ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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#301

Beitrag von Aoife »

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alana hat geschrieben:Was derzeit am laufen ist, nützt eigentlich niemandem, außer den alteingesessenen Puffbesitzern bzw. den Investoren von Großpuffs, die ja meist selbst Gangster sind, die die Polizei ja angeblich nicht will. Also für mich sind das echt alles nur Vollpfosten...
Alana, du hast anscheinend ein sehr positives Menschenbild :003

Ich vielleicht auch, wenn ich denke, dass so dumm gar niemand sein kann :002

Jedenfalls komme ich zu dem Schluß, dass dieser Widerspruch zwischen tatsächlichem Handeln und angeblicher Absicht sich am einfachsten erklären läßt, wenn man davon ausgeht, dass die Absicht nur zu Tarnzwecken vorgeschoben wird. Die Polizeien können ja nicht gut sagen "Wir wollen das ProstG blockieren, damit die Schmiergelder wieder reichlicher fließen." - zumindest ich halte den deutschen Wähler für zu anständig, als dass er sich das bieten lassen würde. Und wenn nicht zu anständig, dann wenigstens zu kostenbewußt. Immerhin werden hier in von Steuergeldern bezahlter Arbeitszeit Pläne geschmiedet, wie die Nebeneinnahmen gesteigert werden können.

Und da es sich hierbei ja nur um eine Kleinigkeit handelt, die uns eben besonders interessiert, befürchte ich dass auch in D ägyptische Zustände ausbrechen werden, wenn den Menschen irgendwann einmal in großem Maßstab bewußt wird, wofür ihre Steuergelder wirklich verwendet werden.

Liebe Grüße, Aoife
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#302

Beitrag von fraences »

Folgende Aufsatz vom Valentin Landmann in seinem Buch "Der Reiz des Verbrechens und der Halbwelt:
"Gesetzgeber lieben es in der Regel, sich Zeit zu lassen, und sehen vor allem angesichts langsamer gesellschaftlicher Entwicklungen oft erstaunlich lange keinen Handlungsbedarf. Kommen die überfälligen Anpassungen dann endlich zustande, so stünden angesichts der Gemächlichkeit abgeklärte und ausgewogene Lösungen zu erwarten. Aber überreaschend häufig finden wir an ihre Stelle sprunghaft und eher unausgegoren wirkende Produkte.
Die Gesetzesrevisionen im Bereich des Sexualstrafrechts und Legalisierung des Sexgewerbes , wie sie in der Schweiz und in Deutschland in den letzten Jahrzehnten erfolgten, belegen das eben Gesagte. Man ließ sich sehr viel Zeit , viel zu viel Zeit mit der Liberalisierung.Mal jätete man alte Wertvorstellungen nicht gründlich genug aus, mal kompensierte man das schlechte Gewissen, unter dem man sehr zu recht litt, mal überließ man Wichtiges der Praxis-nicht die dümmste Lösung-, mal verlor man sich in Detailbestimmungen....Man legiferierte stets mit den bestmöglichen Absichten-aber über weite Strecken nicht mit dem bestmöglichen Ergebnis.
Dazu mag acu beigetragen haben, das Anpassungen, die eine Liberalisierung anstreben, es deutlich schwerer haben als andere Anpassungen.Kein Staat zieht sich gerne aus einem Bereich zurück, den es bisher regelte.Egal wie viel von Liberalisierung die Rede ist.Nicht der Abbau von Verboten ist die Regel, sondern deren Ausbau, erfolge er schleichend und kontinuierlich, oder erfolge er in massiven Schritten.So lassen sich denn auch viel leichter Beispiele für neue Verbote finden als für Liberalisierungen.
...Umgekehrt äußern sich Berichte über liberalisierte Bereiche meist über Gebühr kritisch, skeptisch, pessimistisch.
Der erschienene Bericht der deutschen Bundesregierung über die Situation nach Einführung des liberalisierten Prostitutionsgesetzes liefert einprima Beispiel. Schließlich steht niemand gerne als Trottel da.Das gilt auch für den Staat als Gesetzgeber.
So stellt der Bericht der deutschen Bundesregierung über die Zeit nach der Einführung des Prostitutionsgesetzes in positivem Sinne klar, dass die befürchtete Zunahme von Milieudelikten ausgeblieben sei.Der umfangreiche Bericht beleuchtet dann die Liberalisierung des europäischen Freizügigkeitsverkehrs und insbesondere ihre Folgen für Prostituierte aus den Oststaaten, die in der gleichen Zeit stattfand. Wir haben also für die maßgebliche Zeit einen ganz neuen und gewichtigen Faktor zu beachten-die Aufnahme von neuen EU-Ländern mit den entsprechenden Konsequenzen für die Freizügigkeit.
Aber sein Einfluss lässt sich statistisch nicht isolieren:
Gewährund der Freizügigekit und Einführung des Prostitutionsgesetzes sind zeitlich zusammengefallen.
Die Bundesregierung ist mit dem Erfolg unzufrieden und sieht Handlungsbedarf:Der Erlass neuer Bestimmungen-so einer Strafnorm für Freier, welche so genannte Zwangsprosituierte aufsuchen-dränge sich auf.Es wird beklagt, dass die Gesamtzahl der Milieudelikte nicht abgenommen habe. Aber darf man wirklich von einem Misserfolg reden?Vorher wäre doch zumindest zu fragen, wie der Halbweltverbrechensmarkt heute aussähe, wenn es die mit dem Prostitutitonsgesetz verbundenen Liberalisierungen nicht geben würde.Man darf annehmen, dass die heutige Bilanz viel positiver lautet, als gleichbleibende Zahlen stehen für einen gewaltigen Erfolg, falls sich plausibel zeigen lässt, dass ohnen die Liberalisierung ein deutlicher Anstieg zu erwarten gewesen wäre. Und genau dies ist vorliegendenfalls anzunehmen!"

Liebe Grüße
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#303

Beitrag von Aoife »

Danke, fraences!

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fraences hat geschrieben:Kein Staat zieht sich gerne aus einem Bereich zurück, den es bisher regelte.Egal wie viel von Liberalisierung die Rede ist.Nicht der Abbau von Verboten ist die Regel, sondern deren Ausbau, erfolge er schleichend und kontinuierlich, oder erfolge er in massiven Schritten.So lassen sich denn auch viel leichter Beispiele für neue Verbote finden als für Liberalisierungen.
Bei dieser Aussage sollten wir jedoch im Auge behalten, dass es "den Staat" in dieser Form, als empfindenden Akteur, nicht gibt.
Es sind immer diejenigen Personen, die von der Unterdrückung anderer profitieren, die Lieberalisierung blockieren. Auch diejenigen, die noch nicht gemerkt haben, dass es auch dann um ihre Rechte geht, wenn sie (noch?) nicht unmittelbar betroffen sind, während sie hoffen aus der Unterdrückung anderer einen Vorteil ziehen zu können.

Ginge es wirklich nur um die Achtung der Menschenrechte von uns zahlenmäßig absolut unbedeutenden Prostituierten, so würde der deutsche Staat sich niemals die Blöße geben, regelmäßig von UNO-Kommissionen für diese Menschenrechtsverletzungen kritisiert zu werden. Gerade die konsequente Beachtung des ProstG's auf allen Verwaltungsebenen wäre eine symbolhafte Liberalisierung, mit der der Staat sich als äußerst fortschrittlich darstellen könnte, ohne irgend einen bedeutenden Teil seiner Macht über die Gesamtbevölkerung aufzugeben. Hier wird offensichtlich Politik für einige wenige Nutznießer der Prostitutionskontrolle gemacht, zumindest auf Landes- und kommunaler Ebene. Auf Bundesebene betreiben nur Kirchen und BKA eine weitergehende Prostitutionskontrolle, während die Gesundheitsministerkonferenz diese Absichten zurückweist und die Justizministerin keinen derartigen Handlungsbedarf sieht.

Letzlich wird aber das Volk entscheiden, wann ihm (völlig unabhängig vom Thema Prostitution) die schleichende Ausweitung der Verbote mehr Hoffnung und Lebensqualität nimmt, als ruhige Verhältnisse rechtfertigen können.

Liebe Grüße, Aoife
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#304

Beitrag von fraences »

Die Liberalisierung ist ja grad , was der Staat nicht will. Unsere Gesellschaft ist durchzogen von Ängsten. Mit dem kann der Staat ja alles begründen, für die Sicherheit sinnlose, überzogende , stupide Vorschriften und Gesetze zu machen.
Da wird nur in eine bestimmte Blickwinkel hin geschaut. Es gehört daher zu unsere Aufgaben das ganze in ein realistisches Licht zu setzen.

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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

#305

Beitrag von softeis »

von Steuergeldern bezahlter Arbeitszeit
Ähem Steuern .. off Topic:

Bruttoinlandsprodukt: 2404,4 Mrd.
Durchschnittliche Abgabenlast ca. 70%

Wieso ca 70%? Bedenke: 19% alleine MwSt. Knapp 86% auf Sprit, EkSt, Lst, Kfz, 52% auf Zigaretten, 24% auf Musik etc. Hunderte Sondersteuern, .. 66% aus der Ges. KV ist Sonderabgabe, nur der Rest geht tatsächlich ins Gesundheitssystem usw usw. Es sind ca. 70% Abgaben an die Staatskasse, ihr könnt es einfach mal so glauben bitte.

Im Grunde könnte man dieses Verhältnis auch so berechnen: Unterschied zwischen Herstellungspreis einer Ware oder Dienstleistung und dem, was es dem Endverbraucher kostet abzüglich Gewinne zuzüglich Gewinnsteuern. Aber auch die Gewinne werden dann wieder ausgegeben und die Litanei beginnt von vorne ... kann mir wer folgen? Eine Packung Zigaretten kostet in der Herstellung 8 Cent. Verkaufspreis 5.- Euro (davon Steuern Euro 2,60)

Also:

2404 Mrd. das ist diese Zahl: 2.404.000.000.000
70% davon sind:
1.682.800.000.000 im Jahr (1.682,8 Milliarden)
4.610.410.958 am Tag (4,6 Milliarden)
192.100.456 pro Stunde (192,1 Millionen)
3.201.674 pro Minute (3,2 Millionen)

Bringt mir einen Finanzexperten unserer Regierung der mir erklärt wie Deutschland 3.200.000 Euro pro Minute an Steuern und Abgaben einnehmen kann und gleichzeitig angeblich unsere Kassen leer sind :017 Das übrige Geld "versickert" in Kanäle, von denen wir vermutlich nie erfahren werden. Mubarak ist dagegen nur ein Hartz4-Empfänger.

Ich glaube diesem ganzen Politiker-Popanz kein einziges Wort :012

:008
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz

#306

Beitrag von Aoife »

Danke, softeis!

Deine Zahlen zeigen, dass der Ruf nach mehr Steuergerechtigkeit seitens der ehrlichen Steuerzahler ein erfolgreiches Beispiel für "Teile und herrsche!" seitens der Politiker ist.

Bei neutraler Betrachtung sollte man doch erwarten, dass der Steuerzahler lieber den Aufstand proben würde, als seinen Ausbeutern auch noch Beifall zu zollen, wenn sie die Erfassung von einigen wenigen unangemeldet tätigen SW als hehres Ziel der Gerechtigkeit verkaufen wollen ...

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#307

Beitrag von alana »

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Aoife hat geschrieben: Alana, du hast anscheinend ein sehr positives Menschenbild :003
Leider sind es die die weniger netten Menschen, die Entscheidungen für den Rest treffen.

Aoife hat geschrieben:Ich vielleicht auch, wenn ich denke, dass so dumm gar niemand sein kann :002
Wenn ich mir die Aktionen der Politiker in den letzten Jahren so ansehe, dann habe ich den Glauben verloren, in dieser Politiker-Kaste irgendeinen Schimmer von Intelligenz zu finden.

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#308

Beitrag von fraences »

ProstG hat keine Einfluß auf Eintragungen im Strafregister.

Straftaten auf Förderung der Prostitution und Zuhälterei die vor dem ProstG verurteilt worden sind, bleiben trotz Gesetzesänderung weiter als Eintrag im Strafregister.

Gruß Fraences
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Querverweise

#309

Beitrag von Marc of Frankfurt »

ProstG gilt seit 2002:
www.sexworker.at/prostg

Verschärfte Menschenhandels-Paragraphen im StGB seit 2005
(Sonderschutzaltersgrenze für Prostituierte 21 Jahre):
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=81901#81901

Merkblatt Menschenhandel Dortmunder Mitternachtsmission 2008:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=44253#44253

Menschenhandelsurteil Schöffengericht Rosenheim 26.04.11:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=97926#97926

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#310

Beitrag von Aoife »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:ProstG gilt seit 2002:
www.sexworker.at/prostg
Formaljuristisch ist dies bei rein innerdeutscher Betrachtungsweise der Rechtsentwicklung schon richtig.

Da jedoch das ProstG u.A. auch nach Anmahnung der entsprechenden Menschenrechte durch die UNO erst geschaffen wurde, und Menschenrechte sich nicht entwickeln, sondern vorbestehend sind, halte ich es für durchaus möglich, dass auf entsprechender internationaler Ebene hier ein Erfolg erzielbar wäre.

Wenn also jemand gewillt wäre, den langen Weg durch die Instanzen zu gehen, so wäre es schon denkbar, dass beispielsweise eine Vorstrafe wegen Bereitstellen von Kondomen vor 2002 aus dem Register gestrichen werden muss.

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#311

Beitrag von fraences »

Ich werde mich mal rechtlich beraten lassen, wie eine Löschung des Eintrages im Strafregister möglich ist.

Gruß Fraences
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#312

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Politische Macht der Justizminister (Regierung, Exekutive) über Staatsanwälte und Gerichtsverfahren (Justiz, Judikative)


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Öffentlich werden politische Weisungen an Staatsanwälte fast nie. Staatsanwälte dürfen darüber keine Auskunft geben. „Am häufigsten und am gefährlichsten sind verdeckte interne Weisungen“, berichtet der ehemalige Augsburger Staatsanwalt Winfried Maier (wurde ausgebremst bei CDU-Spendenaffäre rund um Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber). „Das kann zum Beispiel eine telefonische Bitte des Vorgesetzten sein, etwa die Anregung, kein Ermittlungsverfahren einzuleiten.“ Die Staatsanwaltschaft müsse bei ihren Ermittlungen „auch das Kräftefeld der politischen Bestrebungen mit in ihre Erwägungen aufnehmen“, erklärte der ihm vorgesetzte Generalstaatsanwalt später in entlarvender Offenheit. Das beinhalte die Rücksichtnahme auf „Verträglichkeiten“.

Wenn dem jeweiligen Justizminister etwas nicht passt, kann er einzelne Staatsanwälte jederzeit von einem Verfahren abziehen und es einem anderen Staatsanwalt übertragen, ohne Begründung. Da Staatsanwälte bei politisch brisanten Ermittlungen oder Verfahren von öffentlichem Interesse ihre Vorgesetzten, bis hinauf zum Landesjustizminister, oft vorab über geplante Ermittlungsschritte informieren müssen, können diese sich mit ihren Ministerkollegen und Parteifreunden austauschen und jederzeit einschreiten.

Im Hintergrund droht die Karrierekeule: Die Justizminister ernennen, befördern und versetzen die Staatsanwälte. „Dieses Beförderungssystem verbiegt manchem Kollegen das Rückgrat“, sagt Klaus Pförtner, bis 2009 Oberstaatsanwalt in Frankfurt. „Die Staatsanwälte wissen, dass in diesem System nicht unbedingt die Guten aufsteigen, sondern die politisch Erwünschten. Dadurch wird die Staatsanwaltschaft deutlich geschwächt.“ Vor allem in Fällen mit Wirtschafts- und Politik-Bezug seien Staatsanwälte politischem Druck ausgesetzt. ...

Öffentliche Aufmerksamkeit ist wichtig. Die Staatsanwaltschaft kümmert sich nur dank umfangreicher öffentlichen Berichterstattung in den Medien konsequent um die Aufarbeitung eines Skandals.

www.wiwo.de/finanzen/wie-politiker-staa ... en-471818/





Abhängigkeiten der deutschen Justiz
Lothar Gutsche, 15.08.2010
www.cleanstate.de/Abhaengigkeiten_der_d ... ustiz.html

Cleanstate, Verein gegen Korruption und Filz in Politik und Wirtschaft
www.cleanstate.de





Behaupteter politisch motivierter Missbrauch des Strafrechtssystems in Mitgliedstaaten des Europarats 2009:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=84541#84541

Angenommene Bundesratsvorlage zum ProstG
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=7572

Gemeinsam gegen neue Polizeigesetze zur Prostituton
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=8055

Runder Tisch Prostitution NRW
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=7496

Prostitutionsgesetze, Urteile und ProstG
www.sexworker.at/prostg

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Dissertation Ina Hunecke, Uni Kiel

#313

Beitrag von ehemaliger_User »

Hat jemand die Zeitschrift "Neue Kriminalpolitik" Band 3 / 2011 mit dem Aufsatz von Ina Hunecke bzw. ihre Dissertation?

Die Mehrzahl der Prostituierten sind keine Opfer, wieso tut sich die Gesetzgebung so schwer, diese Branche angemessen zu regulieren?

Dissertation von Ina Hunecke
Das Prostitutionsgesetz und seine Umsetzung - Was hindert unterstützende Netzwerke an konstruktiven Vorschlägen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und wieso dominieren Forderungen nach strafrechtlichem Opferschutz und Hilfe zum Ausstieg?, Dissertation Universität Kiel (2011), erschienen in: Criminologia, Interdisziplinäre Schriftenreihe zur Kriminologie, kritischen Kriminologie, Strafrecht, Rechtssoziologie, forensischen Psychatrie und Gewaltprävention, Hamburg (2011).

Dr. Ina Hunecke erhilet für diese Arbeit den Genderforschungspreis 2011.

Ina Hunecke
Das Prostitutions­gesetz und seine Umsetzung
Was hindert unterstützende Netzwerke an konstruktiven Vorschlägen zur Verbesserung der Arbeits­bedingungen und wieso dominieren Forderungen nach strafrecht­lichem Opferschutz, ausländer­rechtlichem Bleiberecht und Hilfen zum Ausstieg?
CRIMINOLOGIA – Interdisziplinäre Schriftenreihe zur Kriminologie, kritischen Kriminologie, Strafrecht, Rechtssoziologie, forensischen Psychiatrie und Gewaltprävention, Band 19
Hamburg 2011, 480 Seiten,
ISBN 978-3-8300-5766-6
118,00 € inkl. MwSt.
http://www.beck-shop.de/Hunecke-Prostit ... ct=9109003

Zum Inhalt
Prostituierte/Sexarbeiter(innen) waren und sind eine kaum organisierte Minderheit, deren Anliegen selten ernstgenommen und berücksichtigt werden und wurden. Daran hat auch das im Jahre 2002 in Kraft getretene ProstG nur auf den ersten Blick etwas geändert. Die Sexarbeit ist weiter umstritten und wird meist in einem Atemzug mit Menschen­handel, Zwangsprostitution und Kriminalität genannt. Dass es aber durchaus viele Sexarbeiter(innen) gibt, die sich diese Art der Erwerbs­tätigkeit selbst gewählt haben, wird dabei aus dem Blick verloren; dabei zielt das ProstG gerade auf diese Gruppe ab.

Für gesetzliche Änderungen im Bereich der Sexarbeit wird als Grund oft angeführt, dass eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in diesem Bereich erreicht werden soll. Tatsächlich werden die Änderungen aber zur Erreichung ganz anderer Ziele genutzt. Die Beleuchtung dieses Umstandes sowie die Frage wie und von wem das ProstG bis heute implementiert wurde, ist Gegenstand der Untersuchung.

Im historischen Teil zur Lebenswelt der Prostituierten und der mit ihnen in Zusammenhang stehenden Gesetzgebung ab 1865 wird deutlich, dass die Diskussionen und die dort angeführten Argumente der Gegenwart weitgehend mit denen des ausgehenden 19ten Jahrhunderts identisch sind.

Ein Gesetz ohne Implementierung ist nur beschriebenes Papier, daher werden die möglichen und tatsächlichen Implementationsakteure mit ihren Zielen, Vorstellungen und Projekten beleuchtet. Es wird auch hinterfragt, wie die Sexarbeiter(innen) zum ProstG stehen und ob bzw. wie sich das ProstG auf ihre Arbeit ausgewirkt hat. Darüber hinaus erfolgt eine exemplarische Darstellung verschiedener Veröffentlichungen aus neuerer Zeit zur Thematik der Sexarbeit.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass auch heutzutage viel über, aber selten mit den in der Sexarbeit Aktiven gesprochen wird und es sehr fraglich ist, ob sich die Ziele des ProstG mit den Bedürfnissen der Sexarbeiter(innen) decken.
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#314

Beitrag von Zwerg »

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ehemaliger_User hat geschrieben:Hat jemand die Zeitschrift "Neue Kriminalpolitik" Band 3 / 2011 mit dem Aufsatz von Ina Hunecke bzw. ihre Dissertation?
Frau Ina Hunecke hat mich vor einigen Tagen angerufen und wir haben ein kurzes Interview über die Organisation unseres Forums (und auch des Vereines) geführt. Ein Teil der Fragestellung befasste sich mit meiner Person (wieso gerade ich) bzw. mit den ersten (Erfolgs-)Schritten des Forums im WWW. Was war der eigentliche Gedanke - und wie hat sich Dieser im Laufe der Zeit geändert.

Leider sind unsere Aussagen für die Dissertation zu spät erfolgt. Dort findet man, in Bezug auf uns, einige Unschärfen bzw. falsche Darstellungsweisen. Zum Beispiel, dass eine Verbandsgründung (???) von sexworker.at auf Grund von organisatorischen Schwierigkeiten (???) in Würzburg (???) gescheitert sei.... und das wir überlegen würden einen Verband (???) zu gründen. Einmal ist auch die URL falsch angegeben. Sonst ist die Dissertation in vielen Bereichen vom Feinsten!

Frau Hunecke hat mir als Dankeschön für das Interview ihre Dissertation in Buchform übersandt und ich habe es nicht bereut, sie gelesen zu haben.

Liebe Grüße

christian
Zuletzt geändert von Zwerg am 31.10.2011, 11:08, insgesamt 2-mal geändert.

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Unsere Versorgung mit Fachliteratur

#315

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Sie war Doktorandin bei Prof. Monika Frommel, Kriminologisches Institut Uni Kiel , die sich bekanntlich für die Sache der Sexworker kritisch einsetzt.


Hört sich spannend an, dass also auch zu sexworker.at recherchiert wurde. Gut dass du da Kontakt bekommen hast und somit das Forum erstmals(?) in einer Diss Erwähnung gefunden hat.

Da das Fachbuch nicht preiswert ist, sollten wir darüber nachdenken, wie eine Literaturversorgung per Verteiler (Post oder bei Treffen) unter dem Admina-Mods-und-Freunde-Team organisiert werden kann, damit alle reihum es ansehen oder studieren können...

Wir haben leider als loses, digitales, verteiltes Netzwerk den strukturellen Nachteil was traditionelle ausgedruckte und hochangesehene Fachliteratur betrifft: nämlich immer noch nicht über eine für alle erreichbare Mediensammlung oder Bibliothek (inkl. Fernleihe) zu verfügen so wie manch gut sortierte Beratungsstelle, Uni oder Gewerkschaft.

Eine Liste von Sexworker Forum Vereinsbüchern und Medien der User und Vereinsmitglieder, die diese bereit sind intern auszuleihen, wäre da sicher ein guter Anfang...

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Rechtsgutachten

#316

Beitrag von ehemaliger_User »

Humboldt Universität Berlin, Kriminalpolitisches Forum
Juristische Fakultät
Der Dekan - Prof. Dr. Bernd Heinrich
Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Urheberrecht

Notwendigkeit der Strafverschärfung von Zwangsprostitution
Stand Juli 2008
http://heinrich.rewi.hu-berlin.de/doc/f ... tution.pdf

Eine Forderung der Verfasser, die Schutzaltersgrenze auf 18 Jahre anzuheben wurde 2009 umgesetzt.
Dateianhänge
Zwangsprostitution.pdf
(140.35 KiB) 343-mal heruntergeladen
Zuletzt geändert von ehemaliger_User am 24.11.2011, 17:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Diagramm Kriminalstatistik

#317

Beitrag von ehemaliger_User »

Hab mal die Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik für Zuhälterei nach § 181 StGB 1987 bis 2010 und ab 2005 nach § 232 (Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung) grafisch aufbereitet.
Daraus ist ersichtlich, dass das Argument, Zuhälterei könne nicht mehr verfolgt werden, einfach nicht stimmt. Die Fallzahlen für Menschenhandel sind nach der Einführung des § 232 2005 stark nach oben geschnellt.

[Nachtrag: Danke Marc für die Ergänzung!]
Zuletzt geändert von ehemaliger_User am 24.11.2011, 19:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Danke ehemaliger_User für das Chart

#318

Beitrag von Marc of Frankfurt »

ehemaliger_User hat geschrieben:Hab mal die Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik für Zuhälterei nach § 181 StGB 1987 bis 2010 und ab 2005 nach § 232 (Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung) grafisch aufbereitet.
Daraus ist ersichtlich, dass das Argument, Zuhälterei könne nicht mehr verfolgt werden, einfach nicht stimmt. Die Fallzahlen für Menschenhandel sind nach der Einführung des § 232 2005 stark nach oben geschnellt.
Danke für das PDF. Hier das Diagramm noch deutlicher beschriftet.





Wesentlicher Aspekt und Tatbestandsmerkmal bei Menschenhandel ist die hoch gesetzte Altersgrenze 21 Jahre statt nur Volljährigkeit 18 Jahre.

Deutlich zu erkennen ist die Täter-Opfer-Relation (Farbe Blau zu Rot) d.h. ca. gleichviele Täter-Männer wie Opfer-Frauen (i.a. in dieser Geschlechtszuordung bereits im Palermo-Protokoll definiert). Das ist ein Hinweis und Argument was für soziokulturelle informelle Migrationsnetzwerke aber gegen organisisertes Verbrechen (Mafia) spricht.

Geschichtstafel Prostitutionsgesetze ab 1800:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=81901#81901

1989 Wiedervereinigung
bis 1990 Statistikzahlen Westdeutschland
1990-01 Statistikzahlen Westdeutschland und Gesamtberlin
ab 1992 Statistikzahlen Gesamtdeutschland

Quelle wie von ehemaliger_User angegeben:
www.bka.de/nn_193236/SharedDocs/Downloa ... undtabelle

Übersichtsposting Kriminalstatistik:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=81150#81150
Dateianhänge
Polizeiliche Kriminalstatistik, d.h. bevor die Fälle an die Staatsanwaltschaft zur Prozesseröffnung und evt. Verurteilung abgegeben werden.
Polizeiliche Kriminalstatistik, d.h. bevor die Fälle an die Staatsanwaltschaft zur Prozesseröffnung und evt. Verurteilung abgegeben werden.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 24.11.2011, 22:26, insgesamt 6-mal geändert.

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#319

Beitrag von softeis »

es ist und bleibt alles ein riesengrosser staatlicher schwindel.
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#320

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Bin gefragt worden, ob es das auch auf English gibt?
Ja, hier.





Zitiert werden wir u.a. hier:
http://thierryschaffauser.wordpress.com ... n-germany/
Dateianhänge
Prostitution in Germany: <br />Federal Police Crime Stats
Prostitution in Germany:
Federal Police Crime Stats

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