Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
LindaSchweitzer
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Beitrag von LindaSchweitzer »

45 Jahre sind ja eine tolle Leistung!

Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Lieber Christian,

ich bin deiner Meinung - ich mag auch keine Regeln. Wenn Treue eine Regel sein muss, ist m. E. die Beziehung im Eimer. Wenn ich meinen Partner liebe, besteht kein Bedürfnis nach Sex mit anderen Männern - ist bei mir so (ich gebe zu, in jungen Jahren war das anders, aber aus anderen Gründen als denen des Nervenkitzels).
Ein gebundener Mann, der gewohnheitsmäßig zu SW geht und das vor seiner Frau verheimlicht, betrügt sie mit Hinterlist und Vorsatz. Es mag viele Gründe dafür geben - die vorrangigsten sind wohl die, dass er die Konflikte in seiner Beziehung nicht lösen will, dass er Kick ohne Verpflichtung will, dass er ein Narziss ist und dass er den feigen, bequemen Weg der Flucht wählt, statt sich seiner Beziehung zu stellen. Ich würde eine klare Trennung dieser Art von Vertrauensbruch vorziehen.

Und hier

http://www.bordellix.de/kontakt.php?id=1439
http://www.eroticnews24.de/278-1-bordel ... rdelle.php
http://www.charmanter-seitensprung.de/index2.html

sind nur 3 Beispiele für die Verknüpfung von Sexarbeit und Seitensprungwerbung.

Das ist wie mit den Süßigkeiten an der Kasse des Supermarkts - sie sind so platziert, dass die Kinder sie nicht übersehen können und die Mütter beim Bezahlen so lange nerven, bis sie welche kaufen dürfen.

Liebe LindaSchweitzer,

das nenne ich eine klare Haltung mit Bestimmtheit und Niveau. Aus meiner Sicht ist dagegen überhaupt nichts einzuwenden, solange es klare Abmachungen gibt, an die jeder Partner sich halten oder aus der er aussteigen kann.
Eine Frau, die hinterrücks betrogen wird, hat diese Möglichkeit nicht, denn sie weiß ja nicht, dass sie eigentlich eine Entscheidung treffen müsste.

Lieben Gruß
Petra

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Aoife
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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Aoife »

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Amazonas hat geschrieben:Eine Frau, die hinterrücks betrogen wird, hat diese Möglichkeit nicht, denn sie weiß ja nicht, dass sie eigentlich eine Entscheidung treffen müsste.
Was die von dir erwähnten Alibi-Dienste angeht kann ich das nachvollziehen.

Aber wieso hat eine SW Einfluß auf die Offenheit oder Heimlichkeit des Verhaltens des Mannes?
"Hinterrücks betrogen" ist nichts was ich fördern möchte. Aber andererseits nehme ich mir auch das Recht heraus mich für ein solches Verhalten innerhalb einer fremden Partnerschaft als nicht zuständig zu erklären.

Petra, du hast gesagt, dass du in einem anderen Dienstleistungssektor tätig bist. Auch du bietest etwas an, was manche Menschen gerne wollen. Damit verdienst du dein Geld. Kannst du dir sicher sein, dass das immer ohne "hinterrücks betrügen" abgeht? Das das nicht manchmal auch Schmugeld ist, das eigentlich der ganzen Familie zur Verfügung stehen sollte?

Ich würde das nicht als deinen Verantwortungsbereich sehen. Wenn du Skrupel hast Geld zu nehmen, dann sind wir einfach verschieden. Das wäre ja auch o.k.. Wenn du das aber bei dir anders siehst als bei uns, dann wäre das IMHO mit zweierlei Maß gemessen.

Liebe Grüße, Aoife
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rainman
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Beitrag von rainman »

Hallo Petra,

wenn Du die Sache mit dem "hinterrücks betrügen" etwas differenzierter siehst, dann wirst Du zugeben müssen, dass nicht der Betrug, sondern die damit im Zusammenhang stehende Beleidigung die eigentliche Ursache für das Zerbrechen von Beziehungen ist. Es ist psychologisch schon interessant, dass Ehefrauen den Sexarbeiterinnen in der Regel weit größeres Misstrauen entgegen bringen als den sogenannten soliden Frauen, wo doch die Vernunft ihnen eigentlich sagen müsste, dass eine Sexarbeiterin wirklich die Allerletzte ist, die ihr gefährlich werden könnte. Aber das Abgleiten eines Ehemannes in die Arme einer fremden soliden Frau wird immer als ein singuläres Phänomen gedeutet, wohingegen die Sexarbeiterin das professionell macht und sich davon ernährt, das also tagtäglich tun muss. Und dann kommt die quälende Frage auf: Was kann die, was ich nicht kann?

rainman
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Beitrag von rainman »

Liebe Grüße, rainman

Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe Aoife,

nun habe ich vielleicht das Glück, in einem Dienstleistungsbereich tätig zu sein, der die gewerblichen Aktivitäten - sprich das Geschäft - anderer Menschen unterstützt. Anders ausgedrückt: Sie brauchen meine Dienstleistung für ihr Geschäft (insofern wird hier kein Familiengeld verprasst). Manchmal kommen diese Kunden aus Branchen, in denen es viele schwarze Schafe gibt. Wenn ich also das Gefühl habe, da soll Menschen "Schund" angedreht werden, ist das für mich das Aus. Diese Aufträge lehne ich ab, weil ich sie mit meinem Gewissen nicht vereinbaren kann.

Nun muss ja nicht jedes Gewissen den gleichen Inhalt haben. Mein Anliegen ist eigentlich nur, Offenheit und Ehrlichkeit unters Volk zu mischen. Wohin Korruption, Lügen und Gier führen, können wir jeden Abend in den Nachrichten verfolgen. Und interessanterweise nehme ich in den letzten Monaten ein vermehrtes "Auffliegen" geheimer Machenschaften wahr (Kirche, Politiker, Banker, Wirtschaftsbosse etc.). Gut so!!! ;-)

Lieben Gruß
Petra

Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Hallo Rainman,

ich würde noch weiter differenzieren: Das eigentliche Problem ist der Vertrauensbruch - also die Unehrlichkeit. Alles andere bammelt da nur als Rattenschwanz dran.
Ich für meinen Teil bringe SW kein Misstrauen entgegen. Sie sind Frauen wie ich.
Allerdings fühle ich schon eine gewisse Kluft zwischen "diesen" und "jenen" Frauen, kann aber nicht genau sagen, von wem die nun ausgeht....vielleicht verteilt es sich auch gleichmäßig.
Um das in die Tiefe gehend auszuführen, müssten wir in geschichtliche Epochen zurückgehen, was den Rahmen hier wohl sprengen dürfte.

Lieben Gruß
Petra

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fraences
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Beitrag von fraences »

Warum müssen Männer denn ihre "Puffbesucher" oder "Heimliche Geliebte" verheimlichen, Ihre Lebenspartnerin/Ehefrauen belügen.
Ist es nicht so, das wir Frauen von unsere Erziehung und der moralischen Druck , es den Männern gar keine andere Wahl geben?


Ich persönlich glaube nicht an die absolute ,immerwährende Treue (körperliche), die geistige Treue ist meines erachtens nach grundlegender.
Sicherlich ist das Höchste,was das Leben zu bieten hat, wenn Liebe und Sex in eine Beziehung stimmt.
Doch ich denke , das eine Paarbeziehung vielmehr von Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Fürsorge geprägt sein sollte.
Verletzt kann ich nur sein , wenn ich falsche Erwartungen habe, und den absoluten Besitzanspruch auf eine Menschen stelle, ich kann niemanden besitzen, sondern er kann sich mir nur selbst freiwillig schenken, im Rahmen seines eigenen freiheitlichen Ermessen.

Lieben Gruß
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Ariane
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Beitrag von Ariane »

Es gibt sehr unterschiedliche Motivationen von Männern, eine SW zu konsultieren. Ich schätze die wenigsten verbinden damit den Vorsatz, die Vorstellung, ihre Frau zu "betrügen", zu beschämen, zu beleidigen, weshalb es üblicherweise im Geheimen verläuft. Und gleichzeitig leiden viele unter einem schlechten Gewissen. Ich kann das nicht beurteilen, was da in vielen Beziehungen läuft/nicht läuft, ich weiss nur aus eigenen Gesprächen, wie ich es kürzlich hier an anderer Stelle geschrieben habe (Stichwort: kalte Schneekönigin), dass, wenn ein Kunden-Mann mir gegenüber sein Herz öffnet, dass es weniger die Abenteuerlust ist, die ihn treibt, sondern der Mangel; an Sex, Zärtlichkeit, ein Austausch, der offenbar in vielen Beziehungen nicht stattfindet. Zudem gibt es Kunden-Männer, die ihre Frauen "schonen", Rücksicht nehmen darauf, dass sie sich ihnen sexuell entziehen. Oftmals werden auch Gründe der Krankheit genannt, seien es Depressionen, aber auch chronische körperliche Erkrankungen und sie kümmern sich und pflegen ihre Frauen, neben ihrem Brot-Job, brauchen dann einfach eine Auszeit und wollen sich was gutes tun. Wer will ihnen das verdenken? Das ist nur ein Beispiel, warum Männer zu SW gehen. Aus ihrer Sicht auch der einfachere Weg, als sich in eine Affäre zu stürzen bzw. haben einige auch die Erfahrung gemacht, dass das ihre langjährige Beziehung eher gefährden kann. Männer als sog. "Freier" werden oft in einem Licht beschrieben, das ich garnicht nachvollziehen kann. Meist stehen sie ihren Partnerinnen loyal zur Seite aber leiden unter sexuellem Entzug, Entzug an körperlicher Nähe, den sie in einem unverbindlichen Setting mittels einer SW auszugleichen suchen.

Übrigens das Buch von Sabine Grenz finde ich nicht so dolle, aber es ist immer schön, wenn Drittmittel überhaupt Output abwerfen.
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Marc of Frankfurt
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Soziologie der Ideale

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Treue ist ein hoher Wert.
Insbesondere in unserer sesshaften, patriarchalen und kapitalistischen Kultur.


Aber Treue ist nicht ein Selbstzweck oder Ziel, sondern eine Folge, das Ergebnis einer Beziehung und Lebensweise, ein nachträglich ablesbares Qualitätsmerkmal oder eben schlicht ein Geschenk so wie die unkonditionierte, wahrhafte Liebe selbst.


Viel Erfahrung damit haben polyamoröse Menschen in Mehrfachbeziehungen:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=7301#7301


Darüberhinaus ist die Prostitution das Konnexinstitut zur Ehe.


Bild
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 29.01.2011, 12:39, insgesamt 1-mal geändert.

Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe fraences,

mir geht es nicht um Besitzenwollen, sondern darum, dass seit Hunderten, ja vielleicht Tausenden von Jahren eine künstliche Trennung zwischen Herz und Sex hergestellt wurde, die dazu führte, dass es so eine verquere Sichtweise auf dieses Thema gibt.

Liebe Ariane,

ich gebe dir Recht, dass es viele Gründe gibt, warum Männer SW aufsuchen. Lassen wir mal die außen vor, deren Frauen krank sind oder sonstwie gehandicapt und die deshalb vielleicht damit einverstanden sind, dass ihre Männer zu euch kommen. Alle anderen halten eine Beziehung aufrecht, deren Heil sie außerhalb davon suchen. Das ist dasselbe, wie einen verhassten Job zu machen und sich mit Tennis oder Fußball einen Ausgleich zu schaffen. Ich versteht das nicht. Entweder ich wechsle den Job oder ich schaffe die Gründe aus der Welt, die mir daran nicht gefallen.
Das Buch von Sabine Grenz ist recht wissenschaftlich gehalten, befasst sich jedoch mit den nicht sichtbaren Gründen und Motiven und kommt m.E. zu sehr interessanten Schlussfolgerungen und Verknüpfungen.


Liebe Marc of Frankfurt,

stimme dir vollkommen zu. Treue ist kein Selbstzweck, doch wenn ich die Probleme in meiner Partnerschaft nicht anspreche, sondern umschiffe, komme ich nie an den Punkt, an dem Treue sich als "ablesbares Qualitätsmerkmal" von selbst ergibt.
Und was die Bedeutung der Ehe betrifft: Darauf lastet viel alter Schutt, der aber unter anderem deshalb entstand, weil Männer vor den Problemen darin mit eurer Hilfe flüchten konnten (ist kein Vorwurf, nur einer von vielen Gründen).

Lieben Gruß
Petra

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Aoife
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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Aoife »

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Amazonas hat geschrieben:..., dass seit Hunderten, ja vielleicht Tausenden von Jahren eine künstliche Trennung zwischen Herz und Sex hergestellt wurde, die dazu führte, dass es so eine verquere Sichtweise auf dieses Thema gibt.
Das scheint mir ein zu enger Ausschnitt aus der geschichtlichen Betrachtung zu sein.

Seit dem Neolithikum wird versucht eine künstliche Verbindung zwischen Ehe und sexueller Treue herzustellen - was offensichtlich bis heute nicht gelungen ist, und somit dafür spricht dass das nicht der Natur des Menschen entspricht.

Die Idee der "Liebe" als Garant für sexuelle Treue ist eine Erfindung der sogenannten Neuzeit mit einem deutlichen boost seit der Romantik. Also nur ein neuer Versuch suggestiv die "Brutkastenfunktion" der Frau für die Nachkommen ihres Mannes zu erhalten. Trotz allem zeigt sich in Regressionstherapien, dass auch in Mitteleuropa bis zu 25% der Menschen einen anderen biologischen als den offiziellen Vater haben.

Die damit verbundenen Betrügereien halte ich für äußerst unschön - aber sie gehen nicht einseitig von den Männern aus, schon gar nicht bezüglich Prostituiertenbesuchen, Paysex ist ein viel zu kleiner Bereich als dass er dabei in's Gewicht fallen könnte (ca. 2% aller Sexkontakte in Deutschland sind bezahlt), und die Motivation für diese Betrügereien ist erst recht nicht hier zu sehen. Sondern in den Versuchen durch eine behauptete Zusammengehörigkeit von Liebe und Sex die Gefahr zu minimieren für ein Kind mit fremdem Vater aufkommen zu müssen.

Und (Bogen zurück) dies überhaupt als "Gefahr" zu sehen ist weder genuin menschlich, noch typisch männlich, sondern eine "Kultur"leistung des Neolithikums. Jener Epoche, die uns auch erblichen Adel und geldgierige Priester beschert hat.

Liebe Grüße, Aoife
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Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe Aoife,

du gehst auf sehr intellektuelle Weise an dieses Thema heran. Ich gebe dir ja bei allem Recht, dennoch wird bei der Suche nach biologischen, politischen oder kulturellen Gründen für den IST-Zustand nur das Sichtbare bzw. wissenschaftlich Untermauerte berücksichtigt.
Was ist mit den Gefühlen der Menschen? Kann man die auch wegrationalisieren oder durch eine politisch korrekte Erklärung als nicht vorhanden erklären?
Frei nach dem Motto: "Ach so, der Schmerz über die Untreue meines Mannes entstammt meiner irrigen Annahme, dass Liebe und Sex zusammen gehören, was wiederum daraus resultiert, dass er kein Kuckucksei ausbrüten will.... Ja, wenn das so ist und ich mich geirrt habe, tut's auch gleich gar nicht mehr weh. Warum hast du das denn nicht gleich gesagt?"
Ich glaube, wenn man den Blick immer nur auf den Verstand und rationale Erklärungsversuche für den Status Quo richtet, geht man am Wesentlichen vorbei. Und das Wesentliche ist m.M.n., dass sich zwischen Mann und Frau in der Vergangenheit soviel Schmerz und gegenseitige Verletzungen angehäuft haben, dass sie sich auf die unterschiedlichste Art und Weise Ausdruck verschaffen müssen. Einer davon ist z.B. der Rachegedanke beim Fremdgehen (nicht nur auf SW bezogen). Ein anderer ist der versteckte Wunsch, die Partnerin/den Partner zu demütigen, als unbewusste Ausgleichsfunktion für empfangene Demütigungen innerhalb der Partnerschaft oder in der Kindheit. Um nur einige wenige zu nennen.
Wenn wir die Psyche bei dieser Betrachtung nicht mit einbeziehen, werden wir uns im immer gleichen Fahrwasser im Kreis drehen. Meine Vision für die Zukunft ist das nicht.

Lieben Gruß
Petra

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annainga
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von annainga »

den schmerz über untreue können viele verstehen - es geht sexarbeitern nicht anders. um den job ausüben zu können, definieren sexarbeiter und deren partner treue auf eine andere art als du @petra.

oder wenn sie es nicht können oder wollen - dieses "umdefinieren" - verzichten einige auf feste beziehungen. es ist sehr schwer diese werte von treue, ehrlichkeit, romantische liebe neu zu deuten, aber mit den realitäten menschlicher verhaltensweisen passt das oft wesentlich besser zusammen.

es ist der IST-zustand, dass sexarbeit einen großen anteil in deutschland hat. @ marc drückte es mal so aus:

sexarbeit ist eine gesamtglobale, gesamthistorische kulturelle realität.

und ich finde, die sollte besser anerkannt werden.

ich vermute, du siehst den hauptanteil von sexarbeit als negativ, als verletzend, erniedrigend, betrügend. kannst du dir auch vorstellen, dass es anders ist?

die ariane schrieb so schön:

Und es gibt da draussen sehr viele verantwortungsbewusste, liebevolle Kerle, die uns Profis sehr schätzen, die wissen, dass Sexwork mit Kommunikation, mit Nähe und Zärtlichkeit einhergeht, dass wir ihre Träume und Wünsche realisieren können und das gerne

aber ok, das ist off-topic, es geht ja um die konkurrenz der sexarbeiterin zur ehefrau. die sehe ich nicht. selbst wenn du dich von deinem mann getrennt hast, weil du mitbekommen hast, dass er zu einer sexarbeiter geht, ist sie nicht deine konkurrentin. oder lebt er jetzt mit ihr in einer beziehung?

sie ist eher der grund, dass du erkannt hast, dass in deiner ehe etwas schief war, nicht passend war und mit der trennung hast du das geändert.

ich habe einen fall andersherum gehabt. ein verheirateter kunde von mir hat mich sehr regelmäßig wöchentlich gebucht. es ging in diesen terminen um sex und gespräche wie unglücklich er in seiner ehe ist. immer wieder dieses thema, fast 2 jahre lang. er war damals 74, intelligent und hat sich zur trennung entschlossen. er dankte mir dafür, dass ich ihm zugehört habe und er einen entschluss fassen konnte. er fühlte sich mit sex und gespräch ganzheitlich angenommen.

als konkurrentin sehe ich mich auch in diesem fall nicht. eher als katalysator (bezeichnet in der Chemie einen Stoff, der die Reaktionsgeschwindigkeit einer chemischen Reaktion erhöht, ohne dabei selbst verbraucht zu werden).

lieben gruß, annainga

ps : ich finds prima wie freundlich und ruhig du hier mit uns diskutierst :-)

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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Aoife »

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Amazonas hat geschrieben:Liebe Aoife,

du gehst auf sehr intellektuelle Weise an dieses Thema heran.
Eigentlich nicht, liebe Petra :002

Ich setze mich nur mit deinen Rationalisierungen deiner Gefühle (bespielsweise: "dass seit Hunderten, ja vielleicht Tausenden von Jahren eine künstliche Trennung zwischen Herz und Sex hergestellt wurde") auseinander. Das tue ich weil ich überzeugt bin dass du an deinen Gefühlen (bezüglich des Fremdgehens deines Mannes) leidest. Und weil ich ebenso überzeugt bin, dass du diese Gefühle nicht loswerden kannst, solange du sie mit rationalen Begründungen wie dieser am Leben erhältst.

Ich gehe also keineswegs davon aus, dass du deine Gefühle abstellen könntest, nur weil ich sage, dass die Grundlagen falsch sind. Aber ich hoffe du kannst dir einen Spalt weit die Tür zu der Erkenntnis öffnen, dass du nicht die Umstände gezwungen bist, solche Gefühle beizubehalten. Die Entdeckung, dass vielleicht alles ganz anders ist, kann eine unerhört befreiende Wirkung haben. Auch wenn sie durch die Kommunikationsstruktur hier bevorzugt intellektuell rüberkommen sollte.

annainga's Bewunderung für deinen Diskussionsstil kann ich mich übrigens nur anschließen!

Liebe Grüße, Aoife
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Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe annainga,

vielleicht habe ich mich in Vielem missverständlich ausgedrückt. Mir geht es hier nicht um meine eigenen Erlebnisse (sie sind nur der Auslöser, durch den ich sozusagen für das Thema "entflammt" wurde).
Mein Mann und ich sind auch nicht getrennt - weiß nicht, wie du darauf kommst.

Mich interessiert ja gerade, warum "sexarbeit eine gesamtglobale, gesamthistorische kulturelle realität" darstellt bzw. was die Hintergründe dafür sind.
Ich vermute die Wurzeln in der Trennung von Sex und Gefühl/Herz. Diese Trennung konnte nur dadurch zustandekommen, dass zuvor Kopf/Verstand und Gefühl/Herz getrennt wurden, woraufhin als Nächstes der Sex dem Kopf zugeordnet wurde. Trennung perfekt! Wenn ich davon überzeugt bin, dass man Kopf und Herz trennen kann, glaube ich auch, dass man Sex und Herz trennen kann (s.o.). Und genau davon bin ich nicht überzeugt. Wir Menschen sind "Gesamtkunstwerke", die man nicht in einzelne Unterabteilungen unterteilen kann. So sehr wir uns auch in der Vergangenheit darum bemühten, diese künstliche Trennung werden wir nicht mehr lange aufrechterhalten können (mein Gefühl). Das Leben besteht aus mehr als dem, was der Verstand greifen kann.

Ich habe von Sexarbeit grundsätzlich gar kein negatives Bild - zweifelhaft wird sie für mich nur, wenn Heimlichkeit und Betrug ins Spiel kommen (und das ist leider häufige Realität).
Um auf dein Beispiel mit dem 74jährigen Kunden zurückzukommen: Warum diskutierte er seine Eheprobleme mit dir und nicht mit seiner Frau? Er suchte die Lösung dort, wo er sie nicht finden konnte. Das musste ihm doch von vornherein klar sein. Die Frage dahinter lautet: Warum gehen Männer/Menschen den verschlungenen und nicht den geraden, direkten Weg? Mich interessieren die größeren Zusammenhänge, die sich aus Einzelschicksalen herauslesen lassen.

Ich habe seit kurzem einen Blog zum Thema www.blog.petra-dirkes.de. Freue mich, wenn mal jemand vorbeischauen und mitdisutieren mag.

Lieben Gruß
Petra

Amazonas
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RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Amazonas »

Liebe Aoife,

ich möchte das zurückgeben - mit euch diskutiert's sich sehr angenehm :058
Vieles von dem, was ich dir antworten möchte, steht schon in meiner Antwort an annainga.
Du hast Recht: Ich habe in der Vergangenheit sehr gelitten, was mich in Kontakt mit eben diesen Gefühlen brachte, über die ich hier schreibe. Und ich habe in diesem Prozess (dem ich mich nicht entzogen habe) gelernt, dass eben eine Trennung zwischen Kopf und Herz nicht möglich ist. Der Versuch, sich einzureden, dass - nehmen wir mal dieses Beispiel, obwohl es austauschbar ist - man Sex und Herz trennen kann und dass Treue das fossile Überbleibsel einer längst vergangenen Epoche ist, funktioniert eben nur im Verstand. Das Herz (wenn man ihm zuhören will) sagt etwas ganz anderes. Und ich bin genug in die Tiefe gegangen, um für mich herauszufinden, dass für mich eben nicht "alles ganz anders ist". Womit ich nicht behaupten will, dass das auf alle Menschen zutreffen muss.

Liebe Grüße
Petra

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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Aoife »

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Amazonas hat geschrieben:Ich vermute die Wurzeln in der Trennung von Sex und Gefühl/Herz. Diese Trennung konnte nur dadurch zustandekommen, dass zuvor Kopf/Verstand und Gefühl/Herz getrennt wurden, woraufhin als Nächstes der Sex dem Kopf zugeordnet wurde. Trennung perfekt! Wenn ich davon überzeugt bin, dass man Kopf und Herz trennen kann, glaube ich auch, dass man Sex und Herz trennen kann (s.o.). Und genau davon bin ich nicht überzeugt. Wir Menschen sind "Gesamtkunstwerke", die man nicht in einzelne Unterabteilungen unterteilen kann. So sehr wir uns auch in der Vergangenheit darum bemühten, diese künstliche Trennung werden wir nicht mehr lange aufrechterhalten können (mein Gefühl). Das Leben besteht aus mehr als dem, was der Verstand greifen kann.
Super Analyse, Petra!

Nur sind die daraus zu ziehenden Schlüsse genau umgekehrt:

Das Problem entsteht in dem Moment, in dem der Kopf nicht mehr der Ort ist an dem Sex stattfindet, weil der Kopf mit Ideologien wie "bis der Tod euch scheidet" fremdbesetzt ist. Dann bricht das Gefrühl zumeist irgendwann durch, entweder umfassend, oder meistens nur vorübergehend, mit der Folge dass der Mensch aus seinem Gefühl etwas getan hat, was die brainwashed Köpfe seiner Umgebung (oft auch einschließlich seinem eigenen Kopf) nicht akzeptieren können. Und schon beginnen als vermeintlich leichtester Ausweg die Betrügereien ...

Die Trennung von Kopf und Gefühl hat primär nichts mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern zu tun, auch nichts mit Geldflüssen, all das kann mit dem Gefühl absolut vereinbar sein. Die Trennung beginnt mit der Umdefinition des Kopfs zum Wächter über eine fremdbestimmte Moral, der das Gefühl unmöglich folgen kann ohne Schaden zu nehmen. Und selbst wenn es bereits schweren Schaden genommen hat sich doch noch oft in bizarren Handlungen Durchbruch verschafft, siehe die derzeitigen Enthüllungen über die Kirche.

Liebe Grüße, Aoife
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Re: RE: Die Sexarbeiterin als Konkurrenz zur Ehefrau?

Beitrag von Aoife »

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Amazonas hat geschrieben:Der Versuch, sich einzureden,
Richtig, Petra, der Versuch sich etwas einzureden kann niemals funktionieren.
Denn entweder man tut etwas oder man tut es nicht, Versuche sind noch unwirklicher als die übrige Realität und können diese deshalb nicht beeinflussen.
Aber das schließt ja nicht aus, dass der Knackpunkt an dem des Leiden eines speziellen Menschen entsteht, tatsächlich irgendwann einmal "eingeredet", konditioniert wurde.

Den jedoch einfach wieder ausreden zu wollen funktioniert natürlich auch nicht, daran scheitern alle kognitiven Therapien. Was jedoch funktionieren kann ist, wenn das Gefühl/Unbewußtes bereit ist mitzuspielen, von dieser Gefühlsebene aus die kognitive Konditionierung zu dekonstruieren.

Sri wenn das jetzt schon wieder intellektuell rüberkommt, die Sprache zwingt uns dazu unsere Gedanken und vor allem Gefühle intellektueller zu formulieren als sie sind. Wenn du English verstehst kannst du einmal diese Seite anschauen:
http://www.matrixenergetics.com/
Es ist bei weitem nicht die einzige Möglichkeit, aber ein schönes Beispiel dafür, wie vieles sich beeinflussen lässt wenn man die Konditionierungen des Kopfs einmal vergessen kann.

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von rainman »

Hallo Amazonas, liebe Petra,

Du schreibst über annaingas 74-jährigen Kunden Folgendes:
"Warum diskutiert er seine Eheprobleme mit dir und nicht mit seiner Frau?" Ja, das sagst Du so locker. Aber das ist es ja gerade, was Menschen gemeinhin nicht können: hochpersönliche Probleme direkt unter den Betroffenen regeln. Von diesem Phänomen lebt die halbe Psychologie und Psychiatrie. Und derjenige Psychologe, der sich um die Eliminierung von Eheproblemen bemüht, darf seine Pappenheimer noch nicht einmal näher kennen - das wäre ein Kunstfehler. Und es soll auch niemand glauben, dass Psychologen die besseren Eheleute seien, nur weil sie von der Sache Ahnung haben. Die brauchen im Falle eines Falles genauso fremde Hilfe wie sie sie bei anderen Leuten geben.

Und unter diesem Aspekt ist eine erfahrene und verständige Sexarbeiterin gar keine schlechte Beraterin, wenn es um intime und zwischenmenschliche Probleme geht.

Liebe Grüße, rainman