Vergewaltigungsprozess in Avignon (Frankreich)

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Vergewaltigungsprozess in Avignon (Frankreich)

Beitrag von deernhh »

51 Angeklagte
Diese Männer sollen Gisèle Pelicot vergewaltigt haben


Von Simone Bischof
07.12.2024 - 13:46 Uhr
Lesedauer: 17 Min.

Gisèle Pelicot vor ihrer Anhörung am Dienstag in Avignon.
Gisèle Pelicot: Die heute 72-Jährige kämpft dafür, das Problem sexueller Gewalt in Frankreichs Gesellschaft sichtbarer zu machen. (Quelle: Sarah Meyssonnier/reuters)

Die Angeklagten sind zwischen 26 und 74 Jahre alt, viele von ihnen haben keine Vorstrafen. Was über die Männer bekannt ist, die beschuldigt werden, Gisèle Pelicot vergewaltigt zu haben.

Insgesamt 50 Beschuldigte stehen neben dem Hauptangeklagten im Vergewaltigungsprozess von Avignon vor Gericht. Dominique Pelicot, 72, der damalige Ehemann von Gisèle Pelicot, soll die Männer im Internet angeworben haben, um seine betäubte Ehefrau zu vergewaltigen – der Anklage zufolge kamen sie dieser Einladung nach.

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48 Männern wird – so wie Dominique Pelicot – Vergewaltigung vorgeworfen, einem versuchte Vergewaltigung und einem sexuelle Nötigung; fünf von ihnen sollen zudem Missbrauchsdarstellungen von Kindern besessen haben. Die Männer sind zwischen 26 und 74 Jahre alt und kommen aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten. Unter ihnen sind etwa ein Krankenpfleger, ein Computerspezialist, ein Gefängniswärter, mehrere Lkw-Fahrer und ein Soldat. Ihnen drohen jeweils bis zu 20 Jahre Gefängnis.

Sechs Angeklagte sind bereits wegen häuslicher Gewalt vorbestraft, zwei wegen sexueller Gewalt. Insgesamt 23 wurden bereits wegen Straftaten wie Trunkenheit am Steuer und Drogenbesitzes verurteilt. Die meisten von ihnen lebten im Südosten Frankreichs. Medienberichten zufolge stammen mindestens drei Männer aus dem Dorf Mazan, wo die Pelicots lebten, die anderen aus einem Umkreis von 60 Kilometern.

Der Ehemann gesteht, ein Vergewaltiger zu sein
Dominique Pelicot vor Gericht in Avignon (Archivbild): Der mutmaßliche Serienvergewaltiger sagte heute vor Gericht aus.

Dominique Pelicot vor Gericht in Avignon (Archivbild): Der mutmaßliche Vergewaltiger bot seine damalige Ehefrau im Internet für sexuellen Missbrauch an. (Quelle: Valentin Pasquier/imago-images-bilder)

Einige wenige der Angeklagten haben die Vergewaltigung zugegeben. Vor Gericht haben sie sich bei Gisèle Pelicot, heute 72 Jahre alt, entschuldigt. Die meisten wiesen den Vorwurf zurück und erklärten, sie hätten geglaubt, an einem Spiel des Paares teilzunehmen. Doch es war kein Spiel: Die ehemalige Logistikmanagerin wurde unwissentlich von ihrem Ex-Mann sediert, indem er ihr Schlaftabletten und angstlösende Medikamente ins Essen und in Getränke mischte. Im bewusstlosen Zustand wurde sie dann von Männern vergewaltigt. Ihr Ex-Ehemann hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bereits gestanden.

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Der Fall wird von einem Gremium aus fünf Berufsrichtern in der südfranzösischen Stadt Avignon verhandelt. Die Urteile in dem viermonatigen Gerichtsprozess sollen am 20. Dezember fallen. Gisèle Pelicot hat auf ihr Recht auf Anonymität verzichtet, um die Öffentlichkeit auf sexuellen Missbrauch sowie drogenbedingte Bewusstlosigkeit und Gedächtnislücken aufmerksam zu machen, wie sie sagte: "Die Schande muss die Seiten wechseln."

Chemische Unterwerfung
Laut dem französischen juristischen Portal "Actu Juridique" wurde bei Gisèle Pelicot mit chemischer Unterwerfung der Schlaf erzwungen und ihr jede Möglichkeit genommen, sich auszudrücken: Sie konnte weder zustimmen noch verbal protestieren oder sich körperlich widersetzen. Der Begriff "chemische Unterwerfung" beschreibt erst in jüngster Zeit die Verabreichung von psychotropen Substanzen ohne Wissen des Opfers.

Die Täter
Zwischen 2011 und 2020 vergingen sich mindestens 82 Männer an Gisèle Pelicot. Sie vermutet, dass es rund 200-mal passierte. Längst nicht alle Täter konnten identifiziert und ermittelt werden. Die vollständigen Namen der Angeklagten wurden von der Polizei offiziell nicht bekannt gegeben. Zu 43 Beschuldigten gibt es Informationen, die während des Prozesses bekannt wurden.

Joan K. (26): Der Soldat der französischen Armee ist der jüngste Mann vor Gericht. Er war 22 Jahre alt, als er Gisèle Pelicot zweimal – 2019 und 2020 – vergewaltigt haben soll. Vor Gericht erklärte er: "Ich bin ein Vergewaltiger, weil das Gesetz mich dazu bestimmt hat." Er habe keine Vergewaltigungsabsicht gehabt und nicht gewusst, "was Zustimmung ist". In der Nacht, als er Pelicot zum ersten Mal vergewaltigt haben soll, fehlte er bei der Frühgeburt seiner Tochter. Als Teenager habe er auf der Straße gelebt. Ein Psychologe beschrieb ihn als chronischen Alkohol- und Cannabiskonsumenten, der "depressiv, impulsiv und einsam" sei.

Hassan O. (30): Der in Marseille geborene Hassan O. steht in Abwesenheit vor Gericht. Er soll Gisèle Pelicot im März 2018 vergewaltigt haben. Da er Frankreich inzwischen verlassen hat, wurde ein internationaler Haftbefehl gegen ihn erlassen. Wann und aus welchem Grund er das Land verlassen hat, ist nicht bekannt. O. wurde Medienberichten zufolge 13-mal zwischen 2010 und 2017 wegen Diebstahls, Gewalt, Drogen- und Waffenbesitzes verurteilt.

Grégory S. (31): Der Maler und Lackierer wurde bereits siebenmal verurteilt, seine Straftaten reichen von Drogenbesitz bis zu Verkehrsdelikten. Er soll Gisèle Pelicot im Juni 2017 vergewaltigt haben. Die Vorwürfe hat er bestritten und sagte, er habe der Behauptung ihres Ex-Ehemannes geglaubt, dass seine Frau gern "Liebe im betrunkenen Zustand" mache. In einem Beweisvideo soll er lachend zu sehen sein. Zur Tatzeit war Grégory S. 24 Jahre alt und habe täglich bis zu 15 Joints geraucht, um den Verlust seiner ungeborenen Tochter zu überwinden. Das Kind starb im siebten Schwangerschaftsmonat aufgrund eines Herzfehlers.

Paul G. (31): Dem Mann wird vorgeworfen, Gisèle Pelicot 2016 vergewaltigt zu haben. Vor Gericht gestand er und sagte, dass er seine Tat damals nicht als Vergewaltigung angesehen habe. Zur Tatzeit war er 23 Jahre alt und wollte "Spaß haben, ohne viel nachzudenken". Er entschuldigte sich bei Gisèle Pelicot. G. wurde in Guinea als Sohn einer Hebamme und eines Pfarrers geboren. Mit 16 Jahren kam er als unbegleiteter Minderjähriger mit einem Boot nach Frankreich. Er ist Vater eines Kindes. In Frankreich wurde er wegen Diebstahls, Urkundenfälschung sowie häuslicher Gewalt verurteilt.

Florian R. (32): Der Lieferfahrer wurde bereits wegen neun Vergehen verurteilt, darunter Fahren ohne Führerschein, Einbruch und Hehlerei. Gisèle Pelicot soll er im Dezember 2019 vergewaltigt haben. Er bestritt die Vergewaltigung und sagte, er habe gedacht, es sei ein "einvernehmliches Spiel zwischen drei Personen" gewesen. Seine Mutter sagte vor Gericht: "Ich habe mich gefragt, ob ich bei seiner Erziehung etwas falsch gemacht habe." Seinen leiblichen Vater kenne R. nicht.

Prozess in Avignon: Mitangeklagte sprechen im Gerichtsgebäude mit einer Anwältin (re.). (Quelle: Christophe Simon/AFP/dpa)

Quentin H. (34): Der Gefängniswärter wird beschuldigt, Gisèle Pelicot im November 2019 vergewaltigt zu haben. Er sagte, er habe über eine Webseite Drogen verkauft. Auf dieser Seite habe Dominique Pelicot nach Männern gesucht, die seine Frau misshandeln sollten. H. arbeitete in dem Gefängnis bei Avignon, in das Dominique Pelicot nach seiner Verhaftung gebracht wurde. Als er Zeitungsberichte über die Inhaftierung las, habe er gewusst, dass "früher oder später die Polizei an meine Tür klopfen würde", sagte er. Er hat die Vergewaltigung gestanden. Während seiner Kindheit habe es ihm "an nichts gefehlt". Später habe ihn das Glücksspiel in finanzielle Schwierigkeiten gebracht.

Adrien L. (34): Der ehemalige Bauleiter wurde 2023 in einem anderen Verfahren wegen dreifacher Vergewaltigung verurteilt und verbüßt aktuell eine 14-jährige Gefängnisstrafe. Er bestritt, Gisèle Pelicot im März 2014 vergewaltigt zu haben. Stattdessen sei er von einem Spiel des Ehepaares ausgegangen. Zur Tatzeit war er 23 Jahre alt. Er besuchte eine Privatschule, bevor er in das erfolgreiche Bauunternehmen seines Vaters einstieg. Anders als viele Mitangeklagte stammt er aus einer gut situierten Familie. Allerdings soll er im Alter von zehn Jahren von einem Cousin sexuell missbraucht worden sein. Zudem habe ein Vaterschaftstest aufgedeckt, dass er nicht der biologische Vater seiner Tochter ist. Von da an "empfand ich Hass auf Frauen", sagte er.

Mahdi D. (36): Der Transportarbeiter und Vater eines Kindes wird beschuldigt, Gisèle Pelicot im Oktober 2018 vergewaltigt zu haben. Auch er bestritt den Vorwurf und erklärte, Dominique Pelicot habe sich im Internet als Teil eines Paares vorgestellt, das alleinstehende Männer kennenlernen wolle. Über Gisèle Pelicot sagte er: "Man kann sich nicht vorstellen, was sie durchgemacht hat." Es sei "schrecklich" für ihn, darin verwickelt zu sein.

Omar D. (36): Der verheiratete Mechaniker, der in Avignon Busse reinigte, wird beschuldigt, Gisèle Pelicot im November 2017 vergewaltigt zu haben. Er bestritt den Vorwurf und erklärte, Dominique Pelicot habe ihm gesagt, was er tun solle – und er habe keine Fragen gestellt. "Es war mein erster Dreier und ich wusste nicht, wie das funktioniert", behauptete er vor Gericht.

Andy R. (37): Der arbeitslose Landarbeiter ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist zweimal wegen häuslicher Gewalt vorbestraft. Er wird beschuldigt, Gisèle Pelicot am Silvesterabend 2018 vergewaltigt zu haben. Seit seinem 13. oder 14. Lebensjahr soll er alkoholabhängig sein und regelmäßig Kokain konsumieren.

Ein Mitangeklagter verlässt das Gerichtsgebäude in Avignon. (Archivbild) (Quelle: CreditIMAGO / ABACAPRESS)

Saifeddine G. (37): Der dreifache Vater und Fernfahrer war verheiratet, als er beschuldigt wurde, Gisèle Pelicot im November 2019 vergewaltigt zu haben. Er gab zu, "versuchte Vergewaltigung" begangen zu haben, bestritt jedoch, dass es zum Vollzug gekommen sei. "Das soll die Sache nicht verharmlosen. Ich bin hier, damit Frau Pelicot die Wahrheit erfährt", sagte er vor Gericht und erklärte, "süchtig nach dem Internet" zu sein. Dort suche er aus "Langeweile" nach Partnerinnen.

Fabien S. (39): Der Mann hat 16 Vorstrafen: Sie reichen von bewaffnetem Raubüberfall und Drogenhandel bis zu häuslicher Gewalt und sexuellem Missbrauch von Minderjährigen. Fabien S. gestand, Gisèle Pelicot im August 2018 vergewaltigt zu haben – allerdings habe er nicht gewusst, dass ihr Mann sie betäubt hatte. Vor Gericht entschuldigte er sich bei ihr. Er behauptete, ab seinem zweiten Lebensjahr von seinem Vater sexuell missbraucht worden zu sein. Später kam er in verschiedene Pflegefamilien, auch dort sei er Gewalt und sexuellem Missbrauch ausgesetzt gewesen. Mit 16 Jahren wurde er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Im Alter von 18 bis 28 Jahren lebte er in Toulon als Alkoholiker auf der Straße.

Hugues M. (39): Der Fliesenleger, Motorradfan und zweifache Vater soll Gisèle Pelicot im Oktober 2019 vergewaltigt haben. Er bestreitet den Vorwurf und sagte, er habe nicht gewusst, dass sie unter Drogen stand. Seine 33-jährige Ex-Partnerin sagte dagegen vor Gericht, sie habe Angst, dass er auch sie unter Drogen gesetzt und sexuell missbraucht haben könnte. Beide hatten sich im Internet kennengelernt, waren fünf Jahre zusammen. 2019 soll Hugues M. nachts versucht haben, sie anzugreifen. Sie erstattete Anzeige bei der Polizei, die jedoch aus "Mangel an Beweisen" abgewiesen wurde.

Ludovick B. (39): Der Lagerarbeiter und Vater eines Kindes soll Gisèle Pelicot in einer Nacht zwischen Weihnachten und Neujahr 2019 vergewaltigt haben. Er gab einen "sexuellen Kontakt" zu, sagte dem Gericht jedoch, er habe nicht die Absicht gehabt, sie zu vergewaltigen. Dominique Pelicot habe ihn benutzt, um seine Fantasie auszuleben. B. soll regelmäßig Cannabis konsumieren. Als Kind sei er Opfer des berüchtigten Sexualstraftäters Fabrice Motch gewesen. Der Feuerwehrhauptmann war verurteilt worden, weil er jungen Freiwilligen der Feuerwehr Drogen verabreicht und sie vergewaltigt hatte. Motch, der für diese Straftaten zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde, verbüßt aktuell noch eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes.

Karim S. (40): Der Computerexperte mit zwei Universitätsabschlüssen bestritt, Gisèle Pelicot am 27. Juni 2020 vergewaltigt zu haben. Ihm wird außerdem vorgeworfen, Darstellungen von sexualisierter Gewalt an Kindern zu besitzen, die während der Ermittlungen auf seinem Computer gefunden wurden. Er bestritt auch diese Vorwürfe und sagte, er habe die Bilder "versehentlich" heruntergeladen. Er sagte aus, die Bewusstlosigkeit von Gisèle Pelicot für den Teil eines Spiels gehalten zu haben.

Einige der Angeklagten müssen mit Haftstrafen von bis zu 20 Jahren rechnen. (Archivbild) (Quelle: IMAGO / ABACAPRESS)

Redouane A. (40) Der arbeitslose und von seinen vier Kindern getrennt lebende Mann ist wegen häuslicher Gewalt, Einbruchs und Morddrohungen vorbestraft. Derzeit verbüßt er eine Gefängnisstrafe. 2019 soll er zweimal die Pelicots besucht haben. Er bestritt die Vergewaltigung. Redouane A. gab an, er rauche schon Cannabis, seit er zehn Jahre alt war. Er sei in diesem Alter auch Opfer sexuellen Missbrauchs durch einen alten Mann geworden. Mit 16 Jahren habe er die Schule verlassen. Vor Gericht sagte ein Psychiater, A. habe eine Persönlichkeitsstörung.

Simone M. (42): Der Bauarbeiter, Ex-Soldat und Vater von fünf Kindern wohnte nur rund 200 Meter von den Pelicots entfernt. Er ist der einzige mutmaßliche Vergewaltiger, den Gisèle Pelicot erkannte, als ihr die Polizei ein Beweisvideo zeigte. "Mit meiner Ex-Frau lief es nicht gut. Ich suchte nach Liebe, nach einer Begegnung, um zur Ruhe zu kommen", sagte M. vor Gericht. Ihm wird vorgeworfen, Pelicot am 14. November 2018 vergewaltigt zu haben. Er bestreitet das. Vor Gericht gab er an, als Teenager von einem Mann vergewaltigt worden zu sein. Zeitweise sei er alkoholabhängig gewesen. Mit seiner derzeitigen Lebensgefährtin hat er eine 15 Monate alte Tochter. Die Frau erklärte vor Gericht, dass sie zu ihm stehe.

Vincent C. (42): Der Zimmermann wurde 2021 wegen häuslicher Gewalt gegen seine Ex-Partnerin zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Vor Gericht sagte er, dass er seit seiner Jugend alkoholabhängig war. Ihm wird vorgeworfen, Gisèle Pelicot zweimal – im Oktober 2019 und Januar 2020 – vergewaltigt zu haben. Er stritt das ab und erklärte: "Ich war auf der Suche nach Sex". Er fügte hinzu, dass er glaube, er habe die Pelicots mehr "befriedigt" als sich selbst. Während seiner Aussage vor Gericht stand Gisèle Pelicot auf und verließ den Gerichtssaal.

Husamettin D. (43): Der verheiratete Vater hatte seine Teilzeitarbeit aufgegeben, um seinen behinderten Sohn zu pflegen. Er wird beschuldigt, Gisèle Pelicot im Juni 2019 vergewaltigt zu haben. Seiner Frau habe er damals gesagt, er gehe aus. Vor Gericht stritt er alles ab. Er habe geglaubt, dass es Teil eines Spiels gewesen sei, als Pelicot damals "tot wirkte". Das Gericht stellte fest, dass D. seit seinem elften Lebensjahr süchtig nach Cannabis ist und in Kinderheimen gelebt hatte. Im Jahr 2000 wurde er wegen Drogenhandels verurteilt.

Cyprien C. (43): Der ehemalige Lkw-Fahrer und Vater eines Kindes wird beschuldigt, Gisèle Pelicot 2017 vergewaltigt zu haben. Während des Kreuzverhörs gab er zu, dass es zu einem sexuellen Kontakt gekommen sei. Zu Gisèle Pelicot sagte er, dass es ihm leidtue, er aber "mehr dazu nicht sagen" könne. Dem Gericht erklärte er: "Ich kann nicht sagen, dass es Vergewaltigung ist." Sein Argument: Dominique Pelicot behauptete, dass es ein Rollenspiel war. C. soll in Kinderheimen und Pflegefamilien aufgewachsen und später alkoholsüchtig gewesen sein.

Das öffentliche Interesse an dem Prozess ist groß. (Archivbild) (Quelle: IMAGO / MAXPPP)

Lionel R. (44): Er ist Angestellter im örtlichen Supermarkt. Der dreifache Vater war noch verheiratet, als er Kontakt zu Dominique Pelicot aufnahm. Vor Gericht gab er zu, Gisèle Pelicot am 2. Dezember 2018 vergewaltigt zu haben – allerdings sei auch er davon ausgegangen, dass sie Bescheid wüsste, behauptete er. Zuvor habe er die ahnungslose Frau zum Einkaufen in den Supermarkt mitgenommen. Auf diese Weise habe er herausfinden wollen, ob er sich zu ihr hingezogen fühlte. R. sagte vor Gericht, er sei im Alter von zwölf bis 13 Jahren vom Präsidenten des Boule-Clubs seines Dorfes sexuell missbraucht worden.

Cendric V. (44): Als er 2016 und 2018 zweimal Gisèle Pelicot vergewaltigte, war V. arbeitslos. Zuvor war er Soldat der französischen Fremdenlegion, später Restaurantmanager auf Korsika. Zunächst hatte er die Vergewaltigung abgestritten. Vor Gericht sagte er jedoch, es sei nicht möglich, "die Tatsachen" des Geschehens zu leugnen. Er habe nicht die Absicht gehabt, Pelicot zu vergewaltigen, und erklärte, Dominique Pelicot habe ihn ausgetrickst. Demnach habe er an eine Begegnung mit einem Paar geglaubt, bei dem beide wüssten, was passiert. Er entschuldigte sich vor Gericht.

Dominique D. (45): Der Lkw-Fahrer und ehemalige Soldat sagte, er sei im Februar 2015 über einen Online-Chatroom von Dominique Pelicot kontaktiert worden. Der habe behauptet, einen Mann als "Geschenk" für seine Frau "zum Valentinstag" zu suchen. D. wird vorgeworfen, Gisèle Pelicot sechsmal vergewaltigt zu haben. Die Polizei fand Beweisvideos von fünf Besuchen im Haus der Pelicots. Einen weiteren Besuch gestand der Beschuldigte von sich aus. Den Vorwurf der Vergewaltigung bestritt er. D. ist das jüngste von 16 Kindern, er wurde im Alter von sechs Monaten in eine Pflegefamilie gegeben.

Jérôme V. (46): Der ehemalige Lebensmittelhändler und dreifache Vater ist einer der wenigen Angeklagten, die zugegeben haben, Pelicot vergewaltigt zu haben – obwohl sie wussten, dass sie unter Drogen stand. Einem Psychiater sagte er, ihm war bewusst, dass sie nicht eingewilligt hatte. Er soll Pelicot zwischen März und Juni 2020 sechsmal vergewaltigt haben. Vor Gericht behauptete er, sexsüchtig und untreu zu sein. Seine derzeitige Lebensgefährtin erklärte vor Gericht, sie stehe ihm zur Seite und besuche ihn regelmäßig im Gefängnis. Als Kind hätten seine Eltern ihn nie unterstützt, in der Schule sei er schikaniert worden, so der Angeklagte.

Jean-Luc L. (46): Der Spiegelmacher und vierfache Vater hat zugegeben, Gisèle Pelicot 2018 zweimal vergewaltigt zu haben – obwohl er wusste, dass sie durch Drogen bewusstlos war. Zunächst habe er geglaubt, Dominique Pelicot habe im Namen seiner Frau dem Sex zugestimmt. Daher habe er nicht angenommen, "gegen das Gesetz zu verstoßen". Die Ehefrau von Jean-Luc L. sagte vor Gericht aus, ihre Mutter sei zu der Zeit krank gewesen und sie habe Sex verweigert. "Ich glaube, weil ich ihn als Mann immer abgewiesen habe, musste er sich woanders umsehen." Gisèle Pelicot ließ ihr durch ihren Anwalt ausrichten, dass sie nicht für die Taten ihres Mannes verantwortlich sei. Dominique Pelicot soll vorgeschlagen haben, die Frau von L. ebenfalls unter Drogen zu setzen, damit beide sie vergewaltigen könnten. L. war als Kind mit seiner Mutter in einem Boot aus Vietnam geflohen und lebte in Flüchtlingslagern, bevor er nach Frankreich kam.

Unterstützer warten auf Gisèle Pelicot, während sie im Gericht in Avignon aussagt. (Archivbild) (Quelle: IMAGO / MAXPPP)

Cyril B. (47): Der Lkw-Fahrer, der sich selbst als täglichen Cannabiskonsumenten bezeichnet, wird beschuldigt, Gisèle Pelicot im November 2018 vergewaltigt zu haben. Er bestritt die Vergewaltigung und sagte, er sei von Dominique Pelicot manipuliert worden. Vor Gericht erklärte er, dass er bereits früher Begegnungen mit Paaren gehabt habe, die er über Websites kennengelernt hatte.

Abdelali D. (47): Der frühere Mitarbeiter in einer Kantine erlitt nach seiner Verhaftung einen Schlaganfall. Er hat zwei Vergewaltigungen zugegeben. Beim ersten Mal, im Jahr 2018, habe er seine damalige Freundin gebeten, ihn zu den Pelicots zu fahren und eine Stunde im Auto auf ihn zu warten. Die Frau kam der Bitte nach – weil sie Angst hatte, er könnte betrunken Auto fahren. Sie habe auch gedacht, er würde sich mit einem Paar zum Sex treffen, fragte aber nicht nach Einzelheiten. "Ich wollte es nicht wissen", sagte sie. Sie beschrieb ihren Partner als Alkoholiker.

Cédric G. (50): Der Softwaretechniker, der früher einen Plattenladen in Avignon betrieb, wird beschuldigt, Pelicot im Oktober 2017 vergewaltigt zu haben, obwohl er wusste, dass sie unter Drogen gesetzt worden war. Er wird auch beschuldigt, Darstellungen von sexualisierter Gewalt an Kindern zu besitzen. Er hat beide Anklagepunkte eingestanden. Er sagte zudem aus, Dominique Pelicot habe ihm Beruhigungsmittel besorgt, mit denen er seine damalige Freundin betäuben wollte, es aber nicht tat. Pelicot habe er gesagt: "Mein Traum ist, dass sie auf dem Heimweg von der Arbeit vergewaltigt wird." Dann habe er ihm gezeigt, wo die Frau wohnte. Vor Gericht wandte er sich an Gisèle Pelicot und sagte: "Ich war Ihr Vergewaltiger. Ich war Ihr Folterer." Im Alter von 13 Jahren soll G. selbst von einem Onkel vergewaltigt worden sein.

Jean T. (52): Der ehemalige Dachdecker war seit neun Jahren in einer Beziehung, als er am 21. September 2018 Gisèle Pelicot vergewaltigte. Vor Gericht sagte er: "Ich bin kein Vergewaltiger". Dominique Pelicot habe ihm Drogen verabreicht. "Ich kann mich an nichts erinnern", fügte er hinzu. Die Richter stellten fest, dass er in sieben Videos zu sehen war. Darin hielt er den Daumen hoch und schien nicht unter Drogeneinfluss zu stehen. T. habe sich zehn Jahre lang regelmäßig mit Paaren getroffen. Außerdem habe er Prostituierte aufgesucht.

Mathieu D. (53): Der zweifache Vater arbeitete 25 Jahre als Bäcker, bevor er seinen Beruf aufgrund einer Weizenunverträglichkeit aufgeben musste. Ihm wird vorgeworfen, am 3. Oktober 2020 gemeinsam mit Dominique Pelicot dessen Frau vergewaltigt zu haben. Er gestand und sagte, er habe zur Tatzeit unter Drogeneinfluss gestanden. Vor Gericht erklärte er, dass sein Stiefvater gewalttätig war. Außerdem erzählte er den Ermittlern, er sei vom Buddhismus und "dem Gleichgewicht des Karmas" inspiriert.

Eine Frau protestiert in der Region Paris gegen Gewalt an Frauen. (Archivbild) (Quelle: IMAGO / Le Pictorium)

Cyrille D. (54): Der gelernte Metzger wird beschuldigt, Gisèle Pelicot im September 2019 vergewaltigt zu haben. Seine Lebensgefährtin, die Mutter seiner Kinder, sei zu dieser Zeit im Urlaub gewesen. Weil er in seiner Beziehung sexuell frustriert gewesen sei, habe er sich in den Online-Chatroom begeben, in dem er Dominque Pelicot kennenlernte, um sich zu trösten. Vor Gericht hat er die Vergewaltigung gestanden. Er sagte, Gisèle Pelicot sei offensichtlich bewusstlos, ihr Mann aber "beharrlich" gewesen. "Es tut mir leid, ich war naiv, ein bisschen dumm, ein Idiot", fügte er vor Gericht hinzu. Er schilderte auch seine gewalttätige Kindheit durch seinen alkoholkranken Vater. Dieser habe nach der Schule nur darauf gewartet, ihn zu verprügeln. Später wurde er in eine Pflegefamilie gegeben.

Thierry Pa. (54): Der ehemalige Bauarbeiter soll zum Alkoholiker geworden sein, als sein 18-jähriger Sohn bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Er war in psychiatrischer Behandlung und litt an Depressionen, als die Ermittler ihn als mutmaßlichen Vergewaltiger von Gisèle Pelicot identifizierten. Die Tat sei 2020 begangen worden, wenige Wochen, nachdem er sich von seiner Frau getrennt hatte und zu Hause ausgezogen war. Er bestreitet die Vergewaltigung und sagte, Pelicot habe ihn unter Drogen gesetzt. Seine Ex-Frau sagte vor Gericht, eine Vergewaltigung sei untypisch für ihn. Sie würde gern wieder mit ihm zusammenkommen.

Ahmed T. (54): Der Klempner und ehemalige Boxchampion ist seit mehr als 30 Jahren verheiratet und hat drei Kinder. Gisèle Pelicot soll er im Juni 2019 vergewaltigt haben. Er bestritt das und erklärte vor Gericht: "Ich bin kein Vergewaltiger, aber wenn ich vergewaltigen wollte, hätte ich keine 67-jährige Frau gewählt, sondern eine hübsche." Im Chat mit Dominique Pelicot habe er geklagt, weniger Sex mit seiner Frau zu haben, aber auch keine Geliebte zu wollen. Warum nicht eine Begegnung mit einem Paar, habe er gedacht. T. sei mit dem Auto zum Haus des Paares gefahren, nachdem seine eigene Frau ins Bett gegangen war.

Patrice N. (55): Der Elektriker beschrieb sich selbst als "heiteren Typen", der früher Jugendfußballteams trainiert hat. Er leugnete die Vergewaltigung im Februar 2020 und sagte: "Für mich war es ein Spiel." Seine Partnerin soll vor Gericht gesagt haben: "Er behandelt mich wie eine Prinzessin."

Redouan E. (55): Der Krankenpfleger war zum zweiten Mal verheiratet und dabei, ein Kind aus Marokko zu adoptieren, als er festgenommen wurde. Daraufhin wurde der Adoptionsprozess gestoppt. Redouan E. soll Gisèle Pelicot im Juni 2019 vergewaltigt haben. Er bestreitet das und behauptete, "Opfer eines Tricks" geworden zu sein. Mit Beweisvideos konfrontiert, sagte er: "Ich hatte schreckliche Angst vor Dominique Pelicot, aber das sieht man nicht." Vor Gericht wurde er gefragt, ob er als ausgebildeter Anästhesiepfleger nicht bemerkt habe, dass Gisèle Pelicot sediert war. Er antwortete, dass er dachte, sie stelle sich tot.

Gisèle Pelicot erscheint beim Prozess in Avignon. Vor Gericht sagte sie auch selbst aus. (Quelle: IMAGO / MAXPPP)

Patrick A. (60): Der ehemalige Fabrikarbeiter und Videothekenbesitzer gab die Vergewaltigung von Gisèle Pelicot zu. Er sagte jedoch, er habe nur widerwillig mitgemacht, weil er schwul sei und Sex mit Dominique Pelicot wollte. Der habe ihm im Chat erzählt, dass seine Frau eine "prüde Schlampe" sei, "die keine Dreier will" und er deshalb "einen perversen Komplizen" suche, der seine Frau misshandelt. A. entschuldigte sich vor Gericht. Er wisse seit seiner Jugend, dass er schwul ist, habe das aber geheim gehalten. Er heiratete eine Frau, bekam zwei Kinder. Als er 43 Jahre alt war, ließ er sich scheiden und traf sich seitdem regelmäßig mit Männern.

Thierry Po. (61): Der Kältetechniker und dreifache Vater ist auch wegen des Besitzes von Hunderten Bildern, die sexualisierte Gewalt an Kindern zeigen, angeklagt. Die Fotos wurden nach seiner Festnahme wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung von Gisèle Pelicot auf einem USB-Stick gefunden. Er gibt diese Vorwürfe zu, bestreitet jedoch, Pelicot am 21. August 2020 vergewaltigt zu haben. Er sei von einem Spiel mit einem Paar ausgegangen.

Jean-Pierre M. (63): Der frühere Lkw-Fahrer wird nicht beschuldigt, Gisèle Pelicot vergewaltigt zu haben. Stattdessen wird ihm vorgeworfen, ihre Vergewaltigung mitorganisiert zu haben. Vor Gericht wurde er als "Jünger" von Dominique Pelicot beschrieben. Er gab zu, seine eigene Frau, mit der er fünf Kinder hat, zwischen 2015 und 2020 ebenfalls betäubt zu haben, damit Pelicot sie vergewaltigen konnte. Vor Gericht erklärte M., dass seine Kindheit von extremer Armut und Gewalt geprägt gewesen und er in seiner Familie Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sei.

Romain V. (63): Dem ehemaligen Gabelstaplerfahrer wird vorgeworfen, Gisèle Pelicot zwischen 2019 und 2020 sechsmal vergewaltigt zu haben. Er bestritt die Vergewaltigung und sagte, "ihr Ehemann hat mich eingeladen", und dessen Zustimmung sei ausreichend. "Ich fühlte mich einsam. Weihnachten stand vor der Tür und ich würde wieder allein sein. Ich suchte nach Freundschaft", sagte er. In einem Video sei er lächelnd zu sehen, während er sich an der bewusstlosen Gisèle Pelicot verging. Vor Gericht gab V. zu, zur Tatzeit von seiner HIV-Erkrankung gewusst zu haben. Trotzdem benutzte er kein Kondom. Das Gericht stellte fest, dass V. von seinen Eltern körperlich so extremer Gewalt ausgesetzt worden war, dass dies "Folter" gleichkam. Er soll als Kind von mehreren Männern vergewaltigt worden sein, darunter einem Priester.

Didier S. (68): Der ehemalige Fernfahrer und geschiedene Vater von zwei Kindern sagte, er sei "ausschließlich für eine homosexuelle Begegnung" mit Dominique Pelicot mitgegangen. Er bestritt den Vorwurf, Gisèle Pelicot am 30. Januar 2019 vergewaltigt zu haben. Auch er habe gedacht, sie stelle sich schlafend. Vor Gericht sagte er, er habe lediglich die Anweisungen ihres Mannes befolgt. Fünf Jahre zuvor habe er begonnen, sich mit Männern zu treffen. Vor Gericht erklärte er, dass er mit 16 Jahren vergewaltigt wurde.

Jacques C. (72): Der ehemalige Feuerwehrmann war 25 Jahre lang verheiratet und hat zwei Kinder. Er arbeitete als Lkw-Fahrer und besaß eine Pizzeria. Vor Gericht leugnete er die Vergewaltigung und sagte, er sei "naiv" gewesen, weil er an ein Spiel des Paares glaubte. Er gab lediglich zu, die schlafende Pelicot berührt zu haben. Penetriert habe er sie nicht. Er führte weiter aus, dass seine religiöse Erziehung ihn zu einem "freigebigen Menschen" gemacht habe. Zudem liebe er Frauen "in all ihrer Komplexität".

Mohamed R. (70): Der ehemalige Mitarbeiter in einer Diskothek wurde 1999 wegen der Vergewaltigung seiner 17-jährigen Tochter zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Gisèle Pelicot soll er im Mai 2019 vergewaltigt haben. Er stritt das ab und behauptete, von einvernehmlichem Sex ausgegangen zu sein.

Jean-Marc L. (74): Der ehemalige Lkw-Fahrer ist der älteste der Angeklagten. Er bestritt, Gisèle Pelicot im Mai 2017 vergewaltigt zu haben, stattdessen sprach er von einem "sexuellen Spiel", bei dem er "Befehle" von Dominique Pelicot befolgt habe. Ihn habe er zuvor auf dem Parkplatz eines Supermarktes kennengelernt. Pelicot habe behauptet, seine Frau für eine frühere Affäre "bestrafen" zu wollen. L. habe oft Prostituierte bezahlt. "Welcher Lkw-Fahrer war nicht bei Prostituierten?", sagte er vor Gericht.

Verwendete Quellen
Eigene Recherche
theguardian.com: "A soldier, a nurse, a lorry driver and dozens more: who are the men accused over rape and assault of Gisèle Pelicot?" (Englisch)

https://www.t-online.de/nachrichten/pan ... klagt.html

Ich bin gespannt, wie der Prozess mit welchen Urteilen enden wird.

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Re: Vergewaltigungsprozess in Avignon (Frankreich)

Beitrag von friederike »

Ein kleines Detail:

Schauplatz dieses Dramas ist die Gemeinde Mazan, eine französische Gemeinde mit 6.269 Einwohnern im Département Vaucluse in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, zwischen Avignon und Mont Ventoux in der Nähe von Carpentras.

Mazan war Herrschaftssitz der Familie de Sade, Comtes de Mazan und Marquis de Sade. Der prominenteste Ahnherr diese Familie, Alphonse-Donatien Comte de Mazan, Marquis de Sade, schrieb im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert jene Romane, mit denen er seine These belegen wollte, dass im Leben die (sexuelle) Tugend bestraft, die Ausschweifung jedoch belohnt werde. Die "sadistischen" Verbrechen, die Gegenstand des Pelicot-Prozesses in Avignon sind, könnten durchaus seinen Werken entnommen sein.

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Re: Vergewaltigungsprozess in Avignon (Frankreich)

Beitrag von deernhh »

Auch dieses Thema poste ich in diesen Thread, weil es hier gut passt:

Investigativ
Vergewaltiger-Netzwerk auf Telegram aufgedeckt


Smartphone mit Logo der Telegram-App
Player: videoVergewaltiger-Netzwerk in Telegram aufgedeckt
2 Min
exklusiv
K.o.-Mittel im privaten Umfeld
Vergewaltiger-Netzwerk auf Telegram aufgedeckt
Stand: 18.12.2024 06:00 Uhr

In Dutzenden Telegram-Gruppen tauschen sich Nutzer dazu aus, wie sie Frauen betäuben und missbrauchen können. Aufnahmen davon werden anschließend geteilt. STRG_F hat entsprechende Chatverläufe, Fotos und Videos dokumentiert.
Von Isabell Beer, Isabel Ströh, Mette Marit Olsson, Lia Gavi, NDR
Über ein Jahr lang hat ein Rechercheteam von STRG_F Dutzende Chatgruppen auf dem Messenger-Dienstes Telegram beobachtet, Chatverläufe, Fotos und Videos aus Gruppen mit Hunderten bis zu teils Zehntausenden Mitgliedern dokumentiert, unter ihnen auch deutsche Nutzer.In diesen Chats tauschen Nutzer Anleitungen aus, wie man Menschen für sexuelle Übergriffe bis hin zu Vergewaltigungen unbemerkt betäuben kann. Sie stacheln sich gegenseitig an und bieten ihre Partnerinnen anderen Nutzern zur Vergewaltigung an. Vergewaltigungen werden angekündigt und entsprechende Aufnahmen geteilt.

EU-Gesetz sorgt für Kritik
Schutz vor Gewalt - nicht vor Vergewaltigung
Sexueller Missbrauch in Echtzeit
Die betroffenen Frauen scheinen aus dem direkten Umfeld der Nutzer zu kommen: Es ist die Rede von der eigenen Schwester, Mutter, Freundin oder Ehefrau. Manche behaupten, ihre Partnerin sei damit einverstanden. Viele schreiben hingegen stolz, dass sie nichts davon wisse.Ein Nutzer berichtet im Chat über seine vermeintliche Partnerin: "Sie ist jetzt sturzbesoffen und auf ein paar Schlafmedis. Ich sollte hoffentlich bald ein bisschen Spaß haben." Andere Nutzer geben sich begeistert: "Wow, fantastisch! Wie sieht sie aus?" Der Nutzer schickt Fotos.Teilweise erfolgen die mutmaßlichen Vergewaltigungen in Echtzeit vor Online-Publikum. In einem Fall, den die Recherche dokumentiert hat, bietet ein Deutscher seine Frau zur Vergewaltigung an. Er gibt an, bereits Betäubungsmittel im Internet bestellt zu haben.

Verbreitung über Social Media
Wie KI für Kinderpornografie missbraucht wird
K.o.-Mittel schockieren ToxikologenNutzer tauschen Tipps und Gebrauchsanweisungen für Betäubungsmittel aus. Verschiedene K.o.-Mittel werden beworben und Links zu den Online-Shops geteilt.Im Internet konnte STRG_F ein als Haar-Pflegemittel getarntes K.O.-Mittel bestellen. Der Toxikologe Volker Auwärter vom Universitätsklinikum Freiburg fand darin gleich mehrere gefährliche Substanzen: Medetomidin, ein Tiernarkosemittel, Flualprazolam, ein Designer-Benzodiazepin, und Scopolamin, ein Medikament gegen Erbrechen.Toxikologe Auwärter zeigte sich gegenüber STRG_F schockiert. Eine solche Zusammensetzung sei bislang nicht bekannt, in Standardtests könne sie nicht nachgewiesen werden. "Das ist ein neues Level", so Auwärter, "man muss wahrscheinlich auch die Analytik noch mal neu nachrüsten." Den Toxikologen besorgt auch, dass das Betäubungsmittel als Haarserum getarnt verkauft wird, da es selbst bei einer Hausdurchsuchung unentdeckt bleiben könnte.

Hilfe und Beratung bei sexualisierter Gewalt
Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch: 0800 22 55 530. Das Hilfe-Telefon ist ein Angebot des Bundes. Anrufe sind anonym und kostenfrei.


Hilfe-Telefon berta: 0800 30 50 750
Die Berater:innen des Hilfe-Telefons berta unterstützen anonym und kostenfrei alle Menschen, die von organisierter sexualisierter und ritueller Gewalt betroffen sind, betroffen waren oder damit als helfende Person oder Fachkraft konfrontiert werden - auch in einer akuten Krise oder Notlage.


Sexuelle Übergriffe an Bewusstlosen strafbar
Sexuelle Übergriffe an Bewusstlosen sind nach Paragraph 177 Absatz 2 des Strafgesetzbuches strafbar. Der Besitz von Aufnahmen von Vergewaltigungen erwachsener Personen hingegen nicht. Das Bundesministerium der Justiz erklärte dazu auf Anfrage: "Kriminalpolitisch ist es nach derzeitiger Einschätzung des Bundesministeriums der Justiz nicht geboten, dies zu ändern."Aus dem Bundesinnenministerium hieß es auf Anfrage: "Sofern den Polizeibehörden Hinweise auf möglicherweise kriminelle Gruppierungen bekannt werden, gehen diese den Hinweisen aktiv nach. Kriminelle Handlungen im Internet werden ebenso verfolgt wie in der analogen Welt."

Kabinett bringt Gesetz auf den Weg
Mehr Rechte für Opfer von sexualisierter Gewalt
Das Bundeskriminalamt hatte STRG_F schon vor über einem Jahr zu derartigen Telegram-Gruppen angefragt. Es erklärte auf Anfrage aber, man könne aus ermittlungstaktischen Gründen keine genauen Angaben machen: "Zudem besteht bei Vorliegen strafbarer Handlungen beispielsweise die Möglichkeit, entsprechende Gruppen an den Diensteanbieter/Messengerdienst zu melden und anzuregen, dass diese gelöscht werden."

Telegram erklärte auf Anfrage, dass man entsprechenden Hinweisen von Nutzern und Ermittlungsbehörden nachgehe: "Telegram verfolgt eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Missbrauch seiner Plattform. Alle Nutzer, die dabei erwischt werden, werden sofort gesperrt".

Im Laufe der Recherche werden einige der Gruppen gelöscht, inaktive Mitglieder werden zum Teil entfernt. Immer neue Einladungslinks zu weiteren Gruppen zeigen aber: Das Vergewaltiger-Netzwerk ist tief verwurzelt.Anja Schmidt vom Deutschen Juristinnenbund bewertet die Situation gegenüber STRG_F als "ziemlich entsetzlich". Es sei einfach auch ein Hinweis darauf, dass die Regelungen, die es derzeit gebe, nicht ausreichten."Auch wenn da sicher der eine oder andere Straftatbestand greift. Ich glaube, weil gar nicht klar ist, welches Ausmaß das hat. Das ist ja eine ganz andere Qualität. Bewegte Live-Bilder von sexualisierter Gewalt. Es besteht wirklich Handlungsbedarf", so Schmidt.

Dieses Thema im Programm:
Über dieses Thema berichtete NDR Info in den Nachrichten am 18. Dezember 2024 um 08:05 Uhr.

https://www.tagesschau.de/investigativ/ ... k-100.html

https://www.t-online.de/nachrichten/pan ... en-an.html


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Re: Vergewaltigungsprozess in Avignon (Frankreich)

Beitrag von deernhh »

Urteil im Pelicot-Prozess

Hauptangeklagter muss 20 Jahre in Haft
Ein französisches Gericht hat Gisèle Pelicots Ex-Mann zur Höchststrafe verurteilt. Auch die 50 Mitangeklagten wurden schuldig gesprochen. Das Strafverfahren hat Frankreich aufgewühlt.

19.12.2024
12:16 Uhr

Gisèle Pelicot und ihr Anwalt Antoine Camus kurz vor der Urteilsverkündung am 19. Dezember in Avignon   Foto: Guillaume Horcajuelo/epa

Avignon ap |
Ein französisches Gericht hat den Hauptangeklagten im Prozess um die Vergewaltigungen von Gisèle Pelicot zur Höchststrafe von 20 Jahren im Gefängnis verurteilt. Ihr 72 Jahre alter Ex-Mann Dominique Pelicot wurde in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen. Das vom Vorsitzenden Richter Roger Arata am Donnerstag verlesene Urteil könnte bedeuten, dass dieser den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringt.

Gisèle Pelicot saß auf einer Seite des Gerichtssaals, den 51 Angeklagten zugewandt, während Arata einen Schuldspruch nach dem anderen verkündete. „Sie werden daher der schweren Vergewaltigung von Frau Gisèle Pelicot für schuldig erklärt“, sagte der Richter.

Haftstrafen für alle Angeklagten
Dominique Pelicot und 49 weitere Männer waren im südfranzösischen Avignon wegen schwerer Vergewaltigung und versuchter Vergewaltigung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft hatte für Pelicot die Höchststrafe und für die anderen Männer Haftstrafen zwischen zehn und 18 Jahren gefordert. Für einen weiteren Mann, der wegen schwerer sexueller Nötigung angeklagt war, beantragte sie eine vierjährige Haftstrafe.

Dominique Pelicot hatte zugegeben, seine damalige Frau jahrelang mit Drogen betäubt zu haben, damit er und Fremde, die er online angeworben hatte, sie missbrauchen konnten, während er die Übergriffe filmte. Die Polizei kam ihm im September 2020 auf die Spur, als ein Sicherheitsbeamter eines Supermarkts ihn dabei erwischte, wie er heimlich unter den Röcken von Frauen filmte.

Ermittler entdeckten daraufhin seine Bibliothek mit selbst gemachten Bildern, die den jahrelangen Missbrauch seiner Frau dokumentieren. Insgesamt mehr als 20.000 Fotos und Videos waren auf Computerlaufwerken gespeichert und katalogisiert. Die Fülle der Beweise führte die Polizei zu den anderen Angeklagten. In den Videos zählten die Ermittler sogar 72 Missbrauchstäter, konnten sie aber nicht alle identifizieren.

Der Mut, auf Anonymität zu verzichten
Der Prozess, der sich über mehr als drei Monate erstreckte, hat Aktivisten gegen sexuelle Gewalt aufgerüttelt. Die heute 72-jährige Gisèle Pelicot verzichtete auf ihr Recht auf Anonymität als Vergewaltigungsopfer und bestand darauf, dass die Aussagen und schockierenden Beweise – einschließlich der Videos – öffentlich verhandelt wurden.

Das ermöglichte eine öffentliche Debatte in Frankreich, sowohl auf nationaler Ebene als auch in Familien, Paaren und Freundeskreisen. Gespräche darüber wurden angestoßen, wie Frauen besser geschützt werden können und welche Rolle Männer bei der Verfolgung dieses Ziels spielen können. Pelicots Mut machte sie zu einer feministischen Heldin Frankreichs. Gegenüber dem Gericht hing ein Plakat mit der Aufschrift „Merci Giséle“.

„Männer fangen an, mit Frauen – ihren Partnerinnen, Müttern und Freundinnen – auf eine Art und Weise zu sprechen, die sie vorher nicht kannten“, sagte die 48 Jahre alte Fanny Foures, die sich anderen Frauen der feministischen Gruppe Les Amazones anschloss. „Männer fangen an, sich mit ihrem eigenen Verhalten oder ihrer Mitschuld auseinanderzusetzen – mit Dingen, die sie ignoriert haben oder gegen die sie nicht vorgegangen sind. Das ist schwer, aber es führt zu Veränderungen.“

https://taz.de/Urteil-im-Pelicot-Prozess/!6057886/



Und hier habe ich nicht den ganzen Text eingestellt, sondern nur einen Teil. Wenn Du den ganzen Text lesen möchtest, dann klicke bitte auf den Link unter diesem Text.

Weißer Ring hofft auf Signalwirkung in Deutschland
Der "Weiße Ring" hofft, dass der Avignon-Prozess auch in Deutschland einen Lerneffekt auslöst. "Gisèle Pelicot ist nicht nur eine bewundernswert tapfere Frau – ihr ist ohne jede Einschränkung zuzustimmen, wenn sie fordert: 'Die Scham muss die Seite wechseln'", sagte die Bundesgeschäftsführerin der Opferschutzorganisation, Bianca Biwer, in Mainz.

"Niemand muss sich schämen, Opfer einer Straftat geworden zu sein. Für Taten sind Täter verantwortlich, niemals die Opfer", betonte Biwer. "Ich wünsche mir sehr, dass diese Erkenntnis endlich auch in Deutschland die letzten Zweifler erreicht, die immer noch meinen, die Kleidung eines Vergewaltigungsopfers oder der Trennungswunsch eines Femizidopfers hätten etwas mit dem Verbrechen zu tun." Vielleicht trage das "furchtlose Auftreten" Pelicots in der Öffentlichkeit dazu bei, sagte Biwer.

Femizid ist der Begriff für die Tötung von Frauen, meistens durch ihren Partner oder Ex-Partner.

https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/ ... ot-avignon

Boris Büche
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Re: Vergewaltigungsprozess in Avignon (Frankreich)

Beitrag von Boris Büche »

Zu: "Vergewaltiger-Netzwerk auf Telegram aufgedeckt"

1) "Der Besitz von Aufnahmen von Vergewaltigungen erwachsener Personen [ist] nicht [strafbar]. Das Bundesministerium der Justiz erklärte dazu auf Anfrage: "Kriminalpolitisch ist es nach derzeitiger Einschätzung des Bundesministeriums der Justiz nicht geboten, dies zu ändern."

2) "Auch wenn da sicher der eine oder andere Straftatbestand greift. Ich glaube, weil gar nicht klar ist, welches Ausmaß das hat. Das ist ja eine ganz andere Qualität. Bewegte Live-Bilder von sexualisierter Gewalt. Es besteht wirklich Handlungsbedarf" (Anja Schmidt, Deutscher Juristinnenbund)

Frau Schmidt verrät uns nicht, wie sie sich den Handlungsbedarf vorstellt, oder warum sie dem "nicht geboten" des BMfJ widerspricht.
Denkbar wäre wohl nur eine Angleichung an die Regelungen zu sexualisierter Gewalt an Minderjährigen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gewaltpornografie (wo man "Aufnahmen von Vergewaltigungen Erwachsener" einsortieren muss, mangels anderer Kategorie) ist bereits illegal, nur der Besitz nicht [siehe unter 1), §184a StGB].

Die unter §184b gefassten Straftaten sind TOTAL strafbar, sogar der versuchte Besitz, insofern ein "tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen" wiedergegeben wird. Im Fall fiktiver, oder nicht wirklichkeitsnaher Verbrechensdarstellungen "ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen" bei Herstellung, Vertrieb, bzw. Vorbereitungshandlungen (Bewerben, vorrätig halten). Beachtlich happig Knast dafür, dass niemandem etwas angetan wurde, und nicht einmal der Eindruck aufkommen könnte, dass z.B. Lucy, die es Charlie Brown mit Strapon besorgt, eine reale Person wäre. [Anmerkung: dieses illustrierende Beispiel könnte bereits §184b 1(a) erfüllen - ich hoffe, dass nicht]

Eine gesonderte Kriminalisierung bewegter Live-Bilder mag Frau Schmidt vorschweben - das Gesetzbuch kennt allerdings keine "ganz andere Qualität" im Bereich "verbotene Pornografie", Wort und Bild werden gleich behandelt, es gilt die allgemeine Begriffsbestimmung aus §11(3):
Inhalte im Sinne der Vorschriften, die auf diesen Absatz verweisen, sind solche, die in Schriften,
auf Ton- oder Bildträgern, in Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Verkörperungen enthalten
sind oder auch unabhängig von einer Speicherung mittels Informations- oder Kommunikationstechnik
übertragen werden
.
Das wird man kaum ändern können, oder ändern wollen, schließlich kam man sehr lange ohne diese Differenzierung zum Urteil.

Die singuläre Vor-Vorfeldstrafbarkeit der Delikte nach §184b ist juristisch kaum zu begründen. Keinen stört das, mich inbegriffen, aber: ist das haltbar? Es leuchtet nicht ein, dass die Misshandlung oder Tötung von Kindern (von Erwachsenen sowieso) in Wort, Bild und Ton geschildert werden darf, solange keine sexuelle Konnotation erkennbar ist. Ist dies weniger verwerflich? Das StGB lässt diese Auslegung nicht zu, scheint mir. Wenn eine Änderung vorgenommen wird, dann bitte GRÜNDLICH: Der Deliktkomplex "Verbrechen am Menschen" möge einheitlich behandelt, und (explizite) Darstellungen auch fiktiver Art strafbar werden. Der Wochenendkrimi bleibt möglich, und kann spannend bleiben!
Glaubste nich? Kuckste: https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Fuchs_(Polizeiruf)

Boris Büche
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Re: Vergewaltigungsprozess in Avignon (Frankreich)

Beitrag von Boris Büche »

Vorfeldstrafbarkeit meint nicht den Versuch einer Straftat, sondern die Strafbarkeit der Vorbereitung vor dem Ansatz zur Tat,
bspw. den Kauf einer Skimaske mit der Absicht, einen Überfall zu begehen. Dies ist allgemein straffrei, ausgenommen ist die
Bandenbildung / Verabredung zur Begehung von Straftaten.

Im Komplex "Terrorismus" geht man bereits über das "Vorfeld" hinaus, "rechtsstaatlich mehr als nur heikel" (Gierhake, 2008)
- also ist nicht ganz singulär, was §184b enthält; fiktiver Terror gegen "Ozeanien" ist allerdings noch erlaubt.

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Re: Vergewaltigungsprozess in Avignon (Frankreich)

Beitrag von deernhh »

Zum Beitrag von Boris Büche:

Ich kenne mich mit sowas rechtlich bzw. juristisch nicht so gut aus, kann daher dazu nicht viel sagen.
Aber ich habe was im Internet entdeckt, und zwar, wie perfide es ist, wie ein Fachanwalt für Strafrecht an der Seite eines Mandanten steht und den Mandanten mit einer guten Argumentation beim Vorwurf heimlich gemachter Bildaufnahmen vor einer Anklage und damit einer Bestrafung und einem öffentlichen Strafprozess bewahrt.
Lese hier den Link dazu:

https://ht-strafrecht.de/straftat/heiml ... 01-a-stgb/





Ansonsten nochmal etwas zum Vergewaltigungsprozess in Avignon:



Urteil im Fall Gisèle Pelicot: Täter-Aussagen zeigen Misogynie der Gesellschaft

Gisèle Pelicot wird bereits als feministische Ikone dafür gefeiert, sich öffentlich gegen die Scham von Vergewaltigten zu stellen.
Bild: imago images / ABACAPRESS

Analyse
Urteil im Fall Gisèle Pelicot: Das Schweigen der Männer ist unüberhörbar laut

19.12.2024, 10:31
20.12.2024, 16:23
Kathrin Martens

Triggerwarnung: Im folgenden Text geht es um sexualisierte Gewalt, die teilweise explizit beschrieben wird.

In Frankreich wurde in den vergangenen Monaten ein Fall verhandelt, der so furchtbar ist, dass ihn viele fassungslos verfolgt haben: Dominique Pelicot, 71, hat über etwa neun Jahre hinweg seine eigene Frau mit verschreibungspflichtigen Schlafmitteln und Medikamenten gegen Angststörung bewusstlos gemacht und sie in diesem Zustand von vielen Männern vergewaltigen lassen. Während er zusah. Und Fotos machte. Und filmte. Aktiv mit den Tätern Positionen absprach, ihnen dabei half, seine Frau so zu legen, dass die Männer bekamen, was sie wollten.

Über ein Internetportal bot er seine Frau Gisèle in einem Chat an, dessen Name aus dem Französischen übersetzt "ohne ihr Wissen" bedeutet. Es kamen hauptsächlich Fremde, aber auch Nachbarn. Eine genaue Zahl lässt sich nicht nennen, die Berichte dazu gehen auseinander. Falls jemand seine Frau vorab sehen wollte, machte er einen Zeitpunkt in einem Supermarkt aus, sodass seine Frau von den Tätern "begutachtet" werden konnte. Er führte sie vor, wie ein Zuchtpferd auf einer Auktion.

Auf der Anklagebank: Herr Jedermann
Auf der Anklagebank saßen neben Herrn Pelicot jedenfalls 50 weitere Männer. Die restlichen 20 bis vermutlich 30 Täter konnte die Polizei nicht identifizieren. Die Männer lebten in einem Radius von höchstens 50 Kilometer um das Haus der Pelicots, die meisten hatten ihren Wohnsitz nur 10 bis 20 Kilometer entfernt.

Nun wurde das Urteil verkündet: Dominique Pelicot wurde wegen schwerer Vergewaltigung zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Alle 50 Mitangeklagten wurden ebenfalls schuldig gesprochen und zu Gefängnisstrafen zwischen drei und 15 Jahren verurteilt. Dabei blieben die Richter teilweise hinter den Forderungen der Staatsanwaltschaft zurück. Bei zwei der Mitangeklagten wurde die Haft zur Bewährung ausgesetzt.

Der jahrelange sexuelle Missbrauch sowie die regelmäßige Einnahme der Medikamente führte bei Gisèle Pelicot zu Schlafstörungen, gynäkologischen Problemen, Gedächtnisverlust und Depressionen. Kaum einer der Männer soll mit Kondom verhütet haben. Ihre körperlichen Kollateralschäden gingen so weit, dass sie befürchtete, an Alzheimer oder einem Gehirntumor erkrankt zu sein. Auch soll sie sich sehr von ihren Kindern und Enkelkindern zurückgezogen haben, schreibt die "Deutsche Welle".

Die 50 Männer, die sich neben dem (inzwischen Ex-)Ehemann von Gisèle Pelicot vor Gericht zu ihren Taten äußerten, sind aktuell zwischen 27 und 74 Jahre alt. Darunter: Familienväter, Großväter, ein Gärtner, ein Feuerwehrmann, ein Journalist. Nur wenige waren zuvor bereits straffällig gewesen. Sie bilden die französische Durchschnittsgesellschaft ab. Deswegen werden sie auch "Monsieur Tout le Monde", also Herr Jedermann, genannt.

Bis auf die Tat der Vergewaltigung haben all die Männer nur eine Sache gemeinsam: Keiner von ihnen hat die Geschehnisse bei der Polizei oder einem Arzt gemeldet. Nicht einen einzigen anonymen Tipp gab es in den fast zehn Jahren, der Gisèle Pelicot viel Leid hätte ersparen können.

Gisèle Pelicot: Die Ausreden ihrer Vergewaltiger
Nun stellt sich die Frage: Wie verteidigen sich die Männer? Ein Drittel von ihnen räumte die Vergewaltigung ein. Eine Strategie, die sehr viele der restlichen Angeklagten fuhren: Zu behaupten, sie hätten keine Vergewaltigung beabsichtigt. Sie hätten geglaubt, das Ganze sei ein einvernehmliches Sexspiel eines freizügigen Paares.

Manche sagen auch, Herr Pelicot habe sie manipuliert und nicht deutlich genug gemacht, dass die Frau tatsächlich bewusstlos sei – und sich nicht nur schlafend stelle. Auch seien viele davon ausgegangen, dass das Vorgehen schon in Ordnung sei – der Ehemann habe es ja in die Wege geleitet.

Bei diesen Aussagen wird deutlich, dass die Männer in diesem Prozess Frauen nicht als eigenständige Personen oder vollwertige Menschen betrachten. Sie gaben keinen Wert auf ihre ausdrückliche Einwilligung – die man sich auch bei Sexspielen jeder Art holen muss.

Einer der Männer sagte, laut französischem Recht habe sein Körper Gisèle Pelicot wohl vergewaltigt – sein Hirn jedoch nicht. Schließlich sei er nicht in der Absicht einer Vergewaltigung zum Haus der Pelicots gekommen...

Hört man diesen Aussagen zu, wirkt es, als wären diese Männer Schuljungen, denen man erst hätte erklären müssen, dass man so nicht mit anderen Menschen umgeht. Dass Frauen nicht für ihr Vergnügen verwendet werden dürfen.

Eine Partnerin eines Angeklagten wollte ihren Mann in Schutz nehmen und sagte laut Bericht des "Spiegel", "wenn ihr Mann tatsächlich hätte vergewaltigen wollen, hätte er sich eine hübschere Frau ausgesucht." Die internalisierte Misogynie wird hier deutlich: Anstatt einem Vergewaltigungsopfer beizustehen, wird sie auf ihr Äußeres reduziert und ihre Glaubhaftigkeit abgesprochen.

Aber es sind nicht nur die Täter und ihre Angehörigen vor Gericht, die nicht viel Geistreiches beizutragen haben. Der Bürgermeister von Mazan, in dem sich der jahrelange Missbrauch zugetragen hat, sagte laut einem Beitrag im "Zeit" Podcast "was jetzt" (Folge vom 17. Oktober 2024), dass das ganze noch schlimmer hätte kommen können. Immerhin habe Herr Pelicot sich nicht an Kindern vergriffen.

An dieser Aussage sind gleich zwei Dinge fürchterlich: Zum einen sollen die Enkelkinder von Pelicot berichtet haben, dass ihr Großvater sehr wohl "Doktorspiele" mit ihnen spielen wollte. Zum anderen diskreditiert es den Missbrauch an einer Frau, der sich fast über ein Jahrzehnt zog und der von vermutlich über 80 Männern begannen worden sein soll. Fast, als würde der Bürgermeister sagen, dass eine Erwachsene sowas schon aushalten könne. Sich nicht so anstellen solle. Das alles nicht so dramatisch sei. Es hätte ja schlimmer kommen können.

Meinung
Gewalt an Frauen: Wie ich mir eine Gesellschaft ohne vorstelle
Dass diese Aussage Gewalt an Frauen relativiert – darüber dürfte der Bürgermeister sich in dem Moment wohl kaum Gedanken gemacht haben.

Sexualisierte Gewalt: Das Schweigen der Männer
Was bei der Recherche zu diesem Thema ebenfalls deutlich wird: Es gibt dazu kaum Beiträge von Männern. Für "Zeit", "Spiegel", "Stern", Deutschlandfunkkultur schrieben die größeren Stücke hauptsächlich Frauen. In Podcasts und aus dem Gerichtssaal berichteten hauptsächlich Frauen. Bei den Protesten gegen sexualisierte Gewalt vor dem Gericht finden sich hauptsächlich Frauen ein. Gerade bei solchen Ereignissen wird das Schweigen der Männer für FLINTA*-Personen unüberhörbar laut.

Männer könnten in solchen Momenten viel bei anderen Männern bewegen, wenn sie sich klar distanzieren, mit FLINTA* auf die Straße gehen, Männer auf sexistische Äußerungen und Verhaltensweisen ansprechen. Aber sie tun es nicht. Und das fällt auf.

Es ist natürlich nichts Neues, dass Menschen sich meist nur gegen Diskriminierung wehren, die sie selbst betrifft. Von Rassismus betroffene Menschen stehen bei Demos gegen Rassismus in der ersten Reihe, von Ableismus betroffene Menschen müssen viel Aufklärungsarbeit leisten, um Stigmata gegen sich selbst aufzubrechen.

An jedem Prozesstag versammelten sich viele Frauen vor dem Gericht, um Gisèle Pelicot beizustehen.
Bild: AP / Aurelien Morissard

Immerhin: Der Prozess hat in Frankreich Gespräche über eine neue gesetzliche Regelung, die eine ausdrückliche Zustimmung zu sexuellen Handlungen verlangt, in die Wege geleitet, berichtet die "Zeit".

Was der Fall bereits jetzt geschafft hat, ist ein Umdenken zum Thema Vergewaltigung. In einer der zahlreichen Prozess-Sitzungen sagte Gisèle Pelicot den viel zitierten Satz: "Die Scham muss die Seite wechseln." Frauen sollen sich nicht länger dafür schämen müssen, wenn ihnen sexualisierte Gewalt angetan wird, fordert sie. Sondern die Täter.

Hinweis: Solltest du, oder jemand, den du kennst, von sexualisierter Gewalt betroffen sein, findest du Hilfe unter der kostenlosen Hotline 08000 – 116 016 oder unter www.hilfetelefon.de.

https://www.watson.de/leben/analyse/715 ... sellschaft

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Re: Vergewaltigungsprozess in Avignon (Frankreich)

Beitrag von deernhh »

Siehe auch diesen Thread "Chemischer Missbrauch / Vergewaltigung / Niedersachsen (D) / Hamburg (D)

viewtopic.php?t=15662

Siehe auch "KO-Tropfen / Chemischer Missbrauch / Vergewaltigung" Wie man sich schützen könnte"

viewtopic.php?t=15607