Zeitwahrnehmung bei Kunstobjekten
Die Wirkung einer Skulptur hängt nicht nur von Farbe, Form und Blickwinkel ab,
sondern auch zu einem wesentlichem Teil von der Zeitspanne die man zur Verfügung hat,
oder die man sich erlaubt. Nun ist der Begriff "Zeit" mit vielen Inhalten befrachtet, die
eigentlich nichts damit zu tun haben. Wenn jemand sagt "dazu habe ich keine Zeit", meint
man meist, dass man die Sache für unwichtig ansieht. Ein anderer Ausdruck ist, "wie doch
die Zeit vergeht!" . Das ist so, als ob man sagt, "wie doch die Länge vergeht". Länge an sich
ist eine Maßeinheit, die kommt nicht und vergeht nicht. Was sich ändert sind die Objekte,
aber das lässt die Kategorie "Zeit" unberührt. Noch ein bekannter Spruch ist, "das spart mir
viel Zeit!". Wer spart, was auch immer, hat danach mehr vom Gesparten. "Zeit" kann man
aber so wenig sparen wie "Länge", "Gewicht" oder "Temperatur".
Um hier einen klaren und unmissverständlichen Wortgebrauch zu garantieren, führe
ich eine Definition von "Zeit" ein, welche im Text hier verbindlich ist:
"Zeit" ist die Lücke zwischen der Erscheinung eines Objektes und dem Ersatz durch
ein anderes.
Diese Definition ist formal für alle Bereiche der Wissenschaft und des Lebens
verwendbar und widerspruchsfrei. Diese Definition von "Zeit" ist unabhängig vom Inhalt und
erlaubt verschiedene Zeitabläufe die simultan ablaufen oder ineinander geschachtelt sind.
Somit ist klar, dass Zeit nicht intrinsisch mit Bewegung verbunden ist, wie viele Philosophen
geglaubt haben. Eine löbliche Ausnahme davon ist Hans Reichenbach:
"Niemals messen wir "reine Zeit", sondern stets ein Geschehen..... Jeder Zeitablauf
ist für uns an ein Geschehen geknüpft; anders wäre er gar nicht wahrnehmbar".
(Reichenbach, Hans, 1928; Philosophie der Raum-Zeit-Lehre; Walter de Gruyter &
Co; Seite 138).
Ein einleuchtendes Beispiel dazu ist ein Fernseh- oder Computerbildschirm. Die
Pixel darauf bewegen sich nicht, und trotzdem entsteht der Effekt von zeitlicher Veränderung
und Bewegung!
Es gilt hier auch, zwischen linearen und zyklischen Abläufen von Zeit zu
unterscheiden. Lineare Zeiten verhalten sich relativ zueinander, zyklische nicht! Man kennt
das zum Beispiel vom Autofahren her. Bei zwei Autos auf der Autobahn, die mit gleicher
Geschwindigkeit neben einander fahren, bleibt der Abstand über die Zeit konstant. Wenn
einer von beiden beschleunigt, dann bewegt sich der unbeschleunigte im Vergleich zum
anderen nach hinten. Eine ähnliche Situation hat man, wenn zwei Autos auf dem Parkplatz
stehen. Auch hier ist der zeitliche Abstand zwischen beiden konstant. Fährt einer davon
rückwärts aus der Parklücke heraus, dann bewegt sich relativ dazu das parkende Auto nach
vorne. Das ist es, wenn man davon spricht, dass lineare Geschwindigkeiten relativ sind!
Bei zyklischen Zeitabläufen ist das nicht der Fall! Man benutzt hier auch den Begriff
"Rotation". Betrachte ich in der Nacht einen Stern und drehe mich dann um 360 Grad, dann
ist diese Rotation absolut, und nicht relativ! Denn es ist nicht möglich, dass sich das
Universum in einer Sekunde um uns gedreht hat!
Albert Einstein versuchte in seiner speziellen und allgemeinen Relativitätstheorie
den linearen Effekt von Relativität mit den Kräften bei der Rotation gleichzusetzen, damit er
den Zusammenhang mit der Schwerkraft hat. Das ist natürlich ein Unsinn, denn die
Anhängigkeiten sind vollkommen verschieden! Bei der linearen Beschleunigung sind dir
Kräfte über die Länge konstant. Bei der Rotation sind sie umgekehrt proportional zum
Radius, und bei der Schwerkraft sind sie umgekehrt proportional zum Quadrat! Nichts davon
kann man also gleichsetzen, und trotzdem wird dieser Unsinn immer noch gelehrt und man
findet ihn in den Physikbüchern! Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: die
Tatsache dass ein Formel funktioniert, heißt noch lange nicht, dass die Begründung für die
Formel stimmig ist!
Das Thema der Zeitwahrnehmung von Skulpturen bezieht sich hier ausdrücklich
nicht auf den vom Volk oder vom Machtblock zugeschriebenen künstlerischen Gehalt von
Skulpturen, sondern es ist eine Betrachtung auf einer Meta-Ebene, deren Inhalt interkulturell
gültig ist.
Wenn LeserInnen dieses Buchs eine Skulptur oder ein Design mit
Recyclingmaterialien planen, dann haben sie meist auch schon einen Ort im Sinn, wo dieses
Objekt aufgestellt werden soll. Es kann das Mittelstück eines Kreisverkehrs sein, bei dem
tagtäglich viele Autos herumfahren, und wo Fußgänger die Skulptur nur von weitem sehen
können. Oder es ist ein öffentlich zugänglicher Platz in einer für Autos gesperrten
Fußgängerzone, oder eine Ecke auf dem Rasen hinter dem Wohnhaus. Die Zeitspanne die
jemand zur Verfügung hat um diese Objekte wahrzunehmen und zu bewerten, ist somit
extrem unterschiedlich. Wenn das Objekt Aufmerksamkeit erregen soll, dass muss es sich
vor allem vom Hintergrund abheben. Vor unruhigem Hintergrund fällt ein glattes Objekt eher
auf und umgekehrt gilt das gleiche.
Skulpturen die vom Auto aus gesehen werden sollen, stimulieren eher die
Aufmerksamkeit, wenn sie Öffnungen haben, durch die man den Hintergrund sehen kann.
Die Skulptur wirkt dann wie ein Rahmen, und das Sichtbare hinter der Öffnung ist ein mit der
Zeit sich wandelnder Inhalt. Es wirkt wie eine Laufschrift auf einer Werbetafel. Hier wirken
auch spiegelnde Fläche die das Sonnenlicht reflektieren. In Teilstücken unterbrochene
Sichtblenden haben einen ähnlichen Effekt, selbst wenn sie aus Glas bestehen, da ab einem
Einfallswinkel von 41 Grad Glas wie ein Spiegel total reflektiert. Für den gleichen Zweck
eignen sich tief strukturierte Kunstobjekte, da sie sich in der kurzen Zeit, die man sie vom
Auto aus sieht, durch den wechselnden Betrachtungswinkel stark ändern.
Doch es gibt auch subtilere Effekte die man nutzen kann. Es ist nicht nur ein
psychologischer Unterschied ob wir eine Skulptur betrachten die sich dreht, oder ob wir um
die Skulptur herum gehen! Unser Leib ist voll von Nervenbündeln die elektrische Signale
transportieren. Bewegen wir uns im Raum, dann durchqueren wir dabei das Erdmagnetfeld,
was wiederum in unserem Leib durch diese Bewegung Ströme induziert, wie beim Dynamo.
Dies ist nicht der Fall wenn wir stehen und die Skulptur sich dreht! Eine ähnliche Situation ist
gegeben, wenn jemand als Sport durch Wiesen und Felder läuft, im Vergleich zu jemandem
der in einer Gymnastikhalle das Laufband benutzt. Die Stimulierung durch das
Erdmagnetfeld verstärkt das Immunsystem. Das Magnetfeld steht immer senkrecht auf
Oberflächen. Deswegen funktioniert auch der Blitzableiter, weil an der Spitze sich das
Magnetfeld stark verdichtet. Auf Bergspitzen hat man eine vergleichbare Situation, weshalb
ein Aufenthalt dort oben Heilungen beschleunigt. Unsere Vorfahren wussten das, weshalb
sie Kranke und Verletzte auf Berge trugen. Die schnelle Heilung wurde dann den Göttern
zugeschrieben, denen sie auf dem Berg angeblich näher waren.
Wenn nun jemand auf die Idee kommt, und strahlenförmig von einer zentral
positionierten Skulptur aus wellenförmige Strukturen aus Erdwällen anlegen würde, dann
müsste jemand der um die Skulptur herum geht diese Wellen auf- und ablaufen. Der Leib
erfährt dann ein Wechselbad an magnetischer Stimulationen, da auf den Hochpunkten der
Wellen das Magnetfeld wächst, und in den Tiefpunkten sinkt.
Für Skulpturen an öffentlichen Orten bei denen viel Zeit zur Verfügung steht sie zu
erfahren, eignen sich Oberflächengestaltungen die Feinstrukturen enthalten. Um sie
wahrnehmen zu können, braucht man viel Zeit. Dadurch wird eine positive Bewertung des
Objektes stimuliert. Man kennt diese Technik besonders von asiatischen Tempeln, bei denen
es oft keinen Bereich gibt, der nicht künstlerisch bearbeitet wurde. Auch die Zeit selbst, die
notwendig ist um sich Zugang zu verschaffen, hat Einfluss auf die Bewertung einer Skulptur!
Dazu werden verschiedene Methoden angewendet. Eine davon ist, dass die Person einen
längeren Fußweg vor sich hat, um an das Objekt zu kommen, oder es werden Hindernisse
eingebaut.
Eine andere ist, dass der Zugang zwar kurz ist, aber sehr steil, und somit
anstrengend und zeitaufwendig. Das extremste was ich dazu kennen lernte, ist der Wat
Arum Tempel in Bangkok, bei dem die Treppe im Mittelbereich auf die Stupa hinauf fast 70
Grad erreicht, und dabei öffentlich zugänglich ist! Auf dem Foto in der Abbildung unten links
ist die steile Treppe mit rot gekennzeichnet. In der Mitte sieht man die Treppe von oben aus.
Das rechte Foto zeig den Blick von diesem Teil aus nach oben. Der überaus große
Detailreichtum dieses Objektes ist überwältigend, und der Effekt steigert sich noch wenn
man das obere Ende der Treppe erreicht hat! Hier wurden all die oben besprochenen
architektonischen Tricks angewendet um dem Besucher zu imponieren!
Eine Untersuchung, wie sich die Bewertung von Kunstobjekten über längere
Zeiträume wandelt, wurde von Michael Thompson durchgeführt. In seinem Buch "die Theorie
des Abfalls" beschreibt er in mehreren Beispielen, wie die sozialökonomische Konstruktion
von "künstlerischem Wert" bei Objekten erfolgt. Er verwendet dazu ein Modell des
Mathematikers René Thom, die sogenannte Katastrophentheorie. Sie gehört zu den wenigen
mathematischen Modellen, welche für Sozialwissenschaften anwendbar sind. Thompson
zeigt, dass "Kunstobjekte" wegen dem Definitionsmonopol des Machtblocks entweder direkt
als sogenannte "Hochkunst" von deklarierten "berühmten" Künstlern hergestellt werden, oder
sie landen als "Müll" in der Schublade des Vergessens. Eine Zwischenstufe ist hier nicht
vorhanden. Nach Ablauf größerer Zeiträume kann eine Art "Werte-Recycling" stattfinden, bei
dem Objekte, die bis dahin der Kategorie "Müll" angehörten, in der Kategorie "Kunstobjekte"
landen. Welche der Objekte dabei dieser Transformation unterliegen ist unter gewissen
Umständen vorhersehbar. Das Besondere an der Katastrophentheorie ist, dass sie in
gewissem Rahmen längerfristige Vorhersagen zum zeitlichen Ablauf der
Wertetransformation erlaubt. Im Rahmen dieses Buches kann ich nicht darauf eingehen wie
das im einzelnen geschieht, und wie das Modell der Katastrophentheorie funktioniert. Wer
sich dafür interessiert, hier die Buchdaten: Thompson, Michael; 1981; Die Theorie des
Abfalls; Klett-Cotta, Stuttgart.
Unbewusste Wahrnehmung
Ein Hinweis auf den Unterschied zwischen Sehen und Wahrnehmen stellt das
Phänomen "Blindsehen" dar. Patienten mit Blindsicht haben den primären visuellen Cortex
beschädigt. Das ist der Teil des Gehirns, der für das Sehen zuständig ist. Diesen Personen
ist nicht bewusst, dass sie innerhalb ihres visuellen Feldes Anregungen erfahren. Teilt man
das Sehfeld in vier Quadranten, dann kann es vorkommen, dass der Patient in drei von den
vier Feldern normal sieht. Er behauptet aber im vierten Feld nichts wahrnehmen zu können.
Trotzdem kann er Größe, Form, Orientierung und Bewegungsrichtung dvon Objekten
erraten, welche er angeblich nicht sieht! (Weiskrantz, L.; 1986)
Ein weiteres Beispiel für unbewusste Wahrnehmung ist "Prosopagnosia". Bei
diesem Hirnschaden können Personen keine familiären Gesichter erkennen. Auch wenn sie
einer Person ins Gesicht schauen, können sie nicht angeben wer sie ist. Trotzdem können
sie aus einer Liste von Namen den auswählen, den sie am besten für diese Person geeignet
halten.
Dem Residualeffekt ist es zu verdanken, dass kleine Lautsprecher funktionieren. Die
fehlenden Frequenzen der aktuellen Wahrnehmung im Ohr, ergänzt das Gehirn durch
gespeicherte Erinnerungen. Ein ähnlicher Vorgang ist der Sinuseffekt, bei dem das Gehirn
aus der Erinnerung einem reinen Sinuston Obertöne hinzufügt.
Es gibt beim Farbensehen ein gleichwertiges Ereignis zum auditiven Residualeffekt,
welches Farbkonstanz genannt wird. Es ist die Fähigkeit von Menschen, dass sie Objekten
eine konstante Farbe zuzuordnen können, auch wenn sich die Beleuchtung ständig ändert.
Um dies zu erreichen, berücksichtigt unser Gehirn die Umgebungsbedingungen. Bei
Versuchen mussten Testpersonen Felder einer der acht Farbkategorien gelb, orange, rot,
violett, blau, türkis, grün und grau zuordnen. Diese Farben wurden jeweils für eine halbe
Sekunde präsentiert. Zum Vergleich hatten die Personen nur die Umgebungsbeleuchtung
und den Bildschirm zur Verfügung, deren Farbwerte während des Versuches ständig, und
sehr langsam verändert wurden. Der Farbwert, der mit der Umgebungsbeleuchtung und dem
Farbwert des Bildschirms übereinstimmte, wurde von den Testpersonen als "grau" definiert.
Hier werden vom Gehirn großflächig wahrgenommene Farben so korrigiert, dass sie als
Normalwert eines "Standartgraus" dienen, und erst die Abweichung davon wird als "Farbe"
angesehen (Walter, Sebastian / Gegenfurtner, Karl R., 2005).
Asymmetrische Wahrnehmung
Sehen ist ein asymmetrischer Vorgang. Es ist nicht egal, ob der gleiche Gegenstand
in der rechten oder linken Bildhälfte liegt. Die Augenbewegung ist überkreuz mit den
Gehirnhälften verbunden. Wer nach links blickt, steuert mehr Information zur rechten
Gehirnhälfte ins rechte Gehörzentrum, welches für den emotionalen Gehalt zuständig ist.
Der Blick nach rechts aktiviert die linke Gehirnhälfte, welche hauptsachlich rational
und analytisch arbeitet. Weitere Asymmetrien sind: Blick nach oben steuert das Sehzentrum
an. Blick nach unten steuert den Gefühlsbereich an. Das heißt aber nicht, dass die
Gehirnhälften nicht in der Lage sind beide Arten von Informationen verarbeiten zu können!
Wenn der Mensch gesund ist, dann findet eine natürliche Arbeitsteilung statt. Im Fall, dass
ein Teil des Gehirns durch einen Tumor oder eine andere Krankheit beschädigt ist,
übernimmt der gesunde Teil des Gehirns nach kurzer Zeit die anstehenden Aufgaben.
Die klassischen Künstlerinnen und Künstler benutzten bewusst oder unbewusst seit
Jahrhunderten diese Tatsachen in der Gestaltung ihrer Werke. In Rubens Bild "Raub der
Töchter des Leukippos" geht die visuelle " Diagonale des Gefühls" von links unten nach
rechts oben, und folgt somit der Stellung der Frauen. Die "Diagonale des Verstandes" von
links oben nach rechts unten, folgt dem Blick des männlichen Räubers zur Frau hin. Diese
letzte Richtung wird kulturunabhängig als absteigend empfunden und meist benutzt, um
negative Ereignisse darzustellen, wie z.B. die Grablegung nach der Kreuzigung. Die andere
Richtung wird als aufsteigend erfahren und positiv bewertet. In allen Darstellungen
christlicher Kunst erfolgt die Auferstehung des Christengottes auf einer Diagonale von links
unten nach rechst oben.
Die Analyse archäo-astronomischer Stellen zeigt, dass unsere Vorfahren ganz
bewusst die asymmetrische Wahrnehmung des Gehirns zur Konstruktion ritueller Orte
benutzten, In der Abbildung oben links ist eine genaue Skizze einer Keltenstätte oberhalb
von Riva del Garda in Italien. In dieser Konstruktion ist nichts zufällig! Es sind 17 Stufen, und
die Proportionen sind alle im Goldenen Schnitt Phi. Am oberen Ende der Treppe wurde von
links über einen Kanal Wasser eingeleitet, um den Fluss zu symbolisieren, den die Seele
nach dem Verlassen des Leibes zu überqueren hat. Die Treppe ist schräg nach links
konstruiert, So muss man beim hinauf gehen nach links schauen, und aktiviert dabei die
rechte Gehirnhälfte. Somit wird dem Gläubigen unbewusst mitgeteilt, dass man sich dem
Heiligtum mit Emotionen nähert, nicht mit dem analysierenden Egoverstand.
Die Lageskizze auf der rechten Seite stammt von einer Stätte auf einem Hügel
nordwestlich der Häusergruppe San Priamo im Südosten Sardiniens. Die Stelle wurde in der
Pre-Nuraghe-Zeit zwischen 3000 v.u.Z. und 1500 v.u.Z. konstruiert und besteht nur aus
Felsbrocken, welche auf den Boden gelegt wurden. Hier wurde der linke Teil der
symbolischen Schmetterlingsfigur offen gelassen. Wenn man also genau in der Mitte steht,
liegt die offene Stelle links, und die rechte Gehirnhälfte wird aktiviert.
Unten folgt noch ein Beispiel zum Thema. Es ist ein Lageplan eines buddhistischen
Heiligtums, das etwa 100 v.u.Z. in Felsen gehauen wurde. Hier findet man die typische
Zuordnung von Zahlen zu sozialen Inhalten. Der dreifache Durchmesser der runden Stupa
bestimmt den Radius der Bethallenapsis. Die Länge von den Einganssäulen nach hinten ist
3x3=9 Stupaeinheiten. Die kleine Zelle C3 liegt schräg. Die äußere Ecke ist der Schnittpunkt
von der Apsis mit einem Kreis von 9, und einem Kreis um die Mitte der ersten Halle mit 5
Stupaeinheiten. Insgesamt gibt es 2+26=28 Säulen, was symbolisch auf die Mond- und
Menstruationszyklen Bezug nimmt. In der symmetrischen Konstruktion wurde nur der linke
Teil des Zugangs aus dem Fels heraus gehauen.
Die Werbung benutzt die asymmetrische Bewertung der Raumwahrnehmung zu
ihren Zwecken. In einer Studie, in der etwa 500 Werbeseiten analysiert wurden, kam als
Ergebnis heraus, dass die emotionalen Bildschwerpunkte eher auf der linken Werbeseite
platziert werden und rationale mehr auf der rechten. Deutlich wird der Unterschied in der
Position von Frau und Mann. Es werden wesentlich mehr Frauen auf der linken Seite
positioniert, welche den Gefühlsaspekt repräsentiert als rechts, und bei Männern ist es
umgekehrt. Die folgende Grafik verdeutlicht die statistische Verteilung. Die häufigste
Platzierung ist sowohl für die Frau als auch für den Mann die Mitte. Bei den Frauen gibt es
aber noch eine bedeutende Positionierung links von der Mitte, und bei den Männern rechts
davon.
In der nachfolgenden Analyse erkennte man eine generelle Verschiebung des
Bildschwerpunktes nach links, während der Text am häufigsten rechts und oben platziert
wurde. Das passt auch mit der generellen Funktionsweise des Gehirns zusammen, bei dem
der visuelle Cortex im hinteren unteren Bereich des Kopfes liegt, und somit angesteuert wird,
wenn die Augen nach oben blicken. Die Blick nach oben und rechts aktiviert dann
gleichzeitig die analytischen Kapazitäten. (Hofmann, A., C.; 2004; ; Zahlen, Raumgeometrie
und Sozialstruktur; in: Freiräume, Band 11/2004, FOPA e.V. Berlin)
Diese asymmetrische Verteilung zeigt sich interkulturell auch in Hochzeitsfotos.
Darauf steht fast immer der Mann rechts und die Frau links. Auf Friedhöfen steht auf den
Grabsteinen der Text mit den rationalen Daten fast immer rechts, und die Bildsymbolik ist
links. Wenn Paare spazieren gehen und sich dabei die Hände halten, dann greift der Mann
meist mit seiner rechten Hand die linke der Frau, und die Position ist wieder erreicht! Diese
Asymmetrie und deren Wirkung auf den Betrachter von Skulpturen lässt sich sehr
wirkungsvoll in der künstlerischen Praxis umsetzen!
Die zeitliche Verarbeitung von Informationen im Gehirn ist ebenfalls asymmetrisch:
die rechte Seite verarbeitet leichter Hörwahrnehmungen, die linke eher das Sehen. Dieser
Vorteil verschwindet unter Alkoholeinfluss (Pöppel, E. / Steinbach, Th.: 1986). Somit ist es
sinnvoll, beim telefonieren eher das rechte Ohr zu verwenden, wenn man das Gehörte sich
merken will, als das linke Ohr.
Im Allgemeinen fallen in einer gewissen Umgebung eher Objekte auf die sich
verändern, als solche bei denen die Erscheinung konstant bleibt. Doch es ist ein Unterschied
ob sich ein Objekt verkleinert, oder vergrößert. Schon bei Neugeborenen konnte man diese
visuelle Asymmetrie nachweisen. Der Versuch wurde mit fünfzig drei Monate alten
Kleinkindern durchgeführt. Man zeigte ihnen zwölf Objekte, von denen sich eines
vergrößerte, und elf verkleinerten sich. Die Aufmerksamkeit der meisten war auf das sich
vergrößernde Objekt gerichtet. Bei einer umgekehrten Versuchsanordnung, bei denen sich
zwölf Objekte vergrößerten und eines sich verkleinerte waren keine Präferenz festzustellen
(Shirai, N. / Kanazawa / Yamaguchi; 2005).
In einem Internet-Artikel der New York Times vom 14. September 2004 von Anahad
O'Conor (Titel: the right ear is from the Mars), wurden Forschungsergebnisse der Zeitschrift
Science vom 10.September 2004 veröffentlicht (Autor: David Geffen, School of Medicine at
the University of California, Los Angeles), welche besagen, dass auch die auditive
Wahrnehmung asymmetrisch ist und das rechte und linke Ohr den gleichen Sound
verschieden verarbeiten. Im Allgemeinen fällt es dem Gehirn leichter, Sprache zu
verarbeiten, wenn sie im rechten Ohr aufgenommen wird, während Musik die ins linke Ohr
gelangt, besser aufgenommen wird. Diese Ergebnisse können grundlegenden Einfluss
darauf haben, wie in Zukunft Schwerhörigen mit Implantaten und Hörhilfen gedient werden
kann. Für KüntlerInnen ist dieser Punkt für Installationen wichtig, bei denen Klang und Text
mit verwendet wird!
Das Wissen ist nicht neu, dass Verarbeitungen von Wahrnehmungen im Gehirn, die
vom rechten und linken Ohr kommen, unterschiedlich sind,. Aber dass sich die Ohren an der
asymmetrischen Verarbeitung selbst aktiv beteiligen. ist neu. Bei der Untersuchung wurde
die Hörfähigkeit von Tausenden von Kindern getestet, indem man ihnen Miniaturmikrophone
ins Ohr steckte, die gleichzeitig Ton abgeben und die Verstärkung messen konnten. Winzige
Zellen im Ohr reagierten auf den Sound, indem sie sich ausdehnten oder zusammenzogen
um die Impulse zu verstärken, welche dann wiederum über Nervenimpulse ans Gehirn weiter
geleitet wurden. Einige dieser Impulse wurden in die Gegenrichtung reflektiert und erlaubten
so den Wissenschaftlern das Ausmaß der Verstärkung zu messen, ein Maß dafür, wie gut
das Ohr auf den vorgegebenen Sound reagiert. Ein Beispiel: Dr. Siniger fand heraus, dass
eine Serie von raschen Klicks, welche einen Sprachrhythmus darstellen sollten, im rechten
Ohr eine größere Reaktion vorfanden, wohingegen das linke Ohr besser auf Musik reagierte.
In anderen Studien fanden sie heraus, dass Kinder, welche im rechten Ohr Hörprobleme
hatten, in der Schule mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen hatten als Kinder mit
Problemen im linken Ohr. Als Konsequenzen folgerten sie, das rechte Ohr ist wichtiger für
Lernsituationen.
Diese Asymmetrie im Gehirn bei auditiver und visueller Wahrnehmung ist selbst
nicht konstant, das heißt, sie ändert sich mit der Zeit: mit dem Alter nimmt die
Differenzierung ab, oder anders ausgedrückt, mit dem Alter übernehmen mehr und mehr
beide Hemisphären des Gehirns die Aufgaben die zu machen sind, und die seitliche
Trennung ist weniger ausgeprägt (Dolcos. F/ Rice H. J. / Cabeza, R.; 2005).
Wenn es um Reaktionszeiten aufgrund von visuellen Reizen geht, dann reagieren
Personen schneller, wenn der Reiz aufs linke Auge fällt, der dann vom rechten Teil des
Gehirns verarbeitet wird, als wenn der Reiz vom rechten Auge aufgenommen wird. Dabei
verlangsamt sich die Rektionszeit, wenn der Hintergrund rot ist, und er beschleunigt sich bei
grünem Hintergrund (Roth, E.C. / Hellige, J.B., 2005).
Die Raumwahrnehmung von rechts und links ist unsymmetrisch, und sie hängt auch
vom Erziehungssystem und der erlernten Schreibrichtung ab. Gezeigt wurde dies an Kindern
aus Tunesien und Frankreich. Die einen lernen von rechts nach links schreiben, die anderen
umgekehrt. Die Tests wurden zweimal durchgeführt. einmal vor dem Schulanfang, und dann
nochmals ein paar Jahre danach nachdem sie schreiben konnten. Sie sollten dann auf einer
waagerechten Linie die Mitte anzeigen, einen Kreis zeichnen, und eine Reihe von runden
Feldern ausfüllen. Bei der Aufgabe der Linienteilung trat ab 9 Jahren bei den Kindern aus
Frankreich ein merkbarer Unterschied auf, da sie den Teilungspunkt links von der wirkliche
Mitte malten, was bei den tunesischen Kindern nicht der Fall war, und sie malten mehr
Kreise im Gegenuhrzeigersinn. Die Kinder aus Frankreich füllten mehr Felder aus wenn sie
die Hand von rechts nach links bewegten, und bei den tunesischen Kindern war es
umgekehrt (Fagard J.; Dahmen R.; 2005).
Die Asymmetrie im Gehirn ist keine Spezialität des Menschen. Auch bei Affen wurde
eine Arbeitsteilung der Gehirnfunktionen nachgewiesen. Mit Hilfe von Magnetresonanzen
machten William Hopkins und Kollegen am Yerkes-Primaten-Forschungszentrum bei 60
Schimpansengehirnen Aufnahmen und bestimmten damit die Funktionen von Amygdala und
Hippocampus. Der letztere ist an allen Lernprozessen beteiligt und auf der rechten
Gehirnseite deutlich größer als auf er linken. Die Amygdala welche für Emotionen zuständig
ist, verteilt sich hingegen gleichmäßig. Des weiteren konnten sie bei 66 Affen einen
Zusammenhang zwischen der Bevorzugung einer Hand und den Aktivitäten des
dazugehörigen Gehirnzentrums nachweisen. Auch bei Affen ist die meistgebrauchte Hand
die rechte (Dick-Pfaff, Cornelia, 2004).
Effekte von Wiederholungen
Im Leben der Menschen überlagern sich immer zwei Zeitkategorien: die lineare Zeit
und die verschiedenen Zeitzyklen. Die Zeiterfahrung wird durch innere Taktgeber im Gehirn
gesteuert. Wenn sich in gewissen Zeiteinheiten die darin erlebte Erfahrung ändert, dann
erfahren wir Zeit als fortschreitend. Wenn sich allerdings die Inhalte der Zeiteinheiten sehr
ähneln, dann überdeckt sich die vorige Erfahrung mit der danach, und somit haben wir das
Gefühl auf der Stelle stehen zu bleiben. Das trifft immer auf Routinearbeiten zu, die auch
deswegen als frustrierend empfunden werden. Im Prinzip wird sowohl eine auditive, wie auch
eine visuelle ständige Wiederholung als langweilig empfunden, und man kann dies sogar als
Definition für "langweilig" nehmen.
In besonderen Fällen jedoch wird genau diese ständige Wiederholung benutzt, um
aus dem normalen Bewusstseinszustand in andere Zustände zu wechseln. Stundenlanges
Tanzen zu monotonen Rhythmen und Klängen wird schon seit Jahrtausenden in allen
Kulturen der Welt zur Selbsthypnose verwendet und zur Erzeugung von Trancezuständen. In
diesen Zuständen wechseln die Hirnrhythmen zu Theta- und Deltawellen, der gleiche
Bereich der auch in Meditationen erreicht werden kann und normalerweise im Schlaf und
beim Träumen auftritt. In modernen Zeiten kommt zum auditiven Effekt der zyklischen
Wiederholung der visuelle dazu. Nahezu jede Diskothek benutzt Stroboskoplichter um die
Stimmung anzuheizen und das Publikum in Taumel zu versetzen. Bei empfindlichen
Personen kann aber ein rhythmischer Kontrastwechsel im Theta-Bereich zu Aussetzern im
Hirn führen. Das hat in Alleen durch den rhythmischen Wechsel von Licht und Schatten bei
gewissen Personen schon zu Autounfällen geführt!
Wiederholungen in Architektur und Kunst haben einen vergleichbaren Zweck wie in
der Musik: sie sind Taktgeber, sie strukturieren Zeit- und Raumerfahrung. Was darüber
hinausgeht, wird dann so wahrgenommen wie ein schwarzer Fleck auf einer weißen Wand.
Wenn die Größe des sich wiederholenden Objektes bekannt ist, dann erzeugt die
Wiederholung eine klar wahrnehmbare Tiefe. Das daraus herausragende Objekt kann dann
in seiner Größe leichter eingeschätzt werden. Wenn allerdings nur die sich wiederholende
Struktur vorgegeben ist, sei sie optisch oder auditiv, dann entsteht Langeweile, wie das Bum-
Bum-Bum des Techno-Sounds. Oder den Glasfassaden der Hochhäuser in Großstädten.
Generell überschätzen Personen die Höhe von Objekten. Das gleiche Objekt in der
Waagrechten wird bei konstantem Abstand länger wahrgenommen, wenn es senkrecht steht!
Das gleiche Objekt wird als höher wahrgenommen, wenn die Basis sich wiederholende
regelmäßige Muster enthält, deren Größe man kennt.
Bei der Konstruktion buddhistischer Tempel wird dieser Trick oft angewendet! In der
folgenden Abbildung ganz links wurden die Buddhafiguren, die man in der Mitte sieht, weg
retouchiert. Im Originalfoto rechts sind sie vorhanden. Der Baum im Hintergrund gibt eine
Größenordnung vor. Aber Bäume können sehr verschiedene Höhen erreichen! Steht man
vor dem Tempel, befinden sich die Buddhastatuen direkt vor einem. Man weis also genau
wie groß sie sind. Durch die Wiederholung der gleichen Figur bekommt man eine sehr
plastische Vorstellung von Abstand und Tiefe. Die Wiederholungen der Figur auf den oberen
Stufen vergrößert für die Psyche den Eindruck der Tempelhöhe.
In der Mathematik gibt es Untersuchungen darüber, was allgemein gesehen bei
Systemen geschieht, die Wiederholungen ausgesetzt sind. Hier ein Beispiel zum einfachsten
System was denkbar ist. Es beseht aus nur zwei Elementen. Das eine nennen wir "Aktion",
das zweite "keine Aktion". Diese zwei Elemente kann man auf vier Weise miteinander
verknüpfen. Als Symbol zur Verknüpfung nehmen wir ein Pluszeichen (+). Zur einfacheren
Darstellung kürzen wir "Aktion" mit der Eins (1) ab, und "keine Aktion" mit der Null (0).
Kombinieren wir "Aktion" mit "keiner Aktion", erhält man 1+0=1. Das gleiche Resultat ergibt
sich bei Vertauschung: 0+1=1. Bei zweimal "keine Aktion" geschieht offensichtlich nichts:
0+0=0. Die letzte Kombination ist 1+1. Da es nur zwei Zustände gibt, "Aktion" und "keine
Aktion", muss logischerweise eine Änderung des Zustandes von "Aktion" zum zweiten, einzig
verbleibenden Element führen, die mit Null gekennzeichnet wurde. Man erhält also 1+1=0
Zusammengeschrieben sind die Regeln: 1+0=1, 0+1=1, 0+0=0, 1+1=0.
Diese Regeln wenden wir nun auf zwei Elemente an. Um den Vorgang optisch
besser erkennen zu können, wählen wir für "Aktion" ein schwarzes Feld, und für "keine
Aktion ein weißes.
Bei A ist nur ein Element präsent. Der Wechsel kann also nur von Schwarz zu Weiß
sein, von 1 zu 0. In B gibt es zwei Elemente, a und b. Die erste Zeile entspricht dem
Zustand zum Zeitpunkt 1. die zweite Zeile entspricht dem Zustand zum Zeitpunkt 2. Die
Elemente a und b sind so miteinander verbunden, dass b von a die Informationen
empfangen kann. Folgt man den Regeln, so ist der Zustand im Zeitpunkt 2 wie in der zweiten
Zeile von B. Das erste Element gibt das Signal an das zweite weiter. Nachdem beide
anfangs den Wert Eins hatten, wechselt das zweite nun auf die Null, da die Regel 1+1=0
dies fordert. In einem dritten Schritt wird der erste Zustand wieder erreicht.
In C sieht man das Ergebnis mit vier Elementen, a, b, c, und d, die in der ersten
Zeile zu finden sind. Wendet man die besagten Regeln das erste mal an, so wird die
Werteverteilung nach dem ersten Zeitschritt in der zweiten Zeile wiedergegeben. Ein weiterer
Durchgang erzeugt die dritte Zeile, und dann folgt die vierte. Beim fünften Mal erhält man
wieder die erste Zeile.
In D sieht man die Verteilung mit 8 Elementen. Jede der 8 Zeilen entspricht einem
Zeitschritt nach der neuen Werteoperation. Jetzt sieht man schon deutlich, dass sich das
Muster von B wiederholt: oberhalb der Diagonalen findet man drei Mal das kleinere Muster,
und unterhalb der Diagonalen sind nur Nullen. Um keine Missverständnisse hervor zu rufen:
was als Flächenmuster erscheint, ist in Wirklichkeit eine lineare Verteilung über die
Zeitachse aufgetragen! Ich stellte diesen Algorithmus hier vor, da er der einfachste ist, den
man sich ausdenken kann, und es somit am einfachsten ist den Vorgang zu verstehen.
Solche Strukturen nennt man "selbstähnlich" oder auch "Fraktale". Im Internet findet man
unter dem Begriff "Fraktale" jede Menge an komplizierteren und sehr schönen Strukturen,
auch dreidimensionale, und solche die sich mit der Zeit als Parameter verändern! Die
Konsequenz daraus ist, dass die Bildung von Fraktalen, Wiederholungen selbstähnlicher
Muster, ein sehr natürlicher Vorgang ist, wenn eine so primitive Regel, wie die oben
dargestellte, schon Fraktale erzeugt!
Mit dem hier beschriebenen Vorgang lässt sich auch gut der Unterschied zwischen
Form und Inhalt eines Vorganges erklären. Was hier interessiert, ist die Kommunikation von
Inhalten durch die Form von Objekten, durch Klang oder Bewegung. Im Beispiel oben ist es
eine Reihe einfachster verknüpfter Elemente und eine feste Regel zur Veränderung. Von
Zeitschritt zu Zeitschritt verändert sich die Form der Linie, die anfangs nur aus schwarzen
Elementen besteht. Doch in jeder Linie ist der ursprüngliche Inhalt enthalten! Nach einer Zahl
an Schritten, welche die der Elemente entspricht, kommt die ursprüngliche Form wieder in
Erscheinung!
Auch im räumlichen Bereich kann man mit einfachen Mitteln die Entwicklung von
räumlichen Fraktalmustern studieren. Dazu reichen ein paar farbige Kugeln, die man mit
Heißkleber zusammen klebt. In der Abbildung (1) unten wurden vier weiße Kugeln
zusammen geklebt. In der nächsten Phase (2) wurde die Tetraederform mit vier gelben
Kugeln ergänzt. Die Mitten der weißen und gelben Kugeln bilden nun zwei gegeneinander
gerichtete Tetraeder. Für die nächste Schicht (3) kommen in die entstandenen Lücken sechs
rote Kugeln, und in die Restlücken zwölf blaue. Nun kommen wir zur nächsten Schicht. Hier
sind die blauen Kugeln in Dreiergruppen um die gelben platziert. Diese Stellen werden mit je
drei braunen Kugeln aufgefüllt. Die Dreiergruppen um weiß werden mit grünen verklebt. Die
tiefsten Löcher die noch bleiben sind die, bei denen man in der unteren Schicht die gelben
und weißen Kugeln sieht. Sie werden mit der entsprechenden Farbe aufgefüllt, was die
Konstruktion in Abbildung (4) demonstriert. Im Vergleich mit Abbildung (2) sieht man, dass
sich das Muster der zwei ineinander geschobenen Tetraeder wiederholt.
Interessant sind dabei die Zahlen der dazu benötigten Kugeln: In (2) sind es 8
Kugeln. Die nächste Schicht hat 20 Kugeln, und die folgende benötigt 32 Kugeln: das sind
genau die Zahlen der Elektronenkonfiguration von abgeschlossenen Hüllen im Atomaufbau!
Dabei entspricht die 8 der L-Schale, die 20 der M-Schale, und die 32 der N-Schale. Man
sieht also, diese Zahlen ergeben sich automatisch als Konsequenz unter der Bedingung
einer dichten Packung von sphärischen Objekten, und sie bilden ein fraktales Muster!
Überträgt man dieses Modell auf ein reales lebendes Objekt, zum Beispiel eine
Blume, dann ist "Blume" nicht nur der Zustand der Blüte, sondern auch des Samenträgers
ohne Blütenblätter, und des Samens im Boden, und des Blattes welches aus dem Samen
sprießt, und der Pflanze welche den Blütenkelch entwickelt. Alles ist Teil eines
wiederkehrenden Zyklus. Ein Apfel, ein Apfelbaum und ein Apfelkern sind im Prinzip und in
Realität das gleiche Wesen zu unterschiedlichen Zeitpunkten! Es gehört zum Wesen der
Kunst Objekte in Phasen der Existenz darzustellen, welche je nach Gesellschaft geleugnet
werden, oder unbekannt sind.
Wiederholungen können in Zahlen oder geometrischen Formen ausgedrückt
werden. Interkulturell tragen primäre Basiszahlen und ein paar höhere Zahlen den gleichen
sozialen Inhalt. Die Eins steht für Aktion und Aktivitäten. Die Zwei wird als Spiegelbild der
Eins angesehen, und symbolisiert Nachdenken, Selbsterkenntnis, Meditation, Reflexion. Die
Drei symbolisiert die drei wesentlichen Grundkräfte der Natur: Entstehen, Bestehen,
Vergehen, oft als göttliche Trinität verehrt. Die Vier steht für den Raum und die Materie im
Raum: man braucht genau vier Elemente, um Raum zu definieren. Es ist die X-Achse, Y-
Achse. Z-Achse und die Null. Mit drei Elementen hat man eine Größe zu wenig, mit fünf eine
zuviel! Als geometrisches Symbol steht dafür oft das Quadrat. So wurden im alten China
Mondtempel quadratisch konstruiert, und in den Boden eingelassen. Der Mond bewegt die
Wassermassen auf der Erde durch Ebbe und Flut, und steht somit als Symbol für das
materielle Erdendasein.
Die Fünf steht für das Prinzip des Lebens, insbesondere das der Pflanzen. Im
Deutschen kennt man den Begriff der "fünf Sinne". Hier wird die Fünf, wie auch in anderen
Sprachen, nicht als Zahl, sondern als Symbol verwendet, denn es sind ja mehr als fünf
Sinne: Fühlen, Hören, Riechen, Schmecken, Sehen, der Gleichgewichtssinn, der Sinn für
Luftdruckänderungen (Wetterfühligkeit) und seit einiger Zeit kennt man noch das Organ für
Pheromone. Der zuletzt genannte Sinn ist für das Sozialverhalten zuständig, und das nicht
nur beim Menschen!
Die Sechs bedeutet symbolisch gesehen Bewegung, Änderung, Beschleunigung.
Insbesondere steht sie für das Reich der Tiere. Die Sieben erinnert daran, dass alle
natürliche Zyklen in der Natur 7 interne Stufen haben. Die Tabelle der chemischen Elemente
hat 7 Gruppen, die Astronomie kennt 7 Sterngruppen, Tiere und Pflanzen werden in 7
Hauptgruppen eingeteilt. Unser Kurzzeitgedächtnis kann maximal mit 7 Kategorien arbeiten.
Sogar in einem so abstrakten Bereich wie der Geometrie, hat der 7-dimensionale Raum eine
Besonderheit: die Objekte darin kennen keinen Unterschied mehr zwischen innen und
außen! Es ist uns nicht möglich ein Objekt mit sieben Dimensionen vorzustellen. Aber wenn
man nur eine Ecke nimmt, dann kann man die Situation plausibel beschreiben: Dass wir den
physischen Raum "dreidimensional" nennen, hat historische Gründe Dabei wird immer der
Nullpunkt als Dimensionseinheit vergessen!
Wir stellen uns ein Tetrahedron vor. Das ist eine Pyramide, die aus vier
gleichseitigen Dreiecken zusammengesetzt ist. Drei Dreiecke stehen über einer
Dreiecksbasis. Fügt man nun an der Spitz dieser Pyramide ein weiteres Dreieck hinzu, dann
erhalten wir eine Pyramide mit quadratischer Basis. Bei dieser Pyramide ist der Winkel an
der Spitze größer als beim Tetrahedron. Nun fügen wir an die Spitze eine fünfe Pyramide
hinzu. Es wird eine Pyramide mit einem Pentagon als Basis. Der Winkel an der Spitze wird
noch flacher, aber man kann immer noch bestimmen was innen und außen der Ecke ist!
Dies endet mit einem sechsten gleichseitigen Dreieck an der Spitze, denn nun hat man ein
Hexagon! Es ist vollkommen platt, und es hat sieben Punkte: sechs Eckpunkte und den
Mittelpunkt! Als Konsequenz folgt, in einem Raum mit 7 Dimensionen kann man nicht mehr
feststellen, was innen und außen an den sich darin befindlichen Objekten ist!
Während die Vier symbolisch für Materie steht, bedeutet die Acht, als
Verdoppelung, "geformte Materie". Beispiele dazu: Eisen =4, Nagel =8 ; Holz = 4, Stuhl = 8 ;
Leder = 4, Schuh = 8. Die Neun steht für Produkte göttlicher Kraft: 3x3=9. Die Zehn wurde
sowohl in europäischen wie auch in asiatischen Kulturen mit der Struktur des Universums
verbunden. Weitere mythische Zahlen sind die 12 (Vollständiger Zyklus), die 13 (Wandel,
Neuanfang, Zahl der Vollmonde im Jahr), die 14 (2x7, Kunst, Kreation), die 16 (2x8,
materielle Welt), die 17 (spirituelle Suche nach der Wahrheit), die 18 (2x9, spirituelle Welt)
die 21 (3x7, vollständiger göttlicher Zyklus) und die 28 (4x7=28, Monat, Mondzyklus).
Über asiatischen Tempeleingängen findet man noch die Zahl 108. Darin wird die
Verknüpfung von Zahlen mit sozialen Inhalten besonders klar. In jenen Religionen wird
gelehrt, dass das Göttliche sich selbst geschaffen hat. Also gibt es nichts außerhalb des
Göttlichen. Als Element wird die Drei gewählt, welche die drei göttlichen Kräfte Entstehen,
Bestehen und, Vergehen symbolisiert. Die Drei enthält die 1, 2 und 3. Die göttliche Potenz
wird durch potenzieren symbolisiert. Die Verknüpfung und Kooperation der Elemente
göttlicher Schöpfung miteinander, wird durch die Multiplikation dargestellt. Zusammen
gefasst erhält man:
Die Eins, potenziert mit Eins, multipliziert mit der Zwei, potenziert mit Zwei,
multipliziert mit Drei, potenziert mit Drei. In Zahlen: 11 x 22 x 33 = 1 x 4 x 27 = 108 !
Zahlen werden in Asien seit Jahrhunderten als bequeme Symbolik für soziale
Inhalte verwendet. Ein Beweis dafür ist ein Auszug aus dem buddhistischen Sutra des
Meisters Hui Neng: "....das Reine Land ist nicht weit von hier, da die Distanz von hier
108.000 Meilen ist, was in Wirklichkeit die zehn Schlechtigkeiten und die acht Fehler in uns
repräsentieren. Nun, ich rate euch, gelehrte Hörerschaft, unterlasst als erstes die zehn
Schlechtigkeiten; dann sind wir einhunderttausend Meilen gereist. Als nächsten Schritt lasst
die acht Fehler, und damit seid ihr weitere acht tausend Meilen gereist." (Sutra of HUI NENG,
1966; Buddhist Society London, p. 37,38).
####################################
ENDE DES TEXTES