin: Keine Angabe
Hallo Arum,
Deine Entgegnung auf Aoifes englischer Bemerkung trifft den Nagel auf den Kopf, sofern man die Sache ernst nimmt. Ich glaube aber, unsere liebe Aoife hat einen Witz gemacht, den man nur auf Englisch erzählen kann und den man auch nicht erklären sollte.
Nichts für ungut, lieber Arum, ich habe köstlich geschmunzelt!
Liebe Grüße
rainman
Deine Entgegnung auf Aoifes englischer Bemerkung trifft den Nagel auf den Kopf, sofern man die Sache ernst nimmt. Ich glaube aber, unsere liebe Aoife hat einen Witz gemacht, den man nur auf Englisch erzählen kann und den man auch nicht erklären sollte.
Nichts für ungut, lieber Arum, ich habe köstlich geschmunzelt!
Liebe Grüße
rainman
-
- PlatinStern
- Beiträge: 3836
- Registriert: 01.02.2007, 22:33
- Wohnort: nrw
- Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn
RE: Nur für das Geld?

darum ging es bei friederikes fragestellung - denke ich - nicht. es ging nicht darum, ob man wegen des geldes arbeitet, sondern ob man nur des geldes wegen arbeitet.Sami hat geschrieben:Ich weiß nicht, warum ich mich für den Grund "wegen Geld" schämen sollte
deswegen ja die konstruierte situation in der geld keine rolle spielt, um zu gründen zu kommen, weshalb man als sexarbeiterin arbeitet.
ich kann mir nicht vorstellen, dass man ausschließlich des geldes wegen arbeitet, @sami du sagst ja selbst, es wäre nicht der einzige grund.
für die meisten sexarbeiterinnen ist geld der ausschlaggebende punkt mit sexarbeit anzufangen, aber um dort zu bleiben, sich in diesem beruf weiter zu entwickeln, erfolgreich zu sein und vor allem zu bleiben, dazu gehört meiner meinung nach viel mehr als nur den finanziellen aspekt zu sehen.
zumindest macht es die sache viel leichter, wenn man sexarbeit als wertvoll, sinngebend, wichtig, selbstverwirklichend sieht.
lieben gruß, annainga
-
- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
Die Sache mit dem Geldtabu
Die politisch brisante Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen, verdeutlicht wie tabuisiert diese Fragestellung 'nur des Geldes wegen' auch bei herkömmlichen Arbeitsverhältnissen ist.
Auch dort gibt es ein merkwürdig gespaltenes Phänomen, dass nämlich viele Menschen zunächst unkritisch glauben mit Absicherung durch ein bGE würden sie selbst zwar in ihrem bisherigen Beruf normal weiter arbeiten, aber die Anderen würden nur noch faulenzen und Geld von der Allgemeinheit kassieren wollen...
Diese Spaltung von Selbst- und Fremdbild und von eher Dazugehörigen und den Fremden, scheint tyisch für Menschen in einer Wettbewerbs- bzw. Ausbeutungsgesellschaft zu sein.
Aber allein schon im Geld steckt diese Spaltung. Einmal ist Geld gut und lebensnotwendig zum Überleben und Handel treiben, dann ist es aber auch schlecht bei Geldgier, Stimmenkauf, Finanzkrise und Korruption... (z.B. früheres Zinstabu und -verbot für Nichtjuden).
Das Gefährliche und 'Böse' steckt bereits im Geld, weil es als universeller Zahlenmaßstab sich anmaßt alles auf dieser Welt zu bewerten und vergleichbar zu machen, was gar nicht vergleichbar ist. Und wenn die 'heilige', intime Sexualität dann in der Sexarbeit auch einen Geldwert zubemessen bekommt, dann ist das für viele Menschen nicht mehr o.k. und sie grenzen Prostitution aus.
Wir hingegen sind mit Prostitution vertraut und kompetent es human und sozialverträglich zu gestalten und wir grenzen folgerichtig nur Übergriffe in der Prostitution wie Ausbeutung von Sexworkern bzw. Gewalt gegen Sexworker aus ...
Auch dort gibt es ein merkwürdig gespaltenes Phänomen, dass nämlich viele Menschen zunächst unkritisch glauben mit Absicherung durch ein bGE würden sie selbst zwar in ihrem bisherigen Beruf normal weiter arbeiten, aber die Anderen würden nur noch faulenzen und Geld von der Allgemeinheit kassieren wollen...
Diese Spaltung von Selbst- und Fremdbild und von eher Dazugehörigen und den Fremden, scheint tyisch für Menschen in einer Wettbewerbs- bzw. Ausbeutungsgesellschaft zu sein.
Aber allein schon im Geld steckt diese Spaltung. Einmal ist Geld gut und lebensnotwendig zum Überleben und Handel treiben, dann ist es aber auch schlecht bei Geldgier, Stimmenkauf, Finanzkrise und Korruption... (z.B. früheres Zinstabu und -verbot für Nichtjuden).
Das Gefährliche und 'Böse' steckt bereits im Geld, weil es als universeller Zahlenmaßstab sich anmaßt alles auf dieser Welt zu bewerten und vergleichbar zu machen, was gar nicht vergleichbar ist. Und wenn die 'heilige', intime Sexualität dann in der Sexarbeit auch einen Geldwert zubemessen bekommt, dann ist das für viele Menschen nicht mehr o.k. und sie grenzen Prostitution aus.
Wir hingegen sind mit Prostitution vertraut und kompetent es human und sozialverträglich zu gestalten und wir grenzen folgerichtig nur Übergriffe in der Prostitution wie Ausbeutung von Sexworkern bzw. Gewalt gegen Sexworker aus ...
-
- PlatinStern
- Beiträge: 746
- Registriert: 06.08.2009, 23:39
- Ich bin: Keine Angabe
@annainga,
ehrlich gesagt, wäre ich ohne den Druck einer Einkommensquelle wohl nie auf die Idee gekommen, als Sexworkerin zu arbeiten. Es bot sich die Möglichkeit, ich war auch in einem Alter, indem man schon privat einiges erlebt hat, und ich fand es auch vorher nicht schlimm oder verwerflich, sich so sein Geld zu verdienen.
Aber aus Nächstenliebe, Wunsch nach sexuellen Entdeckungen, Neugier o.ä. hätte ich mich nicht dazu entschlossen!
Ich mußte Geld verdienen, kriminelles Potential hab ich keins, also kam ich dazu. Und hätte es auch sofort sein lassen, wenn ich gleich zu Beginn negative Erfahrungen gemacht hätte. Geld hin oder her. Von daher meine ich, daß der Verdienst (jedenfalls für mich) zwar der Hauptgrund ist, aber nicht um den Preis meiner Selbstachtung.
Wenn wir eine vollständige Anerkennung unseres Berufsstandes als solchen wollen, müssen wir doch auch akzeptieren, daß wir es eben NICHT aus Spaß oder Lust tun, sondern weil wir dafür bezahlt werden. Und bezahlt werden wollen!
LG, Sami
ehrlich gesagt, wäre ich ohne den Druck einer Einkommensquelle wohl nie auf die Idee gekommen, als Sexworkerin zu arbeiten. Es bot sich die Möglichkeit, ich war auch in einem Alter, indem man schon privat einiges erlebt hat, und ich fand es auch vorher nicht schlimm oder verwerflich, sich so sein Geld zu verdienen.
Aber aus Nächstenliebe, Wunsch nach sexuellen Entdeckungen, Neugier o.ä. hätte ich mich nicht dazu entschlossen!
Ich mußte Geld verdienen, kriminelles Potential hab ich keins, also kam ich dazu. Und hätte es auch sofort sein lassen, wenn ich gleich zu Beginn negative Erfahrungen gemacht hätte. Geld hin oder her. Von daher meine ich, daß der Verdienst (jedenfalls für mich) zwar der Hauptgrund ist, aber nicht um den Preis meiner Selbstachtung.
Wenn wir eine vollständige Anerkennung unseres Berufsstandes als solchen wollen, müssen wir doch auch akzeptieren, daß wir es eben NICHT aus Spaß oder Lust tun, sondern weil wir dafür bezahlt werden. Und bezahlt werden wollen!
LG, Sami
Wenn Du einen Buckel hast, streue einfach etwas Glitter drauf und gehe tanzen!
(James St. James)
(James St. James)