Drei Symptome weisen auf Infektionen im Genitaltrakt hin :
Lokale Schmerzen, Ausfluß und Läsionen an der Eintrittsstelle des Erregers (z.B. Geschwüre).
Geschwüre kommen vor bei der Syphilis (Ulcus durum : hartes und schmerzloses Geschwür), dem Ulcus molle (weich und schmerzhaft) und bei Herpes simplex.
Papeln finden sich bei Syphilis, genitalen Warzen und dem Molluscum contagiosum, einer seltenen, durch pockenvirusähnliche Viren hervorgerufenen Hauterkrankung.
Die Symptome werden im Rahmen der Vorstellung der einzelnen Krankheitsbilder jeweils genau beschrieben werden.
Diagnostik
Der Erregernachweis ist immer zu führen, wenn Infektionen mit übertragbaren Risikokeimen nicht auszuschliessen sind. Dies ist umso mehr erforderlich, um Infektionsquellen und Übertragungswege aufzudecken und so bisher nicht infizierte Personen vor Ansteckung zu schützen (keine Freigabe via "Deckel" und, wenn erforderlich, Meldung an Exekutive).
Darüber hinaus ist die mikrobiologische Labordiagnostik die einzige Möglichkeit, Informationen zur gezielten Therapie zu erhalten.
Untersuchungsmaterial
Die erste Probe sollte vor Beginn einer Antibiotikatherapie gewonnen werden. Sind weitere Proben erforderlich, z.B. bei Therapieversagen, empfielt sich eine Probenentnahme ca. zwei Tage nach Absetzen der Antibiotikatherapie.
Abstrich
Da es sich bei Genitaltraktinfektionen i.d.R. um Lokalinfektionen handelt, muß Material vom Infektionsort gewonnen werden, also Sekret aus Harnröhre, Vagina, Gebärmutter oder Prostata. Dies gilt auch für aufsteigende Genitalinfektionen : Bei Eileiterentzündung z.B. ist geeignetes Material im Rahmen einer Laparoskopie (Bauchspiegelung mittels Endoskop) zu gewinnen, während Zervixabstriche in diesem Fall für den Erregernachweis nur wenig geeignet sind.
Manche Erreger werden im Labor mit rel. aufwendigen Spezialmethoden nachgewiesen (z.B. Chlamydien). Dafür muß das Untersuchungsmaterial mit speziellen Abnahmebestecken gewonnen werden.
Treponema pallidum, der Erreger der Syphilis, kann aus dem Geschwür des Ulcus durum (sog. Primäraffekt) mikroskopisch nachgewiesen werden. Das ist insoferne von Bedeutung, als im Frühstadium der Erkrankung der Antikörper-Nachweis im Serum
unsicher ist.
Die labordiagnostische Sicherung der Diagnose sexuell übertragbarer Allgemeininfektionen erfolgt durch den Nachweis von Antikörpern im Serum (Blut) und wird im Fall der Hepatitis B und der HIV-Infektion durch direkten Erregernachweis ergänzt (bei HIV zunächst Screening durch Antikörper-Nachweis mittels ELISA, anschliessend bestätigender Antigen-Nachweis (Virus) mittels WESTERN BLOT).
Vorgehen im Labor
Abstrichmaterialien werden mikroskopisch untersucht und ggf. auf geeignete Kulturmedien (Nährböden) überimpft, oder, wie im Falle des Chlamydiennachweises, Spezialuntersuchungen zugeführt (Ligasekettenreaktion, Antigennachweis, Zellkultur).
Der mikroskopische Nachweis von Diplokokken = Gonokokken(mikroskopisch zu sehen in Form von jeweils zwei aneinandergelagerten Kugelbakterien innerhalb bestimmter Immunzellen) spricht für eine Gonorrhoe. Umgekehrt schliesst ein Fehlen dieses Befundes eine Gonorrhoe nicht aus. (Es liegt also nicht so einfach, wie es sich der Laie zuweilen vorstellt, und eine sichere Diagnose erfordert einerseits oft mehrere Untersuchungsschritte, sowie einen erfahrenen Kliniker, der sich in der Diagnosestellung nicht ausschliesslich auf die Ergebnisse einzelner Labortests verlässt).
Der Nachweis von Vaginitiserregern, insbesondere von Trichomonaden, erfolgt idealerweise mikroskopisch unmittelbar nach Entnahme von Vaginalsekret. Im selben Präparat kann auch das Vorhandensein von Sproßpilzen (Soor) festgestellt werden.
Der entnehmende Arzt muß daher in mikroskopischer Technik geschult und fähig sein, erhobene Befunde entsprechend zu beurteilen (leider ein Manko vieler Ärzte, weswegen hier oft die wesentlich kostenintensivere Labordiagnostik zum Einsatz kommt).
Kalkulierte Antibiotikatherapie
Die kalkulierte Therapie von Genitaltraktinfektionen und aufsteigenden Infekten muß neben Bagatellkeimen auch Gonokokken und Chlamydien erfassen, daher kommt in der klinischen Praxis bevorzugt folgendes Schema zur Anwendung :
Ein Cephalosporin (z.B. Ceftriaxon) einmalig 500 mg i.m. plus ein Tetracyclin-Präparat (z.B. Doxycyclin) über 14 Tage 200 mg.
Die angegebene Dosierung bezieht sich auf Personen mittleren Körpergewichts, somit auf den überwiegenden Teil der Frauen.
Partnerbehandlung ist erforderlich und selbstverständlich erfolgt keine Freigabe zur Berufsausübung.
Warum überhaupt eine "kalkulierte" Therapie ?
Ganz einfach : Weil sie einerseits die teuren diagnostischen Maßnahmen erübrigt und somit billiger kommt. Geld geht den Versicherern und erst recht Vater Staat vor Gesundheit...

Andererseits hat die sofort einsetzende Behandlung mit solchen Breitbandantibiotika den Vorteil der rascheren Genesung, - unter der Voraussetzung, dass keine Resistenz der Erreger gegen diese Wirkstoffe besteht. In diesem Zusammenhang ist der massive und unkritische Einsatz solcher Breitbandantibiotika mit gravierenden Nachteilen verbunden, aber davon später.
Gezielte Antibiotikatherapie
Vaginitis : Da die typischen Vaginitiserreger vor Ort an Hand des mikroskopischen Befundes identifiziert werden (sollten), erfolgt die Therapie gezielt : Bei Soor (Candidiasis) werden Antimykotika (z.B. Isoconazol) in Form von Zäpfchen oder Cremes lokal verabreicht. Bei Nachweis von Trichomonaden und Gardnerella vaginalis (Fluor = Ausfluß) gibt man Metronidazol (Einmalgabe oder über 7 Tage).
Harnröhrenentzündung, Gebärmutterhalsentzündung : Die Therapie von Gonokokkeninfektionen (Tripper) erfolgt mit Cephalosporinen (z.B. Ceftriaxon 500 mg). Für Chlamydien ist das Mittel der Wahl Doxycyxlin, in der Schwanderschaft ein Makrolid-Antibiotikum (z.B. Erythromycin). Infektionen durch Herpes simplex-Viren werden mit Acyclovir therapiert (als Salbe lokal auf Bläschen aufzutragen).
Bei Vorliegen unspezifischer Eitererreger (Steptokokken, Staphylokokken, Pseudomonaden etc. ) wird gemäß Antibiogramm vorgegangen : Erreger aus dem Abstrich werden in Kultur gebracht,
und nach erfolgreichem Wachstum (= doppelter Nachweis) werden einzelne Fraktionen der Kultur mit unterschiedlichen Antibiotika versetzt. Die Fraktion, die am sensibelsten reagiert, hat das für die Behandlung geeignete Antibiotikum erhalten, welches dem Patienten verschrieben werden muss.
Syphilis : Treponema pallidum ist am empfindlichsten gegen Penicillin G. Mittel der Wahl ist daher z.B. Ospen hochdosiert.
Ulcus molle : Therapie der Wahl sind Makrolide (z.B. Erythromycin). Cephalosporine können wirksam sein, mit Tetracyclinen gibt es häufig Therapieversager.
Lymphogranuloma venereum : Gegen die seltenen Serotypen der verantwortlichen Chlamydien ist Doxycyclin das Mittel der Wahl. Alternativ bei Schwangeren ein Makrolid.
Meldepflicht
Fälle von Gonorrhoe, Syphilis, Ulcus molle und Lymphogranuloma venereum sind nach dem Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten ohne Namensnennung dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden (Art der Erkrankung, Alter, Geschlecht).
Eine namentliche Meldung erfolgt erst dann, wenn der Patient die Therapie verweigert oder grundlos unterbricht, sich Kontrolluntersuchungen entzieht, offensichtlich falsche Angaben zur Infektionsquelle macht oder seine Lebensweise eine nachhaltige Gefahr für die Übertragung auf andere darstellt.
Eine begründete Unterbrechung läge vor bei Nichtvertragen der verordneten Chemotherapie infolge Antibiotika-Allergie oder nicht zu tolerierender Arzneimittelnebenwirkungen, oder auch bei Therapieversagen. Hier müßte der Amtsarzt ggf. die Unterbrechung der Therapie schriftlich sanktionieren und ein alternatives Therapieschema erstellen.