Danke @malin,
für den interessanten Link!
Hier ein Artikel:
Auch gegen die Analysesoftware Hessendata richtet sich die Beschwerde der Bürgerrechtler. Mit ihr kann die Polizei Informationen aus ihren eigenen Datenbanken wie aus sozialen Netzwerken sekundenschnell verknüpfen.© dpa
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03.07.19 08:42
HESSEN
Hessendata: „Angriff auf die Freiheitsrechte“
Pitt v. BebenburgvonPitt v. Bebenburg
Bürgerrechtler ziehen gegen Hessens Polizei- und Verfassungsschutzgesetze nach Karlsruhe.
IT-Fachleute, Journalisten, Rechtsanwälte und Bürgerrechtler wollen das Polizeigesetz und das Verfassungsschutzgesetz in Hessen zu Fall bringen. Sechs Männer und Frauen sowie ein Unternehmen reichten am Dienstag Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein.
Sie sehen ihre Grundrechte durch die Überwachungsmöglichkeiten beeinträchtigt, die im vergangenen Jahr von der schwarz-grünen Landesregierung geschaffen worden waren. Das erläuterten einige der Beschwerdeführer bei einer Pressekonferenz in Wiesbaden.
Nach Karlsruhe ziehen unter anderem die Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz, der Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Frankfurt und Hessen, Norbert Birkwald, und der IT-Fachmann Klaus Landesfeld, der als Aufsichtsrat beim weltgrößten Internetknoten De-Cix in Frankfurt tätig ist.
Schon vor einigen Tagen hatte die Piratenpartei Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt, um den Einsatz des Hessentrojaners zu stoppen. Dieser erlaubt es der Polizei, Sicherheitslücken im Internet zu nutzen, um heimlich Späh-Software auf Computern zu hinterlegen.
Die aktuellen Beschwerdeführer gehen wie die Piraten davon aus, dass die Sicherheitsbehörden dafür Sicherheitslücken im Computersystem ankaufen und absichtlich offenlassen. Diese Schwachstellen könnten ebenso von organisierten Kriminellen wie von ausländischen Geheimdiensten genutzt werden, erläuterte Landefeld.
Gegen Software Hessendata
Die am Dienstag vorgestellte Beschwerde richtet sich aber noch gegen weitere Aspekte der hessischen Gesetze. So greift sie die Analysesoftware Hessendata an, mit der die Polizei Informationen aus ihren eigenen Datenbanken wie aus sozialen Netzwerken sekundenschnell verknüpfen kann. Hierdurch könne jeder Mensch durchleuchtet werden, ohne dass eine konkrete Gefahr vorausgesetzt werde, prangerte Sarah Lincoln an. Sie sprach von einem „Angriff auf die Freiheitsrechte“. Lincoln ist als Juristin für die Gesellschaft für Freiheitsrechte in Berlin tätig, die auch gegen die Polizeigesetze in Bayern, Baden-Württemberg und dem Bund vor.
Mit Blick auf Hessen wenden sich die Beschwerdeführer in Karlsruhe gegen die Befugnis des hessischen Verfassungsschutzes, mit verdeckten Methoden gesammelte Daten „nahezu voraussetzungslos“ an andere öffentliche Behörden weiterzuleiten. Bürgerinnen und Bürger könnten sich nicht dagegen wehren, da sie nicht von der Überwachung erführen.
Die VVN-Aktivisten Norbert Birkwald und Silvia Gingold berichteten, sie würden vom Verfassungsschutz „ausgehorcht“. Damit gerieten auch Bündnispartner der Organisation in den Blick des Geheimdienstes und müssten befürchten, dass die Kommunikation überwacht werde. Der Journalist Franz Josef Hanke, Regionalvorsitzender der Humanistischen Union (HU), fürchtet aus dem gleichen Grund um Kontakte, die er für Recherchen benötigt.
Die Bürgerrechtler hinter den Beschwerden
Vier Organisationen stehen hinter den Beschwerden, die am Dienstag in Karlsruhe eingelegt wurden. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hat bereits Beschwerden zu Polizeigesetzen anderer Länder eingereicht. Hinzu kommen die Humanistische Union, die Datenschützer Rhein-Main und das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung.
https://www.fr.de/rhein-main/analysesof ... 57791.html
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4. MÄRZ 2019 | DATENSCHUTZRECHT
Datenschutz und Polizei: Antrag auf Auskunft und Löschung
Update 04.03.2019: Aktualisierung des Artikels und des Musterschreibens.
Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren kann jeden treffen. Eine Auseinandersetzung mit den Nachbarn oder auch bloße Unachtsamkeiten wie ein Unfall im Straßenverkehr und schon bekommen sonst unbescholtene Bürgerinnen und Bürger ein Aktenzeichen bei der Polizei. Vor allem dann, wenn an den Vorwürfen nichts dran ist und sie ausgeräumt sind, stellt sich die Frage, was mit den bei der Polizei gespeicherten Daten passiert. Wann werden sie gelöscht und was kann man selbst tun?
Für Ungeduldige gibt es bereits an dieser Stelle ein Musterschreiben zum Download. In der Regel verlangen die Polizeibehörden eine Kopie des Personalausweises. Daten auf dem Ausweis, die für die Bearbeitung des Antrags nicht benötigt werden, bspw. das Lichtbild, die Personalausweisnummer, die Staatsangehörigkeit und die Gültigkeitsdauer, können unkenntlich gemacht werden.
Die Herrschaft über die eigenen Daten zurückgewinnen
Natürlich dürfen Daten zu einer Person nicht bis in alle Ewigkeit gespeichert werden, wenn hierfür kein Anlass besteht. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt davor, dass der Staat unkontrolliert Daten sammelt. So lange Daten allerdings gespeichert sind, kann die Polizei sie nutzen und unter bestimmten Umständen auch an andere Behörden übermitteln. Man kann etwas vereinfacht sagen, dass Daten zu einer Person immer dann gespeichert werden, wenn sie im Rahmen einer polizeilichen Maßnahme in Erscheinung tritt, ob nun als Beschuldigter, Opfer oder Zeuge einer Straftat, als Hinweisgeber oder weil die Polizei das Auto aus dem Parkverbot hat abschleppen lassen.
Die Polizei dokumentiert ihr Handeln in einer Vorgangsverwaltung und speichert zeitlich befristet in der Regel
das Datum und die Uhrzeit des Vorgangs,
die betroffene Person und ihre Rolle,
eine Kurzbeschreibung des Vorgangs.
Damit soll jederzeit nachvollziehbar sein, was die Beamtinnen und Beamten getan haben. In der Regel werden diese Daten automatisiert nach einigen Jahren gelöscht oder zumindest anonymisiert.
Darüber hinaus dürfen Daten über Personen gespeichert werden, gegen die ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Die Polizei hat nicht nur die Aufgabe, bereits begangene Straftaten aufzuklären, sondern sie soll auch der Begehung von Straftaten vorbeugen. Zur Gefahrenabwehr darf sie deshalb Daten, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gewonnen wurden, nach § 481 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung nutzen: „Die Polizeibehörden dürfen nach Maßgabe der Polizeigesetze personenbezogene Daten aus Strafverfahren verwenden.“ Ein unberechtiges Ermittlungsverfahren kann sich daher schnell als Tretmine erweisen, denn die Polizei kann die Daten aus diesem für die Gefahrenabwehr nutzen.
Bei der Löschung von Daten sind die Polizeibehörden eher restriktiv, sie wollen den Zugriff so lange wie möglich erhalten für den Fall, dass die Daten doch noch nutzbringend für sie sind. Dennoch gibt es klare Regeln zum Datenschutz, an die sich die Beamtinnen und Beamten zu halten haben.
Keine Anwendung der Datenschutzgrundverordnung
In Bezug auf Speicherungen durch die Polizei ist die Datenschutzgrundverordnung nicht anwendbar. Denn nach Art. 2 Abs. 2 lit. d) findet die DSGVO keine Anwendung auf eine Datenverarbeitung durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung, einschließlich des Schutzes vor und der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit.
Damit gelten die Polizeigesetze und die allgemeinen Regelungen der Datenschutzgesetze. Die Rechtslage kann sich dabei von Bundesland zu Bundesland deutlich unterscheiden.
Speicherung nur so lange wie erforderlich
Rechtsgrundlage für die Speicherung personenbezogener Daten ist in den Polizeigesetzen geeregelt. Daten dürfen hiernach grundsätzlich nur zu dem Zweck gespeichert, verarbeitet und genutzt werden, zu dem sie erlangt worden sind. „Die Dauer der Speicherung ist auf das erforderliche Maß zu beschränken“, so bestimmt es beispielsweise § 22 Abs. 1 PolG NRW.
In Dateien suchfähig gespeicherte personenbezogene Daten und die dazugehörigen zu den Personen suchfähig angelegten Akten muss die Polizei in drei Fällen löschen, nämlich wenn das Polizeigesetz dies bestimmt, die Speicherung nicht zulässig ist oder wenn festgestellt wird, dass die Daten für die Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle nicht mehr erforderlich sind.
Ist in einem Ermittlungsverfahren der Tatverdacht komplett entfallen, beispielsweise im Rahmen eines Freispruchs oder einer Einstellung des Verfahrens, ist eine weitere Speicherung der Daten grundsätzlich nicht mehr zulässig. Bleibt trotzdem ein Restverdacht bestehen, können die Daten zur Gefahrenabwehr gespeichert werden. In diesem Fall muss das Interesse der Öffentlichkeit an der Verhinderung und Aufklärung zukünftiger Straftaten mit dem Interesse des einer Straftat Verdächtigen an der alsbaldigen Löschung abgewogen werden (lesenswert BVerfG, Beschluss vom 1. Juni 2006 – 1 BvR 2293/03; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 15. Oktober 2012 – 16 B 174/12).
Dabei trägt die Polizei die Beweislast dafür, dass noch ein Rest an Tatverdacht gegen den Betroffenen besteht (VG Aachen, Urteil vom 15. Juni 2009 – 6 K 1979/08).
Für suchfähige Daten muss es Prüftermine geben, zu denen eine Entscheidung darüber getroffen wird, ob eine weitere Speicherung erforderlich ist. Das bedeutet nicht, dass die Daten bis zum Ablauf der Prüffrist nicht gelöscht werden müssen. Die Polizei muss dann nur von sich aus tätig werden und über die weitere Verwendung bzw. Löschung befinden.
Löschung suchfähiger Daten auf Antrag
Die Polizei kann die Feststellung, dass Daten nicht mehr erforderlich sind, aufgrund der genannten Prüffristen oder aus „Anlass einer Einzelfallbearbeitung“ treffen.
Das bedeutet, dass der Betroffene mit einem Antrag an die Polizeibehörde eine Löschung herbeiführen kann. Die Polizei muss unabhängig von den allgemeinen Prüffristen auf Antrag entscheiden, ob weiter ein Rechtsgrund für die Speicherung besteht oder ob eine Löschung erfolgen soll.
Der Antrag ist bei der Polizeibehörde zu stellen, die die Daten gespeichert hat. Sie entscheidet über die Löschung auch bei Dateien, auf die mehrere Behörden Zugriff haben.
Anspruch auf Auskunft über gespeicherte Daten
Um zu erfahren, welche Daten eine Polizeibehörde überhaupt über einen gespeichert hat, gibt z.B. § 49 des Datenschutzgesetzes NRW den Betroffenen einen Anspruch Auskunft. Die Polizei muss mitteilen, welche personenbezogenen Daten verarbeitet wurden, zu welchem Zweck und auf welcher Rechtsgrundlage dies erfolgt ist, von dem die Daten stammen und an wen sie übermittelt wurden sowie welche allgemeinen technischen Bedingungen der automatisierten Verarbeitung der zur eigenen Person verarbeiteten Daten bestehen.
Voraussetzung für die Verpflichtung der Polizei zur Auskunft ist, dass der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Daten mit angemessenem Aufwand ermöglichen. Hier reichen Angaben zur Person völlig aus.
Einen Generator für Anträge auf Auskunft für andere Behörden stellt datenschmutz.de kostenlos zur Verfügung.
Auskunftserteilung gebührenfrei
Auskunftserteilungen und Einsichtnahme sind gebührenfrei, es kann aber die Erstattung von Auslagen verlangt werden.
Klage auf Löschung
Weigert sich die Polizei Daten zu löschen, zu deren Speicherung sie nicht (mehr) berechtigt ist, kann sie hierzu mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht gezwungen werden.
Über den Autor
Dr. Jasper Prigge ist Rechtsanwalt in Düsseldorf. Er berät kleine und mittelständische Unternehmen im Medienrecht, IT-Recht und Wettbewerbsrecht. Mehr zu den Tätigkeitsbereichen erfahren Sie hier.
https://www.jasperprigge.de/antrag-auf- ... r-polizei/
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Hier kann man schön sehen, dass sich Bürger*innen gegen Datenspeicherung über ihre Person wehren.
Aber was ist mit uns Sexworker*innen?
Wir müssen wegen unserer Berufswahl / Berufsfreiheit uns zwangsregistrieren lassen und Hurenausweise ständig mit uns führen und unsere Daten verbleiben ewig im Behördenapparat.
Das ist pure Diskriminalisierung!
Und die Bürger*innen, die beruflich nicht der Sexarbeit nachgehen, schreien schon bei kleinster Datenspeicherung, nicht nur beim Staat, sondern auch bei Facebook, Instagram etc. (selbst schuld, wenn sie Fotos oder sonst was bei Facebook etc. posten).
Sie könnten ja mal nachfühlen, wie es ist, als "Sexarbeiter*in" gespeichert zu sein ....
Das Problem ist, denke ich mal auch, dass der Staat oder die Polizisten die Datenspeicherung häufig missbrauchen und / oder sogar den Abolitionistinnen / Politiker*innen (siehe Breymeier von der SPD wegen Sexkaufverbot) mit Daten über uns Sexarbeiter*innen illegal unsere Daten zuführen.