Beschreibung der Geschlechtskrankheiten und anderer sexuell übertragbarer Erkrankungen (STD)
Hepatitis B
Die Hepatitis B ist eine durch das Hepatitis B-Virus (HBV) hervorgerufene entzündliche Erkrankung der Leber, die in ihrem Verlauf jedoch eine generalisierte Symptomatik hervorruft und deshalb als systemische Erkrankung aufzufassen ist.
Die Krankheit verläuft in den meisen Fällen akut und heilt nach mehreren Monaten aus, wobei allerdings nicht selten organische Dauerschäden verbleiben. Sie kann aber auch einen chronischen Verlauf nehmen, der sich über mehrere Jahre erstreckt und nicht selten mit der völligen Zerstörung der Leber endet. In diesem Fall besteht die einzige Möglichkeit, das Leben des Patienten zu retten, in der Lebertransplantation. Aufgrund der komplexen Immunantwort, die den Verlauf der Erkrankung weitgehend bestimmt, sind die grundlegenden Mechanismen dieser Infektionserkrankung erst relativ spät im Detail bekannt geworden. Deren Verständnis setzt immunologisches Grundwissen voraus, weshalb ich hier auf die Darstellung pathologischer Einzelheiten verzichte und mich auf die Beschreibung der Infektionswege, der Diagnostik, des klinischen Bildes (Symptomatik), der Therapiemöglichkeiten, der Prophylaxe (Impfung) und Epidemiologie beschränken muss.
Grundlegendes zu HBV :
Das Virus besteht aus einer Hülle, einer darunter liegenden Kapsel (oder Kern) und dem darin befindlichen genetischen Material des Virus (DNA).
Einzelne Bestandteile dieser Strukturen sind sowohl für die Immunantwort als auch für Diagnose und Schutzimpfung von entscheidender Bedeutung, weshalb sie kurz erläutert werden sollen :
Die Hülle enthält ein Oberflächenmolekül, das eine Immunantwort auslöst. Moleküle, die eine Immunantwort hervorrufen können (d.h. die Produktion von Antikörpern), nennt man Antigene. Man spricht deshalb vom sog. HBs-Antigen (s = surface, Oberfläche).
Der unter der Hülle liegende Kern trägt ein weiteres Antigen, das HBc-Antigen (c = core, Kern). Im Serum ist ausserdem das HBe-Antigen, ein Hüllprotein (e = envelope, Hülle), nachweisbar. Die Vermehrung des Virus erfolgt ausschliesslich in der Leber.
Infektion und Krankheitsbild
Die Übertragung erfolgt durch Kontakt mit HBV-kontaminiertem Blut und Blutprodukten und anderen infektiösen Körperflüssigkeiten, wie Speichel, Harn und Genitalsekreten. Betroffen sind vorwiegend nicht geimpfte Personen im Gesundheitsdienst (z.B. durch akzidentelle Verletzung bei der Blutabnahme oder bei der Versorgung blutender Wunden), Drogenabhängige (needle sharing), Prostituierte, Sextouristen und Personen mit hoher Promiskuität (überdurchschnittlich hoher Wechsel von Sexpartnern). Die Übertragung einer für die Infektion ausreichenden Virusmenge kann auch durch intensives Küssen erfolgen, was bei sog. Ausscheidern (Personen mit hohem Virustiter) sehr leicht möglich ist.
Die Inkubation liegt bei 4 bis 12 Wochen. Darauf folgt die akute Phase der Infektion mit oder ohne Gelbsucht (Ikterus) und sehr unterschiedlicher Dauer (2 bis 12 Wochen). Die als Folge der HBV-Infektion auftretende Leberzellschädigung beruht nicht auf Direktwirkung des Virus, sondern auf der durch HBV hervorgerufenen zellulären Immunantwort gegen die Antigene HBs und HBc, die nach dem Eindringen des Virus in die Leberzellen an der Zellmembran in Erscheinung treten.
Bei ca. 1 % der Erkrankten kommt es zu einer fulminanten, oft tödlich verlaufenden Hepatitis, bei 80 bis 90 % verläuft die Infektion gutartig mit vollständiger Heilung und Elimination des Virus aus dem Körper, und bei 5 bis 10 % entwickelt sich eine chronische Infektion, bei der wiederum drei Verlaufsformen unterschieden werden :
Der "gesunde" HBV-Träger (oft Ausscheider), der keine klinischen Symptome und nur minimale Leberveränderungen zeigt, die chronisch-persistierende Hepatitis (CPH), ohne Virusvermehrung und ebenfalls geringen Leberveränderungen und schliesslich die chronisch-aggressive Hepatitis (CAH), mit massiver Virusvermehrung, mit dem Endstadium der schweren Leberzirrhose.
Erst Ende der 70er Jahre wurde ein weiterer Virustyp entdeckt, das Hepatitis D-Virus (HDV), das vor allem in afrikanischen und südasiatischen Ländern als Begleiterreger bei HBV-Infizierten auftrat. Es zeigte sich, dass bei Anwesenheit von HDV die Infektion mit HBV wesentlich schwerere Verlaufsformen annahm und sich in höherem Prozentsatz eine chronisch-aggressive Hepatitis entwickelte. In Zentralafrika ist der Großteil der HBV-Träger auch mit HDV infiziert, weshalb eine Ansteckung dort ein besonders hohes Risiko birgt, an chronischer Hepatitis zu erkranken.
In afrikanischen Ländern entwickelt sich auf dem Boden einer chronischen Hepatitis sehr häufig ein Leberzellkarzinom.
Symptome der akuten Hepatitis :
Gegen Ende der Inkubation, noch vor dem Stadium der Gelbsucht,
stellt sich ein uncharakteristisches Krankheitsgefühl ein. Abneigung gegen manche Speisen, Schwindel, Erbrechen, Leibschmerzen. Bei ca. 20 % kommt es in diesem Stadium auch zu folgenden Leitsymptomen, die den erfahrenen Arzt i.d.R. rasch an eine Hepatitis denken lassen : Fieber, Ausschlag und rheumaartige Gelenks- und Muskelschmerzen.
Zwei bis 14 Tage später entwickelt sich eine ausgeprägte Gelbsucht, die Leber ist prall vergrößert, die Patienten fühlen sich jedoch subjektiv besser. Bei langdauernder Gelbsucht entsteht mitunter heftiger Juckreiz (Anreicherung von Gallensäuren in der Haut). Die Gelbsucht ist Ausdruck des erhöhten Spiegels an gelbem Gallenfarbstoff (Bilirubin) im Blut. Sie tritt zuerst in den Skleren der Augen in Erscheinung und wird zu Beginn meist nicht vom Patienten selbst, sondern vom sozialen Umfeld wahrgenommen. Die Rekonvaleszenz kann Wochen dauern, und oft werden bestimmte Speisen Monate bis Jahre später nicht toleriert, bzw. bestehen mehr oder weniger ausgeprägte Verdauungsprobleme. Insbesondere fette und cholesterinreiche Speisen (Eier, Innereien) werden nicht vertragen. Je jünger Patienten sind, desto leichter ist der Verlauf.
Differentialdiagnostisch ist zu beachten, dass, abgesehen von den übrigen Virushepatitiden (A,D,C,E), auch andere Infektionskrankheiten mit Gelbsucht einher gehen können, man spricht hier von einer Begleithepatitis : Bei Syphilis (Lues III), Infektionen mit Viren der Herpesgruppe und Malaria können schwere Hepatitiden den Verlauf verkomplizieren. Vor allem nach Tropenreisen ist bei unklarer Oberbauchsymptomatik und Fieber immer an eine Hepatitis B zu denken und bei Gelbsucht gegen das eventuelle Vorliegen einer Malaria sorgfältig abzugrenzen.
Schliesslich gibt es noch die sog. Autoimmun-Hepatitis (Antikörper werden gegen eigene Leberzellen produziert). Eine Gelbsucht kann ausserdem bei Gallenwegserkrankungen (Gallenblasenentzündung, Gallensteinen), Tumoren der Leber, Gallenblase, Bauchspeicheldrüse und des Zwölffingerdarms, sowie bei manchen Stoffwechselstörungen auftreten (Morbus Weil, idiopathische Hyperbilirubinämie..).
Diagnose
Die Hepatitis B wird an Hand der klinischen Symptome und vor allem durch den Nachweis der verschiedenen HBV-Antigene, bzw. der gegen sie gerichteten Antikörper diagnostiziert. Beide, Antigene wie Antikörper, lassen sich im Blut des Patienten mittels immunologischer Tests nachweisen. Die einzelnen Komponenten treten dabei nach gewissen Gesetzmässigkeiten auf :
Zuerst findet man das HBs- und das HBe-Antigen, wobei letzteres ein Indikator für aktive Virusvermehrung ist. Etwa zeitgleich mit dem Auftreten klinischer Symptome erscheinen auch Anti-HBc-Antikörper. Als Screening-Test, vor allem zum Ausschluß einer Hepatitis B, eignet sich deshalb die Bestimmung der Anti-HBc-Antikörper (Ak-Klassen IgG und IgM). Die gegen Ende der akuten Phase erscheinenden Anti-HBe-Ak bleiben nur wenige Monate nachweisbar und sind deshalb ein Indikator für eine noch nicht lange zurückliegende Infektion. Die zuletzt auftretenden Anti-HBs-Ak werden als Zeichen der Rekonvaleszenz (Genesung) und der sich ausbildenden Immunität gegen HBV gewertet und bleiben jahrelang nachweisbar.
Die Entwicklung zu einer chronischen Hepatitis B-Infektion kann an einem veränderten Ag-Ak-Profil abgelesen werden : Die beiden Antigene HBs und HBe verbleiben noch ca. 10 Wochen nach Krankheitsbeginn, und das Auftreten der Anti-HBe- und Anti-HBs-Ak unterbleibt. Falls sich später doch noch eine Verschiebung von HBe-Ag zu Anti-HBe-Ak einstellt, zeigt dies die Beendigung der aktiven Virusvermehrung und einen prognostisch günstigen Verlauf ohne schwere chronische Lebererkrankung an.
Die Interpretation des serologischen Befundes gibt Aufschluß über die Stadien der Erkrankung, Infektiosität, Ausscheidertum und Genesung und erlaubt darüber hinaus prognostische Angaben zum individuellen Krankheitsverlauf. Zeichen für Infektiosität des Blutes sind HBe-Ag, HBs-Ag und natürlich HBV selbst.
Therapie
Die Virustatika Famciclovir und Lamivudin zeigen oft, aber leider nicht immer den gewünschten Erfolg. Bewährt hat sich der Einsatz von Interferonen, insbesondere Interferon-alpha2.
Um im Fall einer Lebertransplantation das transplantierte Organ vor
Neubefall im Körper zu schützen, kommen hochdosiert Immunglobuline zum Einsatz (Antikörper), die als "Virusfänger" dienen. Darüber hinaus gibt es keine kausal wirksame Therapie.
Die Symptome der Hepatitis werden je nach Stadium und Bedarf behandelt. Teils kommen Steroide (Cortison) zur Eindämmung der Entzündungsreaktion und des Aszites (Ausschwitzen der Leber von Wasser in die freie Bauchhöhle bei Zirrhose) zur Anwendung.
Prophylaxe und Schutzimpfung
Die wichtigste Massnahme zur Verhinderung der Übertragung ist die Überprüfung aller Blutspender auf HBs-Antigen. Auch auf peinlich genaue Sterilisation aller ärztlichen Instrumente ist zu achten.
Insbesondere sollte die Übertragung durch Blutreste an Kanülen etc. durch entsprechende Vorsichtsmassnahmen verhindert werden. Bei Verletzung mit Kontakt von HBV-haltigem Blut muss sofort aktiv und passiv geimpft werden, und zwar innerhalb von 6 bis 12 Stunden.
Die Ansichten der Fachwelt hinsichtlich gleichzeitigen aktiven und passiven Immunisierens sind geteilt. Manche Infektiologen lehnen es aus impfstrategischen Gründen ab, weil die Immunglobuline der passiven Impfung z.T. die in der aktiven Vakzine enthaltenen Antigene neutralisieren und deren Wirkung somit abschwächen.
In Wien gibt man überwiegend der kombinierten Prophylaxe den Vorzug.
Schutzimpfung : Seit einigen Jahren ist die aktive Immunisierung mit einem Totimpfstoff möglich, der sich durch weit geringere Nebenwirkungsrate gegenüber dem bisher gebräuchlichen Lebendimpfstoff auszeichnet. Das Impfantigen besteht aus gentechnisch hergestelltem HBs-Antigen. Drei Dosen erzeugen einen fast 100%igen Schutz. Der Impferfolg sollte kontrolliert werden, da Menschen unterschiedlich stark auf den Impfstoff ansprechen. Wie bei allen anderen Impfungen auch, unterscheidet man gute von schlechten Respondern. Bei niedrigem Anti-HBs (kleiner 10 U) ist eine baldige Auffrischung angezeigt.
Wichtig : Nach der Geburt eines Kindes, dessen Mutter HBs-Ag-positiv ist, muss innerhalb von 12 Stunden passiv geimpft werden, ausserdem ist ehestens eine aktive Immunisierung vonnöten.
Die Untersuchung schwangerer Frauen auf HBs-Ag gehört daher zur Mutterschaftsvorsorge (Mutter-Kind-Paß).
Epidemiologie
Die Durchseuchung ist in Griechenland, Asien und Afrika sehr hoch.
In Afrika und Asien liegt die Zahl der Infizierten bei 300 Mio. !!!
In diesen Ländern wird die Erkrankung in erster Linie durch sexuellen Kontakt übertragen. Bei uns beschränkt sich die erhöhte Inzidenz auf Drogenabhängige und Prostituierte. Hepatitis B ist die epidemiologisch bedeutsamste Infektionserkrankung der Gegenwart. Die Zahl der weltweit auf diese Erkrankung zurückzuführenden Todesfälle ist mehr als doppelt so groß wie die auf alle anderen Infektionskrankheiten zusammen. Angesichts dieser Tatsache wundert es ein wenig, dass im Zusammenhang mit sexuell übertragbaren Krankheiten AIDS nach wie vor einen dermaßen überhöhten Stellenwert im Bewusstsein der Öffentlichkeit einnimmt.
Im Vergleich zu Hepatitis B ist AIDS aus epidemiologischer Sicht eine Bagatelle. Seit dem ersten Auftreten von AIDS in Österreich vor rund 20 Jahren sind ca. 1600 Personen dieser Krankheit zum Opfer gefallen. An den Folgen der Hepatitis B sterben jährlich fast doppelt soviele. Daher :
Bitte lasst Euch unbedingt impfen !!!
Genitaltraktinfektionen/sexuell übertragbare Krankheiten VI
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