Sommerhitze und Winterglück. von Alexandra Sommer

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fraences
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Sommerhitze und Winterglück. von Alexandra Sommer

Beitrag von fraences »

Prostitution mit 45 Jahren Frau Sommer und der käufliche Sex
Andrea Jenewein

Ihrem Job als Prostituierte schreibt Alexandra Sommer mehr Licht- als Schattenseiten zu.

Sie war 45 Jahre alt, als sie sich dazu entschloss, ihren bürgerlichen Beruf an den Nagel zu hängen und Prostituierte zu werden. Alexandra Sommer, so ihr Künstlername, hat darüber nun ein Buch geschrieben.

Stuttgart - Sollte sie – oder sollte sie nicht? Alexandra Sommer, wie sie sich heute nennt, war 45, geschieden, sie hatte mehrere Ausbildungen absolviert und arbeitete in einem guten Job. Dennoch spielte sie mit dem Gedanken, diesen aufzugeben, um ein neues Leben zu beginnen. Und ihr Geld mit Sex zu verdienen. Als Prostituierte.

Sommer ging zu einer Wahrsagerin. „Es ist nicht so, dass ich blind an Wahrsagerei glaube – aber ich wollte eine unkonventionelle Meinung. Jemanden befragen, der sich nicht damit aufhalten würde zu fragen, was sei, wenn ich krank würde und wie das später mal mit der Rente wäre“, sagt die zierliche Frau. Von der Wagsagerin bekam sie zu hören: „Sie können das – tun sie’s!“

Sie tat es. Seit mehreren Jahren – wie viele genau das sind verrät sie nicht, denn dann könnte man ihr Alter errechnen – wohnt und arbeitet sie nun schon in einer kleinen Wohnung, die hoch oben über Stuttgart schwebt und einen tollen Blick über die Stadt bietet. An der Wand hängen Regale, gefüllt mit Büchern. Ein Sofa ragt in den Raum hinein, ein Klavier steht an der Wand, ein kleines Bett ist in einer Nische untergebracht. Es ist warm, sehr warm. „Eigentlich müssen sich alle die Schuhe ausziehen“, sagt Sommer.

Sie serviert Kaffee mit Sahne. Flüssige Schlagsahne, keine Kaffeesahne. „Das schmeckt am besten“, sagt sie und streicht mit ihrer Hand über das rote Sofa. In dieser Wohnung isst und schläft Sommer, dort vereinbart sie ihre Termine, bedient die Telefonsex-Hotline und empfängt ihre Kunden. Wünscht sie sich keine Trennung von Berufs- und Privatleben? „Nein, das ist optimal – so habe ich keinen Anfahrtsweg“, sagt sie. Freilich, gibt sie zu, habe sie auch nicht immer das Geld für zwei Wohnungen gehabt.

Aber es ginge auch so sehr gut: Sie hat mehrere Telefone, die sie auch nur zu den Sprechzeiten anschaltet. „Das handhabe ich sehr streng“, sagt sie. Der Vormittag gehört allein ihr. Da liest sie die Zeitung, geht joggen oder schreibt. Die Termine mit den Kunden vereinbart sie nur am Nachmittag, und die Telefonsex-Hotline ist am Nachmittag bis zum Abend geschalten. „Diese Anrufe stören mich nicht, meist geht das ganz schnell, zwei bis zehn Minuten lang bin ich da beschäftigt“. Nur wenn sie sich gerade zum Abendessen niedergelassen habe, sei es ein wenig nervig, sagt sie und lacht.

Die Kunden werden immer weniger

Dass sie relativ viel Freizeit hat und dennoch gut verdient – das waren auch die Hauptgründe dafür, sich als Prostituierte selbstständig zu machen. Auch wenn sich inzwischen die Situation stark gewandelt habe: Die Kunden werden weniger. Sommermacht die Öffnung der Grenzen und die wirtschaftliche Situation dafür verantwortlich. Damals aber lief das Geschäft noch gut – und es war Sommer auch nicht ganz neu: Seit sie Mitte zwanzig war, bot sie solventen Herren gelegentlich ihre Dienste an – die Kontaktaufnahme lief damals über Inserate in Zeitungen. Die lauteten dann etwa: „Unternehmer, großzügig, unterstützt hübsche Studentin“. Sommer hatte Sex mit den Herren. Gegen Geld. Aber das war immer nur ein netter Nebenjob gewesen. Den auch ihr damaliger Freund und spätere Ehemann akzeptierte, nachdem sie ihn ihm beichtete. „Er war ein kluger und toleranter Mann – und er hat verstanden, dass dieser Job nichts mit unsere Beziehung zu tun hatte“, sagt sie.

Bis heute könne sie das ganz klar trennen. Job ist Job. Privates ist Privates. Das sei wie bei einem Schauspieler. „Wenn ich einen Mann verwöhne, kann ich, sobald er wieder weg ist, das Geschehene völlig ausblenden.“ Das bedeute aber nicht, dass sie nicht auch eine gewisse Beziehung zu manchen ihrer Kunden aufbaue – wenngleich diese immer auf einer professionellen Ebene bliebe. Gespräche sind ihr wichtig – auch, um den Mann einschätzen zu können. Angst habe sie nie gehabt. „Oft bin ich auch eine Art Therapeutin für die Männer, sie erzählen mir von ihren familiären Schwierigkeiten – oder von ihren Potenzproblemen. Zudem habe ich immer wieder behinderte oder alte Kunden“, sagt Sommer. Wenn ihre Dienste ihren Kunden gefallen, mache das auch sie zufrieden.

Und ihr Alter? Ist es kein Nachteil in ihrem Job, dass sie kein blutjunges Ding mehr ist? „Mir selbst sind auch die Herren ab 50 am liebsten – die haben Lebenserfahrung, sind aufmerksamer und haben ein gewisses Niveau“, kontert Alexandra Sommer. „Aber Sie wären erstaunt, wie viele junge Männer eine reife Frau wollen – ich habe auch Kunden, die sind erst 25“.

Schwester möchte „nichts darüber wissen“

Die Prostitution sei ein ganz normaler Beruf, sagt Sommer. Doch warum dann der Künstlername? Ist da doch ein wenig Scham? „ Meine Nachbarn wissen nicht, was ich mache – und ich will auch, dass das so bleibt“. Das wäre anders, wenn sie den Beruf an einem anderen Ort ausüben würde, sagt sie. Enge Freunde wüssten aber Bescheid, auch mit ihrer inzwischen verstorbene Mutter hat sie manchmal über ihren Job gesprochen. Allein ihre Schwester möchte „nichts darüber wissen“.

Vor drei Jahren begann Sommer, ein Buch über ihr Leben zu schreiben, im Oktober 2013 ist es unter ihrem Künstlernamen und dem Titel „Sommerhitze und Winterglück“ bei der Edition Fischer herausgekommen. „Ich habe dieses Buch auch veröffentlicht, weil ich es unmöglich finde, dass Alice Schwarzer dafür plädiert, dass die Prostitution verboten wird“, sagt Sommer. Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer ist der Meinung, dass die Arbeit als Prostituierte nie freiwillig sei und deshalb verboten werden sollte. „Dass es auch anders sein kann, sieht man an mir“, sagt Sommer.

Doch sie will das Gewerbe keinesfalls verherrlichen, weiß um Armuts- und Zwangsprostitution. „Aber wenn man Prostitution verbietet, unterdrückt man diese Frauen erst recht – und man schiebt sie in eine dunkle Ecke ab“, sagt sie und blickt nachdenklich zu ihrem Panoramafenster, durch das helles Licht bis in den hintersten Winkel des Zimmers fällt.

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Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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