Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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ellemme
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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von ellemme »

Ich bin überrascht, dass die Mehrheit der SWs Deutsche sind.
Denken Sie, dass diese Zahlen die Realität widerspiegeln?
Auf der Straße, auf der ich arbeite, bin ich der einzige transen Italiener. Und auch in der Nachbarschaft!
Sie sind alle aus Südamerika und Frauen oft aus Osteuropa.
Dank.

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Kasharius
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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

@ellemme

I think These are only those wich are registred. So in reality it could be different. And if you put all numbers together, I mean the difference is not so big.
Greeting from

Kasharius grüßt

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

Hier ein weiteres interessantes etwas älteres Dokument aus dem Landtag von NRW https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/d ... 7-2008.pdf

Kasharius grüßt

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deernhh
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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von deernhh »

ZEHN JAHRE PROSTITUIERTENBERATUNG IN RHEINLAND-PFALZ

Koblenzer Sozialarbeiterinnen kritisieren Prostituiertenschutzgesetz

Die Beratungsstelle Roxanne in Koblenz kritisiert das Prostituiertenschutzgesetz. Durch die neuen Vorschriften hätten sich die Lebensbedingungen vieler Frauen verschlechtert.

Das Gesetz sieht vor, dass Prostituierte und Sexarbeiterinnen nicht im selben Raum arbeiten und wohnen dürfen. Damit wollte die Bundesregierung eigentlich die Arbeits- und Lebensbedingungen der Frauen verbessern. Doch das Gegenteil sei häufig der Fall, sagte die Leiterin der Beratungsstelle, Christine Bangert: "Viele kleine Wohnungen, wo die Bedingungen ganz gut waren, sind geschlossen worden. Viele Frauen sind dadurch eher in den Untergrund geraten. Dort können wir ihnen schlechter helfen."

Prostituierte haben mehr Kosten

Auch die rheinland-pfälzische Frauenministerin, Anne Spiegel, hält die neuen Regelungen des Gesetzes, das seit 2017 gilt, für falsch: "Ein zweites Zimmer, damit die Sexarbeiterinnen nach der Arbeit auch mal raus können, das war eigentlich gut gemeint. In der Realität führt das aber dazu, dass sie höhere Kosten haben, weil sie jetzt sowohl für ihre Arbeits- als auch für ihre Schlafstätte Miete zahlen müssen."

Begriffe: Sexarbeiterin und Prostituierte
Als "Sexarbeiterinnen" verstehen sich Frauen, die ihren Beruf aus freien Stücken gewählt haben und ihre Leistungen gegen Geld anbieten, um sexuelle Bedürfnisse anderer zu befriedigen.

Als "Prostituierte" werden hingegen Frauen bezeichnet, die in einem patriachalischen System dazu genötigt werden, mit beliebigen Männern Sex zu haben, wobei die Hauptprofiteure Bordellbetreiber, Zuhälter und Freier sind.

Forderung nach mehr Akzeptanz

Die Koblenzer Prostituiertenberatungsstelle fordert außerdem mehr Akzeptanz für die Arbeit von Prostituierten und Sexarbeiterinnen. Die Frauen, die in Bordellen oder in Wohnwagen arbeiteten, würden oft als "Menschen zweiter Klasse" betrachtet. Das führe dazu, dass viele der Frauen versuchten, anonym zu bleiben. Eine höhere gesellschaftliche Anerkennung, könnte die Lebensumstände der Frauen auf lange Sicht verbessern.

Die Mitarbeiter der Beratungsstelle in Koblenz kümmern sich seit zehn Jahren um Prostituierte in der Region. 2009 war Roxanne die erste Einrichtung ihrer Art in Rheinland-Pfalz.

STAND
11.9.2019, 8:37 Uhr

https://www.swr.de/swraktuell/rheinland ... z-100.html

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

Danke liebe @deernhh,

es zeigt sich das indivudelle, wertschätzende und ergebnissoffene Beratung immer besser ist und jeden Quatsch, den Abolis absondern um Längen schlägt. Hier zur Info mal der Link zur Beratungsstelle https://www.profamilia.de/bundeslaender ... ierte.html

Kasharius grüßt

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

In der bangen Hoffnung hier nicht olle Kammellen zuverbreiten, ein Dokument aus dem Brandenburgischen Landtag zum Umsetzungsstand des Schlechte-Sexarbeit-Gesetz vom August 2019 (Vor der Wahl!)

https://www.parlamentsdokumentation.bra ... /11936.pdf

Kasharius grüßt :006

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

Man kann sich als SPD-Abgeordnete dem Thema Sexarbeit auch anders nähern und auf "Tuchfühlung" gehen...

https://www.gn-online.de/grafschaft/de- ... 22806.html

de Ridder,

ein Name den man sich merken könnte...?!

Kasharius grüßt

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Tilopa »

Danke, lieber Kasharius, die Frau scheint klasse und noch eine echte Sozialdemokratin zu sein, die sich selber vor Ort informiert und ohne ideologische Scheuklappen agiert.

Wer stattdessen anderen Leuten vorschreiben will, wer mit wem warum Sex haben darf, im Namen eines kruden "Feminismus" Frauen und Migrantinnen für unfähig zu eigenen Entscheidungen erklärt, Arbeiterrechte mit Füßen tritt und einen gewalttätigen Unrechtsstaat befördert - wie die feinen "Genossen" Breymaier, Lauterbach et al:
So jemand gehört eigentlich sofort aus jeder sozialdemokratischen Partei ausgeschlossen.

Aber naja, die sPD hat sich ja leider schon länger in weiten Teilen von den Arbeitern, deren Interessen und mittlerweile auch von der Realität und der Mitmenschlichkeit verabschiedet...

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

Presseinfo aus Hessen zum Umsetzungsstand

https://www.hessenschau.de/panorama/pro ... b-100.html

Kasharius grüßt

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

Und hier noch eine kleine Preseschau zur Umsetzung und Protesten

https://www.ruhrbarone.de/streitschrift ... etz/174704# (Hier wird die Streitschrift von Dona Carmen e.V. gewürdigt)

https://www.t-online.de/leben/liebe/id_ ... taet-.html

https://www.tagesspiegel.de/berlin/pros ... 28496.html

Das gute daran, ist das gute darin (faire und ausgewogene Berichterstattung - finde ich!) !

Kasharius grüßt

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

Und ein Bericht aus der SZ
https://www.sueddeutsche.de/leben/prost ... -99-536707

und der Magdeburger Volksstimme

https://www.volksstimme.de/lokal/magdeb ... m-schleier

Kasharius grüßt :006

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »


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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

Und ein Bericht aus dem Ärzteblatt zu einer Fachtagung in BW

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... erttemberg

Kasharius grüßt

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

Neuste statistische Zahlen aus Thüringen https://www.kyffhaeuser-nachrichten.de/ ... tNr=268885

Kasharius grüßt

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von deernhh »

Safer Sex?
Der Alltag mit dem Prostituiertenschutzgesetz


Veröffentlicht am 31.01.20 um 17:13 Uhr

Prostitution im Bahnhofsviertel Frankfurt

Alltag im Bahnhofsviertel Frankfurt. Bild © picture-alliance/dpa
Seit Juli 2017 gilt in Deutschland das Prostituiertenschutzgesetz. Es soll jene schützen, die Sex gegen Geld anbieten. Doch lassen sich Regelungen wie die Kondompflicht überhaupt umsetzen?

Von Sandra Müller

Seit der Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes gibt es immer wieder Kritik. Manche sprechen sogar von einem "Prostitutiertenkontrollgesetz", weil es den Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern viele Pflichten aufhalst, die ihnen selbst aber nicht viel nützen würden. Zum Beispiel müssen sich Prostituierte seit 2017 offiziell anmelden und sich regelmäßig gesundheitlich beraten lassen. Außerdem gibt es jetzt eine Kondompflicht, wegen der die Freier bei Zuwiderhandlung ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro zahlen müssen.

Verstoß gegen das Grundgesetz?
Einer der lautesten Kritiker des Prostituiertenschutzgesetzes ist der Frankfurter Verein Doña Carmen. Er setzt sich für die sozialen und politischen Rechte von Prostituierten ein und hat gegen das Gesetz sogar Verfassungsbeschwerde eingereicht. Der Grund: Das Gesetz wolle die Prostitution kriminalisieren und sie letztendlich abschaffen. Und: Es verstoße zum Beispiel gegen Artikel 13 des Grundgesetzes, weil durch die möglichen unangekündigten Kontrollbesuche der Behörden das Recht auf Unversehrtheit der Wohnung verletzt werde. Die Verfassungsbeschwerde wurde aber als unbegründet abgelehnt. Und auch mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatte Doña Carmen keinen Erfolg.

Audiobeitrag
Podcast 33:58 Min. |31.01.20 |Sandra Müller

Zum ArtikelSafer Sex? Der Alltag mit dem Prostituiertenschutzgesetz[mehr]
Das Frankfurter Bahnhofsviertel bei Nacht Podcast
Bild © picture-alliance/dpa

Ende des Audiobeitrags
Trotz aller Skepsis hatten sich Ende 2018 laut Statistischem Bundesamt knapp 32.800 Prostituierte offiziell angemeldet. Nur etwa ein Fünftel von ihnen sind Deutsche. Die meisten kommen aus Rumänien, viele auch aus Bulgarien oder Ungarn. In Hessen waren Ende 2018 rund 3.600 Prostituierte angemeldet.

Das Problem mit diesen Zahlen: Es existieren keine verlässlichen Schätzungen, wie viele Prostituierte tatsächlich in Deutschland arbeiten und sich deshalb eigentlich registrieren lassen müssten. Es kursieren Zahlen zwischen 200.000 und 400.000. Das Ordnungsamt Wiesbaden geht sogar von noch viel höheren Zahlen bundesweit aus. Wie aber genau diese großen Spannen zustande kommen, ist nicht ganz klar. Und es gibt noch ein weiteres Problem: Laut Statistischem Bundesamt befinden sich auch fast drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes die Verwaltungsstrukturen bei den Registrierungen noch im Aufbau.

Schwierige Kontrollen
In Frankfurt ist für die Registrierung das städtische Ordnungsamt zuständig. Regelmäßige Kontrollen führt die Stadtpolizei durch. Auf Nachfrage gibt das Ordnungsamt an, dass bisher 53 Verfahren durchgeführt wurden, weil gegen die Anmeldepflicht verstoßen wurde. Das Bußgeld: 50 Euro plus Gebühren. Außerdem gab es ein Verfahren wegen eines fehlenden Aushangs zur Kondompflicht. Hier waren 250 Euro plus Gebühren fällig.

Vor allem diese Kontrolle der Kondompflicht ist aber ein heikles Thema. Aus Frankfurt heißt es, dass lediglich geprüft werden kann, ob an den Prostitutionsstätten ausreichend Kondome verfügbar sind und ob es Aushänge gibt, die auf die Kondompflicht hinweisen.

In Wiesbaden ist das ähnlich. Dort wurden im Ordnungsamt - in der Abteilung Allgemeines Ordnungswesen - extra zwei neue Stellen geschaffen, um das Gesetz umzusetzen. Etwa 100.000 Euro kostet das die Stadt pro Jahr. Abteilungsleiter Wolfgang Egger sagt aber, dass er und seine Leute die Einhaltung der Kondompflicht trotzdem nur schwer prüfen können: "Wenn Sie glauben, dass wir neben der Prostituierten und dem Freier stehen und gucken, ob dann ein Kondom benutzt wird, das kriegen wir nicht hin."

Trotzdem seien die Erfahrungen in Wiesbaden mit dem Prostituiertenschutzgesetz bisher überwiegend positiv. Die Zusammenarbeit mit den Bordell-Betreibern funktioniere gut, das Vertrauen sei da. Lediglich die Prostituierten selbst hätten wenig Interesse an den vom Gesetzgeber angedachten Beratungen. "Die wollen das möglichst schnell hinter sich bringen, damit sie arbeiten können, Geld verdienen können", so Egger, "das ist das einzige Begehr, das sie eigentlich haben."

"Kann nicht ertragen, dass das legal ist"
Jemand, der käuflichen Sex selbst erlebt hat, ist Sophie. Sie kommt aus Bayern und war acht Jahre lang Prostituierte. Das Wort Sexarbeiterin mag sie nicht. Denn Sex ist für sie, wenn beide es gerne wollen. Und normale Arbeit sei das für sie auch nicht. Als Sophie 22 war, schaffte sie den Ausstieg. Jetzt – mit 25 – lebt sie in Frankfurt, holt ihr Abitur nach, möchte Psychologie studieren und ist im Netzwerk Ella aktiv, eine Aktionsgruppe, die sich dafür einsetzt, dass Prostitution als Gewalt anerkannt wird.

Mit 14 bekam sie eine Anfrage von einem älteren Mann über einen Chat, ob sie für 100 Euro mit ihm schlafen würde. Sophie weiß selbst, dass "ein normales 14-jähriges Mädchen" darauf nicht eingegangen wäre. Doch für Sophie reihte sich diese Erfahrung ein in eine Kindheit aus sexuellen Übergriffen und Missbrauch. "Irgendwann bin ich einfach davon ausgegangen, dass Sex übergriffig ist und so läuft, dass ich ihn nicht möchte", erzählt sie. "Und als dann dieses Angebot kam, habe ich mir gedacht, ja gut, es passieren sowieso immer Dinge, die ich nicht verhindern kann, und wenn ich dafür noch 100 Euro bekommen kann, warum nicht, dann bin ich wenigstens entschädigt."

Mit der Zeit entwickelte Sophie eine schwere posttraumatische Belastungsstörung, nahm Drogen und schaffte es erst nach mehreren Anläufen, ihren Körper nicht mehr für Geld zu verkaufen. Heute ist es ihr wichtig, ihre Erfahrungen weiterzugeben und sich dafür einzusetzen, dass der Kauf von Sex verboten wird. "Ich kann einfach nicht ertragen, dass das legal ist", sagt sie.

Gesundheitliche Aufklärung ist "enorm wichtig"
Mit Frauen wie Sophie hat auch Gerhard Schönborn täglich zu tun. Seit 15 Jahren ist er ehrenamtlich für den Verein Neustart e.V. auf dem Berliner Straßenstrich unterwegs. In einem Kontaktcafé an der Kurfürstenstraße können die Frauen sich treffen, ausruhen, oder bei Bedarf Hilfe bei Behördengängen bekommen.

Die teils heftige Kritik am Prostitutiertenschutzgesetz – zum Beispiel wegen der vorgeschriebenen Gesundheitsberatungen - kann Gerhard Schönborn nicht ganz nachvollziehen, denn vor allem gesundheitliche Aufklärung sei enorm wichtig: "So absurd es klingt, viele Frauen, gerade aus Osteuropa, sind überhaupt nicht aufgeklärt. Die wissen nicht, was in ihrem Körper passiert, wie sie verhüten, warum sie schwanger werden."

Trotzdem sei nicht alles gut am Gesetz. Zum Beispiel kritisiert Schönborn die Anmeldegebühr für Prostituierte – und dass es Bußgelder gebe, wenn eine Anmeldung ausbleibt. "Der größte Teil der Frauen macht das aus der Not heraus und die brauchen das Geld und deswegen sind sie in der Prostitution", sagt er. "Denen sogar noch eine Strafe anzudrohen, ist widersinnig."

Nordisches Modell: Freier statt Prostituierte bestrafen?
In anderen europäischen Ländern wie in Schweden, Norwegen oder Frankreich gibt es das sogenannte Nordische Modell, bei dem der Kauf von Sex kriminalisiert wird. Das heißt, die Prostituierten werden nicht bestraft, sondern nur die Freier. Auch in Deutschland gibt es Stimmen, zum Beispiel innerhalb der SPD, die die Einführung dieses Modells befürworten. Auch Sophie und Gerhard Schönborn favorisieren es. Allerdings, so Schönborn: "Dass das jetzige Gesetz oder was für eine Gesetzgebung auch immer wirklich etwas verändert in diesem Milieu, die Hoffnung habe ich im Laufe der Jahre aufgegeben."

Weitere Informationen
WIE KAM ES ZUM PROSTITUIERTENSCHUTZGESETZ?
Seit 1927 ist Prostitution in Deutschland nicht mehr gesetzlich verboten. Allerdings galt sie als sittenwidrig und gemeinschaftsschädlich. Prostituierte waren deswegen weitgehen rechtlos.

Mit der Einführung des Prostitutionsgesetzes 2002 änderte sich das grundlegend. Die Prostituierten konnten jetzt ihre Honorare einklagen und sich kranken- und rentenversichern. Es jubelten aber vor allem Bordellbetreiber, weil sie keine Angst mehr vor Razzien haben mussten. Deutschland galt plötzlich als Europas "Sex-Paradies", weil in den Nachbarländern restriktivere Gesetze galten. Für die Prostituierten änderte sich zudem kaum etwas: Auch zehn Jahre nach der Einführung zahlten nicht mehr Prostituierte in die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung ein als vorher – nur etwa ein Prozent hatte einen Arbeitsvertrag.

Am 1. Juli 2017 trat das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Dadurch wurden die Bordellbetreiber stärker in die Verantwortung genommen. Sie brauchen jetzt eine behördliche Erlaubnis, Bordellbetreiber dürfen nicht mehr "einschlägig" vorbestraft sein – z.B. wegen Zuhälterei oder Menschenhandel. Die Zimmer müssen Notrufe haben, "Flatrate-Sex" ist verboten und es darf keine Werbung für Sex mit Schwangeren gemacht werden. Prostituierte müssen sich offiziell anmelden und sich regelmäßig beraten lassen. Außerdem gibt es eine Kondompflicht, für die ein Freier bei Zuwiderhandlung bis zu 50.000 Euro zahlen muss.

Ende der weiteren Informationen
Sendung: hr-iNFO Politik, 21.1.2020, 21:35 Uhr

Quelle: hr-iNFO

https://www.hr-inforadio.de/programm/th ... z-100.html

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von malin »

Habe gerade auf der Seite des Münchner FKK Clubs Atlantis entdeckt, dass die Bedingung zur Arbeitsaufnahme im Club neben dem beliebten "Hurenpass" immer noch bzw. jetzt zusätzlich eine "Anmeldebescheinigung beim Kommissariat 35" (= die Sitte) umfasst.

Das finde ich wirklich merkwürdig und schräg.

Müsste die allumfassende Anmeldung nach ProstSchG nicht ausreichen?
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von deernhh »

malin hat geschrieben:
06.02.2020, 17:23
Habe gerade auf der Seite des Münchner FKK Clubs Atlantis entdeckt, dass die Bedingung zur Arbeitsaufnahme im Club neben dem beliebten "Hurenpass" immer noch bzw. jetzt zusätzlich eine "Anmeldebescheinigung beim Kommissariat 35" (= die Sitte) umfasst.

Das finde ich wirklich merkwürdig und schräg.

Müsste die allumfassende Anmeldung nach ProstSchG nicht ausreichen?
Merkwürdig.
Normalerweise müsste die gesundheitliche Beratung, wofür man einen Ausweis kriegt und der Hurenausweis ausreichen.
Aber zusätzlich noch Anmeldebescheinigung vom Kommissariat 35 (Abteilung Menschenhandel und Zuhälterei) in München, was auch noch 35 € kostet? Hm, hm, merkwürdig ...

Hier der FKK-Club Atlantis:
https://fkk-club-munich.de/fkk-saunaclub-muenchen-jobs

Aber auch im FKK-Club shunshine ist es so:
https://ks.fkk-sunshine.de/index.php/de/jobs-de

Vermute mal, dass es auch in anderen Clubs so ist.

Falls es nicht erwünscht ist, dass ich die Links hier eingestellt habe, dann entferne ich sie natürlich umgehend.

Hier der Gesetzestext (ab Seite 10)
4623182.pdf
(224.33 KiB) 203-mal heruntergeladen

Liebe Grüße von deernhh

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von malin »

Oh wow, danke für die Links! Laut 1.2 Erfassung von Prostituierten durch die Polizei müsste diese bundesweit einmalige (und auch einmalig entwürdigende) Regelung mit der Anmeldung bei der Sitte ja eigentlich nun hinfällig sein.

Wird aber von den Clubs wohl weiterhin verlangt, komplett "freiwillig" natürlich - vorauseilender Gehorsam vermute ich mal. Ätzend.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von Kasharius »

Also nach einem grobschlächtigen Überdenken würde ich dies für rechtlich unzulässig halten. Hier würde mich auch das Votum von @Friederike sehr interessieren. Die ohnehin restriktiven Regelungen dürften m.E. nicht noch durch Betreiber unterlaufen werden. Hier werden meiner Ansicht nach Risiken der Betreiber (sie sollen ja Ausbeutung und Zwang nach ProstschG unterbinden) auf die SW abgewälzt; das ist wahrscheinlich gut dotierten Kollegenhirnen entsprungen...

Soviel von mir.

Kasharius grüßt

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Re: Umsetzung Prostituiertenschutzgesetz

Beitrag von deernhh »

Hier noch ein Link zur Anmeldung in München

https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtve ... esetz.html