HISTORISCHES
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Mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten vom 18. Februar 1927 (WEimarer Republik) wurde durch entsprechende Änderungen in § 361 des damaligen Strafgesetzbuches wurde Sexarbeit grundsätzlich (s. die gesetzlichen Einschränkungen in § 361 Nr. 6 und Nr.6a n.F.) legalisiert.
Hier der Wortlaut des von Reichspräsidenten v. Hindenburg unterzeichneten Gesetzes:
http://www.zaoerv.de/01_1929/1_1929_2_b_536_2_541.pdf
Kasharius grüßt und freut sich auf die Diskussion
Hier der Wortlaut des von Reichspräsidenten v. Hindenburg unterzeichneten Gesetzes:
http://www.zaoerv.de/01_1929/1_1929_2_b_536_2_541.pdf
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- Goldstück
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@Friederike
welchen "Nachfolger meinst Du?
Den
http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav ... 3169728462
oder den
https://www.gesetze-im-internet.de/bund ... gesamt.pdf
oder war da etwa noch was anderes...
Noch zum Gesetz von 1927: Nach der dortigen Regelung in § 361 Nr. 6 n.F. konnten Behörden zumindest problemlos gegen Strassenprostitution einschreiten und Bordelle galten strafrechtlich als Orte der Kuppelei.
In den Debatten zu dem Gesetz, wurde trotz der guten gesetzgeberischen Absicht, Sexarbeit fraktionsübergreifend negativ bewertet.
Kasharius grüßt und freut sich auf weitere Beiträge
welchen "Nachfolger meinst Du?
Den
http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav ... 3169728462
oder den
https://www.gesetze-im-internet.de/bund ... gesamt.pdf
oder war da etwa noch was anderes...

Noch zum Gesetz von 1927: Nach der dortigen Regelung in § 361 Nr. 6 n.F. konnten Behörden zumindest problemlos gegen Strassenprostitution einschreiten und Bordelle galten strafrechtlich als Orte der Kuppelei.
In den Debatten zu dem Gesetz, wurde trotz der guten gesetzgeberischen Absicht, Sexarbeit fraktionsübergreifend negativ bewertet.
Kasharius grüßt und freut sich auf weitere Beiträge
Zuletzt geändert von Kasharius am 07.09.2016, 11:07, insgesamt 1-mal geändert.
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1927 .... und was folgte daraus an 'Gesetzes-Handhabung' ?
Zwangsuntersuchung,
Zwangsentmündigung,
Zwangssterilisation,
Kindeswegnahme,
Zwangsarbeit,
Asoziales Pack,
Unwertes Leben,
... KZ ....
Und viele der alten negativen Zuschreibungen flossen meinungsbildend zementiert ins ProstSchG ein.
... man möge es nachlesen ...
Zwangsuntersuchung,
Zwangsentmündigung,
Zwangssterilisation,
Kindeswegnahme,
Zwangsarbeit,
Asoziales Pack,
Unwertes Leben,
... KZ ....
Und viele der alten negativen Zuschreibungen flossen meinungsbildend zementiert ins ProstSchG ein.
... man möge es nachlesen ...
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@Lucille
ja lesen wir es nach:
z.B. im Protokoll der Reichstagssitzung vom 13. Juni 1923
http://www.reichstagsprotokolle.de/Blat ... 00337.html
oder dem Protokoll der Reichstagssitzung vom 16. Juni 1923
http://www.reichstagsprotokolle.de/Blat ... 00441.html
oder, drei Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes das Protokoll vom 18. Juni 1930
http://www.reichstagsprotokolle.de/Blat ... 00356.html
. Es geht in den Protokollen nicht nur, aber auch um den Umgang mit Prostitution, und vergleich mit den aktuellen Plenardebatten zum Prostituiertenschutzgesetz lohnt alle mal. Ich wünsche viel Spass beim Stöbern.
Kasharius grüßt
ja lesen wir es nach:
z.B. im Protokoll der Reichstagssitzung vom 13. Juni 1923
http://www.reichstagsprotokolle.de/Blat ... 00337.html
oder dem Protokoll der Reichstagssitzung vom 16. Juni 1923
http://www.reichstagsprotokolle.de/Blat ... 00441.html
oder, drei Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes das Protokoll vom 18. Juni 1930
http://www.reichstagsprotokolle.de/Blat ... 00356.html
. Es geht in den Protokollen nicht nur, aber auch um den Umgang mit Prostitution, und vergleich mit den aktuellen Plenardebatten zum Prostituiertenschutzgesetz lohnt alle mal. Ich wünsche viel Spass beim Stöbern.
Kasharius grüßt
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RE: HISTORISCHES
Zum 1927er Gesetz hat der Autor Sauerteig ausführlich recherchiert und lesenswert geschrieben:
Lutz Sauerteig:
Krankheit, Sexualität und Gesellschaft -
Geschlechtskrankheiten und Gesundheitspolitik in Deutschland im 19. und frühen 20. Jahrhundert;
in: Medizin, Gesellschaft und Geschichte, Jahrbuch des Intituts für Gechichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung,
Hrsgeber: Robert Jütte,
Beiheft 12,
Stuttgart 1999,
inbesondere S. 380 bis 420:
Von der sittenpoilzeilichen zur medizinischen Überwachung der Prostitution
Vieles, was ab Ende 19. Jhdt. bis 1927 diskutiert wurde und liberalisiert werden sollte, was dann doch verworfen und verwässert wurde, um vom Faschismus entweder pervertiert oder wieder abgeschaftt zu werden, was danach nichtsdestotrotz im Nachkriegsdeutschland weiter zur mit Ehrungen überhäften Haltung in den Ämtern gehörte (Asoziale SW, bzw. Haltlose Frauen etc., siehe Käthe Petersen, z.B. https://books.google.gr/books?id=k2XiM8 ... in&f=false oder https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%A4the_Petersen, Trägerin des Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik (1973), Wichern-Plakette des Diakonisches Werkes (1966) usw.), finden wir auch in der Diskussion um das ProstSchG wieder.
Da ich mir nicht sicher bin, ob ich das Dok. hier einstellen darf oder ich damit gegen Urheberrecht verstoßen würde, lasse ich dass. Gegen die private Weitergabe wird aber wohl kein Kraut gewachsen sein.
Lutz Sauerteig:
Krankheit, Sexualität und Gesellschaft -
Geschlechtskrankheiten und Gesundheitspolitik in Deutschland im 19. und frühen 20. Jahrhundert;
in: Medizin, Gesellschaft und Geschichte, Jahrbuch des Intituts für Gechichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung,
Hrsgeber: Robert Jütte,
Beiheft 12,
Stuttgart 1999,
inbesondere S. 380 bis 420:
Von der sittenpoilzeilichen zur medizinischen Überwachung der Prostitution
Vieles, was ab Ende 19. Jhdt. bis 1927 diskutiert wurde und liberalisiert werden sollte, was dann doch verworfen und verwässert wurde, um vom Faschismus entweder pervertiert oder wieder abgeschaftt zu werden, was danach nichtsdestotrotz im Nachkriegsdeutschland weiter zur mit Ehrungen überhäften Haltung in den Ämtern gehörte (Asoziale SW, bzw. Haltlose Frauen etc., siehe Käthe Petersen, z.B. https://books.google.gr/books?id=k2XiM8 ... in&f=false oder https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%A4the_Petersen, Trägerin des Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik (1973), Wichern-Plakette des Diakonisches Werkes (1966) usw.), finden wir auch in der Diskussion um das ProstSchG wieder.
Da ich mir nicht sicher bin, ob ich das Dok. hier einstellen darf oder ich damit gegen Urheberrecht verstoßen würde, lasse ich dass. Gegen die private Weitergabe wird aber wohl kein Kraut gewachsen sein.
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@Klaus
gerade Dich als Ex-Marxisten wird interessieren, daß es z.B. auch zu Beginn der Weimarer Republik gesetzgeberische Bestrebungen gab, sämtliche Regulierungen der Prostitution aufzuheben und dies in der neuen Weimarer Reichsverfassung zu verankern. Besonders befürwortet wurde dies von der linksliberalen DDP und der USPD, einer radikaleren Abspaltung von den Sozialdemokraten. Die Mehrheit der in der Nationalversammlung vertretenen FRaktionen begrüßte die Stoßrichtung, lehnte eine Verfassungsergänzung aber ab. Auch hier der Wortlaut der Debatte vom 15. Juli 1919, die auch viele Parallelen zu heutigen DEbatten und Bewertungen der Sexarbeit enthält:
http://www.reichstagsprotokolle.de/Blat ... 00123.html
Kasharius grüßt Dich

gerade Dich als Ex-Marxisten wird interessieren, daß es z.B. auch zu Beginn der Weimarer Republik gesetzgeberische Bestrebungen gab, sämtliche Regulierungen der Prostitution aufzuheben und dies in der neuen Weimarer Reichsverfassung zu verankern. Besonders befürwortet wurde dies von der linksliberalen DDP und der USPD, einer radikaleren Abspaltung von den Sozialdemokraten. Die Mehrheit der in der Nationalversammlung vertretenen FRaktionen begrüßte die Stoßrichtung, lehnte eine Verfassungsergänzung aber ab. Auch hier der Wortlaut der Debatte vom 15. Juli 1919, die auch viele Parallelen zu heutigen DEbatten und Bewertungen der Sexarbeit enthält:
http://www.reichstagsprotokolle.de/Blat ... 00123.html
Kasharius grüßt Dich


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RE: HISTORISCHES
Ex
@ kasharius
Sehr interessante Debatte.
Vielen Dank dafür von mir als, ich bekenne, nach wie vor vom Marxismus stark geprägten Menschen, der wohl Ex-Maoist und ewiger Skeptiker des Demokratischen Zentralismus jedoch zugleich überzeugt ist:
»Kein Denker des vorletzten Jahrhunderts ist so schandbar behandelt worden wie der exilierte Jude Karl Marx. Und kein vergleichbar ingeniöses Werk ist so verschandelt, missbraucht und absichtlich verfälscht worden wie das seinige. ... Die Kernthesen seiner Kapitalanlysen aber, logisch und sprachlich brilliant vorgetragen, treffen bis heute zu, weil der Kapitalismus trotz seiner Umbrüche seine Grundstruktur nicht verändert hat. ... Wer die Moderne begreifen will und trotzdem auf ein Werk wie das Kapital pfeift, kann auch Bacons Novum Organum, Kants Kritik der reinem Vernunft, Hegels Logik oder Rousseaus Contract sociale ignorieren. ... Karl Marx der "tote Hund" beißt noch ...« (Volkmar Sigusch, Kritische Sexualtheorie, #12 Begriff der Gesellschaft und Sexualtheorie, 2. Auflage, Frankfurt a.M. 2015, S. 65 ff, Hvorhbg. im Original).
Ich benutze in Anlehnung an Marx z.B. den Begriff Verwertungsverhältnisse des Kapitals in ihrer neoliberalen Entfaltung und meine, das die Gleichstellung der Geschlechter unhintergehbar ist, jedoch ohne die Kritik an der Gesellschaftsformation der neoliberal entfalteten Verwertungsverhältnisse des Kapitals, die Gleichstellung der Geschlechter als Utopie zu kurz greift, da sie die Gleich_ENT_rechtigung, die mit Ausbeutung einhergeht - die die blosse Gleichstellung der Geschlechter nicht überwindet - affirmativ aus dem Blick schafft.
»Gleichstellung der Frauen heißt in einer solchen Gesellschaft Gleichstellung mit dem geschlechtsunabhängigem Unrecht.«
(Volkmar Sigusch, Kritische Sexualtheorie, #22 Aporie des Mann-Frau-Verhältnisses, 2. Auflage, Frankfurt a.M. 2015, S. 116)
In diesem Sinne bin ich mehr Marxist als Feminist, auch wenn Marx als das erste und unmittelbare Verhältnis aller Menschen zueinander das des Mannes zur Frau nennt, ohne zu reflektieren, dass er in dieser Formulierung die Spaltung in Subjekt (Mann) und Objekt (Frau) durchaus (wenn auch nicht gramatikalisch) fortführt und der Erkenntnisfortschritt in der Patriarchatsforschung, dem Feminismus sei Dank, sich erst lange nach Marx ereignete.
@ kasharius
Sehr interessante Debatte.
Vielen Dank dafür von mir als, ich bekenne, nach wie vor vom Marxismus stark geprägten Menschen, der wohl Ex-Maoist und ewiger Skeptiker des Demokratischen Zentralismus jedoch zugleich überzeugt ist:
»Kein Denker des vorletzten Jahrhunderts ist so schandbar behandelt worden wie der exilierte Jude Karl Marx. Und kein vergleichbar ingeniöses Werk ist so verschandelt, missbraucht und absichtlich verfälscht worden wie das seinige. ... Die Kernthesen seiner Kapitalanlysen aber, logisch und sprachlich brilliant vorgetragen, treffen bis heute zu, weil der Kapitalismus trotz seiner Umbrüche seine Grundstruktur nicht verändert hat. ... Wer die Moderne begreifen will und trotzdem auf ein Werk wie das Kapital pfeift, kann auch Bacons Novum Organum, Kants Kritik der reinem Vernunft, Hegels Logik oder Rousseaus Contract sociale ignorieren. ... Karl Marx der "tote Hund" beißt noch ...« (Volkmar Sigusch, Kritische Sexualtheorie, #12 Begriff der Gesellschaft und Sexualtheorie, 2. Auflage, Frankfurt a.M. 2015, S. 65 ff, Hvorhbg. im Original).
Ich benutze in Anlehnung an Marx z.B. den Begriff Verwertungsverhältnisse des Kapitals in ihrer neoliberalen Entfaltung und meine, das die Gleichstellung der Geschlechter unhintergehbar ist, jedoch ohne die Kritik an der Gesellschaftsformation der neoliberal entfalteten Verwertungsverhältnisse des Kapitals, die Gleichstellung der Geschlechter als Utopie zu kurz greift, da sie die Gleich_ENT_rechtigung, die mit Ausbeutung einhergeht - die die blosse Gleichstellung der Geschlechter nicht überwindet - affirmativ aus dem Blick schafft.
»Gleichstellung der Frauen heißt in einer solchen Gesellschaft Gleichstellung mit dem geschlechtsunabhängigem Unrecht.«
(Volkmar Sigusch, Kritische Sexualtheorie, #22 Aporie des Mann-Frau-Verhältnisses, 2. Auflage, Frankfurt a.M. 2015, S. 116)
In diesem Sinne bin ich mehr Marxist als Feminist, auch wenn Marx als das erste und unmittelbare Verhältnis aller Menschen zueinander das des Mannes zur Frau nennt, ohne zu reflektieren, dass er in dieser Formulierung die Spaltung in Subjekt (Mann) und Objekt (Frau) durchaus (wenn auch nicht gramatikalisch) fortführt und der Erkenntnisfortschritt in der Patriarchatsforschung, dem Feminismus sei Dank, sich erst lange nach Marx ereignete.
Zuletzt geändert von Klaus Fricke am 12.09.2016, 09:37, insgesamt 3-mal geändert.
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indokrinationsunverdächtige herzliche Grüße zurück
Lara und Klaus
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