Pressespiegel
Focus
Urteil
Arbeitsagentur muss keine Prostituierten suchen
Die deutsche Arbeitsbehörde ist nicht verpflichtet, einem Bordell Prostituierte zu vermitteln. Laut Gerichtsurteil gebieten das die „guten Sitten“.
AFP
Vermittlung Fehlanzeige
Langes Gesicht bei einem Bordellbetreiber aus Speyer: Das Kasseler Bundessozialgericht (BSG) stellte höchstrichterlich klar, dass die Arbeitsverwaltung keine Mitarbeiterinnen für ein Freudenhaus suchen muss. Mit dem Urteil wies das BSG am Mittwoch die Forderung des 45-Jährigen in dritter und letzter Instanz ab.
Die Bundesanstalt für Arbeit habe das Ansinnen des 45-Jährigen zu Recht abgelehnt, weil die Behörde nicht verpflichtet sei, „in diesem Bereich“ tätig zu werden.
„Eine solche Handlung der öffentlichen Gewalt lässt sich nicht mit der Werteordnung des Grundgesetzes vereinbaren“, hieß es in der Urteilsbegründung (Az.: B 11 AL 11/08 R).
„Gute Sitten“ verletzt
Der Mann betreibt bereits ein Etablissement, in dem Frauen „als Selbstständige sexuelle Dienstleistungen gegenüber Dritten“ erbringen. Weil er Frauen selbst beschäftigen wollte, verlangte er vom Arbeitsamt die Vermittlung von Prostituierten aus Deutschland und anderen EU-Staaten. „Art der Tätigkeit sei die Vornahme sexueller Handlungen.“ Die Bundesrichter sahen dadurch jedoch die „guten Sitten“ verletzt.
Der Anwalt des Mannes argumentierte, Prostitution sei mittlerweile ein normales Gewerbe. Die Bundesagentur dürfe nur bei kriminellen Hintergründen die Vermittlung verweigern, ansonsten habe sein Mandant wie jeder andere Arbeitgeber auch das Recht, die Dienste der Behörde in Anspruch zu nehmen. Das gelte erst recht, seit es das Prostitutionsgesetz gebe:
„Wenn sie in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, muss sich die Anstalt auch um sie kümmern.“
Die Arbeitsbehörde weigerte sich jedoch,
weil Prostitution gegen die guten Sitten verstoße. „Wir werden nicht vermitteln, solange es nicht eine eindeutige moralische Haltung in Deutschland zur Prostitution gibt. Wenn doch, müsste es aber ein ganz normaler Beruf sein, ohne Wenn und Aber. Und das schließt auch das Recht auf Weiterbildung ein.“
Der Senat ließ die Argumentation des Klägers mit dem Prostitutionsgesetz nicht zu. „Das Gesetz wurde zum Schutz der Beschäftigten gemacht, nicht zur Förderung des Geschäfts.“ In der Urteilsbegründung ging das Gericht nicht auf das Argument der Bundesanstalt ein, dass auch deren Mitarbeiter geschützt werden müssten und
einigen die Vermittlung von Prostituierten nicht zugemutet werden könne. Das hatte der Anwalt des Bordellbesitzers nicht gelten lassen wollen: „Dann dürfen Sie auch keine Fleischer vermitteln, weil eventuell ein paar Vegetarier bei Ihnen arbeiten.“
mbe/dpa
http://www.focus.de/karriere/arbeitsrec ... 96708.html
Frankfurter Rundschau
Arbeitsagentur muss nicht ranschaffen
VON JOACHIM F. TORNAU
Die BA mischt nicht mit (Bild: rtr)
Rotes Licht für das Rotlichtgewerbe: Die Arbeitsagentur muss auch künftig keine arbeitslosen Frauen in Bordelle vermitteln. "Ein aktives Fördern der Prostitution durch Träger öffentlicher Gewalt lässt sich nicht mit der Wertordnung des Grundgesetzes vereinbaren", befand am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Und deshalb dürfe die Bundesagentur für Arbeit Anfragen aus dem ältesten Gewerbe der Welt grundsätzlich ablehnen.
Geklagt hatte der Inhaber zweier Bordelle in Speyer und Karlsruhe, der das Personal seiner "Verwöhnoasen" (so die Selbstdarstellung)
von selbstständigen Unternehmerinnen auf sozialversicherungspflichtig Beschäftigte umstellen wollte. Er bat darum die Arbeitsagentur, ihm bei der Suche nach geeigneten Prostituierten aus Deutschland und der Europäischen Union zu helfen.
Ob den arbeitslosen Frauen Sanktionen drohen sollten, falls sie das horizontale Jobangebot nicht annehmen, überließ Klägeranwalt Erich-Wolfgang Moersch der Bundesagentur für Arbeit (BA).
Die Vermittlung aber dürfe die BA nicht einfach verweigern, meinte der Jurist und verwies auf das seit 2002 geltende Prostitutionsgesetz, das Sexarbeiterinnen unter anderem den Weg in die gesetzliche Kranken-, Renten und Arbeitslosenversicherung eröffnete. "Wenn sie Beiträge zur Sozialversicherung zahlen, gibt es keinen Grund, ihnen die Vermittlung vorzuenthalten", sagte der Anwalt.
Vermitteln oder fördern?
BSG-Vizepräsidentin Ruth Wetzel-Steinwedel sah das wie die BA anders: "Aus dem Prostitutionsgesetz lässt sich nicht entnehmen, dass es sich die Förderung der Prostitution zum Ziel gesetzt hat."
Und BA-Jurist Rainer Krappmann fürchtete die Konsequenzen, wenn seine Behörde Arbeiten im Sexgewerbe künftig wie jede andere Tätigkeit auch behandeln müsste:
"Dann müsste ich in diesem Bereich auch weiterbilden." Außerdem sei es jungen oder feinfühligen Jobvermittlern nicht zuzumuten, sich mit dem Rotlichtmilieu abzugeben.
"Mit diesem Argument", konterte Klägeranwalt Moersch, "könnten sie aber auch sagen: Wir vermitteln keine Fleischer, weil wir Vegetarier in der Belegschaft haben."
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/ ... 7a1b711012
ad hoc news
Arbeitsagentur muss Frauen nicht in Prostitution vermitteln
06.05.2009 | 17:09 Uhr
Kassel (ddp) Bordellbetreiber können sich Prostituierte nicht von der Arbeitsagentur vermitteln lassen.
Kassel (ddp). Bordellbetreiber können sich Prostituierte nicht von der Arbeitsagentur vermitteln lassen.
Eine aktive Förderung des ältesten Gewerbes der Welt durch die öffentliche Hand lasse sich nicht mit der Wertordnung des Grundgesetzes vereinbaren, entschied am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Die Agentur für Arbeit dürfe die Vermittlung arbeitsloser Frauen ins Sexgeschäft daher grundsätzlich ablehnen. Mit dem Urteil wiesen die Kasseler Richter in letzter Instanz die Klage eines Rotlichtunternehmers aus Rheinland-Pfalz ab (Az.: B 11 Al 11/08 R).
Der Mann betreibt
in Speyer und Karlsruhe die Bordelle «Lauras Girls». Bislang arbeiten die Frauen bei ihm als selbstständige Unternehmerinnen. Weil er die käufliche Liebe künftig aber von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten anbieten lassen will, bat er die Arbeitsagentur um Hilfe bei der Suche nach geeigneten Prostituierten aus Deutschland und der Europäischen Union (EU). Als Art der Tätigkeit gab er die «Vornahme sexueller Handlungen» an.
Der Kläger berief sich auf das 2001 von der rot-grünen Bundesregierung verabschiedete «Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten», das Prostituierten unter anderem den Weg in die gesetzliche Kranken-, Renten und Arbeitslosenversicherung bahnen sollte. «Wenn sie Beiträge zur Sozialversicherung zahlen, gibt es keinen Grund, ihnen die Vermittlung vorzuenthalten», sagte
Klägeranwalt Erich-Wolfgang Moersch. Das Gesetz zeige zudem, dass das horizontale Gewerbe heutzutage als normale Tätigkeit gesehen werde.
Die Arbeitsagentur wollte
in dem Prostitutionsgesetz aber keine moralische und gesellschaftliche Legitimation des Sexgewerbes erkennen und lehnte den Vermittlungsauftrag als
sittenwidrig ab. «Sonst müsste ich in dem Bereich auch weiterbilden», sagte der
Vertreter der Bundesagentur für Arbeit, Rainer Krappmann, bei der Verhandlung vor dem BSG.
Anders als das
rheinland-pfälzische Landessozialgericht in Mainz, das ein pauschales Nein zur Vermittlung ins Rotlichtmilieu untersagt hatte, gaben Deutschlands oberste Sozialrichter der Arbeitsagentur Recht.
ddp/jbk/nik
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http://www.ad-hoc-news.de/arbeitsagentu ... k/20216518
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