Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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annainga
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von annainga »

sorry @petra - da habe ich dich wirklich falsch verstanden, ich dachte, du hättest dich von deinem mann getrennt, weil er sexdienstleistungen in anspruch nahm.

wieso sagst du, dieser mann hat die lösung nicht gefunden, weil er dort suchte, wo er sie nicht finden konnte?

ich finde es unfair, dass du die dinge in deinem sinn umdeutest. wie kommst du darauf, dass er keine lösung fand? er fand die trennung und seinen neubeginn eine gute lösung und hat trotz seines alters eine mutige entscheidung gefasst mit der er zufrieden ist.

und wie kommst du da drauf, er hätte nicht mit seiner frau gesprochen? auch das hat er getan. sie wollte die ehe so weiterführen, sie sah die probleme anders, nicht so gravierend, er fühlte sich nicht ernst genommen.

das problem war unter anderem nicht nur der fehlende sex, sondern auch fehlende zärtlichkeiten, und er wollte darauf nicht verzichten.

natürlich fehlt mir die sicht der ehefrau.

das phänomen sexarbeit erkläre ich mir viel bodenständiger als du. männer wollen mehr sex als frauen. ich weiß, aus feministischer sicht falsch, aber ich finds naheliegend, in ordnung und einfach als erklärung.

lieben gruß, annainga

Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe Aoife,

irgendwie habe ich das Gefühl, wir reden aneinander vorbei...
ich sag's mal so, wie ich es empfinde: Ich habe das Gefühl, du glaubst, ich versuchte meinen Gefühlen rationales Gewicht zu verleihen, um an ihnen weiterhin festhalten zu können.
Und ich empfinde deine Beiträge so, als rationalisiertest du Gefühle, um sie nicht fühlen zu müssen. Spannend, oder?

Lieber Rainman,

du schreibst: "Aber das ist es ja gerade, was Menschen gemeinhin nicht können: hochpersönliche Probleme direkt unter den Betroffenen regeln. Von diesem Phänomen lebt die halbe Psychologie und Psychiatrie."
Das liegt meiner Meinung nach an dem, was wir hier die ganze Zeit diskutieren, was ich aber offenbar nicht klar rübergebracht kriege. Wenn Menschen wieder lernen würden, mit ihren Gefühlen in Kontakt zu kommen und ihnen bis an die Wurzel zu folgen, könnten sie diese im Gespräch äußern, ohne in Vorwürfe oder anklagendes Verhalten zu verfallen. Wenn sie ihre eigenen Gefühle verstehen und respektieren könnten, könnten sie das auch mit den Gefühlen der anderen.

Lieben Gruß
Petra

Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe annainga,

da habe ich dich wohl missverstanden - ich nahm an, er suchte die Lösung nur bei dir und nicht mit seiner Frau (sorry - so ist das manchmal mit den unausgesprochenen Annahmen). Vor diesem Hintergrund erscheinen meine Ausführungen natürlich in einem ganz falschen Licht.
Du hast sicher Recht, dass er auf diese Weise die bestmögliche Lösung fand, zu der du beitragen konntest.
Vielleicht bin ich automatisch davon ausgegangen, dass alle "Ehefrauen" ein Interesse daran haben, ihre Beziehungsprobleme zu lösen - natürlich gibt es genug Gegenbeispiele.

LG
Petra

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Ariane
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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Ariane »

          Bild
Amazonas hat geschrieben: Ich vermute die Wurzeln in der Trennung von Sex und Gefühl/Herz. Diese Trennung konnte nur dadurch zustandekommen, dass zuvor Kopf/Verstand und Gefühl/Herz getrennt wurden, woraufhin als Nächstes der Sex dem Kopf zugeordnet wurde. Trennung perfekt! Wenn ich davon überzeugt bin, dass man Kopf und Herz trennen kann, glaube ich auch, dass man Sex und Herz trennen kann (s.o.). Und genau davon bin ich nicht überzeugt.
Die Trennung von Geist und Körper, Sex und Herz sind m.E. regulative Ideen. Es gibt sehr schöne ideengeschichtliche Studien zum Geschlechterdualismus und der Zuschreibungen des Weiblichen und Männlichen. Aber da ich hier in keiner Vorlesung bin und keine intellektuelle Wochenschau betreiben möchte, werde ich mich nicht weiter dazu äussern, sondern empfehle Eigen-Lektüre.
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Aoife
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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Aoife »

          Bild
Amazonas hat geschrieben:Ich habe das Gefühl, du glaubst, ich versuchte meinen Gefühlen rationales Gewicht zu verleihen, um an ihnen weiterhin festhalten zu können.
Nun, ich denke deine Argumentation mit einer jahrhunderte- bis jahrtausendalte Entwicklung, sowie die Blockade dich darauf einzulassen dass das im Zeitraum von 10 bis 15 tausend Jahren das ganz anders aussieht, halte ich schon für eine Rationalisierung. Ob sie den Zweck hat "daran festhalten zu können" kann ich nicht beurteilen.

Und ich rationalisiere nicht Gefühle, sondern gehe mit deinen Rationalisierungen auf rationaler Ebene um. Möglicherweise sind sie ja von dort aus zu relativieren.

Ich denke unser Kommunikationsproblem ("wir reden aneinander vorbei") ist durch das Medium "Forum" verursacht - wenn ich wirklich deinen Gefühlen begenen könnte, wie du die ganze Wut über deine Demütigung und dein Zurückgesetztfühlen herausläßt, würde ich niemals rational daran gehen. Hier sehe ich jedoch nur die durch die sprachliche Ausdrucksform schon im rationalen Rahmen abgebildeten Gefühle.

Liebe Grüße, Aoife
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annainga
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Beitrag von annainga »

@petra, ich habe mir nochmal den thread durchgelesen, denn ich finde diese diskussion sehr spannend. dabei fiel mir auch auf, dass meine falsche annahme, dein mann und du wäret getrennt aufgrund einer sexdienstleistung an dem buchtitel lag.

der titel deines buches gefällt mir nicht - "hölle" ist so reißerisch und christlich, aber springt natürlich mit dem passenden bild auf dem buchdeckel sofort ins auge.

etwas, was mich immer wieder ärgert - diese frauennacktbilder, als wären sie das einzige ausdrucksmittel. selbst wenn es um die sondersteuer für sexarbeiterinnen in einem artikel geht - es muss auf jeden fall nackte frauenhaut gezeigt werden.

kannst du dir konstellationen vorstellen, in denen du sexarbeit ok findest?

lieben gruß, annainga

Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe Aoife,

was du mir hiermit ("Nun, ich denke deine Argumentation mit einer jahrhunderte- bis jahrtausendalte Entwicklung, sowie die Blockade dich darauf einzulassen dass das im Zeitraum von 10 bis 15 tausend Jahren das ganz anders aussieht, halte ich schon für eine Rationalisierung.") sagen willst, verstehe ich nicht :dontknow
Diese Aussage ("wenn ich wirklich deinen Gefühlen begegnen könnte, wie du die ganze Wut über deine Demütigung und dein Zurückgesetztfühlen herausläßt") macht mich nachdenklich. Warum sollte ich diese Gefühle dir gegenüber ausdrücken wollen? Du hast doch nichts damit zu tun! Abgesehen davon, dass ich sie lang und breit und in die Tiefe gehend durchlebt und in Frieden verabschiedet habe. Übrig geblieben ist von der explosiven Sprengkraft meiner Gefühle das aufrichtige Interesse daran, die Zusammenhänge zu verstehen und die verschiedenen Sichtweisen. Trotzdem teilt sich dir etwas mit und ich wüsste gern, was das ist. Entweder spürst du die letzten Ausläufer meiner (zugegebenermaßen ursprünglich recht extremen) Gefühle oder du gehst wie selbstverständlich davon aus, dass betrogene Ehefrauen so fühlen müssen. Vielleicht fällt dir ja noch ein anderer Grund dafür ein.

LG
Petra

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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe annainga,

ich stimme dir zu, dass der Titel des Buches etwas reißerisch klingt und u.U. ganz andere Assoziationen weckt als die, die im Buch dann tatsächlich hergestellt werden.
Das waren (auch, aber natürlich nicht nur) marketingtechnische Überlegungen - wozu ebenfalls das Bild gehört - obwohl ich sagen muss, dass mir die Gestaltung des Buchcovers richtig gut gefällt :lol1

Nun zu deiner Frage: Natürlich kann ich mir Konstellationen vorstellen, in denen ich Sexarbeit okay finde. Ich habe überhaupt nichts dagegen.

Ich glaube, wir nähern uns langsam dem Kern des ganzen Themas. Ich versuche den mal so in Worte zu fassen, wie ich ihn verstehe, ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
Linda Schweitzer hat es schon angesprochen - es existieren 2 Lager. In dem einen steht ihr, die Sexarbeiterinnen, und in dem anderen wir, die "normalen" Frauen. Mich interessieren die Gründe, die dazu geführt haben, dass Frauen sich entzweien, sich in 2 Gruppen aufteilen und dann aus dem Bewusstsein heraus, in unterschiedlichen "Lagern" zu stehen, handeln.

Ich glaube, dass da sehr viel Unausgesprochenes, Überliefertes, selbst Erlebtes und/oder aus der "Ahnenreihe" Übernommenes eine Rolle spielt. Ich glaube auch, dass es sich hierbei um ein kollektives Frauengefühl oder -bewusstsein (vielleicht sogar besser -unbewusstsein) handelt.

Wir sind doch alle Frauen. Warum gibt es da ein Bedürfnis nach Konkurrenz oder Wettbewerb?

Ich glaube u.a. deshalb, weil die ehrliche Kommunikation abgebrochen ist.

LG
Petra

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Aoife
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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Aoife »

          Bild
Amazonas hat geschrieben:Warum sollte ich diese Gefühle dir gegenüber ausdrücken wollen?
Ich wollte nicht unterstellen, dass du das sollst. Sondern nur darauf hinweisen, dass du es nicht tust (in einem Forum auch nicht tun kannst) und somit mein intellektueller Zugang keineswegs deine Gefühle selbst betrifft. Und diese sind nun eimal hier in rationale Schriftform gegossen, also bereits per se rationalisiert, weshalb ich einen gemeinsamen rationalen Boden sehe, mit dir zu darüber zu reden. Mit direkten, ursprünglichen Gefühlen dagegen würde ich anders umgehen.
Amazonas hat geschrieben:Trotzdem teilt sich dir etwas mit und ich wüsste gern, was das ist. Entweder spürst du die letzten Ausläufer meiner (zugegebenermaßen ursprünglich recht extremen) Gefühle oder du gehst wie selbstverständlich davon aus, dass betrogene Ehefrauen so fühlen müssen. Vielleicht fällt dir ja noch ein anderer Grund dafür ein.
Nun ja, du hast in deinem ersten posting geschrieben:

          Bild
Amazonas hat geschrieben:Alles was wir erleben, ist Gefühl - dem einen ist es bewusster, als dem anderen, doch wir alle sind gefühlvolle Wesen - das ist es, was unser Dasein ausmacht.
So sehe ich das auch. Deshalb gehe ich davon aus, dass hinter allen unseren Handlungen ein Gefühl steckt. Auch wenn sie rational sind (scheinen?). Somit auch hinter deinem deutlichen und starken Bedürfnis, Klarheit in die Sache zu bringen. Und bei der Energie die du da investierst muss es ein starkes Gefühl sein. Welcher Art es ist entzieht sich meiner Kenntnis und geht mich auch nichts an. Jedenfalls unterstelle ich weder allen betrogenen Ehefrauen die gleichen Gefühle zu entwickeln, noch stecke ich dich persönlich in eine solche Schublade.

Liebe Grüße, Aoife
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe Aoife,

schöpferische Veränderungen entstehen auf dem Boden leidenschaftlichen Einsatzes. Vielleicht ist es das, was mich antreibt. :049

Trotzdem Danke, dass du dich an diesem Austausch beteiligst.

LG
Petra

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Aoife
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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Aoife »

          Bild
Amazonas hat geschrieben:schöpferische Veränderungen entstehen auf dem Boden leidenschaftlichen Einsatzes.
Schau, Petra, das ist was ich mit Rationalisierungen meine. Leidenschaftlicher Einsatz ist doch super, warum ihn mit schöpferischen Veränderungen begründen? Wir tun sowieso was unsere Gefühle verlangen, und überlegen uns hinterher (oder währenddessen) rationale Gründe für unser Verhalten.

Mir geht es mehr um die gefühlsmässige Triebkraft hinter dem Ganzen als um die ausgedachten Begründungen.

Liebe Grüße, Aoife
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Zitat Aoife: "Mir geht es mehr um die gefühlsmässige Triebkraft hinter dem Ganzen als um die ausgedachten Begründungen. "

Da sind wir uns doch sowas von einig :007
Da sieht man mal, wie begrenzend Worte sein können. Statt des Versuchs, die Unterschiede zwischen unseren Erklärungen zu suchen, hätten wir uns leichter auf die Gemeinsamkeiten konzentrieren können.
Allerdings möchte ich ein kleines Missverständnis aufklären: Mir geht es nicht darum, krampfhaft rationale Gründe zu suchen, sondern vielmehr übe ich mich darin, offenen Geistes auf Antworten zu warten. Das ist für mich ein kleiner, aber feiner Unterschied.

LG
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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Aoife »

          Bild
Amazonas hat geschrieben:Mir geht es nicht darum, krampfhaft rationale Gründe zu suchen, ...
Nicht krampfhaft, das wollte ich garnicht unterstellen. Die sprachliche Kommunikation erfordert jedoch, dass wir unseren Gefühlen/Motiven/Absichten eine rationale Ausdrucksform geben.

Schriftlich noch mehr als mündlich, da die anderen Kanäle wie Körpersprache, Intonation usw. komplett ausfallen.

Liebe Grüße, Aoife
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annainga
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von annainga »

liebe petra, wir denken in unterschiedlicher art. du unterteilst menschen in verschiedene gruppen, in frauen und männer, in "normale" frauen und sexarbeiterinnen. du forderst sogar eine solidarität unter frauen. mir kommt es nicht darauf an, welches geschlecht ein mensch hat, um mit ihm solidarisch zu sein. es gibt viele tolle frauen und viele tolle männer, auch viele schreckliche frauen und männer, es reicht nicht, frau zu sein, um meine solidarität zu erhalten.

ich sehe die gesellschaft auch nicht als verschiedene abgeschlossene gruppen, die verschiedene interessen und mächte haben und darum konkurrieren.

für mich sind wir alle ein teil dieser gesellschaft, die so funktioniert, weil wir alle unseren beitrag leisten. du bist in der dienstleistung marketing tätig, meine freundin ist krankenschwester, ich bin sexarbeiterin, vor einigen jahren war das anders, ich war in einer "normalen" dienstleistung tätig, meine freundin war sexarbeiterin und was ist in einigen jahren? dann bist vielleicht du in der sexarbeit tätig und ich schreibe ein buch.

wir sind alle in verschiedenen bereichen tätig, die wechseln und bedingen einander. ohne sexarbeit hättest du nicht dein buch schreiben können, d.h. einen teil deiner lebenskosten trägt sich aus dem umstand, dass du teil der sexarbeitsindustrie bist, denn diese setzt sich aus vielen bereichen zusammen (zeitungen, sexspielzeug, literatur...). udu nutzt den umstand "sex sells", du nutzst die macht der erotischen bilder, um deinen finanziellen vorteil zu bekommen.

einige fragen hast du nicht beantwortet. @Aoife fragte dannach, ob du nur kunden bedienst, die ethisch in deinen augen einwandfrei handeln. du sagtest ja. dann bist du privilegiert. denke mal an eine friseurin, die ihrem nachbarn die haare schneidet, obwohl sie weiß, dass er seiner tochter gestern eine ohrfeige gab. klar wird sie ihn bedienen und das ist völlig korrekt. oder ich soll eine sexdienstleistung erbringen, obwohl ich weiß, dass der kunde verheiratet ist und seine frau es nicht weiß. oder die konditorin, soll sie sich weigern, das 2. stück kirschtorte mit sahne zu servieren, weil die kundin adipositas hat?

ich denke nicht, dass wir keine soziale verantwortung übernehmen sollen, aber ich sehe die aktive handlung nicht an dem eigenen arbeitsplatz.

die friseurin könnte versuchen übers jugendamt etwas zu erreichen, du könntest die umsätze aus deinem buch einem ausstiegsprogramm für sexarbeiterinnen geben, ich könnte sexberatung für unglückliche paare anbieten.

was jeder einzelne umsetzt, um die gesellschaft so zu verändern, dass sie in seinen augen besser werden könnte, muss in meinen augen im verantwortungsbereich jedes einzelnen selbst liegen. wieweit man sich dann einbringt in der speziellen situation ist unterschiedlich. denn in der speziellen situation, kann man wenig verändern.

ich glaube nicht, dass ein kunde sein verhalten ändert, wenn er sich bereits entschieden hat, eine sexarbeiterin zu besuchen und sie ihm dann untreue als gesprächsthema aufzwingt. wenn sie es denn überhaupt weiß. ich müsste einen fragebogen ausfüllen lassen, um herauszufinden, ob der kunde meinen ethischen anforderungen genügt. und dann sind das immer noch meine ethischen anforderungen und nicht seine, nein, nein, da verstrickt man sich in bescheuerte situationen.

und die andere unbeantwortete frage: wann ist sexarbeit für dich ok?

insgesamt find ichs interessant, die sexarbeiterin mal nicht als opfer, sondern die sexarbeiterin als täter.

lieben gruß, annainga

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Jupiter
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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Jupiter »

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annainga hat geschrieben:liebe petra, wir denken in unterschiedlicher art. du unterteilst menschen in verschiedene gruppen, in frauen und männer, in "normale" frauen und sexarbeiterinnen. du forderst sogar eine solidarität unter frauen. mir kommt es nicht darauf an, welches geschlecht ein mensch hat, um mit ihm solidarisch zu sein. es gibt viele tolle frauen und viele tolle männer, auch viele schreckliche frauen und männer, es reicht nicht, frau zu sein, um meine solidarität zu erhalten.

ich sehe die gesellschaft auch nicht als verschiedene abgeschlossene gruppen, die verschiedene interessen und mächte haben und darum konkurrieren.

für mich sind wir alle ein teil dieser gesellschaft, die so funktioniert, weil wir alle unseren beitrag leisten.
.....................



was jeder einzelne umsetzt, um die gesellschaft so zu verändern, dass sie in seinen augen besser werden könnte, muss in meinen augen im verantwortungsbereich jedes einzelnen selbst liegen. wieweit man sich dann einbringt in der speziellen situation ist unterschiedlich. denn in der speziellen situation, kann man wenig verändern.
Super Annainga, dies generell und jetzt unabhängig von diesem Thema
Gruß jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe Aoife,

Danke für deinen letzten Beitrag, stimme dir voll und ganz zu.

Liebe Annainga,

du schriebst: "es reicht nicht, frau zu sein, um meine solidarität zu erhalten."

Hast du das Gefühl, ich hätte um weibliche Solidarität gebeten? Mag sein, dass meine Worte unglücklich gewählt waren, doch ich wollte damit nicht zum Ausdruck bringen, dass ich Menschen in Schubladen schiebe und sie dann gegeneinander antreten lasse. Da ich nicht genau weiß, auf welche meiner Worte du dich dabei beziehst, kann ich auch nicht wirklich Stellung dazu nehmen.

Du schriebst: "einige fragen hast du nicht beantwortet. @Aoife fragte dannach, ob du nur kunden bedienst, die ethisch in deinen augen einwandfrei handeln. du sagtest ja. "

Meines Wissens habe ich diese Frage beantwortet.

Du schriebst weiterhin: "ich glaube nicht, dass ein kunde sein verhalten ändert, wenn er sich bereits entschieden hat, eine sexarbeiterin zu besuchen und sie ihm dann untreue als gesprächsthema aufzwingt. wenn sie es denn überhaupt weiß. ich müsste einen fragebogen ausfüllen lassen, um herauszufinden, ob der kunde meinen ethischen anforderungen genügt. und dann sind das immer noch meine ethischen anforderungen und nicht seine, nein, nein, da verstrickt man sich in bescheuerte situationen."

Ich habe dieses Vorgehen nicht gefordert, sondern lediglich eine andere Sichtweise zur Diskussion stellen wollen, aus der jeder die Schlüsse ziehen kann, die ihm angemessen erscheinen.

Du schriebst: "insgesamt find ichs interessant, die sexarbeiterin mal nicht als opfer, sondern die sexarbeiterin als täter."

Aus dieser Äußerung lese ich, dass du sehr wohl in Gruppen unterteilst.... letztlich bleibt uns ja auch gar nichts anderes übrig, denn die Unterteilung wurde ja schon lange vor unserer Zeit gemacht und wir leben heute nur mit ihren Auswirkungen - denen die wir selber fühlen und am eigenen Leib erfahren und denen, die uns sozusagen als gesellschaftlicher oder epochaler Stempelentwurf aufgedrückt wurden.

Du schriebst weiterhin: "und die andere unbeantwortete frage: wann ist sexarbeit für dich ok?"

Sexarbeit ist für mich immer dann okay, wenn sie Unehrlichkeit (Lügen, Betrug und alles was da dran bammelt) nicht unterstützt.

Liebe Grüße
Petra

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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Aoife »

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Amazonas hat geschrieben:Du schriebst: "insgesamt find ichs interessant, die sexarbeiterin mal nicht als opfer, sondern die sexarbeiterin als täter."

Aus dieser Äußerung lese ich, dass du sehr wohl in Gruppen unterteilst.... letztlich bleibt uns ja auch gar nichts anderes übrig, ...
Was speziell die Schubladen "Täter" und "Opfer" angeht, möchte ich aud diesen Beitrag (und die vorangehende Diskussion) verweisen:
viewtopic.php?p=89141#89141

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von alana »

Um mal auf den Titel dieses Threads zurück zu kommen...

Ich sehe mich nicht als Konkurrentin der Ehefrauen. Seit der Finanzkrise ist der Anteil der Ehemänner rapide gesunken (vielleicht weil die Vertreter und Handlungsreisende weniger Spesen bekommen, keine Ahnung). Keine Ahnung warum, ist aber komischerweise echt so. Somit tröste ich eigentlich hauptsächlich jene, die keine Frauen haben, keine Frauen bekommen oder einfach keine Zeit für Frauen haben (kein Witz, gibts jede Menge davon). Und die, die Frauen haben, die machen es eh nur des Abenteuers wegen. Da kann es keine Konkurrenz geben.

Ah, einen Kunde habe ich, da bin ich tatsächlich die Konkurrenz :-) Aber das ist wirklich nur die Ausnahme.

Ist doch eh alles nur Business.

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annainga
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von annainga »

nein @petra, damit hast du mich falsch verstanden. ich hätte ausführlicher schreiben können:

insgesamt finde ich es interessant, dass sexarbeiterinnen mal nicht als opfer, sondern als täter gesehen werden.

ich selbst sehe es nicht so, ich finde, dass das aus meinem vortext hervorging, dass ich diese einteilungen nicht machen will.

ich sehe mich als "normale" frau, die von beruf sexarbeiterin ist. kannst du dir vorstellen, dass es für mich schmerzhaft ist, dass du mich von "normalen" frauen ausgrenzen willst? zum glück lassen das meine freundinnen, nachbarn, soziales umfeld nicht zu. sie behandeln mich weiterhin als "normalen" menschen. würdest du mich zufällig kennenlernen, wir tränken einen kaffee zusammen, du wüsstest nicht, dass ich als sexarbeiterin arbeite, du hieltest mich für eine freundliche, ganz "normale" frau.

solidarität-fordern deinerseits empfinde ich in der tat so, allerdings habe ich es nicht konkret als forderung gelesen, sondern eher so empfunden beim lesen deiner beiträge und deines blogs.

("Die Vertreibung aus dem Paradies hat eingesetzt, ohne dass man die Möglichkeit hatte, sie abzuwenden, sich zu schützen oder wenigstens darüber mitzuentscheiden.", "Spiegelt sich in der Konkurrenzsituation zwischen Prostituierten und “normalen” Frauen nicht die innere Zerrissenheit, die in uns (Frauen) lebt? Müssen wir überhaupt miteinander in Konkurrenz treten? Und wenn ja, wer oder was zwingt uns dazu?")

weißt du, ich halte die forderung nach treue, nach monogamie für viele menschen als unpassend, der starke einfluß der kirche hat es in eine falsche bahn gelenkt, so dass mehrfach-lieben negativ beurteilt wird. aber ich stimme dir zu, wenn zwei partner es ausmachen, und sich einer nicht daran hält, das ist dann ziemlich gemein.

den anteil der kunden zu bestimmen, die sich so verhalten, ist unmöglich. zahlen und daten im bereich sexarbeit sind sehr oft verfälscht, denn du kannst nie befragungen mit repräsentativem durchschnitt machen, dazu werden kunden zu sehr stigmatisiert.

ich stimme @alana zu, es gibt unzählige kunden, die nicht gebunden sind. und es gibt kunden, die gebunden sind und in meinen augen akzeptable gründe haben (keine gesprächsbereitschaft, emotionale kälte, ablehnung .....). vielleicht gibt es auch kunden, die in einer glücklichen beziehung leben und gemein und boshaft ihre ehefrau betrügen. aber irgendwie passt das nicht. auch da muss in der ehe doch was fehlen .....

lieben gruß, annainga

ps deine definition von "ethisch einwandfreier sexarbeit" gefällt mir: Sexarbeit ist für mich immer dann okay, wenn sie Unehrlichkeit (Lügen, Betrug und alles was da dran bammelt) nicht unterstützt.

rainman
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Beitrag von rainman »

@annainga

Hallo annainga, Du hast geschrieben:
"... aber irgendwie passt das nicht. auch da muss in der ehe doch was fehlen".

Das glaube ich nicht, dass da unbedingt etwas fehlen muss: Auch Neugier z.B. gehört zum Leben.

Liebe Grüße , rainman