Um ca. 18 Uhr komme ich in beim
Laufhaus Bochum an. Betreiber A. ist anwesend und nimmt meine Personalien auf. Vor 2 Wochen war ich bereits einmal hier, im Rahmen der 15-Jahr-Feier von Madonna (
www.madonna-ev.de). Weiter oben habe ich euch bereits von meinem 1. Eindruck erzählt.
Betreiber A. vom
Laufhaus Bochum fragt mich: "Bist du privat hier oder von Madonna?" "Nein, ich bin nicht von Madonna, ich will hier arbeiten, ich bin zum Geldverdienen hier und will einen Bericht ins Sexworker-Forum stellen," antworte ich. "Aha" sagt er desinteressiert. Meine positiven Eindrücke bei der Führung vom Laufhaus Bochum will ich gerne bestätigt sehen. Es wäre mir lieber gewesen als diesen Erfahrungsbericht zu schreiben, in dem ich meine ursprüngliche Meinung revidiere.
Betreiber A. vom
Laufhaus Bochum fordert zuerst 300,-€ Kaution. Das wusste ich bereits im Vorfeld. Er erzählt mir, während er meinen Ausweis kopiert und den Vertrag ausfüllt,
dass er bei seinen Landsmänninnen schon mal eine Ausnahme macht, die dürften die Kaution bei ihm abarbeiten.
Nachdem ich die Kaution bezahlt habe, will Betreiber A. vom
Laufhaus Bochum die Miete für den ersten Tag. Ich frage, ob ich vollständig zahlen muss, schließlich ist es schon 18 Uhr, und die 99,- € sind der Preis für 24 Stunden. Ja, ich muss und dann bitte noch die 10,- € für das Frühstück.
Das Frühstück und alles andere Essen muss direkt neben dem Eingang eingenommen werden. Dort stehen 3 kleine Tische mit Stühlen.
Jeder Kunde, der das Haus betritt, kommt hier vorbei.
Das heißt, keine Intimsphäre während des Essens. Es ist verboten, anderswo im Haus zu essen. Genauso ist es verboten, den Zimmerschlüssel außer Haus zu nehmen, obwohl die Schränke nicht absperrbar sind und kein Tresor zur Aufbewahrung von Wertgegenständen oder Geld vorhanden ist.
Ich frage nach, wie denn der Lauf sei, und Betreiber A. vom
Laufhaus Bochum erklärt mir hochzufrieden und stolz, wie unglaublich gut seine Zahlen seien, die Belegung des Hauses sei sehr gut, weit mehr als er erwartet habe. Hört sich gut an, ich hoffe, nicht nur die Zimmerbelegung ist gut, sondern auch der Kundenlauf!
Betreiber A. vom Laufhaus Bochum zeigt mir mein Zimmer und die Raumpflegerin gibt mir Handtücher und Laken. Laken ist sehr nobel ausgedrückt für die 1x2 m- Tücher aus 100 %-igem Polyester. Wie fühlt sich das denn für meinen frischgeduschten Gast an?
Später erfahre ich, dass Duschen des Gastes wegen des hohen Handtuch- und Wasserverbrauches nicht erwünscht sei.
Handtücher bekomme ich nicht nach Bedarf, sondern abgezählt. Auf meine Nachfrage, wenn ich denn mehr bräuchte, Achselzucken der Raumpflegerin, und die Aussage, Handtücher gäbe es nur donnerstags.
Betreiber A. vom
Laufhaus Bochum zeigt mir mein Zimmer und fragt, ob ich den Fernseher brauche, das wären dann noch mal 3,- € pro Tag. Verwundert sage ich nein, ich schaue eh kein TV. Auf dem Weg nach draußen deutet er auf die Lampe im Vorzimmer: "Und das Licht kostet 1,- € pro Tag. Willst du die haben? Sonst nehme ich sie ab." Die Lampe ist nur mit Clip-Halterungen angebracht und kann mit einem Handgriff entfernt werden "Wie bitte? Licht kostet auch extra?"
Langsam reichts mir. "Ja, ok, die Lampe will ich bitte schon." Zur objektiven Darstellung will ich anmerken, dass es im Vorzimmer, in dem man sich präsentiert sehr wohl Halogendeckenlampen gibt, die für eine ausreichend Beleuchtung sorgen. Als ich das feststelle, lasse ich das andere kostenpflichtige Licht entfernen.
Gestylt setze ich mich in den "Wintergarten", naja, in die "Auslage" und warte ab.
Nach kurzer Zeit habe ich den 1.Kunden. Meine Laune hebt sich und wir einigen uns auf 80,- € (Im Laufhaus fangen die Preise bei 30 € an, gearbeitet wird mit Schutz). Er macht mir einige sehr nette Komplimente und die Welt ist für mich wieder in Ordnung. Während er duscht, nehme ich ein "Bettlaken" und stelle fest, dass es unangenehm riecht. Mein Gast fragt nach einem frischen Handtuch und ich antworte, nimm dir irgendeines, sind alle frisch, du bist der Erste hier. Er ruft zurück, die wären alle schmutzig. Das darf doch nicht wahr sein, denke ich als ich die Handtücher inspiziere.
Alle verfleckt, benutzt und wieder zusammengefaltet.
Ich biete meinem Gast meinen eigenen Bademantel an, den benutzen wir auch als Unterlage für meinen Liebesdienst. Danach gehe ich mit der Wäsche zu der Raumpflegerin und verlange frische Wäsche. Die Raumpflegerin verweigert es. Eine andere Dame, die hinter der Theke arbeitet, bekommt das mit und bringt mir später frische Wäsche.
Ich setze mich wieder auf den Barhocker in mein Schaufenster. Ein bisschen Urlaubsstimmung kommt in mir hoch. Die mediterrane, gepflegte Ausstattung, der überdachte Innenhof mit Sand und Liegestühlen, die Bar mit der Musik, braungebrannte, sehr junge, sehr hübsche, sehr nette Mädchen in Bikinis, Palmen, überwiegend ausländische Mitbürger ….. ich komme mir vor wie im Urlaub in der Türkei.
Es ist sehr viel Betrieb im Laufhaus Bochum. Ich schätze, dass an diesem Abend bis 2 Uhr ca. 200 bis 300 Männer an mir vorbei gehen. Es bleibt bei einem Kunden in der Zeit von 19 Uhr bis 2 Uhr. Bei den anderen Damen sieht es nicht besser aus. Meine Urlaubsstimmung ist völlig verflogen, denn je später es wird, umso unverschämter werden die Gäste.
Ein Mann steht stundenlang ein paar Meter vor meinem Fenster und starrt mich ununterbrochen an. Es kommen junge ausländische Mitbürger (18 - 22 Jahre alt) in Gruppen von 5 bis 10 Personen, lachen lauthals, ziehen ihre Runden, mehrere Male laufen sie an allen Mädchen vorbei.
Asiatische Geschäftsmänner in Anzug und Krawatte, mit Handy am Ohr und Aktentasche grinsen mich strahlend an, in jeder der vielen Runden, die sie drehen.
Dann gibt es noch die Sorte Kunden: Trainingsanzug, Schlappen, Plastiktüte in einer Hand. Ob da wohl das Feierabendbier drin ist?
Die Männer erscheinen mir wie oberflächliche Jugendliche, unentschlossene Sextouristen, notgeile Sexvoyeure, gelangweilte Arbeitslose, Abwechslung suchende Obdachlose, Schaulustige, überwiegend anderer Nation angehörend. Sie drehen ihre Runden so oft, dass ich mich frage, ob denen nicht schwindelig wird? Für mich ist das eine groteske, ungewohnte Situation.
Ich gehe zum Betreiber A. vom
Laufhaus Bochum und frage nach, ob das immer so sei. Männer ohne Ende, aber keine Kunden. Ich sage, dass ich sicher keine Woche bliebe, wenn ich jeden Tag nur Kosten hätte.
Ich habe einen Mietzettel für eine Woche unterschrieben. Erst als ich laut werde, ist Betreiber A. vom Laufhaus Bochum bereit, mich eher gehen zu lassen.
Gereizt gibt mir Betreiber A. vom Laufhaus Bochum zu verstehen, alle Frauen seien zufrieden außer mir.
Ein einziges Mal vor langer Zeit habe sich ein Mädchen beschwert, dass sie nichts verdiene. Er habe sich daraufhin die aufgezeichneten Videos der kontrollierten Gänge angesehen und festgestellt, dass Kunden bei dem Mädchen geblieben wären. Bei der Abfalleimer-Kontrolle habe er benutzte Kondome bei dem Mädchen gefunden.
Mich konnte das nicht beruhigen, da ich gehört habe, dass Mädchen bei ihm Schulden hätten.
Ich spreche ihn darauf an.
Der Betreiber leugnet, dass die Mädchen Schulden bei ihm hätten. "Siehst du eine einzige Zettel mit Schulden?" Er setzt noch dazu: "Mit keine Mädchen habe ich Problem, nur mit dir habe ich welche."
Etwas betroffen gehe ich, aber als ich diese Aussage am Abend vor den Anderen wiederhole, ein Auflachen von einigen Damen (wir sitzen zu 5 Frauen am "Esstisch" in der Eingangshalle).
Im Laufe des Gesprächs kommen von zwei Mädchen Aussagen, die ich so verstehe, dass sie Schulden bei Betreiber A. hätten.
Sie könnten folgendermaßen zustande kommen:
Könnte ein Mädchen die Kaution nicht zahlen, dürfte sie die Kaution abarbeiten. Da pro Tag außerdem noch zwischen 109 – 149 € Zimmermiete und Nebenkosten anfielen, könnten sich sehr schnell hohe Schulden auftürmen, wenn nichts los wäre. Hätte sich ein Mädchen beispielsweise vertraglich für 4 Wochen verpflichtet und wäre eine zeitlang krank, hätte sie keine Möglichkeit aus der Schuldenfalle herauszukommen.
Möglicherweise wäre das Gesetz auf der Seite des Vermieters, aber ganz bewusst könnte man die Wissenslücken und Sprachschwierigkeiten der Mädchen ausnutzen.
Das Ganze wäre nicht so schlimm, wäre genug Kundschaft vorhanden und man hätte die Möglichkeit, Geld zu verdienen. Da wäre Betreiber A. vom
Laufhaus Bochum gefragt! Er müsste sich soweit um Werbung bemühen, dass die dort arbeitenden Damen genug Kunden haben. Die schaulustigen Männer könnte man mit einem kleinen Eintrittsgeld reduzieren. In einigen anderen Laufhäusern wird so das Problem der sogenannten "Hummelsäcke" gelöst. Möglicherweise fehlt Betreiber A. die Erfahrung, denn er verdient an der Zimmermiete. Ob Männer kommen oder gehen ist bei ihm finanziell gesehen neutral.
Auf lange Sicht gesehen, ist es allerdings wichtig, dass die Frauen gute Kundschaft haben und gut verdienen, damit sie sich wieder im Laufhaus Bochum einmieten und dieses Geschäftsmodell ein Erfolg werden kann.
Meines Wissens wird für das Laufhaus Bochum keine Werbung geschaltet.
Der nächste Tag ist genauso zäh. Unzählbare Männermassen strömen an unseren Schaukästen vorbei, vereinzelt gehen Männer mit aufs Zimmer. Die Stimmung unter den Frauen ist gereizt. Und dann kommt so eine neugierige Person wie ich. Ich bleibe bei vielen Damen stehen und frage freundlich nach verschiedenen Dingen, schließlich ist das Laufhaus Bochum das erste Etablissement dieser Art in dem ich arbeite. Ich gehe davon aus, dass eine neue Frau skeptisch aufgenommen wird und bin deswegen überrascht, wie freundlich und nett viele Mädchen auf meine Fragen antworten.
Ich bekomme viele Probleme mit, einige Episoden, die mich zum Nachdenken bringen und für mich die Frage aufwerfen, ob das Laufhaus zuhälter-und drogenfrei ist.
Um 2 Uhr mache ich Schluss. Ich habe Rückenschmerzen vom vielen Sitzen auf dem Barhocker, meine Gesichtsmuskeln sind vom falschen Grinsen verspannt, ich denke zuviel über die Probleme der Frauen hier nach.
Ich setze mich nach unten an den "Essplatz" und Treffpunkt. Dort unterhalte ich mich mit mehreren Mädchen über die Situation im
Laufhaus Bochum. Ich halte mit meinem Ärger über die Zustände nicht zurück, auch die anderen Mädchen erzählen über Missstände. Ein Mädchen erzählt, sie habe sich mit einem Kunden auf 30 € geeinigt. Der Kunde und das Mädchen wären ausgekleidet und er habe sie bereits angefasst. Der Kunde möchte sein Geld zurück, weil er meinte, dass es in dem Zimmer nach Hund röche. Dass das Mädchen einen Hund mit im Zimmer habe, hätte der Kunde gewusst. Trotzdem wolle er vom Vertrag zurücktreten und fordere sein Geld zurück. Dazu wäre das Mädchen nicht bereit (laut Prostitutions-Gesetzes korrekt). Betreiber A. vom Laufhaus Bochum wolle keinen Ärger mit dem Kunden, der mit der Polizei drohe und verlange, dass das Mädchen dem Kunden seinen Lohn zurückgäbe.
Dies verweigerte sie und daraufhin gäbe Betreiber A. dem Kunden 30 € zurück. Zu dem Mädchen sagte er, dass er das Geld bei der Auszahlung der Kaution verrechnen wolle. Dazu hätte er kein Recht, das wären "Zuhälter-Manieren", keineswegs stünde ihm dieses Verhalten als Vermieter zu.
Unser Gespräch nimmt ein Ende als Sexarbeiterin L. dazu kommt. Sie ist so wie ich um die 40 Jahre alt ("mit 18 Jahren habe ich angefangen mit Prostitution, eigentlich, um den Führerschein zu machen, naja, den habe ich bis heute nicht"). Das Rotlichtmilieu "Eierberg" verteidigt sie mit Vehemenz und Leidenschaft.
Es kommt zu einem Gespräch über unsere unterschiedlichen Arbeitsweisen. In unserem Gespräch meint sie im Laufhaus Bochum arbeiteten die Frauen mehr mit ihrem Körper als Frauen wie ich, die Hausbesuche machten und eher auch einen persönlichen Kontakt zuließen.
Wir reden inzwischen allein weiter, die jungen Mädchen um uns herum sagen nichts mehr. Anscheinend ist L. aufgrund ihres Alters und ihrer Erfahrung tonangebend.
Ich höre heraus, dass ihr einiges an dem Geschäftsverhalten des Betreibers A. vom Laufhaus Bochum, den sie schon jahrelang kennt, nicht gefällt. Sein größtes Problem sähe sie darin, dass er nicht bereit sei, Erfahrungen und Kritik anzunehmen. Er lasse sich nichts sagen, ginge einfach seinen Weg ohne nach rechts und links zu sehen.
Sie zählt hier zu den wenigen Frauen, die erfahren sind. Überwiegend arbeiten hier junge, unerfahrene Mädchen, der Betreiber vom Laufhaus Bochum ist milieuunerfahren. Diese Punkte können zu einem fehlenden Zusammenhalt führen und das Modell
Laufhaus Bochum in Frage stellen.
Die Runde löst sich auf, weil einige Damen noch arbeiten wollen, um wenigstens die Zimmermiete einzunehmen.
Am nächsten Morgen reise ich ab.
In meinem Beisein wird mein Zimmer hochpeinlich gründlich untersucht. Während R. das Zimmer inspiziert, leert die Raumpflegerin meinen Wäschekorb. Die Handtücher, die ihr sauber erscheinen, nimmt sie heraus, an einigen Handtüchern riecht sie und faltet sie dann zusammen. Ich mag mir nicht vorstellen, dass die Handtücher dann wieder als frische ausgegeben werden, aber für eine andere Interpretation gibt es keinen Spielraum.
Ich hatte nicht die berechtigte Angst, dass mich jemand falsch, unkorrekt oder gewalttätig behandeln könnte. Ich hatte keinen konkreten Anlass, mich in dem Laufhaus Bochum nicht in Sicherheit zu fühlen, wenngleich es nicht die üblichen Alarmknöpfe auf dem Zimmer gibt. Zudem war die Telefonanlage stellenweise ausgefallen.
Das
Laufhaus Bochum ist als Räumlichkeit herausragend schön, man fühlt sich gleich wohl, wenn man es betritt. Es wäre grandios, könnte es auch eine Möglichkeit werden, dass Sexarbeiterinnen dort entspannt und erfolgreich arbeiten.
liebe Grüße von annainga