Wie die Luftbrücke die Prostitution blühen ließ

Historische Betrachtungsweisen der Prostitution - Ein Spiegel der jeweiligen Zeit und Moral.
Benutzeravatar
JayR
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 1311
Registriert: 20.08.2006, 03:03
Wohnort: Dänemark
Ich bin: Keine Angabe

Wie die Luftbrücke die Prostitution blühen ließ

Beitrag von JayR »

Wie die Luftbrücke die Prostitution blühen ließ

Die Blockade Berlins sorgte nicht nur in der eingeschlossenen Stadt, sondern auch anderswo für einen Ausnahmezustand: Rund um die großen Luftwaffenstützpunkte blühte die Prostitution. Ganz normale Bürger gestalteten ihr Heim um und boten schnellen Sex an. So manchem Nachbarn passte das allerdings gar nicht.

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, schon seit längerem musste ich das schamlose Treiben gewisser weiblicher Personen beobachten. Und ich konnte meine tiefe Beschämung darüber nicht beruhigen, wie weit die Moral bei uns Deutschen abgesunken ist." Voll Empörung schrieb ein Bürger aus Celle 1948 diese Zeilen an die Stadtverwaltung - natürlich anonym. Er erregte sich darüber, dass viele Einwohner der niedersächsischen Stadt auf eine ganz spezielle Weise von der Luftbrücke profitierten.

Denn in und um Celle lagen gleich mehrere große Luftwaffenstützpunkte, auf denen viele Tausend Soldaten aus den USA und Großbritannien hart arbeiteten, um West-Berlin aus der Luft mit Kohlen und Lebensmitteln zu versorgen. Und weil hier so viele junge Männer unter sich leben, entstand das Bedürfnis nach käuflicher Liebe - wie wohl schon zu allen Zeiten. Bis zu 2000 leichte Mädchen befriedigten 1948/49 die Bedürfnisse der britischen und vor allem der - gemessen am deutschen Lebensstandard jener Zeit hervorragend versorgten - amerikanischen Piloten, Ingenieure und Lademeister.

Ganz normale Bürger in Celle, Fassberg und anderen Gemeinden stellten Zimmer und vor allem Betten in ihren vom Krieg verschonten Eigenheimen zur Verfügung. Manchmal sollen sogar ganze Familien in Kellerräume gezogen sein, um mehr Platz für schnellen Sex anbieten zu können - und dafür zu kassieren. In zahlreichen ansonsten ruhigen Wohnstraßen muss es damals zugegangen sein wie sonst nur in Stundenhotels im Rotlichtviertel. Davon zeugen zahlreiche Denunziationsbriefe im Stadtarchiv Celle, auf die die Stadtverwaltung schließlich mit Strafverfahren wegen "Kuppelei" reagierte. Teilweise wurden sogar Haftstrafen ausgesprochen.

Das 1944 erlassene Fraternisierungsverbot, wonach sich US-Soldaten nicht mit Deutschen "verbrüdern" durften, galt während der Luftbrücke zwar schon lange nicht mehr. Im Gegenteil, 1948 war eine feste deutsche Freundin für viele GIs bereits selbstverständlich. In US-Zeitungen wurde zwar über die "Frauleins" meistens schamhaft geschwiegen, aber dennoch wussten auch die Familien jenseits des Atlantiks, was vor sich ging. Doch während der Luftbrücke wurden zahlreiche US-Soldaten in Sammelquartiere weitab von den normalen Stationierungsorten verlegt - und konnten ihre Freundinnen natürlich aus dem amerikanisch besetzten Teil Deutschlands nicht einfach mitnehmen. Also konnte rund um die großen Stützpunkte das älteste Gewerbe der Welt aufblühen wie wohl selten zuvor.

Durchaus begründet war die Sorge vor Geschlechtskrankheiten. Mit Informationsbroschüren und Plakaten warnten die Militärverwaltung vor "veneral diseases" (abgekürzt "VD"). Doch das störte viele Soldaten nicht weiter - im Gegenteil: Sie deuteten die US-typische Abkürzung einfach um zu "Veronica, Danke schön". So jedenfalls lautet eine Erklärung für das Rätsel, warum die deutschen Prostituierten jener Zeit von ihren Kunden schlicht "Veronicas" genannt wurden.

Auch vor dem Flughafen Tempelhof standen während der Blockade junge Frauen und warteten auf amerikanische Freier. Doch dort lief das Geschäft bei Weitem nicht so gut. Denn die im Durchschnitt 27 Jahre jungen Piloten hatten meist gar keine Gelegenheit, das Flugfeld zu verlassen: Sie sollten ja so schnell wie möglich wieder starten, um die nächste Ladung abzuholen und nach Berlin zu bringen. Es soll sogar Prostituierte gegeben haben, die West-Berlin verließen und sich quer durch die sowjetisch besetzte Zone Deutschlands nach Niedersachsen durchschlugen, um dort ihrem Geschäft nachzugehen. Doch Genaueres darüber weiß man nicht. Viel mehr als Hörensagen und mitunter wenig vertrauenswürdige Erinnerungen von Zeitzeugen gibt es nicht.

WELT ONLINE
http://www.welt.de/politik/article21402 ... =0&pbpnr=0

Wer möchte kann sich ja auch mal die anderen Artikel und Fotos in der Serie zur Luftbrücke ansehen, über den obigen Link.

Benutzeravatar
JayR
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 1311
Registriert: 20.08.2006, 03:03
Wohnort: Dänemark
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von JayR »

Hier noch einiges zum Thema deutsche Frauen und Amis nach dem Krieg...
Viel Vergnügen beim Lesen
JayR


...In einem Bericht an den Untersuchungsausschuss des Senats vom 14. August 1946 beklagte Oberst Francis P. Miller eine Zunahme von Geschlechtskrankheiten unter den Soldaten um 235 Prozent zwischen Mai und Dezember 1945. Dies sei nur ein Beispiel für die "moralische Desintegration" der US-Streitkräfte. 500 000 Frauen arbeiteten allein in Berlin als Prostituierte. Offiziere und Mannschaften bereicherten sich am Schwarzmarkt, so dass "viel mehr Geld nach Hause kommt als den Truppen ausbezahlt wurde". Millers Untersuchung ist "von den damals Beteiligten und späteren Historikern weitgehend ignoriert" worden, stellt die "U.S. National Archives & Records Administration" lakonisch fest....

http://www.welt.de/welt_print/article18 ... r_gut.html

Hildegard Knef... 1951 spielte sie in dann in einem Film, der sie schlagartig berühmt machen sollte: Ihre Rolle als Prostituierte Marina in "Die Sünderin". Sowohl der Inhalt als auch die kurze Nacktszene der Knef riefen bundesweit viele offizielle Institutionen auf den Plan und verschafften ihr im prüden Nachkriegsdeutschland unerwartete Publicity. Hildegard Knef spielte eine Prostituierte, die ihren Geliebten und krebskranken Maler bis zum Erblinden treu versorgt und mit ihm am Ende sogar gemeinsam in den Tod geht. Sie war für sechs Sekunden mit blankem Busen zu sehen, die erste Nackte im deutschen Film. Moralapostel und und die katholische Kirche heulten auf. Es gab sogar ein Anti-Knef-Flugblatt mit dem unfreiwillig komischen Text: "Könnt Ihr es verantworten, dass ein Glied Eurer Familie diesen Film besucht?" Eine für heutige Verhältnisse harmlose Nacktszene hatte den Streifen zum Kassenhit und Skandalfilm schlechthin gemacht.

http://www.steffi-line.de/archiv_text/n ... 6_knef.htm

Wikipedia: Die Sünderin
http://de.wikipedia.org/wiki/Die_S%C3%BCnderin

Bild

Über Amiflittchen und Essensbeischläferinen
Das Nachkriegs-Fräulein als Außenseiterin in der Geschichte und Filmgeschichte
Von Christina Heiser

Frauen, die Kontakt zu amerikanischen Soldaten suchten, wurden im Nachkriegsdeutschland von der Öffentlichkeit eher missbilligend als „Fräuleins“ bezeichnet. Prof. Dr. Annette Brauerhoch, die an der Universität Paderborn Filmwissenschaft lehrt, verfasst mit „Fräuleins und G.I.s“, anhand einer Verknüpfung der Filmgeschichte mit der allgemeinen Geschichtsschreibung, erstmals ein ausführliches Bild dieser komplexen Beziehung, die ebenso politisch wie öffentlich war. So legt Brauerhoch dar, dass im Geschlechterverhältnis von „Fräulein“ und amerikanischem Soldat nicht nur Staatsformen kollidierten, sondern auch kulturelle und gesellschaftspolitische Ideologien.
Annette Brauerhoch explizites Anliegen ist es jedoch, die sozial- und kulturhistorische Bedeutung des „Fräuleins“ durch die Filmgeschichte hindurch zu rekonstruieren und rehabilitieren. Dabei behandelt sie ebenso Fragen nach Männlichkeit und Weiblichkeit, wie auch die Verbindung von Rasse, Geschlecht und Nation.

„Fräulein und GI“, das war nach 1945 eine Beziehung die zu Hunderttausenden bestand. Dennoch existiert bis heute keine Alltagsgeschichte zu diesem Phänomen. Das verdeutlicht, dass diese Beziehung verdrängt und im Klischee des 'Fräuleins' immer auch abgewertet wurde.
Dabei finden sich im „Fräulein“ viele Phänomene der Nachkriegsgesellschaft wieder, wie Armut, Perspektivlosigkeit, soziale Entwurzelung, Werteverlust und das Fehlen der deutschen Männer. Dennoch warfen viele Deutsche den Frauen vor, sie würden ihr Land verraten, da sie sich den Siegern an den Hals warfen und sich wie Prostituierte verhielten, indem sie den Besatzern für materielle Vergünstigungen zu Willen waren. Der Begriff nimmt damit eine Bedeutung an, die weit über die Bezeichnung des Familienstandes hinausgeht und gewinnt dadurch etwas frivoles.
„Die Umbruchssituation in Deutschland, die Niederlage, die Katastrophe der Vernichtungslager, die Arbeit des Wiederaufbaus: All dies ließ die ,Fräuleins‘ mit ihren GIs als frivoles Element erscheinen.“

weiterlesen auf
http://www.artesliberales-online.com/co ... rhoch.html

„FRÄULEINS“ UND GIs
von Annette Brauerhoch
www.uni-paderborn.de/fileadmin/mw/Braue ... erhoch.pdf

...Rosemarie Nitribitt wurde 1933 in Düsseldorf geboren. 1938 kam sie in ein Kinderheim und anschließend in die Obhut einer Pflegefamilie, die in einem kleinen Ort in der Eifel lebte. Mit gerade einmal 13 freundete sie sich mit zwei älteren Prostituierten an....
http://www.daserste.de/ttt/beitrag_dyn~ ... gbn~cm.asp

...das war 1946. Warum freundete sie sich mit zwei Prostituierten an? Vielleicht weil die gute Beziehungen zu den Amis und Schokolade hatten? Wäre doch ein guter Grund für ein kleines Mädchen.

mehr zu Rosemarie Nitribitt
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=24660#24660