Fragen zur Legalität in Österreich

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
Smokestack_Lightning
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Beitrag von Smokestack_Lightning »

In Frankreich ist es legal, die Dienste von Call-Girls in Anspruch zu nehmen. Es ist jedoch illegal, sie zu vermitteln.
Ist das in Österreich/Deutschland nicht genau so?

Ich hab noch immer nicht ganz verstanden, wie Escort rechtlich funktioniert.

Wenn ich eine Agentur anrufe und sage: "Ich hätte gerne Gesellschaft für eine Stunde" und die schicken mir eine Dame nach Hause/ins Hotel ist alles legal?
Wenn ich aber anrufe und sage: "Ich hätte gern GFS mit NF für eine Stunde" und die schicken mir eine Dame nach Hause/ins Hotel, dann ist das nicht legal?

Warum genau muss DSK nun also befürchten, angeklagt zu werden?

Strauss-Kahn bestreitet nicht, dass er mehrfach an Sex-Partys teilgenommen hat [...] Auch seine mögliche Beteiligung an der „bandenmäßigen Zuhälterei“ in dem Fall steht zur Debatte.
Kann man sich allein durch einen Anruf bei einer Agentur und Buchung einer Escort-Dame schon der "Beteiligung an bandenmäßiger Zuhälterei" schuldig machen?

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Zwerg
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Beitrag von Zwerg »

@smokestack_lightning

Die Vermittlung sexueller Dienstleistung ist in Ö rechtlich als ausgesprochen heikel anzusehen.

Generell gilt: Prostitution ist in Österreich grundsätzlich nicht verboten - man erhebt Steuern für die erbrachten sexuellen Dienstleistungen, fordert Untersuchungen usw. Aber, es ist in vielen Fällen nahezu unmöglich, sexuelle Dienstleistungen "legal" zu erbringen. Man ist von Seiten der Gesetzgebung nicht gewillt ist, das Thema in irgendeiner Weise auch praxisorientiert zu gestalten.

Dies liegt in erster Linie daran, dass man von vornherein jede Teilnahme von ExpertInnen (SexarbeiterInnen) an einer Gesetzesbildung ausschließt... Da kommt es dann schon vor, dass zum Beispiel die Wiener Stadtregierung für Prostituierte ein Areal empfiehlt (!) - zum Beispiel Auhof/Wien - wo es unmöglich ist, den Job auch zu vollziehen, ohne das Gesetz zu brechen. Erst nachdem die Medien auf die Umstände aufmerksam machen (die haben mit uns gesprochen) - eine SexarbeiterIn dort schwer verletzt bzw. vergewaltigt wird) zieht man die Empfehlung zurück... Hauptsache, man hat die Sexarbeit aus dem sicheren Umfeld (vor den Stundenhotels) vertrieben.

Anderes Beispiel: Salzburg - dort brüstet man sich von Seiten der Behörde, dass man Kunden des Straßenstriches nach folgendem Paragraphen "erfolgreich" bestraft -> §7 VStG - siehe: http://www.jusline.at/7._Anstiftung_und ... _VStG.html

Der Gipfel der Ungeheuerlichkeit ist jedoch, wenn sich ein ranghoher Salzburger Polizist mir gegenüber äußert, dass generell die Frauen am Salzburger Straßenstrich "Opfer des Menschenhandels" sind (!) und auf meine Frage, "was man tut um den, seiner Meinung nach "Opfern" zu helfen, außer sie zusätzlich zu bestrafen" keine Antwort weiß...

Abgesehen davon, dass in Österreich (aber auch in vielen anderen europäischen Ländern) die Grundpfeiler der Demokratie ausgehebelt werden -> die Gewaltentrennung sollte eigentlich verhindern, dass die Exekutive (ausführende Staatsmacht) Gesetze macht - denn das wäre dann eine Machtanhäufung, welche eher einer diktatorischen Gesellschaftsform zuzurechnen ist, scheint es bei uns üblich, dass man von Seiten der Behörde versucht, bestehende Gesetze (zum Wohl der Menschen) umzubiegen, um bewusst Jemand in die Illegalität zu treiben....

Was bedeutet das, für den Kunden nun? Zur Zeit wenig Gefahr, es sei denn, dass sich wieder einmal Jemand politisch profilieren möchte... Wenn von Seiten der Behörde "Handlungsbedarf" gesehen wird (zumeist vor Wahlen), dann gibt es wieder irgendwo Aktionen zu Lasten der SexarbeiterInnen - klar: Opfer ohne Lobby kann man leichter für seine Zwecke missbrauchen. Da gibt es keine Gegenwehr und die Ergebnisse kann man hinbiegen, wie man es braucht. Zur Zeit behauptet eine Wiener StadtpolitikerIn allen Ernstes, dass die Entrechtung von SexarbeiterInnen, Menschenhandel bekämpft hätte... - also Jemand ohne Rechte, wäre besser geschützt.... Natürlich heult da Keiner auf - man nimmt es zur Kenntnis, da man zu dem Thema ohnehin eine vorgefasste Meinung hat. Oder aber voriges Jahr -> SexarbeiterInnen wurden in Wien mit brennenden Fackeln (sowie durch beschütten mit heißem (verschmutzten) Flüssigkeiten) von ihren angestammten Plätzen vertrieben. Bestraft wurde Niemand (außer natürlich die SexarbeiterInnen...)

Das Thema ist unerschöpflich und es gibt wahrscheinlich keine rechtssichere Auskunft...

christian

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Ariane
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Beitrag von Ariane »

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Smokestack_Lightning hat geschrieben:
In Frankreich ist es legal, die Dienste von Call-Girls in Anspruch zu nehmen. Es ist jedoch illegal, sie zu vermitteln.
Ich kann dieses Zitat gerade nicht zuordnen. Kannst du mir da auf die Sprünge helfen?

Es ist nämlich nicht legal, zumindest für die Anbieterinnen. Es gab in den letzten Jahren Verhaftungen von Callgirls, Escorts in Hotels. Auf die Strasse wurde in Frankreich seit ehedem durch das Bordellverbot ausgewichen, Escort kann man ebenfalls als ein Ausweichmanöver betrachten, dass durch das Internet eine höhere Attraktivität für Anbieterinnen erhalten hat, insbesondere für selbständig arbeitende Frauen. In der aktuellen französischen Diskussion wird eine Gesetzesnovellierung nach Vorbild des Schwedischen Modells u.a. in Augenschein genommen. Die Nachfrage-Seite soll durch eine Kriminalisierungspolitik eingeschüchtert werden und das Geschäft mit der Prostitution quasi vollautomatisch zum Erliegen kommen, was natürlich Unsinn ist, wie sich im Ländervergleich unschwer erkennen lässt. Nicht nur in Schweden. D.h. es gibt schon längst eine Kriminalisierungspolitik gegenüber Anbieterinnen, gegenüber Kunden wird derzeit nachgezogen bzw. ist es im Parlament noch nicht durch.

Bericht der Nationalversammlung http://www.assemblee-nationale.fr/13/pd ... /i3334.pdf
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