Das älteste Gewerbe der Welt - Geschichte der Prostitution
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Das älteste Gewerbe der Welt - Geschichte der Prostitution
Das älteste Gewerbe der Welt
Einige historische Spuren zur Geschichte der Prostitution in Europa
Prostitution, allerorts gern als "ältestes Gewerbe der Welt" bezeichnet, hat sich mit größter Wahrscheinlichkeit aus Fruchtbarkeitsriten in frühen prähistorischen Gesellschaften aus der im Patriarchat bislang bekannten Form der Tempel-Prostitution gegen Bezahlung entwickelt (vgl. Renate Wurms im "Weiberlexikon" 1995).
In diesen 2.500 Jahren haben sich zwar die gesellschaftlichen Positionen von Prostituierten je nach Epoche als unterschiedlich erwiesen, die Bedingungen für diese Frauen sind jedoch im wesentlichen gleich geblieben. Renate Wurms sieht den Schlüssel dafür in einem "von Beginn an ökonomisch begründetem Interesse an der sexuellen Unterdrückung der Frau in Klassengesellschaften": als Produkt einer erzwungenen Monogamie, Ausdruck von Doppelmoral und der Ideologie von der Ware Frau sowie als Möglichkeit für Männer, zumindest für kurze Zeit über einen anderen Menschen, eine Frau, total verfügen zu können (ebd.).
Macht über Frauen
In einem griechischen Epigramm aus dem 4./3. Jahrhundert v.u.Z. heißt es: "Nimm dir für sechs Obolen Europa, die attische, wo du niemand zu fürchten brauchst, die dir nie widerspricht, die ein untadeliges Bett dir bietet und Heizung im Winter, unnötig, guter Zeus, verwandelst du dich zum Stier".
In Athen und Rom arbeiteten vor allem Frauen besiegter Völker, also Sklavinnen, kaserniert in Bordellen. Und freie Römerinnen mussten sich ebenso registrieren lassen. Im Zuge der Christianisierung im 6. Jahrhundert und zur Zeit Karl des Großen um 800 bestanden gesetzliche Verbote von "Hurerei und Ehebruch", die jedoch umgangen wurden. Bis ins 11. Jahrhundert wurde Prostitution auf den großen Fronhöfen geduldet, aber gleichzeitig ein Kampf dagegen geführt, der sich als ein brutaler Kampf gegen diese Frauen, nicht jedoch gegen die Männer, die deren Dienste kaufen, erwies. All zu oft mussten dabei Frauen ihr Leben lassen, besonders viele während der Inquisition.
"Ventilsitte" für Männer
Doch davor blühte im 13. Jahrhundert die städtische Prostitution in sogenannten "Frauenhäusern", die später in "Freudenhäuser" umbenannt wurden, noch einmal - besonders aus finanziellen Gründen - auf. Denn diese Häuser waren der Obrigkeit, dem weltlichen und kirchlichen Adel, unterstellt, die vom Geschäft ganz ordentlich profitierten. Als Rechtfertigung wurden ganz andere Gründe angeführt: aufgrund der Einführung des Zölibats um 1050 und des relativ späten Heiratsalters kamen die Herren unter Druck, der mit der gängigen Auffassung dieser Zeit, die "Körpersäfte" des Mannes könnten verderben, wenn sie nicht ausgesondert werden - ja mehr noch könnte er sogar daran sterben - , ein rundes Bild ergab. Prostitution diente also zuallererst als "Ventilsitte" für Männer und als gutes Geschäft für die Herrschenden und zum anderen als "Schutz der ehrbaren Frauen", wodurch sich die Ausgrenzung der "Unehrbaren" quasi ganz von selbst erledigte.
Ächtung und Ermordung
Interessanterweise wurde der Begriff "prostituieren" (lat. prostituere) für "jemanden bloßstellen, entehren" erst mit dem 15./16. Jahrhundert bekannt. Im etymologischen Wörterbuch von Kluge wiederum wird der Terminus mit der "Preisgebung von sexuellen Handlungen" übersetzt. Diese negative Konnotation dürfte im Zusammenhang mit der rapiden Schlechterstellung von sogenannten Dirnen zu dieser Zeit und folgenden Verfolgung und Ermordung von Prostituierten in den Hexenprogromen zu sehen sein.
Denn bis zum 16. Jahrhundert stieg die Zahl der diskriminierenden Verordnungen - Kleidervorschriften, Heiratsverbote, Beleidigung und Vergewaltigung von Prostituierten wurden nicht geahndet, zunehmender Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben, wirtschaftliche und soziale Ächtung - auffällig an. Andererseits besteht im späten Mittelalter ein ambivalentes Bild: Mitleid, Verachtung, Verfolgung und Ermordung auf der einen Seite sowie eine gewisse gesellschaftliche Anerkennung auf der anderen Seite. In einigen Städten wurden den Prostituierten nämlich "Bürgerrechte" zuerkannt, in Genf und Paris waren sie sogar in Zünften organisiert.
Zuhälterei
Im 18. und 19. Jahrhundert lag wieder eine andere Situation vor. An den Fürstenhöfen Europas gehörte Prostitution zum Alltag, und die Frauen waren im Vergleich zu früher nicht mehr den enormen Zwängen und Gewaltattacken ausgesetzt. Doch im Zuge der Industrialisierung entwickelte sich die Zuhälterei und mit ihr eine extreme Verachtung: Kasernierung, Registrierung, Stigmatisierung gepaart mit Ausbeutung und Schikanen, die bis heute anhält. (dabu)
http://diestandard.at/?url=/?id=1220662
Einige historische Spuren zur Geschichte der Prostitution in Europa
Prostitution, allerorts gern als "ältestes Gewerbe der Welt" bezeichnet, hat sich mit größter Wahrscheinlichkeit aus Fruchtbarkeitsriten in frühen prähistorischen Gesellschaften aus der im Patriarchat bislang bekannten Form der Tempel-Prostitution gegen Bezahlung entwickelt (vgl. Renate Wurms im "Weiberlexikon" 1995).
In diesen 2.500 Jahren haben sich zwar die gesellschaftlichen Positionen von Prostituierten je nach Epoche als unterschiedlich erwiesen, die Bedingungen für diese Frauen sind jedoch im wesentlichen gleich geblieben. Renate Wurms sieht den Schlüssel dafür in einem "von Beginn an ökonomisch begründetem Interesse an der sexuellen Unterdrückung der Frau in Klassengesellschaften": als Produkt einer erzwungenen Monogamie, Ausdruck von Doppelmoral und der Ideologie von der Ware Frau sowie als Möglichkeit für Männer, zumindest für kurze Zeit über einen anderen Menschen, eine Frau, total verfügen zu können (ebd.).
Macht über Frauen
In einem griechischen Epigramm aus dem 4./3. Jahrhundert v.u.Z. heißt es: "Nimm dir für sechs Obolen Europa, die attische, wo du niemand zu fürchten brauchst, die dir nie widerspricht, die ein untadeliges Bett dir bietet und Heizung im Winter, unnötig, guter Zeus, verwandelst du dich zum Stier".
In Athen und Rom arbeiteten vor allem Frauen besiegter Völker, also Sklavinnen, kaserniert in Bordellen. Und freie Römerinnen mussten sich ebenso registrieren lassen. Im Zuge der Christianisierung im 6. Jahrhundert und zur Zeit Karl des Großen um 800 bestanden gesetzliche Verbote von "Hurerei und Ehebruch", die jedoch umgangen wurden. Bis ins 11. Jahrhundert wurde Prostitution auf den großen Fronhöfen geduldet, aber gleichzeitig ein Kampf dagegen geführt, der sich als ein brutaler Kampf gegen diese Frauen, nicht jedoch gegen die Männer, die deren Dienste kaufen, erwies. All zu oft mussten dabei Frauen ihr Leben lassen, besonders viele während der Inquisition.
"Ventilsitte" für Männer
Doch davor blühte im 13. Jahrhundert die städtische Prostitution in sogenannten "Frauenhäusern", die später in "Freudenhäuser" umbenannt wurden, noch einmal - besonders aus finanziellen Gründen - auf. Denn diese Häuser waren der Obrigkeit, dem weltlichen und kirchlichen Adel, unterstellt, die vom Geschäft ganz ordentlich profitierten. Als Rechtfertigung wurden ganz andere Gründe angeführt: aufgrund der Einführung des Zölibats um 1050 und des relativ späten Heiratsalters kamen die Herren unter Druck, der mit der gängigen Auffassung dieser Zeit, die "Körpersäfte" des Mannes könnten verderben, wenn sie nicht ausgesondert werden - ja mehr noch könnte er sogar daran sterben - , ein rundes Bild ergab. Prostitution diente also zuallererst als "Ventilsitte" für Männer und als gutes Geschäft für die Herrschenden und zum anderen als "Schutz der ehrbaren Frauen", wodurch sich die Ausgrenzung der "Unehrbaren" quasi ganz von selbst erledigte.
Ächtung und Ermordung
Interessanterweise wurde der Begriff "prostituieren" (lat. prostituere) für "jemanden bloßstellen, entehren" erst mit dem 15./16. Jahrhundert bekannt. Im etymologischen Wörterbuch von Kluge wiederum wird der Terminus mit der "Preisgebung von sexuellen Handlungen" übersetzt. Diese negative Konnotation dürfte im Zusammenhang mit der rapiden Schlechterstellung von sogenannten Dirnen zu dieser Zeit und folgenden Verfolgung und Ermordung von Prostituierten in den Hexenprogromen zu sehen sein.
Denn bis zum 16. Jahrhundert stieg die Zahl der diskriminierenden Verordnungen - Kleidervorschriften, Heiratsverbote, Beleidigung und Vergewaltigung von Prostituierten wurden nicht geahndet, zunehmender Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben, wirtschaftliche und soziale Ächtung - auffällig an. Andererseits besteht im späten Mittelalter ein ambivalentes Bild: Mitleid, Verachtung, Verfolgung und Ermordung auf der einen Seite sowie eine gewisse gesellschaftliche Anerkennung auf der anderen Seite. In einigen Städten wurden den Prostituierten nämlich "Bürgerrechte" zuerkannt, in Genf und Paris waren sie sogar in Zünften organisiert.
Zuhälterei
Im 18. und 19. Jahrhundert lag wieder eine andere Situation vor. An den Fürstenhöfen Europas gehörte Prostitution zum Alltag, und die Frauen waren im Vergleich zu früher nicht mehr den enormen Zwängen und Gewaltattacken ausgesetzt. Doch im Zuge der Industrialisierung entwickelte sich die Zuhälterei und mit ihr eine extreme Verachtung: Kasernierung, Registrierung, Stigmatisierung gepaart mit Ausbeutung und Schikanen, die bis heute anhält. (dabu)
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Definitionsmacht
>Interessanterweise wurde der Begriff "prostituieren" (lat. prostituere) für "jemanden bloßstellen, entehren" erst mit dem 15./16. Jahrhundert bekannt. Im etymologischen Wörterbuch von Kluge wiederum wird der Terminus mit der "Preisgebung von sexuellen Handlungen" übersetzt.
zum lateinischen Begriff "pro-stituere"
pro - vor, hervor, dafür...
stituere - von lat. stare - stehen.
In der Wortübersetzung "entehren" steckt meineserachtens eine Wertung, die seinerseits auf einer unreflektierten Internalisierung der zur Zeit der Wörterbuchedition herrschenden Moralkonzepte beruht.
Die Wortübersetzung "jemanden bloßstellen" verweist direkt auf die Wirkungsweise des Prostitutionsstigmas und bestätigt meine Vermutung zusätzlich.
Auch die Wortübersetzung "Preisgeben von sexuellen Handlungen" klingt für den Leser heutzutage längst nicht mehr so neutral wie es das wortwörtlich sein könnte: "der sexuellen Dienstleistung einen Wert zuweisen" sondern wird als "Selbstaufgabe oder -entwertung" interpretiert.
Eine weitere negative Prostitutions-Interpretation durch den Definierenden findet sich auch in der oft gebräuchlichen hier sinngemäß zusammengefassten Aussage: "Prostitution = sich wahllos den Kunden hingeben".
Doch von Wahllosigkeit kann grundsätzlich keine Rede sein, da es sich um ein Geschäft/Tausch, d.h. einen Handel hervorgehend aus einer Verhandlung handelt. Nur bei Situationen eingeschränkter Wahl und Entscheidungsfreiheit (prekarisierte Prostitution, Notlagen) träfe solches fallweise zu. Erfolgreiche starke Huren, die noch nicht durch die rechtlosen gesellschaftlichen Verhältnisse ausgepowert und geschwächt sind, wissen genau ihre Kunden auszuwählen und ihre Marktmacht zu behaupten.
D.h. ein Bild von Zwangsprostitution fließt unbewust in viele Prostitutionsdefinitionen ständig ein, wenn eine innere gefühlsmäßige Prädisposition vorliegt: "Sowas könne doch keine Frau freiwillig machen". Die negativen Entsprechungen einer solchen Verallgemeinerung wären etwa Aussagen wie: "Prostituierte können nicht vergewaltigt werden" oder "Prostituierte sind Opfer". Allesamt wird mit solchen Un-Werturteilen den Prostituierten eine eigene Wahrnehmung, Kompetenz und Entscheidungsfreiheit, also Menschlichkeit abgesprochen.
Die angesprochenen Notlagen sind jedoch keine konstituierenden Eigenschaften von Prostitution, sondern eine Eigenschaft und Folge von Ausbeutung bzw. fehlender Teilhabe und Ressourcenzugang für weite Teilen der Bevölkerung, Frauen, Kindern ... in unserer Gesellschaft.
Sie werden lediglich Prostitution zugeschrieben. Ein solcher diskriminierender Prostitutionsdiskurs dient letztlich dazu, tieferliegende Zusammenhänge zu verschleiern und zwar auf Kosten der durch Stigma und Scham zum Schweigen verdammten und damit lobbylosen Huren, Zuhälter und Freier. Diese geraten dann in eine Sündenbockrolle.
Also viele Informationen im oben geposteten Artikel, teilweise jedoch einseitig aus der die Prostitution nicht wertschätzenden bürgerlichen Perspektive.
An der Feinheit der Wortübersetzung zeigt sich die ideologische Geneigtheit.
Der Kampf um die Worte ist nicht zu vernachlässigen bei unserer Aufklärungsarbeit.

SEXWORKER.At interner Querverweis:
Wortgebrauch und Prostitutionsdefinitionen
Ausstellung 100.000 Jahre Sex
Lupanar in Pompeji
Sexworker-Akademie: Geschichte der Sexarbeit
Sammelthema: "Prostitution im Mittelalter"
.
zum lateinischen Begriff "pro-stituere"
pro - vor, hervor, dafür...
stituere - von lat. stare - stehen.
- Also auch zu übersetzen als "vorstellen, herausstellen, ausstellen".
Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wenn es um Verkaufen einer Ware/Leistung/Dienstleistung geht, die ja einer Anpreisung, Kundenkommunikation (Marketing) bedarf. - Auch eine Übersetzung wie etwa: "dafür stehen" halt ich für sinnvoll.
Das hieße "dazu stehen", sich bekennen im Sinne vom heutigen Outing. Eine Hure und Sexdienstleisterin als Geschäftsfrau, sexy, unabhängig und selbstbewußt: "Out, Loud and Proud".
Dieses "dazu stehen" ist dann das selbe wie das "dazu halten" woraus sich das Wort Zuhälter herleitet. Das ist der starke und manchmal ausbeuterische Mann an der Seite der Hure, der sie beschützt, weil sich die Gesellschaft zurückgezogen hat. Auch nur deshalb kann er sie ausbeuten bzw. ist sie ausbeutbar, weil sie gesellschaftlich entrechtet schon ist. - Auch eine Übersetzung wie etwa: "vor stehen" im Sinne von "heraus stehen", "ausgezeichnet sein" halte ich für zutreffend.
Waren es doch die Hetären (im Gegensatz zu den Pornoi) in der Antike, die der Oberschicht als Escorts verbunden waren. Sie dienten in der männlich dominierten Symposionskultur gleichsam als Statussymbole mit ihrer Schönheit und Bildung den Ruhm und Reichtum des auftraggebenden Herren durch ihre Anwesenheit zu bezeugen.
In der Wortübersetzung "entehren" steckt meineserachtens eine Wertung, die seinerseits auf einer unreflektierten Internalisierung der zur Zeit der Wörterbuchedition herrschenden Moralkonzepte beruht.
Die Wortübersetzung "jemanden bloßstellen" verweist direkt auf die Wirkungsweise des Prostitutionsstigmas und bestätigt meine Vermutung zusätzlich.
Auch die Wortübersetzung "Preisgeben von sexuellen Handlungen" klingt für den Leser heutzutage längst nicht mehr so neutral wie es das wortwörtlich sein könnte: "der sexuellen Dienstleistung einen Wert zuweisen" sondern wird als "Selbstaufgabe oder -entwertung" interpretiert.
Eine weitere negative Prostitutions-Interpretation durch den Definierenden findet sich auch in der oft gebräuchlichen hier sinngemäß zusammengefassten Aussage: "Prostitution = sich wahllos den Kunden hingeben".
Doch von Wahllosigkeit kann grundsätzlich keine Rede sein, da es sich um ein Geschäft/Tausch, d.h. einen Handel hervorgehend aus einer Verhandlung handelt. Nur bei Situationen eingeschränkter Wahl und Entscheidungsfreiheit (prekarisierte Prostitution, Notlagen) träfe solches fallweise zu. Erfolgreiche starke Huren, die noch nicht durch die rechtlosen gesellschaftlichen Verhältnisse ausgepowert und geschwächt sind, wissen genau ihre Kunden auszuwählen und ihre Marktmacht zu behaupten.
D.h. ein Bild von Zwangsprostitution fließt unbewust in viele Prostitutionsdefinitionen ständig ein, wenn eine innere gefühlsmäßige Prädisposition vorliegt: "Sowas könne doch keine Frau freiwillig machen". Die negativen Entsprechungen einer solchen Verallgemeinerung wären etwa Aussagen wie: "Prostituierte können nicht vergewaltigt werden" oder "Prostituierte sind Opfer". Allesamt wird mit solchen Un-Werturteilen den Prostituierten eine eigene Wahrnehmung, Kompetenz und Entscheidungsfreiheit, also Menschlichkeit abgesprochen.
Die angesprochenen Notlagen sind jedoch keine konstituierenden Eigenschaften von Prostitution, sondern eine Eigenschaft und Folge von Ausbeutung bzw. fehlender Teilhabe und Ressourcenzugang für weite Teilen der Bevölkerung, Frauen, Kindern ... in unserer Gesellschaft.
Sie werden lediglich Prostitution zugeschrieben. Ein solcher diskriminierender Prostitutionsdiskurs dient letztlich dazu, tieferliegende Zusammenhänge zu verschleiern und zwar auf Kosten der durch Stigma und Scham zum Schweigen verdammten und damit lobbylosen Huren, Zuhälter und Freier. Diese geraten dann in eine Sündenbockrolle.
Also viele Informationen im oben geposteten Artikel, teilweise jedoch einseitig aus der die Prostitution nicht wertschätzenden bürgerlichen Perspektive.
An der Feinheit der Wortübersetzung zeigt sich die ideologische Geneigtheit.
Der Kampf um die Worte ist nicht zu vernachlässigen bei unserer Aufklärungsarbeit.

SEXWORKER.At interner Querverweis:
Wortgebrauch und Prostitutionsdefinitionen
Ausstellung 100.000 Jahre Sex
Lupanar in Pompeji
Sexworker-Akademie: Geschichte der Sexarbeit
Sammelthema: "Prostitution im Mittelalter"
.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 15.07.2010, 12:54, insgesamt 5-mal geändert.
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Prostitution war selbstverständlich im alten Israel
Prostitution war selbstverständlich
Sonderausstellung im Dommuseum Wien zum Alltagsleben der Frau im alten Israel noch bis zum 31. September
Sie war der Besitz des Mannes, mußte ihm Folge leisten und sich ihm unterordnen. So oder ähnlich sieht der Westen die Frau im alten Israel. Nun bietet sich für Interessierte die Gelegenheit zur differenzierten Betrachtung. Anläßlich des 25. Internationalen Kongresses der „Society of Biblical Literature“ an der Universität Wien zeigt das Dommuseum Wien die Sonderausstellung „,Schön bist Du, meine Freundin!’ (Hld 4,1). Das Alltagsleben der Frau im alten Israel“. Anhand archäologischer Objekte aus der Sammlung des Instituts für Alttestamentliche Wissenschaft und Biblische Archäologie der Universität Mainz erfährt der Besucher mehr über Kleider und Kosmetik, Ernährung und Gesundheit und Haushaltsführung im Nahen Osten vor der Geburt Christi. Religiosität, die Stellung der Frau in der Gesellschaft und Sexualität sind ebenso Themen der Ausstellung, die vom 24. Juli bis 31. September zu sehen ist.
So erfährt der Besucher beispielsweise, dass sich die Frauen der nachbabylonischen Exilszeit ihren Männern gegenüber sehr viel selbstbewusster und eigenständiger verhalten haben, als es die Berichte des Buches Exodus vermuten lassen. („Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin,…“ Ex 20,17) Die Sexualität wurde als etwas Natürliches verstanden. Prüderie war den alten Israeliten fremd; die erotischen Liebesgedichte im „Hohelied“ Salomos legen davon Zeugnis ab. Ohne abschätziges Werturteil spricht das Alte Testament über die Prostitution: Wenn der Ehemann verstorben war und der Witwe kein Erbe hinterlassen hatte, war es für sie die einzige Möglichkeit ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Quelle: Till Zimmermann
http://www.damals.de/sixcms/detail.php?id=179691
weitere Informationen im Internet:
http://www.dommuseum.at
Sonderausstellung im Dommuseum Wien zum Alltagsleben der Frau im alten Israel noch bis zum 31. September
Sie war der Besitz des Mannes, mußte ihm Folge leisten und sich ihm unterordnen. So oder ähnlich sieht der Westen die Frau im alten Israel. Nun bietet sich für Interessierte die Gelegenheit zur differenzierten Betrachtung. Anläßlich des 25. Internationalen Kongresses der „Society of Biblical Literature“ an der Universität Wien zeigt das Dommuseum Wien die Sonderausstellung „,Schön bist Du, meine Freundin!’ (Hld 4,1). Das Alltagsleben der Frau im alten Israel“. Anhand archäologischer Objekte aus der Sammlung des Instituts für Alttestamentliche Wissenschaft und Biblische Archäologie der Universität Mainz erfährt der Besucher mehr über Kleider und Kosmetik, Ernährung und Gesundheit und Haushaltsführung im Nahen Osten vor der Geburt Christi. Religiosität, die Stellung der Frau in der Gesellschaft und Sexualität sind ebenso Themen der Ausstellung, die vom 24. Juli bis 31. September zu sehen ist.
So erfährt der Besucher beispielsweise, dass sich die Frauen der nachbabylonischen Exilszeit ihren Männern gegenüber sehr viel selbstbewusster und eigenständiger verhalten haben, als es die Berichte des Buches Exodus vermuten lassen. („Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin,…“ Ex 20,17) Die Sexualität wurde als etwas Natürliches verstanden. Prüderie war den alten Israeliten fremd; die erotischen Liebesgedichte im „Hohelied“ Salomos legen davon Zeugnis ab. Ohne abschätziges Werturteil spricht das Alte Testament über die Prostitution: Wenn der Ehemann verstorben war und der Witwe kein Erbe hinterlassen hatte, war es für sie die einzige Möglichkeit ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Quelle: Till Zimmermann
http://www.damals.de/sixcms/detail.php?id=179691
weitere Informationen im Internet:
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PROSTITUTION – DIE GESCHICHTE DER KÄUFLICHEN LIEBE
PROSTITUTION – DIE GESCHICHTE DER KÄUFLICHEN LIEBE
Prostitution gilt als das "älteste Gewerbe der Welt". Handel mit der menschlichen Sinnlichkeit gab es zu allen Zeiten bei allen Völkern - und doch wird kaum ein Thema mit so spitzen Fingern angefasst. Es hat viele Versuche gegeben, Sexarbeit - wie Insider diese Arbeit nennen - wegen sittlicher Bedenken zu verhindern. Trotzdem hat sie immer fortbestanden, oft verschleiert und auf heimlichen Pfaden, nicht zuletzt, weil das Sexgewerbe schon immer ein wichtiger Wirtschaftszweig war.
Die Tempelprostitution als Fruchtbarkeitsritus
Pierre Dufour, ein französischer Kulturwissenschaftler aus dem 19. Jahrhundert, spekulierte über die Anfänge der sexuellen Dienstleistung in seiner legendären "Weltgeschichte der Prostitution": "Die Prostitution hat an dem Tage ihren Einzug in die Welt gehalten, an dem das erste Weibe sich als Ware verkaufte." Es ist unklar, wann das genau gewesen sein soll.
Belege für eine erste, frühe Form von Prostitution gibt es aus der Zeit um 3000 vor Christus. Die so genannte "Tempelprostitution" war eine Art kultischer Entjungferung vor der Ehe gegen Bezahlung: Junge Frauen boten sich Männern in einem Tempel an, zu Ehren der Fruchtbarkeitsgöttin; bei den Assyrern hieß sie Mylitta, bei den Griechen war es Aphrodite.
Dieser religiöse Ritus, bei dem das von den Frauen verdiente Geld an Tempeldienerinnen oder Priester ging, beschränkte sich aber nicht nur auf Europa oder den Orient – er ist weltweit belegt. Im gesellschaftlichen Gefüge der Antike war die Frau dem Mann stets untergeordnet und Prostitution eine zum Vergnügen des Mannes offen betriebene und institutionalisierte Aktivität.
Sexualität war kein Tabu, und profane, gewerbliche Prostitution gehörte selbstverständlich zum Leben dazu.
Von griechischen und römischen Machos
Bei den Griechen und Römern gewannen die geschäftliche Berechnung und die Sicht auf den Körper als Ware an Bedeutung. Nach historischen Überlieferungen soll es die ältesten offiziellen Bordelle in Griechenland gegeben haben: Der griechische Staatsmann Solon ließ im siebten Jahrhundert vor Christus die so genannten Staatsbordelle errichten – und verdiente gutes Geld damit.
Zu jener Zeit arbeiteten Frauen aus allen Bevölkerungsschichten als Sexarbeiterinnen, aber insbesondere die Geschichten von den so genannten Hetären, bezahlten Geliebten bedeutender griechischer Männer, sind überliefert: Aspasia, die Freundin und spätere Frau des athenischen Staatsmannes Perikles, der im fünften Jahrhundert vor Christus regierte, oder Thais, die Geliebte von Alexander dem Großen (356-323 v. Chr.), waren sehr gebildete Frauen, die auch die Geschichte ihrer Zeit geistig mitbestimmten.
Ein Relikt des Sexgewerbes aus römischer Zeit ist wegen seiner erotischen Fresken weltberühmt und heute noch zu besichtigen: das Lupanar von Pompeji.
Die heidnische Antike und ihr vorurteilsfreier Umgang mit der käuflichen Liebe wurde im Laufe der Geschichte mal als pure Lebensfreude, mal als unheilvolle Dekadenz und Vorbote des Verfalls interpretiert.
Christliche Doppelmoral
Die frühen Christen sahen das Lustvolle und Lebensfrohe der heidnischen Antike als Auswuchs der Dekadenz an; ihrer Meinung nach war der Untergang Pompejis im Jahr 79 nach Christus der Beweis dafür. Sie entwickelten in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt einen religiös-moralischen Gegenentwurf: Nach ihrem Verständnis galt das weibliche Geschlecht als Verführung, allein sexuelle Askese und die Hinwendung zu Gott konnten das Seelenheil bringen.
Sexualität in der Ehe diente der Fortpflanzung, Sex als körperliches und seelisches Vergnügen war reine Sünde.
Christliche Dirnenlegenden, wie die von Maria Magdalena, sind Beispiele für Prostituierte als reuige Sünderinnen.
Die Menschen im Mittelalter hatten eine ambivalente Einstellung zur Prostitution: Religiös-moralisch wurde sie verurteilt, aber rechtlich war sie erlaubt. Nicht zuletzt um die "ehrbare Frau" zu schützen und wegen der finanziellen Einnahmen wurde sie von den behördlichen Instanzen offiziell geregelt und somit auch, paradoxerweise, von der Kirche toleriert, die im Mittelalter großen gesellschaftlichen Einfluss hatte.
In Deutschland wie in anderen europäischen Ländern entstanden im 12. und 13. Jahrhundert so genannte Frauenhäuser – von staatlicher Macht organisierte Bordelle. Die Bedingung: An heiligen Sonn- und Feiertagen mussten sie geschlossen bleiben.
Die Menschen, die im Prostitutionsgewerbe tätig waren, gehörten zur Gruppe der Randständigen und waren wie Handwerker in Zünften organisiert.
Zum Ende des Mittelalters hatte sich eine große Kluft zwischen Moral und Praxis im Umgang mit dem Thema aufgetan.
Insbesondere die Reformation, die Inquisition und die Ausbreitung der Geschlechtskrankheit Syphilis führten ab dem 15. Jahrhundert innerhalb nur weniger Jahrzehnte zur gesellschaftlichen Ausgrenzung von Prostituierten: Sie wurden jetzt als das "Tor des Teufels" gebrandmarkt und als Hexen verdammt.
Die Kirche bot Ausstiegshilfen an - die Prostituierten konnten ein Leben im Kloster wählen - aber das Gewerbe starb nicht aus.
Prostitution wurde unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit weiter praktiziert.
Industrialisierung - Prostitution als Massenphänomen
Im 18. und im 19. Jahrhundert, im Zeitalter der industriellen Revolution, strömten viele Menschen in die Städte, in denen geschäftige Betriebsamkeit herrschte.
Prostitution erfuhr einen rasanten Aufwind: Angeblich kamen im Jahr 1839 in London auf 800.000 Einwohner rund 80.000 Prostituierte!
Sex gegen Geld war zum Massenphänomen geworden. Armutsprostitution, die Kriminalisierung des Milieus und die weitere Verbreitung von Geschlechtskrankheiten führten schließlich dazu, dass in ganz Europa wieder verschiedene Anti-Prostitutions-Gesetze verabschiedet wurden und sich die Prostituierten zudem regelmäßig Gesundheitschecks unterziehen mussten.
Im Jahr 1901 entwickelte das Reichsgericht eine Definition für das "Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden"; Prostitution war fortan sittenwidrig; das Bordell war Ort der Unzucht.
Prostituierte, das waren Gestalten der "Halbwelt", die im Untergrund ihren Geschäften nachgingen. Prostitution passte nicht in eine tugendhafte, aufgeklärte Gesellschaft. Der Umgang mit dem Phänomen wurde immer widersprüchlicher.
Sexarbeit: ein ganz legaler Beruf?
In Deutschland suchen pro Tag etwa 1,2 Millionen Männer die Dienste von Prostituierten auf. Der Jahresumsatz im Sexgewerbe, in dem die heterosexuelle Prostitution immer noch dominiert, betrug im Jahr 2004 knapp 15 Milliarden Euro. Die Bundesregierung schätzt die Zahl der Sexarbeiter auf rund 400.000 – 98 Prozent davon sind Frauen. Die Hälfte dieser Frauen sind Migrantinnen, die für eine gewisse Zeit legal in Deutschland leben und dann wieder in ihre Heimat zurückkehren – sie sind quasi Handlungsreisende in Sachen Sex.
Ein großes Problem im Zusammenhang mit Prostitution ist der Menschenhandel: Nach UN-Schätzungen werden allein in Europa jährlich 500.000, meist osteuropäische, Frauen und Mädchen verschleppt und zur Prostitution gezwungen. Der Jahresumsatz, der mit Frauenhandel gemacht wird, wird auf rund zehn Milliarden Euro geschätzt.
Im neuen Jahrtausend sucht die aufgeklärte Wissensgesellschaft nach einem bewussten Umgang mit dem mittlerweile globalen Thema Prostitution.
Es soll nicht länger ein Tabu sein, auch wenn die europäischen Staaten das Phänomen auf ganz unterschiedliche Weise angehen.
In Schweden werden seit 1999 die Freier bestraft, wenn sie sexuelle Dienstleistungen gegen Geld in Anspruch nehmen. Man versucht sozusagen, das Übel an der Wurzel zu packen, denn, so die Argumentation, es seien ja die Männer, die das Geschäft durch ihre Bedürfnisse am Laufen hielten.
Verhindern lässt sich Prostitution dadurch nicht. In Holland hingegen ist Prostitution seit dem Jahr 2000 völlig legitim. Nach dem Motto: Was man nicht verhindern kann, soll wenigstens geregelt sein.
In Deutschland gab es einen Schritt in die holländische Richtung: Seit 2002 ist Sexarbeit nicht mehr sittenwidrig.
der komplette Bericht ist unter http://www.planet-wissen.de/pw/Artikel, ... ,,,,,.html nachzulesen
Prostitution gilt als das "älteste Gewerbe der Welt". Handel mit der menschlichen Sinnlichkeit gab es zu allen Zeiten bei allen Völkern - und doch wird kaum ein Thema mit so spitzen Fingern angefasst. Es hat viele Versuche gegeben, Sexarbeit - wie Insider diese Arbeit nennen - wegen sittlicher Bedenken zu verhindern. Trotzdem hat sie immer fortbestanden, oft verschleiert und auf heimlichen Pfaden, nicht zuletzt, weil das Sexgewerbe schon immer ein wichtiger Wirtschaftszweig war.
Die Tempelprostitution als Fruchtbarkeitsritus
Pierre Dufour, ein französischer Kulturwissenschaftler aus dem 19. Jahrhundert, spekulierte über die Anfänge der sexuellen Dienstleistung in seiner legendären "Weltgeschichte der Prostitution": "Die Prostitution hat an dem Tage ihren Einzug in die Welt gehalten, an dem das erste Weibe sich als Ware verkaufte." Es ist unklar, wann das genau gewesen sein soll.
Belege für eine erste, frühe Form von Prostitution gibt es aus der Zeit um 3000 vor Christus. Die so genannte "Tempelprostitution" war eine Art kultischer Entjungferung vor der Ehe gegen Bezahlung: Junge Frauen boten sich Männern in einem Tempel an, zu Ehren der Fruchtbarkeitsgöttin; bei den Assyrern hieß sie Mylitta, bei den Griechen war es Aphrodite.
Dieser religiöse Ritus, bei dem das von den Frauen verdiente Geld an Tempeldienerinnen oder Priester ging, beschränkte sich aber nicht nur auf Europa oder den Orient – er ist weltweit belegt. Im gesellschaftlichen Gefüge der Antike war die Frau dem Mann stets untergeordnet und Prostitution eine zum Vergnügen des Mannes offen betriebene und institutionalisierte Aktivität.
Sexualität war kein Tabu, und profane, gewerbliche Prostitution gehörte selbstverständlich zum Leben dazu.
Von griechischen und römischen Machos
Bei den Griechen und Römern gewannen die geschäftliche Berechnung und die Sicht auf den Körper als Ware an Bedeutung. Nach historischen Überlieferungen soll es die ältesten offiziellen Bordelle in Griechenland gegeben haben: Der griechische Staatsmann Solon ließ im siebten Jahrhundert vor Christus die so genannten Staatsbordelle errichten – und verdiente gutes Geld damit.
Zu jener Zeit arbeiteten Frauen aus allen Bevölkerungsschichten als Sexarbeiterinnen, aber insbesondere die Geschichten von den so genannten Hetären, bezahlten Geliebten bedeutender griechischer Männer, sind überliefert: Aspasia, die Freundin und spätere Frau des athenischen Staatsmannes Perikles, der im fünften Jahrhundert vor Christus regierte, oder Thais, die Geliebte von Alexander dem Großen (356-323 v. Chr.), waren sehr gebildete Frauen, die auch die Geschichte ihrer Zeit geistig mitbestimmten.
Ein Relikt des Sexgewerbes aus römischer Zeit ist wegen seiner erotischen Fresken weltberühmt und heute noch zu besichtigen: das Lupanar von Pompeji.
Die heidnische Antike und ihr vorurteilsfreier Umgang mit der käuflichen Liebe wurde im Laufe der Geschichte mal als pure Lebensfreude, mal als unheilvolle Dekadenz und Vorbote des Verfalls interpretiert.
Christliche Doppelmoral
Die frühen Christen sahen das Lustvolle und Lebensfrohe der heidnischen Antike als Auswuchs der Dekadenz an; ihrer Meinung nach war der Untergang Pompejis im Jahr 79 nach Christus der Beweis dafür. Sie entwickelten in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt einen religiös-moralischen Gegenentwurf: Nach ihrem Verständnis galt das weibliche Geschlecht als Verführung, allein sexuelle Askese und die Hinwendung zu Gott konnten das Seelenheil bringen.
Sexualität in der Ehe diente der Fortpflanzung, Sex als körperliches und seelisches Vergnügen war reine Sünde.
Christliche Dirnenlegenden, wie die von Maria Magdalena, sind Beispiele für Prostituierte als reuige Sünderinnen.
Die Menschen im Mittelalter hatten eine ambivalente Einstellung zur Prostitution: Religiös-moralisch wurde sie verurteilt, aber rechtlich war sie erlaubt. Nicht zuletzt um die "ehrbare Frau" zu schützen und wegen der finanziellen Einnahmen wurde sie von den behördlichen Instanzen offiziell geregelt und somit auch, paradoxerweise, von der Kirche toleriert, die im Mittelalter großen gesellschaftlichen Einfluss hatte.
In Deutschland wie in anderen europäischen Ländern entstanden im 12. und 13. Jahrhundert so genannte Frauenhäuser – von staatlicher Macht organisierte Bordelle. Die Bedingung: An heiligen Sonn- und Feiertagen mussten sie geschlossen bleiben.
Die Menschen, die im Prostitutionsgewerbe tätig waren, gehörten zur Gruppe der Randständigen und waren wie Handwerker in Zünften organisiert.
Zum Ende des Mittelalters hatte sich eine große Kluft zwischen Moral und Praxis im Umgang mit dem Thema aufgetan.
Insbesondere die Reformation, die Inquisition und die Ausbreitung der Geschlechtskrankheit Syphilis führten ab dem 15. Jahrhundert innerhalb nur weniger Jahrzehnte zur gesellschaftlichen Ausgrenzung von Prostituierten: Sie wurden jetzt als das "Tor des Teufels" gebrandmarkt und als Hexen verdammt.
Die Kirche bot Ausstiegshilfen an - die Prostituierten konnten ein Leben im Kloster wählen - aber das Gewerbe starb nicht aus.
Prostitution wurde unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit weiter praktiziert.
Industrialisierung - Prostitution als Massenphänomen
Im 18. und im 19. Jahrhundert, im Zeitalter der industriellen Revolution, strömten viele Menschen in die Städte, in denen geschäftige Betriebsamkeit herrschte.
Prostitution erfuhr einen rasanten Aufwind: Angeblich kamen im Jahr 1839 in London auf 800.000 Einwohner rund 80.000 Prostituierte!
Sex gegen Geld war zum Massenphänomen geworden. Armutsprostitution, die Kriminalisierung des Milieus und die weitere Verbreitung von Geschlechtskrankheiten führten schließlich dazu, dass in ganz Europa wieder verschiedene Anti-Prostitutions-Gesetze verabschiedet wurden und sich die Prostituierten zudem regelmäßig Gesundheitschecks unterziehen mussten.
Im Jahr 1901 entwickelte das Reichsgericht eine Definition für das "Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden"; Prostitution war fortan sittenwidrig; das Bordell war Ort der Unzucht.
Prostituierte, das waren Gestalten der "Halbwelt", die im Untergrund ihren Geschäften nachgingen. Prostitution passte nicht in eine tugendhafte, aufgeklärte Gesellschaft. Der Umgang mit dem Phänomen wurde immer widersprüchlicher.
Sexarbeit: ein ganz legaler Beruf?
In Deutschland suchen pro Tag etwa 1,2 Millionen Männer die Dienste von Prostituierten auf. Der Jahresumsatz im Sexgewerbe, in dem die heterosexuelle Prostitution immer noch dominiert, betrug im Jahr 2004 knapp 15 Milliarden Euro. Die Bundesregierung schätzt die Zahl der Sexarbeiter auf rund 400.000 – 98 Prozent davon sind Frauen. Die Hälfte dieser Frauen sind Migrantinnen, die für eine gewisse Zeit legal in Deutschland leben und dann wieder in ihre Heimat zurückkehren – sie sind quasi Handlungsreisende in Sachen Sex.
Ein großes Problem im Zusammenhang mit Prostitution ist der Menschenhandel: Nach UN-Schätzungen werden allein in Europa jährlich 500.000, meist osteuropäische, Frauen und Mädchen verschleppt und zur Prostitution gezwungen. Der Jahresumsatz, der mit Frauenhandel gemacht wird, wird auf rund zehn Milliarden Euro geschätzt.
Im neuen Jahrtausend sucht die aufgeklärte Wissensgesellschaft nach einem bewussten Umgang mit dem mittlerweile globalen Thema Prostitution.
Es soll nicht länger ein Tabu sein, auch wenn die europäischen Staaten das Phänomen auf ganz unterschiedliche Weise angehen.
In Schweden werden seit 1999 die Freier bestraft, wenn sie sexuelle Dienstleistungen gegen Geld in Anspruch nehmen. Man versucht sozusagen, das Übel an der Wurzel zu packen, denn, so die Argumentation, es seien ja die Männer, die das Geschäft durch ihre Bedürfnisse am Laufen hielten.
Verhindern lässt sich Prostitution dadurch nicht. In Holland hingegen ist Prostitution seit dem Jahr 2000 völlig legitim. Nach dem Motto: Was man nicht verhindern kann, soll wenigstens geregelt sein.
In Deutschland gab es einen Schritt in die holländische Richtung: Seit 2002 ist Sexarbeit nicht mehr sittenwidrig.
der komplette Bericht ist unter http://www.planet-wissen.de/pw/Artikel, ... ,,,,,.html nachzulesen
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Mysterien der Geschichte: Das älteste Gewerbe der Welt
Prostitution gilt gemeinhin als das ‘älteste Gewerbe der Welt’. Demnach gibt es über die Prostitution auch zahllose Geschichten zu erzählen: hinsichtlich der gesellschaftlichen Anerkennung, unterschiedlicher Preise, geheimer Identifikationsmerkmale und gegensätzlicher Assoziationen in den verschiedenen Kulturen der Welt. Entstanden ist dieser Beruf tatsächlich bereits vor einigen tausend Jahren. Bei den Sumerern oder Babyloniern aber war der Beruf der Prostituierten keineswegs negativ angesehen. So erwähnt der griechische Historiker Herodot zahlreiche Prostituierte in den Tempeln, da Prostitution im antiken Griechenland mit etwas Heiligem verbunden wurde. In der Neuzeit hingegen wurde Prostitution oft sogar kriminalisiert. In der letzten Zeit wird Prostitution allerdings eher im Bezug auf Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern diskutiert. Diese Dokumentation beleuchtet die Geschichte dieses Gewerbes von der Antike bis in die heutige Zeit
http://www.veoh.com/videos/v6511713n5gTqTgH
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RE: Das älteste Gewerbe der Welt - Geschichte der Prostituti
Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,684975,00.html
Archäologie
Rätsel der heiligen Huren
Von Matthias Schulz
"Weihedirnen" in Jerusalem, Tempelsex im Dienst der Aphrodite - viele antike Autoren beschreiben in drastischer Form sakrale Prostitution. Alles nur Legenden? Historiker suchen nach dem wahren Kern der Berichte. Der Verdacht: Es gab einst Götterstätten, die nebenbei Bordelle betrieben.
Die "hässlichste Sitte" in Babylon, meinte der Historiker Herodot (um 490 bis 425 vor Christus), sei die massenhafte Kuppelei im Ischtar-Tempel. Einmal im Leben müssten alle Frauen des Landes dort niedersitzen und sich - gegen Geld - "einem Fremden preisgeben".
"Reiche und hochmütige" Damen, lästerte der Altgrieche, fahren im "verdeckten Wagen" vor.
Ähnlich schändlich trieben es angeblich die Perser am Schwarzen Meer. Dort würden "jungfräuliche Töchter" - kaum zwölf Jahre alt - der Kultprostitution geweiht, behauptete Strabon: "Sie behandeln ihre Liebhaber so freundlich, dass sie sie sogar bewirten."
Zuhauf liegen derlei Berichte aus dem klassischen Altertum vor: Von Sizilien bis Theben sollen Völkerschaften perversen religiösen Bräuchen gefrönt haben.
Auch die Juden: Rund ein Dutzend Stellen im Alten Testament kreisen um "Kedeschen". Der Name steht für weibliches und männliches Kultpersonal. Die Bibel nennt sie "Weihebuhlen" und "Lustknaben". Im 5. Buch Mose wird Strichjungen verboten, ihr "Hundegeld" dem Haus des Jahwe zu stiften.
Forscher des 20. Jahrhunderts griffen die - oft dunklen - Hinweise begierig auf. Bald galt es als Tatsache, dass die Priester im Morgenland Zwangsdeflorationen durchführten; es habe "Mitgift-Prostitution" gegeben und eine "geschlechtliche Vereinigung am Kultort".
Tempelsex, so hieß es im "Lexikon für Theologie und Kirche", sei die "sittliche und gesundheitliche Pestbeule am Leibe der Völker" gewesen.
Aber stimmt das? Immer mehr Wissenschaftler stoßen sich an den Erotikfabeln der Altvordern.
Denn neuentdeckte Keilschriften zeigen ein entschärftes Bild. Immer klarer wird: Die Forscher früherer Jahrzehnte haben das Thema aufgebauscht. Für den Ritus der Zwangsentjungferung zum Beispiel findet sich in Wahrheit nicht ein einziger Beleg.
Eine Fraktion von Gender-Forscherinnen sieht nun alles noch radikaler. Sie streitet die heilige Prostitution in Gänze ab. Die Sache sei erstunken und erlogen.
Erst hätten einige griechische Schriftsteller fremden Völkern ehrabschneidende Schmuddelbräuche angedichtet, um deren sittliche "Verwerflichkeit" herauszustellen, heißt es in einem neuen Buch zum Thema(*1). Aus diesem Schlamm sei dann in der Moderne ein "Forschungsmythos" entstanden.
Die US-Altorientalistin Julia Assante, Wortführerin der Bewegung, ist sicher: Heilige Huren gibt es nur in der "Männerphantasie".
Gemäßigten Gelehrten geht diese Deutung jedoch auch wieder zu weit. Zwar zweifeln sie ebenfalls an manchen der schwülstigen Lehrmeinungen der Vergangenheit. An der Existenz des Phänomens aber halten sie fest. Demnach gab es einst
* Heiligtümer, die nebenbei Bordelle führten;
* Tempel, in denen Mädchen - noch vor ihrer ersten Menstruation - höchste Priesterämter ausübten;
* Profi-Dirnen, die aus eigener Tasche Kultorte stifteten - etwa für eine Göttin "Aphrodite Porne".
Eine erbitterte Debatte wogt da. Feministisch gesinnte Assyriologinnen kabbeln sich mit Lehrstuhlinhabern alten Schlages. Während die einen stets "Alles gelogen!" rufen, versuchen die anderen, unter Verweis auf die sumerische Grammatik, ihre vermeintlich "patriarchalische Sichtweise" zu verteidigen.
Immerhin: Einigkeit besteht über den normalen Straßenstrich im Altertum. Grell geschminkt und mit gelbem Schal standen Athens Dirnen am Fuß der Akropolis. Spezielle "Flötenmädchen" boten den Freiern zuerst Musik auf dem Aulos an, ehe sie keck zur Tat schritten.
Roms Billighuren kosteten vier Asse (was der Kaufkraft von kaum zehn Euro entspricht). Das Callgirl Messalina hurte sich bis zur Kaiserin hoch.
2. Teil: Besonders im Zweistromland ging es locker zu
Auch das fromme Land der Pyramiden bot sündiges Vergnügen. Die Dirnen dort rieben ihre Kunden mit Salben ein. "Dein Phallus ist in den Chenemet-Frauen", heißt es in alten Papyri: "Ein Mann kann besser kopulieren als ein Esel, nur seine Geldbörse hält ihn zurück."
Besonders aber im Zweistromland ging es locker zu. Bereits im Gilgamesch-Epos tritt eine Hure namens Schamchat ("Die Üppige") auf, die den Waldschrat Enkidu betört: "Sie machte ihren Busen frei, tat ihren Schoß auf, und er nahm ihre Fülle."
Vorbehalte gegen das Gewerbe gab es am Euphrat kaum. Eine Tontafel erzählt von einer jungen Frau, die im Haus der Eltern die Kunden empfängt. Als Lohn erhält sie Ferkelfleisch.
Nur was geschah in den Heiligtümern? Was passierte hinter den Tempelmauern der Ischtar? Darüber streiten sich die Gelehrten.
Riesige Bauten hat der Orient seiner Sex- und Liebesgöttin gewidmet. Hymnen priesen sie als "Herrin der Weiber" mit "verführerischem Reiz". "Honigsüß ist sie an ihren Lippen, Leben ist ihr Mund" - Hure Babylon.
Bald griff der Ischtar-Kult auch nach Norden aus.
Erst nach Zypern: Dort kamen griechische Siedler mit der Göttin in Kon-takt und tauften sie in Aphrodite um. Dem Mythos zufolge entstieg die Schöne einer blutigen Stelle im Meer, die rot gefärbt war und voller Spermien. Der Titan Kronos hatte dort zuvor das abgeschlagene Geschlechtsteils seines Vaters versenkt.
Unschuldig war die "Schaumgeborene" nie, eher voller Gier und Sinnenrausch. In Uruk feierte man vor 5000 Jahren einen orgiastischen Karneval zu ihren Ehren. Alte Listen zeigen, dass im Heiligtum der Ischtar Tänzerinnen und Schauspielerinnen arbeiteten.
Von Geschlechtsakten und Fruchtbarkeitsriten direkt am Altar, wie früher behauptet, fehlt indes jede Spur. "Für derlei magische Praktiken gibt es keinerlei Hinweis", erklärt der Würzburger Altorientalist Gernot Wilhelm.
Hat Herodot mit seiner Story vom Zwangsbeischlaf der Babylonierinnen also nur geschwindelt? So sehen es die Gender-Forscherinnen.
Wahrscheinlich aber steckt in der Geschichte ein tieferer Sinn. Denn zum Heiligtum der Sexualgöttin gehörte auch spezielles Kultpersonal, die "Harimtu". Das Wort bedeutet "Prostituierte".
Vor einiger Zeit hat der Experte Wilhelm eine spannende juristische Urkunde entdeckt. Sie ist rund 3300 Jahre alt. Dort wird berichtet, wie eine Harimtu vom eigenen Vater zur Buhlerei an den Ischtar-Tempel überreicht wird.
Der Hintergrund: Der Mann will von den Priestern einen Kredit erhalten und gibt ihnen das Kind als "Schuldhäftling" zur Darlehenssicherung.
Nur was genau machte die Verpfändete bei ihrem neuen Arbeitgeber? Wilhelm vermutet, dass das junge Mädchen anschaffen ging - "allerdings außerhalb des Gotteshauses".
Als Beleg nennt der Professor das alttestamentliche "Buch Baruch". Dort ist von Huren die Rede, die im staubigen Häusermeer von Babylon "an den Wegen" stehen. Auch sie sind irgendwie einer sakralen Organisation zugeordnet.
Das Lager der Totalzweifler will von alldem nichts wissen. Harimtu heiße gar nicht Hure, meint die Gender-Gelehrtin Assante; 150 Jahre lang habe die Assyriologie das Wort schlicht falsch übersetzt.
Vielmehr bezeichne der Ausdruck eine "Single-Frau", die als kultische Funktionärin wirkte und ohne Zugehörigkeit zu einem Männerhaushalt lebte.
Gegner schaudert es. Sie halten Assante vor, sie würde den eigenen Sozialstatus ins Vorchristliche verlängern.
Auch semantisch sei die Umdeutung Nonsens, meint der Wirtschaftshistoriker Morris Silver. Harimtu seien zweifellos "professionelle Prostituierte mit kultischen Verbindungen" gewesen, die im Auftrag des Tempels einen "sexuellen Service" anboten. Priester spielten dabei die Zuhälter und schöpften die Gewinne ab.
Selbst in Griechenland gab es wahrscheinlich solche Sakral-Puffs. Der Verdacht richtet sich hier vor allem auf das Aphrodite-Heiligtum von Korinth. Es lag auf einem Felssporn 575 Meter über dem Meer.
Dass es in der Stadt hoch herging, ist unstrittig. Hunderte Schiffe lagen abgetakelt an den Molen. Korinth war eine Drehscheibe des Seehandels. Freudenmädchen, gehüllt in Netzkleider und grell geschminkt, boten dicht bei dicht in den Häfen ihre Reize feil.
Aber auch im Kultbau der Liebesgöttin oben auf dem Felsen ging es angeblich zur Sache. Ihr Tempel "war so reich, dass er mehr als tausend Buhlmädchen besaß", heißt es bei Strabon.
Scharen von Matrosen und Kapitänen seien den Hang hochgekraxelt, um als "Sexhungrige" dort zu herbergen - so sieht es der Brite Nigel Spivey.
Die Altgeschichtlerin Tanja Scheer von der Universität Oldenburg schlägt jetzt eine bessere Lösung vor: "Die Berichte vom heiligen Bordell in Korinth gehen allesamt auf eine Ode Pindars zurück", erklärt sie. Dort wird erzählt, dass ein reicher Olympiasieger im Jahr 464 vor Christus dem Haus eine "hundertgliedrige" Schar von Huren weihte.
Dass sich diese Dirnen direkt am Altar räkelten, sei jedoch unwahrscheinlich. Vielmehr, so Scheer, habe der reiche Sportler eine Finanzspritze in Form von Sklavinnen gewährt: "Die Erträge ihrer Körper konnten eine regelmäßige und fortlaufende Einkommensquelle für das Heiligtum bilden."
Was für diese These spricht: Auch der Gesetzgeber Solon, der um 590 vor Christus in Athen staatliche Freudenhäuser gründete, belegte die Huren mit Steuern. Aus den Einnahmen bezahlte die Stadt sodann einen Bau zu Ehren der Liebesgöttin.
In dem Puff lebten offenbar blutjunge Mädchen, wie ein altes Komödienfragment verrät. Es erzählt von den "Fohlen" der Aphrodite, die "nackt der Reihe nach in einer Linie stehen". "Von diesen kannst du beständig und in Sicherheit für kleine Münze dein Vergnügen kaufen."
Womöglich aber trieb es die Antike doch weit schlimmer. Die Forschung diskutiert auch über sakralen Kindersex.
Wieder führt die Spur nach Babylon und zu dessen 91 Meter hohen Stufenturm - einem der Weltwunder des Altertums. Auf dessen Spit-ze befand sich ein Schrein mit einem Bett, berichten die Quellen. Nachts schlief dort eine Auserwählte, stets bereit zur "heiligen Hochzeit" - dem symbolischen Geschlechtsakt mit dem Gott Marduk.
Aber auch fernab, im Haupttempel von Theben, im Land der Pharaonen, gab es eine "Gottesgemahlin des Amun".
Besetzt wurde dieses Priesteramt von einer "schönen Jungfrau aus angesehenstem Geschlecht", heißt es bei Strabon. "Und sie gibt sich jedem hin, bis die natürliche Reinigung des Körpers einsetzt" (gemeint ist die Menstruation).
Kindesmissbrauch am Nil? Manche Wissenschaftler kommen angesichts der vielen Hinweise ins Grübeln - zumal ein neues Dokument die Debatte befeuert.
Es ist ein verschlissener Fetzen einer ägyptischen Schriftrolle, in der es ebenfalls um kleine Priesterinnen geht.
Bis zur ersten Regelblutung, heißt es in dem Text, dürften die Mädchen im Tempel arbeiten. Dann aber "verstößt man sie aus ihrem Dienst".
Archäologie
Rätsel der heiligen Huren
Von Matthias Schulz
"Weihedirnen" in Jerusalem, Tempelsex im Dienst der Aphrodite - viele antike Autoren beschreiben in drastischer Form sakrale Prostitution. Alles nur Legenden? Historiker suchen nach dem wahren Kern der Berichte. Der Verdacht: Es gab einst Götterstätten, die nebenbei Bordelle betrieben.
Die "hässlichste Sitte" in Babylon, meinte der Historiker Herodot (um 490 bis 425 vor Christus), sei die massenhafte Kuppelei im Ischtar-Tempel. Einmal im Leben müssten alle Frauen des Landes dort niedersitzen und sich - gegen Geld - "einem Fremden preisgeben".
"Reiche und hochmütige" Damen, lästerte der Altgrieche, fahren im "verdeckten Wagen" vor.
Ähnlich schändlich trieben es angeblich die Perser am Schwarzen Meer. Dort würden "jungfräuliche Töchter" - kaum zwölf Jahre alt - der Kultprostitution geweiht, behauptete Strabon: "Sie behandeln ihre Liebhaber so freundlich, dass sie sie sogar bewirten."
Zuhauf liegen derlei Berichte aus dem klassischen Altertum vor: Von Sizilien bis Theben sollen Völkerschaften perversen religiösen Bräuchen gefrönt haben.
Auch die Juden: Rund ein Dutzend Stellen im Alten Testament kreisen um "Kedeschen". Der Name steht für weibliches und männliches Kultpersonal. Die Bibel nennt sie "Weihebuhlen" und "Lustknaben". Im 5. Buch Mose wird Strichjungen verboten, ihr "Hundegeld" dem Haus des Jahwe zu stiften.
Forscher des 20. Jahrhunderts griffen die - oft dunklen - Hinweise begierig auf. Bald galt es als Tatsache, dass die Priester im Morgenland Zwangsdeflorationen durchführten; es habe "Mitgift-Prostitution" gegeben und eine "geschlechtliche Vereinigung am Kultort".
Tempelsex, so hieß es im "Lexikon für Theologie und Kirche", sei die "sittliche und gesundheitliche Pestbeule am Leibe der Völker" gewesen.
Aber stimmt das? Immer mehr Wissenschaftler stoßen sich an den Erotikfabeln der Altvordern.
Denn neuentdeckte Keilschriften zeigen ein entschärftes Bild. Immer klarer wird: Die Forscher früherer Jahrzehnte haben das Thema aufgebauscht. Für den Ritus der Zwangsentjungferung zum Beispiel findet sich in Wahrheit nicht ein einziger Beleg.
Eine Fraktion von Gender-Forscherinnen sieht nun alles noch radikaler. Sie streitet die heilige Prostitution in Gänze ab. Die Sache sei erstunken und erlogen.
Erst hätten einige griechische Schriftsteller fremden Völkern ehrabschneidende Schmuddelbräuche angedichtet, um deren sittliche "Verwerflichkeit" herauszustellen, heißt es in einem neuen Buch zum Thema(*1). Aus diesem Schlamm sei dann in der Moderne ein "Forschungsmythos" entstanden.
Die US-Altorientalistin Julia Assante, Wortführerin der Bewegung, ist sicher: Heilige Huren gibt es nur in der "Männerphantasie".
Gemäßigten Gelehrten geht diese Deutung jedoch auch wieder zu weit. Zwar zweifeln sie ebenfalls an manchen der schwülstigen Lehrmeinungen der Vergangenheit. An der Existenz des Phänomens aber halten sie fest. Demnach gab es einst
* Heiligtümer, die nebenbei Bordelle führten;
* Tempel, in denen Mädchen - noch vor ihrer ersten Menstruation - höchste Priesterämter ausübten;
* Profi-Dirnen, die aus eigener Tasche Kultorte stifteten - etwa für eine Göttin "Aphrodite Porne".
Eine erbitterte Debatte wogt da. Feministisch gesinnte Assyriologinnen kabbeln sich mit Lehrstuhlinhabern alten Schlages. Während die einen stets "Alles gelogen!" rufen, versuchen die anderen, unter Verweis auf die sumerische Grammatik, ihre vermeintlich "patriarchalische Sichtweise" zu verteidigen.
Immerhin: Einigkeit besteht über den normalen Straßenstrich im Altertum. Grell geschminkt und mit gelbem Schal standen Athens Dirnen am Fuß der Akropolis. Spezielle "Flötenmädchen" boten den Freiern zuerst Musik auf dem Aulos an, ehe sie keck zur Tat schritten.
Roms Billighuren kosteten vier Asse (was der Kaufkraft von kaum zehn Euro entspricht). Das Callgirl Messalina hurte sich bis zur Kaiserin hoch.
2. Teil: Besonders im Zweistromland ging es locker zu
Auch das fromme Land der Pyramiden bot sündiges Vergnügen. Die Dirnen dort rieben ihre Kunden mit Salben ein. "Dein Phallus ist in den Chenemet-Frauen", heißt es in alten Papyri: "Ein Mann kann besser kopulieren als ein Esel, nur seine Geldbörse hält ihn zurück."
Besonders aber im Zweistromland ging es locker zu. Bereits im Gilgamesch-Epos tritt eine Hure namens Schamchat ("Die Üppige") auf, die den Waldschrat Enkidu betört: "Sie machte ihren Busen frei, tat ihren Schoß auf, und er nahm ihre Fülle."
Vorbehalte gegen das Gewerbe gab es am Euphrat kaum. Eine Tontafel erzählt von einer jungen Frau, die im Haus der Eltern die Kunden empfängt. Als Lohn erhält sie Ferkelfleisch.
Nur was geschah in den Heiligtümern? Was passierte hinter den Tempelmauern der Ischtar? Darüber streiten sich die Gelehrten.
Riesige Bauten hat der Orient seiner Sex- und Liebesgöttin gewidmet. Hymnen priesen sie als "Herrin der Weiber" mit "verführerischem Reiz". "Honigsüß ist sie an ihren Lippen, Leben ist ihr Mund" - Hure Babylon.
Bald griff der Ischtar-Kult auch nach Norden aus.
Erst nach Zypern: Dort kamen griechische Siedler mit der Göttin in Kon-takt und tauften sie in Aphrodite um. Dem Mythos zufolge entstieg die Schöne einer blutigen Stelle im Meer, die rot gefärbt war und voller Spermien. Der Titan Kronos hatte dort zuvor das abgeschlagene Geschlechtsteils seines Vaters versenkt.
Unschuldig war die "Schaumgeborene" nie, eher voller Gier und Sinnenrausch. In Uruk feierte man vor 5000 Jahren einen orgiastischen Karneval zu ihren Ehren. Alte Listen zeigen, dass im Heiligtum der Ischtar Tänzerinnen und Schauspielerinnen arbeiteten.
Von Geschlechtsakten und Fruchtbarkeitsriten direkt am Altar, wie früher behauptet, fehlt indes jede Spur. "Für derlei magische Praktiken gibt es keinerlei Hinweis", erklärt der Würzburger Altorientalist Gernot Wilhelm.
Hat Herodot mit seiner Story vom Zwangsbeischlaf der Babylonierinnen also nur geschwindelt? So sehen es die Gender-Forscherinnen.
Wahrscheinlich aber steckt in der Geschichte ein tieferer Sinn. Denn zum Heiligtum der Sexualgöttin gehörte auch spezielles Kultpersonal, die "Harimtu". Das Wort bedeutet "Prostituierte".
Vor einiger Zeit hat der Experte Wilhelm eine spannende juristische Urkunde entdeckt. Sie ist rund 3300 Jahre alt. Dort wird berichtet, wie eine Harimtu vom eigenen Vater zur Buhlerei an den Ischtar-Tempel überreicht wird.
Der Hintergrund: Der Mann will von den Priestern einen Kredit erhalten und gibt ihnen das Kind als "Schuldhäftling" zur Darlehenssicherung.
Nur was genau machte die Verpfändete bei ihrem neuen Arbeitgeber? Wilhelm vermutet, dass das junge Mädchen anschaffen ging - "allerdings außerhalb des Gotteshauses".
Als Beleg nennt der Professor das alttestamentliche "Buch Baruch". Dort ist von Huren die Rede, die im staubigen Häusermeer von Babylon "an den Wegen" stehen. Auch sie sind irgendwie einer sakralen Organisation zugeordnet.
Das Lager der Totalzweifler will von alldem nichts wissen. Harimtu heiße gar nicht Hure, meint die Gender-Gelehrtin Assante; 150 Jahre lang habe die Assyriologie das Wort schlicht falsch übersetzt.
Vielmehr bezeichne der Ausdruck eine "Single-Frau", die als kultische Funktionärin wirkte und ohne Zugehörigkeit zu einem Männerhaushalt lebte.
Gegner schaudert es. Sie halten Assante vor, sie würde den eigenen Sozialstatus ins Vorchristliche verlängern.
Auch semantisch sei die Umdeutung Nonsens, meint der Wirtschaftshistoriker Morris Silver. Harimtu seien zweifellos "professionelle Prostituierte mit kultischen Verbindungen" gewesen, die im Auftrag des Tempels einen "sexuellen Service" anboten. Priester spielten dabei die Zuhälter und schöpften die Gewinne ab.
Selbst in Griechenland gab es wahrscheinlich solche Sakral-Puffs. Der Verdacht richtet sich hier vor allem auf das Aphrodite-Heiligtum von Korinth. Es lag auf einem Felssporn 575 Meter über dem Meer.
Dass es in der Stadt hoch herging, ist unstrittig. Hunderte Schiffe lagen abgetakelt an den Molen. Korinth war eine Drehscheibe des Seehandels. Freudenmädchen, gehüllt in Netzkleider und grell geschminkt, boten dicht bei dicht in den Häfen ihre Reize feil.
Aber auch im Kultbau der Liebesgöttin oben auf dem Felsen ging es angeblich zur Sache. Ihr Tempel "war so reich, dass er mehr als tausend Buhlmädchen besaß", heißt es bei Strabon.
Scharen von Matrosen und Kapitänen seien den Hang hochgekraxelt, um als "Sexhungrige" dort zu herbergen - so sieht es der Brite Nigel Spivey.
Die Altgeschichtlerin Tanja Scheer von der Universität Oldenburg schlägt jetzt eine bessere Lösung vor: "Die Berichte vom heiligen Bordell in Korinth gehen allesamt auf eine Ode Pindars zurück", erklärt sie. Dort wird erzählt, dass ein reicher Olympiasieger im Jahr 464 vor Christus dem Haus eine "hundertgliedrige" Schar von Huren weihte.
Dass sich diese Dirnen direkt am Altar räkelten, sei jedoch unwahrscheinlich. Vielmehr, so Scheer, habe der reiche Sportler eine Finanzspritze in Form von Sklavinnen gewährt: "Die Erträge ihrer Körper konnten eine regelmäßige und fortlaufende Einkommensquelle für das Heiligtum bilden."
Was für diese These spricht: Auch der Gesetzgeber Solon, der um 590 vor Christus in Athen staatliche Freudenhäuser gründete, belegte die Huren mit Steuern. Aus den Einnahmen bezahlte die Stadt sodann einen Bau zu Ehren der Liebesgöttin.
In dem Puff lebten offenbar blutjunge Mädchen, wie ein altes Komödienfragment verrät. Es erzählt von den "Fohlen" der Aphrodite, die "nackt der Reihe nach in einer Linie stehen". "Von diesen kannst du beständig und in Sicherheit für kleine Münze dein Vergnügen kaufen."
Womöglich aber trieb es die Antike doch weit schlimmer. Die Forschung diskutiert auch über sakralen Kindersex.
Wieder führt die Spur nach Babylon und zu dessen 91 Meter hohen Stufenturm - einem der Weltwunder des Altertums. Auf dessen Spit-ze befand sich ein Schrein mit einem Bett, berichten die Quellen. Nachts schlief dort eine Auserwählte, stets bereit zur "heiligen Hochzeit" - dem symbolischen Geschlechtsakt mit dem Gott Marduk.
Aber auch fernab, im Haupttempel von Theben, im Land der Pharaonen, gab es eine "Gottesgemahlin des Amun".
Besetzt wurde dieses Priesteramt von einer "schönen Jungfrau aus angesehenstem Geschlecht", heißt es bei Strabon. "Und sie gibt sich jedem hin, bis die natürliche Reinigung des Körpers einsetzt" (gemeint ist die Menstruation).
Kindesmissbrauch am Nil? Manche Wissenschaftler kommen angesichts der vielen Hinweise ins Grübeln - zumal ein neues Dokument die Debatte befeuert.
Es ist ein verschlissener Fetzen einer ägyptischen Schriftrolle, in der es ebenfalls um kleine Priesterinnen geht.
Bis zur ersten Regelblutung, heißt es in dem Text, dürften die Mädchen im Tempel arbeiten. Dann aber "verstößt man sie aus ihrem Dienst".
* bleibt gesund und übersteht die Zeit der Einschränkungen *
- Lycisca
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Für einen Artikel, der Ungenauigkeiten der älteren Forschung anprangert, ist dies sehr ungenau: Messalina kommt aus einer gleich vornehmen Familie, wie ihr Mann Claudius. Dass er nach einem Militärputsch Kaiser geworden ist, weil sonst niemand aus seiner Familie den Putsch überlebt hat, war nicht absehbar.Das Callgirl Messalina hurte sich bis zur Kaiserin hoch.
- Marc of Frankfurt
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Querverweise
Danke für den Spiegelartikel, der platzt ja geradezu von Episodenwissen, aber ziemlich wirr angeordnet wie ich finde.
Fachbuch der Genderforscherin Stephanie Lynn Budin:
The Myth of Sacred Prostitution in Antiquity
Cambridge u.a.: Cambridge University Press 2008
Buchrezension von Julian Köck
Das Missverständnis von der Tempelprostitution:
viewtopic.php?p=78021#78021
Artikel zur großen Babylon-Ausstellung in London, Paris und Berlin 2008:
viewtopic.php?p=38200#38200
Gute Film-Dokus:
viewtopic.php?p=84182#84182
viewtopic.php?p=45236#45236
Fachbuch der Genderforscherin Stephanie Lynn Budin:
The Myth of Sacred Prostitution in Antiquity
Cambridge u.a.: Cambridge University Press 2008
Buchrezension von Julian Köck
Das Missverständnis von der Tempelprostitution:
viewtopic.php?p=78021#78021
Artikel zur großen Babylon-Ausstellung in London, Paris und Berlin 2008:
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Gute Film-Dokus:
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- Marc of Frankfurt
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Dieses Thema von unseren derzeit 5439 Themen wurde heute in den Google Allerts bekannt gegeben:
- Das älteste Gewerbe der Welt - Geschichte der Prostitution ...
Prostitution, allerorts gern als "ältestes Gewerbe der Welt" bezeichnet, hat sich mit größter Wahrscheinlichkeit aus Fruchtbarkeitsriten in frühen ...
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=78190
- Marc of Frankfurt
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Beruf: Hure - Die Geschichte der Prostitution
Die große Samstags-Dokumentation: "Beruf: Hure - Die Geschichte der Prostitution"
Am 10. April um 20.15 Uhr bei VOX
http://www.presseportal.de/pm/6952/1591 ... ision_gmbh
http://www.flensburg-online.de/blog/201 ... i-vox.html
Am 10. April um 20.15 Uhr bei VOX
http://www.presseportal.de/pm/6952/1591 ... ision_gmbh
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Re: off topic: SEO

Ich glaube nicht wirklich, dass wir schlecht bei den Suchmaschinen stehen - aber natürlich können wir "schrauben" - wichtig ist der Thementitel mit den gewünschten Schlagworten bestückt - und entsprechende Wiederholungen (am Besten fett) im Text :-)Marc of Frankfurt hat geschrieben:Warum passiert das für unser Sexworker Forum nur so selten während andere unbedeutendere Blogs häufig genannt werden?
Liebe Grüße
christian
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Prostitutionsopfer-Gelübde Lokri 456 v.Chr.
Viele Historiker heute - vor allem aus den USA - haben Schwierigkeiten, antike Tempel-Prostitution anzuerkennen. Das liegt wahrscheinlich an einem ganz anderen Verhältnis der antiken Menschen zur Sexualität, als wir sie heute haben.
Ein Beispiel ist das bekannte Gelübde der Einwohner von Lokri im Jahr 476 v Chr.: Damals wurde die Stadt Lokri (eine griechische Siedlung im Süden Italiens - auf der Karte etwa dort, wo der Zehenballen des Stiefels ist) von Leophron aus Rhegion belagert. Die Einwohner gelobten, dass sich ihre jungfräulichen Töchter beim jährlichen Fest zu Ehren der Aphrodite prostituieren werden, wenn die Belagerung abgewehrt werden kann.
Viele moderne Eltern werden ein solches Gelübde eher als abscheulich empfinden - als Kinderprostitution, von den Eltern erzwungen. Ob aber manche moderne Erscheinungsformen der Elternliebe (vgl. Selbstmord mit Tötung der Kinder, von Psychiatern als "erweiterter Selbstmord" angesehen) aus der Sicht antiker Eltern nicht ebensolches Unverständnis auslösen könnten? Ob nicht Prostitution im Hinblick auf sonst zu erwartenden Tod und Sklaverei als Ausdruck der Lebensfreude zu sehen war?
Moderne Historiker haben die gleichen Schwierigkeiten. Auch von ihnen kann die damalige Einstellung zur Sexualität nicht nachvollzogen werden oder wird sogar ideologisch abgelehnt.
Im Fall von Lokri müssen sie aber konzidieren, dass das Gelübde wohl historisches Fakt ist. Es wurde vom Historiker Pompeius Trogus dokumentiert (1. Jh. n. Chr., Philippica 21,3): Der Tyrann Dionysios hat sich später gegenüber den Lokrern auf dieses Gelübde berufen, um im Missbrauch der Tradition seinen sexuellen Gelüsten zu frönen - und die Mädchen samt ihren Müttern als Geiseln zu nehmen, um Geld von den reichsten Bürgern Lokris abzupressen. Ein anderer Schriftsteller, Clearchus von Soli, hat dabei rituelle Prostitution in Lokri für üblich angesehen. Tonreliefs (Prückner, Die lokrischen Tonreliefs, Mainz 1968) wurden von Archäologen als Darstellungen ritueller Tempelprostitution gedeutet. Im Hinblick auf zwei der Aphrodite geweihte Tempel (Marasa, Centocamere - wo Archäologen auch antike "Verrichtungsboxen" für SW identifiziert haben wollen) und das der Persephone geweihte Hauptheiligtum waren in Locri auch auffällig viele Tempel Göttinnen der Liebe und Sexualität geweiht.
Eine Arbeit, die die Pro- und Kontra-Sichtweise der modernen Historiker zur Tempelpostitution am Beispiel Lokri darlegt, habe ich unter folgendem Link gefunden:
http://www.losehand.net/Losehand_Prepri ... -02-21.pdf
Ein Beispiel ist das bekannte Gelübde der Einwohner von Lokri im Jahr 476 v Chr.: Damals wurde die Stadt Lokri (eine griechische Siedlung im Süden Italiens - auf der Karte etwa dort, wo der Zehenballen des Stiefels ist) von Leophron aus Rhegion belagert. Die Einwohner gelobten, dass sich ihre jungfräulichen Töchter beim jährlichen Fest zu Ehren der Aphrodite prostituieren werden, wenn die Belagerung abgewehrt werden kann.
Viele moderne Eltern werden ein solches Gelübde eher als abscheulich empfinden - als Kinderprostitution, von den Eltern erzwungen. Ob aber manche moderne Erscheinungsformen der Elternliebe (vgl. Selbstmord mit Tötung der Kinder, von Psychiatern als "erweiterter Selbstmord" angesehen) aus der Sicht antiker Eltern nicht ebensolches Unverständnis auslösen könnten? Ob nicht Prostitution im Hinblick auf sonst zu erwartenden Tod und Sklaverei als Ausdruck der Lebensfreude zu sehen war?
Moderne Historiker haben die gleichen Schwierigkeiten. Auch von ihnen kann die damalige Einstellung zur Sexualität nicht nachvollzogen werden oder wird sogar ideologisch abgelehnt.
Im Fall von Lokri müssen sie aber konzidieren, dass das Gelübde wohl historisches Fakt ist. Es wurde vom Historiker Pompeius Trogus dokumentiert (1. Jh. n. Chr., Philippica 21,3): Der Tyrann Dionysios hat sich später gegenüber den Lokrern auf dieses Gelübde berufen, um im Missbrauch der Tradition seinen sexuellen Gelüsten zu frönen - und die Mädchen samt ihren Müttern als Geiseln zu nehmen, um Geld von den reichsten Bürgern Lokris abzupressen. Ein anderer Schriftsteller, Clearchus von Soli, hat dabei rituelle Prostitution in Lokri für üblich angesehen. Tonreliefs (Prückner, Die lokrischen Tonreliefs, Mainz 1968) wurden von Archäologen als Darstellungen ritueller Tempelprostitution gedeutet. Im Hinblick auf zwei der Aphrodite geweihte Tempel (Marasa, Centocamere - wo Archäologen auch antike "Verrichtungsboxen" für SW identifiziert haben wollen) und das der Persephone geweihte Hauptheiligtum waren in Locri auch auffällig viele Tempel Göttinnen der Liebe und Sexualität geweiht.
Eine Arbeit, die die Pro- und Kontra-Sichtweise der modernen Historiker zur Tempelpostitution am Beispiel Lokri darlegt, habe ich unter folgendem Link gefunden:
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- Marc of Frankfurt
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Hier argumentiert eine Genderforscherin: die Berichte über Tempelprostitution zu anderen Kulturen sollte diese stigmatisieren und als rückständig erscheinen lassen:
viewtopic.php?p=78021#78021
Ob Rufmord, das ältere Gewerbe ist? ;-)
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Im Fall von Lokri greifen die Argumente der Genderforscherinnen nicht. Im Gegenteil, die Berichte über das Gelübde berichten respektvoll über die Bürger von Lokri und über Venus/Aphrodite (sie war damals auch in Rom eine Hauptgottheit) und sie scheinen auch davon ausgegangen zu sein, dass eine religiöse Tradition geschaffen wurde, wonach das Gelübde jedes Jahr erneuert wurde, dass die Jungfrauen einen Monat als Tempelprostituierte Dienst tun. Das war zwar für die Autoren ungewöhnlich - aber die Römer haben schon einige ungewöhnliche Kulte kennen gelernt - und ein Gelübde an die Gottheit war auf jeden Fall einzuhalten - und der Situation (direkter göttlicher Eingriff in einen Krieg) angemessen. Wenn jemandes Ruf geschädigt werden sollte, dann der des Dionysios, der schon in der Absicht gehandelt hat, die religiösen Gefühle zu missbrauchen, der frevelhaft Soldaten in den Tempel eindringen ließ und der dann - aus damaliger Sicht ein kaum zu überbietender Frevel, den Kultdienst in eine Geiselnahme umfunktionierte.
Insofern, als für diese Berichte die kultische Prostitution der selbstverständliche Hintergrund zur Darstellung eines Frevels war, ist es auch sehr glaubhaft, dass in Lokri in damaliger historischer Zeit kultische Prostitution selbstverständlich praktiziert wurde - und zwar von den Töchtern der Oberschicht (weil für Sklavinnen wäre kein Lösegeld abzupressen gewesen).
Insofern, als für diese Berichte die kultische Prostitution der selbstverständliche Hintergrund zur Darstellung eines Frevels war, ist es auch sehr glaubhaft, dass in Lokri in damaliger historischer Zeit kultische Prostitution selbstverständlich praktiziert wurde - und zwar von den Töchtern der Oberschicht (weil für Sklavinnen wäre kein Lösegeld abzupressen gewesen).
- Marc of Frankfurt
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Regie: Katja Esson www.katjaEsson.com
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