Sexualität hängt biologisch mit Fortpflanzung und Fruchtbarkeit zusammen und ist daher mit Fitness, Jugend, Potenz, Gesundheit und Schönheit verknüpft. Deshalb sind die meisten nachgefragten Sexworker jung und deswegen gibt es für alte Sexworker die sog. Prostitutionsfalle oder Sackgasse, die die Gesellschaft als eine grundsätzliche negative Prostitutionseigenschaft ansieht und daher mit Prostitutionsverboten reagiert. (Obwohl letzteres ist ein Henne-oder-Ei-Problem und man kann nicht wissenschaftlich sauber die Anfangs-Ursache feststellen, ob Prostitution viele negative Anteile besitzt, weil es an den Gesellschaftlichen Rand gedrängt wird (fringe existence) oder ob es an den Rand gedrückt wird und mit Tabus belegt wird, weil es so gefährlich und quasi unkontrollierbar ist. Im folgenden schreibe ich nur jung und alt, obwohl das natürlich eine über Jahrzehnte ausgedehnte Skala ist, die bei jedem Sexworker individuell unterschiedlich ist.)
Für den Beruf des Sexworkers, der so unvergleichlich nah an der biologischen Natur des Menschen ist, existieren verschärft die Probleme des biologischen Menschseins d.h. Alter, Vergänglichkeit und Tod. Bereits der einzelne Orgasmus, der sog. "kleine Tod" enthält diese Konfrontation. (Vermutlich galt deshalb früher das Sexworker-Tabu, dass Anbieterinnen keinen Orgasmus beim Kunden hatten.) Auch wenn man sich von Vergänglichkeit nicht grundsätzlich emanzipieren/befreien kann, so kann man sich mit den Lebensnotwendigkeiten doch arrangieren/abfinden und das in einer emanzipierten/aufgeklärten Weise. Das soll gemeint sein mit dem Wort "altersstark". Die heutige Generation der alternden Menschen, alternden Gesellschaft und alternden Sexworker ist herausgefordert und in der Lage hier neue humane Lösungen für sich zu finden.
Während junge Sexworker allein aufgrund von Jugend, Aussehen oder der magischen Alterszahlen in ihrer Werbung (Teeny, 18+, 21+) Kunden gewinnen können, müssen alte Sexworker auf andere Qualitäten setzen wie Erfahrung mit Menschen, besonderen Sexpraxen oder Fetischen was sich z.B. in besonderer Studioeinrichtung materiell abbildet (Investitionsplan).
Während junge Sexworker also nur sich selbst brauchen um Kunden gewinnen zu können (der Kunde wird dann schonmal gerne als laufender Geldautomat gedeutet), benötigen alte Sexworker im Verlauf von ihrem Berufsleben (fleißig) aufgebaute Ressourcen: Wissen, Stammkundschaft, Sexarbeitsbetriebstätte, soziale und rechtliche Absicherungsnetzwerke. Diese Kombination charakterisiert ein sog. Geschäftsmodell (Businessplan) (und sein Unternehmenswert wird kaufmännisch gemessen im sog. "goodwill"). Während die junge Sexarbeiterin "natürlich/biologistisch" arbeiten und verdienen kann, muß die alte Sexarbeiterin "kulturell/betriebswirtschaftlich" arbeiten.
Es verbleiben ihr zwei eingeschränkte Kundengruppen: Einmal diejenigen, die auf ihren speziellen Typus oder angebotenen Service stehen, oder diejenigen, die bereits ihre verschiedenen Fähigkeiten kennen und schätzen wie sie von ihr bedient werden, d.h. ihre bestehende und über die Jahre aufgebaute Stammkundschaft. Während Mobilität ein Berufskonzept für junge Sexworker ist was viele Neukunden ermöglicht, so ist es gleichzeitig ein Hindernis Stammkundschaft aufzubauen. Alte Sexworker werden also irgendwann sich niedergelassen haben müssen. Ferner gibt es die Tendenz der Gentrifizierung in den Metropolen, d.h. die urbanen Zentren werden immer exklusiver und hochpreisiger und alte Menschen werden in die preiswerteren Randgebiete und aufs Land verdrängt mit seiner schlechteren Infrastruktur.
Stammkundschaft bedeutet Beziehungsarbeit und Kontinuität. Das kann bisweilen sehr einfaches arbeiten sein, weil man bereits den Ablauf der Kundensession "vorausberechnen" kann, aber es kann auch anstrengend sein, weil man in bestehenden Gleisen und Beziehungsmustern evt. verstrickt ist oder es die Kunden sind und es können daher auch Grenzüberschreitungen auftreten, so daß man sich von übergriffigen, gefährlichen Kundenbeziehungen wird rechtzeitig vorausschauend trennen müssen. Dies ist der Zeitpunkt wo viele Sexworker aussteigen oder umsatteln, oder ihr Serviceangebot stark einschränken, wenn es ihnen nicht gelingt oder sie nicht willens sind eine Karriere als Universalangebots-Sexworker unter immer prekärer werdenden Randbedingungen weiterzugehen. Wie bereits angedeutet spielt hierbei ferner die Einkunftssituation auch eine entscheidene Rolle. Betriebswirtschaftlich gesehen ist das die Frage der Kostenrechnung und Gewinnschwellen-Analyse (Break even, Fixkosten-Deckungsgrad d.h. kann ich noch meine Rechnungen und dringend empfohlenen Altersvorsorge-Einzahlungen begleichen mit Einkünften durch Sexarbeit.)
Neukundengewinnung ist für alte Sexworker schwieriger und sie müssen und können mehr soziale Erfahrungen einsetzen das auszugleichen. Ihre Kundschaft ist eingeschränkter. Es sind eher alte, behinderte oder an bestimmte Fetische fixierte Kunden. Was nicht heißt dass keine attraktiven jungen Kunden mehr kommen, aber auch dann sind es vmtl. eher diejenigen, die eine seltene Sexvorliebe haben.
Dieser Übergang vom jungen zum alten Sexworker ist eine gewaltige mentale Transformaton, die es mit allen gesellschaftlichen Tabus aufnehmen muß, die die Gesellschaft für die Bereiche Sexualität, Alter, Armut, Krankheit und Vergänglichkeit bereithält. Unkonditionierte Tabulosigkeit gegenüber den Tiefen des menschlichen Seins, der Diversity von Sexualität und Akzeptanz des Lebens in all seinen Ausprägungsvarianten wäre hier die ideale Charaktereigenschaft die benötigt wird professionell altern zu können. Doch sie ist bereits allgemein ein Kennzeichen und Qualifikation von Sexworkern, deren Dienstleistung gerade darin besteht Mitmenschen und Kunden seelisch-körperlich-menschlich annehmen zu können und unterschiedlichste sexuelle Wünsche und Bedürfnisse bedienen zu können, die viele andere Mitmenschen oder die Gesellschaft als ganzes ablehnen. Diese Tabulosigkeit bedeutet keinesfalls notwendigerweise Grenzenlosigkeit und damit verbundene Selbstgefährdung (auch wenn das Prostitutionsgegner so behaupten, weil sie ihre Grenze aufgrund rigider Moralvorstellungen anders ziehen), aber der genaue Grenzverlauf zwischen eben diesen Polen Tabulosigeit und Akzeptanz auf der einen Seite und Selbstaufgabe oder Selbstverletzung auf der anderen, muß ständig mit besonderer Sorgfalt entlang der eigenen Möglichkeiten ausgehandelt bzw. herausgefunden werden.
Leider werden wir von der Gesellschaft oder starken Institutionen in dieserm schweren psychologischen Selbsterkenntnisprozess nicht unterstützt und müssen es in unserer Sexworker Community oder privaten Unterstützungsnetzwerken selbst leisten. Das bringt eine erhöhte SWBO Gefahr mit sich.
Leider gibt es nur wenige öffentlich sichtbaren positiven altersstarken Sexworker Vorbilder.

Film "Frauenzimmer" 2009
Daher haben und brauchen wir so viele Rubriken und Sammelthemen:
- Sexworker-Denkmale
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1628
- Happy Hooker Research
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1384
- Sexworker Akademie
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=817
- Huren Karriere Management und SW Outplacement
www.sexworker.at/exit
- Sexworker und Gewerkschaften
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=4508
- Sexworker Vorbilder
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=97445#97445
- Psychologie der Sexarbeit
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=397
- SWBO
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=771 SW only
- Zyklustheorie für Sexwork-Geschäftsmodelle
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=85196#85196
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