ProstSchG: Wer evaluiert hier eigentlich was?
(In der Reihe „Evaluation & Prostitution“ bezieht Doña Carmen e.V. in unregelmäßigen Abständen zu verschiedenen Aspekten der Evaluation des ProstSchG Stellung. Nachfolgend Teil I dieser Reihe.)
Einleitung
Vor sechseinhalb Jahren, am 1. Juli 2017, trat das von der Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD verabschiedete und unter der Regie der damaligen Bundesfamilienministerin Schwesig (SPD) ausgearbeitete Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) in Kraft.
Hier weiterlesen: https://www.donacarmen.de/wp-content/up ... STSCHG.pdf
Evalution und Prostitution
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Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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Re: Evalution und Prostitution
Danke, Fraences. Sehr interessant.
Das verdeutlicht, welche katastrophalen Auswirkungen das Vorziehen der Wahl für die Zukunft der Sexarbeit in Deutschland hat, sei es durch direkte Einflussnahme der neuen Ministeriumsführung auf den Evaluationsbericht, sei es durch die Bewertung der Ergebnisse des Berichtes, wenn das Ministerium selbst die Evaluation auf der Grundlage des Berichtes vornimmt.
Auf der Zielgeraden ins Sexkaufverbot!
Am Ende waren es Lindner und seine FDP, die uns den Weg ins Sexkaufverbot und die damit verbundenen polizeilichen Überwachungsprozesse geebnet haben: den Weg freigeräumt für das, was jetzt kommt. DIe Evaluation liegt dann eben nicht mehr in der Hand von Lisa Paus (was für uns günstig wäre - eine entschlossene Gegnerin des Sexkaufverbots), sondern wahrscheinlich einer CDU/CSU-Ministerin - womöglich Frau Bär persönlich.
Für mich ist das Thema mit dem Vorziehen der Wahl durch. Aus, vorbei, hoffnungslos.
Eddy
Das verdeutlicht, welche katastrophalen Auswirkungen das Vorziehen der Wahl für die Zukunft der Sexarbeit in Deutschland hat, sei es durch direkte Einflussnahme der neuen Ministeriumsführung auf den Evaluationsbericht, sei es durch die Bewertung der Ergebnisse des Berichtes, wenn das Ministerium selbst die Evaluation auf der Grundlage des Berichtes vornimmt.
Auf der Zielgeraden ins Sexkaufverbot!
Am Ende waren es Lindner und seine FDP, die uns den Weg ins Sexkaufverbot und die damit verbundenen polizeilichen Überwachungsprozesse geebnet haben: den Weg freigeräumt für das, was jetzt kommt. DIe Evaluation liegt dann eben nicht mehr in der Hand von Lisa Paus (was für uns günstig wäre - eine entschlossene Gegnerin des Sexkaufverbots), sondern wahrscheinlich einer CDU/CSU-Ministerin - womöglich Frau Bär persönlich.
Für mich ist das Thema mit dem Vorziehen der Wahl durch. Aus, vorbei, hoffnungslos.
Eddy
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Re: Evalution und Prostitution
Nicht vergessen: Lindner war der, der uns bisher am wirkungsvollsten geschützt hat!
Und die Ampel ist ja nicht an der FDP oder gar an Lindner gescheitert, sondern an der Zerrissenheit der SPD und am Kanzler Scholz.
Und die Ampel ist ja nicht an der FDP oder gar an Lindner gescheitert, sondern an der Zerrissenheit der SPD und am Kanzler Scholz.
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Re: Evalution und Prostitution
@Eddy
Ich muss Eddy widersprechen. Nein, wir sind nicht auf der Zielgeraden hin zu einem „Sexkaufverbot“!
Im Unterschied zu Schweden 1999, wo es in der Tat um ein Sexkaufverbot ging, würde es in Deutschland zugleich um ein Verbot von 2.500 staatlich lizensierten Bordellen gehen. Das ist eine ganz andere Hausnummer. CDU/CSU meiden die Debatte um diesen Punkt wie der Teufel das Weihwasser. Das ist ihre Achillesferse. Da haben auch andere noch ein Wörtchen mitzureden als nur B & B (Bär u. Breymaier)
Auch die „vorgezogene Neuwahl“ ist für sich genommen kein Argument für einen Durchmarsch der Sexkaufverbots-Befürworterinnen. Seit den ostdeutschen Wahlen ist es höchst wahrscheinlich, dass Deutschland nur noch über eine Dreierkoalition regierbar ist. Nach Lage der Dinge kommen dafür entweder CDU/SPD/GRÜNE oder CDU/SPD/FDP in Frage, wobei nach meiner Ansicht mehr für die erstere Kombination spricht.
Das erhöht das Ereignisfeld. Da mangels hinreichender Finanzausstattung mit dem Familienministerium momentan kein Blumentopf zu gewinnen ist, erscheint es fraglich, ob die CDU/CSU dieses Ministerium überhaupt beansprucht (von ihrer mangelnden Kompetenz mal ganz abgesehen). Breymaier wird dem neuen Bundestag vermutlich ohnehin nicht mehr angehören und Bär muss sich keine Illusionen hinsichtlich des Familienministeriums machen. Das ist alles kein Selbstläufer.
Eddy sollte sich diese Szenarien mal durch den Kopf gehen lassen und sich nicht mit dem Tunnelblick auf das Sexkaufverbot die Stimmung verhageln und den Schneid abkaufen lassen. @deernhh hat kürzlich die Debatte um das Sexkaufverbot hier als eine gespenstische Debatte bezeichnet. Darin ist mehr als ein Korn Wahrheit. Ich plädiere unbedingt dafür, den Blick zu weiten und nicht zu verzagen. In diesem Sinne einen Gruß in die Runde,
Vanzetti
Ich muss Eddy widersprechen. Nein, wir sind nicht auf der Zielgeraden hin zu einem „Sexkaufverbot“!
Im Unterschied zu Schweden 1999, wo es in der Tat um ein Sexkaufverbot ging, würde es in Deutschland zugleich um ein Verbot von 2.500 staatlich lizensierten Bordellen gehen. Das ist eine ganz andere Hausnummer. CDU/CSU meiden die Debatte um diesen Punkt wie der Teufel das Weihwasser. Das ist ihre Achillesferse. Da haben auch andere noch ein Wörtchen mitzureden als nur B & B (Bär u. Breymaier)
Auch die „vorgezogene Neuwahl“ ist für sich genommen kein Argument für einen Durchmarsch der Sexkaufverbots-Befürworterinnen. Seit den ostdeutschen Wahlen ist es höchst wahrscheinlich, dass Deutschland nur noch über eine Dreierkoalition regierbar ist. Nach Lage der Dinge kommen dafür entweder CDU/SPD/GRÜNE oder CDU/SPD/FDP in Frage, wobei nach meiner Ansicht mehr für die erstere Kombination spricht.
Das erhöht das Ereignisfeld. Da mangels hinreichender Finanzausstattung mit dem Familienministerium momentan kein Blumentopf zu gewinnen ist, erscheint es fraglich, ob die CDU/CSU dieses Ministerium überhaupt beansprucht (von ihrer mangelnden Kompetenz mal ganz abgesehen). Breymaier wird dem neuen Bundestag vermutlich ohnehin nicht mehr angehören und Bär muss sich keine Illusionen hinsichtlich des Familienministeriums machen. Das ist alles kein Selbstläufer.
Eddy sollte sich diese Szenarien mal durch den Kopf gehen lassen und sich nicht mit dem Tunnelblick auf das Sexkaufverbot die Stimmung verhageln und den Schneid abkaufen lassen. @deernhh hat kürzlich die Debatte um das Sexkaufverbot hier als eine gespenstische Debatte bezeichnet. Darin ist mehr als ein Korn Wahrheit. Ich plädiere unbedingt dafür, den Blick zu weiten und nicht zu verzagen. In diesem Sinne einen Gruß in die Runde,
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Re: Evalution und Prostitution
@Vanezetti
Kasharius grüßt


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Re: Evalution und Prostitution
@Vanzetti
Hoffen wir, dass Vanzetti Recht hat!
Ich bin auch voll dabei, dass es im Falle einer Dreierkoalition CDU/SPD/Grüne oder CDU/SPD/FDP nicht zu einem Sexkaufverbot, jedenfalls nicht zu einem totalen Sexkaufverbot mit Schließung aller bisher genehmigten Prostitutionsbetriebe, kommt. Eine solche Koalition arbeitet auf "Minimalkonsensbasis" (wir haben ja bis vor kurzem gesehen, wie das funktioniert), und da sind solche massiven Eingriffe hin zu Maßnahmen, die schon ein wenig an Polizeistaaten erinnern, natürlich nicht denkbar. 100 % d'accord.
Aber: alle Wahlprognosen und -experten gehen inzwischen davon aus, dass es eben nicht zu einer Dreierkoalition kommt. Man kann eine Metaanalyse der aktuellsten Wahlumfragen der verschiedenen Institute hier tagaktuell verfolgen, fast wie einen Börsenkurs:
https://dawum.de/Bundestag/
Da CDU/AfD nicht infrage kommt und CDU/Grüne u.a. von der CSU nicht gewünscht ist, bleibt nur die CDU/SPD, und das scheint inzwischen auch gesellschaftsweit akzeptiert zu sein, dass das so kommt. Man hört und liest es an jeder Ecke.
Die Frage ist eigentlich nur noch, in welchem Verhältnis proportional die beiden Parteien zueinander stehen, weil das Einfluss auf die Verteilung der Ministerien hat. Zurzeit sind CDU/CSU doppelt so stark wie die SPD. Daher gut möglich, dass die CDU/CSU beide für das Sexkaufverbot relevanten Schlüsselministerien (Familie und Justiz) für sich beansprucht, dann gute Nacht.
Die FDP hat natürlich gehofft, dadurch, dass sie die Ampel hat platzen lassen, wieder bei ihren Anhängern zu punkten und einen großen Push nach oben zu bekommen (auch ich habe gehofft, dass das so kommt) ... es hat aber nicht funktioniert. Es hat ihr zwar tatsächlich ein paar Zehntelprozent gebracht, sie war runter auf 3,7 % und liegt jetzt wieder stabil über 4,0 %, aber deutlich unter 5% und damit reicht es nicht für einen Einzug in den Bundestag. Wenn nicht noch ein Wunder passiert, ist die FDP im nächsten Bundestag nicht mehr dabei. Kann sich also auch nicht in Ausschüssen und Anhörungen zum Sexkaufverbot äußern. Auch Gräfin von Galen, die ja von der FDP im Rahmen der Vermeidung des Sexkaufverbots involviert wurde, wird dann außen vor sein und uns mit ihren sehr qualifizierten Beiträgen sehr fehlen! Wir verlieren nicht nur die FDP, sondern damit auch die mahnende Stimme von Gräfin von Galen!
Fazit: uns werden die Grünen in der nächsten Regierung sehr fehlen (u.a. mit der Familienministerin Lisa Paus, einer wirklich entschiedenen Gegnerin eines Sexkaufverbots) und natürlich die FDP u.a. mit ihrem Ex-Justizminister Buschmann, der immer sehr genau geschaut hat, wo Gesetzesvorhaben eventuell mit dem Grundgesetz kollidieren könnten (man beachte den Konjunktiv) - für mich ein wahrer Hüter des Grundgesetzes.
Und Gräfin von Galen wird sich auch nicht mehr einbringen können bzw. nicht mehr gehört werden.
Dem gegenüberzustellen ist nun die Machtfülle und die außergewöhnlich durchsetzungsstarke Persönlichkeit von Frau Bär. Wir haben sie oft genug erlebt, wie und mit welcher unbeirrbaren Entschlossenheit sie nicht MIT, sondern immer nur ÜBER Prostitutierte redet, wie sie über Freier und die ganze Szene denkt. Wenn man bedenkt, dass sich Frau Bär nach eigenen Angaben (!) erst seit zwei Jahren mit dem Thema Prostitution überhaupt beschäftigt, dann hat sie bisher Unglaubliches erreicht. Ein Marsch durch die Institutionen. Alice Schwarzer, Lea Ackermann, Leni Breymaier .... alle verblassen vor dem Erfolg von Frau Bär, der sicherlich ihrer besonderen Persönlichkeit und außergewöhnlichen Durchsetzungskraft und Überzeugungskraft geschuldet ist. Die Verkörperung von Macht.
Eddy
Hoffen wir, dass Vanzetti Recht hat!
Ich bin auch voll dabei, dass es im Falle einer Dreierkoalition CDU/SPD/Grüne oder CDU/SPD/FDP nicht zu einem Sexkaufverbot, jedenfalls nicht zu einem totalen Sexkaufverbot mit Schließung aller bisher genehmigten Prostitutionsbetriebe, kommt. Eine solche Koalition arbeitet auf "Minimalkonsensbasis" (wir haben ja bis vor kurzem gesehen, wie das funktioniert), und da sind solche massiven Eingriffe hin zu Maßnahmen, die schon ein wenig an Polizeistaaten erinnern, natürlich nicht denkbar. 100 % d'accord.
Aber: alle Wahlprognosen und -experten gehen inzwischen davon aus, dass es eben nicht zu einer Dreierkoalition kommt. Man kann eine Metaanalyse der aktuellsten Wahlumfragen der verschiedenen Institute hier tagaktuell verfolgen, fast wie einen Börsenkurs:
https://dawum.de/Bundestag/
Da CDU/AfD nicht infrage kommt und CDU/Grüne u.a. von der CSU nicht gewünscht ist, bleibt nur die CDU/SPD, und das scheint inzwischen auch gesellschaftsweit akzeptiert zu sein, dass das so kommt. Man hört und liest es an jeder Ecke.
Die Frage ist eigentlich nur noch, in welchem Verhältnis proportional die beiden Parteien zueinander stehen, weil das Einfluss auf die Verteilung der Ministerien hat. Zurzeit sind CDU/CSU doppelt so stark wie die SPD. Daher gut möglich, dass die CDU/CSU beide für das Sexkaufverbot relevanten Schlüsselministerien (Familie und Justiz) für sich beansprucht, dann gute Nacht.
Die FDP hat natürlich gehofft, dadurch, dass sie die Ampel hat platzen lassen, wieder bei ihren Anhängern zu punkten und einen großen Push nach oben zu bekommen (auch ich habe gehofft, dass das so kommt) ... es hat aber nicht funktioniert. Es hat ihr zwar tatsächlich ein paar Zehntelprozent gebracht, sie war runter auf 3,7 % und liegt jetzt wieder stabil über 4,0 %, aber deutlich unter 5% und damit reicht es nicht für einen Einzug in den Bundestag. Wenn nicht noch ein Wunder passiert, ist die FDP im nächsten Bundestag nicht mehr dabei. Kann sich also auch nicht in Ausschüssen und Anhörungen zum Sexkaufverbot äußern. Auch Gräfin von Galen, die ja von der FDP im Rahmen der Vermeidung des Sexkaufverbots involviert wurde, wird dann außen vor sein und uns mit ihren sehr qualifizierten Beiträgen sehr fehlen! Wir verlieren nicht nur die FDP, sondern damit auch die mahnende Stimme von Gräfin von Galen!
Fazit: uns werden die Grünen in der nächsten Regierung sehr fehlen (u.a. mit der Familienministerin Lisa Paus, einer wirklich entschiedenen Gegnerin eines Sexkaufverbots) und natürlich die FDP u.a. mit ihrem Ex-Justizminister Buschmann, der immer sehr genau geschaut hat, wo Gesetzesvorhaben eventuell mit dem Grundgesetz kollidieren könnten (man beachte den Konjunktiv) - für mich ein wahrer Hüter des Grundgesetzes.
Und Gräfin von Galen wird sich auch nicht mehr einbringen können bzw. nicht mehr gehört werden.
Dem gegenüberzustellen ist nun die Machtfülle und die außergewöhnlich durchsetzungsstarke Persönlichkeit von Frau Bär. Wir haben sie oft genug erlebt, wie und mit welcher unbeirrbaren Entschlossenheit sie nicht MIT, sondern immer nur ÜBER Prostitutierte redet, wie sie über Freier und die ganze Szene denkt. Wenn man bedenkt, dass sich Frau Bär nach eigenen Angaben (!) erst seit zwei Jahren mit dem Thema Prostitution überhaupt beschäftigt, dann hat sie bisher Unglaubliches erreicht. Ein Marsch durch die Institutionen. Alice Schwarzer, Lea Ackermann, Leni Breymaier .... alle verblassen vor dem Erfolg von Frau Bär, der sicherlich ihrer besonderen Persönlichkeit und außergewöhnlichen Durchsetzungskraft und Überzeugungskraft geschuldet ist. Die Verkörperung von Macht.
Eddy