Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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floggy
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Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von floggy »

Danke @Alle für die Lorbeeren. Ist ja nicht der Rede wert, wenn man meine Motivation kennt. Ich lasse mich halt nicht gerne verschaukeln, und manchmal reicht es mir eben, und dann mache ich mich auf die Socken und scheue auch keine (Recherche) Mühen.

Weil wir ja das ProstSchG komplett loshaben wollen, nicht nur Hurenpass und diese Beratungsverarschung, die viel Geld verschlingt, grüble ich jetzt etwas deprimiert darüber nach, warum es keinen Bürgernotruf gibt. Ich hab' gegoogelt, und da kommt ein lustiger aber makabrer Treffer:

"Bei Ärger mit Behörden sollen Bürger künftig über eine bundesweit einheitliche "Notruf-Nummer" Hilfe erhalten. Im Gespräch ist die 115 als deutschlandweite ..."

Auch das ist lustig, was der google Interpreter daraus macht: "Meintest du: Bergnotruf"

Der Münchner Merkur hat erst kürzlich einen Artikel herausgegeben

https://www.merkur.de/bayern/leitstelle ... 94230.html

und ich frage mich jetzt, war das alles? Ja, das war wieder einmal alles, weil die Stadt München samt Landkreis kein Geld hat. Aber einen Flickenteppich an Vereinen, die mal EU Gelder bekommen, dann wieder nicht, dafür sponsert dann das Jugendamt, Spenden werden auch gesammelt, und auch mal ein Pilotprojekt losgetreten. Involviert ist der bayerische Sumpf kirchlicher und diakonischer Trâger und Wohlfahrtsverbände, ein nicht zu durchschauendes Finanzloch. Ich hatte zweimal in meinem Leben mit Controllerinnen zu tun, die mir von ihrer Aufräumarbeit beim BRK erzählten. So ähnlich stelle ich mir die Verhältnisse beim "Bürgernotruf" immer noch vor.

Also wo ist das Problem? Ein Loverboy hat sich geoutet, was macht man dann? 110 oder 112 wählen, einfach das nächstbeste Handy grabschen, von wem auch immer, ist ja egal, Hauptsache die Notrufzentrale weiß die internen Nebenstellen. Aber dann fehlt das Geld um wirklich zu helfen. Mit Selina, einer jungen Frau, die mich vor Jahren wegen ihrer Notlage in München auf der Straße angesprochen hat, bin ich zu meiner Hausärztin gegangen, weil sie Caritas und Bahnhofsmission nicht kontaktieren wollte. Ich wußte da auch nicht weiter, trotz ein paar Scheinchen. Als Prostitutionskunde ist man das ja gewöhnt, spontan mal ein paar Scheinchen locker zu machen, so wurde man schließlich im Laufe seines Lebens sozialisiert, daß Geld nicht alles ist, und man trotzdem über die Runden kommt.
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deernhh
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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von deernhh »

@floggy

Danke für Deinen Einsatz durch Deinen tollen Brief an Herrn Dr. Lenz vom Gesundheitsamt Main-Kinzing-Kreis.



Nicht die befragte Sexarbeiterin U ist hilfsbedürftig, sondern eher die fragende Mitarbeiterin K vom Amt Main-Kinzing-Kreis, da K wohl offensichtlich heimlich voyeristisch veranlagt ist, durch unerlaubte neugierige Fragen ihren Voyerismus bedient und ein klein wenig narzisstisch ihre Machtposition ausnutzt und missbraucht. Die Mitarbeiterin K vom Amt braucht wirklich dringend psychiatrische Hilfe.

Ich würde gerne wissen, wie die Mitarbeiterin K vom Amt trotz ihres Voyerismus an ihren Job gekommen ist, ob ihr der Job gefällt, wie lange sie den Job noch freiwillig machen möchte, was sie sonst noch so alles mit ihren Kundinnen und Kunden bespricht, ob es Kaffee gratis beim Gespräch gibt, ob auch ihr unangenehme Fragen der Kundinnen und Kunden genehm sind, ob sie gezwungen ist, alle Kundinnen und Kunden anzunehmen, ob sie sich bei ihrem Chef durch solche fragwürdigen Fragen besonders hervortun möchte, von ihm für ihren Einsatz Lorbeeren einheimsen möchte, was dann im Protokoll in der Akte causa Sexarbeiterin U steht, und ob es ihr genehm ist, von Kundinnen und Kunden über ihre Befragungstechnik und über ihre Arbeit (auch in der Öffentlichkeit) beurteilt und kritisiert zu werden.

Frau K, brauchen Sie jetzt psychiatrische Hilfe, vielleicht auch Hilfe beim Ausstieg aus Ihrem Job, nachdem das in der Öffentlichkeit aufgeflogen ist?
Machen Sie, Frau K, doch einfach einen Rundumschlag, befreien sich vom Übel und suchen sich einen anderen Job.

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malin
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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von malin »

^ :005 :005
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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floggy
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Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von floggy »

Ich frage mich immer, was muss in Kindheit und Jugend alles passiert sein, dass man sich im Fall der Fälle nicht Hilfe holt, bzw denke ich ja, dass trotzalledem Signale ausgesendet werden, aber eben nicht angenommen werden. Weil die Gesellschaft nicht darauf eingehen möchte. Sie will es nicht. Es ist ihr egal. Da sind nur die Quälgeister, die immer wieder das Gewissen aufwühlen, und dann werden wir hyperaktiv, ohne etwas zu bewirken. Diese Machtlosigkeit steigert die Hyperaktivität, die dann immer mehr Schuldzuschreibungen und Diskriminierungen aufweist. Die Atmosphäre ist vergiftet. Zur Zeit ist es en vogue Kunden zu diffamieren, aber auch die Anbieterinnen bleiben nicht ausgeklammert, sie wirken nur ein wenig abgeblendet. Der Rechtsstaat ist sich zudem nie einer Schuld bewusst, und verfolgt jede Ausübung verbotener Prostitution mit Härte.

Und bist du mein, so soll mein Freund dich haben;
Wo nicht: geh, bettle, hungre, stirb am Wege!
Denn nie, bei meiner Seel', erkenn ich dich,
Und nichts, was mein, soll dir zugute kommen.
Bedenk' dich! glaub, ich halte, was ich schwur.

Und wohnt kein Mitleid droben in den Wolken,
Das in die Tiefe meines Jammers schaut?
O süße Mutter, stoß mich doch nicht weg!

Sprich nicht zu mir, ich sage nicht ein Wort.
Tu, was du willst, du gehst mich nichts mehr an.
Wo Schatten ist, muß auch Licht sein.

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von friederike »

Liebe deernhh,

danke für Dein schönes Posting zu "Frau K."!

In der Tat liegen Anhaltspunkte vor, dass es sich bei Frau K. um eine Zwangsbehördenmitarbeiterin handelt. Keine Frau macht diese Arbeit freiwillig. Es ist erkennbar, dass ein Mann im Nachbarzimmer sitzt, der ihr Arbeitszeiten und Arbeitsinhalte im Einzelnen vorgibt und Abweichungen überwacht. Durch diese Vorgaben wird auch ihre eigene sexuelle Selbstbestimmung verletzt, denn sie ist unter Ausnutzung ihrer wirtschaftlichen Notlage gezwungen, intime Gespräche sexuellen Inhalts mit Dritten zu führen. Dies kann durchaus als "entgeldliche sexuelle Handlung" i. S. des ProstG und des ProstSchG subsummiert werden. Frau K. ist vermutlich entgegen § 5 ProstSchG nicht beim Ordnungsamt angemeldet und hat sich auch nicht der gesundheitlichen Beratung unterzogen. Bei einer solchen Anmeldung wäre voraussichtlich ein Handlungsbedarf erkannt worden und die Behörde hätte die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Frau K. ergreifen können.

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von deernhh »

Danke für Eure Antworten, Ihr Lieben!

@ floggy

Stimmt, hast recht.

@malin

:002

@friederike

Auch Dir danke ich für Dein schönes Posting, liebe friederike!
Super! :005 :002

Liebe Grüße von mir

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

@all zeigt es den SW-Gegner auch mit gelungenem Humor...

kasharius grüßt euch

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floggy
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Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von floggy »

Ein kleiner Nachtrag zum Sachbericht 2019 von Jadwiga:

"Von den durch uns beratenen Klient*innen haben 2019 insgesamt 72 Frauen bei der Polizei eine Anzeige wegen Menschenhandels gemacht, davon waren 25 EU-Bürgerinnen und andere Europäerinnen . . ."
"Bei den EU-Bürgerinnen wurden 4 Gerichtsprozesse eröffnet . . ."

Weitere Gerichtsprozesse werden dann sicherlich 2020/2021 eröffnet werden, die Müh(l)en der Justiz ma(h)len ja bekanntlich langsam, dafür umso rabenschwarz. Man kann die Zahlen aber auch anders interpretieren. Nur dann ist der Sachbericht keinen Pfifferling wert.

Anderes Thema: Rückkehr

"Viele unserer Klient*innen wünschen, möglichst rasch in ihre Heimat zurück zu reisen."
"Dazu kommt, dass die Klient*innen in der Regel freiwillig in ihre Herkunftsländer zurückkehren wollen und wir sie in der Organisation und Finanzierung der Rückreise
unterstützen . . ."

Aufenthaltsstatus der Klientinnen 2019
60 haben Aufenthaltserlaubnis EU
Verbleib der Klientinnen 2019
31 mit Aufenthaltserlaubnis EU sind geblieben

In der Regel freiwillig, das klingt so nach einem Eigentor. Interessieren tun mich ja nur die EU Bürgerinnen, weil es ja hauptsächlich die Unionsbürgerinnen sind, die von den Abolitionistinnen mit Zwangsprostitution belegt werden. Frauen aus Nigeria sucht man in Laufhäusern, Bordellen und FKK Clubs (in München) vergeblich.

Wenn von 60 Unionsbürgerinnen 31 geblieben sind, dann sind 29 Unionsbürgerinnen nicht geblieben. Warum? Sie wollten doch Arbeit finden, die es in Ungarn, Rumänien, Bulgarien nicht gibt. Und sie werden womöglich wieder kommen, haben sie ja nun Auslandserfahrung, und wollen sicherlich ihre einmalige Kompetenz nutzen, es diesmal zu schaffen. Wenn Ostdeutschland nach dreißig Jahren immer noch darbt, dann wird Osteuropa auch noch in hundert Jahren darben. Und der Balkan?

Anderes Thema: google Suche "gastronomie personalmangel"

https://mixology.eu/personalmangel-gastronomie-dossier/
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/mu ... -1.5318970
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wue ... l-100.html

Ich bin auf den Sachbericht 2020 und 2021 gespannt. Aber ich kann mir jetzt schon vorstellen, daß weiterhin keine Anwerbung durch staatliche Stellen erfolgt, sondern man die Anwerbung "dem Markt" überlassen wird, nach dem Motto, der Markt wird es schon regeln.

Auch wenn dieser Beitrag etwas flapsig daherkommen mag, Zahlen klären gar nichts, wenn die damit verbundenen Frage- und Problemstellungen, die durch die Zahlen erklärt und geklärt werden sollen, nicht transparent sind. Mir sagt der Sachbericht in erster Linie "die Welt ist schlecht", nicht aber "wie konnte geholfen werden?". Und die Aussage

"Wir stellten die Präventionsarbeit 2019 mehr in den Fokus."

läßt nicht erkennen, daß Hilfe im Fall der Fälle das Thema ist. Auch mit Piktogrammen und Kooperationsgesprächen schafft man keine Arbeit und keine Lebenstüchtigkeit, die in urwüchsig patriarchalen Gesellschaften scheinbar Frauen gerne vorenthalten bzw verunmöglicht wird.

"Es wurde unter anderem ein Flyer mit Piktogrammen in den Sprachen bulgarisch, ungarisch, rumänisch und englisch erarbeitet, der an Einrichtungen und Behörden verteilt wird, welche vor allem mit Menschen aus Osteuropäischen Ländern zu tun haben. Zum anderen wurden vermehrt Kooperationsgespräche geführt, um die Sensibilität zum Thema Menschenhandel und Zwangsprostitution zu schärfen."

Kurzfassung: Ich vermisse Entwicklungsarbeit. Die aber kostet etwas mehr als ein Hochglanz Sachbericht.

Quellenangabe

https ://mixology .eu/personalmangel-gastronomie-dossier/
https ://www .sueddeutsche .de/muenchen/muenchen-gastronomie-oeffnung-personalmangel-1.5318970
https ://www .swr .de/swraktuell/baden-wuerttemberg/mannheim/gastronomie-auf-dem-land-leidet-unter-akutem-personalmangel-100.html
Wo Schatten ist, muß auch Licht sein.