Short Stories
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So nach Rücksprach mit den Mods und Admins eröffne ich hier jetzt mal einen Treat in dem ich die von mir in meiner Freizeit verfassten Kurzgeschichten hier einstelle; ich erwähnte dieses Hobby (und es ist ein reines Hobby!) im Rahmen meiner Vorstellung.
Nicht alle, aber manche Geschichten handeln auch von SW und wenige haben es auch schon mal zwischen zwei Buchdeckel geschafft. Die erste Geschichte wurde in einer Anthologie mit erotischen Geschichten veröffentlicht. Hier der entsprechende link zum Buch:
Die Geschichte ist einerseits eine Reminiszens an einen verstorbenen Schuldfreund und andererseits eine Hommage an die wackeren SW vom 17. Juni-Strassenstrich die einen Teil meiner Sozialisation als Kunden geprägt haben.
Ich freue mich auf positive und kritische Reaktionen und wünsche viel Vergnügen
Abschied vom Affenmann
1
Ihr Handy vibrierte. Es war eine nasskalte Novembernacht, zum Glück hatte es vor einer Stunde aufgehört zu regnen. Der Himmel zeigte jetzt größere Risse in der Wolkendecke. .Sie konnte ihren dunkelblauen Regenschirm, der farblich zu ihren Lackstiefeln passte, auf den Kofferraum eines am Straßenrand geparkten Daihatsu abstellen. Doch sie fror noch immer. Eine Windböe rüttelte an dem Anhänger links von ihr; er diente als Werbefläche für einen Energydrink. Scheiße ich geh gleich nach Hause ins Bett, dachte sie und fummelte das Handy aus ihrer rechten Jackentasche. Sie drückte auf NACHRICHT ANZEIGEN:
HEY VICKY! KAFFEEPAUSE? L.G. TRISH
Vicky schaute herüber auf die andere Straßenseite zu ihrer Kollegin, die eigentlich Patricia hieß, aber der festen Meinung war, dass Trish weltläufiger, vor allem aber erotischer klang. Vicky überlegte einen kurzen Moment; die Nacht heute war nicht sonderlich gut gelaufen. Sie hatte gerade mal einen Kunden für 30 Euro im Auto gehabt. Ein Typ, der während sie ihn bediente, ständig etwas von seinem besten Kumpel faselte, der ihn angeblich nach Strich und Faden betrogen hätte. Als er gekommen war, wollte er noch reden. Sie hatte daraufhin angeboten, mit ihm für 75 Euro aufs Zimmer zu gehen. „Ist gleich da vorne in dem Haus. Dann kannst du mir die ganze Geschichte noch mal in Ruhe erzählen. Da haben wir es warm und gemütlich. Zimmermiete und Getränk inklusive."
"Scheiß Nutten, ihr denkt auch nur Kohle wie alle anderen. Da will man sich mal ausquatschen und wird gleich ausgenommen. Ich..."
„Hör zu", viel Vicky ihm ins Wort und sah ihm fest in die Augen. „Ich bin nicht die Seelsorge und muss auch meine Miete bezahlen. Also entweder wir gehen jetzt da rein, oder du fährst mich zurück an meinen Platz - alles klar?"
„Fick dich doch selbst, du blöde Schlampe!" brüllte er sie an. Erst in diesem Moment hatte sie seine Fahne, sie tippte auf Barcardi-Cola, bemerkt und hätte gewarnt sein müssen.
Sie wandte sich ab und wollte die Wagentür öffnen. „Also diesen Scheiß brauch ich mir nicht bieten zu lassen."
Was ist, wenn er jetzt die Innenverriegelung auslöst?, schoss es ihr durch den Kopf. Einen Augenblick herrschte gespannte Stille. Der Mann starrte auf die Windschutzscheibe und murmelte irgendetwas Unverständliches. Eine Hand umklammerte das Lenkrad, die andere konnte Vicky nicht sehen. Gleich ist es soweit! Er wird die Türen verriegeln und über mich herfallen. Wie konntest du auch so blöd sein. Nie wolltest du was im Auto machen - nie! Das hast du jetzt davon und deine Reizgasflasche hat Trish... Der Knopf blieb oben. Vicky schob sich blitzschnell heraus und knallte die Tür so heftig zu, dass sie sich beinahe ihre Schulter auskugelte. Dann trat sie mit ihrer Stiefelspitze gegen den Kotflügel, bevor der Wagen mit quietschenden Reifen davon fuhr.
„ARSCHLOCH!", rief sie ihm nach. Das kurz aufkeimende Triumphgefühl, das blauen Lack auf Metallicrot treffen ließ, erlitt gleich darauf einen herben Dämpfer. Ein Regenschauer unerwarteten Ausmaßes ergoss sich über sie und begleitete Vicky, deren Tauf- zugleich ihr „Künstlername" war, zurück an ihren Standplatz. Dort hatte sich die Nacht bisher nicht sehr unterhaltsam gestaltet; ein sächsischer Tourist hoppelte mit seinem Wartburg an Vicky heran und erkundigte sich nach einer Spätverkaufsstelle und drei junge Türken, es konnten auch Araber sein, fuhren mit ihrem weißen BMW mindesten ein Dutzend mal laut hupend an ihr vorbei. Das war alles. Ja, es war eindeutig Zeit für einen heißen Kaffee.
OKAY! KOMMST DU RÜBER? V.
Trish stakste auf schwarzen High Heels heran. Sie war schon in Rufweite, als ein rhythmisches Wummern die Nacht beschallte. Vicky wandte sich in Richtung der Geräuschquelle, das Handy noch immer in der Hand - 01 Uhr 08 - konnte jedoch zunächst nichts erkennen.
„Sind dit wieder die Kanaken in ihrem BMW?"
„Nee, glaub nich Trish. Das scheinen zwei Radfahrer zu sein, siehst Du!?" Vicky deutete auf den Fahrradweg, auf dem sich zwei helle Lichtpunkte parallel auf sie zu bewegten. Die Musik wurde lauter, das Licht greller und war inzwischen als Halogenscheinwerfer zu identifizieren. Der Lärm war nun unerträglich.
I´m breaking the habit, I ´m breaking the habit toni...
„Hallo Mädels!"
Vor ihnen erschien ein junger Mann in schwarzer Motorradjacke und Cowboystiefeln, der einen Elektrorollstuhl in eine rollende Stereoanlage verwandelt hatte. Sein durchnässter Haarsschopf klebte in der Stirn und sein schwarzer verwischter Lidschatten stand in krassem Gegensatz zu seinem machohaftem Auftreten. Ein Umstand den Vicky und Trish jedoch aus langer Erfahrung einschätzen konnten. „Mann, du machst ja ganz schönen Alarm um diese Uhrzeit." Trish lächelte den Mann im Rollstuhl vor ihnen herausfordernd an. Der hatte seinen Recorder inzwischen ausgeschaltet.
„Ja, sorry, aber Linkin Park muss man einfach in dieser Lautstärke hören. Und dieses Stück ist besonders geil."
„So spät noch unterwegs? Kommst du von einer Party?" Obwohl Vicky nach ihrem Kaffee dürstete, schaltete sie sich ganz ihrem Instinkt folgend in das Gespräch ein. Eigentlich hatte sie heute Abend keine Lust auf die Krüppelnummer, aber jeder, der anhielt, war ein potentieller Freier.
„Genau genommen dachte ich, die Party steigt bei euch."
„Echt? Hast Du Lust was zu machen?" fragte Vicky jetzt in freudiger Erregung.
„Eigentlich schon. Wie teuer ist es denn?"
„75 auf ´m Zimmer, Miete und Getränk inklusive. Und dein Gefährt schaffen wir auch irgendwie rein. Ist nur eine winzige Stufe am Eingang, aber wir haben einen starken Mann, der hilft uns. Kriegst ne schöne Handentspannung, nettes halbes Stündchen..."
„Ich hab 300 dabei."
Trish, die sich aus den Verhandlungen bisher raus gehalten hatte, konnte jetzt nicht mehr an sich halten. „Das reicht ja für uns beide", platzte es aus ihr heraus. „Schon mal was mit zwei Frauen gemacht?"
„Also soo nach Party ist mir auch wieder nicht. Ich würd’s gern erst mal mit einer versuchen. Wie war noch mal dein Name?" Damit wandte sich Sammy, so nannte er sich, endgültig Vicky zu.
„Den hab ich noch gar nicht gesagt. Ich bin die Vicky, aber haste nicht doch Lust mit uns zwei Hübschen mitzukommen? Wir würden uns gern um dich kümmern. Bei der Kohle haben wir ’n nettes Stündchen!"
„Das ist lieb gemeint Vicky. Ich glaube nur, meine Kondition reicht nicht für euch beide. Bin zurzeit etwas aus der Übung..." Ein Hustenanfall unterbrach ihn. "...ich heiße übrigens Sam... Sammy."
„Hallo Sammy. Aber wir sollten mal los, sonst erkältest du dich noch. Ist nicht weit, gleich da vorne. Wir kriegen dich schon auf Touren."
„Nee, lass gut sein Vick. Da hinten wartet ´n Stammkunde auf mich. Also haut schon ab. Viel Spaß!" In diesem Moment klingelte auch schon Trishs Handy. „Ja, hey, ich hab dich schon gesehen Schatz! Ich komm gleich rüber zu dir - Ciao! Nun geht schon. Wir holen unsere Pause nach."
Und bevor Vicky noch irgendwas erwidern konnte begab sich Trish ungelenk wieder auf die andere Straßenseite.
„Geh’n wir?", fragte Sammy, dem jetzt langsam kalt wurde.
„Na los! Bist Du öfters so spät unterwegs?"
„Gelegentlich. In letzter Zeit häufiger, ich schlaf nicht so gut."
„Musst mal Holundertee probieren. Bei mir wirkt der Wunder."
„Ich mag keinen Tee."
„Lavendelkissen sollen auch helfen. Hab ich irgendwo gelesen."
„Oder Sex", entgegnete Sammy und lächelte sie verstohlen an. Vicky musste lachen.
„Ja, oder Sex. Warst du schon mal bei uns?"
„Nein, aber ich war schon mal im Pu... Ich meine im...“
„Ist schon okay. Ich steh zu dem, was ich mache, weißt du."
„Hmm...", wieder befiel Sammy eine kleine Hustenattacke.
„Klingt ja böse der Husten. Mit dir ist doch alles in Ordnung? Ey, steck mich bloß nicht an. Ich kann mir jetzt nicht erlauben, krank zu werden."
„Nein, keine Sorge. Hab etwas Schluckbeschwerden. Nichts von Belang. Wie läuft’s denn so heute Abend?"
„So lala. Vorhin hatte ich so ´n Arsch, der feilschen wollte. Stinkbesoffen. Also auf so was steh ich ja nun gar nicht. Ansonsten bist du jetze der Einzigste."
„Dann bin ich ja so ’ne Art Glücksbringer."
Vicky lachte wieder. „Ja, könnte man schon so sehn. So, da vorn ist es. Können wir deinen Stuhl im Treppenhaus lassen? Da drinnen bei uns ist es ziemlich eng. Ich geh rasch rein und hol jemand, der dich aufs Zimmer trägt. Ist das in Ordnung für dich?"
„N… Null Problemo..." Erneut unterbrach ihn der Hustenreiz.
Na Mahlzeit! Wenn das so weitergeht... Ich weiß ja nich. Aber freakig sieht er aus mit seinem kleinen rosa Haarschopf. Und die beiden großen Boxen und der Fuchsschwanz, irgendwie cool. So einen aufgemotzten Rollstuhl hab ich noch nie gesehen, dachte Vicky bei sich. „Also, ich sag rasch Bescheid."
Im Flur traf Vicky auf ihre Kollegin Vanessa, die sich vor einem ovalen Garderobenspiegel ihren flachsblonden Haaraufsatz durchkämmte. Und neben ihr Pam, die sich ihre Lidstriche nachzog und sie freudestrahlend begrüßte: „Hey Vick. Hab mir mal deinen Eyeliner geliehen, meiner war leer. Ich muss wieder raus. Läuft beschissen heut Nacht. Nachher noch quatschen?"
„Mal sehen. Wo is´n Ronnie...? RONNIIIE! BRAUCH MAL DEINE HILFE!"
„Sag mal, ich hab gehört, du hast jetzt das große Los gezogen? Hat der Spasti nich Bock aufn Dreier?"
Spricht sich ja schnell rum. Und wenn schon. Ich hab aber keinen Bock auf dich, blöde Kuh, dachte Vicky.
„Tut mir leid Vanessa, aber der Spasti steht nicht auf blond. Außerdem bleibt bei ´ner ganzen Stunde auch noch Zeit für Konversation und wir wollen dich nich überfordern."
Pam hob anerkennend den Daumen.
„Also, wo ist denn jetze Ronnie?", fragte Vicky ungeduldig.
„Ich glaube hinterm Tresen. Bis nachher, okay!?" meinte Pam.
„Blöde Fotze!" Vanessa setzte sich ihre Haare auf und ließ die beiden stehen.
„Tschüß Pam. Bis nachher. RONNIEE! Mensch da bist du ja..."
„Mann, wat schreist ’n so? Will dir wieder eener an die Gurgel?"
„Sehr witzig! Ich hab ´n Gast im Rolli. Der muss aufs Zimmer irgendwie. Welches ist denn frei?"
„Na, am besten gleich vorne in die 1. Is groß jenuch und ick muss ´n nich so weit schleppen. Wo is er denn?"
„Er wartet hier im Treppenhaus. So, da sind wir wieder. Das ist der Ronnie. Der hilft uns rein jetze."
„So Meister, wie machen wa ´n dit? Am besten Huckepack wa?"
„Besser wäre, wie der Bräutigam die Braut...". Abermaliges Husten erstickte auch diesen Satz.
„Na jut, aber ´n Antrag mach ick dir nich. Ohhh! Mann hast aber jut jefrühstückt heut morgen. Halt ma uff die Tür da!", Vicky machte einen Satz nach vorn und stemmte sich gegen die Tür.
„Auweijaa, soll´n wir helfen?" Eben trafen auch Trish und ihr Stammgast ein.
„Na, ihr beede müsst jetzt och hier durch. Na los, schnell, aber nich hier vorne. Det is für ihn hier resaviert. Hinten die 6 is frei. So nu mach hinne."
„Na komm, Schatz, hier geht´s lang. Weißt ja schon bescheid. Ciao Vick!"
„Ciao Trish, bis später!" Mann, ist das ein Aufwand. Für zwanzig Minuten hätte ich den, glaube ich, nicht betrieben. Andererseits, die zweihundert kann ich gut gebrauchen, so beschissen wie das heute Nacht gelaufen ist. Und der Typ scheint ja ganz witzig zu sein mit seinem Chopper. Bisschen wortkarg, aber wenigstens nicht so ´n Labertyp von wegen ick will eigentlich nur reden und nich ficken. Die können mir heute echt gestohlen bleiben und dann am besten noch die Kohle wiederhaben wollen - nee danke! Aber auch damit scheint er ja keine Probleme zu haben. Sieht gar nich so wohlhabend aus....
...der Krüppel. Genau das geht ihr jetzt sicher durch den Kopf, so wie die mich anlächelt. Oder sie denkt sich: Ausgerechnet mich muss der nehmen. But sex sells and money talks . Und ich kann nicht mehr länger warten. Ich kann (!) es einfach nicht. Hoffentlich geht alles gut. Es muss einfach. Es muss (!). Die Nacht der Nächte ist angebrochen. Nacht der Nächte...
Als er in Ronald Mahlows (genannt Ronnie) Armen die Schwelle überschritt, konnte Sammy Vickys Gesichtsausdruck einen kurzen Moment beobachten. Sie zwinkerte ihm aufmunternd zu. Doch dann sah er nur noch Deckenschmuck umringt von heran kriechendem Schimmelpilz, und ein beißend-süßlicher Geruch überdeckte selbst das Eau de Toilette seines keuchenden Trägers. Obwohl Ronnies Statur anderes vermuten ließ, legte er Sammy verhältnismäßig sanft auf dem französischen Bett ab.
Behände hüpfte Vicky neben ihn und legte zwei Kissen unter seinen Kopf. Die erste Berührung(!). Sammy hoffte inständig, dass es nicht die letzte gewesen war.
„Is dit jut so? Allet klar, dann sachter Bescheid wenn na fertig seid. Denn helf ick euch wieder raus."
„D...Danke, Ron...Ronnie!" Ronnie pustete einmal kräftig durch und verließ das Zimmer.
„So, wir machen’s uns jetze richtig gemütlich. Liegst du auch wirklich bequem so? Wir haben hier noch mehr Kissen. Ist ja nich wie bei armen Leuten. Na super!" Sie kicherte etwas verlegen.
Sie ist nervös - genau wie ich.
„Pass auf Spatz, bei uns hier läuft das so; der Ronnie kriegt 20, okay, und bezahlen müsstest du vorher."
„Ist schon g... gut! Nimm’s Dir einfach aus meiner linken Innentasche. Es müssten 300 sein." Vicky griff vorsichtig in seine Jackentasche und nahm sich die drei zusammengerollten Hunderteuroscheine.
„Na super! Ich bring’s schnell nach vorne und bin gleich wieder da. Möchtest du vielleicht was trinken, ’n Saft oder ’ne Cola?"
„Ich glaube mit dem Pinkeln wird es hier schwierig für mich. Das lass ich m… mal lieber."
„Scherzkeks! Aber das kriegen wir auch noch hin."
„Nee, nee! Is schon g...gut."
„Okay! Bis gleich! Und fang nich ohne mich an."
Vicky winkte mit den Scheinen. Als sie die Tür hinter sich zu zog, verspürte Sammy einen leichten, stechenden Schmerz in seiner linken Schläfe. Er atmete tief durch, froh, dass ihm ein weiterer Hustenanfall erspart blieb und doch bemerkte er ein leichtes Rasseln in seiner Brust. Nicht jetzt. Nicht in dieser Nacht. Der Nacht der Nächte....
Beim Schlucken schmerzte sein Hals. Er musste viel schlucken. Sein Kopf glühte. Er drehte ihn nach links, sah aber nichts außer einem weißen Korbstuhl. Den Kopf nach rechts gewandt, erblickte er eine rolle Kleenex, einen Aschenbecher und einen Radiowecker (01.32 Uhr). Nein! Nicht jetzt! Nicht bevor es zu Ende ist. Die Nacht der Nächte ist endlich da! Scheiße und ich krieg ne Grippe oder Schlimmeres. Muss durchhalten! Muss! Sammy atmete ruhig. Aus dem Radio drang leise Musik an sein Ohr, konnte das Rasseln in seiner Brust aber nicht übertönen. Die feuchte Kälte der Nacht löste nur langsam ihren Griff von seinen Beinen. Rotz schickte sich an, aus seinem linken Nasenloch hervor zu kriechen. Als er es einsog, schmerzte sein Hals erneut. Ein Gefühl, als wäre ein Tennisball mit Wucht gegen seinen Kehlkopf geprallt, beförderte nicht unbedingt seinen Optimismus, die kommende Stunde heil zu überstehen. Seinen großen Erwartungen drohte schon jetzt, bevor es überhaupt richtig zur Sache ging, der Erstickungstod. Er versuchte sich irgendwie abzulenken und konzentrierte seine Wahrnehmung auf die Mädchen. Ich muss mich irgendwie in Stimmung bringen. Er versuchte sie sich vorzustellen, wie sie lasziv die Straße auf und ab gingen in ihren hautengen Leggings, den Lackstiefeln. Er dachte, an ihre prallen Pobacken und ihren Ausschnitt, die hervorwölbenden Brüste - aber der gewünschte Effekt wollte sich nicht einstellen. Noch immer war ihm heiß und kalt zu gleich. Gerade durchfuhr wieder ein eisiger Schauer seinen Körper, nur für ein Paar Zehntelsekunden zwar, aber doch ausreichend, um seinen Gedankenstrom kurzzeitig zu unterbrechen. Als er aufgebrochen war, vor Stunden, ging es ihm noch ganz gut. Aber eigentlich hatte er sich schon den ganzen Tag nicht wirklich gut gefühlt, wenn er ehrlich war. Und dann noch dieser Regenguss, der ihn kurz vor seinem Ziel überrascht hatte. Er konnte sich nicht unterstellen. Musste die Bahn kriegen, unbedingt (!). Umwege. Hindernisse. Gleich zu Beginn seiner Reise hätte ihn beinahe ein Laster erfasst. Er dachte er käme nie an. Nun war er am Ziel seiner Träume und… kämpfte um sein Überleben. Dieses Unternehmen stand unter keinem guten Stern. Aber Sammy war entschlossen die Sache jetzt durchzuziehen, so oder so. Er hatte das Geld. Er hatte die Gelegenheit. Er war den ersten Schritt gegangen, er war hier! Ich gehe nicht mit leeren Händen, nicht als Verlierer zurück! Niemals! Vielleicht gehe ich nie mehr zurück an diesen - Ort! Zurück zum Affenmann...
Er war auf der Flucht. Das wurde ihm langsam klar. Am Nachmittag hatte ihn seine Mutter besucht - das erste Mal seit vielen Jahren. Er hatte Sie rausgeworfen, wollte ihre Erklärungen und Entschuldigungen nicht hören. Du hast mich dem Affenmann ausgeliefert. Seine Mutter hatte ihm das Geld hingeworfen und war laut schluchzend verschwunden. Dreihundert Euro für zwanzig verlorene Jahre; dieses Geld musste gut angelegt werden, hatte Sammy beschlossen. Es musste helfen, den Affenmann zu vertreiben. Er hatte ihn gesehen, den Affenmann, vergangene Nacht. Sammy erschauderte wieder. Nicht eine drohende Grippe, die nackte Angst befiel ihn, wenn er an dieses Heim, in dem er jetzt lebte, dachte. Schon immer hatte er sich dort unwohl gefühlt, aber seit zwei Tagen durchlebte er dort einen unvorstellbaren Schrecken. Es wurde viel über den Affenmann gemunkelt. Sammy hatte bis zuletzt nicht wirklich daran geglaubt. Aber vorletzte Nacht war er ihm tatsächlich begegnet: Dreht euch nicht rum, der Affenmann geht um... Seine Augen fingen an zu tränen. Und als er sie schloss, strömte plötzliche eine wahre Flut von Bildern in rascher Folge auf ihn ein:
Er liegt in seinem Kinderzimmer im Bett. Er ist ungefähr sechs Jahre alt. Es ist mitten in der Nacht. Ein Mann, der nach Schnaps riecht, kniet vor seinem Bett und spricht zu ihm. Der Mann sagt, er sei Pförtner in einer Klinik. Sammy fragt ihn, ob er sein neuer Papa sei. Der Mann lacht und gibt ihm einen kleinen Schluck Klaren zum kosten. Er spürt den Geschmack von brennendem Anis. Das leise Weinen seiner Mutter dringt aus dem Wohnzimmer an seine Ohren...
Als nächstes liegt er wieder nachts im Bett. Er ist jetzt zwölf oder dreizehn. Es riecht nach Bohnerwachs und Desinfektionsmittel. Er ist nicht in seinem Kinderzimmer. Er ist im Heim. Die Schienen an seinen Füßen tun so weh. Er weint: Mama! Mama! Ich will hier weg! Bitte, bitte! Mama! Ich will wieder nach Hause! Bitte! Mamaaaaaa....!
Wieder im Bett. Keine Schienen mehr, kein Weinen. Er ist ganz allein. Starrt aus dem Fenster. Es riecht muffig. Dann sieht er den Schatten. Den großen schwarzen Schatten. Groß und Schwarz! Dann ein Gesicht. Es ist beharrt Er kann nichts sagen, nicht schreien. Liegt einfach nur da und starrt es an. Irgendwoher kennt er dieses Gesicht. Plötzlich eine Stimme die nicht seine ist, die Stimme eines kleinen Mädchens. Sie kreischt: „DER AFFENMANN WAR DA! DER AFFENMANN WAR DA! DER AFFENMANN!“ Ein hysterisches Lachen dröhnt in seinem Schädel...
„So Schatz, da bin ich wieder. Sorry, hat ’n Moment gedauert aber jetzt gerade ist die Hölle los und ich brauchte auch noch neue Zigaretten. Hab mir ’nen Whisky mitgebracht. War doch okay, oder?"
Sammy machte die Augen auf. Ich darf mir jetzt nichts anmerken lassen, dachte er.
„Alkohol am Arbeitsplatz...?", fragte er und hob tadelnd den Zeigefinger.
Vicky lachte. „Na du bist ja ‚n Witzbold. Aber ich muss mich erstmal ’n bisschen aufwärmen. Rauchst du eine mit?"
„Ich denke, lieber nicht, danke."
Sie zog sich ihre Stiefel aus und legte sich zu Sammy aufs Bett. Sammy konnte nun direkt in ihr Gesicht sehen. Er erkannte braune Augen, sah, dass ihre Haare zum Teil nachgefärbt waren und betrachtete ihre kleine, formschöne Nase. Natürlich trug sie ein Piercing, am linken Nasenflügel. Er atmete wieder tief ein und diesmal blieb der Hustenreiz zum Glück aus. Sie roch nach einem Parfüm, das er nicht kannte.
„Ja richtig, entspann dich erstmal. Kommst du von weit her?"
„Ja, aus dem Norden, Frohnau."
„Frohnau, kenne ich nicht. Und lebst du da allein, oder in so einer Wohngruppe?"
„Etwas in der Art ja. Es gibt Leute, die uns helfen, aber wir können kommen und gehen wann wir wollen. Du kennst dich anscheinend in diesem Bereich aus, oder..." Diesmal verursachte der Zigarettenrauch den nächsten Hustenanfall. Vicky wedelte mit ihrer Hand den Rauch aus seinem Gesichtsfeld. „Entschuldige, ich mach sie besser aus. Wie? Ach so, ich hatte mal ’n Gast, der war Betreuer in so einer Behinderten-WG. Allerdings waren die alle geistig behindert, also das stell ich mir echt hart vor, dort zu arbeiten. Ich könnte das nicht. Darf ich fragen, was du für eine Krankheit hast? Ist das durch ’n Unfall oder...?"
„Ich sage nur, Spas-mus-sein", er versuchte ein verschmitztes Lächeln aufzusetzen.
„Wie?"
„Ich bin das, was man einen Spasti nennt und zwar seit m...meiner Geburt." Schon wieder dieses kurze Ziehen in seinem Kopf, wie ein feiner Nadelstich. Sammy starrte an die Decke. Aus seinem linken Auge ran eine Träne. Vicky strich ihm sanft seine pinkfarbene Haarsträhne aus der Stirn zur Seite.
„Sorry, ich wollte nicht zu persönlich werden. Mann, deine Stirn ist ganz heiß. Bist du auch wirklich in Ordnung?"
„Ja, ja wirklich. Mach dir keine Sorgen. Ich bin etwas nervös, weist du. Ist schon ne Weile her, dass ich... dass ich..."
Jetzt legte sie ihre Finger auf seinen Mund. "Schhh! Ganz ruhig mein Schatz. Wir haben Zeit. Kein Grund nervös zu sein. Was möchtest du denn machen?"
Ficken bis die Welt untergeht, dachte er.
„Ich...ich weiß nicht?"
„Vielleicht französisch. Ich mach mich auch gern frei, kannst mich ein bisschen anfassen, wenn du magst?" Mit routinierter Schnelligkeit hatte sie bis auf ihren blauen Push-up-BH und den schwarzen String-Tanga ihre übrigen Kleider abgelegt. Sammy streichelte mit seinen langen dürren Fingern zwischen ihren Brüsten umher.
„Gefalle ich dir?", fragte Vicky.
„J… ja, sehr!" Seine Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern; doch im Geiste schrie er sie an: Hilf mir! Bitte, hilf mir! Hilf mir, den Affenmann zu vertreiben!
„Okay, dann genieß es jetzt einfach. Mach deine Augen zu."
Ihre Hände glitten über seinen Bauch zwischen seine Beine.
„Wow, da hat es aber jemand nötig. Dann wollen wir ihn mal aus seiner Enge befreien."
In seinem Kopf herrschte jetzt ein ziemliches Durcheinander; Angst und Erregung wechselten einander ab: Ich will meine Augen nicht zumachen. Dann kommt der Affenmann wieder. Er soll aber nicht kommen. Du musst ihn vertreiben. Kannst du es, Vicky? Kannst du den Affenmann aus meinem Kopf vertreiben? Oh ja! Du versuchst es, nicht wahr? Gut! Gut so! Mach weiter! Ich vertraue dir. Und Sammy schloss langsam wieder seine Augen...
Vicky atmete die feuchte Nachtluft ein. Sie fröstelte, trug jetzt
nur ein graues T-Shirt und Leggings. Feiner Nieselregen hatte inzwischen eingesetzt. Vicky war zufrieden. Viele ihrer Kunden hatten vorher ´ne große Klappe und gaben an mit ihrem Riesenschwanz. Hinterher hatten sie es dann eilig weg zukommen und schämten sich fast, bei ihr gewesen zu sein. Dieser Sammy war anders. Er war danach richtig aufgeblüht; er hatte sogar etwas von ihrem Whisky getrunken - ohne zu husten. Sie hatten gemeinsam eine geraucht und er hatte interessante, aber auch traurige Dinge aus seinem Leben erzählt, vor allem über seine Mutter. Weniger sprach er über das Heim, in dem er jetzt lebte. Vor allem aber hatte er danach viel entspannter gewirkt. Das vermittelte Vicky das Gefühl, ihren Job gut gemacht zu haben. Und dieses Gefühl gab der Nacht, die so beschissen begonnen hatte, doch noch eine positive Wendung.
Jetzt standen sie wieder auf der Straße, vor dem Bordell. Vicky hockte sich vor Sammy und sah ihn zärtlich lächelnd an: „So mein Großer, du versprichst mir, dass du dich sofort ins Bett legen lässt, wenn du zu Hause bist okay?" Dann gab sie ihm einen Kuss. „So, jetze bin ich auch infiziert" Sie lachte und stand auf: „Machs gut! War wirklich schön mit dir. Schau mal wieder vorbei."
„S...sicher! Ich fand es auch schön mit dir. D...Danke auch an Ronny für die Mütze"
„Na ja, Mensch, du brauchtest was aufm Kopf. Also ich geh rein sonst erwischt’s mich wirklich noch, tschüß!"
Vicky stand noch einen Moment in der Tür und sah ihm nach. Als sie sich abwenden wollte, hörte sie in der Finsternis plötzlich wieder das Wummern von Hardrockbässen. Und darüber Sammys krächzendes Freudengeheul.
„Jaaaaaaa! Jaaaaa… Der Affenmann… ist fort..."
Nicht alle, aber manche Geschichten handeln auch von SW und wenige haben es auch schon mal zwischen zwei Buchdeckel geschafft. Die erste Geschichte wurde in einer Anthologie mit erotischen Geschichten veröffentlicht. Hier der entsprechende link zum Buch:
Die Geschichte ist einerseits eine Reminiszens an einen verstorbenen Schuldfreund und andererseits eine Hommage an die wackeren SW vom 17. Juni-Strassenstrich die einen Teil meiner Sozialisation als Kunden geprägt haben.
Ich freue mich auf positive und kritische Reaktionen und wünsche viel Vergnügen
Abschied vom Affenmann
1
Ihr Handy vibrierte. Es war eine nasskalte Novembernacht, zum Glück hatte es vor einer Stunde aufgehört zu regnen. Der Himmel zeigte jetzt größere Risse in der Wolkendecke. .Sie konnte ihren dunkelblauen Regenschirm, der farblich zu ihren Lackstiefeln passte, auf den Kofferraum eines am Straßenrand geparkten Daihatsu abstellen. Doch sie fror noch immer. Eine Windböe rüttelte an dem Anhänger links von ihr; er diente als Werbefläche für einen Energydrink. Scheiße ich geh gleich nach Hause ins Bett, dachte sie und fummelte das Handy aus ihrer rechten Jackentasche. Sie drückte auf NACHRICHT ANZEIGEN:
HEY VICKY! KAFFEEPAUSE? L.G. TRISH
Vicky schaute herüber auf die andere Straßenseite zu ihrer Kollegin, die eigentlich Patricia hieß, aber der festen Meinung war, dass Trish weltläufiger, vor allem aber erotischer klang. Vicky überlegte einen kurzen Moment; die Nacht heute war nicht sonderlich gut gelaufen. Sie hatte gerade mal einen Kunden für 30 Euro im Auto gehabt. Ein Typ, der während sie ihn bediente, ständig etwas von seinem besten Kumpel faselte, der ihn angeblich nach Strich und Faden betrogen hätte. Als er gekommen war, wollte er noch reden. Sie hatte daraufhin angeboten, mit ihm für 75 Euro aufs Zimmer zu gehen. „Ist gleich da vorne in dem Haus. Dann kannst du mir die ganze Geschichte noch mal in Ruhe erzählen. Da haben wir es warm und gemütlich. Zimmermiete und Getränk inklusive."
"Scheiß Nutten, ihr denkt auch nur Kohle wie alle anderen. Da will man sich mal ausquatschen und wird gleich ausgenommen. Ich..."
„Hör zu", viel Vicky ihm ins Wort und sah ihm fest in die Augen. „Ich bin nicht die Seelsorge und muss auch meine Miete bezahlen. Also entweder wir gehen jetzt da rein, oder du fährst mich zurück an meinen Platz - alles klar?"
„Fick dich doch selbst, du blöde Schlampe!" brüllte er sie an. Erst in diesem Moment hatte sie seine Fahne, sie tippte auf Barcardi-Cola, bemerkt und hätte gewarnt sein müssen.
Sie wandte sich ab und wollte die Wagentür öffnen. „Also diesen Scheiß brauch ich mir nicht bieten zu lassen."
Was ist, wenn er jetzt die Innenverriegelung auslöst?, schoss es ihr durch den Kopf. Einen Augenblick herrschte gespannte Stille. Der Mann starrte auf die Windschutzscheibe und murmelte irgendetwas Unverständliches. Eine Hand umklammerte das Lenkrad, die andere konnte Vicky nicht sehen. Gleich ist es soweit! Er wird die Türen verriegeln und über mich herfallen. Wie konntest du auch so blöd sein. Nie wolltest du was im Auto machen - nie! Das hast du jetzt davon und deine Reizgasflasche hat Trish... Der Knopf blieb oben. Vicky schob sich blitzschnell heraus und knallte die Tür so heftig zu, dass sie sich beinahe ihre Schulter auskugelte. Dann trat sie mit ihrer Stiefelspitze gegen den Kotflügel, bevor der Wagen mit quietschenden Reifen davon fuhr.
„ARSCHLOCH!", rief sie ihm nach. Das kurz aufkeimende Triumphgefühl, das blauen Lack auf Metallicrot treffen ließ, erlitt gleich darauf einen herben Dämpfer. Ein Regenschauer unerwarteten Ausmaßes ergoss sich über sie und begleitete Vicky, deren Tauf- zugleich ihr „Künstlername" war, zurück an ihren Standplatz. Dort hatte sich die Nacht bisher nicht sehr unterhaltsam gestaltet; ein sächsischer Tourist hoppelte mit seinem Wartburg an Vicky heran und erkundigte sich nach einer Spätverkaufsstelle und drei junge Türken, es konnten auch Araber sein, fuhren mit ihrem weißen BMW mindesten ein Dutzend mal laut hupend an ihr vorbei. Das war alles. Ja, es war eindeutig Zeit für einen heißen Kaffee.
OKAY! KOMMST DU RÜBER? V.
Trish stakste auf schwarzen High Heels heran. Sie war schon in Rufweite, als ein rhythmisches Wummern die Nacht beschallte. Vicky wandte sich in Richtung der Geräuschquelle, das Handy noch immer in der Hand - 01 Uhr 08 - konnte jedoch zunächst nichts erkennen.
„Sind dit wieder die Kanaken in ihrem BMW?"
„Nee, glaub nich Trish. Das scheinen zwei Radfahrer zu sein, siehst Du!?" Vicky deutete auf den Fahrradweg, auf dem sich zwei helle Lichtpunkte parallel auf sie zu bewegten. Die Musik wurde lauter, das Licht greller und war inzwischen als Halogenscheinwerfer zu identifizieren. Der Lärm war nun unerträglich.
I´m breaking the habit, I ´m breaking the habit toni...
„Hallo Mädels!"
Vor ihnen erschien ein junger Mann in schwarzer Motorradjacke und Cowboystiefeln, der einen Elektrorollstuhl in eine rollende Stereoanlage verwandelt hatte. Sein durchnässter Haarsschopf klebte in der Stirn und sein schwarzer verwischter Lidschatten stand in krassem Gegensatz zu seinem machohaftem Auftreten. Ein Umstand den Vicky und Trish jedoch aus langer Erfahrung einschätzen konnten. „Mann, du machst ja ganz schönen Alarm um diese Uhrzeit." Trish lächelte den Mann im Rollstuhl vor ihnen herausfordernd an. Der hatte seinen Recorder inzwischen ausgeschaltet.
„Ja, sorry, aber Linkin Park muss man einfach in dieser Lautstärke hören. Und dieses Stück ist besonders geil."
„So spät noch unterwegs? Kommst du von einer Party?" Obwohl Vicky nach ihrem Kaffee dürstete, schaltete sie sich ganz ihrem Instinkt folgend in das Gespräch ein. Eigentlich hatte sie heute Abend keine Lust auf die Krüppelnummer, aber jeder, der anhielt, war ein potentieller Freier.
„Genau genommen dachte ich, die Party steigt bei euch."
„Echt? Hast Du Lust was zu machen?" fragte Vicky jetzt in freudiger Erregung.
„Eigentlich schon. Wie teuer ist es denn?"
„75 auf ´m Zimmer, Miete und Getränk inklusive. Und dein Gefährt schaffen wir auch irgendwie rein. Ist nur eine winzige Stufe am Eingang, aber wir haben einen starken Mann, der hilft uns. Kriegst ne schöne Handentspannung, nettes halbes Stündchen..."
„Ich hab 300 dabei."
Trish, die sich aus den Verhandlungen bisher raus gehalten hatte, konnte jetzt nicht mehr an sich halten. „Das reicht ja für uns beide", platzte es aus ihr heraus. „Schon mal was mit zwei Frauen gemacht?"
„Also soo nach Party ist mir auch wieder nicht. Ich würd’s gern erst mal mit einer versuchen. Wie war noch mal dein Name?" Damit wandte sich Sammy, so nannte er sich, endgültig Vicky zu.
„Den hab ich noch gar nicht gesagt. Ich bin die Vicky, aber haste nicht doch Lust mit uns zwei Hübschen mitzukommen? Wir würden uns gern um dich kümmern. Bei der Kohle haben wir ’n nettes Stündchen!"
„Das ist lieb gemeint Vicky. Ich glaube nur, meine Kondition reicht nicht für euch beide. Bin zurzeit etwas aus der Übung..." Ein Hustenanfall unterbrach ihn. "...ich heiße übrigens Sam... Sammy."
„Hallo Sammy. Aber wir sollten mal los, sonst erkältest du dich noch. Ist nicht weit, gleich da vorne. Wir kriegen dich schon auf Touren."
„Nee, lass gut sein Vick. Da hinten wartet ´n Stammkunde auf mich. Also haut schon ab. Viel Spaß!" In diesem Moment klingelte auch schon Trishs Handy. „Ja, hey, ich hab dich schon gesehen Schatz! Ich komm gleich rüber zu dir - Ciao! Nun geht schon. Wir holen unsere Pause nach."
Und bevor Vicky noch irgendwas erwidern konnte begab sich Trish ungelenk wieder auf die andere Straßenseite.
„Geh’n wir?", fragte Sammy, dem jetzt langsam kalt wurde.
„Na los! Bist Du öfters so spät unterwegs?"
„Gelegentlich. In letzter Zeit häufiger, ich schlaf nicht so gut."
„Musst mal Holundertee probieren. Bei mir wirkt der Wunder."
„Ich mag keinen Tee."
„Lavendelkissen sollen auch helfen. Hab ich irgendwo gelesen."
„Oder Sex", entgegnete Sammy und lächelte sie verstohlen an. Vicky musste lachen.
„Ja, oder Sex. Warst du schon mal bei uns?"
„Nein, aber ich war schon mal im Pu... Ich meine im...“
„Ist schon okay. Ich steh zu dem, was ich mache, weißt du."
„Hmm...", wieder befiel Sammy eine kleine Hustenattacke.
„Klingt ja böse der Husten. Mit dir ist doch alles in Ordnung? Ey, steck mich bloß nicht an. Ich kann mir jetzt nicht erlauben, krank zu werden."
„Nein, keine Sorge. Hab etwas Schluckbeschwerden. Nichts von Belang. Wie läuft’s denn so heute Abend?"
„So lala. Vorhin hatte ich so ´n Arsch, der feilschen wollte. Stinkbesoffen. Also auf so was steh ich ja nun gar nicht. Ansonsten bist du jetze der Einzigste."
„Dann bin ich ja so ’ne Art Glücksbringer."
Vicky lachte wieder. „Ja, könnte man schon so sehn. So, da vorn ist es. Können wir deinen Stuhl im Treppenhaus lassen? Da drinnen bei uns ist es ziemlich eng. Ich geh rasch rein und hol jemand, der dich aufs Zimmer trägt. Ist das in Ordnung für dich?"
„N… Null Problemo..." Erneut unterbrach ihn der Hustenreiz.
Na Mahlzeit! Wenn das so weitergeht... Ich weiß ja nich. Aber freakig sieht er aus mit seinem kleinen rosa Haarschopf. Und die beiden großen Boxen und der Fuchsschwanz, irgendwie cool. So einen aufgemotzten Rollstuhl hab ich noch nie gesehen, dachte Vicky bei sich. „Also, ich sag rasch Bescheid."
Im Flur traf Vicky auf ihre Kollegin Vanessa, die sich vor einem ovalen Garderobenspiegel ihren flachsblonden Haaraufsatz durchkämmte. Und neben ihr Pam, die sich ihre Lidstriche nachzog und sie freudestrahlend begrüßte: „Hey Vick. Hab mir mal deinen Eyeliner geliehen, meiner war leer. Ich muss wieder raus. Läuft beschissen heut Nacht. Nachher noch quatschen?"
„Mal sehen. Wo is´n Ronnie...? RONNIIIE! BRAUCH MAL DEINE HILFE!"
„Sag mal, ich hab gehört, du hast jetzt das große Los gezogen? Hat der Spasti nich Bock aufn Dreier?"
Spricht sich ja schnell rum. Und wenn schon. Ich hab aber keinen Bock auf dich, blöde Kuh, dachte Vicky.
„Tut mir leid Vanessa, aber der Spasti steht nicht auf blond. Außerdem bleibt bei ´ner ganzen Stunde auch noch Zeit für Konversation und wir wollen dich nich überfordern."
Pam hob anerkennend den Daumen.
„Also, wo ist denn jetze Ronnie?", fragte Vicky ungeduldig.
„Ich glaube hinterm Tresen. Bis nachher, okay!?" meinte Pam.
„Blöde Fotze!" Vanessa setzte sich ihre Haare auf und ließ die beiden stehen.
„Tschüß Pam. Bis nachher. RONNIEE! Mensch da bist du ja..."
„Mann, wat schreist ’n so? Will dir wieder eener an die Gurgel?"
„Sehr witzig! Ich hab ´n Gast im Rolli. Der muss aufs Zimmer irgendwie. Welches ist denn frei?"
„Na, am besten gleich vorne in die 1. Is groß jenuch und ick muss ´n nich so weit schleppen. Wo is er denn?"
„Er wartet hier im Treppenhaus. So, da sind wir wieder. Das ist der Ronnie. Der hilft uns rein jetze."
„So Meister, wie machen wa ´n dit? Am besten Huckepack wa?"
„Besser wäre, wie der Bräutigam die Braut...". Abermaliges Husten erstickte auch diesen Satz.
„Na jut, aber ´n Antrag mach ick dir nich. Ohhh! Mann hast aber jut jefrühstückt heut morgen. Halt ma uff die Tür da!", Vicky machte einen Satz nach vorn und stemmte sich gegen die Tür.
„Auweijaa, soll´n wir helfen?" Eben trafen auch Trish und ihr Stammgast ein.
„Na, ihr beede müsst jetzt och hier durch. Na los, schnell, aber nich hier vorne. Det is für ihn hier resaviert. Hinten die 6 is frei. So nu mach hinne."
„Na komm, Schatz, hier geht´s lang. Weißt ja schon bescheid. Ciao Vick!"
„Ciao Trish, bis später!" Mann, ist das ein Aufwand. Für zwanzig Minuten hätte ich den, glaube ich, nicht betrieben. Andererseits, die zweihundert kann ich gut gebrauchen, so beschissen wie das heute Nacht gelaufen ist. Und der Typ scheint ja ganz witzig zu sein mit seinem Chopper. Bisschen wortkarg, aber wenigstens nicht so ´n Labertyp von wegen ick will eigentlich nur reden und nich ficken. Die können mir heute echt gestohlen bleiben und dann am besten noch die Kohle wiederhaben wollen - nee danke! Aber auch damit scheint er ja keine Probleme zu haben. Sieht gar nich so wohlhabend aus....
...der Krüppel. Genau das geht ihr jetzt sicher durch den Kopf, so wie die mich anlächelt. Oder sie denkt sich: Ausgerechnet mich muss der nehmen. But sex sells and money talks . Und ich kann nicht mehr länger warten. Ich kann (!) es einfach nicht. Hoffentlich geht alles gut. Es muss einfach. Es muss (!). Die Nacht der Nächte ist angebrochen. Nacht der Nächte...
Als er in Ronald Mahlows (genannt Ronnie) Armen die Schwelle überschritt, konnte Sammy Vickys Gesichtsausdruck einen kurzen Moment beobachten. Sie zwinkerte ihm aufmunternd zu. Doch dann sah er nur noch Deckenschmuck umringt von heran kriechendem Schimmelpilz, und ein beißend-süßlicher Geruch überdeckte selbst das Eau de Toilette seines keuchenden Trägers. Obwohl Ronnies Statur anderes vermuten ließ, legte er Sammy verhältnismäßig sanft auf dem französischen Bett ab.
Behände hüpfte Vicky neben ihn und legte zwei Kissen unter seinen Kopf. Die erste Berührung(!). Sammy hoffte inständig, dass es nicht die letzte gewesen war.
„Is dit jut so? Allet klar, dann sachter Bescheid wenn na fertig seid. Denn helf ick euch wieder raus."
„D...Danke, Ron...Ronnie!" Ronnie pustete einmal kräftig durch und verließ das Zimmer.
„So, wir machen’s uns jetze richtig gemütlich. Liegst du auch wirklich bequem so? Wir haben hier noch mehr Kissen. Ist ja nich wie bei armen Leuten. Na super!" Sie kicherte etwas verlegen.
Sie ist nervös - genau wie ich.
„Pass auf Spatz, bei uns hier läuft das so; der Ronnie kriegt 20, okay, und bezahlen müsstest du vorher."
„Ist schon g... gut! Nimm’s Dir einfach aus meiner linken Innentasche. Es müssten 300 sein." Vicky griff vorsichtig in seine Jackentasche und nahm sich die drei zusammengerollten Hunderteuroscheine.
„Na super! Ich bring’s schnell nach vorne und bin gleich wieder da. Möchtest du vielleicht was trinken, ’n Saft oder ’ne Cola?"
„Ich glaube mit dem Pinkeln wird es hier schwierig für mich. Das lass ich m… mal lieber."
„Scherzkeks! Aber das kriegen wir auch noch hin."
„Nee, nee! Is schon g...gut."
„Okay! Bis gleich! Und fang nich ohne mich an."
Vicky winkte mit den Scheinen. Als sie die Tür hinter sich zu zog, verspürte Sammy einen leichten, stechenden Schmerz in seiner linken Schläfe. Er atmete tief durch, froh, dass ihm ein weiterer Hustenanfall erspart blieb und doch bemerkte er ein leichtes Rasseln in seiner Brust. Nicht jetzt. Nicht in dieser Nacht. Der Nacht der Nächte....
Beim Schlucken schmerzte sein Hals. Er musste viel schlucken. Sein Kopf glühte. Er drehte ihn nach links, sah aber nichts außer einem weißen Korbstuhl. Den Kopf nach rechts gewandt, erblickte er eine rolle Kleenex, einen Aschenbecher und einen Radiowecker (01.32 Uhr). Nein! Nicht jetzt! Nicht bevor es zu Ende ist. Die Nacht der Nächte ist endlich da! Scheiße und ich krieg ne Grippe oder Schlimmeres. Muss durchhalten! Muss! Sammy atmete ruhig. Aus dem Radio drang leise Musik an sein Ohr, konnte das Rasseln in seiner Brust aber nicht übertönen. Die feuchte Kälte der Nacht löste nur langsam ihren Griff von seinen Beinen. Rotz schickte sich an, aus seinem linken Nasenloch hervor zu kriechen. Als er es einsog, schmerzte sein Hals erneut. Ein Gefühl, als wäre ein Tennisball mit Wucht gegen seinen Kehlkopf geprallt, beförderte nicht unbedingt seinen Optimismus, die kommende Stunde heil zu überstehen. Seinen großen Erwartungen drohte schon jetzt, bevor es überhaupt richtig zur Sache ging, der Erstickungstod. Er versuchte sich irgendwie abzulenken und konzentrierte seine Wahrnehmung auf die Mädchen. Ich muss mich irgendwie in Stimmung bringen. Er versuchte sie sich vorzustellen, wie sie lasziv die Straße auf und ab gingen in ihren hautengen Leggings, den Lackstiefeln. Er dachte, an ihre prallen Pobacken und ihren Ausschnitt, die hervorwölbenden Brüste - aber der gewünschte Effekt wollte sich nicht einstellen. Noch immer war ihm heiß und kalt zu gleich. Gerade durchfuhr wieder ein eisiger Schauer seinen Körper, nur für ein Paar Zehntelsekunden zwar, aber doch ausreichend, um seinen Gedankenstrom kurzzeitig zu unterbrechen. Als er aufgebrochen war, vor Stunden, ging es ihm noch ganz gut. Aber eigentlich hatte er sich schon den ganzen Tag nicht wirklich gut gefühlt, wenn er ehrlich war. Und dann noch dieser Regenguss, der ihn kurz vor seinem Ziel überrascht hatte. Er konnte sich nicht unterstellen. Musste die Bahn kriegen, unbedingt (!). Umwege. Hindernisse. Gleich zu Beginn seiner Reise hätte ihn beinahe ein Laster erfasst. Er dachte er käme nie an. Nun war er am Ziel seiner Träume und… kämpfte um sein Überleben. Dieses Unternehmen stand unter keinem guten Stern. Aber Sammy war entschlossen die Sache jetzt durchzuziehen, so oder so. Er hatte das Geld. Er hatte die Gelegenheit. Er war den ersten Schritt gegangen, er war hier! Ich gehe nicht mit leeren Händen, nicht als Verlierer zurück! Niemals! Vielleicht gehe ich nie mehr zurück an diesen - Ort! Zurück zum Affenmann...
Er war auf der Flucht. Das wurde ihm langsam klar. Am Nachmittag hatte ihn seine Mutter besucht - das erste Mal seit vielen Jahren. Er hatte Sie rausgeworfen, wollte ihre Erklärungen und Entschuldigungen nicht hören. Du hast mich dem Affenmann ausgeliefert. Seine Mutter hatte ihm das Geld hingeworfen und war laut schluchzend verschwunden. Dreihundert Euro für zwanzig verlorene Jahre; dieses Geld musste gut angelegt werden, hatte Sammy beschlossen. Es musste helfen, den Affenmann zu vertreiben. Er hatte ihn gesehen, den Affenmann, vergangene Nacht. Sammy erschauderte wieder. Nicht eine drohende Grippe, die nackte Angst befiel ihn, wenn er an dieses Heim, in dem er jetzt lebte, dachte. Schon immer hatte er sich dort unwohl gefühlt, aber seit zwei Tagen durchlebte er dort einen unvorstellbaren Schrecken. Es wurde viel über den Affenmann gemunkelt. Sammy hatte bis zuletzt nicht wirklich daran geglaubt. Aber vorletzte Nacht war er ihm tatsächlich begegnet: Dreht euch nicht rum, der Affenmann geht um... Seine Augen fingen an zu tränen. Und als er sie schloss, strömte plötzliche eine wahre Flut von Bildern in rascher Folge auf ihn ein:
Er liegt in seinem Kinderzimmer im Bett. Er ist ungefähr sechs Jahre alt. Es ist mitten in der Nacht. Ein Mann, der nach Schnaps riecht, kniet vor seinem Bett und spricht zu ihm. Der Mann sagt, er sei Pförtner in einer Klinik. Sammy fragt ihn, ob er sein neuer Papa sei. Der Mann lacht und gibt ihm einen kleinen Schluck Klaren zum kosten. Er spürt den Geschmack von brennendem Anis. Das leise Weinen seiner Mutter dringt aus dem Wohnzimmer an seine Ohren...
Als nächstes liegt er wieder nachts im Bett. Er ist jetzt zwölf oder dreizehn. Es riecht nach Bohnerwachs und Desinfektionsmittel. Er ist nicht in seinem Kinderzimmer. Er ist im Heim. Die Schienen an seinen Füßen tun so weh. Er weint: Mama! Mama! Ich will hier weg! Bitte, bitte! Mama! Ich will wieder nach Hause! Bitte! Mamaaaaaa....!
Wieder im Bett. Keine Schienen mehr, kein Weinen. Er ist ganz allein. Starrt aus dem Fenster. Es riecht muffig. Dann sieht er den Schatten. Den großen schwarzen Schatten. Groß und Schwarz! Dann ein Gesicht. Es ist beharrt Er kann nichts sagen, nicht schreien. Liegt einfach nur da und starrt es an. Irgendwoher kennt er dieses Gesicht. Plötzlich eine Stimme die nicht seine ist, die Stimme eines kleinen Mädchens. Sie kreischt: „DER AFFENMANN WAR DA! DER AFFENMANN WAR DA! DER AFFENMANN!“ Ein hysterisches Lachen dröhnt in seinem Schädel...
„So Schatz, da bin ich wieder. Sorry, hat ’n Moment gedauert aber jetzt gerade ist die Hölle los und ich brauchte auch noch neue Zigaretten. Hab mir ’nen Whisky mitgebracht. War doch okay, oder?"
Sammy machte die Augen auf. Ich darf mir jetzt nichts anmerken lassen, dachte er.
„Alkohol am Arbeitsplatz...?", fragte er und hob tadelnd den Zeigefinger.
Vicky lachte. „Na du bist ja ‚n Witzbold. Aber ich muss mich erstmal ’n bisschen aufwärmen. Rauchst du eine mit?"
„Ich denke, lieber nicht, danke."
Sie zog sich ihre Stiefel aus und legte sich zu Sammy aufs Bett. Sammy konnte nun direkt in ihr Gesicht sehen. Er erkannte braune Augen, sah, dass ihre Haare zum Teil nachgefärbt waren und betrachtete ihre kleine, formschöne Nase. Natürlich trug sie ein Piercing, am linken Nasenflügel. Er atmete wieder tief ein und diesmal blieb der Hustenreiz zum Glück aus. Sie roch nach einem Parfüm, das er nicht kannte.
„Ja richtig, entspann dich erstmal. Kommst du von weit her?"
„Ja, aus dem Norden, Frohnau."
„Frohnau, kenne ich nicht. Und lebst du da allein, oder in so einer Wohngruppe?"
„Etwas in der Art ja. Es gibt Leute, die uns helfen, aber wir können kommen und gehen wann wir wollen. Du kennst dich anscheinend in diesem Bereich aus, oder..." Diesmal verursachte der Zigarettenrauch den nächsten Hustenanfall. Vicky wedelte mit ihrer Hand den Rauch aus seinem Gesichtsfeld. „Entschuldige, ich mach sie besser aus. Wie? Ach so, ich hatte mal ’n Gast, der war Betreuer in so einer Behinderten-WG. Allerdings waren die alle geistig behindert, also das stell ich mir echt hart vor, dort zu arbeiten. Ich könnte das nicht. Darf ich fragen, was du für eine Krankheit hast? Ist das durch ’n Unfall oder...?"
„Ich sage nur, Spas-mus-sein", er versuchte ein verschmitztes Lächeln aufzusetzen.
„Wie?"
„Ich bin das, was man einen Spasti nennt und zwar seit m...meiner Geburt." Schon wieder dieses kurze Ziehen in seinem Kopf, wie ein feiner Nadelstich. Sammy starrte an die Decke. Aus seinem linken Auge ran eine Träne. Vicky strich ihm sanft seine pinkfarbene Haarsträhne aus der Stirn zur Seite.
„Sorry, ich wollte nicht zu persönlich werden. Mann, deine Stirn ist ganz heiß. Bist du auch wirklich in Ordnung?"
„Ja, ja wirklich. Mach dir keine Sorgen. Ich bin etwas nervös, weist du. Ist schon ne Weile her, dass ich... dass ich..."
Jetzt legte sie ihre Finger auf seinen Mund. "Schhh! Ganz ruhig mein Schatz. Wir haben Zeit. Kein Grund nervös zu sein. Was möchtest du denn machen?"
Ficken bis die Welt untergeht, dachte er.
„Ich...ich weiß nicht?"
„Vielleicht französisch. Ich mach mich auch gern frei, kannst mich ein bisschen anfassen, wenn du magst?" Mit routinierter Schnelligkeit hatte sie bis auf ihren blauen Push-up-BH und den schwarzen String-Tanga ihre übrigen Kleider abgelegt. Sammy streichelte mit seinen langen dürren Fingern zwischen ihren Brüsten umher.
„Gefalle ich dir?", fragte Vicky.
„J… ja, sehr!" Seine Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern; doch im Geiste schrie er sie an: Hilf mir! Bitte, hilf mir! Hilf mir, den Affenmann zu vertreiben!
„Okay, dann genieß es jetzt einfach. Mach deine Augen zu."
Ihre Hände glitten über seinen Bauch zwischen seine Beine.
„Wow, da hat es aber jemand nötig. Dann wollen wir ihn mal aus seiner Enge befreien."
In seinem Kopf herrschte jetzt ein ziemliches Durcheinander; Angst und Erregung wechselten einander ab: Ich will meine Augen nicht zumachen. Dann kommt der Affenmann wieder. Er soll aber nicht kommen. Du musst ihn vertreiben. Kannst du es, Vicky? Kannst du den Affenmann aus meinem Kopf vertreiben? Oh ja! Du versuchst es, nicht wahr? Gut! Gut so! Mach weiter! Ich vertraue dir. Und Sammy schloss langsam wieder seine Augen...
Vicky atmete die feuchte Nachtluft ein. Sie fröstelte, trug jetzt
nur ein graues T-Shirt und Leggings. Feiner Nieselregen hatte inzwischen eingesetzt. Vicky war zufrieden. Viele ihrer Kunden hatten vorher ´ne große Klappe und gaben an mit ihrem Riesenschwanz. Hinterher hatten sie es dann eilig weg zukommen und schämten sich fast, bei ihr gewesen zu sein. Dieser Sammy war anders. Er war danach richtig aufgeblüht; er hatte sogar etwas von ihrem Whisky getrunken - ohne zu husten. Sie hatten gemeinsam eine geraucht und er hatte interessante, aber auch traurige Dinge aus seinem Leben erzählt, vor allem über seine Mutter. Weniger sprach er über das Heim, in dem er jetzt lebte. Vor allem aber hatte er danach viel entspannter gewirkt. Das vermittelte Vicky das Gefühl, ihren Job gut gemacht zu haben. Und dieses Gefühl gab der Nacht, die so beschissen begonnen hatte, doch noch eine positive Wendung.
Jetzt standen sie wieder auf der Straße, vor dem Bordell. Vicky hockte sich vor Sammy und sah ihn zärtlich lächelnd an: „So mein Großer, du versprichst mir, dass du dich sofort ins Bett legen lässt, wenn du zu Hause bist okay?" Dann gab sie ihm einen Kuss. „So, jetze bin ich auch infiziert" Sie lachte und stand auf: „Machs gut! War wirklich schön mit dir. Schau mal wieder vorbei."
„S...sicher! Ich fand es auch schön mit dir. D...Danke auch an Ronny für die Mütze"
„Na ja, Mensch, du brauchtest was aufm Kopf. Also ich geh rein sonst erwischt’s mich wirklich noch, tschüß!"
Vicky stand noch einen Moment in der Tür und sah ihm nach. Als sie sich abwenden wollte, hörte sie in der Finsternis plötzlich wieder das Wummern von Hardrockbässen. Und darüber Sammys krächzendes Freudengeheul.
„Jaaaaaaa! Jaaaaa… Der Affenmann… ist fort..."
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Letztlich Kasharius' Entscheidung, da es sich um sein thread handelt ...Asfaloth hat geschrieben:Dürfen hier auch andere User Stories einstellen ?
Aber wenn es nicht erwünscht sein sollte steht es dir selbstverständlich frei hier im Bereich "Unterhaltung" dein eigenes thread zu eröffnen lieber Asfaloth.
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
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RE: Short Stories
Der Sprung
Es gibt manchmal Situationen, da erleben wir, dass das Bewusstsein, dass doch eigentlich jede unserer Aktionen steuert und immer die Kontrolle hat, plötzlich staunend zusieht, wie der Körper oder auch das Unterbewusste, die Reflexe oder wie immer man es nennen, unvermittelt agiert und wir erst hinterher verwundert fragen: "Was war das denn jetzt ??"So begann das an diesem denkwürdigen Abend...Intuition...Gefühle....Reflexe.... der Verstand trat an diesem Abend und in dieser Nacht in die zweite Reihe..
War es gut so... ? Bis heute konnte er keine endgültige Aussage treffen.... aber auf der anderen Seite wäre es schlechter, wenn das was geschah, nicht geschehen wäre...
Wie erwähnt.. Reflexe.. sein Körper sprang diese kurzen halben Schritt und ging bereits leicht in die Knie, sein Arme schossen vor, noch bevor er bewusst registriert hatte, dass die kleine zierliche Frau ihm entgegenkippte und noch bevor sie einen Laut von sich gab.
Sie wollten beide in dieselbe Sauna in dem riesigen Bade- und Erlebniscenter, in dem er sich gerade aufhielt, sie hatte die Glastür in der hand und schon halb aufgezogen, als ihr der Fuß auf etwas wegrutschte.
Es bereitete ihm keine Probleme, sie zu halten, sie war noch keine 1,55 gross und brachte nur sicher nur sein halbes gewicht auf die Waage... und Sport war kein Fremdwort für ihn.
Ihr bei der Größe erstaunliche dichte und lange Haarmähne flatterte wie ein Banner, als sie rückwartsfiel....und dann in seinem Arm landete und er den Schwung so gut es ging abfing... Ihr Schreckensschrei brach ab... und sie starrte ihm mit großen Augen ins Gesicht.
Irgendetwas passierte in dem Moment ! Zuerst hielt er es für den Schreck und für den schock, denn sein Bewusstsein kam mit Verspätung den Sprung hinterher und versuchte die Eindrücke zu sortieren.
Sie starrten einander an...Sekunden...und eine Art seltsam kribbelnder Strom floss seinen Rücken hinunter. Ihre Augen waren immer noch geweitet ..und jetzt im nachhinein ahnte er, dass der Ausdruck darin wohl auch damit zu tun hatte, dass sie dieses oder ein ähnliches Gefühl teilte.
Das Bewusstsein übernahm jetzt energisch die Regie , er erhob sich leicht, seinen Arm immer hinter ihrem Rücken, fasste kurz ihre Beine und stellte sie wieder darauf. Wie schon erwähnt, sie war leicht wie ein Kind. Aber es war ohne Zweifel eine erwachsenen Frau, um die 30, die ihn da noch stumm anschaute.
"Geht es ihnen gut ?.. Haben Sie sich was getan ?" hörte er sich plötzlich fragen. Der Bann brach und er liess sie los...
Sie lief plötzlich rot an, schaute nach unten, schüttelte ihren Fuss und murmelte
" Nein, ich glaube nicht...Danke !"
Sie sah ihn plötzlich wieder an...ihre Pupillen waren noch immer gross, ihm war, als würde er das Schwarze sehen...und dieses Kribbeln setzte wieder leicht ein...dann drehte sie sich jäh um, zog wieder die Tür auf und betrat die sauna.
Das aufkommende kalte Gefühl einer Zurückweisung erstarb in ihm jedoch sofort, als sie sich in der Tür umdrehte, sie einladend aufhielt, ein flüchtiges Lächeln ihre Lippen umspielte und sie murmelte..: "Bitte ...!"
Sie saßen sich gegenüber.... er konnte nicht vermeiden, dass er sie sich näher ansah... wie schon erwähnt, eher klein, aber ihr Körper hatte sich gut angefühlt.. weder Hungerhaken noch zu weich.... alles passte.... man sah sowieso nur zuerst diese Haarmähne, die ihr jetzt halb vor dem Gesicht hing... als sie sie leicht, aber energisch mit einem leichten Kopfzucken zur Seite schnickte und ihre Hand dann einen teil hinters Ohr strich, bemerkte er, dass auch sie ihn musterte.
Wieder verstärkte sich dieses kribbelnde Gefühl... nicht ganz Erregung...etwas dazwischen...
Die Hitze in der Sauna war ablenkend.... irgendwann aber zuviel und er stand auf.
War es Zufall ? Sie stand ebenfalls auf und diesmal hielt er ihr die Tür auf.
Sie lächelte etwas stärker als vorhin...Dusche...Schwallbad...tauchbecken.... und als hätten sie beide einen Magneten eingebaut, standen sie zeitgleich wieder voreinander, in Saunamäntel gehüllt.
Sie sah ihn jetzt direkt an: "Wenn Sie nicht hinter mir gewesen wären...."
"Hätte es böse enden können..." beendete er den Satz. "Aber manchmal muss man Glück haben...."
"Ja..." sagte sie leise, "manchmal muss man auch Glück haben..."
Sie sah ihn wieder an... "Würde Sie gern zu was Trinken einladen... "
Wieder dieses flüchtige Lächeln... "Kleine Revanche...wenn sie mögen.."
"Ja.. gerne !"
Sie besetzten zwei Hocker an der Bar mitten im Rondell des Hauptbereiches der Saunawelt. Small talk.... er erzählte, dass er erst kurz hier wohnte...berufliche Veränderungen.. und zu seiner Freude dieses Zentrum im Nachbarort entdeckte...mit dieser grossen Saunawelt…er machte das gerne ..
Sie gehe auch regelmässig her...wohne aber in der Stadt.
Sie kamen auf den Beruf zusprechen und entdeckten, dass sie beide etwas ähnliches machten und gerieten ins fachsimpeln...
Erneut stellte sich bei ihm das Gefühl einer Art inneren Teilung ein. Ein Teil plauderte...ein anderer hörte zu ...und spürte darunterliegend etwas anderes ...tieferes... irgendetwas würde heute noch passieren....
Er schaute auf die Uhr und erschrak etwas...seine Karte lief ab. Er erwähnte es und ihr Ausdruck veränderte sich etwas... Spannung ?...leichte Enttäuschung...? redete er sich das jetzt ein...?
"Macht nichts", sagte sie..."ich bleib auch nicht mehr lange.."
Sie gingen schweigend zu den Umkleidekabinen.....
Als er umgezogen war und nach draußen ging, blieb er vorm Parkplatz stehen.... er spürte seinen Herzschlag im Hals... und als sie auch aus dem helleren Eingang ins dunklere trat, bemerkte sie ihn und kam etwas schneller gehend auf ihn zu.
Sie blieb vor ihm stehen.... "So ganz ohne Tschüss zu sagen wollte ich nicht gehen..." sagte er und es hörte sich etwas lahm an.
Ihre Augen waren sehr dunkel...und er wusste nicht ob es am Licht lag oder tatsächlich so war.... sie trat einen Schritt vor, berührte ihn am Arm und murmelte: "Ich wusste, dass Du warten würdest..."
Dann fasste sie ihn fester und die Berührung ging ihm durch Mark und Knochen.... „
"Ich bin jetzt mal direkt..!" sagte sie und hob wieder den Kopf. "Hast Du noch etwas Zeit ? Ich brauch heute abend jemand in meiner Nähe...weiss nicht wie ich es besser sagen soll..."
Sein Verstand ging wieder in die zweite Reihe zurück....und überließ der Intuition das Kommando...
"Ich wohne allein...meine Wohnung ist gleich in der Nähe...Wenn Du willst ?"
Sie liess ihn los..: "Ist das Dein Auto ? Gut, fahre vor...ich fahr hinterher..."
Sie schlichen die Treppe im Hausflur hinauf...im Dunkeln...wie Teenager, deren Eltern nichts mitbekommen sollten...
Als sie seine Wohnung betraten und er das Licht anmachen wollte, hielt sie ihn fest...: "Nein ! Lass es dunkel bitte...das licht von draussen reicht.."
Dann zog sie seinen Kopf zu sich runter und gab ihm den ersten Kuss des Abends... und er hatte das Gefühl, alles in ihm gehe jetzt in Flammen auf.
Es hatte mit Erotik wenig zu tun...es war SEX... unverhüllte Gier, die plötzlich losbrach.... und das bei beiden....
Er hob sie frei hoch ..immer noch küssend und trug sie ins Schlafzimmer.... ihre Hände zerrten derweil schon an seinem Hemd und seine an ihrem Pullover.... sie liessen keuchen voneinander und dann dauerte es nur Sekunden, bis sie nackt waren.... sie war mehr als bereit...zum Glück wusste er, dass da noch ein Kondom zwischen Matratze und Bettrahmen klemmte.... und dann fielen sie übereinander her wie wilde Tiere....
In diesem Moment dachte er weder an Nachbarn, noch daran, dass sie ihm bis vor drei stunden völlig unbekannt war.
Ihr Mund saugte sich an seinem hals fest...und er versuchte sie in den Boden zu rammen... Sie waren wie im Delirium und nach kurzer zeit schrie sie ihm ihren Orgasmus in die Ohren... er machte weiter...sie kam ein zweitesmal...und wieder....
Dann stieß sie ihn zurück.... rutschte ein stück tiefer...und es war, als wolle sie ihn komplett in sich aufnehmen.... fast schmerzhaft, aber die Lust peitschte über ihm zusammen.... nicht lange und er packte sie wieder....
Sie verloren sämtliches Zeitgefühl.... der pure Wahnsinn.... sie nutzten jede erdenkliche Möglichkeit... einmal gab sie jeden wiederstand auf...ließ sich zurechtschieben wie eine jener täuschend echten Silikonpuppen.... nur ihre laute verrieten ihre Lebendigkeit und das Zucken ihres Unterleibs...
Dann wieder drang ein heiseres Knurren aus ihrer Kehle und diese kleine Person stieß ihn mit erstaunlicher kraft zurück .... riss ihn fast auf den rücken und schwang sich auf ihn....
Dann wiederum hielt er sie freischwebend an ihren Hüften über seinem Mund... direkt vor ihm in seiner Reichweite .. Ihre Beine waren angewinkelt wie die eines Fallschirmspringers...und sie hielt ihren Kopf fest an seinen Unterleib gezogen...seine Oberschenkel umklammernd ...
Irgendwann brannte das Feuer weniger hell... ebbte die unglaubliche Lust ab... sie wurden ruhiger.... lagen endlich nebeneinander.... keuchten...schwitzten wie noch vor Stunden in der Sauna...sprachen kein Wort....
Er spürte, dass sich etwas verändert hatte...sie hatte sich verändert... wenn er versuchte, sich heute daran zu erinnern, war es, als habe eine gewisse Spannung in ihr nachgelassen.
Damals konnte er es, halbbetäubt von den Ereignissen, nicht einordnen. Sie küsste ihn...doch diesmal war es anders als der erste.
Er holte Luft, aber konnte irgendwie nichts sagen. Worte schienen nicht angebracht.
Als er sich doch zu ihr hindrehte und den Mund öffnete, war sie plötzlich ganz nah. Hielt ihm den Finger an die Lippen und flüsterte in sein Ohr...: "Pssscht.......sag jetzt nichts, bitte..."
Er stiess den Atem wieder aus, wollte nicht den einzigartigen seltsamen zauber dieses Momentes stören.
Sie kam wieder an sein Ohr:
"Du weißt nicht, wie viel Du mir heute gegeben hast...ich bin Dir unendlich dankbar dafür ....aber ich bitte Dich um eines ...stelle keine Fragen...lass es einfach geschehen sein.... mehr möchte ich nicht sagen.."
Ihre Augen waren ganz nah an seinem...ihr Körper eng an ihn gepresst..und irgendwie las er etwas darin, das ihm den Mund schloss und alle Fragen auslöschte....
Lass es geschehen sein...... dieser Satz würde noch lange in ihm klingen...
Sie spürte irgendwie, was in ihm vorging und flüsterte ein letztesmal direkt in sein Ohr : "Ich danke Dir sehr !! "
Dann bewegte sie sich sanft... ihre Hand tastete nach ihm... umfasste ihn. und er konnte es kaum glauben, nach alldem reagierte er schon wieder.
Er sah sie an.. sie lächelte leicht, legte sich auf ihn, beugte sich vor: "Ein letztesmal noch...für Dich ..."
Dann setzte sie sich auf und liess ihn ein. Es war der absolute Kontrapunkt zu den Exzessen der Stunden vorher.
Sanft wiegten sie sich ...und als sie beide gleichzeitig kamen, war es kein Schreien, sondern eher ein tiefes Ausatmen, schwer und leicht zugleich....
Er dämmerte wohl in einen leichten Schlaf hinüber, denn plötzlich hörte er noch das Zuklappen der Wohnungstür…. Sie war gegangen….
Sein erster Impuls war, aufzustehen und hineher zu laufen, doch im Flur lag ein zettel mit ihrer Schrift.
Ich vertraue Dir und danke Dir sehr für Dein Verständnis und werde mich immer mit diesem Gefühl an Dich erinnern.
Keine Unterschrift…die Schrift war geschwungen, etwas zittrig..
Lange stand er da, den Zettel in der hand, dann ging ins bad und dann ins Bett. Ein bleierner schlaf nahm ihn in seine Arme.
Die nächsten Tage war es ihm, als würde er noch irgendwie zweigeteilt leben.
Ein teil machte fast automatisch, das was notwendig war, den job…. Das normale leben…ein anderer Teil verharrte noch irgendwie in dieser Nacht… und beobachtete das „normale“ Leben…und ein seltsamer Schmerz und das Gefühl eines Verlustes brannten tief in seiner Seele.
Es müssen zwei, drei Wochen vergangen sein, als er in seinem briefkasten ein Kuvert entdeckte. Er kannte die schrift und sein herz macht einen kleinen Sprung.
Sein Name, seine Adresse, kein Absender
Er nahm sich die zeit, in sein Wohnung zu gehen, bevor er ihn öffnete….
Mein Lieber,
es mag Dir unfair erscheinen, dass ich weiss, wo Du lebst und von mir weißt du es nicht. Aber ich habe das gefühl, ich bin Dir, den ich näher an mich gelassen habe, als je jemand vorher, zumindest eine Erklärung schuldig, weil ich mir vorstellen kann, wie Du Dich fühlen musst.
Ich vertraue Dir nach wie vor, denn Du bist stark. Ich habe dese Stärke gespürt und ich habe sie gebraucht.
Du musst eines wissen 2 Wochen, bevor wir uns trafen, ist meine schwester gestorben. Sie war ein paar Jahre jünger als ich und es war ein sinnloser Tod im Krankenhaus nach einem kleinen harmlosen Eingriff.
Ich hing sehr an meiner Schwester und es hat auch mich fast umgebracht. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich müsse ihr folgen. Aber ich bin auch alleinerziehend und habe ein kind, das ich nicht alleinlassen kann.
Als ich in Deinen Arm fiel und ich spürte, wie problemlos Du mich hieltest, war mir plötzlich klar, was ich tun wollte. Ich wollte auch springen. Wie von einer brücke. Vielleicht meiner Schwester hinterher, aber ich wollte, dass mich jemand nach dem Sprung auffängt und wieder zurückholen kann. Jemand, der genug Kraft hat, das zu tun und auf den ich mich verlassen konnte.
Das warst Du. Und Du hast genau das getan. Mich springen lassen ins Bodenlose und wieder zurückgeholt.
Wir werden uns nicht wiedersehen, aber ich werde Dir immer dankbar sein dafür. Das einzige, was ich tun kann, ist dir zu wünschen, dass Du auch jemanden hast, der dich hält, wenn du es brauchst.
Lebe wohl und ich weiss, dass Du verstehst.
Wieder keine Unterschrift.
Er las den Brief mehrere Male und ging dann ans Fenster, öffnete es und sah hinaus über die Baumreihe gegenüber, hinter der die Lichter der Stadt schimmerten.
Dort wo sie lebte.
"Lebe wohl", flüsterte er, "Und auch Dir viel Glück…."
Er stellte sich vor, die Worte trieben wie ein leichter silberner Faden hinaus.
Ein grosser Vogel schwebte im Dunkel über das Haus in Richtung Bäume, Richtung Stadt, als wolle er den Faden aufnehmen und weitertragen.
Er schloss das Fenster
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Hallo Kasharius, nein, nur in einigen Foren.
Mit dem Schreiben geht es mir wie mit dem Fotographieren... eher begeisterter autodidaktischer Amateur als Profi.
Wobei es mir eher auf die Freude am sich Ausdrücken, sei es durch Worte oder durch Bilder ankommt.
Aber jetzt bin ich gespannt auf Deine nächste Geschichte... die erste hat mich schon zeimlich begeistert.
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RE: Short Stories
@kasharius
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christian
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RE: Short Stories
Dem kann ich mich nur anschließen!
Liebe Grüße, Aoife
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It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
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RE: Short Stories
Das Rollenspiel (Ausz
ug)Sie nannte sich Amy, saß vor ihm auf dem Bett und hatte ihre Beine kokett übereinandergeschlagen. Schwarze Haare wanden sich verführerisch um ihren Nacken und fielen auf ihre rechte Schultern. Die kleinen festen Brüste wurden von einem hauchdünnen weißen Bustier verdeckt, farblich passende halterlose Seidenstümpfe schmiegten sich an Amy´s schier endlos langen Beinen. Rote Lippen fragten mit sanfter, erotische Verheißungen preisender Stimme, was er den hübsches mit ihr anstellen wolle. Dabei hatte sie ihr Kinn auf die rechte Hand gestützt und sah ihn erwartungsvoll an.
Werner Bredow geriet ins Schwitzen, <jetzt>, dachte er. Das Kissen des viel zu engen Korbsessels, in dem er kauerte, bohrte sich schmerzhaft in seinen Rücken. Die klitschnassen Hände umklammerten fest seine kleine Baskenmütze und auf der Stirn war die Anzahl der Schweißperlen von Minute zu Minute seit seinem Eintreffen im PALAIS ROSÉ gestiegen; sie drohten jetzt, sich zu einem peinlichen Rinnsal zu vereinigen. Das Bordell beschrieb sich selbst im Internet als AUFREGENDE LUSTOASE (Laß DICH VON UNSEREN ZAUBERHAFTEN DAMEN IN DAS REICH DER SINNE ENTFÜHREN! ERLEBE HEMMUNGSLOSE LUST UND GALAGTISCHE HÖHEPUNKTE!). Ganz so, wie auf den Seiten weiter beschrieben, hatte ihm eine freundliche, allerdings auch sehr viel ältere Hausdame die Tür geöffnet und begrüßt :„Hallo! Schön Dich zu sehen. Komm doch herein“, und in das Zimmer, in dem er jetzt beinahe zerfloß, geführt. Nach einer kurzen Weile hatten sich dann die angepriesenen Damen nacheinander bei ihm vorgestellt. Eine nach der anderen war erschienen. Durch den Türspalt hatte Bredow kurz die Schlange der Damen, die Aufstellung nahmen, erspähen können. Dann hatte die Revue begonnen: Manche lächelten ihn an, gaben ihm die Hand, andere sahen ihm nicht in die Augen und wieder andere nuschelten ihren Namen so leise, daß er kaum zu verstehen war. Bredow hatte sich für Amy entschieden weil sie die letzte gewesen war. Er erlebte all dies wie in Trance. Da war nichts von freudigem Nervenkitzel oder erregter Spannung. Bredow erwartete keinen galaktischen Höhepunkt. Bredow rechnete fest mit einem Desaster.
Sagen Sie Bredow, haben Sie den letzten Bericht des Rechnungshofes gelesen. Die Steuerausfälle haben auch dieses Jahr wieder zu genommen. Auch die Schlupflöcher sind entgegen so mancher Ankündigung größer und nicht kleiner geworden. Richtig bedenklich ist der Bericht aber dort, wo es um sog. Besteuerungsfreie Grauzonen geht. Wissen Sie was damit gemeint ist ? Nein? Nun ich werde es ihnen zeigen. Sehen Sie z.B. den ganzen Rotlichtbereich. Sie wissen schon, Bordelle, Sexbars und so. Da werden Jahr um Jahr Millionen, ach was rede ich, Milliarden umgesetzt und was kommt beim Fiskus davon an?! Nichts! Und an der Stelle mein lieber Bredow kommen Sie ins Spiel.
Bredow überlegte. Was sollte er mit ihr anstellen? Was sollte er überhaupt hier, fragte er sich. Aber es half ja alles nicht. Dienst ist Dienst und wenn ich nicht bald aus diesem Sessel komme, dann schreie ich! Angestrengt versuchte sich Bredow die diversen Angebote sexueller Leistungen aus der Internetseite in Erinnerung zu rufen. Eigentlich hatte er gar keinen Zugang, kannte sich im Internet nicht aus. Ein Kollege aus dem Amt hatte ihm, unablässig zotige Bemerkungen absondernd gezeigt, wie er sich die Daten des Ladens ergoogeln konnte. Bredow wäre vor Scham am liebsten im Boden versungen aber seinen Enkel konnte er in dieser
Angelegenheit ja kaum Fragen. Er murmelte zur Begründung also irgendwas von aus den Rippen schwitzen ginge ja auch nicht immer und Pornos könne er nicht abspielen, da er kein entsprechendes Gerät habe, um sich diese neumodischen DVD´s anzusehen (Bredow war noch mit dem guten alten Videorecorder vertraut gewesen!). Sein Kollege hatte sich Solidarisch gezeigt und ihn schließlich auf die Seiten jenes Edelbordells geführt, in dem er jetzt zu einer Entscheidung gelangen mußte.
Mühsam rief sich Bredow die diversen Angebote der Damen in Erinnerung: GESICHTSBESAMUNG klang irgendwie abartig, unter FEMINISIERUNG und SM konnte er sich nichts vorstellen, TITTENFICK war auch irgendwie ordinär und ROLLENSPIELE….<Moment>, dachte er. Rollenspiele! Vielleicht war das seine Rettung.
Bredow! Auf Sie kommt es jetzt an. Sie arbeiten jetzt mal Undercover, was Bredow! Das ist doch mal was anderes als immer in dieser verstaubten Amtsstube rumzusitzen was…!? Wir stellen uns das so vor: Suchen Sie sich irgend eine dieser Lasterhöhlen aus, gibt ja in dieser Stadt genug davon. Irgendwas halbwegs seriöses wo der Rubel zu rollen scheint und versuchen Sie irgendwie an Informationen zu kommen. Über den Umsatz, Bredow! Verstehen Sie!? Aber nicht nur so Umsatz, Getränke oder so´n Schnulli. Nee, nee! Hier, Ficki, Ficki! Diese Einnahmen meine ich. Geben Sie sich als Kunde aus, oder was weis ich. Bredow! Man wir zählen auf Sie. Das ist jetzt Ihre große Chance…
Bredow faßte sich ein Herz:
<<Bi>>
2
In der Nacht vor seinem Undercover-Einsatz hatte er kaum geschlafen. Noch wenige Stunden bevor es losgehen sollte war er vor seinem Garderobenspiegel gestanden und hatte überlegt, was er anziehen sollte. Dies alles war so fremd für ihn. Er wollte unter keinen Umständen auffallen und entschied sich schließlich für gedeckt dezente Freizeitkleidung aber doch mit Krawatte. In seinem chremfarbenem Hemd und der dunkelgrauen Strickjacke sah er am Ende ein wenig wie Richard Burton in WER HAT ANGST VOR VIRGINIA WOLFF aus. (Nicht das man in der schwarz-weiß Version die Farben tatsächlich erkennen konnte, aber so ungefähr stellte er sich vor). Bredow hatte diesen Film dutzende Male gesehen. Er liebte die alten Hollywood-Classiker. Oft hatte er es sich mit seiner Frau nach Feierabend auf dem Sofa bequem gemacht. Eng aneinander gekuschelt, sahen sie in VOM WINDE VERWEHT Red Butler beim werben um Scarlet O Hara zu, amüsierten sich über Felix Unger der Oscar Madison mit seiner Putzneurose in dem Film EIN SELTSAMES PAAR auf die Nerven ging, oder verfolgten gebannt, wie sich Richard und Liz im Whiskyrausch Szenen ihrer Ehe um die Ohren hauten und dafür auch noch Gage bekamen.
Und während Bredow sich so im Spiegel betrachtet hatte, war aus einem Tropfen wehmütiger Erinnerung eine Tsunamiwelle abgrundtiefer Verzweilung geworden. Tränen schossen ihm in die Augen und er war regelrecht in die Knie gegangen und hatte laut geschluchzt: Oh Elsbet ! Was soll ich nur Tun?
<<So>>
<<Steuerpflichtige>>
<<Wie>>
<<Steuerpflichtige>>, Bredows Kopf fühlte sich jetzt an, als hätte jemand einen nassen Schwamm darüber ausgedrückt. Er musste krebsrot im Gesicht sein, doch Amy sah ihn weiter interessiert aus dunkelbraunen Augen an und schien allmählich zu begreifen als sie ihn unterbrach:
<<Ach>>. Amy führte ihren rechten Zeigefinger an den Mund. Ihr Fingernagel berührte die Lippen. Sie dachte kurz nach.
<<Hmh>>
Mit diesen Worten sprang sie auf und schickte sich an den Raum zu verlassen, drehte sich aber an der Tür noch einmal um so als hätte sie etwas wichtiges vergessen. Und tatsächlich kam Amy jetzt auf das wesentliche zu sprechen:
<<Du>>.
Bredow, der sich nicht erinnern konnte der Wirtschafterin irgend etwas über die Dauer seines Aufenthalts gesagt zu haben (was nicht verwunderte, denn er konnte sich gerade an gar nichts erinnern; präziser formuliert: ER KONNTE ÜBERHAUPT NICHT DENKEN!) griff mechanisch in die Innentasche seines Jacketts, nestelte etwas umständlich seine Börse hervor und hielt Amy schließlich die Scheine hin.
<< Das wären dann erstmal vierzig!? <<
In Bredows ohnehin fragiler Gefühlswelt vollzog sich jetzt ein Regiemewechsel: Die bisher regierende Angst übergab das Zepter ohne großen Widerstand an ihren einzig legitimen
Nachfolger – PANIK!
3
Elsbet hatte nicht geantwortet. Bredows Ruf nach ihr war ungehört in der Stille verhallt, die nun schon seit mehr als einem Jahr in seiner – in ihrer – Wohnung Platz gegriffen hatte. Sie beide hatten hier die wenigen Höhen und fast gar keine Tiefen ihrer doch im großen und ganzen sehr glücklichen Ehe verlebt. Bis zu jenem Tag, als der Anruf kam. Dieser verflixte Anruf…!
Schluß jetzt, hatte Bredow gedacht. Bei aller Liebe, es gab jetzt Wichtigeres als schmerzhaften Erinnerungen nachzuhängen, die doch zu nichts außer noch mehr Trauer und Verzweiflung führten. Er hatte eine Mission zu erfüllen und jetzt war die Zeit gekommen, sie in Angriff zu nehmen. Die Dienststelle zählte auf ihn, Werner Bredow: Seit 20 Jahren Finanzbeamter, Sachbarbeiter im Zimmer 217, zuständig für Einkommensteuererklärungen Buchstabe A-Bu! ER sollte den unmoralischen Sumpf dieser Stadt (oder wenigstens einen Teil davon) trockenlegen. Doch der ihn Anfangs durchaus erfüllende Stolz war mehr und mehr einer seinen Alltag bald vollständig beherrschenden Angst gewichen. Einer Angst die ihn wenig essen und fast gar nicht mehr schlafen ließ. Was wenn er aufflog oder nicht die geforderten Informationen erhielt..? Wenn er versagte…! Und noch ein anderes Gefühl hatte sich seiner bemächtigt. Es beanspruchte mindestens genausoviel Raum, doch er war sich dessen erst richtig bewußt geworden, als er sich schließlich auf den Weg gemacht hatte.
Bredow hatte keinen Führerschein. Er war zunächst in die U-Bahn gestiegen und dort meldete es sich deutlich zu Wort – der zweite emotionale Begleiter auf seiner Unternehmung nannte sich Scham. Es war ein Samstag Nachmittag und der Wagen war voll gewesen. Aber anders als in jenem berühmten, die Stadt vortrefflich beschreibenden Musical über eine bekannte U-Bahn Linie hatten die anderen Fahrgäste nicht an ihm vorbei geschaut, hatten sich nicht reihenweise hinter ihrer Zeitung verschanzt. Nein! Alle Augen waren auf ihn gereichtet. Daran hatte sein neuer Geselle keinen Zweifel gelassen.
Siehst Du wie sie Dich alle anstarren. Sie wissen es. Oh ja, sie wissen alle Bescheid. Deine Frau liegt noch nicht ein Jahr unter der Erde aber Du läßt es Dir heute mal richtig besorgen was Werner..? Sie wissen ALLES Werner Bredow! Witwer, Finanzbeamter, PUFFGÄNGER!
....Fortsetzung folgt
