Dreifarbenhaus Stuttgat: Ein Haus, ein Leben, ein Bestseller

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Zwerg
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Dreifarbenhaus Stuttgat: Ein Haus, ein Leben, ein Bestseller

Beitrag von Zwerg »

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Das Dreifarbenhaus - Ein Haus, ein Leben, ein Bestseller.


von Julia Merkhoffer und Matthias Milanov



12:30 Uhr – Mittagspause in Stuttgart. Nicht nur auf der Königstraße herrscht jetzt reger Betrieb. Auch im Dreifarbenhaus im Herzen Stuttgarts flaniert das männliche Laufpublikum aller Couleur durch die Gänge. Wir stehen mit polizeilicher Begleitung mitten im Geschehen und warten auf die Verwalterin des Bordells. Ein „geheimer Ort“ in Stuttgart will entdeckt sein. Was passiert dort in dem Gebäude mit seinem legendären Ruf?

Seit Bestehen gehört die Verwalterin zum Haus. Wie jeden Tag um die Mittagszeit bringt sie traditionell das erwirtschaftete Geld zur Bank. Eine der wenigen Traditionen, die überlebt haben. Im Vergleich zu den Anfangsjahren hat sich innerhalb des Bordells einiges verändert. Jedoch versucht die Verwalterin dafür zu sorgen, dass an der Leitlinie weiterhin festgehalten wird. Denn diese macht das Haus und dessen Geschichte „unverwechselbar“.

Unter den rund 200 Lusthäusern in Stuttgart zählt das Dreifarbenhaus zu einem der ältesten Etablissements, das Liebesdienste anbietet. Nach dem Tode ihres Mannes hat die Verwalterin die Führung komplett übernommen. Eröffnet wurde das auffällige Haus am 17. Februar 1957 mit rund 70 Prostituierten am Bebenhäuser Hof. Auf die Frage, warum das Haus gerade in den seitenverkehrten Farben der Trikolore erscheint, vermutet sie: „Das hatte irgendetwas mit dem schon bestehenden Franzosenpuff in Stuttgart zu tun.“ Den Grund für die Errichtung des Dreifarbenhauses kennt sie aber ganz genau: „Die Straßen sollten aufgeräumt werden! Die so genannten ‚Ruinenprostituierten’ aus Stuttgarts Innenstadt, die damals ihre Dienste auf der Königstraße anboten, waren den Stadtvätern ein Dorn im Auge.“ Um das Stadtbild nicht negativ zu beeinflussen, sollte das offene „sich Feilbieten“ verhindert werden. Auf Initiative von kommunalen Behörden und Kirchen sollte ein Bordell errichtet werden. Die Baugenehmigung hierfür erhielt ein Ehepaar, das dieses besondere Dirnenwohnheim mithilfe privater Investoren auf die Erfolgsspur brachte.

Dieses Erbe übernahm die heutige Verwalterin, die früher nur in der Küche tätig war. An diesen, für sie bedeutsamen Ort im Keller nahm sie uns auf die Reise in die Vergangenheit des Bordells mit. Noch heute spürt man dort unten die ganz eigene familiäre Atmosphäre, die damals geherrscht haben muss. „Früher war die Küche mein Bereich. Dort habe ich den Mädchen das Essen zubereitet. Ich war quasi wie ihre Mama und Vertrauensperson“, erinnert sie sich. „Mit meinem Mann zusammen haben wir damals sogar Filmabende mit den Mädchen veranstaltet. Für sie war das hier wie ein Zuhause. Sie haben sich wohl gefühlt.“

Fast „schwäbisch-pietistisch“ führte die Verwalvonterin anfangs Buch über das Kommen und Gehen im Haus. Sie sorgte dafür, dass dies auch mit dem Polizeiamt abgestimmt war. Ordnungsgemäße Anmeldungen, Verhandlungen oder Belange wurden immer mit der Dienststelle ausgetauscht, so dass die Besitzerin meist keine Probleme zu fürchten hatte. Nach dem Gesundheitscheck, mit deutschem Pass und einem Mindestalter von 21 Jahren war der Zutritt zu den Zimmern für die Mädchen frei, um im vorbildlich geführten Bordell ihre Dienste anzubieten. Doch der Wandel der Zeit ging auch am Dreifarbenhaus nicht spurlos vorüber. Die Küche im Keller wurde zum Büro und dient als Rückzugsort. Wegen ständiger Veränderungen im ältesten Gewerbe der Welt ging diese Vertrautheit und die Prinzipien zum Bedauern der Verwalterin verloren: „Das Dreifarbenhaus musste sich an neue Umstände anpassen. Derzeit herrscht ein regelrechtes Überangebot und wir mussten mitziehen.“

Zu Beginn war das Bordell nur bis 23 Uhr geöffnet und an Sonn- und Feiertagen komplett geschlossen. Heute muss das Freudenhaus von 10 Uhr morgens bis 4 Uhr nachts öffnen, um seine Konkurrenzfähigkeit zu behalten. Auch an Sonntagen ist von 11 Uhr morgens bis Mitternacht Betrieb. Zudem findet ein nahezu täglicher Wechsel der Besatzung statt. „Damals hatten wir im Dreifarbenhaus eine Warteliste für die Anmietung der Zimmer, weil sie so beliebt waren. Höchstens ein Mädchen pro Jahr verließ das Haus. Heute läuft das Geschäft einfach nicht mehr so gut. Die Mädchen sind um jeden Job dankbar, um vom verdienten Geld zumindest die Kosten für das Zimmer zu decken“, beschreibt die Verwalterin die heutige Situation im Haus.

Das Geschäft wird internationaler, manchmalmangelt es an Respekt. Auch die Polizei verliert mehr und mehr an Einfluss. Das gelockerte Prostitutionsgesetz macht den Gesundheitscheck nicht mehr zur Pflicht. „Wenn ich entscheiden könnte, müsste jede da hingehen“, sagt die Verwalterin, „nur leider habe ich darauf keinen Einfluss.“

Eines hat sich durch die strikte Leitung der Verwalterin allerdings nicht geändert und das macht das Bordell in Deutschland so einzigartig: Es zeichnet sich landesweit als seriöses Musterbordell aus. „Ich bin immer meiner Linie treu geblieben: Kein Alkohol, keine Drogen, keine Zuhälter. Die Mädchen sollen ohne Druck arbeiten und sich im Dirnenwohnheim wohl fühlen“, so die Verwalterin. Für Sicherheit und Ordnung im Dreifarbenhaus sorgen weibliche Stehfrauen, die darauf achten, dass das Bordell durch Aufruhr nicht unnötig in die Schlagzeilen gerät.

Dank dieser Prinzipen hat das Freudenhaus Vorbildcharakter: Es wird als ordentlichstes Bordell Deutschlands tituliert. Auch heute noch müssen sich die Damen ordnungsgemäß bei der Polizei melden. Diese Regeln innerhalb des Dreifarbenhauses werden von allen Seiten geschätzt.

Die Verwalterin möchte, dass diese Leitlinie auch künftig beibehalten wird. Dies erschwert die Suche nach würdigen Nachfolgern. „Ich könnte das Haus innerhalb von einem Tag verkaufen.“ Aber wegen ihrer großen Verbundenheit zum Dreifarbenhaus fällt es der Verwalterin schwer, loszulassen. „Ich kann nicht einfach gehen, ich habe hier immer geschafft.“

Erschienen auf hdm-stuttgart - secret places

Anmerkung von Zwerg: Kennt Jemand das Haus? Gibt es auch von Eurer Seite einen "Bericht" - Es wäre für uns sicherlich interessant zu sehen, wie es ein Insider sieht....

Liebe Grüße

Christian

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ein Musterbordell - alle Achtung.

In Düsseldorf steht auch ein "Mehrfarbenhaus" am Bahndamm und der anreisende Kunde kann direkt vom einfahrenden Zug sich die Frauen in den Fenstern ansehen und dank Ziffern und Farben auch finden :-)

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Dreifarbenhaus vom Himmel betrachtet:
http://maps.google.de/maps?f=q&hl=de&sl ... 9&t=h&z=21





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Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 12.10.2008, 04:07, insgesamt 1-mal geändert.

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nina777
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Beitrag von nina777 »

1970 - 2000

Stuttgarts bekanntestes Bordell: das Dreifarbenhaus

Das Dreifarbenhaus - benannt nach der geteilten Fassade in drei Farben - ist am 17. Februar 1957 mit amtlicher Genehmigung eröffnet worden. Das Bordell existiert bis heute.

Stuttgart - Bordellähnliche Betriebe gibt es viele in der Innenstadt – aber keines dieser Etablissements ist vergleichbar mit dem Anwesen im Bebenhäuser Hof. Schon der Name des Hauses fällt aus der Reihe, denn offiziell handelt es sich nicht um ein Bordell, sondern um ein Dirnenwohnheim. Im Volksmund heißt das Haus wegen seines rot-blau-gelben Anstrichs nur: Dreifarbenhaus. Der folgende Artikel ist 1997 zum 40-jährigen Jubiläum des Dreifarbenhauses in der Stuttgarter Zeitung erschienen.

Prostitution in geordneten Bahnen?

Rückblende: Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Stuttgart in Schutt und Asche lag, ging es zwischen den Trümmern zuweilen hoch her, und auch Prostituierte gingen dort ihren Geschäften nach. Irgendwann wurde den Stadtvätern das Treiben zu bunt. Um das älteste Gewerbe der Welt wieder in geordnete Bahnen zu lenken, bekam ein Ehepaar mit einschlägiger Erfahrung eine Baugenehmigung. So wurde, nur ein paar Schritte vom Rathaus entfernt, das Dreifarbenhaus gebaut und am 17. Februar 1957 eröffnet.

71 Prostituierte bezogen damals die neue Dienststelle. Heute (im Jahr 1997) bieten 67 Damen im Alter von 21 bis 56 Jahren im Dirnenwohnheim ihre Dienste an – unter Bedingungen, von denen die meisten Kolleginnen nur träumen können. Das fängt damit an, daß die Bewohnerinnen des Dreifarbenhauses ohne Druck arbeiten können – wann sie wollen, wie oft sie wollen und ohne Gängelei durch einen Zuhälter. Drogen sind tabu, Alkohol ebenso. Freier müssen sich an die Öffnungszeiten halten. Betrieb ist von 10 bis 24 Uhr – außer an Sonn- und Feiertagen. Dann gönnen sich die Damen eine Pause. Mit einem Wort: "Das Haus hat im In- und Ausland Vorbildcharakter", so Herwig Klawe, der damalige stellvertretende Leiter des Fachdienstes Prostitution bei der Stuttgarter Polizei.

Polizei macht regelmäßige Kontrollgänge

So alle drei bis vier Wochen machen die Beamten einen Kontrollgang durch das Dreifarbenhaus. Probleme gibt es kaum. "Das Haus wird sehr seriös geführt", sagt Klawe. Seit eh und je wacht eine Verwalterin darüber, daß niemand das Haus betritt, den man dort nicht haben will. Vor allem "Personen aus dem Mileu" bleiben außen vor. Um zu verhindern, dass sich das Milieu aus Osteuropa im Dreifarbenhaus breit macht, bleibt Ausländerinnen der Zugang verwehrt. Stehfrauen achten in den Etagen auf Sicherheit und Ordnung.

Die Frauen zahlen pro Tag 80 Mark Miete für ihre Zimmer. Mit Essen in der hauseigenen Kantine kostet die Miete 100 Mark – das ist ein Spottpreis, verglichen mit den in den bordellähnlichen Betrieben üblichen Mietkosten. "Dort zahlt man mindestens das Doppelte", sagt Herwig Klawe. Beide Seiten, sowohl Verwalterin als auch Prostituierte, haben die Möglichkeit, von einem Tag auf den anderen zu kündigen. Auch auf der Einnahmenseite gibt es so etwas wie Tarife: Unter 100 Mark die Stunde geht nichts.

Ende der 90er Jahre war Wirtschaftsflaute im Bordell

Doch war die Liste derer, die im Dreifarbenhaus arbeiten wollen, früher schon einmal länger. Ein Grund dafür mag sein, dass auch das horizontale Gewerbe unter der Wirtschaftsflaute zu leiden hat. Dagegen gibt es viele Bewerber, die das Dirnenwohnheim gerne übernehmen würden. "Es liegen Anfragen aus dem In- und Ausland vor", bestätigt Klawe. Freilich denkt die betagte Besitzerin des "Mädchenpensionats" gar nicht daran, sich von ihrem Etablissement zu trennen. Ist vielleicht auch ganz gut so.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/p ... nhaus.html
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fraences
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Düsseldorf Bahndamm

Beitrag von fraences »

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:Ein Musterbordell - alle Achtung.

In Düsseldorf steht auch ein "Mehrfarbenhaus" am Bahndamm und der anreisende Kunde kann direkt vom einfahrenden Zug sich die Frauen in den Fenstern ansehen und dank Ziffern und Farben auch finden





Dreifarbenhaus vom Himmel betrachtet:
http://maps.google.de/maps?f=q&hl=de&sl ... 9&t=h&z=21





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Dazu muss man ergänzen, das der Zug Schlagseite bekommt, wenn er am Bahndamm vorbei fährt. :081 :081 :081
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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