SEXARBEITERINNENRECHTE SIND FRAUENRECHTE
“Menschenrechte von Frauen und Mädchen sind ein unveräußerlicher, integraler und unteilbarer
Bestandteil der universellen Menschenrechte”
(Abschlusserklärung der UN-Menschenrechts konferenz, Wien 1993)
Prostitution ist in Österreich eine Realität. SexarbeiterInnen werden durch Gesetze, Regelungen und gesellschaftliche Einstellungen marginalisiert, kontrolliert und diskriminiert.
SEXARBEIT ALS ARBEIT
Der Österreichische Frauenring bekennt sich zu einer Anerkennung von Sexarbeit1 als Arbeit.
Dabei muss eine klare Differenzierung zwischen Frauenhandel, Gewalt in jeglichem Sinn
einerseits und freiwilliger Sexarbeit anderseits vorgenommen werden.
Der Österreichische Frauenring schließt sich der Definition der bundesweiten AG RECHT I
Prostitution der deutschen Hurenbewegung an: „Sexarbeit / Prostitution ist eine freiwillig erbrachte
sexuelle Dienstleistung, die einen einvernehmlichen Vertrag zwischen erwachsenen
GeschäftspartnerInnen voraussetzt. Ohne dieses Einvernehmen handelt es sich nicht um
Prostitution, sondern um erzwungene Sexualität und damit um sexualisierte Gewalt.“2
Wenn Frauen aufgrund von Täuschungen und falschen Versprechungen migrieren und im Zielland
in eine Zwangslage gebracht werden; wenn Frauen aufgrund ihrer rechtlosen Situation zur
Ausübung von Dienstleistungen gezwungen werden; wenn Frauen ihrer Würde, ihrer persönlichen
oder sexuellen Integrität von Ehemännern oder ArbeitgeberInnen beraubt werden, dann ist das
Frauenhandel.3
Kriminelle Handlungen und damit Ausübung von Gewalt jeglicher Art gegen Frauen – wie
beispielsweise Frauenhandel – sind zu verurteilen.
RECHTE FÜR SEXARBEITERINNEN
SexarbeiterInnen haben Pflichten, aber kaum Rechte. Sexarbeit birgt ein Ausbeutungsrisiko, das
verringert werden könnte.
Der Fokus staatlicher Reglungen bezieht sich hauptsächlich auf verwaltungsrechtliche Kontrolle,
die in keiner Weise nach den Bedürfnissen der SexarbeiterInnen ausgerichtet ist. Dies wird in
Österreich durch neun unterschiedliche landesgesetzliche Regelungen noch verschärft.
Vorgeschriebene wöchentliche Untersuchungen dienen nicht der Stärkung und dem Schutz der
SexarbeiterInnen. So gibt es zum Beispiel für SexarbeiterInnen keine freie ÄrztInnenwahl und die
Häufigkeit der vorgeschriebenen Untersuchungen dient primär der Kontrolle und verwehrt den
SexarbeiterInnen die Autonomie zur Wahrung ihrer Gesundheit.
In vielen Bundesländern darf Prostitution ausschließlich in Bordellen ausgeübt werden.
SexarbeiterInnen haben aber in einem Bewilligungsverfahren keine Parteistellung und können die
Bedingungen für ihren Arbeitsplatz daher nicht mit gestalten.
Einkünfte von SexarbeiterInnen werden besteuert. Der rechtliche Status von Sexarbeit ist aber
unklar. Sexarbeit ist weder ein Gewerbe, noch kann sie als unselbständige Erwerbsarbeit
ausgeübt werden. Sexarbeit ist nach der seit 1989 unwidersprochenen Judikatur des Obersten
Gerichtshofs „sittenwidrig“. Dies hat unter anderem zur Folge, dass SexarbeiterInnen können kein
Entgelt einklagen können.
Die gesellschaftliche Abwertung und Ausgrenzung von SexarbeiterInnen wird durch die
Zuschreibung der Sittenwidrigkeit noch verstärkt.
MigrantInnen in der Sexarbeit, die keine EU-BürgerInnen sind, droht bei Verstößen gegen das
Prostitutionsgesetz die Abschiebung. MigrantInnen, die jahrelang mit einem „Prostituiertenvisum“
in Österreich gearbeitet haben, wurden durch das Fremdenrechtspaket mit 1.1.2006 illegalisiert.
Durch das Abdrängen in die Illegalität werden sie noch stärker ökonomisch abhängig und
fremdbestimmt.
RECHTLICHE STÄRKUNG VON SEXARBEITERINNEN DIENT
AUCH DEM KAMPF GEGEN FRAUENHANDEL
Frauen- und Menschenrechte von SexarbeiterInnen sicherzustellen bedeutet in weiterer Folge
auch Schutz vor Ausbeutung und Gewalt.
Die soziale und politische Einbeziehung von SexarbeiterInnen und ihre Stärkung ist eine wichtige
vorbeugende Maßnahme gegen Frauenhandel. Fehlende Rechte für SexarbeiterInnen führen zu
einer Vermischung mit Frauenhandel und sexueller Gewalt. Wenn hingegen eine klare
Abgrenzung erfolgt, wird Gewalt besser sichtbar und bekämpfbar.
Die Politik muss den Blick weiten und darf sich nicht nur auf die – unabdingbar notwendige –
Bekämpfung von Frauenhandel beschränken, sondern muss im Gegenzug die Rechte von
SexarbeiterInnen als oberstes Prinzip anerkennen.
Sexarbeit muss als eine soziale Realität wahrgenommen und als Arbeit anerkannt werden. Im
Zentrum muss die Wahrung der Frauen- und Menschenrechte von SexarbeiterInnen stehen.
FORDERUNGEN
In diesem Sinne fordert der Österreichische Frauenring:
· Schaffung von rechtlichen Grundlagen, um Sexarbeit vertraglich abzusichern und somit
Wegfall der „Sittenwidrigkeit“
· rechtliche Verbesserungen und Absicherung für SexarbeiterInnen
· Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für SexarbeiterInnen mit Existenzsicherung
· Langfristige finanzielle Absicherung von bestehenden niederschwelligen
Beratungseinrichtungen für SexarbeiterInnen und Ausbau von weiteren spezifischen
Beratungseinrichtungen
· Schutz vor Gewalt, Diskriminierung, Sexismus und Rassismus
Der Österreichische Frauenring fordert daher, dass SexarbeiterInnen mit Rechten und
Pflichten ausgestattet werden und somit selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihr Leben
gestalten können.
Download von der Webseite des österreichen Frauenrings als PDF:
http://www.frauenring.at/cms/images/sto ... 008.10.pdf
http://www.frauenring.at
1 Der Begriff Sexarbeit verweist auf einen akzeptierenden und unterstützenden Zugang zu sexuellen DienstleisterInnen und fokussiert auf Erwerbsarbeit.
2 AG RECHT: kleine Aufklärungsschrift der bundesweiten Arbeitsgemeinschft Recht I Prostitution, 2005
3 Diese Definition basiert auf der seit 1996 bestehenden Arbeit von LEFÖ im Kontext von Frauenhandel. Mit Inkrafttreten des UN-Zusatzprotokolls zur Bekämpfung des Menschenhandels (2002) hat sich eine ähnliche Formulierung im internationalen Rahmen durchgesetzt
Das Positionspapier des ÖFR basiert auf der Expertise von LEFÖ, die sich bereits seit 1993 - als erste Migrantinnenorganisation Österreichs - für die Rechte von SexarbeiterInnen einsetzt.
Positionierung - Österreichischer Frauenring zur Sexarbeit
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Positionierung - Österreichischer Frauenring zur Sexarbeit
Zuletzt geändert von Zwerg am 12.01.2009, 19:03, insgesamt 3-mal geändert.
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Toll was der Frauenring formuliert hat.
Wie kommt es, dass der östereichische Frauenring hier das erstemal im Forum erwähnt wird? Zu unseren Unterstützerinnen sollten wir engeren Kontakt haben...
Europäische Frauenrechte
CEDAW:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1199
.
Wie kommt es, dass der östereichische Frauenring hier das erstemal im Forum erwähnt wird? Zu unseren Unterstützerinnen sollten wir engeren Kontakt haben...
Europäische Frauenrechte
CEDAW:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1199
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