Ihr Lieben,
ich mache gerade in Deutschland eine Kampagne, die auch für österreichische Mitlesende interessant sein dürfte.
Die Kampagne heißt "Sexarbeiter*innen und ihre Verbündete appellieren an die Antilopen Gang" und hier geht es zur Petition:
https://www.openpetition.de/petition/on ... lopen-gang
In den letzten Tagen habe ich oft diese Frage beantwortet: ich kenne weder Huschke Mau noch Oliver Pocher, was geht es mich an? Oder ich lebe nicht in Deutschland, wieso sollte mich das kümmern?
Hier ein paar Gedanken dazu:
Die Forderung nach Sexkaufverbot beschäftigt alle Ländern, in denen Sexarbeitende fordern: Sexarbeit ist Arbeit. Schon aus Solidarität und zwecks Netzwerk sollten daher Kampagnen nicht an einer ausgedachten Grenze zwischen Nationalstaaten scheitern, sondern wir tauschen uns aus, lernen und entwickeln neue Ideen.
Huschke Mau oder Terre des femmes in Deutschland, ABER: In Österreich gibt es auch eine laute Fraktion gegen Sexkauf. Die Argumente sind letztlich austauschbar. Und in Österreich ist die Diskriminierungserfahrung leider durch die gesetzliche Regelung von Sexarbeit jetzt schon so beträchtlich, dass man wahrscheinlich vieles dafür tun sollte, diese Regelung nicht noch schlimmer für Menschen in der Sexarbeit zu machen.
Nun zu Pocher, Joko und Claas und der Mainstream-Kulturlandschaft in Deutschland. In den letzten 2 Wochen gab es überproportional viele Aktionen oder Beiträge von Kulturschaffenden, die sich mit dem Thema sexualisierte Gewalt, Frauenrechte und Solidarität mit Frauen beschäftigten. Meines Erachtens rührt das aus der Krise hervorgerufen durch COVID19. Was meine ich damit?
Mehr als 70% aller Arbeiter*innen, die als systemrelevant gelten, sind weiblich und verdienen Mindestlohn oder wenig mehr. Ihnen wird applaudiert, aber nachhaltig etwas an ihrer finanziell desolaten Verdienstsituation soll sich nicht ändern. Zudem schultern weltweit gerade vornehmlich Frauen die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Homeschooling, Care-Arbeit während sie weiter (im Homeoffice) arbeiten und einer massiven Doppelbelastung ausgesetzt sind. Das ist so, weil Männer weltweit immer noch erheblich mehr verdienen und in besseren Karrierepositionen sind. In einer Krise wie Corona bedeutet das, die Frauen konzentrieren sich wieder auf das weiblich Tradierte. Das löst eine gerechtfertigte soziale Debatte auf. Wirft uns Corona 30 oder gar 50 Jahre in der Zeitrechnung zurück?
Wenn nun sog. Comedians wie Joko & Claas oder Oliver Pocher auf Kosten von Frauen Witze und Possen reißen, provoziert das derzeit leichter eine Debatte. Zwei Beispiele aus den deutschen Medien: Oliver Pocher hat ehemalige Kolleg*innen vor laufender Kamera zwangsgeoutet. Joko & Claas machen eine Sendung über sexualisierte Gewalt, die zur Primetime lief.
Nun zu der Vereinnahmung dieser Vorkommnisse durch Verfechter*innen des Sexkaufverbots. Eine deutsche Hip Hop-Band, die Antilopen Gang macht vor 2 Wochen den Pocher -Diss-Track "Kleine, miese Type". Coole Aktion, könnte man denken, nur zitieren sie die deutsche Hardcore-Aboli Huschke Mau mit einem Brief an Pocher. Joko & Claas moralisieren (zu Recht) gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt, nur machen sie dann Werbung für die deutsche Terre des Femmes, die rassistisch und abolitionistisch sind.
Und das alles vor Tausenden von Zuschauern und Fans. Denen wird die miese Politik von Huschke und Terre des Femmes als Feminismus verkauft, und natürlich schluckt das uninformierte Publikum diesen galligen Drops.
Ich habe dann überlegt, was macht Sinn zu tun. Anstelle uns an Huschke und Co abzuarbeiten, das passiert ja eh schon, war es mir wichtig, in dieser Debatte an die Multiplikatoren der Abolis heranzutreten.
Deswegen schrieb ich einen Offenen Brief. In einer kulturellen Debatte sollten wir versuchen unsere Positionen klar zu machen und die Politik der Antis so zu schildern wie sie ist.
Ich hoffe, ich konnte mit diesen Zeilen klar machen, wieso ich denke, dass auch in Österreich diese Debatte und insofern auch meine Kampagne relevant ist. Ich bitte Euch um Eure Solidarität und Unterstützung.
Sexkaufverbot und Mainstream - Feminismus
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Re: Sexkaufverbot und Mainstream - Feminismus
Das Thema wurde als "wichtig" markiert.
Und:
Die Petition wurde auch von meiner Minimalität unterschrieben.
chrsitian
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Re: Sexkaufverbot und Mainstream - Feminismus
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Re: Sexkaufverbot und Mainstream - Feminismus
Ich finde die Analyse von @MademoiselleRuby
schon sehr stichhaltig,frage mich aber,ob nicht die SW-Selbstvertretungsorganisationen zuweilen öfter gemeinsam agieren und öffentlich Stellung beziehen sollten....
Das Benacteiligungsverbot für Menschen mit Behinderung wurde 1994 ja erst dann durchgesetzt, als emanzipatorische Behindertenbewegung und traditionelle Wohlfahrts- und Kriegsopferverbände gemeinsam argumentiert und politisch protestiert haben.
Sicherlich ist die Initiative hier sehr richtig und wichtig und ich bin der Petition soeben - öffentlich sichtbar - beigetreten.
Wünschen wir uns Erfolg
Kasharius grüßt
schon sehr stichhaltig,frage mich aber,ob nicht die SW-Selbstvertretungsorganisationen zuweilen öfter gemeinsam agieren und öffentlich Stellung beziehen sollten....
Das Benacteiligungsverbot für Menschen mit Behinderung wurde 1994 ja erst dann durchgesetzt, als emanzipatorische Behindertenbewegung und traditionelle Wohlfahrts- und Kriegsopferverbände gemeinsam argumentiert und politisch protestiert haben.
Sicherlich ist die Initiative hier sehr richtig und wichtig und ich bin der Petition soeben - öffentlich sichtbar - beigetreten.
Wünschen wir uns Erfolg
Kasharius grüßt
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Re: Sexkaufverbot und Mainstream - Feminismus
Liebe Ruby,
Danke dir ganz herzlich für diese Petition, mit der du über die Grenzen von Nationalstaaten hinweg dem gefährlichen Unfug der SexkaufgegnerInnen etwas entgegensetzt. Natürlich hab auch ich sie soeben unterzeichnet und geteilt.
Wir kennen uns übrigens aus Graz, wo ich deinem Vortrag gebannt gelauscht habe. Du hast damit bei mir einige Initualzündungen angeregt, danke auch dafür!
Ja, die SexkaufgegnerInnen sind auch in Österreich aktiv. Zwar sind sie bei uns bei weitem nicht so laut, aber auch hier nutzen sie jetzt die Coronazeit, um für ihre Agenda Fahrt aufzunehmen.
Umso wichtiger ist es, dass auch wir in Österreich uns eindeutig für die Menschenrechte der Sexarbeitenden positionieren, anstatt uns in dem Zirkelschluss-Diskurs zu verstricken, den die SexkaufgegnerInnen gesponnen haben.
Ich freu mich auf weiteren Austausch mit dir im Forum!
Alles Liebe, Thorja
Danke dir ganz herzlich für diese Petition, mit der du über die Grenzen von Nationalstaaten hinweg dem gefährlichen Unfug der SexkaufgegnerInnen etwas entgegensetzt. Natürlich hab auch ich sie soeben unterzeichnet und geteilt.
Wir kennen uns übrigens aus Graz, wo ich deinem Vortrag gebannt gelauscht habe. Du hast damit bei mir einige Initualzündungen angeregt, danke auch dafür!
Ja, die SexkaufgegnerInnen sind auch in Österreich aktiv. Zwar sind sie bei uns bei weitem nicht so laut, aber auch hier nutzen sie jetzt die Coronazeit, um für ihre Agenda Fahrt aufzunehmen.
Umso wichtiger ist es, dass auch wir in Österreich uns eindeutig für die Menschenrechte der Sexarbeitenden positionieren, anstatt uns in dem Zirkelschluss-Diskurs zu verstricken, den die SexkaufgegnerInnen gesponnen haben.
Ich freu mich auf weiteren Austausch mit dir im Forum!
Alles Liebe, Thorja
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Re: Sexkaufverbot und Mainstream - Feminismus
Danke Euch allen.
Die Sache mit den gemeinsamen SW-Aktionen: Ja, das stimmt. Ich habe auch alle mir bekannten Organisationen angeschrieben und werde in den nächsten Tagen mit Sicherheit nochmal Zeit damit verbringen, "Klinken" zu putzen um die Logos einzuwerben. Aber es ist schwierig, ermüdend.
Ich mache Solo-Aktivismus, der nicht darauf besteht allein bleiben zu müssen, aber ich übernehme einfach gern die Verantwortung für den Sch..., den ich erzähle- ;-)
Außerdem sehe ich in den Organisationen doch immer wieder einen gewissen Opportunismus am Werke, für mich hat dann der Energieaufwand zwischen inhaltlicher Arbeit und Abgrenzung nicht mehr gestimmt. Die Erfahrung jetzt mit der Kampagne zeigt mir wieder, warum ich diese Organisationen allesamt ganz schön anstrengend finde. Man läuft ihnen hinterher und muss ewig nachhaken.
So, das mache ich dann jetzt mal.
@Thorja: Cool, ich entsinne mich nicht mehr exakt, aber das war eine tolle Veranstaltung.
Petition läuft noch bis 20.5., also bitte verbreitet sie noch weiter.
Danke!
Die Sache mit den gemeinsamen SW-Aktionen: Ja, das stimmt. Ich habe auch alle mir bekannten Organisationen angeschrieben und werde in den nächsten Tagen mit Sicherheit nochmal Zeit damit verbringen, "Klinken" zu putzen um die Logos einzuwerben. Aber es ist schwierig, ermüdend.
Ich mache Solo-Aktivismus, der nicht darauf besteht allein bleiben zu müssen, aber ich übernehme einfach gern die Verantwortung für den Sch..., den ich erzähle- ;-)
Außerdem sehe ich in den Organisationen doch immer wieder einen gewissen Opportunismus am Werke, für mich hat dann der Energieaufwand zwischen inhaltlicher Arbeit und Abgrenzung nicht mehr gestimmt. Die Erfahrung jetzt mit der Kampagne zeigt mir wieder, warum ich diese Organisationen allesamt ganz schön anstrengend finde. Man läuft ihnen hinterher und muss ewig nachhaken.
So, das mache ich dann jetzt mal.
@Thorja: Cool, ich entsinne mich nicht mehr exakt, aber das war eine tolle Veranstaltung.
Petition läuft noch bis 20.5., also bitte verbreitet sie noch weiter.
Danke!
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Sexkaufverbot und Mainstream - Feminismus
Unter
gibt ist Ruby Rebelde live zu sehen und zu hören.
Edit by Zwerg: Videolink korrigiert - Die Einblendung funktioniert nur, wenn man die URL direkt von YouTube nimmt - also keine Kurzadressen. Wer eine verkürzte Adresse zu einem Video hat: Diesen Link direkt aufrufen - und dann, wenn man bei YouTube ist, also das Video sehen kann, oben in der Adresszeile des Browsers die ganze (lange) URL (Linkadresse die oben steht) kopieren und hier einfügen. Es muss auf alle Fälle in der Adresse das /watch?/ vorhanden sein. Erst dann reagiert unsere Forensoftware EDITENDE
gibt ist Ruby Rebelde live zu sehen und zu hören.
Edit by Zwerg: Videolink korrigiert - Die Einblendung funktioniert nur, wenn man die URL direkt von YouTube nimmt - also keine Kurzadressen. Wer eine verkürzte Adresse zu einem Video hat: Diesen Link direkt aufrufen - und dann, wenn man bei YouTube ist, also das Video sehen kann, oben in der Adresszeile des Browsers die ganze (lange) URL (Linkadresse die oben steht) kopieren und hier einfügen. Es muss auf alle Fälle in der Adresse das /watch?/ vorhanden sein. Erst dann reagiert unsere Forensoftware EDITENDE
Wo Schatten ist, muß auch Licht sein.