Konsum sexueller Dienstleistungen - Fremdgehen oder nicht?

Ein nahezu unerschöpfliches Thema: Psychologische Betrachtungsweise der Sexarbeit
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ex-oberelfe
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Beitrag von ex-oberelfe »

Interessantes Thema ;-)
Ich sehe es als eine sexuelle Befriedigung, mag auch sein zum Teil als eine emotionale Befriedigung, als ein Grundbedürfnis - die Gesellschaft schreibt uns die Monogamie vor - wenn man aber die Evolution betrachtet, waren unsere Vorgänger alles andere als monogam ;-)
Eine Frage: Ist es auch ein Fremdgehen, wenn ich zum Masseur gehe, und mich durchkneten lasse und dann ganz entspannt nach Hause fahre?
Das ist doch auch nur ein Wohlfühlerlebnis, mit dem Ziel mich Wohlzufühlen – und dieses Wohlfühlen nehme ich doch dann auch unbewusst in die Beziehung mit hinein – habe ich dann nicht einen schöneren Abend mit meinem Liebsten, wenn ich mich wohlfühle und entspannt bin, oder habe ich ihn dann wenn ich gestresst und abgehetzt nach Hause komme?
Wenn ich das nun vergleiche, dann sollte es doch auch logisch betrachtet legitim sein, zu einer SW zu gehen um mir ein Wohlfühlerlebnis zu gönnen?
Ist es aber aus gesellschaftlichen Gründen nicht, weil das Geschlechtsteil ja anders bewertet wird als z.B. der Rücken bei einer Massage???
Zählt es also nur aufgrund unserer Erziehung, der gesellschaftlichen Meinung und unseren moralischen Bedenken zum Betrug?
Viel schlimmer finde ich es, dass viele Menschen mit ihren Partnern nicht über ihre Bedürfnisse sprechen, weil sie diese als „heilig“ ansehen und sich sorgen, dass der/die Partner/in er/sie dann abwertend behandeln würde oder sie/ihn deswegen weniger lieben würde. Dabei sollte es doch genau umgekehrt sein und der/die PartnerIn Verständis für die Wünsche und Bedürfnisse des anderen zeigen. Würde er/sie vielleicht sogar, wenn er durch Kommunikation auch die Chance bekommen würde.
Wenn also vom Partner überhaupt kein Verständnis zu erwarten ist, dann muss ich mir doch eigentlich sowieso die Sinnhaftigkeit einer Partnerschaft überlegen, oder?
Unsere Schuld als Sexworker kann es aber nicht sein, und es ist auch nicht unsere Aufgabe uns darüber Gedanken zu machen – denn das tut der Masseur auch nicht – unsere Aufgabe ist es, eine sexuelle Dienstleistung zu erfüllen – nicht mehr und nicht weniger – und eventuell sogar manchmal dadurch als Nebeneffekt sogar eine Partnerschaft zu retten oder wieder aufzupeppen – wenn der Kunde bei uns etwas lernt, was er vielleicht dann an den Partner weitergeben kann ;-)
<i>::: Jasmin war SexarbeiterIn, später BetreiberIn und bis Ende 2010 für das Sexworker Forum mit besonderen Engagement in der Öffentlichkeitsarbeit tätig :::</i>

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Blanca
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Beitrag von Blanca »

Das sehe ich ähnlich.
Auch wenn es evolutionär gesehen schon vom Vorteil war und ist, monogam zu leben.
Denn gerade die höchstentwickelten Tiere leben in den meisten Fällen auch in festen Beziehungen - in welcher Form auch immer.

Ausufernde Polygamie ist auch nicht im Sinne des Menschen, wenn man es recht bedenkt. Die Doppelmoral die hinter ewiger Treue und einmal Ja sagen - immer Ja sagen steckt, allerdings natürlich auch nicht.

Blanca

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Nymphe
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RE: Konsum sexueller Dienstleistungen - Fremdgehen oder nich

Beitrag von Nymphe »

Hallo Oberelfe,

im Prinzip gebe ich dir recht - der Unterschied zwischen einer Wellness-Massage und dem Besuch bei einer SW ist halt genau der, dass in den meisten Beziehungen ersteres von den (impliziten) partnerschaftlichen Vereinbarungen abgedeckt ist und letzteres nicht. Sobald der Partner oder die Partnerin davon weiss und nicht hintergangen wird, dann gibt's meines Erachtens keinen Unterschied. Beides entspannt und befriedigt, und ein entspannter und glücklicher Partner ist was feines.

Und klar, es ist toll, wenn mit dem einen so unbeschwert umgegangen wird wie mit dem anderen - und ich kenne, wie schon erwähnt, durchaus Beziehungen, in denen das genau so ist. Oft steht aber ein Mix aus Konditionierung durch gesellschaftliche Konventionen und eigenen Unsicherheiten und Ängsten im Weg, das Ideal von Liebe zu erfüllen, das so gern zitiert wird (nämlich dass das Glück des anderen ursächlich ist für eigenes Wohlbefinden).
Das ist zutiefst menschlich, ich persönlich arbeite allerdings gern daran, diese Barrikaden aus dem Weg zu räumen, und möchte auch nur mit Partnern zusammensein, die das ähnlich sehen und ihr Heil nicht darin suchen, mich in meinem Handeln zu beschränken.

Biologistische Ansätze finde ich immer schwierig. Die neuste Theorie ist in dem Zusammenhang, dass beide Geschlechter mit einem Mix von Monogamie und Promiskuität am besten fahren, um ihre Gene optimal zu verbreiten. Daraus würde ich jetzt nicht schließen wollen, was für den einzelnen das bessere absolute Modell ist.

Guenter
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Beitrag von Guenter »

Das ist die Kehrseite der Ansicht, es gäbe ja auch keine Männer, die die Tätigkeit als sexuelle Dienstleisterin ihrer Partnerin akzeptieren könnten.
Akzetieren ist das richtige Wort.

"Toll finden" wäre IMO wohl pervers. Meine Situation ist nachzulesen bei: viewtopic.php?t=4165

LG Günter

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Beitrag von Aoife »

Blanca hat geschrieben:Auch wenn es evolutionär gesehen schon vom Vorteil war und ist, monogam zu leben.
Die evolutionären Vor- und Nachteile von Mono- und Polygamie sind weitgehend ausgeglichen.
Was auch der Grund dafür sein dürfte, dass beim Menschen noch immer beide Genvarianten anzutreffen sind.

Liebe Grüße, Aoife
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JayCynic
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Beitrag von JayCynic »

Guenter hat geschrieben: Akzetieren ist das richtige Wort.

"Toll finden" wäre IMO wohl pervers.
Pervers? Warum? Ich finde den Beruf meiner Partnerin durchaus "toll".
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Blanca
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Beitrag von Blanca »

@Aoife
Monogame und polygame Genvarianten?
Du meinst tatsächlich, es gibt so einen Genotyp?

Blanca

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Aoife
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Beitrag von Aoife »

Hallo Blanca,

schau mal hier: viewtopic.php?p=75387#75387

Es handelt sich in diesem Fall nicht um das rezeptorkodierende Gen selbst, sondern um dessen flanking region, wo die
Expressionshäufigkeit kodiert ist.

Liebe Grüße, Aoife
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Jason
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Warum bist Du fremdgegangen?

Beitrag von Jason »

TV Talkshow auf EinsPlus
19.07.2011 20.15 - 21.00


Warum gehen so viele Menschen fremd? Seit Jahren versuchen Forscher das herauszufinden. Oft fühlt sich der untreue Partner eingeengt und sehnt sich nach Unabhängigkeit. Oder er will mehr Sex als der andere und das gilt nicht nur für den Mann.
Gerade Frauen beklagen sich oft, dass er nicht oft genug Sex will. Und: Wenn man fremdgegangen ist, soll man es dem Partner beichten oder es lieber verschweigen? Warum sind andere Paare seit Jahren treu und was ist das Geheimnis dieser scheinbar glücklichen Paare?

Über diese und weitere Fragen diskutiert Jacqueline Stuhler mit ihren Gästen.


-Das Thema hat zwar nicht zwangläufig mit Sexarbeit zu tun, denke aber mal das es doch eine Rolle spielt.-
> ich lernte Frauen zu lieben und zu hassen, aber nie sie zu verstehen <